Gureck. eint Dorsgeschichik doii B, ?otoni). anno Nokowsla. die Tochter des Gmkindevorstel,crs. galt mit Recht für das schönste Müdchen ,n Wetter, i'iit ihren schwarzen, brennenden Augen, der dunklen Hautsarbe und den kirschrothen Lippen, zwischen denen zwei Reihen ta delloser Zähne schimmerten, glich sie einer Zigeunerin. Wenn sie Sonntags farbige Bänder in das prächtige Haar flocht und aus den Tanzvoocn ging, da gab es ein förmliches Gedränge. Jeder wollte zuerst mit ihr durch den Saal fliegen und wem die Gunst zu Theil wurde, der mußte mit gesundem them ausgerüstet sein, denn Hanna tanzte mit einer an Raserei grenzenden Leidenschaftlichkeit, und dabei wiegte sie sich hin und her wie eine Schlange. Niemand wußte das besser, als der Kranz Gureck. Der hätte sein Leben Angeben mögen für die Hanna, und einem gestattet, ihr nahe zu kommen. Sie konnte ihn auch gut leiden. Er war groß und schlank und seine blauen, blitzenden Augen redeten eine Sprache, die ihr das Blut siedend durch die Adern jagte. Schade nur, daß der Franz außer einem kleinen verschuldeten Gilt chen nichts besaß und auch nichts zu er warten hatte. Außerdem fehlte es ihm und das war das Schlimmste an dem rechten Eifer sür die Landwirthschaft. Beständig war er überhaupt nur in der Liebe zu der Tochter des Gemeinden fteher Nokowsla. Dieser dachte aber gar nicht daran, ihm die vielumworbene Schönheit zur Frau zu geben. Diese durfte, seiner Ansicht nach, schon höhere Ansprüche machen, und als eines Tages ein wohl habender Freier, der Oekonom Anton Hansen, kam, meinte er: dies sei ge rade der Schwiegersohn, den er sich wünsche. Hanna machte allerdings Einwen düngen. Sie hätte schon lieber den jungen, hübschen, feurigen Franz gc nommen, als den mindestens fünfzig jährigen, kahlköpsigen Hansen, aber taub blieb sie für das eifrige Zureden 4x8 Vaters auch nicht. Sie verstand es recht wohl, die Vermögensverhaltniffe der beiden Bewerber gegen einander ab jumägen und nachdem sie sich einige Wochen gesträubt hatte, gab sie nach und duldete, daß der reiche Oekonom ihr den Verlobungsring an den Finger schob. Franz Gureck gerieth in unbeschreib- liche Wuth und Verzweiflung. Hätte hm Hanna bei einer letzten Zusammen kunft nicht unter Thränen geschworen, daß sie nur gezwungen gehorche, so würde er vielleicht ihrem und seinem Leben ein Ende gemacht haben; so aber und weil er einsah, daß Nokowska's Einwilligung doch nie und nimmermehr zu erlangen gewesen wäre wollte er wenigstens nicht zum Ge Pötte der Bau ern werden. Er verbarg seine Schmerz und Grimm, so gut es eben ging, und an dem Tage, wo im Saal des Gast- Hofes Zum grünen ikranz" die Hochzeit dgehalten wurde, saß er mit mehreren seiner Freunde in der Gaststube unten, trank und sang und trug eine Fröhlich teil zur Schau, die allerdings zu wild und lärmend war, um natürlich zu scheinen. Als der Morgen anbrach, folgte Hanna dem Gatten nach seiner, einige Stunden von Weiler entfernten Be sitzung. So war sie Franz aus den Augen gekommen, aber dieser konnte die Geliebte nicht vergessen. Mit einem Eiser, der ihm früher fremd gewesen, fing er nun an, sich sei nem kleinen, vernachlässigten Gute zu widmen, aber Freude hatte er niijjt daran und so recht gedeihen wollte die Wirthschaft auch nicht. Du solltest Dir eine tüchtige Frau nehmen, die Ordnung zu schaffen weife," meinte mancher von seinen Bekannten; davon wollte jedoch Franz Gureck nichts wissen, obschon er selbst einsah, daß sie echt halten. Erst als drei Jahre vor über gezogen waren, entschloß er sich, dem stets von Neuem wiederholten Rath zu folgen und wählte ein Mädchen, das etwas Vermögen befaß und ihm schon lange