Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, December 26, 1895, Image 11

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    verfehlte Spekulation,
Bon '11. ld)i.
Zur Zeit, als der Deiitsche noch in
jeder Hauptstadt des Auslandes miiibe
stcns ein Dutzend heimischer Gesandten
nd Konsuln, aber nirgendwo eine
. Echich sad, sandte die Xlchc Regierung
) den jungen Baron von A. als Gesandt
. schastsaltache nach Paris. Der junge
' Mann war keineswegs Diplomat, allein
n sprach ein süperbes Französisch, und
als er sich im ffriihjabr mit der reizen-
den Tochter des S'fchen Staatsministcrs
vermählte, sandte ihn derchmiegerpapa
zur Gcsandtschast nach Paris, damit er
das Angenehme der Flittcrwochen mit
dein Nützlichen einer Sinecure verbände.
Sommer und Herbst verflossen den
Neuvermählten wie fliichtige, aber selige
Minuten. Albert und Marie liebten
sich ; ihre Ehe war nicht von der kalten
Hand der Eonvcnienz geschlossen worden
und so bescheerte ihnen die Sonne des
Glücks eine reizende SchäscrJdylle in
litten der geräuschvollen Seinestadt,
Doch kein Himmel ist ohne Wolken und
je heißer die Sonne beim Aufgang
scheint, desto rascher droht ein Gewitter.
Es war Mitte Winter, als Albert auf
der Schlittschuhbahn in Bois de Bou
logne einen alten Bekannten wiedersah,
den Herzog von Caderousse, dessen Be
kanntschast er im Herbst zuvor bei den
ParsorceJagden in Baden-Baden qe-
macht hatte. Dieses Rencontre hatte
eine vollständige Revolution zur Folge
Wie Wildfeuer stürmte der tolle Eava
lier schon am folgenden Tage in das
stille Haus des musterhaften Ehepaares
S und entführte den musterhaften Gemahl
f von der Seite des Modells einer Gattin.
I Marie lächelte darüber! sie war vollstän-
dig überzeugt, der zärtliche Täuber werde
siel) nirgends wohl suhlen, als bei ihr
Allein sie irrte sich. Der Täuber kam
und flog wieder aus. Wer wollte es
ihm auch verargen I die Winterabende
sind sehr lang und dann machte Albert
urplölich die Bemerkung, man dürste
sich der Gesellschaft doch nicht ganz ent-
ziehen, chon um der Politik willen
Aber Albert, was geht Dich denn
die Politik ant' fragt, Marie unschulds
voll. Diese Frage hätte den jungen
Mann beinahe beleidigt. Man ist doch
Diplomat!" versetzte er und warf
dabei sehr in die Brust,
Ach so, Du bist Diplomat !" sagte
die junge Frau seufzend. Wie glücklich
waren wir, daß ich das vergessen
konnte."
Auch ich vergaß es, entgcgnete AI
bert eifrig, und ich habe Manches gut
zu machen, denn der Posten, welchen
Dein Papa mir anvertraute, legt mir
Pflichten auf. Siehst Du das ein, mein
süßer Ächnk i"
Die junge Frau seufzte abermals tief
auf und antwortete: Ich sehe ein, daß
wir früher glücklicher waren, als unser
kleines Vatcrländchen noch bestehen
konnte, ohne daß Du Dich in seine Po-
Iitik mischtest.
Allein Albert hatte nun einmal seine
y heiligen Berufspflichten erkannt und
i warf sich mit aller Macht auf die Poli
1rtY ,, in Arm mit Caderoiisse be-
suchte v.iI'' rat Nalais Ronal.
anlichambrirte bei Fei mangebenden
Sängerinnen und Ballerinen der ita-
lienischen und großen Oper, bliSlk hin
ter die Coulissen der verschiedensten
Theater, kurz scheute keine Zeit und
Mühe, um all' die geheimen, berschln
gcnen Psade zu durchforschen, auf denen
angehende Diplomaten allein zum Zem--pel
der Erkenntniß gelangen.
- Zu jener Zeit tauchte ein neuer
Stern am Himmel der großen Oper
aus, die kleine Blanchard. Die e Gra-
ziosa besaß eine wunderschöne Figur
und ein Paar Augen solche Augen
' hatte Albert nie gesehen: wie sie ihn an
schaute, stockte ihm sein Athem nd sein
Herz stand still. Diese Augen bargen
ein Geheimniß, welches er als Diplo
mat entschleiern mußte. Albert kam.
sah und siegte. Bald war er der beste
Freund der vielgeliebten Sängerin,
ihm entdeckte sie ihre Leiden, ihre Ber-
legenheiten, und der liebenswürdige
Baron wußte für Alles Rath und Hilfe.
