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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Jan. 9, 1896)
Ein schwierig Geschäftsbrief. AuS dcm Eiigttjchk von R, B. Es ist seltsam, wie einc oberflächlich binacivortcnc Bemerkiina oft denjenigen. n den sie acricktet ist, in Ausrulir bringt, ohne daß der, dessen Lippen sie-; entflohen ist, sich ngenö elwas irnne dabei aedacbt bat. So ging es Richard Denham, als ihm ein Geschäftsfreund eines Tages im Laufe des Gespräches sagte: Sie sind ein reicher Mann, Herr Denham, und auf dem besten Wege, Millionär zu werden." Der Mann hatte nicht ac glaubt, Denham damit Neues oder jleberraschendes gesagt zu haben, aber rs war so. Richard Denham stammte aus einer Familie, in der sich von Ge, neration zu Generation die Armuth vererbte. Er selbst hatte sein Leben lang mit ihr gekämpst, stets in der Angfl, doch noch von ihr übermannt zu werden. bis er sie schließlich besiegt hatte, ohne kick des befreienden Ge iihls seines Sie ges bewußt zu werden. Er hatte raft los gearbeitet, ohne sich eine Ruhe zu gönnen, oder zuruiizubllaen aus das, was er geschaffen, und so war es gekom men, daß ihm die zufällige Bemerkung eines Bekannten sein eigenes Glück der- künden mußte. Er athmete tief aus. wie ein Wettrenner, der gesiegt hat und nun frei Athem holen kann. So in Gedanken vertiest war er, daß er seinen Kasnrer nicht bemerkte, der den zur Thüre herein streckte und, wie jeden Abend gefragt! Haben Sie noch etwas für mich zu thun, Herr Denham?" Denham fuhr empor, als verstände er diese Frage nicht, obgleich er sie doch seit fahren ieden Abend gehört hatte Wie, was meinen Sie ?" rief er fragend. Der Kassirer 'war, obgleich hoch er staunt, zu wohlerzogen, um es zu zd gen. .Haben Sie noch etwas für mich zu thun, Herr Denham?" wiederholte er Ach so! Nein, Rogcrs, danke, es ist nichts mehr!" ..Gute Nacht. Herr Denham!" Sie meinen? Ach so, ja. Gute Nacht, lieber Rogers." Die Straße, in die Denham hinaus trat, hatte heute sür ihn ein ganz ande res Aussehen als sonst. Er schaute die eleganten Häuser an und dachte dabei, daß er auch so eines kaufen könne, wenn er wolle. Er sah Equipagen vorbeisah- ren, und es ftel ihm ein. daß er ein reicher Mann sei und auch eine Equi- Page haben könne, wenn er Lust hätte, denn was sollte er mit einem großen Haus und einer eleganten Equipage machen? Hatte er doch keinen Menschen, den er hätte einladen können, in sein Haus zu kommen oder mit ihm spazie ren zu fahren! Und da fiel ihm in sei nem Reichthum plötzlich ein, wie ganz allein er in der Welt stand. Auch daran zu denken, hatte er bis jetzt keine Zeit gehabt; nun aber, wo er hätte genießen können, fehlte ihm ein Freund, einer, mit dem er seinen Reich thum theilen konnte. Wohl hatte er! einige Gcschäftssreunde, von denen wohl die meisten ein Haus und eine Familie hatten, aber er tonnte keinen dieser Ge- schäftsfreunde sagen: Laden Sie mich ein in Ihr Haus! Ich brauche Men- Ichen; ich bin so einsam!" Und selbst wenn man ihn eingeladen hätte, so hatte er nicht gewußt, was er mit sich anfangen sollte. Denn er war heimisch im Eontor, er kannte dessen Sprache; der Salon aber war ihm ein unbekanntes Land, und sremd waren ihm seine Sitten. Er fühlte, daß sich bei dem Kampfe mit der Armuth etwas nicht hatte mit entwickeln können, was zu lernen jetzt unwiederbringlich war. Erft gestern hatte er einen seiner jungen Leute, der nicht gewußt, daß er in Hör weite war, von ihm, als von dem AI- ten," sprechen hören, und obgleich er sich so srisch suhlte, wie immer, wollte ihm das böse Wort nicht aus