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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Oct. 24, 1895)
Seine Rinderfrau. Von if, Kahrow, Vollrath von Amstert war der Ver zwciflung nahe, soweit das seiner munte ren, leichten Natur möglich war. Ist es denn aber auch nicht zum 33er zwciseln. wenn man ein schönes Bkädchen liebt und von ihr wieder geliebt wird, und alle Verhältnisse passen ganz schön, und man ist jnng und gesund und ein Ehrenmann, und sie hat unendlich viel Geld, und der Schwiegervater ist ein Ekel? Ja, das var es eben, der Schmieg Vater fand, das, ein iTommerzicnratl), wie er, der was galt in der Welt, auch Schrullen haben könne, ganz gleich, ob sie den Leuten einleuchteten oder nicht. Seine Karola liebte den jungen Amstert und sollte ihn ja auch haben aber erst, wenn er gezeigt hatte, daß er verstände, Geld zu halten," d, h., wenn er au eigenen Mitteln ein kleines Gut oder eine Fabrik erworben hätte und darauf zu arbeiten verstand. Zum Tannerwctter nochmal wo hernehmen und nicht stehlen? Der alte Baron Amstert war zwar ganz wohl habend, und eines Tages würde Voll rath ja auch ein Sümmchen erben; vor läufig aber war er ganz einfach Polon tar auf dem väterlichen Gute, lebte fröhlich und sorglos in den Tag hinein und li ß gegenwärtig ein wenig den Kopf hängen, weil ihm die Liebe' so schrecklich, so unaussprechlich, so unsin nig zusetzte. Papa, ich werde verrückt," erklärte er dem alten Baro, als er eines Tages ein unerträgliches Kopsweh verspürte. Der alte Herr betrachtete ihn mit kritischen Blicken. Gestern Abend wieder Karola ge sehen?" fragte er. Ja natürlich. Tu weißt ja, daß ich in der Stadt war. Nachher wieder gekneipt?" ,.Na so' Bischen, weißt Du." Dann hast Du also 'n Kater, wobei man allerdings zuweilen errückt werden kann," sagte der Papa Verständniß innig. Nein, ganz ernstlich, ich halt' es hier nicht mehr aus. Laß mich eine kleine Erholungsreise machen, Papa vielleicht vergesse ich unterwegs Karola !" O, Du Filou willst Du mir was weismachen? Du wirst Deine Karola nicht vergessen, so wenig wie sie Dich. Ist auch nicht nöthig, der alte Geldsack wird schon nachgeben, wenn sein Kind chen erst anfängt, zu wollen. Aber iciiietwcgen, das Reisegeld will ich Dir geben. Wo willst Tu hin?" Ich dachte, ich könnte an die Riviera gehen !" Was?" Im Mai, wo es dort gc- bratene Tauben in der Luft giebt und geröstete Menschen auf Erden?" Warft Du denn schon 'mal dort?" Nein ! Nun also, es ist durchaus nicht heißer dort, wie hier, weil das Meer und die Luft die Sache ändern. Zu Pfingsten bin ich wieder heim." Na, meinetwegen. Und den alten Andreas nimmst Du natürlich mit." Natürlich ! Ohne Kinderfrau darf ich ja nicht reisen." Nein aber ein Baron Amstert reist nicht ohne Diener." Einige Zeit später finden wir Voll rath mit Andreas in Nizza. Eine gut gefüllte Brieftasche lies ihm die Welt im ' rosigsten Lichte erscheinen, und aus dem Gipfel der guten Laune langte er an, als Andreas ihm eines Morgens, nach dem er vierzehn Tage ohne Nachricht ge blieben war, ein Brieschen von Karola heranbrachte, worin sie schrieb: Liebster Schatz! Die Festung wankt ! Ich würde Dich gleich