Eines Tages aber fand Albert feine
Freundin in Thränen. Auf die be
sorgte Frage, was geschehen sei, ftampste
die heißblütige Provencalin mit den
kleinen Füßen, trocknete sich die nassen
V Wimpern und lief wie eine gereizte Ti
gerin im Zimmer aus und nieder. Der
Baron hatte Mühe, die Aufgeregte zu
beruhigen; endlich setzte diese sich an
seine Seite, blickte ihn mit den sinnver
" wirrenden Augen an und erzählte:
Heute Morgen war ich bei dem Jun
lier Peretti, um mir einen Schmuck
auszusuchen, da ich morgen Abends im
Salon der Fürstin M. singen soll. Da
lagen zwei Colliers nebeneinander.
eines zu 25,000, das andere zu 30,000
Kranes. Wahrend ich das billigere
aur der Neugierde wegen spielend
durch die Finger gleiten lerne, denn kau
sen kann ja eine arme Künstlerin solche
Kleinodien nicht, da tritt meine Rivalin
E., welche ebenfalls morgen bei der
Fürstin singt, in den Laden, reißt mir
daS Collier fast aus der Hand und
sagte: Sie kaufen es ja doch nicht,
meine Gute," worauf sie dem Italiener
den geforderten Preis einbändigt und
mit einem maliciisen Lächeln an mir
dorüberschreitet. Ich stand da und zit
terte vor Scham und Auiregung. Eine
solche Erniedrigung hab ich nie erhö
rn un enrage e ua, lexr nm.
ein, nein und taulendmat nein!"
Die Erzählerin brach wieder in Thrä-
nen aus und ballte krampfhaft die
Hände.
Aber Carissima, fassen sie sich doch,"
sagte Albert ganz verwirrt. Es läßt
sich doch am Ende ein Mittel finden,
um diesen Schlag zurückzugeben."
Es giebt nur eins," schluchzte die
Opernsoubrettc, und das ist uncrreich
bar." Nennen Sie es immerhin."
Ich müßte morgen bei der musikali
scheu Soiree in dem Kollier zu 30,000
Francs erscheinen, welches viel prachtiger
ist, und so die S. verdunkeln. Aber
wie in aller Welt soll ich, eine arme
Künstlerin, z 30,000 Francs kom
incn! Es hilft nichts, ich muß den
Kelch der Demüthigung leeren. O, ich
Unglückliche, verlassen und trostlos
stehe ich in der Welt, ohne Eltern, ohne
Freunde."
Halt, übertreiben Sie nicht," unter
brach Albert die schöne Perzweifelte.
Daß Sie einen Freund besitzen, werde
ich Ihnen beweisen!" Rasch entschlossen
sprang er auf, ahm Hut und Hand
schuhe, küßte galant die weißen kleinen
Hände seiner Freundin und eilte, von
einem strahlenden Blick des Dankes und
der Liebe begleitet, zu seinem Wagen.
Kaum schloß sich hinter ihm die Thür,
so klatschte die ersührerische Sirene wie
toll in die Hände, tanzte jubelnd dnrch's
Boudoir und rief: Bravo! Bravo! Sie
applaudirte selber die erfolgreiche Ko
mödie, welche sie soeben exiemporirt
hatte.
Der junge Diplomat fuhr direkt zum
Juwelier. Doch auf dem Wege dahin
kehrte die Besinnung, welche ihm unter
den schönen Augen der Komödiantin
vollständig abhanden gekommen war,
langsam wieder zurück. Es fiel ihin
plötzlich ein, daß er in der letzten Zeit
bei seinem Banquier ziemlich viel Geld
'erhoben hatte; mit weiteren 25,000
Francs war sein Creditbrief erschöpft
und es hätte erst eines Briefes an seinen
Rentmeister bedurft, um eine größere
Sumine flüssig zu machen. Aergcrlich
stieg er bei Peretti ab, ließ sich den
Schmuck zeigen, und fand denselben
zwar blendend schön, allein 30,000
Francs mochte er nicht anweisen, darum
bot er 25,000 Frcs., und als der Ju
melier verneinend den Kopf schüttelte,
beschloß er, die Sache noch einmal reif
lich zu Überlegen und fuhr nach dem
Gesandtschasts-Hotel. '
Kaum hatte Albert den Laden des
Juweliers erlassen, so fuhr das Ea
brolet der Blanchard dort vor. Hat
Baron R, den Schmuck gekauft?" fragte
die Sängerin den Juwelier. Dieser
antwortete, daß der Baron nur 25,000
Francs geboten, und ohne den Schmuck
sen Geschast verlassen habe.
