Der Geächtete. CilK Schulgcichichte von iStUx Hcliäder, Es balle gerade zwölf Ul,r geläutet, als der Klassenlehrer das Schlzimmcr verließ und (Jlaus Thompson statt fei ner aus das Katheder trat, Claus Thompson war der Führer unserer Klasse, dem wir blindlings solgten. Er war uns Allen Überlegen, geistig und körperlich, und die Art, wie er in uns Jungen den Korpsgeist zu wecken mußte, inivonirte uns aewaltia. Es war todtenstill in der Klasse, als laus Thompson, einen wcchen Zettel in der Hand, aus dein Katheder stand; : den wir mußten, daß heute nichts c ringcs aus dem Spiele Ivar. 'So'' saate Thompson Du, Anwers, gehst an die Thiir und paßt aus, daß uns keiner der Küster" so nannten wir vaS Lehrerkollegium übertölpelt, und letzt hört. Ich lese Euch die Statuten vor, und dann wol len wir aus der Stelle abstimmen. 9llfo: Paragraph eins: Die Untersekunda ner thun sich mit den, heutigen Tage z einem Perbande aus, der den Zweck hat, sich gegenseitig mit allen Mitteln zu untcrstupen, um der llcvcrourdung, der wir ausgesetzt sind, wirksam eutge genzutretcn." Bravo ! Ganz ausgezeichnet !" schrie Hans Krüger, der aus der letzten Bank saß und längst ein geschworener Feind alles Arbcitens war. Paragraph zwei! Zur Erreichung dieses Zieles," fuhr Thompson mit er höhter Stimme sott, wird eine Thei lung der Schularbeiten derart borge nommen, daß mit dem heutigen Tage die Mathematiker fiir die ganze Klasse , die mathematischen Aufgaben besorgen, während Diejenigen, die im Lateinischen glänzen, diesen Theil übernehmen. Diese Methode wird entsprechend für alle Fächer durchgeführt. Paragraph drei: Bei allen Klaffen- -arbeiten hilst Jeder seinem Nachbar und Hintermann, damit durch gemeinsame Geisteskraft möglichst gute Resultate er- zielt werden. Paragraph vier: Jeder zahlt nimmt lich zwanzig Pfennige. Fiir dieses Geld werden die besten Ucbcrscßungen der lateinischen und griechischen Klassiker angeschafft, um das mühselige Präpari ren z erleichtern. Ferner wird dasllr die Woche einmal eine Klaffenzeitung erscheinen, die jedem -einzelnen Mit- gliede hektographirt zugestellt wird. Zweck: Allgemeine Winke zu geben, Kritik über die Küster. Bericht über Uiiscre Erfolge. Paragraph fünf: Jeder verpflichtet sich auf Ehrenwort, Schweigen zu be ,wahren." Claus Thompson holte tief Athem. Das sind also," fuhr er gedämpst fort, die Grundzüge der Statuten. Ich frage jetzt, ist etwa einer dagegen !" In unserer Klasse wurde es bei diesen Worten lautlos still. Wir waren von Thompson's waghalsiger Idee so be täubt, daß Keiner ein Wort hcrvorzu bringen vcrinochte. Wir handeln naturlich nur aus Nothmehr !" schrie Thompson und seine Stimme Hang bereits drohend. Das Wort und der Ton, in dem er es sagte, schlugen ein. Aus Nothwehr Natürlich aus Nothwehr! Warum überbürden sie uns .auch so!" brüllten wir wild durchein uder. Also, wer ist dagegen?" rief Claus. Wiederum Stille. Ueber Tbompson's Züge glitt ein Lächeln der Bcsricdigung. ,Ta Niemand Einspruch erhebt," fing .er von Neuern an, so erkläre ich die Statuten sür genehmigt und fordere einen Jeden aus. zu unterschreiben." Bei diesem unerwarteten Schluß Trumpf schlug uns das Herz doch etwas banger. Dieser Claus Thompson was das für ein Tcufelskerl war! Unsere Unterschrift und wenn es uns dann an den Kragen ging Was dann? Trotzdem griff ein Jeder zur Feder. te Ujorttitile aus der einen Seite und andererseits die Furcht, von Thompson als Verrather gebrandmarkt zu werden, waren zu groß. So schwirrte das Blatt von Bank zu Bank. Und allmählich bemächtigte