Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, December 26, 1895, Image 12

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    Eine solche Bescherung.
Humoreskc von W, Herber.
Die Jlocken wehten dicht durch die
Allee. In den tiefen Schnecsnrchen der
Strasie schleppte ein durrer Gaul den
ächzenden Zigeunerwagcn, aus welchem
vier oder fünf schmarzgelockte schmuKige
Kindergesichter guckten, während Man
und Weib beide rauchend neben
her trabten.
Sobald die junge Brüt den fremden
zwischen den Bäumen herankommen sah,
purzelte eines hinter'm andern aus der
Wagenthure und stolperte durch den aus.
stäubenden Schnee über den Strossen,
graben zu ihm auf den Fußweg.
Schenk! ! Schenki, Herr I Arme Zi
geuncrkindl schenki 1"
So schrieen, winselten und Impften
sie um ihn herum, daß er Hütte lachen
müssen, wenn er dazu überhaupt aufge.
legt gewesen wäre. So aber fuhr er
mit grimmigem Gesicht in die Tasche,
holte eine Hand voll Attinze heraus und
rief den Bettlern zu:
Da laßt Euch d'nim bescheren!"
Mit kreischendem Jubel stürzte die
wilde Schaar Über das rollende Geld her;
aber der Vater, der erst demuthig sei
Hiitl gezogen hatte, wie er den Fremden
in die Tasche greifen sah, sprang jetzt
auch herzu und riß den Bälgen das
köstliche Geld aus den Hündchen, ehe
sie es an sich geborgen und vor ihm er
steckt hatten.
Ter Spender dieses unverhofften
Reichthums war etwa hundert Schritte
weiter die Allee hinauf stehen geblieben
und hatte dem Treiben mit finsterem
Gesichte zugesehen. Zu einer Besche
rung reicht's doch!" murmelte er.
Und wenn er drei Viertheile in Schnaps
verfällst, von dem Rest kauft er doch ihr
ein wollenes Tuch und jedem der Ran
gen einen Lebkuchen dann haben sie
ihr Christfest und freuen sich d'ran! Ja,
sie können sich noch sreuen alle Welt
kann sich freuen ! "
Wuthend rannte er vorwärts und
übersah ganz, daß er von dem gekehrten
Wege abkam und tief in dem schlohwei
ßen fröhlichen Weihnachtsschnee watete.
Erst als der frühere Nachniittagsnc-
M fiel, kehrte er um. Der macht's
nur noch trauriger!" murmelte er und
rannte wieder der Stadt zu.
Stasi, seine alte Haushälterin, schilt
leite den Kopf, wie er mit den schnce
starren Beinkleidern zur Thüre herein
lam und sich in die Sophaecke warf ohne
seine diistere Miene abzulegen.
Nach einer Weile raffte er sich auf.
Alter Esel!" murmelte er. Es muß
gehen! Ist's so oft schon gegangen
wird's auch diesmal gehen!"
Er zog die nassen Stiefel und Kleider
us, warf sich in seinen Schlafrock, ließ
sich ein großes Glas heißen Grog richten,
zündete sein Pseiflein an und legte sich
mit einem Buche auf das Sopha.
Aber er las nicht viel. ?!ach kurzer
Weile schon träumte er über die Spal
ten hinaus ins Leere. Er schüttelte
häufig und heftig den Kopf dann
warf er das Buch in die Ecke, schlürfte
den Grog aus, zog frische Stiefel an
nd ging wieder.
, In der Küche stand Stasi und schnitt
Spühne, Er hielt eine Weile an und
betrachtete sie.
Stasi!" sagte er dann freundlich.
Herr Assessor!" antwortete sie ein
wenig vermindert, aber doch ohne von
ihrem Geschäfte aufzusehen.
Da trat er einen Schritt in die Küche.
Ich hab's schon seit mehreren Jahren
vergessen bald wär's mir auch heuer
wieder so gegangen!" brummte er un
wirsch. Wenn Sie nächste Woche am
Weihnachtsabend außer Hause sein wol
len es hat ja jeder Mensch" setzte er
grollend bei Jemanden, dein er beschert,
von dem er sich eine Bescherung erhofft
ich hab' nichts dagegen, gar nichts
es freut mich für Sie!"
