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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Dec. 12, 1895)
Die Tapetenthür. i'on J uliiiä ifii;. Wie sie so Arm in Arm durch die Gassen schritten, konnte man ihnen an den Gesichtern herunterlesen, daß sie Braut und Bräutigam waren. Ihre gepreßten Ziige schienen sich zu bemühen, all die Freude, deren sie übervoll waren, vor der Welt zu verbergen. Aber die leuchtenden Augen und das zuckende Lächeln, das um den geschlossenen Mund kicherte, verriethen Alles, In ihrer GliickSsülle vergaßen sie immer von Neuem, wozu sie eigentlich ausge gangen waren, Sie waren aber ausge zogen, um eine Stelle ausfindig zu ma chen, wo sie nach einigen Wochen als Mann und Weib ihre Heimstätte aus schlagen könnten. Schön langsam hatten sie daher eingehen und bedächtig nach jenen Zetteln an den Häusern aus spähen sollen, die eine Räumlichkeit als zu vermieden" ankündigten, An einer beträchtlichen Zahl solcher Anzci gen waren sie schon vorüber, ohne ihrer gewahr zu werden. Jetzt endlich, in eine breite, belebte Straße eintretend, lockerte sich die llnischlingung ihrer Arme, das Lachen machte einem geschäftigen Ernste Platz, und nachdem sie eine Weile scharf nach rechts und links gespäht hat. tcn, gingen sie quer iibcr die Straße und standen vor einem Schuhmacherla den, vor einem schief über die Glasthür geklebten gelben Streifen mit der Auf schrist: Zu vermiethcn." Sie traten ein und traten nach einer kleinen Vier Mftimhr wieder heraus. Ihre Auaen maken noch einmal die Ausdehnung des Ladens nach Höhe und Breite. Dann betrachteten sie eine zeiliang oen icoijar ten Verkehr aus Fahrstraße und Gehweg. Endlich schauten sie einander mit jenem Blicke in die Augen, der da sagt! Ich bin einverstanden, Du auch?" und eil ten noch trunkener von dannen, als sie gekommen waren. Nach drei Wochen erinnerte nichts mehr daran, daß hier einst ein Schuh macher gehckust hatte. In der Nahe der früheren einen Ladenthür war eine zweite durchgebrochen. Ueber der einen prangte ein Schild: Ma; Redlinger, Papier Handlung," über der anderen ; Marie Redlinger, Pfaidlerin," Zwischen den beiden Thüren lockten aus zwei Auslage fenstern die betreffenden Verkaufsständc, hier Mandelbögen, Sieglackstangen, Tintenfässer. Äbzugbilder, Traum biichel, Schreibhefte, Federhalter, Reiß zeuge und so weiter, dort Herrenhemden, Spuienzwirnc, Nahnadeln, Stopfscide, Anstoßschnüre, Strumpswolle, Herren cravatteu Fingerhiite und so weiter. Im klebrigen war der frühere einheitliche Ladenraum nunmehr in zwei abgefon derte Räume getheilt, und wer bei Marie Rcdliugcr eintrat, um sich etwa eine Cravatte oder einen Hemdkragen zu kaufe, vermnthele nicht, daß mit dem benachbarten Laden des Papicrhändlers irgend eine Verbindung bestehe. Eine solche bestand aber. Es war dies eine schmale tapctenbeklcidete Thiire, die sich oft genug des Tages um ihre Angeln drehte und dann Zeuge freudenvoller Augenblicke war. Hatte Marie einen Kunden abgefertigt was oft nicht so schnell ging als sie es wünschen mochte, weil Jeder je länger je lieber in der Nähe der schönen jungen Frau weilte husch, eilte sie zur Tapeten thür, öffnete sie zu einer schmalen Spalte und rief, wenn sie keine Kunden im Papierladen sah nun, es kam eigentlich gar nicht recht zum Rufen, denn Mnr hatte dann sicher die Augen auf die Thür gerichtet und stand schon an ihrer Seite, bevor sie noch seinen Namen rufen konnte. Und dann pfleg ten sie so lange