mit einem lauten Hurrah begrüßt haben, aber blinder Eifer schadet nur. Vorläufig also wankt sie, noch aber hat sie sich nicht ergeben. Gestern Abend war Professor Ullin ger bei uns, der Dich von der Univer sität Iicr kennt. Der gute, liebe Mann sang Dein Lob in allen Tonarten. Und wag passirt zu guterletzt? Das Scheu sal, der Sohn vom Eommerzienrath Trendcl, stellt sich zum Abendessen ein, macht mir den Hof, wie gewöhnlich, entlockt Papa ein Schmunzeln, weil er so beiläufig erwähnt, daß er sich Schloß Trauta zu kaufen gedenke, und blamirt sich dann fürchterlich im Gespräch mit dem Professor. Der Mensch weiß ja nichts, nichts! Und Tu kennst doch Papas kleine Eitelkeit, den Schöngeist zu spielen. Ich, wie ich die Sache merke, treibe den dummen Trendel natürlich immer mehr in die Enge! Spreche mit dem Professor von Litcra tur, von Sprachen, von Geschichte und Archäologie und werfe so hier und da die Bemerkung hin: Baron Pollrath hat mir dies mitgetheilt " oder: Baron Bollrath wird mir Näheres darüber sagen können !" Nun. und zum Schluß stößt der Pro fessor dem Faß den Boden aus, indem er Papa beim Abschied sagt, es sei doch merkwürdig, wie selten reiche junge Kaufleute höhere Geistesbildung anstrcd ten, und um so strahlender steche er, Papa, von diesen inhaltslosen Genuß und kldmknschen ad. Das ging ihm glatt herunter, sage ich Dir. Also natürlich habe ich dann das Eisen n.ridimicM, so lange es beiß war, I und als ich zuletzt sagte zu Pfingsten j tarnst Du wieder, und da würde sich; wzö begeben da donnerte er nicht i Der Jahrgang 16. los sondern er lächelte!! Lächelte! Sei also guten Muths Herzlicb. Es harrt Deiner in Treue Deine Karola." Bedächtig faltete Pollrath den Brief zusammen und rief seine alte Kinder- srau." ,,Andreas, wie viel Geld haben wir noch?" So etiva vierhundert Mark, iunger Herr." Du lugst 1a schon Ivicdcr. Wenn Du sagst vierhundert, so sind es minde stens achthundert." Andreas schwieg. In Wirklichkeit besaßen sie noch das Doppelte. Ich fahre heute nach Monaco und bleibe dort im Hotel. Du kannst hier bleiben." Ich fahre mit, junger Herr, Der junge Herr können sich doch nicht allein rasircn." O ja, ich denke, ich kann es schon so ziemlich. Alfo bleibe nur rumg hier, in drei, vier Tagen bin ich wieder hier. Und bringe mir das Geld." Andreas brachte zweihundert Mark, erklärte achselzuckend, den Schlüssel zur Kassette könne er nicht finden und gab auf keine Bor tellunqen mehr heraus. Äergcrlich lachend reiste Vollrath ab; er selbst besaß auch noch einige blaue Scheine und wagte sich hiermit wohlge muth an den verhängnißvollen grünen Tich. . Er setzte und gewann. Er setzte noch- mals und gewann wieder. Kühner geivorden, ließ er den Einsatz stehen er gewann.' Das Blut schoß ihm m die Schläsen. und er rief: La masse!" La masse!" Wieder hatte er gewonnen. Mit unverhohlener Freude strich er den Geldhaufen ein; es waren niehrcre Tausend Mark. Aufmerksam schaute er eine Weile zu. wie die gewiegten Spieler rings umher ihrer Leidenschaft rahmen. Alle schienen sie zu verlieren, Einer wie der Andere. Und gerade die, ivelchc am Elendesten aussahen, die, welchen Sorge und Kummer und seelische Noth