Jetzt legte Stasi das Meffer weg und
sah ihn an. Herr Affcsfor", sagte sie
mit zitternder Stimme, ich hoffe nicht,
daß ich mich dieses Jahr über so Pflicht
vergeffcn gezeigt habe, als ob ich am
heiligen Abend erst gar meinem Ver
gnügen nachliefe, wo alles beisammen
bleibt! Sie können ja da auch Ihren
besonderen Wunsch haben, können
Punsch oder sonst etwas eigenes wollen
mein Gott, man ist ja doch auch ein
Mensch."
Wenn auch ein ganz vereinsamter,
wollen Sie sagen!" knurrte er, stülpte
den Hut auf und rannte ohne Gruß
davon.
Sie kann's!" grollte er über die
Treppe hinunter. Weider können
Alles!"
Die Straßen waren voll Menschen,
Geheimniß, Lust und Porahnung kom
mender Freude. Jeder lief eilend
seinem süß driborgencn Zweck nach und
der Assessor, der allein ziellos schlenderte,
bekam manchen tüchtigen Puff, auch von
zartem Ellenbogen, so daß er griminig
darüber lachte.
Plötzlich blieb er unter einer Laterne
stehen.' Bin ich denn der einzige?"
brummte er zornig. Heda, Jungge
sellen-Schaflöpse her!" Und er musterte
die Borüdergehtnden scharf.
Ta plötzlich, rutschte was vor ihm: er
griff fest zu und hielt ein weibliches
Wesen am Arm, daS mit todesängftli
chcm Tone noch eben gerufen hatte:
Ach das Pferd!" nun aber tief at
mend zu ihm aussah.
Sie hätten sich den Fuß brechen
könren. rträulein!" brummte er,
Ta blickte kie ibn noch einmal fester
an und lispelte freudig überrascht: Ach!
Onkel Kurt!" i
Wirklich Gusti!" rief er halblaut
und betrachtete das Mädchen mit ftou
enden Augen. Dieses schlanke, Mau.
äuaiae. goldlockuie Geschöpf da war
wirklich und wahrhaftig das Töchtcrchen
feines einzigenJugendfreundes, in deffen
Familie er früher, noch ehe er so men
schenscheu geworden, manche angenehme
Stunde verlebt und wo ihn deshalb die
Kinder kennen gelernt hatten !
Ja, ja, wir sind's beide!" sagte er
jetzt verlegen. Aber ich hätte Sie
bald nicht wieder erkannt! So groß und
"na, das ging denn doch nicht!
Was schleppen Sie denn da?" un
terbrach er sich selbst und betrachtete den
bunten Kram, den sie aus den Armen
trug.
Ihr Gesichtchen leuchtete von iiend
lichem Glück. Christkind!!" gab sie
zur Antwort. Papa ist im Bureau
Mama mit der Kleinen in der Kinder
Vorstellung der Weihnachtskomödie und
unsere alte Lene plaudert nicht! Da lief
ich rasch fort um meine Einkäufe zu
machen es ging so schnell, die Sachen
hatte ich mir schon längst einzeln auSge-
dacht und aufgeschrieben jetzt hab ich
alles!"
Und ihre strahlenden Augen leuchte
ten über die Schatze hin.
Geben Sie her!" ries er grollend
und nahm ihr das Pferdchen weg,
Sie sind zu hoch bepackt Sie fallen
sonst wieder! Wem gehört denn der
Gaul?"
Bruder Otto!" antwortete sie, durch
seinen barschen Ton etwas verschüchtert.
Er ist echt überzogen!"
So!" brummte er und blieb stehen.
Eigentlich", dann ging er einigeSchritte
und hob wieder an: Eigentlich sollte ich
ja dem Otto auch etwas kanfen! Ist er
dann brav?"
O!" entgcgnete Gusti halb lachend
halb mit -chwesterstolz. Ein toller
Schelm aber stets die besten Censu-
ren!"
Ich kauf' ihin auch was!" rief er
sehr laut und grimmig. Ich kenn ja
den Burschen von der Wiege an kom-
men Sie herein!"
Und ohne daß sie ihm bei seinem son-
derbaren unwirschen Wesen mit einem
Wort zu widerstreben gewagt hatte,
folgte sie ihm gehorsam in das prächtige
Svielwaaren Etabli ement, da er
betrat.
Was meinen Sie?" sagte er unter
nehmend herumblickend. Die Festung
dort?"
O," flüsterte sie, die ist viel zu
theuer! Wenn Sie wirklich so gütig
sein wollen, eine Kleinigkeit'!
Aber er hatte das heimliche Aufleuch-
ten ihrer Augen wohl gesehen. Also
die Festung!" sagte er zu dem Händler.
Sleich einpacken?"
Ja, ja gleich einpacken!"
Haben Sie denn nicht auch ein
Schwesterchen?" fragte der Affcffor mci
ter. Ach ja!" gestand sie. DieGretl!"
Ter Besitz der lustigen Kleinen kam ihr
in dem Moment fast wie eine Kunde
vor.
Eine Puppe!" rief der Affcffor.
Eine schöne große Puppe mit echten
Haaren!" Er schaute erst triumphirei.d
das echtüberzogene" Pferdchcn in sei
nen Händen an, dann Gusti.
Aber, Herr " flüsterte diese.
Das geht nicht!"
Da hatte er schon eine Dame mit
wogenden Flechten im Genick und hielt
sie ihr hin. Die da?" fragte er.
O!" antwortete sie als Ausdruck
höchster Anerkennung.
Also die da!" sagte er zu ein paar
Kommis, welche die schöne Puppe sofort
mit geschäftigen Händen faßten, in eine
Schachtel legten und diese sorgfältig
einwickelten.
Sonst befehlen Sie nichts?" fragte
der Ehef des Etabliffements, als Kurt
die Rechnung beglich.
Der Blick des Assessors war lange
prüfend durch daS ganze Lokal geflogen,
hatte sich aber immer mehr verdüstert.
Nein!" sagte er und ging ein
Ausgeher trug die Packete hintendrein.
Aber wie können Sie sich solche
Ausgaben machen, Herr Assessor!" flll
fterte das glückselige Mädchen.
Was Herr Assessor! antwortete er
rauh. Ich bin kein Assessor der
Onkel Kurt bin ich!"
Endlich kam man vor ihr Haus.
Empfehlen Sie mich!" sagte er rasch.
Und fröhliche Weihnachten!"
Aber sie hatte, ehe er entwischen
konnte, seine Hand ersaßt. Ich danke
Ihnen herzlich!" flüsterte ne. Wie
gut Sie sind."
Als am andern Morgen der Herr
Assessor nicht erwachen wollte, trat
Stasi leise in fein Schlafzimmer um
ihn zu wecken. Er lag mit vergnügtem
Gesicht im Bett und brummte eben:
Wie gut Sie sind! Hahaha!" Und
dabei lachte er so fröhlich, daß er
darüber erwachte. Erst starrte er seine
Haushälterin verblüfft an, dann sagte
er freundlich: Ah. Stasi, guten Mor
gen!" Ein Brief!" sagte sie, w:te ihm
denselben und ging.
.Alle Wetter!" rief er. Das ist
ja " Tann las er:
Alter Junge!
Tu hättest Gufti sehen sollen! Sie
schmärmt von Tir seit gestern, wie von
einem Gott! Na, aber wer wird auch
solche Unkosten riskiren! Wir sollten Tir
eigentlich recht böse sein ziehen es
aber vor, Tich in optima türm zum
Bescherungsabend praziS 8 llhr einzula
den. Tu wirft den Kindern gewiß die
Freude nicht versagen und nicht minder
Teinen alten Freund Werner."
Der Assessor sprang aus dem Bett
und lief, wie er war, in der Stube her
um, bis es ihn in den Beinen fror.
Das geht nicht! DaS geht nicht!"
rief er. Da hab ich mir eine schöne
Suppe eingebrockt!"
Aber es ging doch. Stasi machte
große Augen, als er ihr's am Be
scherungstage selbst erst sagte; wie er
aber nachher rasch fort in die Weihnachts
dämmerung hinausgestürmt war, mur
melte sie: Gott sei gelobt! Diesmal
wäre er sicher krank geworden vor Ein
samkeit!" Gab das einen Jubel bei Rcndant
Werner! Otto's Festung und Gretl's
Puppe waren die Ereignisse des Abends,
vor denen alles in Schatten trat.
Onkel Kurt selbst führte man an ein
kleinesTischchen, wo man auch ihm aller
Hand schlichte Geschenke aufgebaut hatte.
EinSchlüsseltäschchen aus grüner Seide
fiel ihm zuerst in die Augen.
Das hat die, Gusti gestickt!" sagte
Werner, Denk' nur, in acht Tagen
eine Leistung!"
Jetzt litt s ihn nicht langer. Er lief
aus der Stube.