Hand in Hand in der Thüröffnung zu verharren bis der, Eine oder die Andere die Ladcnthür ge hen hörte. Oft geschah es, daß Beide zu gleicher Zeit auf der einen und der andern Seite den Thürknopf in die Hand nahmen und die geplagte Thür nicht wußte, wohin sie sich eigentlich drehen sollte. Es ist daher nicht zu ver wundern, daß die arme Tapetenthür, der die Angeln ordentlich weh thaten sie seufzte zuletzt immer jämmerlich, was aber incht beachtet wurde daß stch die Tapeuthiir zu freuen anfing über die Tmge, die sie sich entwickeln sah. Denn sie sagte sich: Ich müßte sehr irren, oder ich werde nun über kurz oder lang aus gehängt und kann dann eine ausgic Vige Ruhezeit auf dem Dachboden ge nießen. Und diese Erzählung will wci ter nichts als darlegen, aus welche Weise der Hoffnungstraum der Tapcnthür in Erfüllung gegangen ist. Denn er ist in Erfüllung gegangen. In der wievielten Woche ihrer Ehe der gar am wievielten Tage die dazu führenden Ereignisse ihren Anfang ge nommen haben, wiffen wir nicht an; geben. Ader wir wiffen, daß es am Abend war und daß es dabei folgender maßen zuging. Wie gewöhnlich nach Geschüftc-schluß eilte Marie mit ihrer Geldlade zu ihrem lieben Manne ins Papicrgeschast. m sich zunächst dem angenehmen Geschäfte des Geldzählras hinzugeben. Tank ihrem guten Glücke konnten Beide von Tag zu Tag ei bad scheS Sümmchen in die Wohnung hin auftragen und mit gehobenem Bewußt fein in den Eisenschrank legen. Als sie nun gezahlt hatten, lachte Marie auf etwas stark gezierte Weile und sprach Die Zchnipvüchcn Worte: iu tnunt üd) ia ordentlich schämen, lieber A,ir. ich !b' um sieden Gulden mehr als Tn !" Da flog es wie ein dunkler Schalten über sein Gesicht. Aber es ging so schnell vorüber wie ein Blitz, Denn er bezwäng sich und als ob er ebensails nur scherze und sie nur ansziehcn" wolle, rief er ausgeräumt: Das glaub' ich gern, das ist ja kein Wunder bei Dir !" Wieso kein Wunder?" Nun, man sieht ja, die jungen Her ren vom ganzen Grund laufen Dir ja nur so zu." Und dann lachte er, als wär's ihm nur Scherz gewesen. Und sie nahm es wirklich als Scherz und erwiderte ebenfalls scherzend: Na und ob, von weit und breit kommen sie Alle zu mir." Besonders der, mit dem ich Dich so oft lachen höre," versetzte Max ein we nig heiser. Mit welchem denn? Ich habe mit mehr als einem gelacht," fragte sie noch immer kokettirend. Aber Max merkte, daß ihn feine Stimme verrathen würde. Denn ir fühlte, wie es ihm eng um den Hals wurde. Er beschränkte sich daher dar auf, seine junge Frau stumm in den Arm zu nehmen, als wäre der Spaß zu Ende, um mit ihr die Stiege hinauszu- steigen. Seitdem waren manche Tage vergan- gen. Wieder trat Marie nach Geschäfts schluß in Maxens Abtheilung. Aber ihr sonst offener lachender Munc, war dies mal geschloffen, der Gang langsam, der Kopf gesenkt, der ganze Gesichtsaus- druck verstimmt, arg er stimmt. Stumm zählte sie ohne Freudenäußc rung den ansehnlichen Erlös und blickte schmerzvoll vor sich hin. Dann öffnete sie sehr mühsam die Lippen und sagte fast tonlos: Max, das darsst Du doch nicht" Und als er jetzt fragend den Kopf erhob, ergänzte sie: Das darfst Du doch nicht thun. Du lachst mit ihr und dann begleitest Du sie gar hinaus und schon zum viertenmal. Ich sehe Euch ganz gut durch das Fenster." Max wurde blaß. Ja, meinst Du denn, daß ich Dich nicht lachen höre? Warum lachst denn Du in einem fort?" Und warum sollte ich gerade nicht lachen," erwiderte sie sehr gereizt, so