llur das Rätherle, Bon rttrtntb Tricbcl, Draupen auf der Wiese sah es, dos Kathcrle, und HMete die Gänse. Das war leine große Arbeit, den schon seit sechs Jahre war das sein Amt, seit der Vater und die Mutter schnell hinter em ander am Typhus gestorben und das Kiithcrle ein Gemcindctind geworden war. Schon war's nicht gewesen all' die Jahre, denn so ein unnütz Brod esset ist nirgends gern gesehen, und das Kätherte war zudem noch ein schwarzes hässliches Ding! So gab s denn nur magere Bissen und faden scheinige Söckchen, dafür aber manchen ungerechten Puff und manchen unver dienten Streich. Es war ja nur das Kiithcrle, da nahm nan's nicht so genau. Das arme Dirnlein war durch das viele Umherstoßen scheu und einsilbig geworden; kein Wunder, daß es Keinen aus dem Torse zum Freunde hatte flviitrn. als den Kuhhirten, der meist nicht weit von ihm seine Herde weidete und ja, der Wahrheit die Ehre noch Einen! Und eben an den Einen dachte das Kiithcrle, als es jetzt, die braunen yanve um oie mcc quiui, ans dem Erdhaufen unter dem alten Apfclbaum saß und gedankenvoll vor sich hinsah. - Das bunte Kopftuch hatte das Mäd chen zum Schutz gegen die heißen Son nenstrahlen tief in die Stirn gedruckt, so daß nur die äußersten Spitzen der schwarzen krausen Haare daraus hervor guckten und auch das Gesicht fast ganz bedeckt war. Und das war gut so, denn mit den dunklen Augen und der brau nen Haut schaute es wie eine leibhastige iaeunerdirne aus. vor der man sich hätte fiirchten können, hier draußen in dieser schweigenden Einsamkeit. Da durchbrach plötzlich ein fröhliches Pfeifen die schwule Stille. Käthcrle's Kopf flog in die Höhe, ihre Lippen öff neten sich halb, und ihre Augen blitzten, als sie spähend nach der Richtung blickte, von woher die Töne herüber drangen. Und nun sah sie auch schon den Urheber derselben quer durch die Wiese schreiten eine schöne, kraftvolle Junglingsgestalt. Schlank wie eine Tanne kam er da her, im hellen Leinwandkittel, einen großen weißen Filz auf dem Kopf, den Knotenstock in den gebräunten Händen. Um seine frischen Lippen flog ein gütiges Lächeln, als er der kleinen Gänsehirtin anMilrn wnrde. und seine blauen Au- gen lachten ihr schon von Weitem srxiindlick I. Jetzt war er dicht vor ihr, und sich auf den Stock stützend, fragte er: Na, Kätberle, wie aeht's? Hast Du die Stelle?" ..freilich woll. Herr Wlontör." ent- aeanete sie stol,: .M Johanni, beim Schulzen! Kleinmagd, weil ich erst sieb zehn werde," setzte sie wie entschuldigend hinzu. . . . Sieh, sieh, Kätherle, das ging ,a schnell: na. hatt' ich nicht Recht, daß ich's noch durchsetzen wurde?" Ja," bestätigte das Kätherle eifrig, mit rothen Wangen, und ein warmer, scheuer Blick strciste dabei sein Antlitz. Und ich dank' auch schönstens, Herr Wlontor." Schon gut, Kätherle," unterbrach er sie; es ist gern geschehen! Aber sag' mal, hast Tu das Fräulein nicht gesehen? Ist sie vielleicht hier vorbei gekommen?" Ne, Herr Wloiitör!" Kätherle's Stimme klang plötzlich rauh; der lichte Freudenschimmer in den dunklen Augen war erloschen, und ein seltsam harter Zug grub sich um den rothen Mund. So, so, Kätherle; na, dann hilst's nichts, da muß ich selber znschen," sagte der Volontair und ging mit großen Schritten weiter, dem nahen Gehölz zu. Kätberle sab ihm nach, so lange noch ei Zipselchen von seinem hellen Rock durch die grünen Wiesen schimmerte, und unzusammenhängcnde Worte