sich unser eine helle Sieqessrcude. Was' ist denn das?" schrie plötzlich Einer, Du willst nicht unterschreiben . . Tu weigerst Dich Dich soll ja der Teusel Thompson, der Schlingel da....' Wir hatten uns bei den letzten Worten alle von den Platze erhoben. Eine unheimliche Erregung hatte uns gepackt. Das war das erste Mal, daß Einer Thompion zu opponiren wagte. Und das Auffallendste an der Geschichte war, daß der bluffe Wenghöfer, wie wir ihn nannte, den Renitenten abgab. Elans Thompson war um einen Schatten bleicher geworden. Wir Uedri gen aber wagten kaum zu athmen, so war uns der Schreck in die Oilieber ge fahren. He!" stieß Thompson it heiserer Stimme hervor, wird s nun endlich?" Der stille Wenghöser hatte sich er Hoden. Ich kann nicht mitthun," sagte er leise ich kann nicht." Dabei klammerte er sich a den Schullifch, als fürchtete er, umzufüllen. Warum kannst Du Esel nicht?" "herrschte ihn Thompson an. Ueber Wengtjöier'S blasses Gesicht flog bet die sen Worten ein jähes Roth, wahrend er IvriAiiAlirt niftrlfirfl. ?l fiinn imach nicht...." brachte er endlich mübsam hervor. Da brach Thompson in ein hartes Lachen aus. Nun gut", rief er als dann, so werden wir ohne den da" d er verwies mit einer verächtlichen Bewegung auf Wenghöfer unseren Weg gehen," Hieraus trat er dicht ans ihn zu, und indem er ihm die Faust vor das Auge hielt: Wehe Dir, Bursche, ivenn Du den Judas machst, dann lernst Du mich kennen! Und jetzt packe Dich sonst passirt 'was." Wenghöser erwiderte nicht eine Silbe. Lautlos griff er nach Büchern und Hut nnd schlich sich aus der Klaffe. Das ist ein unsicherer Kantonist," sagte Thompson leise. Glaubt mir, es ist besser so!" Darauf unterschrieben die Uebrigen. Aber Manchem zitterte die Hand dabei. In aller Eile wurde nun Thompson zum Vorsitzenden und Chefredakteur" gewählt. Als das' erledigt war, ginge wir eiligst auseinander Unsere Stirn ning war entschieden durch den Zwi schensall eine gedrückte geworden. Aber Jeder suchte durch forcirte Heiterkeit sei ner Beklemmung Herr zu werden. Die ersten Wochen schien es, als ob Thoinpson's Reform- Ideen einen glän zenden Erfolg davontragen sollten. Al les ging wie am Schnürchen. Die Lch rcr lobten unseren anhaltenden Fleiß und unser sittliches Verhalten. Ja, wir wurden bereits den übrigen Klaffen als nachahinenswerthe Muster hinstellt. Nur Wenghöser, der dieser Konkurrenz gegenüber naturgemäß ohnmächtig Ivar, bekam des Oesteren einen leichten 9iiis sei, wiewohl die Lehrer seinen hingeben den Fleiß und ernsten Willen anerkann ten. Wenghöscr's Starrsinn war das Einzige, was unser Glück trübte. Es waren Einige unter uns, die in der ewigen Angst lebten, er könnte uns ei nes schönen Tages insgesammt auslie fern, und das Gefühl, in der Hand die ses blassen Jungen zu sein, wurde uns von Tag zu Tag druckender. Dazu kam ein gewisser Neid auf seine reine Gcsin- ming, aus die starke, sittliche Kraft, die doch unleugbar in seinem schwachen Körper stecke. Aus solchen Stimm- gen heraus drängten wir Thompson unaufhörlich, nochmals den Versuch zu machen, Wenghöser auf unsere Seite zu ziehe. Thompson wurde wüthend. Schafs köpfe seid Ihr," brüllte er uns an die reinen Schafköpse! Wenn wir z ihm gehen, hat er ns im Sack. Der Bur sche muß durch seine eigene Noth kirre werden." Diesmal blieben wir jedoch allen seinen Einwänden zum Trotz hart näckig, und so gab Thonipfon endlich nach. Aber seine Stirn zog sich in sin stere Falten, und was er zwischen den Zähnen unverständlich hervorknurrte, mochte nicht schmeichelhaft