daß die rothgewordcnen Wangen zitier ten. soll ich denn weinen? Geht's mir schlechter als Dir? Es geht mir Gott sei Tank sehr gut." Du darfst Dich also unterhalten?" kollerte es aus seinem Munde. Unterhalten !?" Er sprang auf. Ja, unierhalten, sehr gut unterhalten, mit dem Lassen, dem Gecken, dem Kamecl !" Marie stieg mit kochender Entriistnug durch die Hinterthür zr Wohnung hin- Seit diesem Abend erfreute sich die früher so geplagte Tapetenthür vorder Hand einer sehr wohlthuenden Schonung, Die schmerzenden Angeln konnten sich ein wenig erholen. Zwischen hüben und drüben bestanden bloß mehr offi cielle" Beziehungen. Es ging sehr still und stumm zwischen den Gaticn her. Aber in je ihrem Laden lachten sie nun noch einmal so ost und noch einmal so laut, als sie es früher in ihrer Unschuld gethan hatten. Jetzt thaten sie es in der dösen Absicht einander nur umsoniehr zu ärgern. Beide Theile fühlten die Krän kung scharf und bitter. Und weil ein Jedes von ihnen den Trotz des Andern nicht mehr aushalten konnte und mit seinem eigenen lieben Ich ungeheures Mitleid hatte, so griffen sie zu denijeni gen Mittel, das in solchen unhaltbaren Zuständen am nächsten liegt: zur fal schcn, äußerlichen Versöhnung. Nachdem während einiger Tage hin und wieder ein sanfter Blick und dann immer wieder ein sansterer und länge rer war gewechselt worden, that Marie den letzten Schritt und trat wieder mit der scheinbar unbefangenen und freund lichen Miene von früher in seine Ab theilung. Sie sctzle sich zu ihm, und da er mit der Annäherung sehr zusrieden schien, erkühnte sie sich zu einigen kosen den Freundlichkeiten. Aber er fühlte wohl die erzwungene Art derselben und wiewohl er nicht zögerte, sie zu erwidern, so dachte er dabei mit einem innern höhnischen Lachen : Wenn Tu meinst, mich in Sicherheit gestreichelt zu haben, so sollstTuTich sehrgeirrt haben, schönste Frau." So glich ihre Versöhnung manchem Bündniffe von Leuten, die sich nur deshalb alliiren, um den gcgenseiti gen Bosheiten nicht länger ausgesetzt zu sei. Für die Tapetenthür kamen nun wieder die schlimmen Zeiten. Jeden Augenblick hörte man sie wieder aujscuf zcn. Je mehr sie aber nun wieder zum Seufzen gebracht wurde, desto dichter wurde der Verdacht in der Brust des eifersüchtigen Ehemannes. Denn das Lachen bei ihr und die etmclchen Unter Haltungen init ihren Kunden nahmen natürlich wieder ihren Fortgang, weil sie nun meinte, sich unbefangen gehen laffen z dürfen, eine Unbesangcnhcit, an die War ebenso wenig glauben wollte. wie sie ihrerseits an die seinige. Denn auch er trieb in seiner Unschuld wieder seine früheren Späße. Und jetzt hatte die Tapetenthür erst recht viel zu seufzen. Aber die in Leidenschaft gefallenen Gemii ther vernahmen das erbärmliche Stöh- nen nicht, und Keines dachte daran, die wunden Angeln mit linderndem Ocl zu bcftreichcn. Zum Scheine war es noch immer Zärtlichtcit, wodiiich die Gatten veranlaßt wurden, jrdiN Augenblick die Thüre aukzusloßen. Lieber Mar," Hede Marie," io lautelen die süßen i '-Warte. Aber d,c Blicke wrxrchten den heißen Argwohn nicht mehr zu verhehlen, die Blicke, die da von einem in die Thür spalte gesteckten Kopf bald in den Pa picrladen, bald in die Pfaidlcrei gcschos sen wurden und danach brannten etwas zu sehen. Besonders pflegte Marie die Thüre plötzlich auszustoßen, wenn es bei ihm drüben ganz still war. Denn jetzt, dachte sie, schreibt er gewiß einen Liebes brief. Seitdem Marie einmal das Kamcel