fielen von ihren Lippen. Dabei riß sie ungeberdig an ihrem Schürzenbande, hieb mit der langen Gerte durch die Luft, daß es nur so sauste und die Gänse flügelschla gend auseinanderstoben, und stöhnte dabei herzbrechend. Das Fräulein und immer nur das Fräulein' dachte sie. Seit die da war. hatte er nur noch in paar flüchtige Worte für sie und hatte doch erst so lange und freundlich mit ihr geredet. Das Kätherle hatte es gewußt von Anfang an. der würde gut zu ihr sein! Es lag in seiner Stimme und in seinen Augen etwas, an das sie glaubte wie an das Evangelium. Und gleich am ersten Abend schon, als der Vogt sie selbst ge prügelt hatte, weil sie ein junges Gäns lein zu wenig heimgebracht, da war er dem Rohen in die Arme gefallen und hatte mitleidig über ihr zerschlagenes Gesicht gestrichen. .Armes Ding. Tu blutest ja," hatte er dabei gesagt und mit seinem eigenen Tuch die rotben Tropfen von ihrer Stirn gewischt. Oh, wie es ihr da zu Wuth geworden war; ganz still halte sie gelegen, um nur seine weichen Hände recht lange an ihren 22 zu kühlen und seine Augen recht lange über sich zu sehen. Und von da an hatte n täglich eine Weile bei ihr gestanden, bis ja, bis das ,sraule,n vor etwa drei Wochen ins Schloß ge- kommen war: seitdem hatte er nur noch Sinn sür die. und das Kätherle saß wieder den lieben langen Tag allein draußen bei ihren Gänsen und ihrem Strickftrumpf. Langsam zog sie das grodk. bäum- wollene Ungethüm aus dn Tasche und Jahrgang l. begann zu stricken; aber die Sonne mußte sie ivohl blenden, denn sie wischte ein Paar Mal verstohlen mit dem Hand rüden über die Augen uid prcßtc die Lidcr fest auf einander. Wie lange sie so gesessen haben mochte, hätte sie wohl selbst kaum sagen können; plötzlich aber hielt sie iniic. Ein lautes Holla tönte von der Landstraße zu ihr herüber; es kam näher und näher, dazu Gestampfe und eintöniges Gebrüll und das scharfe Glockenzeichen der Leitkuh. Kätherle wußte wohl, das war der Schorschel, der junge Kuhhirt, der seine Herde aus die Bachwiese tncv; avcr ne blickte nicht auf. Hatte man ihr weh gethan, so sah sie nicht ein, weshalb sie einem Anderen Freude machen sollte. Der Schorschel konnte sich justement ge rade so kränken, wie sie es that. Jetzt war der schmucke Bursche dicht an die zusammengekauerte Gestalt des Mädchens herangekommen; die Rinder schnupperten, behaglich brummend, am Wegrande entlang, der Hirt that einen schönen Knaller mit semer Peitiqe, mik dem er seither immer Glück gehabt hatte bei dem Kätherle. Na?" sagte er des halb höchst verwundert und bestürzt, als das braune Gesicht sich nicht wie ge wöhnlich hob. Ist Dir die Petersilie verhagelt?" ,.m!" machte oas iiatherte veracht- lich und zog die Schultern in die Höhe. Dabei strickte sie so einsig an dem blauen Strumpfe, als sollte der;etve heule noch fertig werden. Kommst' auf'n Abend in'n Krug?" freute der Bursche wieder. Das Mädchen schüttelte stumm und sehr energisch den Kopf. Schorschel, das Vergebliche seiner Vfr mükunaen einsehend, kratzte sich ver- legen in seinem dichten Flachshaar, stülpte den verbogenen Strohhut wieder aus die Locken, that einen Pfiff, knallte den Rindern mit der Peitsche um die Ohren und sagte bedächtig: Na, denn nick, und aviüs och. Kätherle!" Djüs!" war die gemurmelte Ant wort, und weiter und weiter entfernte sich das Läuten und Stampfen. Ein paar hundert Schritte entfernt war die Bachmiese. Tarauf zu