tiefe Linien in das Gesicht gegraben hatten, gerade die verloren immer und immer fort. Sonderbar," murmelte Vollrath, Es scheint, daß hier nur der Glück hat, dem nichts daran liegt, und zu denen gehöre ich. Dagegen da drüben der alte Mann, der hier vielleicht mit dem letzten Goldstück das Unheil verjagen will, das ihn gewiß jahrelang verfolgt hat, der wird ficher vertieren. So war es, das letzte Goldstück, web ches der alte Mann mit zitternden Hän den gesetzt hatte, wurde soeben von der Harke des Eroupiers hinmeqqeholt. Aschbleich lehnte der Unglückliche sich in seinen Stuhl zurück. Vollrath aber griff blitzschnell hinüber, indem er zwei Goldstucke scheinbar im Rollen aufhielt, Dies ist Ihr Geld, Monsieur," sagte er höflich. Ich sah, wie es Ihnen fort' rollte." Mais non, mais non," murmelte der Alte. Pardon, ich weiß es bestimmt," sagte Vollrath und fügte dann in einem Moment des Aberglaubens hinzu: Setzen Sie auf Roth aber schnell." Mechanisch legte der Alte ein Gold stück auf Roth. Er gewann. Schwarz!" rieth Vollrath. Abermals in Gewinn. 'La masse!" rieth Vollrath noch mals. Zitternd vor Erregung beobachtete der alte Mann den Eroupier. "Noir gagne, rouge perde!" rief er. C Gott! Welches Glück!" sagte der Spieler. ''La masse, rouge!" flüsterte Voll rath. Aber aber " Folgen Sie mir!" herrschte Voll rath. "Rouge gagne, noir perele!'' rief der Eroupier. Ein Aufruhr entstand. Ter alte Mann hatte eine große Summe gewon nen. Lachend vor Freude hals Bollratd ihm das Gold bergen. Und jetzt gehen Sie! Sofort ans der Stelle!" sagte er, indem er mit dem Alten den Saal verließ. i Monneur " stammelte der Aermfte. der vom Kopf bis zu den Füßen bebte, wie toll ich ;tjttcn danken! cie haben ! mir das Leben gerettet ja, ja. ich j reife ab, jetzt sofort, und komme nie-! mals wieder hierher. Es war ein letz ' ter Venuck ich habe überall o viel Unglück gehabt. Gott tegne ie. ,n-, ger Herr und nehmen Sie einen ! Rath: Wenn Sie spielen wollen, so; spielen Sie beule, nur heute. Morgen j würden Sie vielleicht verlieren, aber! SonntagSgast. Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger. heute haben Sie Glück. Adieu, ich reise." Schwindelig und erfchmtert von den ungewohnten Eindrücken begab sich Pollrath zunächst in sein Hotel, um eine Stunde auszuruhen. Wie er aber sein Zimmer betrat, begrüßte ihn mit ge- lassen Würde Andreas, Entschuldigen der lunge Herr," sagte er ernsthaft ich dachte, das Hotelgeld in Nizza könnten wir auf diese Tage sparen, und da bin ich lieber nachgefahren," Du bist unverbesserlich," sprach Bollrath, der dem Alten nie zürnen konnte, Du tyrannisirst mich täglich mehr. Nun, da Tu einmal hier bist, sieh', was ich gewonnen habe!" Kopfschüttelnd betrachtete Andreas das Gold, dann streckte er die Hand darnach aus, Halt!" rief Vollratb. Hände weg! Dies Geld gebt Dich durchaus nichts an. Ich werde Nachmittags weiter spie len." Der Alte sagte nichts mehr. Inner lich beschloß er. eine dringende Depesche vom pominerschen Heimathsherd zu ver anlassen, sobald der Spielteufel etwa seinen lieben jungen Herrn zu arg packen würde. Pollrath verbrachte einige Stunden in genußreichem Umherschlendern auf