Der Vräutigam in Vertretung. Piin (Wjdiidiie auä Holland und 8 bfin HUä,id,ichc,i iiberjftrt 001. Srniir Ganz am äußersten übende des Städtchens Kitwyk lag das alte Schloß Ten Brinck, cinc halbverfallene Ruine, in einem Viereck erbaut, von dem nur noch drei Teilen ansrccht standen, in dessen war sie von einem liefen grünen vlrabcn uniringt, in dessen üppigen SmpsblincndikFröscheisichtbarwie Wag,ierOrchcstcr, die Lust mit ihrem Quack-Konzcrt ersiilltcn. Trci'Jahr hunvcrtc hindurch war das Schloß 2c Brinck öde und unbewohnt gewesen. Da kam cincsTagcs die Familie dc Kock und richtete sich darin ei. Mit welchem Recht dieselbe eigentlich von dem halbverfallenen Ten Brinck Besitz ergrissen hatte, wußte Keiner, und ganz Kitwyk lcblc im beständige,, Fweiscl darüber, ob es sie als Aristokra ten, d. h. als legale oder illegale Nach kommen der Ten Brinck'schen Rasse bc krachten nd in Folge dessen rcspeltircn müßte, oder ob es sie einfach um ihrer Armuth willen verachten sollte, die es ihnen unmöglich machte, irgendwo an ders zu wohnen. Vierzig Jahre vor Beginn unserer Vcschichtc hatte iJWrsle be itoa Zillwyt verlassen, n, sich nach Batavia ein; schiffen. Er hatte von Ruhm, von Eurry, von Ananas und von Reichthum träumt und versprach seiner Schwester, nlcht anders zurückzukehren Denn als vieneral. Neben ihr stand, als er dies sagte, der blutjunge Fähnrich Tondcrkull, kaute ein Gänseblümchen, dessen Stic! ihm ans dein Munde hing, und hielt seinen Blick auf Jusrouw de Kock ge hcstct, die ihren Kopf immer tiefer und tiefer senkte, bis die goldenen Zierrathe n ihren Schläfen leise klirrten und klangen. Mit einem bezeichnenden Seitenblick aus eben diesen jungen Fähnrich ver sprach Oberste, auch für ihn große Dinge thun zu wollen, wenn :r erst Ge neral geworden war. An demselben Tage hatte sie einen Hausen ncugesponnenen Leinens nach der Wiese hinausgetragen, und während sie in dem srischcn Frühlingsgrase die weißen Leinenstreifen mit den Händen glättete, sah sie plötzlich mit schlichter, mm Erstaunen denselben Fähnrich Don derkull vor ihr stehen. Batavicn ist weit fort von hier," sprach er und stieß dabei wie in Gcdan- kcn mit der Spitze seines tottc(cl5 an ihren bluthenwcißen Lcinenhaufcn, Sie sagte nichts zu dieser entsetzlichen EntHeiligung, die s,c unter anderen Umstünden empört haben würde. Sie seufzte nur. Ja, ja, Batavicn ist wirklich sehr weit entfernt von hier," wiederholteste und blickte gedankenvoll auf ihre holzer nm Schuhe hinab. Ja, ja," sagte der Fähnrich Ton- derkull und rieb sich sein Kinn: und dann wie von einer plötzlichen Einge vung geleitet, suhr er fort: Aber ich werde eines Tages wiederkommen, Ju srouw deKock." Nachdem er dies gesagt, wandte er sich um und schritt davon. Sie aber blieb noch lange aus demseh bm Platz stehen, tief in Gedanken ver- flinken. Tann kniete sie nieder, pflückte ein bescheidenes Gänseblümchen, welches sein schwerer Fuß achtlos zertreten hatte, und steckte es scheu und verstohlen in die Tasche. Das war Jufrvuw dc Kocks Liebes- Roman. Vierzig Jahre waren vcrgan ant, er war nicht zurückgekehrt, und zwischen den Seiten ihrer Bibel lag im- wer noch das getrocknete Gan cblumchen. Eines Tages kehrte ihr Bruder!verstc de Kock, heim zu ihr. Er kehrte zurück mit zertrümmerten Illusionen, einer kranken Leber, übler Laune und kleiner, sehr kleiner Pension. Er war zu einem kleinen, verschrum- Veiten Menschen geworden, dcffen gute Laune durch zu vielen Eaycnne-Pscffer und Eurr bedenklich gelitten hatte, und in dem Wirthshause Wilhelm der Schweigsame" erregte es fortan bei den