trieb Schorschel seine Pflegebefohlenen und hatte seine liebe Roll, mit ihnen; na- nientlich der totier hatte einen Tag, Wild schlug er mit dem Schwänze um sich und peitschte erbarmnngslos au die Fliegen ein, die sich auf seinem glän- zenden braunen Fell niedergelassen hat ten und an tausend stellen zugleich a ihn einstachen. Auch auf der Wiese angelangt, kam Schorschel anfangs zu keiner rechten Ruhe. Trotzdem konnte er nicht unter lassen, einen lauten Jauchzer hinüber zusenden nach dem Apfelbaum, unter dem das schweigsame Kätherle inmitten der schnatternden Gänseschaar saß. Die Mittagsstuiide nahte. Brütende Schwüle lag über den Feldern; kein Laut regte sich, nur das Kauen der Rin der unterbrach die Stille. Schorschel hatte sich's inzwischen bequem gemacht, die Jacke aus der Wiese ausgebreitet, und nun lag er da, die Arme unterm Kops verschränlt, und sah gradewegs in den tiefblauen Himmel hinein. Dabei spielte ein breites Lächeln um seinen Mund, und mitunter schielte er seit wärts hinüber nach der Richtung, von der Flügelschlagen und Geschnatter un deutlich zu ihm herüberdrangen. Tann schloß er, immer fröhlich schmunzelnd, die Augen und dachte an Die, welche ihn vorher so schnöde behandelt hatte. Na. wart' man. Krabaut," sagte er halblaut vor sich hin; laß mich man erst kommen Tu nimmst mich ja doch!" Und nun vertiefte er sich in die aller schönsten Zukunftsbilder, denn seit er das Kätherle kannte, hatte er nur noch den einen Gedanken, daß aus ihr und ihm dereinst ein Paar werden müsse. Recht herrlich paßte es zu seiner Stim mung. daß sich eben jetzt herrlicher, fröh lichcr Gesang in der Ferne hören ließ. Wird's Fröl n sein," murmelte er vor sich hin und that seine Augen einen Moment lang auf; aber noch war nichts z sehen. Da hatte es das Kätherle besser; das hob auch den Kopf, als die glockenklarcn Töne über das Feld daher schwebten, und sah das Fräulein langsam zwischen den Wiesen entlang wandeln wie eine rosige Mohnblume wollte e! dem Kä therle scheinen. Ein rothes Kleid um hüllte die schlanke Gestalt, auf den nnß braunen Locken saß ein großer weißer Strohhut, über dessen nickenden Rand mächtige Mohnblumenbüschcl wippten, und über dem Allen schwebte ein blut rother Sonnenschirm. Das war die von Kätherle fo glühend Gehaßte! Mehr und mehr näherte sie sich dem Weideplatz; nun stand sie mit ih rem holdseligsten Lächeln vor dem erbit taten Mädchen und jragte: Ei, Lö theile, s fleißig ?" .Muß wohl," gab die Hirtin mtlr lisch zurück. Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger. Armcs Ding, wer Dir doch helsen könnte !" sprach das Fräulein, und dann, ach einer Pause, fügte sie hinzu: Ist ist der junge Herr Volontär viel leicht hicr vorbei gegangen ?" Etwas Schlimmeres hätte sie gar nicht sagen können, und um Käthcrle's Ruhe war es jetzt vollends geschehen. Mit funkelnden Augen sprang sie in die Höhe und griff in blinder Wuth nach ihrer Gerte. Ne nischt is hicr vorbci gekommen," stieß sie dabei mit heiserer Stimme hervor; vcrd Gänse- Volk, wollt Ihr wohl!" Und erbat niunqslos hieb sie in die laut schnattern- dcn Thiere hinein. Das Fräulein schüttelte dcn Kops und wanderte weiter, erst schweigsam ; dann aber erhob sich ein leiser Triller,, und nicht lange, so drangen die jauchzcndcn Töne von Neuem in Kätherle's Ohr. N!it weit voraebeuqlei Oberkörper verfolgte die Eänfehirtin die gemächlich Dahinschlendernde, bis dieicive in