enem paradiesischen Fleckchen Erde, welches der Teufel ganz, wie zu Eva's Zeiten, nur in anderer Gestalt, vergif tet. Schon wollte er tugendhaft an dem Easino vorbeigehen, als ihm die Mah- nunq des abqerei ten Spielers ein- fiel, heute hatte er Glück gut, prodiren wollte er die Sache noch ein- mal. Er ging hinein und setzte sich an den Kartentisch. Gleich der erste Einsatz brachte ihm einen Gewinn. Vollrath lachte hell aus. was ihm das verwun derte Kopfschütteln mehrerer Mitspieler einbrachte, welche mit eiserner Gleich- giltlgkeit Gewinn und Verlust trugen Er setzte und setzte nd wurde immer kühner, wahrend vor ihm kleine Berge von Gold sich anhäusten. Schon längst hatten sich Zuschauer um ihn gesammelt, nur der Croupier sah mit gleichgiltigem Lächeln dem ver gnüqten Spiele zu. Jetzt beschloß Pollrath, zehn Mal hintereinander Roth zu setzen. Schlag auf Schlag gewann. Eine Serie, eine Serie!" flüsterten erregt die Spieler ringsum, während einige sich an Vollraths Sätzen festklam merten und ihm mechanisch folgten. Plötzlich ein allgemeiner Aufruhr die Bank war gesprengt. Das heißt, es mußten neue Gelder vom Hauptdepot geholt weiden, weil Vollrath alle vor handenen Mittel gewonnen hatte. Taumelnd, wie ein Betrunkener, er hob sich der junge Amstert. EinhundertachtzigtausendMark hatte er eingestrichen! Welch unerhörtes Glück! Ah, Karola!" dachte er, nun können wir Hochzeit machen. Mein Gott, welch' unerwarteter Zufall! Morgen spiele ich natürlich weiter! Man muß sein Glück festhalten." Der alte Andreas wurde ganz blaß, als sein junger Herr ihm die Hausen Banknoten und Gold zeigte. Eilig holte er die kleine Eassette herbei und schloß mit zitternden Fingern das Geld ein. Für die Nacht nehme ich es mit in mein Zimmer, junger Herr! Das Hei dengeld , sucht bei mir Keiner, und dem jungen Herrn könnte es gar am Ende gestohlen werden." Ja, ja, nimms nur," sagte Voll rath. Morgen bringe ich Dir viel leicht noch solch' einen Haufen. Jetzt gieb mir aber wenigstens tausend Mark her, ich will noch soupiren gehen." Dazu brauchen doch der junge Herr nicht tausend Mark!" rief entrüstet der Alte. Kann man nicht wissen. Tonner- weiter, Andreas, mach' mich nicht wü thend, oder ich nedme Dir die ganie Kassette sort." Schweigend, aber mit einem merk- würdigen Ausdruck um die schmalen Lippen, gab Andreas ihm die verlangte summe hin, und Bollrath begab sich zu einem lururiöirn SectAbendcsse, zu welchem er einen dort entdeckten deut schen Bekannten einlud. Mit schwerem Kopf ging er endlich schlafen nnd erwachle erst spät am ande reu Vormittag. Andreas!" rief er. gewohnt, seinen alten Diener vor der Thür zu finden. Niemand antwortete. Verwundert klcidde sich Vollrath al lein an und ging dann persönlich auf die Stube des Alten. Sie war leer, die Kassette verschwunden! Schrecken-bleich eilte er zum Portier. Janwhl, der eile Diener wäre ab gereist. c,!e:ch mit dem ersten Friinzua.. Der Portier glaube, nach Fr,'!:!r-ich. Pollrath eilte auf sein Zimmer zurück und sank auf einen Stuhl. War es möglich! Diese treue, alte Seele hatte der Versuchung nicht wider stehen können und war durchgerannt! Fort, das ganze, schöne Geld fort! Und der Glaube au die Menschheit natürlich auch heidi! 