r V Die alte und die junge Zrau. Bon Alsred v, Hkdmstjerna, strou Kann war kaum zweiimdzwan. zig Iah alt, da sie als glückliche Braut in da alte Haus mit Bern gevroaicncn Ziegeldach zu Björkhult einzog. Diese sorgenfreien und sonnigen Flit terwochen gingen rasch genug vorüber. Nicht, als wäre die Liebe geschwunden, nein die wuchs von Jahr z Jahr. Lieutenant Sköldberg und seine Frau kamen sidi mit jedem dahineilenden Tag näher. Sie sahen nicht, wie ihre Stirn sich surchte, Gang und Haltung schwerer wurden, wurden auch nicht gewahr, wie der Spätherbst seinen Reis aus die kastanienbraunen Locken legte. In beider Augen war's heute noch der unge, schlanke Lieutenant, wie er aus eines Bruders Hochzeit als Brautsiihrer eine weibgekleidete Brautjungser, die er dort zum ersten Mal sah, fröhlich be grüßte. Als sie dann, dreißig Jahre später, wie vernichtet am Sarg des Hauptmanns kniete, fühlte sie recht, wie jene Brautliebe im Vergleich der aus dauernden, tiefen Liebe der alten Frau, ein bloßes Irrlicht, ein aufflammendes Strohseuer gewesen. Ja, ihre Liebe war echt gewesen; sie hatte die Probe bestanden, aber an- fänglich forderte wohl die Sorge um's tägliche Brot ihre ganze Thatkraft. Lieutenant Sköldberg war gar nicht der vermögende mnae Mann gewesen, für den ibn Vava ehalten, als er ihm seine Karin zum Weibe gab. Hoch war das Zieaeldach auf dem alten Biörkbult. noch viel höher aber die dar, auf lastenden Hypotheken. Die Scheu nen waren voll Getreide, aber es gab Kaufleute in der Stadt, deren Fort rungen den Werth der ganzen Ernte weit überstiegen. Zu iener Zeit war es, daß die junge, zarte Braut, deren kleine seidene Schuhe den alten holprigen Steintrcppen auf Biörkhult so gar nicht angepaßt n0)w nen, in wenigen Monaten sich zu d:r braven, tüchtigen grau kann" nt, wickelte, wie sie von der ganzen Um, gegend bewundert und geachtet ward. Nichts als Mühe und Arbeit vom Morgen bis an den Abend; die seidenen Schuhe wurden ganz hoch oben auf dem Regale im Kleiderschrank ausbewahrt und die hellen Balllleider orgtaillg in Tücher eingenäht in die Truhe gelegt. Immer höher wurden in der Vorraths- kammer stau aus Ka e autgenapeu, aber nur wenige derselben verirrten sich auf den Tisch der err ehalt. Im Herbst rollte ein Fuder Getreide nach dem anderen zur Stadt; kurz und knapp aber waren die bei den Kautleuten zu begleichenden Rechnungen. Die Mor gensuppe der Herrschaft wurde aus dem selben Topf geschöpft, aus dem die des Gesindes kam und der Herr Licu- tenant trug einen' Roa von eigenem Hausaespinst. Frau Karins seine, weiße Hände waren auf dem Webstuhl und bei der Hausarbeit allmählich breit und derb geworden, und mußte der Lieutenant zum Manöver, dann sah man Frau Karin bei jeder Witterung draußen aus dem Feld und den Aeclcrn. Bei solchem Haushalten wurden dann die langen Schuldscheine, die immer die ersten Ersorderungcn an den Ertrag der Ernte gestellt hatten, kürzer und kürzer; auch die schwer lastenden Hypotheken konnten nach und nach gehoben werden. und nun. beim Tod des alten Haupt mannS war das Gut schuldenfrei und überdies ein kleines Kapital erspart Lieutenant Otto hatte auch eine viel kostspieligere Erziehung erhalten alS der alte Papa. Otto war Frau Karins einziger, Wären mehrere gesolgt, sie würden