sein. In der nächsten Wochennummer je doch stand an leitender Stelle folgendes offene Schreiben : Dem Christian Wenghöser thun wir kund, daß wir auch heute noch gewillt sind, ihn in unseren Verband aufzuneh inen, sintemalen wir sehen, daß er gegen Windmühlen kämpft und zu Schaden kommen kann. Wir rathen ihm gütlich, unser Consilium wohl zu überlegen und am folgenden Tage durch ein Ja oher Nein auf der Tafel zu antworten. Im Namen des Verbandes. Der altfränkische Stil dieser Notiz schien uns ebenso zwingend wie geheim nißvoll. In der letzten Zwischenpause nun schmuggelten wir das Wochenblatt zum Schutz und Trutz der Untcrsekun- kancr m Wenghöser s Mappe. Nach- dem dies bewerkstelligt war, wurden dem Einsamen, als er wieder die Klasse be- trat, von allen Seiten zwinkernde Blicke zugeworfen, die von einem mystischen Lächeln begleitet waren. Der arme Junge wußte sich aus unserem Beneh- men keinen Vrs zu machen und blickte scheu und verlegen zur Seite, um nach Schulschluß so schnell als möglich sich auf den Heimweg zu machen. Auch wir trollten heim, voll Spannung und Sorge, was uns der kommende Tag wohl bringen würde. Früher als sonst hatten wir uns am nächsten Morgen im Klassenzimmer ein gestellt. Jedesmal, wenn sich die Thür öffnete, schreckten wir zusammen: jetzt mußte der blasse Wenghöser kommen, jetzt mußte sich unser Schicksal entschei den. Aber die Thür ging und ging und der Erwartete kam nicht. Unsere Beklemmung hatte ihren Höhepunkt erreicht. Da Plötzlich, als keiner bereits mehr auf sein Kommen hoffte, trat er ein. Seine Miene war verstört, ver ängstet und noch bleicher als gewöhn lich. Mit gesenkten Augen schleppte er sich die Wände entlang auf seinen Platz. Wir wollten gerade wie die Furien auf ihn losstürzen, als sich die Thür von Neuem öffnete, und der Direktor und Ordinarius eintraten. Da wußten wir Alles, wußten, daß wir verrathen waren. Wer etwa noch einen letzten leisen Zweifel hegte, dem wurde auch dieser genommen, als der Direktor mit drohend ernster Miene unser Wochenblatt hervorzog. Wir waren wie erstarrt. Doch als der Direktor jetzt mit strenger Stimme ein volles Geständnis und die Namen der Radelssührer verlangte, da erwachte unser jugendlicher Trotz, unser Ehrge fühl und unsere Liebe für Thompson. Er wurde uns alle unbarmherzig mit Schimpf und Schande aus dem Gym nasium jagen, wenn wir uns länger weigerten, erklärte er mit seiner Metalle en Stimme, die uns durch Mark und Bein ging. Wir schüttelten einmütbig die Kopte und blieben tctt; wir hatten uns eller o,e Jungen avgevmen. als Tb?mpfon zu verrathen, und selbst aus diesem Denunzianten von Wenghöfer war in dem Punkte nichts herauszu holen, wie er sich überhaupt während der ganzen Untersuchung unzugänglich verhielt. Die Lehrer nannten uns eine verstockte und verdorbene Gesellschaft, wie sie, Gott sei Dank, in den Annalen des Gymnasiums bisher nicht eristirt habe, während der Direktor, dessen Ge duld erschöpft war, den ganzen Fall dem Provinzial - Schulkvllegium unterbrei tete. Nun kamen wir uns wie die Märtyrer vor und waren auch iin elter lichen Hause, wo Pater und , Mutter bekümmert und sorgenvoll, bald mit Güte, bald mit Strenge es versuchten, allen Ermahnungen unzugänglich. Als Thompson sich freiwillig opfern wollte, da lachten wir ihn einfach aus und der boten uns solche Spaßmachereien. Ihr seid doch Kerle," sagte Claus Thompson. Auf diese Worte waren wir stolz. Vom Provinzial-Schulkollegium kam der Be cheid, man sollte uns hart be strafen, ein strenge Auge auf uns haben, im Uebrigen