0, es war schrecklich! Voll- rath brauchte mehrere Stunden, um sich von diesem Schlage zu erholen. Endlich sagte er sich, daß Jammern nichts nütze, und daß er am Besten thäte, nach Hause zu reisen. Er setzte sich also hin und schrieb seinem Vater einen ausgeregten, as fiihrlichen Brief. Darauf ging er noch einmal ins Eafino, setzte noch einige Goldstücke, verlor sie, nd reifte Abends tics bedrückt ab. Selbstverständlich war die Polizei gleich am suchen Morgen benachrichtigt worden, aber Vollrath machte sich wenig Hossnung auf die Ergreifung des alten Sünders. Als er nach zweitägiger, ununterbro chener Reife auf dem heimathlichen Gute anlangte, wartete seiner eine neue Ueberraschiing. Mit wehenden Tüchern und Blumen sträußen standen seine Angehörigen aus der Freitreppe in ihrer Mitte ober, stolz erhobenen Hauptes der alte Andreas mit der Kassette unter dein Arm. Hurrah! Hurrah!" schrie die Per snminlung, als Vollrath vorfuhr. Der alte Andreas trat vor. Entschuldigen der junge Herr," sagte er bescheiden, ich bin vorausge sahren, weil ich Angst wegen des vielen Geldes hatte. Hier in Pommern ist es ja wohl sicher und da ist es nun, jun ger Herr." Pollrath platzte halb lachend mit ei nein sürchterlichen Donnerwetter heraus. Seine Kindcrsrau hatte natürlich nur Angst davor gehabt, daß er das ganze Vermögen wieüer verspielen würde! Und halte Andreas etwa nicht recht gehabt ? Kurze Zeit darauf wurde ein herrli ches Pstngstfest mit Verlobung gefeiert. Denn Bollrath hatte dein jungen Tren dcl Schloß Trauta vor der Nase wegge kaust und aus diesem Hintergrund bei dem alten Commerzienrath formell um Karola's Hand geworben. Und jetzt erhielt er sie, obgleich er so recht eigentlich noch nicht bewiesen hatte, daß er Geld halten könne." Das konnte nur der alte Andreas. Die kampe Lalconnet's. Sivvkllclte von ?h, v, Viäfa. Es war ein Heller Märzuiorgen. Die kalte Sonne Rußland'S warf ihre goldi gen Strahlen aus das alte Moskau und diese lagen glitzernd auf der Schneedecke, in welcher die Stadt mit ihren Kirchen nd Palästen qeküllt war. In einem Gemache des Palastes im Kreml, welches in ein Maleratelier umgewandelt wor- den war, stand Falconnet, der sranzösi- che Künstler, und blickte in den Ölun gen Morgen hinans. Er war ver- stimmt und sehnte sich in'S Freie. Vor acht Tagen schon Halle er die Skizze seines neuen großen Gemäldes: Europa mit ihren Gespielinnen am Mceresuser" entworfen und konnte sich noch immer nicht entschlicßen, an seine Ausführung zu schreiten. Es fehlte ihm der Kopf der Europa das mußte etwas Be fondereS, Zierliches und Feines sein, sonst war es um die ganze Arbeit schade. Wo sollte er aber das Modell zu dieser Iiigendlich anmuthigen Gestalt herbei schaffen? BcrgebenS hatte er bereits alle seine Skizzcnbücher durchblättert jenes schöne, geistig vornehme Köpschen, welches er suchte, sand er nicht. Ich ärgere mich noch gelb, wenn ich da hilslos dieser Leinwand gegenüber stehe," murmelte er vor sich hin. Hin aus, hinaus! Ein tüchtiger Spazier gang wird mir wohlthun!" Er schlüpste in seinen Pelz, nahm Hut und Stock und verließ sein Ate lier. Etienne