nur im Wege gewesen sein, hätten auch zu viel Zeit in Anspruch genommen und die Einlösung der Hypotheken verzögert. Aber einen mußte sie haben, um ihn an ihr reiches, warmes, liebevolles Herz zu nehmen. Mit ihm theilte sie den Schmerz um Papa, und für ihn konnte sie nun nach ihre Galten 2 00 leben und sorgen. So lebte man auf Björkhult weiter wie bisher. Papas Zimmer, unten links neben der Hausthür, wurde malt und neu tapezirt; das mit Leder bezogene Sofa war einer Chaiselongue gewichen und das alte Pult machte einem Schreibtisch von Wallnuß Platz Wie zuvor beim Herrn Hauptmann, so holte sich der Großtnecht jetzt Ordre vom Lieutenant, und war Uno zum Manöver, sah Frau Karin nach dem Rechten und war noch immer, im Man tel und Ueberschuhen, draußen auf dem Felde, wie dies nun schon dreißig Jahr lang ihre Gewohnheit gewesen. Aber ein Gedanke ließ ihr keine Ruhe und rsolqte sie fortwährend, inson dnheit, wenn hier oder dort in der Nachbarschaft ein Fest gefeiert worden, odn wenn Otto auf dem Stadthaus- ball in krokebo. odn junge Leute auf Bjöhult gewesen. Und kam dieser Gedanke über sie. dann streifte ein dunk In Redel Frau Karins Stirn: die Lip pn wurden hart und geschloffen, und die alten Augen hingen mit leidenschaft lichn Liebt an jedem Stuhl in der ge räumigen Wohnstube und blickten als dann von der Veranda hinaus über die Wiesen bis dorthin zur Allee. Ta kam das, vor dem sie gebebt hatte, das einzige in der Welt, das die starke, stolze Frau Karin erzittern machte: Vorn in der guten Stube schloß Otto sie in seine Arme, udcrschüitete ihr alteZ, liebes, durchfurchtes Gesicht Der Jahrgang 16. mit Küsten und theilte ihr die große Neuigkeit jubelnd, unzusammenhan gend und alles durcheinander, in abge brochenen Sätzen mit. ..Aber Mama, Du freu Dich la gar nicht! O Gott, ich glaube gar, Du weinst! Magst Du denn Emilie nicht leiden?" Gewiß, Otto, sie ist ein gutes und liebes Mädchen. Gott segne Euch! Aber Du wirst begreifen eine so wichtige Angelegenheit sllr meinen ge- liebten Jungen und dann all die alten Erinnerungen an Papas und mei " ..Ja, theure Mama, das verstehe ich alles sehr wohl. Aber sonst sreust Tu Dich doch gewiß sehr über Deines Otto Glück?" Freilich. Otto, ich bin so froh!" Und sie lachie und umarmte ihn; aber wie hätte er sich wohl verwundert, wenn ihm gesagt wäre, daß es der Mutter wie ein Stich durch's Herz gehe, nun nicht mehr den rften Platz in ihres Sohnes Herzen zu haben; bald auch nicht den zweiten den dritten . .. Sie ging gedankenvoll hinaus und schaute nach der Allee. Hierauf begab sie sich in die Wohnstube. Auf dem Tisch lag ein Dutzend neuer Hand- tücher, von denen das erste schon K. fc. gezeichnet war. Zögernd nahm sie die Scheere aus dem Nähkorb und fing langsam an, die Buchstaben auszutren nen. Dieses Dutzend könnte man gleich zur Seite legen, bis man es für Emilie Sköldberg zeichne. Bald wurde die Verlobung gefeiert und die mnae Braut kam zuin Be uch Verschiedene Mal hatte sie schon Frau Karin gesehen und immer ungeheuren Respekt vor ihr gehabt. Nun wurde es aber schlimmer. Frau Karin sührte sie mit großer Umständlichkeit im ganzen HauS umher, zeigte und beschrieb ihr alles; hierbei nahm die Stimme all- mählich lenen kurzen, trockenen Kom mandoton an, wie er ost solchen