Was hat er denn?" sagte Werner
erstaunt.
Gieb Acht!" flüsterte seine, Frau.
Wir erleben heute noch etwas Seltsa-
mes! Ich habe so meine Wahrnchmun
gen gemacht!"
Da kam er Mieder. Fräulein Gusti!"
sagte er sehr aufgeregt und hielt ein
kleines Päckchen in der Hand. Sie
dürfen nicht glauben, daß ich Sie ver-
gcssen hätte! Neulich schon Sie
haben's ja sehen können, wie ich mich
plagte aber es ging noch nicht! Nun
jedoch, da Sie mir auch bescheren,
muß es gehen Sie müssen es neh
men!" Und damit drängte er ihr das Pöck
chcn in die Hand.
Sie blickte die Mutter an.
Wir wollen doch erst sehen!" sagte
diese lächelnd und öffnete das Geheim
niß. Allen entfuhr ein Ah"!
Auf zartblauem Sammetgrunde
glänzte ein Brillantkreuz mit mächtigem
Feuer.
Herr Assessor!" sagte die Rcndantin
ernst, das dürfen wir nicht nehmen
so beschenkt man kein thörichtes Kind
eln solches Geschenk giebt man höchstens
seiner Braut!"
Kurt schreckte bei diesem Worte zu
sanimen. Dann schnitt er ein fürchter
lichcs Gesicht und rief stoßweise:
Nun ich will aber, daß Fräulein
Gusti das Kreuz behält und wenn
nur eine Braut es behalten darf so
so gebet ne mir eben zur Braut!"
Kurt!" rief Werner. Du
Du "
Ja freilich," rief der Assessor jetzt
hastig und betrachtete mit ängstlicher
Spannung Gusti s tief erröthendes w-
sichtchen, scchsunddreißig Jahre bin ich
schon alt; aber ich mein', ich könnte mit
einem so süßen Ding wieder wie ein
Junger und noch dazu ein ganz glückli
cher Mensch werden und vielleicht schließ
lich sogar andere noch glucklich machen!"
Werner schüttelte dem Freunde fcuch
ten Auges die Hand. Nun, Gusti,"
sagte er bewegt, sprich frei und offen!
Du weißt, niemand beeinflußt Deinen
Willen aber Du suhlst wohl auch, es
ist ein Antrag, der uns alle hoch ehrt.
Ach, Herr Assessor." sagte Gusti mit
ihrer lieblichen Stimme und blickte ihm
in's Gesicht, was könnten Sie an mir
ungeschicktem Ding finden ein so
kluger, braver Mann
,,Klg und brav!" rief er. Ja, ja,
ich bin ein alter Esel, dem man nur
noch solche Prädikate giebt. Zum
Liebhaben bin ich freilich nichts
mehr!
O " rief sie rasch, verstummte
aber schnell und erschrocken.
Was o!" fragte er ungestüm
Könnte man mich noch lieb haben?
Gusti, Kind, Engel, Tu lächelst schel
misch darf ich's glauben?"
Glauben Sie es!" sprach die Ren
dantin gerührt und führte ihr Mädchen
in seine Arme. Gusti hat Sie lieb
von ganzem vollem unschuldigen Her
zen!" Und die Kleine nickte selig dazu.
Alle Wetter!" murmelte derAssessor,
als er spät Nachts heimwärts schritt,
und blieb im sunkclnden Mondlicht ste
hen. Ein solche Bescherung! Ja, Tu
da droben bist wirklich ein Gott der
Güte. Denn Tu schenkst dem, der arm
ist, in einer einzigen Stunde Deinen
ganzen Himmel!"
Und er lief heim, klopfte die Stasi
heraus, berichtete ihr alles, wobei er
immer dazwischen rief: Und Sie blei
den bei uns! Sie bleiben bei uns! Sie
bleiben bei uns! Ta sollen Sie sehen!"
und verschwatzte die ganze Nacht von
seinem Glück, bis ihn endlich der grau-
ende Morgen ins Bett trieb. Selig
lächelnd schlief er ein murmelte noch im
Schlummer: Eine solche Bescherung
hahaha!"
Eine Iagdgeschichte.
Zwei benachbarte Landmirthe A. und
B. treffen sich eines Abends Ende Sep
tembcr im Lhomdre-Elub. A. hat sei
nen ihn besuchenden Schwager mitqe
bracht. Nachdem man sich vor Tisch
am Gerstensaft gütlich gethan hat, wird
ci Tisch othwein getrunken und
schließlich wird zur erhöhten Feier des
Abends eine kleine Bowle angesetzt.