gesicht" gar bis vor die Thür hinausbe gleitet hatte, suchte Max mit Eifer ach eine, gewissen Gegenstand, In allen Schubsächcrn, allen Winkeln, allen Ecken suchte er. Endlich schien er es ge funden zu haben. Es war dies ein klei ner handlicher Bohrer, Sachte ging er damit zur Tapetenthür und suchte dort nach einer Stelle, wo er das Werkzeug am besten ansetzen konnte. Es war ihm darum z thun, sich ein unauffüliges Guckloch zu bohren. Schon erhob' er den Arm, schon hatte er die Spitze in's Holz gedrückt da, was war das? Hörte er recht? Es kam ein leichtes Ge rausch aus der Thür: krisch, krisch, krisch dann begann das Holz an einem Punkte nahe seinen Augen split ternd auseinanderzugchen, eine feine glänzende Spitze zwängte sich hervor. drehte sich immer weiter heraus und wurde dann zurückgezogen. Mit einem Wort, es war ebenfalls ein Bohrer, der von der Pfaidlerei aus in Thätig keit gesetzt ivurde. Wäre Max nicht schnell zurückgetreten, der Bohrer wäre ihm ins Auge gefahren. Also die macht sich ein Guckloch, um ihn ungesehen beob achten zu können ! Wiewohl seine Frau genau dasselbe gethan hatte und nicht um einen Hauch mehr, als er zu thun gerade iin Begriff stand, erfüllte ihn der so entschieden aus gesprochene Argwohn seines Eheweibes mit sinnberaubendem Ingrimm. Wohl an, wenn sie denn ein Guckloch hat, so soll sie auch was zum Gucken" bekom nie! Und nun begann er auf eine sehr gelungene Weise und mit großem Eiser erst recht den galanten Schönheits schäßer zu spielen. Köchinnen und Stubenmädchen unterhielten sich prächtig bei ihm und verließen seinen Laden im mer mit einem Ausdruck sehr gehobenen Selbstbewußtseins. Und der Grimmige freute sich mächtig, daß seine Frau blas scr und blasser wurde. Daß Max auch sein eigenes Bohrloch in der Tapetenthür anbrachte, braucht wohl nicht erst gesagt zu werden. Er hatte eö in dem gebotenen Abstand von dem seiner Frau abgebracht. Davor pflegte er nun aft mit heißer spannunq zu hocken. Dies geschah auch an dem Tage, der dem bereits arg verschobenen iniiqen Haus tand endlich wieder in s Gleiche rücken sollte. Als er nämlich o vor dem Guckloch hockte, kam es ihm vor, als hätte Jemand leise die La denthür hinter sich zugezogen. Er drehte hastig um und wurde leichenblaß vor Schrecken, Denn kein Mensch war zu sehen, aber die Geldlade war weit herausgezogen. Seine Vermuthung bestätigte sich nur zu sehr : das Geld war bis aus dem letzten Kreuzer geraubt, die ganze Tageslösung war verloren. Durch mehrere Augenblicke war ihm der vals wie zuge chnurt. Das verlorene Geld schmerzte ihn bitterlich. Und in seinem Schmerz drängle sich ihm ein Ruf auf die Lippen, der den Ort ver rieth, wo er trotz allem Vorangcgange- nen des innigsten Mitaesuhls sicher sein konnte. Errief: Marie ! Marie !" Mit Anzeichen großen Schreckens kam die Angerufene hereingestürzt. Sie lug die Hände zu ammen, als er be- deutsam auf die leere Lade wies. Und kreideweiß , Gesicht brach sie in den Jammerruf aus: Gott, Dir auch?!" Was heißt das, Dir auch? Ist denn auch bei Dir., ," Gott, ja, vor einer Stunde ist ganz dasselbe bei mir vorgegangen, als ich Dich... als ich Dich heimlich beobach tcte." Beide suchten mit niedergeschlagenen Augen ihre Sitze auf. Sie wollten einander nicht in's Gesicht sehe, weil Jedes die Vcrlegenhrit des Andern respectirtc. Endlich brach Marie das Schweigen, indem sie leise zu berichten begann, wie sie sich nach der Beraubung ihrer Lade die bittersten Vorwllrfe über