Perso nen, die längere Zeit Leute unter sich gehabt und vielem vorzustehen haben, eigen ist. Die kleine Braut, zart und schlank, schmiegte sich an Otto an, blickte ihm fast erschreckt in die Augen, mit einem zauberhasten hilflosen Lächeln, indem sie ihm leise zuflüsterte: O Liebling, was ist Deine Mama sllr eine ausgezeichnete Dame! Fra Karin hatte bald bemerkt, daß sie eS nicht in der rechten Weise ange fangen; sie zog den schon halb zur Web stube eingeschobenen Schlüssel wieder heraus, strich Emiliens Locken aus der Stirn, küßte sie und sagte freundlich: Liebchen, ich glaub' Du bist müde, ein ander Mal sehen wir weiter. Nach dem Mittag nahmen sie den Kaffee auf der Veranda. Otto zog seine Mama an sich, blickte ihr treuherzig in das liebe Gesicht und sagte: EinS aber, Mama, versteht sich doch ganz von selbst " Und was denn, mein Junge?" Nun, daß Du hier bleibst und alles seinen gewohnten Gang geht mit dem einzigen Unterschied, daß Du von jetzt ab eine liebe Tochter im Hause hast." Fräulein Emilie erröthetc. Sie sühlte, daß sie auch etwas sagen müsse. Zögernd begann sie: Gewiß, liebe Mama, ich ich wünsche auch " Frau Karin richtete sich empor. Danke, mein liebes Kind, aber es thut nicht gut, die alte und die junge Frau zusammen, vollends wenn es nicht wenigstens Mutter und Tochter sind. Entweder müßtest Du in allem frei und felbstständig handeln können, und wer weiß dann 1 ja, fühle Dich nun nicht gekränkt, mein Kind ja, wer weiß dann, wie dies der Mutter dann bisweilen vorkommen würde? oder aber Tu müßtest Dich zu viel nach mir ria ten, und eine willenlose, unselbstftan- dige Frau wünsche ich meinem Otto nicht. Deshalb kann mein Geld ruhig auf dem Gut stehen bleiben. Später bekommst Tu 8 ia doch, Otto.' Dies war alles so verständig und überzeugend, ober Frau Karins Stimme zitterte und Otto ward bleich. Aber Warna, o hätte ich mir das nie gedacht ." Gute, liebe Mama.." flüsterte auch Fräulein Emilie, aber sie schaute gerade nicht traurig drein. Als die Verlobten später allein waren. schien Otto etwas verstimmt. Tu bestandst nicht gar sehr aus Ma mas Bleiben..' .0 Gott. Otto, wie siehst Tu mich an! Hatte ich denn Deine Mama betteln und überreden sollen, hier zu bleiben und das ganze Leben bind,,, ch Hausfrau zu sein ?' O Otto, ich sehe, daß Tu sie mehr liebst als mich ! O, wie bin ich so unglücklich!' Tann gab es viel Thränen und lau u Schluchzen und Bitten um Ver zeihung. Tann aus der anderen Seite äonntagsgast. Beilage zum Nebraska Staats-Slnzeiger. eidliche Versicherungen, wie ihm nichts höher stehe als ihr Glück und daß Mama nicht bleiben werde, wenn sie es nicht wolle.. Er hatte sie vier Monate gekannt,. Frau Karin hatte ihn dreißig Jahre lang angebetet I Die Sochieitsfeier war vorüber und die Hochzeitsreise gemacht. Papa und Mama hatten zu ihrer Zelt nicht Die Mittel dazu gehabt, eine Hochzeitsreise zu machen, nun lagen aber diezweiund dreißig Arbeitsjahre von Frau Karin dazwischen. Mama war bis jetzt noch dageblieben und hatte die ganze Einrichtung sür das junge Paar hergestellt. Heut aber wollte sie abreisen. Drinnen im Schlafzimmer hatte Otto sich die ganze Nacht unruhig hin und her geworfen. Bist Du krank. Liebling?" Nein, aber es ist so entsetzlich warm. , . Dann kehrte sie sich auf