von Herzen gut war. Hübsch konnte man die Nanni Pa scheck eigentlich nicht nennen, so meinte wenigstens Franz, denn mit der be strickenden Hanna hatte sie gar keine Aehnlichkeit, aber eine bescheidene, an spruchslose Lieblichkeit nur ihr doch verliehen. Dem Gureck genügte es, daß er ein fleißiges, wirthschaftliches Weib hatte, welches von früh bis Abends im Hause schaffte und Immer die gleiche Freundlichkeit und Nachgiebigkeit zeigte. Ranni war stets darauf bedacht. ihrem Manne das Leben angenehm zu machen; sie widersprach niemals und ging ihm still aus dem Wege, sobald er destig wurde und Streit suchte. Damit that sie freilich einen großen Fehlgriff, denn eZ würd dem Franz viel deffer ge fallen haben, wenn sie ihm recht schnei big gekommen wäre; so zuckte r ver ichtlich die Achseln und dachte: Sie ist dumm und pflegmatisch und muß froh sein, daß ich sie überhaupt genommen habe.' Er täuschte sich. Nauni war weder einsaitig noch gleichgiltlg, nur schüchtern nd schweigsam. Nach einem Jahre beschenkte sieden Gureck mit einer Tochter, die Lena ge nannt wurde, und nun schien sich ihr Ansehen auf dem Haidehof, wie das Gütchen hieß, doch etwas zu heben und zu festigen. Schon um der leinen willen arbeitete und wirthschaftete sie mit doppeltem Eifer. Die Schulden konnten nach und nach abbezahlt werden und Franz mußte zugeben, daß sie in jeder Beziehung eine tüchtige Frau sei. Zuweilen ließ er sich jetzt auch herab, eine Stunde mit ihr zu verplaudern, oder ihren Rath einzuholen, wenn ge kauft oder verkauft werben sollte. Die bescheidene Nanni war mit diesen spär lichm Brosamen seiner Gunst zufrieden und wennn sie bisher das Glück nicht kennen gelernt hatte, so war doch auch das Unheil fern geblieben. Zudem konnte sie ja auch ihre Zärtlichkeit auf Lena übertragen, die, als sie drei Jahre zählte, mit den goldenen Locken und ro sigcn Wangen wie ein Wachspiippchen aussah und mit ihrem ganzen kleinen Herzen an der Mutter hing. Eines Tages verbreitete sich die Nach richt, der Oekonom Hansen, der Hanna Nokowsla geheiratbet hatte, sei plötzlich gestorben. Franz Gureck saß eben beim Abendbrod, als die Ncagd es erzählte. Jeder Tropfen Blutes wich aus seinem Gesicht und die alte Heftigkeit kam wie- der zum Durchbruch. Er schlug schwer mit der Faust aus den 1ä), daß Gla ser und Schüsseln klirrten, sprang auf und stürzte aus der Stube. Lena brach vor Schreck in lautes Ge- schrei aus. Die Mutter nahm sie aus den Arm, trug sie in das stille Kämmer chen, vor deffen Fenster ein Apfeldaum seine mit Früchten beladenen Aeste aus breitete und erzählte mit seltsam mono toner Stimme allerlei schöne Geschichten, von den guten Engeln, die bei den klei i'.en Kindern Wache halten und im Traum mit ihnen spielen. Immer noch leise schluchzend, schlies die Kleine end lich ein, während die Thränen wie Per lcn an den geschlossenen Wimpern hin gen. Da sank Nanni neben dem Bett chen auf die Kniee und sandte ein recht inbrünstiges Gebet zum Himmel. Eine Woche zog vorüber, ohne da zwischen den Eheteuten des Vorfalles erwähnt wurde, aber der Franz ging mit finsterer Stirne umher, hatte auf jedes freundliche Wort nur eine rauhe Erwiderung und war stets so gereizt, daß Knecht und Magd ihm scheu aus wichen. Er wird'S verwinden, 's ist ja nun doch nicht mehr zu ändern," tröstete sich Nanni und that ihre Pflicht mit gleichein Eiser wie sonst. Den Gureck litt es aber kaum mehr in seinen vier Wänden. Bis spät in die Nacht saß er im Wirthshaus, und wenn es Tag wurde, wanderte er auf's Feld hinaus. Seinem Weib und Kind mochte er nicht mehr nahe sein. Es wahr ihm, als könnten sie die düsteren Gedanken errathen, die durch