ihre Dummheit machte und wie sie dann nachgedacht habe, was denn an ihrer Beider thörichten Eifersucht schuld sein möge. Sie glaube, es heraus gesunden zu haben. Und was wäre denn das?" fragte Max kleinlaut. Das ist nichts Anderes, lieber Max, als die Tapetenthür." Die Tapetenthür?" Ja, weil wir uns da nicht sehen und uns allerlei dumme Vorstellungen machen." Mar blickte sie eine Weile fragend an, Bei Gott," rief er dann. Tu hast mahrlich ganz recht. Nun wolle wir sie aber auch stracks aushängen und auf den Boden werfen." Und wirklich waren mit der ausge hängten Zwischenthür die Eifersüchte leicn für immer verschwunden. Zwar begann es anfangs in Marens Brust noch imnier ein wenig in sieden, wenn er jenen (decken im Laden seiner Frau I munte und diele lacken und vlandern! j horte. Aber da brauchte er nur an der! i Thüröffnung hinzust reichen, wie um zu j irgend einer Schachtel zu gelangen, und! i einen Blick in den Nachbarraum zu wer-! ' je, um vollständig beruhigt zu sein. I Sicherlich begegnete er da dem schelmi scheu Seitenblick seiner Frau, der zu sagen schien: Na, glaubst Du wirklich über dieses Gesicht eifersuchtig werden z miiffcn?" Dann schmunzelte er wohl befriedigt und erleichtert und sagte sich: Sie spielt ja mit ihm wie mit einem Kaspcrl. Und dadurch hab' ich mich gekrankt und vernachlässigt gesuhlt !" Und auch Marie kam nach und nach vollständig wieder in die alte heitere Stimmung, indem sie täglich sehen konnte, daß es ei großer Unterschied ist, ob sich ein Mann mit Einer oder über Eine lustig macht. Am Abend machten sich Beide ziisanr inen über alle Welt und über die Bohr- löcher lustig. Und auch die Tapetenthür war um mein lustig, als sie nun in Ruhe auf den stillen lauschigen Dachboden zu lie gen kam. Nur die beiden Bohrwundcn thaten ihr noch eine Zeit lang ein bis chen weh. Das billige ZUittagesscn. Hiiinonskc von l5. CromSchiviening, Der vorletzte Tag im Monat! Der ist fatal für so manche anderen Men schen, wie sehr aber erst für einen armen Diurnisten, der am Frllhmorgen des vorletzten Monatstages von seinem spür lichen Monatsgehalt gerade noch eine Mark besitzt. Seufzend schob Käberle die eine Mark in die Westentasche, als er in das Bureau ging. Eine Mark für zwei Tage. Das hieß soviel, als an beiden Tagen keine Maß trinken und mit den sür die hundert Pfennige erkauften Semmeln und Wurstzipfeln obendrein noch recht sparsam umgehen. Und gerade heute hatte er schon in aller Frühe einen so prächtigen, gesun den Appetit. Am Vormittag kam Käberle aus den heimlichen Seufzern nicht heraus. Mußte auch gerade heute sein Bureau College ein Gansviertcl zum Frühstück mitbringen! Das Schicksal ist zuweilen auch allzu tückisch! Es schlug zwölf Uhr. Kummervoll erhob sich Käberle. Ein Brötchen und sür einen Nickel Wurst, dazu ein Trunk frischen Waffers, mehr konnte er nicht für sein heutiges Mittagsbrot ans wenden. Trübselig schlich er durch die nächsten Straßen, da fiel ihm ein schönes, neu eröffnetes Restaurant auf: a la Buillon Duval!" stand in großen, goldenen Buchstaben an den Fenstern. Suppe I Pfennig, Fleisch mit Gemüse 31) Pfennig, Braten 30 Pfennig." Käberle starrte die Goldbuchstaben an. Er konnte es wahrlich nicht mehr aushalten. Wenn er zehn Pfennig für eine Suppe oder dreißig für Gemüse und Fleisch opferte, dann fühlte er sich ganz gewiß widerstandsfähiger für den morgigen Hungertag. Und mit einem Male war Käberle im Restaurant und saß an einem der gedeckten