der Nähe der Bachwiese war. Schorschel lag noch immer woylge- muth auf dem Rasen und hob kaum die schweren Lider, bis ihn ein Schnauben und Stampfen plötzlich ah auffahren ließ. Jcsses, der Stier!" schrie er mit schrillem Ton und war im Nu auf bei den Beinen an dessen Seite. Das Thier stand mit geftnitein Kops und zitternden Nüstern zum Angriff be reit. Das Fräulein aber, die Gefahr nicht ahnend, in die ihr rothes Gewand und schmetternder Gesang es bei dem ohne hin schon unruhigen Wütherich ge bracht hatten, blieb sorglos stehen und sah, dem sonderbaren Treiben mit großen Auaen m. Fort, machen's fort!" schrie Schor- schel in höchster Angst hinüber. Nun erst begriff sie und flog, w,e ge- hetzt, den Weg zurück, dem Torf zu Doch auch der Stier hatte sich von Schorschel's kräftigen Fäusten mit ge waltigem Ruck befreit und stürmte in wilder Jagd hinter dem leuchtenden Ge- wände her. Zu Hüls', zu HUl-fe!" gellte Schorschel's Stimme über das Feld, um die weiter ab arbeitenden Tagelöhner herbeizurufen, und er selbst jagte mit der Peitsche dem rasenden Thiere nach. Kätherlc hattc mit anhaltendem Athem dem Vorgang zugesehen ; ein kurzer Knall trieb die Gänse zur Seite, sie selbst sprang hinter dcn Baum. Ha, das ist ihr schon recht," murmelte sie, und ihre Augen funkelten; nun wird sie nimmer nach dem jungen Herrn fragen können, und der wird wieder mit dem armen, verachteten Kiithcrle reden wie ehedem." Mit Blitzesschnelle aber folgte ein zweiler Gedanke : Was wird er sagen, wenn das Fröl'n verletzt und blutig viel leicht vor ihm liegt?" Und ohne sich zu besinnen, ohne an die Gefahr zu denken, in welche sie sich stürzen wollte, nur von dem heißen Wunsch beseelt, ihm dcn furchtbaren Schmerz fernzuhalten, jagte das Kätherle mit hoch erhobenen Hiin den vorwärts. Ihre flinken Füße be rührten kaum den Boden; an dem Frau lein vorüber keuchte sie, dem w'üthenden Verfolger entgegen. Nur ein heiserer Schrei drang aus ihrem bebenden Munde: Fort! Mgchen's fort!" Dann ließ sie die Gerte um dcn Schädel des Thieres sausen und suhlte in demselben Moment einen surchtbaren Stoß vor die Brust, so daß sie blutend zu Boden sank. Wieder und wieder bohrten die Hörner in das weiche Fleisch, und zit ternd, wie ein Todcsseufzer, entglitt es Käthcrle's Lippen: Ah-Schorschel zu-Hülf'". Als hätte der leise Ruf sein Ohr er reicht, stand er plözlich mit gewaltigem Sprung neben ihr, und von allen Sei ten stürzten nun auch die Arbeiter mit Spaten und Hacken herbei, die mit un säglicher Mühe das muthschäumende Thier banden und fortsllhrten. Kätherle's Wimpern lagen tief auf den braunen Wangen; leises Wimmern nur entrang sich ihrem fest zusammen gepreßten Munde, dann blieb sie still. Kätherle!" schrie der Schorschel angstvoll auf, sieh mich doch an! Stirbst Tu mir etwa gar ?" Die dicken Thränen schössen ihm dabei in seine ehr- llchen Augen. .Ne, Schorschel," flüsterte das Kä - theile, das mühsam den Kopf nach ihm umwandte und zu lächeln versuchte; nur so arg weh thut's hier." Und sie lastete nach der Brust. .Ich lauf' zum Bader; bleib' nur ganz still." stotterte der Bursche, und wie ein Pseil flog er davon. Regungslos lag die kleine Hirtin in mitten ihrer Gänseschaar, die unbeküm- inert weiter schnatterte. Tie Gedanken begannen sich ihr zu verwirren, die Sinne allmählich zu schwinden. Kind, Kätherle, was Hag Tu ge - Ivan ?" sagte da plötzlich eine raube (Stimm n,hrn ihr nnli