seinen Kopf jagten. Als er einsam herumstreifte, kam eines Morgens auf dem Wege, der nach dem Torfe führte, ein leichtes Korb Wägelchen gefahren. Auf dem Kutscher- bock saß ein junger Bursche und hatte iltllhe, den lebhaften Rappen zurückzu halten. Franz blickte kaum danach hin blieb aber plötzlich wie angewurzelt stehen, als er seinen Namen rufen hörte. Halten, Joseph!" gebot dieselbe Stimme und ehe Gureck noch Zeit fand, sich zu sammeln, stand Hanna, einen ungefähr siebenjährigen Knaben an der Hand, vor ihm. Acht liauxt lang hatte er ste nun nicht mehr gesehen, aber sie war nur noch reizender geworden. Der Blick dieser dunklen Augen brannte ihm bis in die Seele hinein. Er mußte sich Gewalt anthun, daß er das üppigschöne Weib nicht in seine Arme riß. Ja, ihre langen schwarzen Zöpfe hätte er nehmen. um seinen Hals winden und sich damit erdrosseln mögen, wenn er dachte, daß sie nun doch nicht mehr sein werden konnte, weil zu Hause die langweilige, phlegmatische Nanni auf ihn wartete. Franz , sagte Hanna und ihre tiefe. weiche Stimme klang wie Orgelton, wir wollen ein Stück in den Wald hinein geh'. Sind ja alte Freunde, die sich viel zu erzählen haben." Er antwortete nicht, faßte aber ihre Hand und drückte sie, daß die Frau leise aufstöhnte und dann lachend sragte: Bist imr er noch so wild und ungestüm wie früher?" Dabei sah sie ihn an, daß es wie eine Flamme zu ihm herüber zuckte. Der Knabe sprang voraus und pflückte Blumen. Da gingen sie wieder nebeneinander her, wie ehemals. Was soll denn letzt werden?" fragte Gureck endlich fast heiser. Ich will einstweilen beim Vater blel- ben." sagte sie. Später muß ich zu rück, denn das Gut soll nicht verkauft werden, wenigstens so lange nicht, bis der Fritz erwachsen ist. Ich versteh' freilich wenig von der Wirthschaft hab mich nie groß darum gckum wert " WaS soll denn dann geschehen?" wiederholte Franz, seinen Blick in den ihren bohrend. Was weiß ich?" erwiderte sie. Der Hansen hat mir alle Last abgenommen. Ob ich jetzt allein mit den Leuten fertig werden kann " Da wirft wohl am Ende gar zum zweiten Mal heirathen müssen ?" klang eS dicht an ihrem Ohr. Sie zuckte gleichmüthig die vollen Schultern. TaS steht im weiten Feld. Bin ja rft Wittwe worden. Daß später wieder in Mann auf den Hos muß. ist schon möglich. Allein weiß ich'S nicht zu richten.' Tag' das noch einmal und ich dring Tich um!" knirschte Gureck. WaS geht'S Tich an?" fragte sie! laut auflachend. Bist e!wa nicht selber verheirathet?" Er stöhnte und preßte die geballten Hände an die Schläfen, hinter denen es pochte und hämmerte, als sollten die Adern springen. Geh, laß' die Dummheiten! Was vorbei ist, ist vorbei," sagte Hanna, nahm ein paar Blume, die ihr Fritz di achte, und steckte sie an die Brust, Wenn's Dir so sehr um mich zu thu war, hättest warten sollen. Ein Mann kann alleweil' allein mit dem DienstvoN fertig werden eine Frau nicht. Nun könnt Vieles anders kommen aber die Nanni sitzt auf dem Haidehof. Da ist nichts mehr zu mache. Gute Freunde wollen wir bleiben und im Uebrigen jedes seinen eigenen Weg gehen." Hanna!" preßte er hervor. Jetzt, wo ich Dich wicderseh', mein' ich, Du mußt mir gehören und wen die Welt d'rüber zu Grunde geht!" Ach geh! Hör' auf!" spottete sie. Die Welt bleibt stehen und mit uns kann's nichts werden. Adieu!" Er streckte die Arme nach ihr aus, aber sie schlüpfte wie eine Eidechse durch das Land auf die Straße und sprang, ehe er sie erreichen konnte, in den Wagen. Der kleine Fritz kletterte auf den Rücksitz und das leichte Gefährt rollte von bannen. Wie versteinert stand Franz immer noch an derselben Stelle. Hanna blickte zurück und wehte