Misten das tiefste Interesse, zu hören, elch' neuen Fluch Querste de Kock bei dieser oder jener Pcranlasiung aus- stoßen würde. Ein ganzes Jahr war er schon wie- der zu Hause, bevor Jusrouw dc Kock Muth gcnug gcfaßt hatte, eine Frage an ihn zu richten, bei der eine leise Ziöthe über ihre welken Wangen bis hinauf zu ihrer weißen Haubcnrüsche flog. Und der junge Fähnrich Tonder lull?" Oho! Wer? Ter junge Falmrich Tonderkull? Jung? Sehr gut! Haha! Was willst Tu denn von ihm wissen, von dietem jungen Fähnrich Tender lull?" Cb er ob er noch lebt?" .Lebt? Ich sollt es meinen." Aber die Sache schien ihm furchtbar komisch vorzukommen, denn er lächle immer noch. .Ob er lebt? Ter junge Fähnrich! Ja, er lebt der reiche, alle, große, dicke General Tcnderlull !" Und er kachle so, daß kein Kopf bin und her wackelte, bis das Ende seines Zop'es beide seiner Obren abwech'elnd V-idtt. .Ter reise, alle, groke ene:ai Donderkull!" Sie stand da und blickte vor sich bin, l könne ne ti noch gar nicht mm. Ihr junger Fabnrich".' Oberbefehlshaber der ganzen hol ländifchen Armee in Batavicn ist er !" brüllte ihr Brüder vergnügt. tocrnc chwe ter fank a den nach I- stehenden Stuhl nieder, blickte zuerst nach ihrem Bruder hin unv van durchs Fenster hinaus auf die wohlde kannte grüne, sumpfige Wiese. Nach einer geraume Weile fragte sie: Jst-ervcrheirathct?" Verhcirathct? Er ? Nein! Was abcr lilmmcrt's Dich, Jusrouw dc Kock?" Jusrouw dc Kock schwieg, Reich ist er, also, groß, berühmt, ein General, Oberbefehlshaber nicht vcrheirathct ! Also konnte sie immer noch ruhig nach der Wiese blicken, wenn die Sonne im Sinken war. Genau so groß wie die Armuth der dc Kocks von Kitwyk war der Reichthum der de Kocks von Amsterdam. Mhnhecr war korpulent und chole risch, abcr in ruhiger Weise, feine Frau Mcvrouw dc Kock war sehr korpulent und absolut steinern. Bcidc hatte einen währen Abscheu vor jeder geistigen oder körperlichen Bewegung, nd Beide schraken nervös zusammen, wenn der junge Bcniinck de Kock gelegentlich in das Zimmer hineinstürzte. Seine Leb hastigkeit war schon der Grund gc wcsen, ivarum man ihn aus nichrcren Lehranstalten nd zwei Universitäten ausgewiesen hatte; er aber ergab sich in das Schicksal, mit unvollendeter Er ziehung weiter leben zu müssen, leichten Herzens und tam schließlich aus den Ge danken, daß es kein besseres Mittel giebt, seine Kenntnisse zu erweitern, als auf Reisen zu gehen, namentlich wenn diese Reise nach Paris führte. Mnnhcer und Mevrouw waren derart erschöpft von dcm Anblick der Lcbens freude ihres Sohnes, daß sie niit Freu den einwilligten und die einzige Bedin gung stellten, daß er den alten Gimborn mit sich aus die Reise nahm, der früher Reisender für das Haus in Kaffee und Gewürz gewesen, und zu dem sie übe grenztes Vertrauen hatten. Trci Monate lang schwelgten nun Mynhcer, Mcvrouw und der schwarze Pudel in wundcrherr lichster Ruhe. Abcr bald hattc diese ihr Ende erreicht. Mhnheer erhielt einen Brief von einem wohlgesinnten Freunde in Paris, in welchem ihm dieser den dringenden Rath gab, den jungen Ben tinck ungesäumt nach Hause zu rufen, weil hier folgte nun eine Mittheilung, über welche sich zweifellos die Haare Aiynheers gesträubt haben wurdcn, wären sie nicht Perriicke gewesen. Er schleuderte den Brief aus das Fenster breit nieder mit einem Krach, der sowohl Mevrouw wie den Pudcl ganz cntsctzt emporfahren lietz. Zwci Wochen darauf kehrte Bentinck heim, begleitet von seiner gänzlich ge brochenen Stütze, seinem wortlos ge wordenen Mentor Gimborn. Junger Mhnheer dc Kock," stieß dcr alte Herr