in hihle slanll strich über die feuchte Stim. Wie magnetisch gezogen, öffneten sich die dunklen Augen, mit stolzem, seligem Ausdruck. Für Sie!" hauchte sie kaum hörbar. Eine unsägliche Rührung zog über das junge, gebräunte Gesicht des Vo lontairs; er beugte sich nieder, und leise hob er den krausen Mädchenkopf auf seine Kniee, während er sein Tuch auf den rinnenden Blutstrom drückte. Ar mes Ding, sagte er leise. Kätherle's Augen aber waren jetzt weit geöffnet und sahe unverwandt hinein in die blauen Sterne, welche über ihnen leuchteten; auf der Stirn lag kühlend die weiche Männerhand wie damals. Ach, was für ein seliges Sterben das war für das arme, tleine, novrtitcfn sUi'ittlpmnhpf I Ganz, ganz still war es ringsumher. Und mitten in dem Schweigen senkten sich die Lider tiefer und tiefer, der Kopf fiel schwer zur Seite, leiser und leiser ging der Athem nun ein Aechzen noch, dann stockte er ganz. Da kam über das Feld her der Schorschel zurückgestürzt, hinter ihm drein der Bader und ein Haufen Wei ber und Kinder. Der Volontair hob abwehrend die Sand. Sie schläft!" sagte er tiefern' und ließ den jungen Körper sanft zu ruckunlen. Verständnißlos sah ihn der Schorschel an. Todt?!" schrie er dann auf und warf sich über die starre tzcsairlln, während ein mühsam unterdrückte' Schluck, seine breite Brust hob. Kopfschüttelnd und schwatzend slan den die Weiber von fern; theilnahms los begafften die Kinder das todte Mäd chen. ' Nur Zweien war's schwer um's gm das war der sunge Botontair, dem jetzt in dieser Stunde erst eine Ahnung gekommen war von der stillen Liebe des braunen Kindes, und der Schorschel. dessen ZukunstStraum in dem verachteten Kiithcrle verkörpert ge- wcfcn war. Die Anderen aber waren Alle darin einig: Gut, daß es nur das Kätherle ist!" Ehrenbreitstein im Kerbst 1J95. In der Köln. Ztg." sinden wir fol gende Erinnerung an längslvergangcne Zeiten. Das Blatt schreibt : Das Jahr 1895, gibt, wie allen Ein wohncrn unseres Vaterlandes, so auch besonders uns Rheinländern, Anlaß, in dankbarer Erinnerung der großen Thaten zu gedenken, die vor 25 Jahren das deutsche Volk, geführt und be geistert von preiSmerthen Recken", kühn und herrlich vollbracht hat; zugleich aber bietet es auch Anlaß, den Blick rückwärts zu lenken in vergangene Zei ten, um durch einen Vergleich mit ihnen zu erkennen und zu Ivürdigen, was wir errungen und wiedergewonnen haben. Versctzeu wir uns im Geiste um hun dert Jahre zurück, in den Oktober 1705. Schlimm sah er damals an den Ufern unseres schönen Flusses aus. Nicht mehr freies Land grüßte seine Wogen; trübe wie seine Wasser in herbstlicher Zeit erschien damals die Lage unseres engeren Heimathlandes. Deutschlands Strom war Teutschlands Grenze geworden. Aus den traurigen Ereignissen jener Jahre möge an dieser Stelle ein Abschnitt dargestellt werden: Tie Belagerung des Ehrenbreitsteins, jener stolzen Feste, welche die Mündung der Bcoscl zu schützen von jeher bestimmt gewesen ist, den Feinden mit ihren Fcuerschlündcn, Zinnen und Schieß- scharten Furcht einflößen soll. Im September 1795 war es dem bei Reuß und verdingen stehenden franzö- sischen Armeekorps gelungen, unterhalb Düsseldorf dcn Rhein zu überschreiten. ebenso hatte ein anderer Theil dieses Korps dcn Ucbergang bei Reu bemerk stelligt. Der österreichische Feldmar-schall-Lieutenant Graf von Erbach sah sich dadurch genöthigt, um nicht von seiner Armee abgeschnitten