grüßend mit dem weißen Tuche. Die schöne Wittwe wohnte einstweilen bei ihrem Vater und die Dorfbewohner bekamen bald allerlei zu reden. Man sah sie öfter mit Franz Glrcck sprechen. Man wollte auch wissen, er behandle seine Frau jetzt mit unglaublicher Roh heit und die rothgcweinten Augen der Nanni widersprachen diesen Gerüchte nicht. Mehrmals ' raffte sie ihren ganzen Muth zusammen und ersuchte den irre geleiteten Manne Vorstellungen zu machen. Das reizte ihn auf das Aeußerste und er ließ sich zu Thätlich leiten hinreißen. Ja, einstmals be drohte er seine Gattin in einer Weise, daß sie von Entsetzen ergriffen aus dem Hause floh und in eine Bauernhlltte Zuflucht suchte. Aber als der Morgen graute, kehrte sie, trotz aller Warnün gen, wieder auf den Haidehof zurück. Und wenn's mein Tod ist ich muß hin, denn Lena ist dort und ich will dem Kinde seinen Vater' erhalten," erwiderte sie. Aber ähnliche Scenen wiederholten sich und das ganze Dorf nahm ein Aer- gerniß daran, so daß der Gcmeindevor fteher Nokowsla sich endlich veranlaßt sah einzuschreiten, um dem Gerede ein Ende zu machen. Er bedeutete seiner Tochter, daß sie gut thun würde, den Ort zu verlassen. Hanna stand eben vor dem Spiegel und flocht ihr blau- qwarzes ,paar. Brauchst mir gar nicht zuzureden. Vater." sagte sie, sich wohlgefällig be trachtend. Die Geschichte mit dem Franz langweilt mich ohnedem schon. Das ewige Anstarren und Nachlausen hab' ich satt. Ich geh' lieber heut' wie morgen." Tann eilte sie. ein luftige Liebchen trällernd, aus dem Zimmer, machte sich reisefertig und bald darauf rollte der kleine Wagen der Landstraße entlang. Die plötzliche Abreise Derjenigen, die er bis zum Wahnsinn liebte, war ein furchtbarer Schlag für Gureck und raubte ihm den Rest von Vernunft und Ueber- legung. Tagelang ging er umher wie ein Sinnloser und endlich konnte er der Skdn,ucht nicht langer gebieten undjlchlicy sie ins Dorf und meldete, daß folgte der Entflohenen nach. Wieder finden mußte und wollte er sie um jeden Preis. Als er aber auf ihrem Gute ankam und sie zu sprechen verlangte, wurde ihm der Bescheid, die Frau sei krank, und er könne sie nicht sehen. Franz bestand jedoch auf seinem Wil len und endlich erschien Hanna auch wirklich, blickte aber so kalt und fremd, daß es ihn wie Eis durchrieselte. Die Reise hättest Dir sparen können. Alles auf der Welt muß einmal ein Ende nehmen und mit uns Zwei ist's aus." sagte sie. Hanna!" schrie er drohend auf und seine ganze wilde Leidenschaftlichkeit lag in dem einen Worte. Halt mich doch nicht für die Nanni." spottete sie. So leicht wie die. kannst mich nicht erschrecken. Was soll S denn überhaupt, daß Tu mir nachläufst wie ein Besessener? Früher hab' ich Dich gern gehabt, aber auch ge meint. Tu wärst ein ganz anderer, als wie sich S später 'rauSftellte. Jetzt bleib' bei Tnem Weibe und laß mich in Ruh'!" Tie Thüre flog hinter ihr zu und Gureck entfernte sich bleich vor Wuth und Scham. Aber schon unterwegs be gann er sich einzureden: die Hanna habe nur so gesprochen, weil sie eisersüchtig sei und eS nicht ertragen könne, ine an dere Frau an seiner Seite zu sehen. Nanni hatte mit unbeschreiblicher Angst auf ihn gewartet. Als er nun in' HauS trat, eilte sie ihm entgegen und bat ihn mit warme, innigen Worten, r ttiAx in fr hnAi ttitjKr ihr und dem Kind zuwenden. Sie, ti MIVUl. iiu .vti Virus ivitvi wolle gern AlleS vergeben und vergessen. Er stieß sie jedoch von sich I ne ikdoq von t3) und sag i zornig: Geh mir au; den uqen, oder ' S nimmt ein schlechtes Ende!" TagS darauf gingen die Leute früh ; fort, um zu mähen. M war einsam j auf dem Haidehose. Später wurde I anni