.Ja. warum sollen wir Landmirthe
auch nicht wenigstens einen Abend in der
Woche vergnügt fein? Prosit, Herr
Nachbar B.! Langes Leben und Ge-
sundbleiben! Ich komme Ihnen 'n Gan
zen!" sagt A. und trinkt. Dabei fallen
ihm ein paar Karten unter den Tisch,
die jedoch mit einiger Mühe wieder her
vorgeholt werden. Prosit, ich komme
mit!" sagt B., verfehlt nicht, den Kau
zen mitzutrinken und ihn dem besuchen
den Schwager vorzukommen. Unter
Rauchen, Spielen, Trinken und Scher
zen vergeht der Abend, und schließlich
wird von A. und B. auf den folgenden
Tag eine Jagdpartie in einem etwas
entkernten Dorfe, dessen Jagd A. ge
pachtet hat, verabredet. B. holt am
anderen Morgen um 9 Uhr seinen
Freund mit seinem Besuch ab. Auf
dem Jagdgebiete angekommen, wird der
Kutscher mit dem Wagen wieder nach
Hause geschickt, weil A. 8 Kutscher die
Herren Nachmittags abholen soll.
Da die Hunde zusammen zu hitzig
sind und sich gegenseitig zum zu frühzei
tigen Herausstoßen der Hühner verfüh
ren", theilen sich die Herren., A. bleibt
an der Grenze und B. geht mit dem
Besuch in die Mitte der Jagd.
Die Sonne ineint es an diesem Tage
noch einmal recht ehrlich und sendet ihre
Strahlen auch auf unsere Jäger i
reichem Maße herab, sodaß ihnen bei
den langen Märschen in Kartoffeln- und
Rübenfeldern, sowie in Sand- und
Heidebergen und in Rücksicht auf den
vorhergegangenen Abend recht heiß zu
Muthe und der Kops und die Beine
schwer werden. Mit dem Jagdersolge
ist es nian mäßig. Einige Ketten"
werden angetroffen, sie scheinen aber
kein Blei annehmen zu wollen und flie
gen nach einmaligem Beschießen weit in
die Heide, so daß sie nur nach erheb
licher Mühe wiederzusinden sind. Auch
B.'s Hund springt einmal zu srüh ein
und die Hühner ftriichen heraus, bevor
die Jäger in Schußnähe sind. Dann
kommt dem Nero" ein Krummer" in
den Weg, den er doch auch erst trotz des
vielen Pfeifens seines Herrn gründlich
auf die Beine bringen muß. Dennoch
erlegen B. und seine Begleiter einige
Hühner.
Wissen Sie was?" sagt B. zu die-
sem Nachmittags fo um 2 Uhr, ich
halt's nicht langer aus, wir gehe nach
dem verabredeten Wirthshause in Mehl
deich und erwarten Ihren Schwager
dort. Was wollen wir in dieser furch-
terllchen Hitze noch langer herumlaufen
Ihren Herrn Schwager kenne ich, der ist
gewiß schon lange dort. Es ist merk'
würdig, daß wir ihn nur einmal haben
schießen hören.
Vorzuglich," erwiderte der Anqere-
dete, ich bin dabei. Diese Geschichte
hier paßt mir schon lange nicht mehr ;
aber es nimmt mich auch Wunder, daß
A. nicht öfter geschossen hat."
Im Wirthshause angekommen, lautet
die erste Frage: Ist Herr Gutsbesitzer
A. hier? Nein," lautete die Antwort.
Ist er denn noch gar nicht hier gewe-
sen?" wird die Frage forlgesetzt.
Nein, heute noch nicht," wird erwidert.
I, das ist ja merkwürdig! Nun,
dann wird er wohl bald kommen,"
äußert B. Man legt ab, setzt sich, sucht
den Durst zu stillen und bemüht sich
durch Jagdgeschichten und sonstige Dö
nikm so gut es eben gehen will, sich zu
unterhalten. Trotz aller Mühe will die
sorglose Heiterkeit bei den Jägern nicht
Platz greifen und als der Vermißte bis
gegen 5 Uhr immer noch nicht da ist,
werden sie ernstlich unruhig und be
fürchten, daß ihm ein Unglück zugestoßen
sei.