Die Blanchard biß sich unwillig auf
die Lippen, und ihre schönen Äugen
warfen Blitze des Hasses, dann, nach
einer Weile des Nachsinnens, sagte sie:
Ist es Ihnen in der That unmöglich,
den Schmuck billiger zu verkaufen?"
Ganz unmöglich! Das Collier ist
der Preiswürdigste Schmuck meines
Ladens." Die Augen der Sängerin
funkelten listig; rasch nahm sie aus
ihrem Portefeuille eine 5000-Francs-Rote
und sagte flüsternd, indem sie dem
Juwelier das Geld einhändigte: Haben
Sie die Güte, Peretti, und schreiben
Sie dem albernen Baron, Sie hätten
sich den Handel überlegt, und seien ent
schlössen, ihm den Schmuck für 25,000
Francs zu überlassen. Mon dieu,
man muß zuweilen die Wurst nach dem
Schinken werfen!" Der Juwelier
und die Sängerin blickten sich verständ
nißvoll in die Spißbubenaugen, lachten,
als ob sie Einer heftig kitzele, und trenn
ten sich dann als Freunde.
Albert wollte eben das Hotel verlas
sen, um sich in die Oper zu begeben, als
man ihm das Billet Peretti's zustellte.
Trotz dieser Preisermäßigung erschien
dem kühler Gewordenen das Opfer noch
etwas zu groß, als er aber in, Theater
die Blanchard als Page in den Huge
notten" sah, in welchem Eostüm sie
wie ein kleiner Engel aussah und sie
ihm dann hinter den Coulissen mit der
Miene einer stillen Dulderin, und doch
nicht vorwurssvoll, sondern zärtlich und
kindlich ergeben, die Hand reichte, ge
lobte er sich, am nächsten Morgen den
theuren Wunsch der Donna Amorofa zu
erfüllen.
In aller Frühe schon fuhr. Albert am
folgenden Tage zur Stadt, ohne seine
junge Frau am Frühftückstisch begrüßt
zu vaven. kr rollte der Wagen zum
Banquier, dann zum Laden des Ita
lieners, woselbst Albert den kostbaren
Schmuck zum Preise von 25.000 Francs
in Empfang nahm. Als er den Laden
verließ, präsentirte ihm eine kleine
Blumenverkäuferin Veilchenbouguets.
.Kaufen Sie Veilchen," ries das Kind,
die ersten im März !"
Tn Baron stutzte vlöklich. Lana-
fam nahm er dem Kinde eines der duf-
tigen Bouguets ab und stieg, nachdem
er dem Kutscher die Adresse der Blan
chard genannt hatte, in den Wagen.
Die ersten im März." wiederholte
Albert gedankenvoll. .Im Mär, wurde
ich mit Marie verbunden sür's ganze
Leben Kinder boten un damals
auch Veilchen an, als wir auf die Sir.
chentreppe traten.. .. Himmel, welch
ein prächtiger Tag war das der dritte
Vlaxi ! Alle Wetter !" schrie der Baron
auf fuhr in die Höhe, heute ist ja auch
der dritte März-der Jahrestag unserer j
Vermählung. Dem jungen Herrn !
wurde es mit einem Male schwül ums !
verz. c,n ewissen erwachte und ries, Mauer von zweihundert Fuß Turcheln. Die Herren nahmen Blak voll!
mrtrn.'nh- 90h 9flhrt I t..!... v;-. C l r..-.. , - v
ä äi" V ' ' vum j ii" uui cuiiuTuum riim,uianen, ! angnucaen anqcns, was dies wohl,
erst bin Tu verbunden mit einem Weicn , um dos Nachstromen von Sand wäd j Alles bedeute. Zunächst wurde vor Je so
oll unaussprechlicher Güte voll zärt
licher Liebe für Dich; Tu gelobtest ihr,
wie Dir selber, sie recht glücklich zu
machen, und heute, am Tage der Hoch
zeit, wanderst Du auf schliipsriger ab
schlissiger Bah ! Ohne einen Gruß
gingst Tu vom Hause fort und bringst
jetzst eben einer offenbaren Kokette ein
Geschenk, welches Dir große Opfer auf
erlegt !" Wie Schuppen fiel es dem
Verblendeten von den Augen. Er er
röthcte vor sich selber. Schon war das
Haus der Blanchard in Sicht, da riß er
hastig das Kutschcrfenster auf und
schrie: Johann, umkehren ! Im rasche
sten Trabe nach Hause !"