dem Sinn. Als er jetzt die Straßen verließ und im Freien wanderte, nahm er den Hut von seinem Kopse und strich mit der Hand durch sein sruh ergrautes Haar. Er dachte an die Vergangenheit, und a stieg das Bift eines Mädchens vor keinem inneren Auge aus, daS ihn viel leicht geheirathet hätte, wenn er den Muth gehabt hätte, die Frage zu thun. Aber er hatte den Muth nicht gehabt, kenn das war von jeher an dem Un- glück der Denham's schuld gewesen: sie hatten alle, nur mit Ausnahme von ihm selbst, jung geheirathet und hatten sich dadurch nicht empor arbeiten können, sondern waren in Armuth und Elend gestorben. Das Mädchen hatte einen Bäcker ge, heirathet; 0, wie lange Zeit das her war? Ja, der junge Mann hatte ganz recht, ihn den Alten" zu nennen! Da sah er plötzlich ein andere? Mü chen vor teinem eiste stehen, ein mo Kernes Mädchen, anders wie jene, die den Bäcker heirathete. Sie war das ein zige weibliche Wesen, das er kannte und mit dem er sprach, und das nur, weil sie in seinem Geschäft die Schreibmaschine bediente. Fräulein Gale war ein hübsche Mäd chen, natürlich! denn alle Mädchen, die an der Schreibmaschine sitzen, find hübsch, und man wußte im Geschast, daß sie aus guter Familie sei, deren Verhältnisse sich verschlechtert hatten. Ihr ruhiges, sicheres Benehmen bcftä tigte diese Ansicht und hielt die jungen Leute in e,pelt, Ci mrtr in tvrft.tahtii& ?17.iK,5n die. nachdem sie herausgefunden batte. wc". daß ihre Achtung dor DenhamS daß die Handhabung der -chr.jb.,Ber,tande beträchtlich sank. Plötzlich Maschine lohnender sei, als Klakicr Unterricht zu geben, sich dcm ersteren lacwandt hatte. Richard Denham setzte sich aus eine Bank und suhr sich wiederholt mit der Hand über die Stirn. Warum nicht?" fragte er sich. E gab keinen Grund, der dagegen sprach, außer dem einzigen, daß ihm der Muth zu der entscheidenden Frage sehlcn würde. TroKdem war er fest ent chlos- scn, es zu thun. Der nächste Tag verlief in gewohnter Weise. Briefe kamen und wurden beantwortet und, wie jeden Tag zur bestimmten Ktunde, kam grauiein Gale in das Privat-Contor Denham 3, um zu fragen ob sie noch etwas (fei- den sollte. Denham zögerte, er fühlte, daß ein Gcschäftslokal nicht der passende Ort für eine Liebenserklärung sei, aber er wußte, daß er aukerhald des lw schästes noch verlegener sein würde. Außerdem hatte er überhaupt keinen Grund, das Mädchen zu Hause aufzu- suchen ; so blieb ihm also keine Waht entweder hier und jetzt, oder niemals ! Setzen Sie sich einen Augenblick, Fräulein Gale", sagte er, ich möchte Sie um Ihre Meinung in einer Angc- legeuhcit einer geschäftlichen Angele genheit, befragen." Fräulein Gale setzte sich, nahm den Bleistift zum Stenographiren in die Hand, legte das Heft auf die Knie und blickte ihren Ehcf fragend an. Den Hain, der vor Verlegenheit nicht still sitzen konnte, sprang auf und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Ich gehe mit dem Gedanken um", begann er schließlich, mir einen Socius zu nehmen. Das Geschäft geht gut, schon seit langer Zeit So?" sagte Fräulein Gale fra- acnd. Ja. Ich halte es sür richtig, mir einen Socius zu nehmen, und darüber wollte ich auch mit Ihnen spreche Wäre es nicht bester, Sie besprä chen das mit Herrn Rogers? Er kennt das Geschäft doch bester als ich ; doch vielleicht soll er selbst der Socius sein?" Nein, er ist es nicht. Rogers ist ein gulcr jw ircr, aver nein, nein, er ist es nicht !" Tann denke ich doch, daß Sie in einer so wichtigen Sache Herrn Rogers oder jemand anders, der so geschäfts kundig ist wie er, um Rath befragen ollen Ich brauche