wüthend hervor, als sein Sohn anlangte. Du hast diese kleine Reife unternommen, weil sie Dir Ver gnügen machte, jetzt sollst Tu aber eine zweite unternehmen, welche mir Ver gnügen macht !" Sind Sie sicher, daß Ihre Reise mich nicht ins Verderben führen wird, Mynhcer?" Dafür übernehme ich die Vcrant wortung. Auf meinen ausdrücklichen Wunsch hat unser Vetter in Kitmgk sich bereit erklärt, Dich als seinen Gast auf zunehmen. Er fürchtet zwar, daß ein so junger Mensch sich in Kitivyk etwas langweilen wird, aber darum eben sollst Du hin," Aber, Mynheer, wenn ich nun selbst dort einen Weg fände, dcr ins Vcrdcr den führt?" So gehe den Weg um so schnellcr bist D dann beim Teufel." An einem schönen Herbsttage ward ganz Kitwyk in Aufregung vcrictzt durch die sich rasch verbreitende Nach richt, daß Oversie de Kock an ein und demselben Tage zwci Briefe bekommen habe. Am nächsten Morgen stand Jusrouw de Kock an dem mächtigen Kochherde und backte Waffeln, als Overste de Kock in heiterste? Laune bei ihr eintrat. Aha ! Also Alle. Alle brauchen sie doch den Oberste de Kock! Tr reiche Amsterdamer dc Kock und auch der große General Tondcrkull !" General Tondcrkull was will der dcnn?" Dcr altc E'el will heiratben. Warum lächelst Tu dcnn?" Also er hat mich nicht vergessen !" sprach die Jusrouw wie im Traume vor sich hin. So eine wie Tich will er jedenfalls nicht haben. Er will Jugend und Schönheit haben. Haha! Und die Wahl seiner Frau überläßt er mir. Ich soll sie ihm auswählen und soll sie auch für ihn hcirathen. dcnn er kann nicht crtra dazu hierher kommen. und dann soll sie ohne Zeitverlust hinüber geschickt werden. Und wahrend nun also Overste dc Kock. in dcm Vollbcmußtscin seiner neuen Würde, ach dcm Tors hinunter sticg. um eine Braut kür seine Ercellcnz zu suchen, starrte Juiroum de Kock traumverloren in die Asche ihrer ver brannten Waffeln hinein. Zum ersten Mal strömten die Be- ' ''ucher nach dein ollen versallenen Ten I Brinck hin. Die Zimmer waren so an- , geiulli mn csiklianien aus Die 7anv i&es Gemrals Tonderkull, daß eines i lagis, a'.z l;e große Mevrouw van Los j gemeldet ur, bimiit kein Platz ; meb: für sie übrig wer. In dieser Verlegenheit um Platz mußte man die stolze Mevrouv in dem riesige Banlcttsaale empfangen. Sie wandte krampfhaft die Auge weg von den dort zum Trocknen hängenden lln tcrklcidcrn der de Kocks, dcnn vor Allein war sie Mutter und hatte als solche cinc Mission z erfüllen. Dicht neben einander saßen sie und der Kapitän so dicht, daß der Paradies Vogel aus ihrem Hut fast in seine Per rücke hackte. Die Folge dieser Unter Haltung war die. daß' die Hoffnungen sämintlichcr Kitwykcr Eltern mit kaltem Wasser iibcrgosscn wurden, den man crsuhr, daß Overste de Kock die junge Janct van Loo, die Tochter der Mevrouw van Loo, auScrwäkIt hatte, die Gemah lin des Generals Dondcrkull zu werden. Die junge Janet van Loo war ein reizendes Geschöpf, mit große, schwur- zcn Augen, nachtdunilcin yaar uns einem herrlich geschwungenen Münde, Ans 'ihren nachtschwarzcn Locken trug sie eine Spitzenhaubc uud unter dieser eine Art von vcrgoldctcm Helm, ciu Kopsputz, dcn die Damen vo Loo tru gen seit dcr Zeit Philipps des Zweiten, Ihr Hcrz betrachtcte Janct von Loo lediglich als ein zum Leben nolhwen diqes Organ, was abcr Liebe anbe- langte so war sie ihr von Gott nd der Mevrouw verboten. Zu dieser Zeit gerade sand in Kitwyk ganz plötzlich cinc große sociale Reform statt; nämlich die Kitwykcr Tamen cr- schienen des Morgens am Brunnen ohne ihre Nachthauben! Was war die Ursache hierfür ? Nun, die Ursache schlendert