Tort angelangt, eilte Albert in'S
Wohnzimmer es war leer. Besrem
det durcheilte er mehrere Räume, allein
nirgends war Marie zu finden. End
lich hörte er aus deni Innern seines
eigenen Schlafzimmers ein leises Wci
nen; heinilich schlich er sich dort ein,
nd siehe da! feine Frau war bei einer
Causeuse niedergesunken nd küßte mit
meinenden Augen ein Bild es war
das seine. Bei diesem Anblick kam ftch
der Verirrte wie ein elender Verbrecher
vor, tiefe Reue erfüllte sein Herz. Leise
beugte er sich über die Weinende nnd
fragte mit zitternder Stimme: Warum
weinst D, meine herzige grau?" Diese
fuhr erschreckt zusammen doch als sie
Albert erkannte, sagte sie saust: Ach
verzeih mir diesen Vorwurf, guter Al
bert, allein ich mußte weinen, weil Du
auch am Jahrestage unserer Hochzeit
mich allein ließest ohne Gruß und Kuß.
Sag' es, Albert, hat mich die Außen
welt Deinem Herzen schon so sehr ent
fremdet, daß Du auch diesen Tag ver
gcssen konntest?"
vo ich ihn vergeben habe, meine
angebetete närrische Marie, soll Dir
dies Etui sagen, das ich heute in aller
Frühe holen mußte, weil der Juwelier
Nicht Wort hielt. Schau her, Zweifle
rin!" Albert öffnete das Etui und die
Augen der jungen Frau wurden schier
geblendet von all' der schimmernden
Pracht. Laut jubelnd floa sie an den
Hals des bitterbösen Lügners. Auf
die e erste veberraschuna liefe Alben,
dessen besseres Ich mit einem Schlage
glorreich durchbrach, gleich eine zweite
folgen: Wir verlassen Paris," rief er,
und kehren auf mein Schloß in der
lieben Heimath zurück. Ist es Dir
recht?"
Ach, mein guter, herzlieber Mann
tausendmal!" jubelte Marie wieder und
setzte dann schalkhaft hinzu: Glaube
mir, Albert, JhrDeutfchen seid schlechte
Diplomaten, denn Ihr rechnet mit dem
Herzen, wo andere Nationen nur den
Beistand walten lassen." Drei Tage
später kehrte das glückliche Paar in die
eimath zurück.
Wer aber zahlte der Blanchard die
ausgelegten 5000 Francs zurück? Nie
mand. Diesmal scheiterte französische
Schlauheit an einem deut chen erzen.
Als der albeme Baron nicht wieder
kehrte, biß sich die schöne Künstlerin fast
die Lippen blutig und schrieb in ihr
Tagebuch: Fünftausend Francs ver-
loren: Bersehlte Spekulation."
Auf dem Meeresboden.
La Lutine" war eine französische
Fregatte mit 32 Kanonen, die 1793 in
Toulon von den Royalisten den Enq
ländern ausgeliefert wurde, um sie nicht
in den Besitz der Republikaner bei'
gehen zu lassen. Sie wurde der eng
tischen Flotte einverleibt und that gute
Dienste, bis sie am 9. Oktober 1799
unter dem Befehl von Kapitän L,
Slhnner zwischen den holländischen In-
sein Blieland und Terschellmg um Mit
ternacht niit Mann und Maus unter
ging. Die Lutine" sollte gerade 30 Mil
lionen Mark in töold und Silber nach
Kurhaven bringen, mit welcher Summe
englische Kaufleute den Hamburgern,
wo zur Zeit eine schwere Handclskrise
wüthete, beispringen wollten, hatte ver
muthlich auch größere Summen als
Sold sür die in Holland bcsindlichen
englischen Truppen und bedeutende
Baarmittel zur eigenen Ausrüstung an
Bord. Wieviel ihr schließlich von den
ermähnten 30 Millionen anvertraut
sind, laßt sich'heute nicht mehr mit Ge
mißheit feststellen, da in letzter Stunde
Veränderungen in den Anordnungen
über den Transport dieses gewaltigen
chatzes getroffen wurden.
RM fc'm nlir. 1 W I IHM f,t,.