tarraiifch, Sie. die fon& stets rastlos Thätige, hatte nichts vorbereitet , und nirgends Hand angelegt. Aus der Schlaflammer tönte das laute Weinen Lena s, die es nicht gewohnt war, allein zu bleiben Man rief, fragte, suchte im Dors nach der Berschmundenen Niemand wußt, etwa? von ihr. Jeder Winkel des Haufes wurde durchforscht, allein ter gebens. Einer der Knechte machte endlich aus den Brunnen, hinter dem Gehöfte, aufmerksam. Dort stand ein halbgefüllter Eimer ünd das Seil des Schopskrahns war abgerissen. Die Untersuchung des Brunnens gab trauriges Resultat. Man entdeckte die Leiche Nanni's auf dem Grunde Kessel den Wie die Verhältnisse lagen, glaubte Niemand, daß die Iran selbst ihrem Leben ein Ende gemacht habe, oder ver ung'IUckt sei. Franz wurde unter dem Verdacht des Gattenmordes verhaftet und dem reisgenchte tot eige liefert. Die Gerichtsärzte konnten in deß an dem Körper der Todten keine Spuren einer geleisteten Gegenweh finden. Einige blaue Flecke konnlen von dem Aussallen an die Brunnen wände herrühren. Hingegen lauteten die Zeugenaussagen äußerst ungünstig Allgemein sah man einer Verurtheilung Eurea s entgegen; allein der ertyeidi ger desselben wies in schwungvoller Rede die Lücken der Anklage nach und hob hervor, daß dem Gutachten der Aerzte zufolge Niemand mit Bestimmtheit be Häupten könne, es wäre hier wirklich ein Verbrechen begangen worden. Ob es sich um einen Mord oder nur um einen llnsall handle, werde movl immer un aufgellärt bleiben. Der Angeklagte bestreue ikde Schuld. Die Familien zwistigkeiten könnten ja die Frau sehr wohl zu dem verzweifelte Entschlüsse gebracht haben, sich selbst zu todten Jedenfalls sei aber eine verbrecherische That nicht erwie en Nach fast dreistündiger Berathung wurde Gureck wegen Mangel an Bcwei sen freigesprochen. Für unschuldig hielt ihn ja freilich Niemand und er führte fortan ein elendes Leben. Jahre vergingen. Nokowska starb und ein anderer Gemeindevorsteher trat an seine stelle. Die Lena wuchs zu einem schönen Mädchen heran, das die regelmäßigen Züge des Vaters und die sanfte Lieblichkeit der Mutter geerbt hatte. Mit ihrem goldblonden Haa glich sie einem zur Erde herabgcstiegenen Engel. Aber die Vergangenheit warf auch aus ihr junges, unschuldiges Da sein düstere Schatten. Wo sie sich sehen ließ, da hieß es: Da kommt die Tochter des Mörders!" Sie hörte oft dergleichen Aeußerungen und weinte heimlich darüber, aber daß der Vater wirklich so schlecht sei, glaubte sie nun und nimmermehr, wenn er auch barsch und finster war und ihre treue Sorge wenig lohnte. Da trat der Tod an den schon lange Kränkelnden heran, und als en fort eilen wollte, einen Priester zu holen rief der sterbende Mann sie an sein Lager und vertraute ihr ein furchtbares Geheimniß an, unter dessen Last fte fast zusammenbrach. Er gestand der Zit terndcn seine wahnsinnige riebe zu Hanna und daß er die ahnungslose Nanni, als sie eben Wasser schöpfte, mit einem kräftigen Stoße in den Brunnen geschleudert habe. Das Seil, an wcl chcs sie sich geklammert habe, sei zerrissen de Hannah Hansen, die mich um den Verstand gebracht und dann ver- höhnt hat, ist an Allem schuld!" Das waren seine letzten Worte. Re gungslos. als wäre sie selbst todt, der- harrte Lena bis zum Morgen; dann der Pater gestorben fei. Als er zur Ruhe bestattet wurde, folgte sie allein dem schmucklosen Sarge und warf sich dann zu einem hetzen Gebet an dem Grabe der Mutter nieder. Das Gütchen mußte nun verkauft werden, um die vorhandenen Schulden wenigstens theilweise zu decken. Das verwaiste Vcädchen fand als Magd in dem Hause eines Gärtners Ausnahme, Häufig jam sie an der Försterei vor über, die wohl