Sieh," sagte B., da ist wenigstens
der Wagen," als dieser scharf um die
Ecke biegend auf den Hof kommt.
Aber, wahrhaftig, A. ist nicht darauf."
Der Schwager reißt ein Fenster auf
und ruft dem Kutscher barsch entgegen:
Christoph, heft Tu den Herrn nit mit
brächt?" Ne," sagt der Kutscher,
springt vom Wagen und will die Pferde
abspannen.
Wo kämmst Tu denn her?" geht
das Fragen weiter. Ick kam von
Hus." sagt Christoph, erst hef ick'n
Halfstun'n in t W.'sche Feld herum
säuert, un tausein, ob sei dor ich
wäuern un dann bin ick nah hier säuert,
as mi bei Herr seggt hätt." So war
schon am Morgen die Verabredung ge
troffen. I, die Geschichte wird ja immer bun
ter," sagte 23., wir wollen noch eine
Viertelstunde warten und wenn Herr A.
dann nicht kommt, so müssen wir zurück
fahren und ihn suchen."
Die Viertelstunde vergeht, doch wer
nicht kommt, das ist unser A. Tie bei
den Jäger setzen sich auf den Wagen und
die Fahrt geht zurück nach dem Jagd
terrain. Tie Beforgniß um den armen
A. wird immer größer: es wird eifrig
gesucht, die erste Spur von A. wird
ausgenommen, es wird laut gerufen
und schließlich wiederholt hintereinander
geschossen; aber alles ohne den erwarte
ten Erfolg.
Mein Gott," ruft der Schwager des
Vermißten, meine arme Schwester,
wenn wir ohne ihren Mann nach Hause
kommen. Ader ich begreife gar nicht.
warum sein Hund nicht wenigstens zu
uns kommt, wenn auch wirtlich . er-
unglückt sein sollte. Beide können sie
doch unmöglich zu Schaden gekommen
sein." Und das Fahren, Suchen und
Schießen geht von Neuem los.
O Schließlich besinnt sich der Schwager
und fragt den Kutscher eindringlich:
Christoph, bäßt Tu dan'n Herrn gor
nich sein?"
Tan n Herrn sagt der Knecht an
scheinend in tiefen Gedanken. Ja.
dan'n haf ick sein. Säuken sei dan'n?
Tei wäuer all hüt Middag tau!
Hus!" I
Watt, tau Hus is'e? Un d
Döökop läst s hier scheiten un sä,
ken, datt us sör Angst bei Sweet an 'n
Liev dahl löbt?" Rufen beide Herren
erstaunt. Gott sei Dank, datt kein
Unglück passirt un us Angst vergewen
wesen is! Armer Stoffer! Du heißt
toffer Du bist aewer ok 'n richtigen
Stoffel!" Gott vergew Di bei Sün
nen und bewahr mi vör so'n Rindveih,"
murmelt B. in den Bart. Ader nun
endlich auf den Wagen" und leichter
ten Herzens ging es rasch ach Hause.
Dem Herrn A. war der Kopf gegen
Mittag noch schwerer geworden, als B.
und dem Schwager und er hatte gedacht:
Ich niüßte doch ein Narr sein, wenn ich
mit diesem Jammer hier lange in der
Heide herumlaufen würde, und kurz
entschlossen, hatte er sich nach Hause ge
drückt, dort dem klugen Christoph ge
nau Bescheid gesagt und dann sein
kühles, stilles Schlafzimmer aufgesucht.
Die Versöbnuna der Tiäacr soll
Abends wieder nicht ganz ohn Naß
abgegangen sein.
Jrtti
Reuter feinem Friedrich
Schiller.
Nachstehendes Gedicht des große
plattdeutschen Dichters auf den großen
hochdeutschen wird erst jetzt durch das
neue von Dr. A. Römer herausgegebene
Werk Fritz Reuter in seinem Leben
und Schaffen" bekannt. Es wurde am
1. November 1859 in Ncu-Braudni
bürg nach dem Mozart'schcn Buudcslicd
gesungen und lautet:
Zum (mitdntjttrjriani Geburtstage Friedrich
Schiller.
Festgesänge schallen Prächtig,
Ernste Lieder tönen mächtig
Heute durch das deutsche Land.
Hoch der Mann, der unserm Bolke
Ward zur lichten Führerwolke
Durch der Zeiten Wüstensand."
Nacht lag aus den deutschen Landen,
Deutscher Sinn lag tief in Schanden
Unter fremden Tand versteckt.