Wl WWI. V V-, UUVIll
Bergungsversuche stattgefunden, die
insgesammt etwa zwei Millionen Mark
in Gold und Silber wieder an's Tages
licht gefördert haben. Ursprünglich
beanspruchte die hollandische Regierung
Eigenlhumsrechte sür die Lutine" nebst
Inhalt, bis schließlich aus Grund lang
wieriger Verhandlungen, in die selbst
das englische Parlament hineingezogen
wurde, alle Rechte Lloyds zu
erkannt wurden. Lloyds haben sich
nun mit Spezialiften zusammengethan
und aus die Ueberzeugung hin, daß in
der Lutine" noch Goldbarren im
Werthe von mindestens vier Millionen
Mark liegen müssen, ein Syndikat de
gründet, das seit einiger Zeit in derj
planmäßigsten Weise an der Hebung
des verlorenen Schatzes arbeitet. Zwei
englische Ingenieure gleicher und
Kinipple nahmen die Sache in die Hand
und beschlossen in folgender Weise vor
zugehen : zunächst die ungefähre Lage
des etwa sechzig Fuß unter dem Meeres-!
spieael im Sand lieaenden Wracks tu i
bestimme, um dieses herum eine !
rend der Zeit der Arbeiten zu verhin-
dern. in diesem Kreis den Sand ganz
lich auszubaggern, bis der aus Kalk
stein bestehende Meeresboden erreicht
worden ist, um das Wrack selbst eine
Pallisade aus Eichcnlwhlen zn errichte
und dieses selbst mit Hilfe einer Saug
pumpe, deren Saugrohr von einem
Taucher gesührt werden kann, so gründ
lich von Sand rein zu fegen, daß nichts
dem Auge des Tauchers zu entgehen
vermag. Im September vergangenen
Jahres ergaben Probebohrungcn die
etwaige Lage des Wracks, worauf mit
000 Sandsäcken der geplante Wall ge
baut werden konnte. Die Jahreszeit
verbot weitere Arbeiten, die alsdann im
V!ai dieses Jahres mit voller Kraft
wieder aufgenommen wurden. Jetzt
zwingt die Jahreszeit die Unternehmer
auf's neue, das kommende Frühjahr
abzuwarten, und Mr. gleicher ist in
zwischen nach London zurückgekehrt, wo
er seine bisherigen Erfolge einem Zei
tungsberichterslalter anvertraut hat.
Die ersten Bohrungen, um bis auf
den Kalksteinboden des Meeres zu gclan
gen, die man in einem engeren Kreis
von 80 Fuß Durchmesser innerhalb des
größeren Kreises vornahm, gelangen
vollkommen, nur fand man das Wrack
nicht, das nach allen Berechnungen ge
nau in der Mitte getroffen werden mußte.
Man kann sich leicht die anfänglichen
Besorgnisse der Unternehmer und ihre
nachherige Freude ausmalen, als sie
etwas später hundert Fuß von der zuerst
gewählten Stelle richtig die Lutine"
selbst antrafen. Das Schiff ist zwei
hundert Fuß lang und nur die beiden
Enden liege noch je fünfzig bis sechzig
Fuß weit im Sand, während der Mit
teltheil des Schiffes in der Länge von
über neunzig Fuß schon gänzlich freige
legt werden konnte. Bisher wurden
menschliche Ueberrefte, mehrere hundert
Münzen, 5ZKanonen und 105 Kanonen
kugeln zu Tage gefördert. Im kommen
den Frühjahr wird die Arbeit vollendet,
und dann wird sich endgiltig herausstel
len, ob die Schätze, die allgemein der
Lutine" zugeschrieben wurden, that
sächlich in ihr noch vorhanden oder zum
größten Theil bereits gehoben worden
sind.
Ei tragikomisches Abenteuer
bei der Sedan -Illumination in der
deutschen Reichshauptstadt hat dem
Rentner Wüllner eine Anklage eingetra
gen. Wüllner spazierte am 31. August
in vollem Wichs, die funkelnagelneue
Angstrohre aus dem Patriotenhaupte,
die Linden entlang, um sich die leuchten
den Zeichen nationaler Kriegserinnc
runqen zu betrachten. An der Kranzler-
Ecke staute sich der Verkehr, Herr Wüll
ner war ebenfalls zum Stehenbleiben
gezwungen und hatte Muße, über die
Fortschritte der modernen Beleuchtungs
technik nachzudenken. Als er sich gerade
darüber chlu iq werden wollte, ob Auer,
Meteor ?c. wirklich den Sieg über das
Elektrische" davontragen würden, er
hielt er einen gewaltigen Hieb über die
funkelnagelneue Angströhre, so daß
dieses !v!obel ihm fast über die Ohren
rutschte. Ein Strolch halle ihm den
Gedanken - Schornstein" angetrieben.