zu werden, seine Stellung bei verdingen zu verlas sen und sich gegen die Siege zurückzu ziehen. Auch die übrigen Truppen, die unter dem Befehle des Prinzen von Württemberg bei Mülheim standen, . . ... - V . ...l'.M i gingen 015 oaoin juruu. .u vu lun j tere Vordringen des Feindes auch diese lcuung gesayroei ericocinen neu, brach dann der ganze rechte Flügel auf, um sich bis hinter die Lahn zurückzu ziehen. Richt lange danach befanden sich die französischen Truppen schon in ! der Mttid von Reuwied, wo eine Schiffbrücke über den Rhein geschlagen ' wurde, und eine Jagerpatrouille drang I bereits bis Vallendar. etwa dreiviertel ! Stunden von Ehrendreitftein gelegen. vor. Am l. September rückten hier j ungefähr dreitausend Mann ein. nach 'und nach solgten andere Gruppen, darunter sechshundert Mann leichte Ka- tuiflm. Am AbkN rückte feindliche? i Fuhrwerk auf der Andernacher-Straße No. 31. gegen Koblenz vor. Am nächsten Tage zeigten sich einige Chassciirs bei Nieder- berg in unmittelbarer Nahe des Ehren breitstcins. wo auch Jnqcilieiire das Gelände besichtigten, um eine günstige Stellung auszuwählen. Die Bcvöltcrung dcr Umgegend er griff natürlich Mirchl und tocnrecteii, eine Anzahl Bewohner des Thals", wie Ehrenbreitstei damals gewöhnlich genannt wurde, hatten sich gefluchtet und überall standen trostlose Gruppen klagend umher. Inzwischen war der Feind in großer Menge bis Neudörfchen am Fuße der Festung gczogen. Er griff es von allen Seiten an und zwang die Besatzung, cS zu verlassen; doch wurde er in kurzer Zeit wieder vertrieben und der aus wenigen Häusern bestehende Ort wurde in Brand gesteckt, um es dem Feinde unmöglich zu machen, sich darin festzusetzen. Dieser besetzte nun die Anhöhen um Arenberg, Arzheim und Pfaffendorf, wo er sämmtliche Vor- Posten auf einmal angriff. Diese leiste ten jedoch so tapfer Widerstand, daß der Feind mehrmals unter beträchtlichem Verluste zurückgedrängt und zuletzt ge zwungen wurde, sich auf seine Vor postenlinie zu beschränken. Während der Nacht sing er hier an zu arbeiten und eine Umwallung herzustellen, doch wurde er bei Anbruch des Tages mit solcher Wirksamkeit beschossen, daß eine Batterie nicht zu Staude kam. Aus dem Ehrcnbrcitstein trug man un terdessen sämmtliche Dächer der nicht bombenfreien Gebäude ab und verlegte die Mannschaften in die unterirdischen und bombensicheren Gewölbe. In den nächsten Tagen waren die Arbeiten der Belagerer ziemlich vorgeschritten, und es erschien, wie schon vorher einmal, ei feindlicher Offizier mit einem Schreiben, worin die Uebergabc des Thals und der Festung gefordert wurde. Dem wurde natürlich nicht entsprochen, und die zca nonen, Haubitzen und Böller spielten in verstärktem Maße weiter. Die Befesti- gungs- und Atinenardeiten gingen mren Gang fort. Auf den obengenannten umliegenden Höhen waren inzwischen schon einige Batterien errichtet, die von der Festung aus, theilweisc mit Erfolg heftig beschossen wurden. Um den Ehrcnbreitstein auch von der anderen Seite anzugreifen, hatten die Franzosen nun auch jenseits dcs Rheins auf dem Petersberge vor der Moseldrücke eine Batterie errichtet, die jedoch ebenfalls unter Feuer genommen wurde. So ging es eine Zeit lang fort, während die Angreifer und die Belagerten die erfor deriichcn Arbeiten, so gut es möglich war, auszusühren suchten. Da der General Marceau die Absicht zu haben schien oder sich wenigstens gerühmt