Tische. ,suppe! Der Kellner eilte fort und kam als bald niit einem Teller dampfender Suppe zurück. Mit Wohlbehagen sog Käberle den Duft ein, der ihm aus dem gefüllten Teller entgegenströmte, und beugte sich dann über die Suppe nieder, gierig, ne zu e nen. Aber was war denn das? Ein halblauter Fluch entsuhr dem Gehege seiner Lippen. Aber mitten in demselben hielt er iiine. Eine andere Empfindung verdrängte den Aerger, und der Schalk in ihm gewann neues Leben. Kellner!" Der kam eilfertig heran. Sie wünschen, mein Herr?!" Die Suppe da kann ich nicht essen!" Ter befrackte Ganvmcd duckte sich bei diesen Worten ordentlich entsetzt. Aber mein Herr ," stotterte er, Sie kön- nen mir glauben die Suppe ist vor- trcsflich alle unsere Gäste loben sie verzeihen Sie ich werde den Oberkell' ner holen !" Gravitätisch mit der linken Hand auf den Tisch trommelnd, blieb Käberle sitzen. Da erschien würdevoll der Oberkcll ner. Der Kellner sagte mir soeben Ihre Suppe was ist mit derselben?" I ch k a n n s l e n ch t essen' klang es grimmig und lauter von Kä berle's Lippen, Die an der gleichen Tasel sitzenden Gäste sahen auf. Umsonst betheuerte der Oberkellner, daß die Küche des Restaurants geradezu mustergiltig fei Alles unisonst Käberle blieb bei seiner Behauptung, jodaß sich der Oberkellner in einiger Verwirrung mit dem Bemerken zurück zog, er werde den Besitzer des Rcstau ranls selbst herbeiholen. i Mit gefurchter Stirn erschien alsbald der Wohlbeleibte, aber seine Worte, mit denen er Käberle um Aufklärung bat. was mit der Suppe sei. waren die höf lichstcn von der Welt. Was Hals's ihm auch ihm gellten die von dem sonder baren Tischgast jetzt laut gesprochenen Worte in die Ohren : Ich kann die Suppe nicht essen !" Jetzt mar Alles in dem Lokal aus- incrliam geworden. Tem Wirth traten j die Schweißtropfen auf die Stirn der: ganze Ruf des Restaurants schien aufs! Spiel gesetzt. Tie Aufklärung mußte j hier auf alle Falle vermieden werden, j Und sich zu einem verbindlichen Lächeln ; zwingend, bat der Wirth den nur einen ' Augenblick verblünten Käberle, ibm in '. den och leeren kleinen Erira-Salon zu folgen. I Sie sind gewiß Kenner. Ich muß Sie davon überzeugen, daß ich eine gute Küche führe. Ich bitte Sie, die Probe davon zu machen. Jean, zunächst eine Flasche Lasitte sür den Gast hier, auf meine Rechnung !" Und nn ward dem überraschten Kä berle in rascher Folge ein ganzes Mcnu servirt alle Lcckerbiffen des Tages. Er aß mit vorzüglichem Appetit, pries immer lauter die Kochkunst in diesem Restaurant, und je seliger er wurde, desto seliger würd auch der Wirth. So herrlich hatte Käberle noch nie gespeist! Da rückte der Wirth ertraulich an seine Seite und sagte: So, lieber Herr und nun gestehen Sie niir einmal aufrichtig warum konnte Sie die Suppe vorhin nicht effen ?" Ich hatte ja keinen Lös f e l !" versetzte Käberle trocken. Einen Augenblick starrte der Wirth ihn sprachlos an. Tann brach er in ein lautes Gelächter aus. Prächtig!" rief er unbezahlbar!" Jean noch eine Flasche Lasitte für unseren Gast, aus meine Rechnung." Von Stund an war Käberle Stamm gast in dem neuen Restaurant. Seine Mark hat wirklich für den nächsten Tag noch gereicht, a über denselben hinaus, denn bei der zweite Flasche Lnfitte schenkte auch Käberle dem Wirth reinen Wein ein, und Jener, der an ihm Ge fallen gefunden hatte, lud ihn ein, auch am morgigen Tage sein Gast zu sein! ?inc GcsPcsterGcschichte Meine, Eltern bewohnten in der Kreisstadt