eigentlich gar keinen ww, denn im vin eni qio e, mir einen Socius zu nehmen, d. h. wenn derselbe es will Es wurde Denham heiß, die Sache war doch weit schmieriger, als er ge- glaubt hatte. Darpi handelt es sich wohl um das Kapital, das der Socius in das Ge schäst geben soll?" fragte Fräulein Gale, bemuht, ihm zn hellen. Nein, nein, es ist mir nicht um das Kapital zu thun ! Ich habe selber eie- niig, und das Geschäft wirst jährlich so und soviel ab, Fräulein viale. Das Mädchen blickte ihn erstaunt an. Sie wollen doch nicht Ihren Nutzen mit einem Socius theilen, der Ihnen kein Kapital dazu bringt?" fragte sie. Doch, das beabsichtige ich, denn ich brauche, wie gesagt, nicht mehr Kapi tal." O, wenn Sie das wollen, dann soll- ten Sie sich doch lieber erst mit Herrn RogerS berathen, ehe Sie sich binden! Rogers würde das nicht verstehen. Ich fürchte, ich verstehe auch nicht, wie man so etwas thun kann. ES er scheint mir närrisch, wenn ich sagen oll, was ich denke. Ja, thun Sie das, bitte! Aber es ist lange nicht so närrisch, wie Sie denken. Ich hätte mir schon längst einen Socius nehmen sollen und bin jetzt auch ent schlossen, den Fehler gutzumachen." Tann weiß ich nicht, wozu ich dabei nöthig bin, wenn Sie doch schon ent- schlollen sind !" O doch; ich brauche Sie dazu. Ich lureyie, da mein Anerbieten zurückge wiesen wird." Es wird aber sicher angenommen, wenn der Betreffende bei Beistand ist. Solch ein Anerbieten wird doch keiner zurückweisen! Das sinket sich nicht alle jage! Ta können sie ganz sicher sein! O, glauben Sie wirklich, Fräulein Gale? ES ist mir lieb, das von Ihnen zu hören. Um was ich Sie besragen wollte, das ist die Form des mnbit tcns. Ich möchte dasselbe recht ja, wie soll ich sagen? recht zartfühlend stellen, sodaß es nicht beleidigt und nicht zurückgewieien werden kann. Sie wünschen also, daß ich ihm einen Brief chreibet" Jawohl, jawohl," rief Denham be friedigt aus. Er hatte zwar nicht da ran gedacht, einen Brief zu senden, jetzt aber schien es ihm das beste Mittel, aus dieser fürchterlichen Verlegenheit heraus zukommen. Haben Sie schon mit ihm darüber gesprochen? Mit ihm? Worüber?' Mit Ihrem künstigen TociuZ über das Anerbieten? 'm, 0 nein ; ich ich habe außer mit Ihnen noch mit niemand darüber gesprochen. Und Sie wollen nicht mit Herrn RogerS darüber sprechen, ehe Sie schrei den." .Nein. ES geht ZiogerS absolut nichts an." Nun. dann will ich schreiben," sagte Fräulein Gale kurz, sich über ihr Hest beugen. Es war ihrem Zone anzu schaute sie auf: Wie hoch soll ich die jährlichen Einlünste beziffern? Oder wünschen Sie, daß das gar nicht er wähnt wird?" Nein, erwähnen Sie das lieber nicht. Denn, sehen Sie, Fräulein Gale, ich möchte das Verhältniß nicht auf einer gesellschaftlichen Basis aufbauen, durch aus nicht!" ..Auf was für einer Basis aber denn?" Ja, das kann ich nicht so recht sagen; auf einer persönlichen Basis, vielleicht. Ich hoffe, daß mein Socius gerne mein Partner werdin möchte. Also auf einer freundschaftlichen Basis, wenn ich recht verstehe? Jawohl, freundschaftlich, natürlich, vielleicht noch mehr als daö!" Fräulein Gale blickte ihn rathlos an: Ja, warum wollen Sie ihm dann nicht lieber ein paar Zeilen schreiben, in denen Sie ihn um eine Unterredung bitten? Dann können Sie alles münd lich besprechen." Denham erschrak! Ach nein," sagte er, ich hatte auch daran gedacht, aber es geht nicht, nein, es geht wirklich nicht! Ich möchte lieber alles schriftlich erledigen." Ich fürchte, daß ich den Brief nicht zu Ihrer Zufriedenheit schreiben kann. Es sind so viele Schwierigkeiten