Da erstand in Volkes Mitte
Ein Verkünder deutscher Sitte,
Ein Prophet ward uns erweckt.
Blitze zuckten aller Orten,
Donner folgten seinen Worten,
Und ein edles Bolk ward frei.
Jauchzend stürzt es in die Speere
Und um Vaterlands Altäre
Schlang es Siegeskrünze neu.
Kehre wieder hoher Sänger!
Rufe gegen fremde Dränger,
Gegen eignen Hauses Schmach,
Rufe Deine Kämpfer, Ringer,
Rufe Deines Geistes Jünger,
Rufe sie noch einmal wach !
Das Römersche Buch enthält viel
neues Material, besonders zahlreiche
Humoristika. Hier eine hübsche Probe
davon, eine drastische Anekdote, die Fritz
Reuter selbst erzahlt hat:
Auf einem Gute in dem südweft
lichen Theile Mecklenburgs lagen Oester
reicher im Quartier, die in ihren freund
schaftlichen Forderungen durchaus nicht
fo bescheiden waren, als man dies von
ihrer bekannten Gutmüthigkeit erwarten
durste. Nachdem schon mancherlei kleine
Verdrießlichkeiten vorausgegangen via-
ren, kommt die Köchin zu dem Inspektor
und sagt, ihm eine große Schale mit
Suppe hinhaltend:
Herr Entspekter, dei verflüchtigen
Kirls will de Supp nich freien."
Na, heft Tu denn de Supp o! ornd
lich kalt?"
Jh woll, Herr, dor is all'ns an,
wat'e an hürt,"
Na, täuw mal, ick will s' doch mal
Probiren. Jh, dei Supp künen sei
ümmer eten."
Na. segg ick dat nich ok! Un nu
hädden Sei s' irst mal eten füllt, as sei
dor noch nich inspuckt had
d e n !"
Ameisenplagt in den Tropen.
Während meines mehrjährigen Auf-
enthaltes in Wcstindien, schreibt ein
Korrespondent der Nature", sah ich
des öfteren, wie sich die dornigen Besitzer
einer sehr einfachen Methode bedienten,
um sich mit Erfolg der so überaus lüsti-
gen Ameisen zu erwehren. Man bringt
nämlich mit Hilfe eines Stockes etwas
versüßte Arscnikspeise in das Ameisen
nest, welches in den meisten Fällen sich
als solches schon durch eine dicke Ge
schwulst an den Bäumen erkennen läßt.
Tie Verbindung jenes Baues mit der
ebenen Erde wird durch eine den Baum
entlang lausende verdeckte Ader herge
stellt, durch deren vorsichtiges Oettne
man sich überzeugen kann, ob der Bau
noch bewohnt ist; denn die geschäftigen
Thierchen kommen alsbald heran, um
die Oeffnung zu schließen. Sitzt das
Nest sehr hoch, so beschränkt man sich
wohl darauf, die Thiere in dem er
wähnten Gange zu vergiften, was auch,
wenn schon langsam, zum Ziel sührt.
Meistens klettert man als aus den
Baum und trägt das arsenilsaure
Natron, mit Zucker oder Mais ange
mengt, direkt in das große Hauptguar-
tier. Tie Gesäßigkeit der Ameisen
hilft dann sehr viel mit, um in kürze- j
fter Zeit alles Leben zu vernichten; die
Thiere fressen ohne Gewissensbisse die!
Kadaver ihrer vergifteten Kameraden,!
bezahlen dann den Kanibalismus aber
ebenfalls mit dem Tode.
!
Ein hartgesottener Junggeselle.
Ich sehe schon. Herr Toctor,!
Sie sind ein rechter Elieseind!"
.Keineswegs, gnädige Frau! Nur, j
um es nicht zu werden, bleibe ich ledig'"
yemtoiHuj,
Fremder: Sie, dort im Grabe liegt
ei gestürzter Radfahrer: werde Sie
dein nicht helfen?"
Geiisdarm: Gelviß iverde ich dem
helfen , ... der Weg ist ja für Radfahrer
gesperrt!"
verbliimt.
Feldwebel siu einem Rekruten, der i
Urlaub aehtt: . . ilnh rnenn hcl Ifn
ein Schwein geschlachtet wird, schickt mir
rein eine 2,ooesanzcige!"
leise Zlsxiclng.