hatte, die Festung durch Sturm zu nehmen, so wurden zur Vereitelung die- ses Unternehmens alle zweckmässigen Vorkehrungen getroffen, u. a. vor den ausspringenden Winkeln der Wege zu und auf der Festung gefüllte Ypfündige Bomben eingegraben und die nöthigen Fcuerleitungen angelegt. Für die Besatzung des Ehrcnbrcit sieins trat damals ein Ucbelstand ein, der leicht hätte verhängnißvoll werden können: ein Mangel an Wasser in den tiescn Ziehbrunnen der Festung. Doch konnte man sich glücklicherweise durch Graben eines neuen Brunnens, das nalürlich viel Zeit und Mühe erforderte, helfen. Mittlerweile hatte dcr Feind doch wohl eingcfehen, daß es keine leichte Arbeit, ja daß es unmöglich sei, eine so starke und in jeder Beziehung günstig angelkgte Festung einzunehmen. , Man war deshalb nicht sonderlich überrascht, als man eines Tages, es war der 15. Oktober, eine starke Kolonne Wagen übcr die Höhen hinter Simmern gegen Neuwicd abziehen sah, ebenso nicht, als der Feind alle auf der Insel Nieder werth errichteten Werke wieder abtragen ließ. Ueberhaupt bemerlte man bei ihm allerlei ungewöhnliche und etwas ängstlich scheinende Bewegungen; auch erhielt man die Nachricht, daß er in der folgenden Nacht um zwei Uhr das Thal verlassen werde. Da man aber nicht wissen konnte, ob er nicht irgend ein kühnes Unternehmen wagen würde, so hielt der Feftungs-Kommandant die ganze Besatzung nach Mitternacht unter Gewehr. Tie feindlichen Gepäckwagen fuhren ununterbrochen über die Höhen von Grenzhauscn und Wcitersburg gegen Bcndorf ab. Ta auch ein Theil der Truppen auf der Landstraße wegmar schirte, bewarf man diese unaushörlich mit Bomben und Granaten. Tie Mannschaften der Berschanzungen ober halb Psaffendors und Horchbeim setzten oberhalb Eoblenz über den Rhein. Es kam nur noch zu einem erfechte bei Arenberg und in den Waldungen, die sich links und rechts der Emser-Straße hinzogen. Ten Franzosen gelang es durch ihre Uedermacht aus einige Augen I blicke d Oberhand zu haben: allein ' die tapfere Gegenwehr der Vorhut, die durch den größten Theil der nunmehr auch ausgerückten Festlingsbesntzung uiiterstützl ivurdc, erreichte es bald, daß sie immer mehr zurückgedrängt wurden, womit dann die cigcnllichc Belagerung ihr Ende fand. Dcr eingetretene Nebel verhinderte es, den Feind zu er folgen. Der vor der Festung erlittene Verlust dcr Franzosen soll nach allge meinen Nachricht! 2000, nach ihren eigenen Angaben 1400 Mann betragen haben. Während dcr vierwöchentlichen Belagerung sind von Ehrenbrcitstein ans im Ganzen 10,649 Kugel-, Kar tätschen, Haubitz-Grauaten- und Bom benschüffe abgegeben worden. Der Feind hatte eine Anzahl 00 und 30 pfllndiger Bomben, lOpfüudiger Hau bitzen und viel Holz z Geschützuntcr lagen zurückgklaffen. In Thätigkeit war dagegen kein Geschütz getreten. Die Befreiung der Festung wurde von der Ehreubreitstkiner Bürqerschast i würdiger Form begangen. Dein tapsercn Vertheidiger Sechter wurde ein Lorbcerkranz überreicht, und jubelnd feierte die Bevölkerung den Tag, an welchem sich die Sonne glänzend und strahlend über dem freien Burgberge erhob. lic encralstochter. Aus Aqram wird dcr Pcster Lloud geschrieben: Eine wenig bemerkte und wohl nur von den Wenigsten erstan dene Episode aus den Agramer Königs- tagen verdient der Vergessenheit entrissen zu werden. Auf dem Festballe näherte sich König Franz Joseph einigen Damen und richtete einige Worte an