S. im Elsaß ein sehr großes, uraltes Stistshaus, das mit leinen metcrdickcn Mauern, mächtige Keller- qewölben, Kämmerchen und Sälen Treppen und einem dreistöckigen Spei cher, inmitten hoher Bäume, einem alten Kirchhos und dem von Dohlen umkrächzten, des Nachts von Eulen umflatterten Münster nahe, wohl man chem Gespenst ein angenehmer Aufent halt scheinen mochte. Und so flüsterte man auch in der That in der ganzen Stadt, es gingen Gespenster in dem düsteren Baue ein. Als wir einzogen, sprach man uns mit geheiiunißvoller Miene von einem heimlichen Wesen, das Nächte hindurch in einem Eckzimmer schriebe und schriebe, bis es am Morgen laute Tritte von seinem düsteren, rast losen Thun aufscheuchten. Ich wurde sein Nachbar; die erste Nacht legte ich mich mit dem Muthe des Sextaners vor Gespenstern" z Bett. Ruhig wurde Alles im Hause. Da, horch! Deutlich vernahm ich, wie eine Feder kratzend über Papier dahinfuhr. Ebenso schnell wie ich aufgefahren war, ver schwand ich unter den Kissen, die ich fest an die Ohren preßte. Als ich mich von dem Schrecken etwas erholt hatte, kroch ich hervor und lauschte: Noch dieselbe Eile im Schreiben, mit kurzen Unter brechungen, wie um die Gedanken zu ordnen. Tarauf weckte ich meinen Bruder, und wir Beide drangen niit multiplizirtem Muthe" und mit Licht in das Eckziiiimer, nsei Schlafzimmer: Nichts zu sehen. Schnell mußte der Geist sich entfernt habe. Ausgelacht wurde ich bis cs in nächster Zeit Anderen auch so ging wie mir. Eine grausige Geschichte, die man sich von dem Geiste erzählte, beunruhigte noch längere Zeit uns jugendliche Gemüther: auch Aeltere schüttelten wohl den Kopf, Allmählich regte mich mein fleißiger Nachbar nicht mehr aus: Dem faulen Quintaner nponirte höchftens noch der unermüdliche Schreibeifer. So ver gingen Jahre, in denen allerdings der Schrnber auch zuweilen längere Zeit aussetzte. Tann hieß es eines Tages, eine Thüre solle zur Bequemlichkeit von dem Gange aus in das bewußte Eckzim mer gebrochen weiden. Tie Maurer kamen und schlugen in die dicke Wand. Tie Mühe wurdk ihnen erleichtert, denn sie stießen unvcrmuthet auf einen wohl schon lange Zeit außer Dienst gesetzten verschleisten" Kamin, der hier seinen Ansang hatte. Und siehe hier cnt deckten sie das Gespenst. Da lagen und standen, mit ausgebreiteten Flügeln an die Wand gelehnt, viele Skclclte armer Dohlen und Eulen, wohl auch anderer Vögel, die hier lebendig ihr Grab ge funden hallen. Hier hatten sie sich zu Tode gehüpft und geflattert, denn un möglich war cs ihnen, einmal gefangen, durch Flug direkt nach oben, dem engen Kamin zu entkommen. Mir fiel diese Geschichte wieder ein, als ich dieser Tage in der Zeitschrift Tie Natur" eine Mittheilung über Schornsteine als Vogelsalle las, welche die Erllärung giebt, daß die Thiere jedenfalls oben einschlasen und dann hinnnterpurzeln. ine Schiller-Reliquie. Im Besitze des Mayor Sutro von San Francisco, Cd,, bcsindct sich ein Stammbuch, zu welchem neben !lop stock, Wicland, Claudius u. s. w. auch Friedrich von Schiller einen Beitrag lieferte. Bon seiner Hand geschrieben steht in dem Stammbuch das bekannte Distichon: Leben zeige die bildende Kunst. Geist sordr' ich vom Dichter, Aber die Seele sprich nur Polybym nia aus." Weimar am letzte Marz Ihn). Ilair. Unser Briefträger macht io'n Iran rigcs 'icsicht Tu hast ibm gewiß lanae keine Bricimarlen atqekauit. 