Falconnet war der Hosmaler des Kaisers Paul. Schon die Kaiserin Katharina hatte ihn nach Rußland ve rufen. Die Anspruchslosigkeit und Einfachheit, die sich in seinem Wesen kundgaben, erwarben ihm die besondere Zuneigung des Kaisers Paul, welcher tonst die Günstlinge seiner Mutier haßte und veriolgte. Ter Schnee knisterte unter den Füs-en Falconnet s. als er über die Straße hinging. Ter Cpaziergang hatte natür lich, wie alle FiißnKirschc der letzten Zage, den geheimen Zweck, ein Modell für die Europa ausfindig zu machen. Nicht in der besten Laune gelangte Fal connet vor dcn alten Wlockee.tlturm Zme Wdili's, den Boris sdunrm vor Jahtlpnorrteii erbau! tV.lte. Hier j erblickte er ttoclich eine unmuthige i iVudch'rgcftalt, nvlche ihm einen Aus ' :::? tot Freude und Uederraschung nil-' Ro. 2. lockte. Er trat so lebhaft auf die Fremde zu, daß diese stehen blieb Uiid die rothen Lippen z einer Frage öffnete: Monsieur? " Mademoiselle Sie sind eine Landsmännin von mir,, . natürlich! Nur eine solche kann das zierliche Köpf chen habe, welches ich brauche! O, die Russinnen sind auch schön aber ganz anderer Art " Monsieur, Sie brauchen mein Köpf chen wie soll ich das verstehen?" Nun, zu einem Bilde mein liebes Fräulein Ich weiß wohl, was Sie mir sagen wollen: Das Modellstehen ist nicht Ihre Gewohnheit Ixra! Aber Sie müssen mir Ihr Köpfchen doch z einigen Sitzungen leihen, sonst werde ich mich unsagbar unglücklich fühlen, Ich biete ihnen für diesen Dienst kein Geld, aber ich will Ihr Bildniß auch sllr Sie malen, Dieses können Sie dann Ihrem Herrn Bruder oder Ihre, Bräutigam schenken. Ich heiße Fal connet. , , , " Sie sind Falconnet?" rief das junge Mädchen. Falconnet, dessen Namen jeder Franzose mit Stolz nennt?" Nur jeder Franzose? Nicht auch die Französinnen?" Das Mädchen erröthcte. Die zäh len nicht." Hoho! Da muß ich bitten! Was würde aus meiner Europa, wenn ich Sie nicht gefunden hätte?" Mor gen halten wir die erste Sitzung ja? Natürlich können Sie sich jede bc liebige Duenna mitbringen, meinet wegen eine solche mit Schnurrbart und Sporensticfcln: Also auf Wiedersehen, mein schönes Fräulein doch ich weiß gar nicht, wie Sie eigentlich heißen?" Suzanue Tupout." Auf Wiedersehen, Mademoiselle Du pont!" Am nächsten Morgen erschien Fräu lein Dupont, die Tochter eines sranzö fischen Sprachmeisters, pünktlich im Atelier des Künstlers. Sie hatte auch von der Erlaubniß Gebrauch gemacht, eine Duenna mit Schnurrbart und Sporenstiefcl mitzubringen. Es war ein schmucker Lieutenant der königlichen Garde, welchen die kleine Suzanne als ihren Bräutigam mir vorstellte. Als Suzanne etwa nach einer Woche an einem Morgen wieder mit ihrem Begleiter in dem Atelier des Künstlers erschien, bemerkte der Letztere, daß die Schöne ein gar betrübtes Gesicht machte; die Augen waren roth von dem Weinen und die Wangen ganz blaß. Hoho!" rief Falconnet, Was geht hier vor?" Ein solches Gesicht kann ich ja nicht brauchen! Bedenken Sie, mein Fräulein, Europa lacht und scherzt im Kreise ihrer Gespielinnen! Sie ist so übermüthig, daß sie sich sofort auf den Rücken des artigen Stieres setzen wird, den sie bereits bekränzt hat und welcher