dieselben. Als die Reihe an eine in der Gcsellschast hochverehrte Dame kam, deren ungarisch deutscher Accent die Aufmerksamkeit des Monarchen erregte, fragte der König: Sind Sie Ungarin?" Jawohl Majestät," lautete die Ant wart, ich bin die Tochter des Generals Hrabovsky." Der König blickte eine Weile ernst und nachdenklich vor sich hin und schritt dann mit grüßender Verneigung welter. Das genannte Blatt bemerkt erläuternd zu diesem orsail: General Joyann Freiherr v. Hrabovsky, l. k. Feldmar schall-Lieutenant, war im Jahre 1848 Kommandirender in Kroatien - Slavo nien und wurde in dieser Eigenschaft von Seite des ungarischen Kriegsmini steriums mit dem Oberbefehl über die gegen Jelacsics operirenden Truppen betraut. Außerdem hatte er die ge nun gen Peterwardein und Temesvar an die ungarischen Truppen übergeben. In folge dessen wurde Hrabovsky vom Kriegsgericht im Jahre 185 in erster Instanz zum Tode, in zweiter zu zehn jähriger Festlingsstrafe verurtheilt. welche er in Olmütz abbüßte, wohin ihm zu folgen seiner Gemahlin (Jsa bella v. Klobusitzky) gestattet worden war und wo er am 18. September 1852 starb. Kurz vor seinem Tode war er begnadigt worden. Tie nördlichste Zeitung dcr Welt. Unter den grönländischen Eskimos er scheint eine Zeitung, welche von einem Eingeborenen Namens Möller redigirt, gesetzt und gedruckt, ja sogar von ihm selbst kolportirt wird. Er hat seine pri mitive Druckerei in Godthaab (Gute Hoffnung) eingerichtet und von hier aus unternimmt er zwei Mal monatlich eine Reise auf Schneeschuhen durch das Land, um als Vorkämpfer der Eivilisation unter seinen Landsleuten zu wirken. Zu Anfang enthielt das Blatt, welches sich Läsestos" nennt, nur grobe Zeich nungen, welche die Neugierde erregten und die Einbildungskraft schärften; später folgten Buchstaben, Silben und Worte nnd zuletzt Sätze, welche zu kur zen Berichten über Tagesneuigkciten zu sammengefügt waren. Möller hat sv' mit durch sein Blatt buchstäblich seine Landsleute Lesen gelehrt. Sie haben deshalb das größte Zutrauen zu ihm, betrachten ihn als einen Apostel und find ihm besonders deshalb zugethan, weil er oft seinen Aufenthaltsort wechselt. Eine literarische Gesellschaft in Düne mark hat neuerdings eine gute Hand presse, Papier und neue Typen nach Grönland gesandt, damit College" Möller seine Druckerei erweitern kann. Wie viel Schüsse sind im Jahr 1B70-.I abgefeuert worden? Bei Gelegenheit der Jubelfeier des glorreichen Krieges von 1870 1871, dürfte es interessant sein, zu erfahren, wie viel Schüsse auf deutscher Seite während dieses Krieges gefallen sind. Aus dem Munitionsverbrauch erqicbt sich, daß von der Feldartillerie 3:W.31 und von dcr Fcstungs-Artillerie 520, 500 Kanonenschüsse abgefeuert wurden. Ter Munitionsverbrauch der Jnfan terie stellt sich auf 20 Will. Infanterie Patronen. Wie groß diese Zahlen sind, erhellt am besten daraus, daß, wenn Jemand diese Patronen allein ab schießen wollte und, indem er jede Minute eine Patrone abfeuerte, unaus gesetzt Tag und Nacht sich hiermit be schästigle. er 40 Jahre notbwcndig haben würde, um sämmtliche Patronen zu verschießen. praktisch. A: Herr Stadtrath, wie machen Sie es denn, daß Ihre Anträge in dcr Per sammlnng alle angenommen werden?" Stadtrath: O, sehr einfach ich lasse abstimmen. Wenn ich dann sage: Wer dagegen ist, dcr erbebe sich." so bleiben fast Alle sipn, denn zum Aufstehen sind die Welslen zu bequem!"