zu über winden. Der Bries ist so ungewöhn lich." Das ist wahr, und gerade darum habe ich mich an Sie gewandt, Fräulein Gale. Sie sind die einzige, die mir hel sen kann. Wenn Sie mit dem Brief zufrieden sind, bin ich es auch." Fräulein Gale schüttelte den Kopf, schrieb einige Zeilen und fragte dann: Wird das gehe,,?: Sehr geehrter Herr!" Einen Augenblick, bitte," rief Den ham; finden Sie nicht, daß die Anrede zu formell klingt? Ich möchte vielleicht lieber sagen: Lieder Freund"!" WieSie wünschen," erwiderte Fräu lein Gale, verbesternd; dann fuhr sie zu lesen sort: Lieber Freund!" Seit geraumer Zeit gehe ich mit dem Gedanken um, mir einen Socius zu nehmen, und bitte Sie, in Erwä gng zu ziehen, ob Sie Lust hätten, bei mir einzutreten. Das Geschäft ist seit langem ein sehr einträgliches, und da ich kein Kapital von Ihnen verlange. hoffe ich, daß Sie mein Anerbieten vor- theilhaft finden werden. Ich Ich möchte es lieber nicht so haben," warf Denham zögernd ein. Es klingt, als böte ich alle Vortheile, und der So cius hin; Sie verstehen doch?" Es ist doch so!" antwortete Fräulein Gale. Schreiben Sie lieber vom freund schaftlichen Standpunkte aus, wie Sie selber vorschlugen, Fräulein Gale!" Ich habe gar nichts vorgeschlagen. Herr Denham, AVer wenn toie nur lieber den Brief wörtlich diktiren woll- ten! Ich wußte, daß ich ihn nicht zu Ihrer Zufriedenheit würde schreiben könnend Ich bin vollkommen zufrieden, aber ich denke an meinen zutünttigen Socius. Sie haben den Brief vorzüglich geschrie ben, weit besser, als ich es könnte, aber seien Sie so gut, ihn etwas sreundschaft- licher zu halten! Einen Augenblick später las jvräulem Gale: bei mir einzutreten. Ich mache Ihnen dies Anerbieten nicht vom ge- schäftlichcn, sondern vom sreundschaft lichen Standpunkte aus und hoffe, Ihnen sympathisch genug zu sein, daß Sie Lust haben, sich mit mir zu asjo- ciiren." Soll ich noch etwas hinzusügen, iVrr tflptiTirtni?" So ist es sehr gut! Werkn Sie nur noch andeuten wollten, daß mich eine abschlägige Antwort äußerst enttäuschen wurde. Jawohl, da? will ich", antwortete das Mädchen, soll ich zeichnen: Ihr er- gebener", der Ihr ganz ergebener?" Schreiben Sie, bitte, Ihr Freund." Fräulein Gale erließ das Zimmer, und man hörte während einiger Minu ten das schnelle Ticken der Schreib Maschine aus dcm Nebenzimmer; dann kam Fräulein Gale mit dem sertigen Briefe zurück. Soll der Brief kopirt werden?" fragte sie. Um HimmelSwillen, nein!" antwor tete Denham, die hellen Schweißtropfen auf der Stirne. Er will die Sache vor Rogers der heimlichen, natürlich, denn es ist ein ganz unkaufmönnischer Vorschlag", dachte Fräulein Gale, und laut sagte sie: Haben Sie heute noch etwas sur mich zu thun?" Nein. Fräulein Gale, und nochmals meinen besten Tank sür den Bries!" Am nächsten Morgen trat Fräulein Gale lächelnd in das Zimmer deS Prin ziclals. Sie haben sich gestern Abend geirrt, Herr Denham", sagte sie. einen Bries au? der Tasche ziehend. Wieso", fragte er, etwa? roth wer dend. Sie haben den Brief an mich ge schickt. Ich erhielt ihn beute Morgen und öffnete ihn, weil ich dachte, daß Sie mich vielleicht heute nicht brauchten. Ich sah aber gleich, daß Sie sich im Eouvert geirrt hatten. Sollte ich heute kommen?" i&t schwebte ihm auf der Zunge, zu sagen: Ich brauche Sie nicht nur beute, sondern immer!" aber anstatt dessen sagte er gar nichts, sondern er streckte nur die Hand nach dcm Brief aus, um sich von seinem Irrthum zu überzeugen. Am nächsten Morgen erschien Fräu lein Gale später, als gewöhnlich, und legte mit erschrockenem Gesicht denselben