die andere Seite und seufzte tief und schwer, und un schloß auch er die Augen und der- suchte weiter zu schlafen ; aber wie im Halbdunkel sah er ein mildes, trauriges Gesicht ihm Lebe wohl!' zunickend. Auch Frau Karin hatte in der vev gangenen Rächt nicht viel schlasen tön nen. Mit der Kerze in der Hand war sie durch alle Zimmer gegangen. toie zählte noch einmal den Inhalt des Sil berkastens nach, warf einen Blick in den Wäscheschrank, band um das neue Da mastgedeck ein blaues Band und strich dann, mit magerer, zitternder Hand, fast liebkosend über die glänzenden, wohlversehenen, blendend weitzen fta cher. Dann hatte sie im Salon das eine und das andere Bild an der Wand gerade gerückt, zuletzt begab sie sich in die Gaststube und überblickte von hier aus mit thrünenvollcm Blick noch einmal all' die lieben Räume, ja jede Wand und ledes Möbel der alten, theu ren Heimath. Hieraus setzte sie sich an ihren Schreib- tl ch und zog em chmaleskchud heraus, Bergilbte Papiere, Briefe von Papa mährend der kurzen Berlobungszcit, Der Brautführerkranz, der ihm über der Brust hing, als sie ihn zum ersten Mal ge ehen. Einen Brief von Otto, als Kadett: Meine theuerste, über alles geliebte und geschätzte Mama!" Dein eigener Otto." Ihr eigener! die Sip pen bewegten sich schmerzlich, Wie wenig mochte sie wohl jetzt von ihm be- sitzen! Nur zwei dünne Wände waren zwi schen ihnen. Drinnen wand sich Otto in ängstlicher Sorge, und hier draußen saß Frau Karin, küßte seinen Bries und flüsterte seinen Namen und Thränen verhüllten ihren Blick. Mit leisem Schritt und stillen Thrä nen ging die alte, treue Greta durch die Wohnstube, aber sobald sie Frau Karin erblickte, brach sie in lautes Weinen aus. Was ist denn eigentlich los, Greta? Uh hu hu.... daß Sie wegziehen wollen! Bitte, beruhige Dich Greta und sei still! Vergiß auch nicht, was ich Dir gesagt. Sich beizeiten nach dem Ein gemachten, daß es nicht in's GShren kommt und dann Du mußt der lungcn Frau nicht zu viel vorsagen, wie wir eS bis jetzt gehalten haben. Dergleichen lieben junge Frauen nicht. Du weißt ja, wie Fischfarce bereitet wird, die der junge Herr so gern ißt. Und gieb gut Achtung auf Lina, der es noch so sehr an der nöthigen Ord nung fehlt, und vor Allein sei recht fügsam und gehorsam; habe die junge Frau lieb, wie Tu mich,, und " Das ist rein unmöglich, u.. hu hu pu hu !" Sei jetzt still, Greta! Gute Nacht! ich will mich noch ein wenig hinlegen. Der Wagen wird um sieben Uhr vor fahren. Tu könntest noch Johann sagen, daß er Bjöm und Jngebord vor spanne. Ich möchte gern noch ein mal....' Um halb sieben Uhr war der Früh- ftückstisch sorgsältig, mit Blumen in der Mitte und einem schönen Kranz kuchen hergerichtet. Die junge Frau, in entzückend feiner Morgentoilette mit echten Spitzen, servirte selbst. Frau Karin kann nnr wenig von dem Kuchen genießen, und auch der Kaffee will nicht ganz recht munden; aber die junge Frau hat doch ihr Bestes ge than. T Wagen fährt vor. Ach liebe, theure Mama! aber Tu wirft doch bald Otto und mich besuchen und dann lange recht lange bei un bleiben!' sagt die junge Frau, indem sie ihre Schwiegermutter innig und zärtlich küßt; daneben aber auch einen Blick nach Otto wirft, ob er auch be merkt, wie liebevoll sie gegen seineMut ter