sie entsühren will. Und nun kommen Sie mir mit Ihrer Leichenbittermiene! Was giebt es denn, meine Herrschaf ten?" Oh, Monsieur!" rief das junge Mädchen, Oh, Monsieur!" rief der junge Mann. Oh, Monsieur! Oh. Monsieur! Da mit ist nichts gesagt!" rief Falconnet, Sie müssen sich, meine lieben Freunde, etwas deutlicher erklären!" Und dann kam die Erklärung. Der Bräutigam Suzanne's, Dimitri Niko lajewitsch, stammte zwar aus einer vornehmen Familie, war aber ganz arm. Ein schurkischer Better hatte ihn seiner Güter beraubt. Die Sache war im Prozeß ; das Recht des jungen Mannes war sonnenklar. Der Richter hatte es ihm erst gestern versichert. Aber er verlangte für seine günstige Entscheidung trotzdem dreitausend Ru bei, im Boraus, sofort. Ich habe sie nicht!" rief der Schnurr bart verzweifelt. Wir haben sie nicht!" wiederholte das junge Mädchen. Und ich habe sie auch nicht," sagtcFal connet. Wie könnte man Ihnen da helfen?" Der Kaiser halt so viel auf Sie. Vielleicht...." Der Maler dachte einen Augenblick, nach, dann sajiittclte er den Kopf. I Wie ich den Kaiser kenne, würde er den ! Richter sofort nach Sibirien schicken, i Was hatten Sie aber damit gewonnen? ; Der Nachfolger diese Richters würde! von Ihnen vielleicht fiinftaufend Rubel verlangen. Der einzige Weg zum Ziele ist, daß Sie dem Manne das (Wd ge ben. Ich hoffe, daß es morgen für Sie bereit liegen wird." Oh Monsieur Fal ennrt, !v,e sollen mir " Hall ! Diesen Ausdruck bitte ich festzuhalten, dcn sucht ich! Wie Jlire Augen strahlen, mein ,V,V.:!ein, wie .Mir i'i.':.tiiVii vettiiirt ist ! So r.u:ß mine Europa f,i ! Biüe nur einen AucenMitf Deuten Sie, S.e fcü' tcn die dreitausend Rubel bereits in die Hand.,,, Jetzt lachen Sie gar. vor trefflich!,,,. Das wird ei Meister, werk " Bewundernd betrachtete der Maler noch die Gestalt der Europa, nachdem ihn das schöne Modell bereits verlassen hatte. Er hatte der kleine Emani die dreitausend Rubel versprochen, aber i ai,rk,t wu ite er ntcl) . ob er sein Versprechen auch halten werde können er Sein er halte vcrwrochen. ibn am Nachmittag z besuchen darauf baute cr seine Hoffugcn, Am 'Aachmittag erschien der Kaiser mit seinem Gefolge bei Falconnet. Die hohen Herrschaften besichtiacn einachend die (Gemälde des Kunstlers ; als der . aller das Köpfchen der Europa sah, nickte cr besonders befriedigt, Sehr hübsch !" sagte er. Und das wird sein?" Tanac in, Kreise ihrer lespiclinne an, McereSuscr. Sie bekränzen eben den Stier, in dessen Gestalt Zeus die Tochter des Phönix entführe will." Danae?., .," sagte der Kaiser. Du willst wohl sagen, Europa?" Richtig, Europa!" rief Falconnet. Ich bin schon ganz verwirrt, Mein Gedächtniß wird schwach und meine Augcn wolle mir auch nicht mehr leuchten, da ich meine Lampe nicht mit Del auffrischen lärm," Paul lächelte. Sehr hübsch," mur mctte er, sehr hübsch!" Und im Stil len dachte er : Ich weiß wohl, warum der Schelm von Danae träumt." Au demselben Abend noch erhielt der Maler von dem Kaiser ein Kästchen zu gesandt, das fünftausend Rubel in Gold enthielt. Auf dem Golde lag ein Blatt Papier, auf dem die Worte zu lesen waren: Ocl sür die Lampe Falcon el's." Es braucht wohl nicht