Conunis (dessen Jubiläum von sei
nein Prinzipal übersehen wurde): Herr
Prinzipal, ich gestatte mir, zur hohe,,
Feier Ihres Jubiläums meinen unter
thänigsten Glückwunsch zu Füßen zu
legen!"
Chef: Meines Jubi.... Was für
ein Jubiläum denn?"
Commis: Sie sind heute 25 I ah tc
mein Chef !"
Aus der Kaserne,
Ein General infpicirt die Kaserne und
erkundigt sich schließlich auch nach der
Kost. Leutselig fragt er einen Solda
ten: Nun, mein Junge, wie bist Du
mit dem Kommißbrod zufrieden?"
Soldat: Es ist halt oft a' bisscl hart
und zerreißt einem das Maul !"
General: Man sagt doch nicht das
Maul!"
Soldat: Entschuldigeil, Herr Gene
ral ich mein ja nicht das I h r i g e !"
Nur Geld.
Bankier (zum Freier): Kann
ich Ihnen aber auch das Glück meiner
Tochter anvertrauen?"
Freier (Kassier): O, ich habe schon
größere Summen in meine '
Händen gehabt !"
Loshaft.
A: Der Karl muß, als er sich ver
lobte, einen schönen Schnupfen gehabt
haben!"
B: Warum meinst D das?"
A: Weil man dei einem Schnupfen
keinen Geschmack hat !"
Feuerweizr-tymiius.
Es kommt gerasselt die Feuerwehr,
Hm z cyen, wo das ffeucr wär .
Sie eilt, damit sie dem Feuer wehr',
Auf daß nicht zu lange das Feuer
währ ;
Denn wer löscht am schnellsten das
Feuer? wer?
Hoch, dreimal hoch! nur die Feuerwehr!
Käsern hofbliitric,
Unteroffizier (zu einem Rekruten, der
sich beim Bajonettfechten ungeschickt an
stellt): Lehmann, wenn Sie den
Wallenstein" hätten ermorden sollen,
wär' er heut' noch am Leben!"
Einfacher,
Meine Freundin Hedwig Muller hat
fünf Jahre studiren müssen, ehe sie den
Toktortitel bekommen!"
Wäre es da nicht einfacher gewesen.
wenn sie gleich einen Doktor gcheirath,
ithtt
yaiic?!"
Gut vorbereitet.
Ada, thegerst. Ada, wollen Sie die
Meine werden?"
Aber, Karl, das kommt mir so un
erwartet! Sie müssen mir ein klein
wenig Zeit lassen!"
Wie lange Theuerste?"
O, ich will nur Mama herbeirufen
sie wartet imNebenzim
m e r !"
3 Gedanken.
Kellner (zum Gast, der in eine Speise
karte vertiest ist): Bitte, was wünschen
Sie zu speisen?"
Professor: ..stA habt iedt keine Qfl
Fragen Sie mich nach Tisch!"
' Im Eifer.
Richter i,um Anaeklaalenl: Warum
nahmen Sie nur das vorhandene Baar
aclb und lieken den Korb mit dem Sil-
berzeng stehen? Weil er Ihnen zu
schwer war (wüthend) Schämen Sie sich,
Sie arbeitsscheues Subjekt!"
Ein auter Kern.
...,.Der junge Schulze soll einen
sehr reichen Onkel haben!"
Sehen Sie, ich sagt es ,a immer:
trotz seiner Bummelei ist ein guter
Kerninihm!"
?elbstvcrrati.
A: Was, Tu haft ans der Reise in's
Gebirg Deinen Trauring verloren?
Wie brachtest Tu denn das fertig?"
B: Ja das kommt davon, wenn die
Frau nicht einmal die zerrissene Westen
tasche zunäht!"
,Hu gütig!
Reisender: Bitte, 'ein Billet nach
Hamburg! Ich komme doch noch
rechtzeitig zum Zuge?"
Billeteur: Ist diesen Augenblick ab
gegangen! Wenn Sie sich beeilen, kön
nen Sie ihn noch fahren sehen!"
I?erlen.
Was fehlt Tir denn, kleiner
Bursche?" fragte eine freundliche alte
Tame.
Ach, ich habe fünfzehn Pfennige ver
loten," antwortet der Junge bitterlich
weinend.
?!, na. hier haft Tu zwei Zehn
Pfennige, nun weine nur nicht mehr.
Wie baft Tu denn das (teld verloren I?
Beim beim Am'chlagesxiel."
K.