Wüllner wendete sich seinem tückischen
Angreifer zu und schwang seinen dicken
Spazierstock mit wuchtigem Streiche
nach ihm. Da kreischten zwei Weiber
stimmen auf oh Unglück, der Misse
thäter, dem der Hieb gegolten, hatte sich
blitzschnell geduckt nnd der Stock hatte
zwei zarte Tamenköpse getroffen. Wüll
ner wurde ob dieses brutalen Angriffs
auf zwei harmlose Bürgerfrauen festge
nonimen und der vorsatzlichen Körper-
Verletzung mittels eines gefährlichen
Werkzeugs angeklagt. Bor der 143.
Abtheilung am Amtsgericht I erklärte
er, er sei doch wahrlich kein Rowdy, daß
er aus offener Straße wehrlose Frauen
anfalle. Er erzählte sein Pech und
meinte, wenn er wirtlich die Damen ge
troffen habe, so thue ihm dies herzlich
leid. Der Staalsanwalt beantragte 50
M. Geldstrafe. R.-A. Wronker daae-
gen bat um Freisprechung oder wenig-
stens uni eine erheblich mildere Strafe.
Der Angeklagte habe eine vorsätzliche
Körperverletzung begehen wollen, statt
dessen aber eine sahrlässige begangen,
indem er nicht zwei Fliegen, wohl aber
zwei Frauen mit einem Schlage getrof
sen habe. Die vorsätzliche Körperver
lctzung würde er haden begehen dürfen,
denn sie würde ein strafloser Akt der
m . . , , ,
wehr . gewesen sein, die sahrläsfige
sei durch die Erregung des Anaeklaaten
erklärlich und entschuldbar, denn wer
wollte nicht in Erregung gerathen, wenn
erm seinen patriotischen Betrachtungen
dadurch gestört werde, daß ihm Jemand
den neuen Hut antreibt? Wenn Jemand
mit blinkendem Dolche angefallen werde,
dann dürse er den Revolver ziehen, und
er brauche nicht erst zu überlegen, ob er
ielleichteine andere Persontrcffen könne.
So auch hiev. Ter Gerichtshof hielt
aber eine Fahrlässigkeit sür vorliegend
und erkannte auf 30 Mark Geldstrafe.
ei grauenhaftes aftmahl.
Selten hat wohl ein Herrscher in
gleich grausamer Weise mit seinen Un
terthanen gespielt, wie der Kaiser To
mitianuS (8196 n. Chr.). Derselbe
lud eines Tages die vornehmsten Glieder
des Senates und der Ritterschaft von
Nnm :,I Jii.-fv. 9lfä tii sf,inon .
inen, fanden sie das ganze Haus durch
und hur iiman T.rf M,,
Fußböden, schwär Kiffen aus den Soi-
dem ein kleiner söulenarliger Grabstein
aufgestellt, aus welchem sei Name ge
schrieben war : obenauf ein brennendes
Lämpchen, wie es in den Grabmälern
üblich war.
Daraus traten zwei schwarz gekleidete
Knaben herein und tanzten ernste und
schauerliche Tänze um die Gäste, welchen
darauf das Mahl in schwarzen Schiis
sein aufgetragen wurde, wie bei einem
Leichcncfscn üblich. Immer mehr stei
gerte sich die Furcht der Geladenen; sie
erwartete jeden Augenblick den Todes
streich. Die tiesste Stille herrschte im
Saal, nur der Kaiser sprach und unter
hielt seine Gäste mit allerhand Erzäh
hingen von Mord und Tod. Endlich
entließ er sie und ließ sie in schwarz
verhängten Wagen einsteigen. Sie er
warteten, zum Richtplatze gesührt zu
werden, und waren überrascht, als sie
wohlbehalten zu Hause anlangten.
Kaum athmete sie wieder auf, als
ihnen auch schon gemeldet wurde, es sei
eine Botschaft vom .Kaiser da. Nun
glaubten sie ihres Todes gewiß zu sein;
da wurden ihnen kaiserliche Handschrei
den überreicht, in denen nichts stand,
als das Wort Prosit!"
Der kluge ?ackl,
Es ist schon viel von der Klugheit
der Dackeln gesprochen worden, meine
Herren, aber" so begann der Ober
förster Neumann beim Frühschoppen
drüben in der Sonne, was ich Ihnen
da von meinem Waldmann erzählen
muß, ist kaum zu glauben, die reinste
Wahrheit!"