über eine Stunde von Weiler entfernt im Walde lag, und hatte mehrmals schon bei dieser Gelegen- heit einen hübschen Jägerburschcn mit feinem Gesicht und duntlem Haar ge sehen, aus dessen schwarzen Auge, wenn sie den lyrigen begegneten, eine Gluth brach, daß sie über und über er- röthete. Sie sreute sich aber doch ledcs mal seines freundlichen GrußeS und es wurde ihr dabei so weich und wohl um das vereinsamte Herz, als hätte ein war mcr, heller Sonnenstrahl den Weg hin ein gefunden. Zuweilen schritt der Fritz, wie sie ihn rusen gehört, mit der Büchse über der Schulter auch eine Strecke neben der Einsamen her und sprach mit ihr; aber er sagte nichts, was ein ehrsames Mäd chen in Verlegenheit gebracht hätte. Tie Unterhaltung drehte sich überhaupt nur um alltägliche Dinge, dessen unge achtet wußte aber die Lena gar bald. daß er sie innig lieb hatt,. Sie fühlte sich auch dci ihm so geschützt, so selig. daß sie die ganze übrige Welt und alle Sorgen und Kränkungen vergaß. Was späterhin werden sollte, daran dachte sie nicht Sie hatte ihm nur ihren Vornamen gc,agi uno iragie auaj niqi, wie er weiter yieL. woll gar nicht wissen und rfahren. um nicht von ihren eigenen Verhältnissen reden z münen. Leider konnte S aber nicht immer f bleiben. Der Sinter kam und lies der schneit lag das Forfterhans im Walde. I Nur der Förster und der Jögerburfche konnten ich da zurcchtsindcn. Lange lange halten sich die Lena und der Fritz nicht mehr gesehen. An ihrer Sehnsucht suhlte sie eS erst, daß sie ihm ihre ganze Seele zu eigen ge geben. Wie eine endlose Wüste, die sie von dem Theuersten trennte, lag die schneebedeckte Landschaft vor ihr. Die Weihnachtszeit rückte Hera Freudlos sah ihr die Verwaiste entge ge. Sie empfand es ja nur um fi tiefer, daß sie allein stand daß Nie mand daran dachte, ihr eine Freude zu bereiten. Wünsch' Dir Dieses oder Jenes, Mir ist's einerlei, was ich Dir schenk' sagte die Gärtnersfrau. Wie kalt und unfreundlich das klang! Ich weiß nichts ". erwiderte das Mädchen leise und fügte dann nach einer Wee hinzu: Erlaubt, daß ich heut zur Abendandacht geh'. Bei Tag mag ich nicht in die Kirche." Ja, ja, kann mir schon denken, warum, 's thut allemal weh, wenn man schief angesehen wird. Geh' nur hin; mir ist's recht." Ais es buniklte. wart Lena ein schwarzes Tuch über den Kopf und be gab sich auf den Weg. Sie hatte noch ihre Arbeit fertig machen müssen und lam zu spat. Orgelklanq tönte ihr be reits aus dem ärmlichen Gotteshause entgegen. Sie trat ein und setzte sich bescheiden in eine Ecke, sromm die Hände uueiiu. um mal es iyr piiiiiura, ois zwänge ne eine übernatürliche Macht, ben Blick von dem Altar ab und seit- wärts zu wenden. O Gott! Konnte es möglich sein? Da stand der Fritz an ei ncn Pfeiler gelehnt und seine dunklen Augen waren auf sie gerichtet. Ein wonniges Zittern durchbebte ihr? Kör- per. Beten wollte sie, aber die Gedan- ken weilten bei dem Grliebtcn und lie- sich nicht losreißen. Endlich! Endlich!" hätte sie laut hinausiubeln mögen, und lam sich doch schuldig und strasbar vor, daß sie an geheiligter Stalle der Andacht vergaß und ihr stürmisch klopfendes Herz so ganz dem Irdischen zuwandte. Der Orgelton verstummte. Die we nigen Landlcute verließen die Kirche und auch das tief erregte Mädchen nä- herte sich schwankenden Schrittes der Thür. Sie wußte, daß Fritz ihr folgte und daß letzt die Stunde der Entschei dung da war. Als sie die ausgetretenen Stufen hinabging, fühlte fte ihre Hand ergriffen. Lena!" hdrte sie leise rufen und meinte, wenn die Engel selbst herab geschwebt wären, um sie in den Himmel zu tragen, so hätte ihr nicht muthiger sein können. Sie ließ es geschehen, daß er sie fortführte, daß er, als die kleine Schaar der Andächtigen verschwunden war, den Arm um sie legte und sie an eine Brust zog. Ihr eigener Wille war vollständig eingewiegt entschla fen. Lena," sagte Fr,, wie hab ich mich nach Dir gesehnt! ..Hätt' ich Dich heut' nicht hier getroffen, so wär' ich morgen zu Dir geiommen, Zu mir?" stammelte sie. ..Weißt denn Übrigens, wer ich bin?" Natürlich!" rief er, röhlich lachend, Meinst etwa, ich hab' mich nicht um Dich bekümmert? Alles weiß ich! Al- les! Kein Mensch hat ein Recht an Dich und deshalb kann Dich mir auch Riemanb nehmen. Ader mein Vater " Was liegt mir an dem! Ich hab' eine Mutter und die Die wird nichts von mir wissen wol- len." O ja! Sie hat mich gern und will mein Gluck. Wenn ich Dich zu ihr bring', ist's ihr recht. Sollst es sehen!" O Gott! Ich wollt' a Tag und Nacht vor ihr knieen und Alles thun, was ich ihr nur an den Augen absch'." Sie wartet aus mich zum We,b nachtöfcst. Was meinst, wenn ich mor gen mit ihr red' und sie kommt dann selbst und holt Dich?" So ein Glück das wär ,a aar nicht möglich!" flüsterte Lena, Wie heißt denn Deine Mutter, daß ich für sie beten kann?" Hanna Hansen." - Des Mädchen Augen wurden plötzlich starr. Was ist's mit Dir? Reö'!" Ja. ja 'S muß ja sein! Jetzt muß ich's sagen Alles Alles!" stöhnte sie und erzählte nun mit fließen der Haft, was der Vater ihr in keiner Sterbestunde gestanden und wie er das falsche, treulose Weid verflucht habe. ist aus! Wir Beide dürfen uns nimmer wiedersehen, schluchzte sie dann. Das wollte aber der Fritz nicht gel ten lassen. Mit leidenschaftlichen Wor ten redete er ihr zu, und als es ihm trotzdem nicht gelang, sie zu überzeugen, rief er: Wenn Tu bei Deinem Vorsatz bleibst, so wandere ich in die weite Welt hinaus und keiner soll mehr 'was von mir hören!" Sie war ruhiger geworden. Ich weiß nicht mehr, was recht oder unrecht ist." lam es leise von ihren ippen. Morgen werd ich Dir hier an derselben Stelle sagen, wozu ich mich entschließ'. Jetzt laß mich fort." Schwörst mir. daß Tu morgen kommst?" j Ich schwör .!' Er qad sie frei. Sie blickte nicht mehr zurück, denn dann hätte sie ja um kehren münen. O, welche ?erzwrflung. welche Ratblosiakeit in ibr! ?r ibr nur gesagt halte, was tbun? Die arme ge- mordete Mutter! Sie war immer bereit, zu rzeihen so erzählten die Leute vielleicht würde sie auch jetzt nicht der söhnlich sein. Wenn sie nr och ein mal vom Himmel heruntersteigen und sprechen könnte! Ach, wa hilst's! Wun der geschehen ja nicht mehr. Aber an ihrem Grabe da ist der selige Geist doch vielleicht näher dort wird c vielleicht der bittenden Tochter klar, was die Verstorbene will. Lena eilte hinaus auf den kleinen Fricdhof, warf sich auf dem Hügel auf die Kniee nieder und flehte auS der Tiefe ihres gcängstigtcn Herzens zu der Et schlascncn: Sag' mir. was ich soll! Sag's! Ich hab' j Keine auf der Welt, der mir rathe kann." Unaufhörlich wiederholte sie dieselben Worte. Sie merkte es gar nicht, daß der Frost ihre Glieder erstarren machte, daß Wolken heranzogen, die Millionen flimmernder Stcrnenaugen mit grauem Schleier verhüllend, und daß weiße Flocken niederfielen auf ihre Kleider und ihr Haar. Keinen hab' ich auf der Welt, Keinen ," flüsterten ihre Lip pen immer noch wie ein Traum. Dann sank der blonde Kopf an das Krcuzchc. Der dicht fallende Schnee breitete eine weiche Silberdccke über das schluin mernde Müdchen. Am nächsten Tage durcheilte eine sclt same Kunde durch das Dorf: Lena Gureck war von dem Kirchgange nicht nach Hause gckonimen und als der Morgen anbrach, hatte man sie todt an dem Grabe ihrer Mutter gesunden. Der Hanna Hansen