gesagt zu wer den, daß die Lippen der schöne Suzanne von Worten des Dankes überflössen, als ihr der Künstler die dreitausend Rubel einhändigte, Ruhig, Herzchen, ruhig!" sagte der Maler, Ich habe auch weinen Gewinn dabei. Und dann danken Sie Alles sich selbst, Ihrer Bereitwilligkeit, mir Mo dell zu stehen. Wenn Sie meiner Eu ropa nicht Ihre liebliche Züge geliehen hätten, welche dcn Kaiser bezauberten, so wäre Sie wohl niemals zu dem Gelde gekommen:" Die dreitausend Rubel thaten trefflich ihre Wirkung. Picrundzmanzig Stun den nach ihrem Erscheinen war de Prozeß zu Gunsten des jungen Offiziers entschieden. Es gab kein glücklicheres Wesen in Moskau, als die kleine Su zannc Dupont. Einige Ta.ze später begegnete Kaiser Paul seinem Hofmaler bei einem Spa ziergang in dem Parke. Nun, Meister Falconnet," fragte der Kaiser, hat sich Dein Gesicht ver bessert?" In Wahrheit, Sire," antwortete der Künstler, ganz Europa hat keinen geschickteren Augcn-Arzt. als Ew. Ma jcftät!" (sine Brautwerbung zu Pferd. Die Strelitzcr Landeszcitung in Meck lcnburg schreibt: Ein junges aristokra lischcs Paar sollte sich auf dem Gute bet Onkels der Braut verloben. Sei es, daß die künftige Gattin etwas schlecht gelaunt oder ter künftige Gatte zu schüchtern war, genug, aus dem Antrage wurde nichts, und das gnädige Fräulein reiste in Begleitung ihrer Mama ärger lich von dannen und zwar mit der Se kundärbahn. Einen solche Hasenfuß von Schwiegersohn kann Mama so wie so nicht gebrauchen," hatte das Fräu lein beim Abschied zu ihrein Oheim ge sagt, der diese Aeußerung dem schlichter ncn Brautwerber mittheilte. Dies ging diesem aber an die Ehre, er wollte einen solchen Bormurs nicht aus sich sitzen laf scn. Schleunigst bestieg er sein Pferd und jagte dem vor zehn Minuten abge gangenen Klingelzug" nach. Kurz vor der Station K. erreichte er ihn und ritt an ein Abtheil zweiter Klasse heran. Gnädiges Fräulein... ich bitte um ihre Hand, , , ja oder nein?. . , Ans der kleinen Station Karow, in die man gleich einfuhr, wurde das Jawort" freudestrahlend ertheilt. inc merkwürdige alte Tille. Wird von dcn Gerichten in Venedig ein Verbrecher zum Tode vcrurtheilt, so tritt eine große, geisterhafte Gestalt mit langem, schwarzem Talur feierlich in die Mitte des Saales, verbeugt sich ehr crbictig vor den Richtern und ruft ihnen mit hohler Stimme zu: Vergesst den Bäcker nicht!" Tarauf verbeugt sich die Gestalt noch einmal und verschwindet langsamen Schrilles. Vor fast genau 300 Jahren wurde nämlich in Venedig ein Bäcker wegen eines Verbrechens hingerichtet, an dem er ganz unfchuldig war. Als die Wahr heit an s Licht kam. erlegten die Richter, die ihn verurtkcilt hatten, eine Mb summe, deren Zinsen dazu bestimmt waren, eine ewig brennende Lampe an zuschanen uud zu erhalten dieselbe, die noch jetzt im Dogcnpalaste als die Sübnenopfcrlampe" zu schen ist. Von jener ,Zeit her stammt auch die War nung, die den Richtern bei jedem Todes urtheil derselben zu Theil wird. !'kruf!i, lrichtsbeamter idesici: Zochtcr dem dreißigsten al,re entgegengeht, zu sei er ,x:i): ,? bore, ltf.t sollten wir aber d:e l'a.ilik doch bc;lg unter die ,,! '.rirififn sonst verjährt sie!"