Brief vor Denham hin. Sie meinte bestimmt, der arme Mann habe den Beistand verloren, und sah eine Bestä tigung dieser Annahme in dem verstör ten Gesicht des Prinzipals, als sie ihin sagte: Sie haben den Brief zum zwei tcn Mal an mich geschickt, Herr Den ham!" Der Muth der Verzweiflung beseelte Deiiham plötzlich: Warum beantwor ten Sie ihn denn nicht?" fragte er mit rauher Stimme. Sie wich einen Schritt zurück: Beantworten?" fragte sie verständ nißlos. Natürlich! Wenn ich einen Brief zweimal erhalte, muß ich ihn doch be antworte!" Was meinen Sie damit?" rief das Mädchen, die Hand auf der Thür klinke. Genau das, was in dcm Briefe steht. Ich möchte Sie zum Partner haben, ich möchte Sie heirathcn! Zum Teufel mit dcm Geschäftlichen." O!" ricf das Mädchen, einen tiefen Seufzer ausfioßend. Tann floh sie aus dem Zimmer in ihr eigenes Schreibmaschinen - Kontor, die Thür schließend. Richard Denham ging ruhelos in sei nem Zimmer auf und ab, klopfte dann an ihre Thür, aber ohne eine Antwort zu erhalten. Er nahm feinen Hut vom Stander und verließ das Geschäft. Als er nach langem ziellosen Wandern zu rückkai, begrüßte ihn der Kassirer mit den Worten: Fräulein Gale ist fort, Herr Denham!" So?" Ja, sie hat einen Brief hinterlassen; sie kommt aber nicht wieder." Es ist gut. Rogers!" Er ging in sein Privat-Eontor und fand auf seinem Pult einen Brief lie gen, mit dcm Bermerk Privat"; er riß ihn auf und las folgende, sauber mit der Schreibmaschine geschriebenen Zeilen: Ich gebe meinen Platz an der Schreibmaschine auf, da ich eine bessere Offerte habe. Man hat mir die Stel hing eines Socius in dem Geschäft von Richard Denham angeboten, und ich bin entschlosten, dieses Anerbieten an zunehmen, weniger der finanziellen Bortheile,halber, die diese Stellung die tet, als vielmehr des freundschaftlichen Verhältnisses wegen, in das ich zu dem obcngenannten Herrn treten werde. Warum mußten Sie mich so mit dcm dummen Brief quälen, wo ein paar Worte alles in Ordnung gebracht hätten? Sie scheinen wirklich einen Socius zu brauchen! Meine Mutter wird sie jederzeit empfangen, die Adresse haben Sie ja. Ihr Freund Margarethe Gale. Gehcimnißvolle Kräfte. Unter dem Titel Geheimnißvollc Kräfte" erzählt Graf Nikolaus Bcthlen in einem ungarischen Blatte eine räth selhafte Geschichte, die auf den Erleb nisten eines französischen Richters be ruht. Vor zehn Jahren hatte ich als Un tersuchungsrichter meine Aufgabe in einem entsetzlichen !vcoroprozeft vol lendet; Tag und Nacht sah ich seit Wochen im Geiste nur Leichen, Mord sccnen und Blut. Zu meiner Erholung suchte ich einen entlegenen Luftkurort auf, wo es keine Kasino und keine Eisenbahn giebt, nur alte Stellwagen; ich spazierte den ganzen Tag in den Waldungen herum, die dort eine rie sige Ausdehnung haben, und verirrte mich eines Abends derart, daß ich ganz erschöpft war, als ich aus dem Walde aus eine entlegene Straße gelangte, von wo meine Wohnung noch zehn Kilometer entfernt lag. Nächst der Straße befand sich ein Eliiichrwirthshaus mit der Firma: Zum guten Freund." Ich trat ein und verlangte ein Nachtmahl. Der Wirth und seine Frau hatten ein verdächtiges Aussehen, und sonst war kein menschliches Wesen im Hause zu sehen. Nach dem herzlich schlechten Essen verlangte ich eine Unterkunst, da es bereits zu finster war, um den Heim weg anzutreten; die Wirthin sllhrte mich längs eines Ganges in ein Tachzimmer, daS sich oberhalb des Stalles befand. In dem Zimmer fand ich außer dem Bette nur zwei Seffel und einen Tisch mit einem Krua Waffer. Als vorsichti ger Mann untersuchte ich das Zimmer