ist. Aber er achtet kaum darauf. Er ist so blaß, so blaß. Nun schließt er sie noch einmal in seine Arme und schluchzt: O Mama, liebste Mama!" Tönn reist Frau Karin ab. An den Fenstern des Webstübchens gehts vor über, wo sie so viele Stunden geschafft und gearbeitet hat. Vorüber an der Milchkammer, in welcher sie unablässig thätig gewesen ist sür den Wohlstand des Hauses, den nun der junge Herr auf Björkhult genießen wird; und wei ter durch die Allee, die der selige Papa gepflanzt hat; entlang den hohen Bäu men, unter welchen sie so ost rüstig da hin geschritten, in Sturm und Regen bei schlechtem Weg, wenn es galt, auf Feld und Aeckcrn nach dem Rechten zu sehen. Gelbe, wogende Saatfelder nickten ihr noch zum Abschied zu. Karo springt dem Wagen nach und laßt sich kaum durch Johanns drohende Peitsche zurück halten. Die alte Greta steht am Küchen- fenstcr und trocknet sich mit einem Wischtuch die Augen. Der Großknccht, wie er eben zum Stall herauskommt, zieht sehr ehrerbietig seine graue Mütze und nickt seiner bisherigen Herrin einen letzten Abschiedsgruß zu. Frau Karin hält sich tapfer bis zum letzten Heckenthor ihres Grund und Bo dens, wo vor nun bald zweiunddreißig Jahren von den Häuslern eine schöne Ehrenpsorte zum Empsang des neuver wählten Paares errichtet worden. Hier ist's aber mit ihrer Selbstbeherrschung zu Ende, sie sinkt in den Wagen zurück und vergießt heiße Thränen. Arme Frau Karin! Auf der Veranda steht Otto und winkt mit dem Ta chentuch, noch lange, nachdem der Wagen aus dem Gesicht kam. Und auch er weint. Hinter ihm steht Emilie, sie legt ihren runden weißen Arm um seinen, von der Sonne gebräunten Nacken, beugt seinen Kopf ihrem lieblichen Mund entgegen, küßt die Thränen von feinen Augen und malt ihm die Zukunft in den schönsten und lichtesten Farben vor die Seele. Tu glückliche, junge Frau! In dem ungleichen Kamps uin den gemeinschaft lieben Liebling trägst Du immer den Sieg davon; aber was alles ein solcher Sieg für den Besiegten in ich trügt und mit sich führt, das weißt Du nicht, bis Dein eigenes Haar ergraut, Deine Wange erbleicht und er, den Du dreißig Jahre oder noch länger geliebt. Dich über jene vergißt, die ihn vielleicht kaum so viel Tage liebt " Der schlaue )ean. Humoreske von W. E a I a i l l a c. Graf Trollmitz fen. war Wittwer und auf s Neue verliebt. Gras Trollwitz, der Jüngere, war ein junger Husaren lieutenant und zum ersten Male wirklich verliebt. Das Schlimme war nur, daß sie beide verliebt waren in ein und die selbe niedliche Persönlichkeit und das war die kleine Eomte le Elari e Winter, stein, das entzückendste Mädel in der ganzen hohen Aristokratie der Stadt. Daß die beiden Grafen Trollmitz ihre Liebe geheimhielten, hatte ganz natür, liche Ursachen. Gras Trollmitz senior hatte bereits eine recht ansehnliche Menge grauer Haare in Bart und Haupthaar und zu der heftigen Neigung die sich seiner sür die niedliche Clariffe bemächtigt hatte, gesellte sich so etwas wie eine gewiffe Scheu. Gras Hans Trollwitz aber, der Husar, liebte mit der ganzen Gluth seiner Empfindungen. Und Liebe macht schweigsam, das ist eine alte Geschichte. Ta kam eines Tages der alte Graf hinter das Herzensgeheimniß seines Sohnes. Eines schönen Morgens, als Graf Hans mit seiner Schwadron drau ßen