Fällt mir da eines Tages, im Be
griff Revierkonirolle vorzunehmen, ein,
gegen meine Gewohnheit durch den
Stadtpark zu schlendern, mein Wald
mann natürlich treu an meiner Steite;
nun denken Sie sich das Hundcvieh! Je
näher ich nämlich dem Parke komme,
macht er mir große Augen und eine
Miene, als ob ihm der kleine Umweg
nicht behagen wolle. Als ich nun aber
beim allen Steinthor in den Park ein
trete, bleibt der Racker ganz und gar
stehen, und ist auch durch meinen Au
ruf nicht zu bewegen, mir weiter zu fol-
gen.
So steht er, mich anschauend, einige
Augenblicke, darauf macht er kehrt und
bald ist er meinen Blicken entschwunden.
Ich stehe sinnend, was veiin in die-
ses sonst so treue Thier gefahren sein
könnte!"
Nun gehe ich nie ohne Hund in's Re
vier, es blieb mir also nichts anderes
übrig, als umzukehren. Den halben
Weg mochte ich etwa wieder zurückgelegt
haben, da, meine Herren, kommt mir
Waldmann in rasendem Lauf entgegen,
und an mich herangekommen bemerke
ich, daß er die Hundeleine in der
Schnauze hatte.
Meine Herren! Da siel mir erst
ein, daß ja im Stadtparke die Hunde
an der Leine geführt werden müy
sen und mein Waldmann legte die
von mir Vergessene jetzt zu meinen
Füßen.
Ich konnte meinen Gang in's Re-
vier fortsetzen!"
Die Brennessel.
Das Brennen" der Brennessel (Ilr
tica dioica) rührt bekanntlich daher,
daß die winzig kleinen, kaum sichtbaren
Brennborsten" der Pflanze bei Be
rührung derselben in der Haut leicht
abbrechen und ätzende Ameisensäure in
die Wunden ergießen. Diese recht un
angenehme Eigenschaft ist immerhin so
harmloser Art, daß die Nessel ja sogar
zum Peitschen gelähmter Glieder dient.
und die jungen Schößlinge derselben
mancherorts als Gemüse gegessen
werden. Ganz anders steht es mit der
Brennessel, die unter den tropischen
Sonnengluthen der malayischen Insel
weit gedeiht. Diese Nutzpflanze eigen
ftcr Art ist die strauchartige Brennessel
Urtica Stimulans), die sich zur unse
ren wie der Tiger zur Katze, oder wie
etwa die Hölle zum Senfpflaster ver
hält, und mit welcher zwar auch die
'Hialayen peitschen, mit der Em
schränkung jedoch, daß nur Diebe mit
frisch geschnittenen Zweigen derselben
gezüchtigt werden. Die Folterqualen
diefer entsetzlichen Strafe schildert der
Forschungsreisende Martin mit folgen
den charakteristischen Worten: Ich sah
solche Unglückliche sich gleich von Amei
sen ergriffenen Regenwürmern und mit
wildem Geschrei auf der Erde wälzen,
ihr Zustand spottete jeder Beschreibung,
schließlich verfielen sie in Krömpfe und
ihr Geist war der Umnachtung nahe."
Vcschcidni.
Gast (im Kaffeehaus zu einem ande
ren, der das ganze Konversations-Leri-kon
in Beschlag genommen hat): Ach.
entschuldigen Sie wenn Sie das
Lexikon ausgelcsen haben, darf ich wohl
darum bitten!"
Schlaukäpfchen.
Märchen (dem verboten wurde, von
den aufgetragenen Speisen zu verlan-
gen): .Tu. Mama!"
Mama: Was denn, Kind?"
Mäxchen: Frage mich doch einmal,
ob ich Kompott essen kann!"
Selbstbewußt.
Fräulein: Wissen Sie. daß Sie
meinem verstorbenen Briutigam außer
orZentlich ähneln, Hcrr Lieutenant?"
Lieutenant: ..Rci'ommirkn sie nicht
surchtbar, kleines Fräulein!"
kiöflich,
A (zu einem Manne, welcher, ohne
es zu merken, schon längere Zeit ans
den Füßen des Ersteren steht): Wie
alt find Sie, mein Herr?"
B: 34 Jahre!"
A: Und mit 34 Jahren können Sie
noch nicht auf eigenen Füße
stehen?"
Sein lvmisch.
Frischgebackener Lieutenant (zum
ersten Mal in der neuen Uniform):
Ach, konnte ich doch zetzt in i r Fenster
Promenade machen."