und fand eine Thur, die sich aus eine Leiter im Freien, welche zur Stalltbür sllhrte. öffnete. Ich verbarrikadirte die Thür mit den Segeln und dem Tische, ans welch' letzteren ich einen Krug stellte, so daß man die Thür nicht oNnen konnte, ohne den Tisch und Krug um,iit werfen. Todtmüde verfiel ich in kiesen Schlas; da erwachte ich plötzlich auf ein großes Geräusch: eZ schimmerte Licht durch das Schlüsselloch. Wer ist da?" rief ich erschrocken. Keine Antwort; tiefe Stille. Nach langer Zeit, gegen Morgen zu, schlief ich endlich wieder ein und hatte folgenden Traum: ES schien mir. das man die Fallthür öffnete; der Wirth erschien mit einem großen Messer in der Hand und hinter ihm die Frau mit einer Laterne, vor welche sie ihre Hand hielt: der Wirth nahte mit leisen Schritten und stieß sein Messer in die Brust des Mannes, der im Bette lag: der Wirth packle den Er mordeten bei den Fußen und die Frau , beim Kopfe, und so trugen sie ihn die Leiter hinunter. Der Wirth nahm den Ring, an dem die Laterne hing, in den Mund. In dem Augenblicke erwachte ich. i Schweiß gebadet; die Sonne stand schon hoch am Himmel. Ich warf mich hastig in meine Kleider und stürmte die Treppe hinunter: als ich anf die Straße gelangte, sühltc ich mich ganz erleichtert und eilte in meine Woh iiiing in den Kurort. Ich vergaß ganz meinen Traum; nach drei Jahre las ich folgende Notiz: Die Gäste dcS Kurortes X. befinden sich in großer Aufregung; der Advokat Viktor Armand ist seit acht Tagen, seit er zu Fuß einen Ausflug in das Ge birge machte, verschwunden: man fürch tet, daß er verunglückt sei." In dem Augenblick, als ich die Notiz las, crin nerte ich mich meines Traumes. Noch stärker ergriff mich diese Erinnerung, als ich einige Tage später folgende Mit thcilung fand: Man ist ans der Spur des ver schwundcnen Advokaten; er verbrachte die Nacht vom 24. August im Einkehr Wirthshaus Zum guten Freund". Ein Fuhrmann hat ihn dort gesehen; Wirth und Wirthin sind schlecht beleumdet; vor sechs Jahren verschwand ein Eng' ländcr in derselben Gegend; andererseits hat ein Hirtenmädchen ausgesagt, daß es am 20. August sah, wie die Wirthin in einem Tuche unter dem Holze blutige Leinentücher versteckte. Eine strenge Untersuchung wird eingeleitet." Eine innere Stimme flüsterte mir zu, daß mein Traum zur Wirklichkeit ge worden, und unwiderstehlich zog es mich nach dcm Kurort X. Die Richter bemühten sich dort, das Geheimniß zu lüften, doch ein unzweifelhafter Beweis konnte nicht gefunden werden. Ich traf gerade den Tag in X. ein, als der Un tersuchungsrichter die Wirthin verhörte, und ersuchte ihn, zu gestatten, daß ich dem Verhör beiwohne. Die Frau er kannte mich nicht; sie bemerkte gar nicht meine Anwesenheit. Sie sagte aus, daß ein Herr am 24. August Abends im Gasthaus weilte, aber die Nacht nicht dort zugebracht habe; als Beweis ihrer Aussage führte sie an, daß es im Gast hause nur zwei Gastzimmer gebe, und daß beide von Fuhrleuten besetzt waren; eine Thatsache, welche die Betreffenden in der Untersuchung bereits bestätigt hatten. Da griff ich in das Verhör plötzlich ei und ricf: Und das dritte Zimmer über dem Stall !" Die Frau schrak zusammen und schien mich in dem Augenblick zu erkennen. Ich fühlte mich wie inspirirt und fuhr fort: Viktor Arniand schlief in diesem dritten Zimmer; Nachts kamen der Wirth und Sie auf der Stallleiter in das Zimmer, indem Sie die Fallthür öffneten; Ihr Mann hielt ein Messer in der Hand und Sie eine Laterne. Sie blieben bei der Thür stehen, während der Wirth den Reisenden ermordete und ihm seine Uhr und sein Portefeuille