auf dem Exerzierplätze war, ging sein Vater, um ein Buch zu holen, von dem sie Beide am Abend vorher gespro chen hatten, in das Zimmer seines Sohnes. Auf dem Schreibtische aber sah n einen Bogen Papier liegen, auf dem einige. Zeilen standen. Er trat näher und entdeckte ein paar angesan gene Verse Verse voller Liebesgluth, und in der Ecke des Blattes den Namen Elariffe! Was sollte der alte Gras thun? Einen Augenblick spürte er eine groß muthige, edle Regung. Entsagen! Tann aber wuchs seine Neigung für das niedliche Eomteßchen so riesenhaft empor, daß n eine histige Eifersucht bei dein Gedanken empfand, sie nun als Schwiegertochter umarmen zu sollen. Und er deschlo. mit seiner Werbung nicht länger zu zögern. Tie kleine Eomteisk war mit Glücksgütern nicht eben allziireichlich gesegnet. Ihre Per wandten ivürden ihr sicher rathen, zuzu greisen, und die Hand des reichbegüter ten Grasen anzunehmen. No. 36. Als der Werbungsbrief des Grafen couvertirt und mit Clarissens Adreffe versehen vor ihm lag, da faßte der Schelm von Eupido noch einmal den alten Herrn so, daß er die Feder zur Hand nahm und auf die rechte Ecke des elfenbeinweißen Couverts noch die Worte fetzte: O Schatz!' Das war ein nicht ganz konventioneller Ausfluß seiner neu verjüngten Gefühle, sie waren aber auch zugleich eine zarte Andeutung besten, was in dem Briefe stand. Dann rief er seinen alten Jean. Er empfand ein gewisses Schamge fühl vor seinem alten Diener. Ach was nur munter und frisch vor wärts! Jean diesen Brief sofort an Corn tesse Clariffe Winterftein " Weiter kein Wort. Jean war treu. Der Brief würde also richtig besorgt werden. Zu derselben Zeit war aber auch Graf Hans zu dem Entschlüsse gekom men, sich Gewißheit zu holen. Und zwar sofort. Jean war mit dem Briefe unterwegs. Auf der Straße betrachtete er die Auf schrift des Briefes noch einmal. Oh, oh!" sagte er mißbilligeno, da hätte ich beinahe eine Inkorrektheit be gangen. Aber wie der Herr Graf jetzt auch mit einem Male klein schreibe. Und die Marke hat er auch vergessen. Ja, ja, das Alter! das Alter! Aber zum Glück ist die Post in der Nähe." Und er bog schnell von seinem Wege ab und verschwand in einer Nebenstraße. Der gute Jean sah auf diese Weise nicht, wie ein Wagen mit einem jungen Hu saren-Offizier an ihm vorüber und ge nau in der Richtung nach dem Winter stein'schen Hause weiter fuhr. Ich bin leider als gewissenhafter Er zahl nicht im Stande, dem geneigten Leser mitzutheilen, was in der Wohnung der Wintersteins in der nächsten halben Stunde vorging. Ich weiß nur, daß Hans dort zum Dejeuneur blieb und daß eine Stunde später der Wagen mit Hans und Clariffe zum gräflichen Pa lais zurückfuhr. Und daß Hans und Clariffe äußerst glückstrahlende Mienen machten, kann ich zur Beruhigung ir gend einer allzu nervösen Leserin gleich falls hinzufügen. Die Dinerstunde nahte heran. Gras Trollmitz, der Aeltere, saß im Garten und hatte ein Buch in den Händen, um sich die Zeit zu vertreiben. Aber er hatte keine Ruhe. Da schallten Schritte auf dem Kies. Der alte Graf sah auf und wurde blaß. Er erblickte die kleine Comtesse und an ihrer Seite seinen Sohn. Eine Glücksempsindunq durch bebte den alten Grasen. Kam sie selbst aus seinen Bries? Und sich erhebend, trat er lächelnd den Beiden