aber brachte das Weihnachtsfest nicht den erwarteten Sohn, sondern nur einen Brief von ihm, über den sie bittere Thränen er goß. Fritz hatte ihr Alles geschrieben, was ihm die Geliebte am Abend vor ihiem Tode anvertraute. Mir kommt's nicht zu. Dich zu rich- teil," lauteten die letzten Zeilen, aber wiedersehen kann ich Dich nicht. Ich will in die Welt hinaus, in ein fremdes Land und unter fremde Menschen. Ob ich wiederkomme, weiß ich nicht." Seitdem sind viele Jahre verstrichen. aber der Fritz ist nicht heimgekehrt. Die einst so schöne Hanna, jetzt eine alte, gebeugte Frau mit grauem Haar und vergrämtem Antlitz, wandert von Zeit zu Zeit nach dem kleinen Friedhos bei Weiler und legt Kränze aus drei e:n- same Gräber. Der erste Gefangene des Krieges. Ueber den ersten Gefangenen des Krieges 187 bringt die Saarbriickcr Kricgs-Chronik" folgende Mittheilun gen: Wenige Stunden nach der Kriegs erllärung, am Nachmittag des 19. Juli, wurde bereits der erste französische Gc fangene dnrch Sergeant Ernst von der fünfte Kompagnie hier eingebracht. Wie er gefaßt wurde, erzählt ein Augen- zeuge, der Grubenschlosser Karl Kuh in Dudweiler, der damals in Gerswci- -lcr wohnte, folgendermaßen: Der Grenzwächtcr Tempelstein aus Gerswei lcr hatte am 19. Juli früh am Ziegel Hof einen französischen Soldaten mit Blechgefäßen und Feldflaschen nach Krughlltte wandern sehen, wo er Schnaps einkaufte. Er theilte dies seinem Kollc gen Pabe mit, und beide verabredeten sich, den durstigen Franzofen abzusan gen. Gesagt, gethan. Die Grenz mächter legten sich nach Mittag in einem Versteck auf die Lauer, und es dauerte nicht lange, so sehen sie ihren Mann, nichts Böses ahnend, von Schönecken herkomme. Da er bisher von den Prussiens" nichts bemerkt, so hat er sein Gewehr als lästige Bürde daheim gelassen und ist nur mit dem Seiten gewehr bewaffnet. Wie der Franzose nohe herangekommen ist. erblickt er die Grenzgard" und ergreift das Hasenpa nier, doch Pabe, ein kräftiger und behender Mann, eilt ihm nach, und es gelingt ihm, den Franzmann zu fassen und niederzureißen, noch ehe er die Höhe erreicht hat, auf der er von den Franzc sen in Schönecken bemerkt morden wäre. Nach einigem Widerstände wird der Gefangene von den Grenzwöchlcrn gc fesselt und im Triumph nach Gerswci lcr gebracht, wo alles Volk zusammen strömt, um sich den srarnösischen Krie ger in der Nähe zu betrachten. In ei- nem Wirthshaus ließ man ihm m eilen geben, und hier erzählte er einem fran zösisch sprechenden Einwohner, daß er schon lange diene und auch in Algier gewesen sei. Nachdem er sich gestärkt hatte, wurde er einer Patrouille der fünften Kompagnie übergeben, die gc rade nach Gcrsweiler geiommen war und nun mit der ersten lebenden Tro phäe nach Saarbrücken zog. Der Fran zose gehörte zum 2!!. Linienregiment; er war schlecht gekleidet und sah recht unbedeutend aus. so daß ein Bürger sagte: Wenn sie alle so sind, wie der, dann habt ihr leichtes Spiel." Tie ge nossenen Getränke und die allgemeine Aufmerksamkeit, deren Gegenstand er war, schienen ihm zu Kopfe gestiegen zu sein. Er schimpfte aus die .Prussiens". riß den Adler von seinem Ezako und ries. indem er in der Luft damit herum socht. in Mal über's ander Mal: "vivo l aigle!" (Es leb der Adler!) Dem begleitenden Unteroffizier würd schließlich die Sache zu toll, und er der fetzte ihm mit den Worten: Wart', ich will Tich lägeln!" eine derbe Ohrfeige, worauf der Franzose stille würd und in sich ging. Dieser erste Gefangene. dem mehr als 380,000 im Verlaufe deS Xrieges nach Teutschland gefolgt sind, wurde nach caatlouis gebracht und er hielt bald Eesellfchaft von seinen Lands leuten. T i vl