aber um des peinlichen Aufsehens willen von weitere Maß- regeln Abstand nehmen. Nun begann für uns eine Hundeieit, die wir mit wahrem Heldenmuth und Trotz durchmachten. Allen Hohnreden und Sticheleien, denen wir preisgegeben waren, fetzten wir ein hartnäckiges Schweigen entgegen: nicht einen Augen- blick verloren wir Wurde und Haltung. Nur gegen diesen Verräther von Weng hüser machte sich unser Zorn Lust. Wir behandelten ihn von der Stunde an mit einer rasf,nirten Grausamkeit und Ver achtung. Kein Wort wurde an ihn gerichtet, wie ein Geächteter bewegte er sich in unserer Mitte, aber sobaid wir seiner ansichtig wurden, spieen wir aus, und sobald einer der Lehrer eine Frage an ihn richtete, entstand in der Klaffe ein Hüsteln und Krächzen, daß der Lei) rer sein eigenes Wort nicht verstehen konnte. Jeden Tag aber klebten wir auf seinen Platz einen Zettel mit der Marke: Dem elenden Verräther." Daß sein Aussehen von Tag zu Tag jammervoller wurde, sahen wir nicht oder wollten wir nicht sehen; ebenso wenig wie wir rüden Schlingel daran dachten, was für Seelenqualen der arme Junge durchmachte. Eines Ta- ges nun tritt Thompson mit einem ver ächtlichen Lächeln in die Klasse. Seht einmal," tust er, was ich da für einen Wisch gekriegt habe , und nun rathet einmal, von wem? Von unserem Ju das!" schrie er boshaft und hielt einen Briefbogen in die Höhe. Was sagt Ihr dazu? Und nun hört blos!" Und Thompson las: Ich theile Dir, Claus Thompson, mit, daß ich Euch niemals verrathen habe. Mein Vater hat vielmehr durch einen Zufall das Blatt gefunden und dem Direktor überbracht. Ich habe keine Anlage zum Denunziren, das magst Du mir glauben oder nicht. Christian Wenghöfer." Thompson hatte gerade zu Ende ge lesen, als Wenghöser eintrat. Eine Lachsalve tönte dem Gequälten entgegen und erbitterte Ruse wie: Gemeiner Lügner," Verrather," drangen an sein Ohr. Diesmal aber ließ er sich zu un serer Verwunderung Nicht einschüchtern. Ohne von unserem Lärm die mindeste Notiz zu nehmen, trat er kerzengerade auf das Katheder. Nur sein Gesicht, das einer Todtenniaske glich, sprach von seiner Erregung. Wir waren unwill kiirlich, einem inneren Zwange ge horchend, still geworden. Was ich da geschrieben habe," sagte Wenghöfer mit gedämpfter Stimme und holte tief Athem ist so wahr, als ich Christian Wenghöfer heiße. Und jetzt möcht Ihr thun, was Ihr wollt!" In diesem Augenblicke sprang Thomp son an seine Seite. Tu!" schrie er, und seine hellen Augen blitzten, ob das stimmt oder nicht, ist uns egal. Das aber kann ich Dir Duckmäuser sagen, und Thompson ballte seine Hände zu Fäusten ich hätte meinen Vater ab zuhalten gewußt, meine Kameraden zu verrathen." Da sah ihn Wenghöfer mit einer un beschreiblichen Miene an, während um seine blassen Lippen ein schmerzhaftes Lächeln zuckte. Ein paar Mal fuhr er sich mit feinen mageren Händen durch das dunkle Haar, während seine Lippen sich beständig bewegten, ohne eine Silbe hervorzubringen. Dann preßte er sie fest aufeinander und ging wortlos auf seinen Platz. Ein paar Minuten später begann der Unterricht. Mitten in der Stunde es war gerade ein halb neun Uhr brach Wenghöfer in ein konvulsivisches Schluchzen aus. Als er sich endlich etwas beruhigt hatte, bat er den Lehrer, nach Hause gehen zu dürfen. Ter Leh rer wollte ihm einen Begleiter mitgeben, aber Wenghöfer lehnte das in so erreg tem Tone ab, daß jener ihm den Willen ließ. Wie ein schmerer unheimlicher Alp lag es aus uns, als Wenghöfer die Klasse verlassen hatte. Und es mochte noch keine Minute vergangen