raubte." Das war mein Traum vor drei Iah ren ; mein Kollege, der Untersuchungs richtcr, war ganz verblüfft ; die Frau aber zitterte am ganzen Leib, ihre Zähne klapperten vor Furcht und Ent setzen sprach aus ihren Augen. Tann" so sagte ich weiter ergriff Ihr Mann die Leiche bei den Füßen und Sie hielten den Kopf. Beide trugen die Leiche auf der Leiter hinunter: um zu leuchten, nahm der, Wirth den Rina, an dem die Laterne hing, in den Mund." Leichenblaß stand die Wirthin vor uns und murmelte unwillkürlich die Worte: Der hat Alles gesehen !" Aber sofort raffte sie sich auf. verweigerte ihre Unterschrift auf das Protokoll und sprach kein Wort mehr. Nun wurde der Wirth vorgeführt. Mein Kollege wiederholte ihm meine Erzählung ; der Wirth glaubte, daß seine Frau ihn ver rathen habe. Mit einem fürchterlichen Fluche schrie er wüthend: Die Elende soll es mir büßen !" Mein Traum ist also nach drei Iah ren bis in die kleinste Einzelheit wie j. B., daß der Wirth den Ring der 2a lerne in den Mund nahni zur Wirk lichkeit geworden. Jin Stalle deS Wirthshauses fand man unter dem Kehrichthaufen vergraben die Leiche des unglücklichen Victor Armand und noch andere menschliche Gebeine, vielleicht jene des vor sechs Jahren verschmunde- nen Englanders. vir in eS immer, als ob mir dasselbe Loos bestimmt ge wesen Ware. In jener Nacht, als ich träumte, habe ich wirklich durch das Schlüsselloch das Licht schimmern sehen, oder war da? auch nur ein Traum, eine grauenhafte Vorahnung? Ich weiß es nicht. Aber ich fühle auch, daß eine geheimnißvolle Kraft mich als Werkzeug benutzte, um ein Verbrechen an das Tageslicht zu dringen das sonst unge straft geblieben wäre. Und während meines langjährigen Wirkens als Rich ter hatte ich öfters Gelegenheit, zu er fahren, daß der Verbrecher um feine That zu verhüllen nicht allein mit uns Menschen zu kämpfen hat, sondern auch mit einer gcheimnißvollen Macht, welche die Wissenschaft noch nickt zu er gründen vermochte." lie etzun, des ,, sch erzählt der nun 7.',jährige Aesthetik Mar Schasler in seinem vor Kurzem erschienenen Buche Ueber ein halbes Jahrhundert. Erinnerungsdilder eines alten Burschenschailers". Schasler. der sich gegen Ende der vierziger Jabr vcr gedlich an der Universität Berlin zu ha- bilitiien versucht Halle und wegen diese? Mißcrsolgs in tiefe Verstimmung gera thiN war, wurde von Seiten jtvij t Bekannter, Namens Ernst Dohm uud Rudolf Lömenstei, veranlaßt, einem Vereine talentvoller und lustiger junger Leite b.'izutrctk. Die kleine Gesellschaft führte den Namen Rütlibnnd" und pflegte sich Abends in der Restauration Malassrn" an der Gertraiidtenbrücke zusainmenziisinden. Außer Dohm und Löwenstein gehörten zu ihr Knlifch, TituS ilrich, Rudolf Gottfchatt und seine Freundin Louise Aston, der Zeich ner Wilhelm Scholz, der spätere Dan ziger Oberbürgermeister v. Szepansti und einige andere. Die (bespräche, die in dieser Gesellschaft geführt wurden, waren hauptsächlich politischen Inhalts, an jedem Sonnabend aber verdichtete sich die Unmasse von Witz und Satire zu einer Kneipzeitung, Rütlizeitung" genannt, die hauptsächlich von Dohm, Löwenstein, Kalisch und Szcpanski ge schrieben und von Wilhelm Scholz illu strirt wnrde. Eines Sonnabend Abends nun, erzählt Schasler, war beider Vor lesimg auch der nachherige Verleger des Kladderadatsch", Hosmann, damals ein ganz mittelloser Buchhandler-Coin-mis, anwesend. Das Unglück wollte, daß Jemand aus Ungeschick ein volles Bierseidel über die Rütli-Zeitung" er goß und beides bei dem Rettungsversuch aus die Erde geschleudert wurdc. Da rief der