entgegen. Comteßchen warf sich in seine Arme und wahrhaftig! sie küßte ihn. Und dann Himmel! Ihm war, als krach ten sämmtliche Himmelsgewölbe dort oben zusammen dann sagte sie schall haft: Also darf ich Sie B a t e r nennen? Darf ich Ihnen in Zukunft eine liebende und gehorsame Tochter sein ? Das Gesicht, das Trollwitz sen. in diesem Augenblick machte, war ganz ge miß kein gräfliches. Es sah unglaublich dumm aus. Und so beeilte sich denn Gras HanS, um die peinliche Pause, die einzutreten drohte, auszufüllen, zu sagen : Clariffe und ich wir haben uns vor einer Stunde verlobt und bitten um Deinen Segen, lieber Vater!" Mühsam ermannte sich der alte Graf und umarmte mit einem nur schlecht be kämpften bitteren Gefühle die jungen Leute. Dann aber, so bald es die chicklichkeit erlaubte, ging er zu seinem Lieblingsplatz im Garten zurück und rief Jean. Der kam, devot wie immer. Tu haft doch meinen Brief be, sorgt?" Gewiß. Herr Graf." Haft Du ihn dem Comteßchen per sönlich gegeben?" Nein stotterte Jean der Herr Graf haben vergessen, eine Marke Eine Marke?' Ein unheilvoller Gedanke stieg in dem Grafen auf. Ja er war nicht s r a n i i r t.' Nicht frankirt ?" Ja aber es stand doch darauf 0 schätz" und ich glaubte daher, die Comtkffe sei zu ihren Verwandten in Sachsen gereift " Ter Gras sah Jean nur mit einem Blicke n, der das ganze Brehm'sche Thierleben als Vorwurf enthielt. Aber er schwieg. ES hatte nicht sollen sein!' Ja, Cupid ist ein seltsamer Ge selle! Um seine Pläne sich nicht ver derben zu lassen, laßt er oft Grasen eine kleine Tummbeit und Kammer- diener ungeheure Schlauheiten begehen!' Zur eschichte er Über. Wo diese? heute unentbehrliche t räth zuerst in Anwendung kam, scheint noch unbekannt z sein; dagegen stellen venetianische Blätter fest, daß nunmehr 900 Jahre verflossen sind, seit da In slrument seinen Einzug in das europäl sche Abendland hielt. Im Herbste des Jahres 995 vermählte sich ein Sohn d Dogen Pietro Orseolo mit der byzanti Nischen Prllizejsin Argila, einer Schwe ster des oströmischen Kaisers. Während man bis dahin in Venedig die Speisen mit den Fingern zum Munde geführt hatte, bediente sich die Prinzessin Argila zu diesem Zwecke einer zweizinligen G bel und eines goldenen Löffels. Der Löffel war für die Benelianer nichts Neues, wohl aber die Gabel. Die Vene tianischen Damen beeilten sich, eS d Byzantinerin gleich zu thun, und wenn ihnen auch die Handhabung der Gabel recht schwer siel, so bürgerte sich dn neue Brauch doch nach und nach in den vornehmen venetianischen Familien ei. Freilich sehlte es nicht an Tadtern und Spöttern, die den Gebrauch der Gabel als einen schädlichen und lächer lichen Auswuchs der venetianischen Ueber feinerung tadelten. Es währte diele Jahrhunderte, ehe die Gabel von Vene dig aus ihren Weg in das übrige Jta lien fand. Erst im Zeitalter der Re naiffance, etwa vom Jahre 1360 ab. wurde das Effen mit der Gabel in Flo renz und in anderen italienischen Städ ten Brauch. Wann sich die Gabel in Deutschland eingebürgert hat, vermögen wir nicht zu sagen. In Frankreich wird sie zum ersten Male im Jahre 1ii7S, in einem Verzeichniß des königlichen Sil berzeuges, erwähnt. Mode wurde aber das Effen mit der Gabel in Frankreich erst um das Jahr 1550. Nach England brachte sie