fein, als wir plötzlich jäh zusain menschreckten. Aus dem Schulhote drang der Schall eines PistolenschusieS mit furchtbarer Deutlichkeit zu uns herauf. Ter las senlehrer an der Spitze, stürzten wir hinunter. Ta lag er todtenbleich ausgestreckt, mit der Rechten einen kleinen elsenbei nernen Revolver umklammernd. Wie gebannt standen wir um ihn herum. Reiner wagte ein Wort, und keiner von uns hat jemals in seinem Leben die Stunde vergessen. Wir hatten alle das entsetzliche Empfinden, an seinem Schick- sal mitschuldig zu sei. Thompson stand an eine Mauer ge- lehnt und starrte mit kreideweißem Ge- stcht, aus dem leder Blutstropsen ge- wichen war, auf Wenghöfer, der röchelnde Laute von ich gab. Inzwischen füllte sich der Hof, die Lehrer kamen aus den Klassen gestürzt auch der Direktor erschien an Ort und Stelle. Nach ein paar Minuten war Wenghöser aufgebahrt, um sortge schafft werden zu können. Der Ordinarius schritt voran, um die Eltern aus die Schreckensbotschaft vorzubereiten. Thompson aber war auf der Stelle zum Direktor geeilt, in sich selber anzuklagen. Der Direktor entließ ihn schweigend. Er mochte Thompson ansehen, daß der genug ge- traft war. Und nun folgten für uns Wochen der tiefsten Angst und Beklemmung; nur gesund sollte er werden, um diesen Ge- danken drehte sich unser ganzes Fühlen und Denken. Am meisten litt Thompson, der nicht mehr wieder z erkennen war. Er, der Heitere und selbstbewußt Aiisgelassene wurde einsilbig und verschlossen. Um seine Mundwinkel halten sich scharfe Falten gebildet. Früh, Mittags und Abends schlich er in Wenghösers Haus, um sich Über dessen Zustand zu erkundi- gen. (schließlich wume er es zu er- reichen, daß man ihm den Zutritt zu dem Lager des Kranken erlaubte. Und nun ivich er mit Ausnahme der Schul- stunden keme Minute mehr von ihm Er wachte die Nächte durch, taub gegen alles Reden, doch Man zu halten Nach vielen, vielen Wochen trat Chri- stian Wenghöfer zum ersten Male m,e- der in unser Schulzimmer, gestützt von Claus Thompson. Was die beiden, als Wenghöfer wieder zum Bewußtsein ge- kommen, niiteiiiander gesprochen hat keiner von uns jemals erfahren. Aber von der Zeit an waren ie Freunde für's Leben. Die fidelen lttonibriibcr. Ist denn Bomeier da?" fragte unscr Präsident, als wir Alle um den großen runden Tisch Platz genommen hatten, den wir den Ententeich" nannten. Bis jetzt noch nicht, aber er wird schon kommen, wenn er sich nicht ent schuldigt hat !" Trotzdem runzelte der Präsident die Stirne. Wir haben heute Vollmond und es ist Pflicht jedes sidclcn Mondbru dcrs, pünklich um 8 Uhr im VereinSlo kal zu erscheinen! Bummelei dulde ich nicht ! Ist er um 9 Uhr noch nicht da, so wird er aus unserem Bunde auigc stoßen! Sosteht's in unseren Statuten ! ' Wir schauderten ! Die Strafe war gerecht, aber entsetzlich ! Wenn Vollmond im Kalender stcht, wird bei uns nicht Skat gespielt, nicht Kegel geschoben ; wir begehen das Naturereigniß in besonders feierlicher Weife. Wir erzäh len uns lustige Geschichten, singen unsre Bundeshymne: Guter Mond, du gehst so stille," und treiben allerhand Schabernack. Aber an dem bewußten Abend waren wir Alle wie auf den Mund geschlagen; schweigend tranken wir unser Bier, rauchten und warteten auf Bomeier. Ein guter, fideler Kerl der sich mit viel Gewandtheit in der be dcnklichsten Lage des Lebens heraus;- lügen versteht. Außerdem beobachteten wir die Uhr, die noch nie so rasch gelaufen war. Kaum hatte es halb geschlagen, so stan- den die Zeiger schon auf der Neun, Kein Bomeier! Es schlägt l, 2. 