Vorleser es war Szcpanski plötzlich Kladderadatsch!" jenen alten Berliner Ausruf für solche Affären, wenn etwas zerbrochen oder verdorben wird. Hoffniann, der schon bei einer früheren Vorlesnng entzückt war über den Reichthum an pikanten Witzen der Riitlizeitung", griff das Wort Klad deradatsch auf und erbot sich, ein satiri sches Wochenblatt unter diesem Titel herauszugeben." Der Plan wurde an genommen und schon vom nächsten Sonnabend an erschien der Kladdera datsch," alle Tage, mit Ausnahme der Wochentage". Die Mitarbeiter waren die der Riitlizeitung", Ernst Dohm der Redakteur. Der große Ausschwung, den das ausgezeichnete Witzblatt schon sehr bald nahm, ist bekannt. Jfflands Riug. Während seines Aufenthaltes in Zii rich mußte der berühmte deutsche Schau spieler Friedrich Haafe sich eine kleine Anzapfung" von einem Züricher Jour nalisten gefallen lassen. Wir reprodu ziren hier nur einen der interessantesten Punkte des Interviews, das in der N. Z. Z." veröffentlicht wurde. Friedrich Haase trägt einen Ring am Finger. Das ist nun gerade nicht merkwürdig; aber wohl ist es das, daß der Ring von Jffland stammt. In einer altcrthttm lichen Einfassung von Brillanten zeigt er eine Gemme mit dem Bildniß des Paters der deutschen Schauspielkunst. Diesen Ring hat Jffland einst als Ge schenk erhalten und bis zu seinem Tode getragen. Als er sein Ende nahen sühltc, bezeichnete er als seinen Nachsol ger an der Berliner Hofbühne und als Fortsetze! seines Lebenswerkes den da mals noch unbekannten Ludwig De vricnt, dem er als Unterpfand und als Zeichen seines heiligen Vermächtniffcs diesen Ring zu übergeben befahl. Lud wig Devricnt trug diesen Ring bis zu seinem Tode, und hinterließ ihn Theo dor Döring, der den Reif ebenfalls bis zu seinem Tode trug. Als Döring auf seinem Sterbelager lag und seine Auf lösung nahe fühlte, bat er seine Gattin. das Kleinod seinem Freunde Friedrich Haa,c zu uergeven. So vcrerbte sich das Abzeichen der höchsten Würde der deutschen Schaufpie lerkunft, indem jeder Inhaber sich seinen Nachfolger selbst wählt, von Jffland bis anf Friedrich Haase gleich einer Kö nigskrone", wie der Interviewer be geistert hinzufügt. Verdorben Luft. Durch Versuche an Mäusen wurde festgestellt, daß schon ein Kohlensäure gehalt von l2 bis 14 Prozent ausreicht, um die Thiere zu tödten. und zwar auch dann, wenn dieses Kohlcnsäurequantum einem Strom frischer Luft beigemengt wurde. Ein Schlafzimmer, in dem auch nur zwei bis drei Personen bei der schlossenen Fenstern die Nacht derbrin gen, ist am Morgen mit Kohlensäure geschwängert es wundern sich so manche Leute, daß sie am Morgen mit eingenommenem" Kopfe erwachen und merken nicht, daß das von dem Schla fen in ungenügend erneuerter Lust kommt nun denke man sich gar ein Zimmer, in dcm eine ganze Familie wohnt, arbeitet, schläft, und in dem wo möglich noch gekocht wird im Winter wegen der Wärme, im Sommer wegen der Hitze und der Fliegen bei gcfchios senen Fenstern: Daher rührt es um großen Theile, daß die Frauen der un tcren Stände so schnell verblühen und nach der Geburt von einem bis zwei Kindern schon wie alte Frauen aus sehen, noch dazu bleich und abgezehrt; ihre Männer sind wenigsten? den Tag über in anderer Luft, sie aber halten sich mit geringen Unterbrechungen Taa und Nacht in dieser Atmosphäre aus. die man nicht besser bezeichnen kann, 13 mit dem Ausdruck: Schleichendes Gift!" Ein altes Sprichwort sagt nicht umsonst: Oeffnet die Fenster in Eurem HauS. so fliegen Apotheker und Arit hinaus." ?ckcrzna. Heringe sind .Welche testen? die gesuch- fu::.;i " :pgaiiuzz