der Reisende Corgate direkt aus Venedig im Jahre 1!08. In all gemeineren Gebrauch kam sie hier aber erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts. Heute bedient man sich der Gabel fast auf der gesummten civilisirten Erde. Nur in einzelnen Theilen Spaniens und im Innern Rußlands ist sie noch unbekannt. in historisch gewordenes Geschütz hat die baierifche Artillerie aufzumeisen. Dasselbe fiel vor 25 Jahren in die Hände des Feindes, wurde aber von den brave Baiern wieder zurückerobert. Es war i dem Gefecht bei Billepion am 1. Dezem ber, als bei dem Vormarsch aus die feindliche Uebermacht plötzlich der Ruf ertönte: Das sechste Geschütz fehlt!' Und so war es in der That. Eine Gra nate hatte die Bespannung zerrissen, das Geschütz war stehen geblieben, und sranzöfische Infanteristen eilten heran, die seltene Kriegsbeute in Besitz zu neh men. Den Akt der Zurückeroberung der Kanone schildert Hauptmann Ta nera in seinen Kriegserinnerungen in folgender dramatischer Form : Die Oberlieutenants Harrach und ArnM. vom I I. Regiment haben kaum die Ei tuation überblickt, als sie ihre Mann schaften anfeuern: Auf sechste Kom pagnie! Auf, siebente Kompagnie! Werdet doch den Rothhosen keine baieri sche Kanone lassen! Drauf! Hmrah!" Das Geschütz liegt vor der Front zwischen beiden feuerspeienden Linien. Todt liegen die Fahrkanoniere und die Pferde um ihre Kanone. Als dies der Brtille rieoberlieutenant Freiherr von Stengel bemerkte, raffte er einige Infanteristen zusammen, bringt sie wirllsch an das verlorene Geschütz vor, überläßt es einst weilen ihrem Schutze, eilt dann zurück, holt eine bespannte Protze, kommt mit derselben wieder vor. laßt aufprotzen, und fährt im Schritt mit der viel um strittcnen Kanone zurück. Mit dem Kühnen ist das Glück, Baron v. ten gel kam ungefährdet mit dem geretteten Geschütz zur Batterie. Kann man es dem Chef derselben verdenken, daß ihm Freudenthränen über die Wettergebraun ten Wangen liefen, als er dem Ober lieutenant für seine That dankte ?' I armes Minsch! Als der Tag der Volkszählung i Deutschland anbrach, machte sich, so wird aus Stade berichtet, auch ein altes Mütterchen aus dem Torfe H. auf. um nach dem Orte zu ziehen, wo ihre Wiege stand, auf daß sie sich zählen ließe, wir kie in der Bibel gelesen hatte von d Zeit, da Herodts Landpfleger war. Unterwegs begegnete ihr ein Postbote und fragte: Moder, wohen wöt Q denn? ett is hüt doch Zahlung, da mit Se doch to Hus bliewen.' Mütterchen: M. nä, dat geit nich, in de Bibel fteit doch: Ein Jeder soll an seinem Orte ge schätzet werden. Und mit denn Ort is doch de Geburtsort meent, uns ohle Scholmefter hatt uns dat so liehrt.' Sprach's.und ging weiter. Nach emi gen Stunden erreichte die Alte glücklich das liebe Baterhaus und artete nun der Tinge, die da kommen sollten. Ab wer nicht kam, das war der Zähler, n hatte sein Geschäst schon am Morgen abgemacht. Tie Alte vernahm dies thränenden Auges und meinte: Watt soll ick armes Minsch nu ansangen, wat ward de Kaiser denken, wenn hei von mi hört!' Der lit mM. Gattin: Bevor wir verheiratbet waren, versprachst Tu mir. ich sollte auf Rosen wandeln, und jetzt muß ich sogar die Nacht hindurch Slrümpje stopfen.' alte: Ja aber liebes Kind, Tu kannst doch nicht barfuß aus Rosen wandeln!"