3, da wird die Thür aufgerissen und Bomeier stürzt herein ; 4, 5, 6, et wirft Rock und Hut dem Kellner zu; 7, er setzt sich, 8, er brennt ich eine Cigarre an; er raucht. Uns war ein Stein vom Herzen qe- fallen, aber unser Präsident sah imiiikr noch sinster aus. Es ist 9 Uhr vor- über! sagt er mit Nachdruck zu Bo meier. Ich muß um Nachsicht bitten," ant- wartet der und wischt sich die Schmeiß tropsen von der Stirn. Ich bin unschuldig. Wie gewöhnlich!" enlgeqnet ironisch der Präsident. Wenn ich Euch erzählt habe, was mir unterwegs passirt ist, dann sprecht Ihr mich einstimmig frei !" Wir waren natürlich ganz Ohr und Bomeier fing an: Ich war nämlich heute in Meißen hatte dort allerhand Geschäfte abzuwickeln; aber ich beeilte mich so viel als möglich, um zur rechten Zilt hier zu sein." Da versäumtest Tu den Zug und bist zu Fuß von Mei ßen nach Dresden gelausen !" unterbrach ich Bomeicrn. Nicht im Geringsten ! d) war pünklich da und wir dampitcn ab. Neben mir saß ein Frauenzimmer, nicht alt und nicht jung, die einen klei ncn Hund aus dem Schooß hatte ; links daneben saß ein Bauer aus Bordorf, der sich in Meißen ein Schwein gelaust hatte. Wie wir eine Weite gefahren sind, fängt der Bordorser an z rauchen und bläst zum Spaß dem Hund den TaSaksrauch ins Gesicht. Bitte, thun Sie das nicht,' lispelt das Fräulein, mein Fips kann das nicht leiden !" Dc Bordorser lachte ungeheuer. Da mag er sich ins Tameneoupee setzen, wenn er's Rauchen nicht ertragen kann !" fat er nd blast von Neuem : Paff ! Paff ! Paff ! dem Hunde mächtige Wol kcn in die Augen. Der winselt, beult, und das Fräulein jammert: Lassen Sie doch das arme Thier in Ruhe! Es hat Ihnen ja gar nichts gethan!" Das ging 'k lange Weile so fort, bis das Fräulein die Geduld verlor. Mit Ihrem verwünschten Glimmsten gel sagte sie wüthend, reißt dem Bauer die Cigarre aus der Hand und wirft sie fchwuppdich zum Wagensenster 'naus ! Da fuhr derMann wie'ncRaket in die Höhe, packte den Fips bei den Ohren und warf ihn hinter der Cigarre drein ebenfalls aus dem Fenster ! Wurst wider Wurst ! Na, was das für einen Spctakel gab, könnt Ihr Euch denken ! In Radebeul lief das ganze Zugspersonal zusammen, wir mußten aussteigen und der Zug dampfte ohne uns weiter ! Der Bordor fer schimpfte, das Hundefräulein weinte um ihren Fips, ich raisonnirte Über den Aufenthalt, aber den Inspektor rührte das gar nicht ; in Gegenwart des Ge- nieindevorstandes verhörte er ns und nahm alles ziiProloko. Ich merkte bald, daß die Sache sür den Boxöorser unddas Frauenzimmer schlimm werden konnte; der Inspektor schlug das Gesetzbuch aus und zeigte mir die betreffenden Paragra phen, Es darf nichts aus den, Fenster eines Bahnwagens geworfen werden! Die brennende Cigarre kann einen Wald brand verursachen! Thierquälerei! Dieb stahl! Unfug!" Das ist ja Alles ganz schön und gut" sagte ich zu ihm, aber ich muß um 8 Uhr in Dresden bei den fidelen Mondbriidern sein ! Könne Sie mir nicht einen Ertrazug anspannen lassen?" Nein das könnte et nicht," meinte et, ich müßte bis zum näch ten Personenzug warten ! Na jetzt sagt selbst, ob ich nicht ganz unschuldig a meinem späte Eintreffen bin? Ja wohl !" riefen wir Alle enistiin- mig nd detPtäsident schiittelteBomeiern die Hand und stieß mit ihm an. Nun erzähl' uns aber noch den Schluß Deines Abenteuers 1 1 der Bordorsct wegen Thierquülerei verhaftet worden?" Nein ! antwortete Bomeier und lachte tccht verschmitzt. Denkt Euch, wie der nächste Zug kommt, sitzt auf der Loko motive neben dem Heizer, der Kohlen einschaufelt der Fips