'Papa?! Unsere PienstMen. Hausfrau: Also fünf Mark mußten Sie für die Elle von diesen, Stoffe zahlen? Sie sind doch niiprak tisch! Ich habe blos vier Mark für die Elle zahlen müssen!" Dienstmädchen: Nun ja! Man hat mich halt sür was Nobleres gehal teil! Modern. Verleger: Was, der Gelehrte Meier ist gestorben?! (Zum Redakteny: Erfinden Sie rasch einige Ancldo tcn aus seinem Leben!" Stilwidrig. Freundin: Was, einen blon den Knaben habt Ihr bekommen?!., Der paßt ja gar nicht zu Euren R u ß ba u m möbeln!" Aus dcn Testament eines Menschenfeindes. 100,0(10 Mark bestimme ich sür die Ausbildung von 100 Waiscnmädchen ,u Clavicrlehrcriiinen. Vorschlag zr Güte. Was, jetzt wollt Ihr Euch scheiden lassen und habt erst gestern Enere silberne Hochzeit gefeiert?!" Ja, Herr Richter wir sind halt arm, und haben nur so lang' g'wart', weil wir g'wußt hab'n, daß zur silber nen Hochzeit uns a' Jcda im Dorf 'was schenkt !" Dann vertragt Euch doch noch bis zur goldenen Hochzeit da gibt es ja noch mehr Geschenke!" .. ..No, was meist D', Alte?!" Geschmeichelt, Arzt: Es ist gar nicht ausgeschlossen, daß Sie das Schurlnchfieber bekom men!" Patientin alie Jungfer): Ach, was Sie sagen Das ist ja wohl eine Kinderkrankheit?" verplappert, Gast (in der Weinkneipe, die zugleich mit einer Bierbrauerei verbunden ist): Der Papa ist wohl gerade beim Bier brauen, Hans?" Sohn des Wirthes: Nein, heute wird Wein gebraut !" Rcflcno. Sonnlngsreiter (den sein Pferd wie derholt abgeworfen): Jetzt möcht' ich mir wissen, wozu man lernt 's A b st e i g e n !" Erkannt. Was für ei Mensch ist denn dieser neue Kassier? Sicht nicht sehr vertrau enswürdig aus!" Ich glaube, er ist ein sehr naher Verwandter" des Bankiers!" 'Sehr nahe?! Soso! Da soll er sich in Acht nehmen, daß nicht ein sehr entfernter Verwandter" dar aus wird!" Bosbast. irflter! l?lin sVrr Tlirnftro' liii finhrn Sie nietn rtcnpä Snftihiir1 flJMif wahr, es sind doch ausgesucht gute Witze darin?" Direktor: Sie wollten wohl sagen, gutausgesuchte?!" Ei massiver Schädel. Arzt (zu einem Bauern, der bei einer Rauferei sehr schwer verletzt wurde, und sich verbinden läßt): Um Goltcswillen, da fehlt ja ein ganzes Stück vom Kno chen!" Bauer (in die Westentasche greifend): Herr Doctor, den hab' i' schon da!" llngkmohtttcr Ton. Wirth: Ihre Frau war hier; Sie möchten doch gleich nach Hause kom men!" Gast: Ich möchte?.... Die Alte war wohl guter Laune?" Ein Wohlthäter. Schlächtermeister: Da heißt es im mer, für die armen Schriftsteller werde nichts gethan! Tas ist erlogen erst jctzt wieder habe ich ein paar Centner Makulatur gekauft!" 2lbgefub.il Herr: Für Sie würde ich bis an's Ende der Welt gehen. Fräulein!" Fräulein: Sie haben wohl äugen blicklich keine Stellung?" Zm Lcr. Eduard i zu Inner ihm untreu gewor denen Geliebten): O, Fräulein Jda, schenken Sie mir von Neem Ihr altes Vertrauen, Ihr altes Herz, Ihren alten Mund. Ihr altes Gesicht !" Nach und nach. Tie Gnädige (aus dem Bad zurück- fnkrjmSl C.iKdt. '(a ,., 1.:. . jti,iwiv,. i'uuiii -i.it iui vir .tuiii? wa,,rcno meiner Avweicnheil auch gut gesorgt, Anna?" Ticnstmäbchcn: O, ja (weinend); nur ein einziges Mal habe ich vergessen, die Katze zu jüllern!" Cinädiqe: Nun. davon wird sie nicht gleich gestorben sein." Tienftmädiche: Nein: aber sie ist hingegangen nd hat den Papagei und die beiden Kanarienvögel gefreilen!" L,n nciikr üiion, Wer ist der junge Mann, d bci Euch wolmt ?" .Tas ist einer lcr größten Erfinder des Jabrliiinderls." Ws ei'iiwe, er denn ' Jeden Zai eine neue Xiisrcdc, ui die Miethe nicht zu bcz.ihlcn!"