Rindern, , id.
Onkel Mar, obwohl erst ein angehe-
der Vierziger, aber doch schon im Besitz
einer unheimlich weit hinlenüber ge
pflegten Denkcrstirn, schaukelt auf sei
nem Knie sein vierjähriges N'ichtchen
nd fährt mit wehmüthigem Lächeln
durch ihr dichtes blondes Lockengcwirr:
Ja, ja, Lotte, solche Locken möchte ,ch
auch haben." Lottchen betrachtet ihn
aufmerksam, dann zupft sie ihn zutrau
lich an den spärlichen Ueberrcsten eines
einst fürstlichen Haarwuchses, die jetzt
in melancholischem Haldkranz das Ge
nick umrahmen, und sagt aufiuuntcrnd
und beruhigend: Laß man, Onkel
chen, Du kriegst auch noch welche; siehst
Du, hier hinti n sangen sie schon an zu
wachsen."
Appell,
Kaufmann Müller (barsch): Machen
Sie, daß Sie fortkommen!"
Bettler: Na, 'nem Namensvetter
werden Sie doch hoffentlich 'ne Kleinig
seit schenken, ich heiße nämlich auch
Müller!"
Zn der höheke Töchierschnlc.
Professor: Ein jeder Mensch empfin
det das Gefühl der Anhänglichkeit an den
Boden, auf welchem er geboren nd
anfgewachfen ist. Also, Fräulein Elfe,
was ist es, wovon uns die Trennung
schwer wird, und wonach wir uns seh
nen, wenn wir es einmal verlas
sen haben? Nun? Es ist unsere
Heim "
Elfe (schnell): Unsere heimliche
Liebe!"
Falsch verstanden.
Bitte um eine
Bettler:
Gabe."
kleine
Herr: Sie haben sich ja lange nicht
sehen lassen!"
Bettler: Nehmen
nicht übel."
Sie mir's nur
llneigcnnülzige Schadenfreude.
Herr: Das ist aber recht traurig,
daß Ihnen die ganze Obsternte miß
rathen ist."
Gärtner: Gar nicht, das freut mich
recht, daß jetzt die Obstdiebe nichts krie
gen." Der rechte Geschmack,
Das Weibsbild ist Dein Schatz?
Da habe ich Dir doch einen besseren Ge
schmack zngetraut!"
Hättest Du nur einmal Lcberknödel
aus ihrer Küche zu essen gekriegt, wür
best Du vom Gegentheil Überzeugt sein!"
In der Eile,
Vater: Ah, Sie wollen heirathen,
Herr Fips? Entschuldigen Sie, ich
bin eben sehr pressirt von meinen
vier Töchtern erhält jede 30,000 Mark."
Freier: Pardon, ich hatte eigentlich
ans das Doppelte gerechnet."
Vater: Das Doppelte? Nein, da
müßten Sie mindestens zwei nehmen!"
Leim vortrag.
Professor: Sieben Städte streiten
sich um die Ehre, daß Homer in ihren
Mauern geboren wnrde."
Lieutenant (für sich): Schade, da
man weiß, daß ich aus Möckcrn bin,"
Aengstlich.
Onkel: So geht das nicht weiter.
morgen werde ich alle Deine Schulden
vezaylcn. auch Minen Schneider, dem
Tu ja am meisten schuldest,"
Neffe: Aber, Onkel, bedenke doch,
der Mann ist herzleidend, wenn Tu
ihm alles auf einmal giebst, rührt ihn
vielleicht der Schlag."
Daher.
A.: Tas Müller'schc Ehepaar
sieh,
aver fchrecklich elend ans.
B.: Ja, wiffen Sie, die dichten
beide und lesen sich dann gegenseitig
ihre Gedichte vor."
Erklärt.
Warum kritzeln Sie denn die Un
terschrift so?"
Tas sieht dann so aus, als
. ob ich
einen Schreiber hatte!"
Falsch ausgesaßt.
Er: Anna, komm' einmal her, die
Marktfrau ist hier."
Sie: Tas ist ja kein Gemüse, das
ist ja mein neuer Hut!"
(Trost.
Komm, Mann. laß' uns das Lokal
verlassen, mich friert hier."
.Laß', Kind, ich steck' mir 'ne ßi
garre an."
Vcdinauna.
Mutter: Eines muß ich Ihnen noch
gestehen: meine Tochter sitzt fast den
ganzen Tag am Klavier."
Freier: O, das thut ni.iH
wenn sie nur nicht d'raui stielt !"