höchst ver gnügt und raucht dein Bordorser! seine Cigarre !" Wahrend Bomeier ein Glas Kulm auf einen Zug leerte, lachten wir uns halbtodt über seine närrische Geschichte. Ta gebot der Präsident Ruhe. ,Weißt Du vielleicht, wie die Lokomotive hieß, aus der der kluqeFipsPlatzqenommen?" Bomeier gerielh ausnahmsweise in Per legenheit und stamnieltc: Das weiß ich wirklich nicht !" Aber ich weiß es !" ent- gegnkte stolz der Präsident. Sie Ine' Schwindelmeier !" Erinnerung eines Kriegskorrespvn deute. Archibald Forbes, der bekannte eng- lische Kriegskorrespondent, hat soeben unter deni Titel "Memories and Studios" einige besonders interessante Erlebnisse ans seinem bewegten Leben publicirt. Er erzahlt darin in packen- der Weise u. A. eine traurige Episode aus den ersten Tagen des deutsch-fran-zöfischcn Krieges. Es war zu Saar- brücken und man lebte in der Bcsurch tung, daß die Franzosen die Stadt von einem Moment zum anderen nehmen könnten. Ein junges Mädchen hatte sich eingefunden, um von ihrem Bräuti gam, einem Sergeanten des Regiments Hohenzollern, Abschied zu nehmen. Die Freunde des Bräutigams machten den Borschlag, daß das junge Paar noch vor dem Ausbruch der Feindseligkeiten schnell verhcirathct werden sollte. Die Brautleute waren damit einverstanden und Alles wurde schleunigst für die Trauung vorbereitet, als plötzlich Alarm geblasen wurde. Der Sergeant umarmte schnell das arme Mädchen und begab sich aus den Sammelplatz. In zehn Minuten war der Kamps in voller Schärfe' entbrannt nd von den Höhen, welche die Stadt umgaben, sandten die Franzosen ihr Artilleriescuer aus die Preußen herab. Unser Hotel, so er iählt Forbes, war gerade in der Schuß tinie und wurde von Minute zu Minute ein immer unangenehmerer Aufenthalt. Wir brachten die Frauen im Keller unter und harrten der Entwickelung der Dinge. Plötzlich schlug eine Granate in die Küche, krepirte auf deren Herd und das Hochzeitsfrühftllck, das auf diesem warm gehalten wurde, war da hin. Es war hier unten zu heiß ge morden, und Jeder zog sich vorsorglich zurück. Einige Zage später wurde nahe bei Saardrücken die Schlacht an den Spicherer Höhen geschlagen. Am Tage nach der Schlacht wandelte ich übet das Schlachtfeld, um den atmen Vetwundc ten Hilie zu leisten. Plötzlich etblickte ich auch unseren Bräutigam vom Regi ment Hohenzollern, er befand sich in sitzender Stellung, den Rücken gegen einen Baumstumpf gelehnt. Er war todt, eine Kugel halte ihm den Hals durchbohrt.' Bei der Aufzählung det hctvorraqen- den Soldaten, die Forbes kennen ge lernt, nennt er Moltke einen unge wöhi, lich stillen und unanssalligen Mann", während er kobelem die be- merkenswert hefte Erscheinung nennt, der er je begegnet ist. ' Ui'ie Archibald Forbes, ein ehemal,- ger Tragoner, seine Ausgabe aussaßt, und fein (eschast betreibt, davon erqiebt das von ihm verfaßte Buch eine große aht Beispiele. Tie Echlacht vonl Teligrad im tiirkisch-serbischen Krieg! deS Jahres 1870 war geschlagen und I verdien wat in Folge davon in den Händen der Türken. Es galt, das Re- sultat vom nächsten Telegraphenamt an , die Londoner Daily NcwS" z tele graphire. Dieses befand sich in Sem lin, 200 Kilo,,,, entfernt. Im Galopp ritt Forbes von bannen, ans einem ser bische Postpserd, nd serbische Post gäule sind, wie er bemerkt, keine Reit Pferde; aber scharfe Sporen und die Hantirung eines alten Dragoners brach ten sie zum Gehen. Die ganze Nacht hindurch dauerte der Ritt, alle 15 Meilen wurden Pferde ge wechselt. Um 9 Uhr am nächsten Tag, wund von Kops zum Fuß, ritt er durch die Straßen von Belgrad, wohin der Fcldtclrgraph blos eine kurze Meldung vom unglücklichen Ausgang der Schlacht gebracht hatte. Ganz Belgrad war in den Straßen, in fieberhafter Auslegung nach vollständigerer Auskunft fragend. Aber Archibald Forbes hielt sich nicht auf, um zu schwatzen: erst bei der Fähre ließ er die Zügel schlaff werden. I Sciulin, ei langer Schluck Bier, und dann gings ans Schreiben, Stunde nach Stunde, bis alle Nachrichten über die Schlacht zu Papier gebracht waren. Dann wurde der Bericht dem Draht übergeben. Nachdem das letzte Wort fort war, legte sich Forbes in seinen Kleidern zum Schlaf nieder und schlief zwanzig Stunde, ohne aufzuwachen. Er hatte die Absicht, an, Tage nach De ügrad zurückzukehren, aber die Ennü dg war zu groß. Der Tag war ver loren. Doch hatte er die Ruhe verdient. Er hatte eine Schlacht mit angesehen, die 0 Stunde dauerte, einen Ritt von 200 Km. gemacht nd siir die 'Daily News" eine vier Spalte lange Draht nachricht geschrieben Alles' innerhalb 20 Stunden. Von solchen Parsorce Touren hat Forbes manche mitgemacht. fyichftc Nengicrdc. Sie haben keine Idee, wie neugierig die Weiber sind! Was hat nicht meine Schwägerin gethan, m die tägliche Fortsetzung eines spannenden Zeitiinqs- ronians einige Stunden früher lesen zu können?! Zeitungsträgcrin ist sie ge morden!" verblümt. Elise: Liebste Stclla" vier Monate habe ich Dich nicht gesehen! Wie geht es Deinem Karl?" Stella: O, mein Karl hat sich seit dem sehr verändert er heißt jetzt Ro bert !" Stoßseufzer., Studiosus (der lange Zeit vergeblich aus eine Geldsendung wartet): Ich glaube, ich kann in meinet Dissertation Über ausgestorbcnc Menschenrassen auch gleich die Briefträger erwähnen!" Er kennt sich. Aber, Herr Professor, l ;ie haben ja zwei Regenschirme! Ganz richtig einer ist zum stehen lassen!" vorbeschdmft. Im Meißen schdand in vor'gen Winder Der Schuster Debbchen vor Gerichd. Er bübde wie ä armer Sinder, Der Angstschwceß drobbd 'n in'sGesichd. Sein Sie schon vorbeschdraft, Herr Debbchen?" Würd er gefragd. Besinn' Se sich!" Der aber schiddeld samsd sei Kebbchen: Ich vorbeschdraft? Weeß Knebbchen ich! Wie ofd se mich bci'n Kragen backden, I mt, das weeß ich Sie nich mehr, Doch schweeren kann ich: se erknackden Mich allemal ersch h i n d e r her!"" )m tonzert. Lieutenant (als sich in einem Verqnü- gnngslokale eine Sängerin durch ihr schrillisOrgan bemerkbar macht): Kell, ner! Bringen Sie 'mal dieser Person eine Portion Mehlwürmer!" Nach den jlittcrwochen. Sie: Albert, was sinnst Tu eben? Du bist ja so nachdenklich!" Er: Liebes Kind, das interessirt Dich nicht, woran ich gerade dachte!" Sie (schmollend): Äbct, Albert, wie kannst Tu an etwas denken, was m ich nicht interessirt?!" Aus dcr Schule. Fritz: Tu, Emil, habt Ihr auch einen so bösen Lehret? Det unsere haut zu, daß es ganz schrecklich ist!" Emil: O, der unsere auch! Der gibt Tatzen het nach Noten det reinste Tatzitus!" Lesiomanie. Veteinstednet: Tas Fest, welches wit soeben beichloffen haben, ist unser fünfundzwanzigstes in dieser Saison; ich schlage dahct vor, anläßlich dieses Jubiläums ein Fest zu begehen!" t?crgalcxxirt. Angeklagter: Was, der soll mein Vertheidiger sein?! Ter dringt ja nicht einmal einen Unschuldigen durch!" ,, Wachtmeister: Ihr cä&cljft ja ganz r,,,. wuiimi ie ve, ie rwio ei der Laau-na rosticana r: ' ; , v.'pxkinn,. vaden -ie ichon gebort, die Lochler der Frau Geheiinrälhin hat sich im Bade verlobt ?" j La? bad i gleich qcmuut. da die " mit ihrer Tochter eine .,Er"-dolungs reise macht !"