graziös vor dcm Wirthshause Wilhelm der iepraeig samc"auf und ab, mit seinem eckigen ! Hut tief in s Genick. Es war dcr junge Bentinck dc Kock, Janct sah ihn zum zweiten Styl, als sie am Brunnen ihrer Freundin Tolii Dcsrcgger begegnete. Dort dort ist er, Janct!" ' Wcr, Toni?" .Bist Tu dumm! Der junge Myn Heer. Dort ans der WirthShausvcranda, Siehst Du ihn?" Ich ich ich iveiß nicht. Laß mich meinen Eimer füllen." Aber Janet, was fehlt Tir dcnn?" Nichts, Toni: cs kommt mir nur vor, als ob es sich nicht schicke, daß ein junges Mädchen einen fremden Herrn so anstarrt, wie &u cs thust," Aber Mynhcer de Kock schien diese Meinung so wenig zu theilen, daß cr zum Brunnen hinllberschlendcrtc und die Eimer dcm Mädchen füllen half; und als dic Last für Janet zu schwer schien, kam er ihr äußerst galant zu Hilfe, und Bcide saßten an und trugen den Eimer zusammen weg. Noch nie war ein wohlgesülltcr Wassereimer so leer an seinem Ziele angelangt; und Jusrouw van Loo grämte sich um dcs vcrgoffenen Waffcrs willen nd ging dann mit einem schweren Seufzer nach Hause. Ihre Mutter stand in der Thüre dcr fluten Stube, Komm herein, Janet," sagte sie, ich habe Dir etwas sehr schönes mitzuthei lcn." Noch nie zuvor hatte Mevrouw van Loo in solchen sausten Tönen zu ihrer Tochter gesprochen. Sie führte sie in die gute Stube", das war dcr gc heiligte Raum, von dem aus alle van Loo'S vcrheirathct oder begraben wur den. 1 Ans dem Ehrensopha saß jetzt Overste de Kock, während Joiikhecr van Loo I aus der blanlpolirten Tischplatte mit 'den Fingern trommelte. Mcvrouw ging ohne jede Spur von Senlimenta i lität an's Werk. j Janet, man hat uns für Tich einen ! Heirathsantrag gemacht, und wir ha ; dcn eingewilligt. Es ist eine gute Par I tie, selbst siir eine van Loo, und Deiner Mutter allein hast Tu es zu verdanken. I mein Kind, daß die Wahl nicht, anstatt ! auf Tich, auf jenen Affen, Toni Tsreg !ger, gefallen ist. Was sagst Tu dazu, Janet?" Jusrouw van Loo crröthctc, zögerte, j erröthele noch einmal, dann ließ sie das j Köpfchen hängen nd fragtc : Muttcr ist ist cr j jung?" Darf ich fragen. Jusrouw van Loo, was Tich das angcht?" Nichts, nichts !" murmelte sie, und dann hörte sie zerstreut auf dic Biogra phie dcs Generals Dondcrkull, wädrcnd I ipre Gedanken verstohlen wie kleine i Diebe nach dem Marktplatz? hinflozcn, !wo in dcm helle Tonnenlicht Zwei ! über dic spitzigen Steine dahinschrilten, : die einen Wassereimcr trugen : und sie ' sah wieder, wie das Wasser ausfloß. ; während dcr lunqe Mynhcer seine Ge sabrtin mit einem Blick betrackitete, den die junge Janct an Loo och nie zuvor in ihren, Leben gesehen hatte. . , , i Ter junge Bentinck wurde in dem j Hause seines Vetters Overste recht ver- wöhnt. Jusrouw de Kock vollbrachte ihm zu Licde wahrhafte Wunderwerke in dcr edlen Kchknnst, und dic Folge davon war ein iichtanfall für den , Mevrouw ibr, der letzt 10 viel reicheren Kapitän, dcr ihn veranlaßte, steif und! und größeren van Loo, als sie war, eine still in seinem Bctt zu liegen, vom Kopf ' tiefe, ehrfurchtsvolle Verbeugung machte, bis zum Fuß in Flanell gewickelt. e-! borte sie mit Entsetzen von den Lippen rade an dem Tage, da er am hilflose-. Ianets ein bcllcs. jugcndfrisches Lachen ften dalag, traf ein Packet für ibn ein 'erlonen. Ihr prophetischer Blick der aus Batavien. ES enthielt ein auf! flog mich den ganzen Inlmlt der Mur Elfenbein gemalt Miniaturportrait. tiiilaube und entdeckte, daß der junge welches an einem feinen goldenen Kett-' Mün!:cer seine Braut mit Blicken be eben bina. : lochte, die bei einem nur itweiliaen ! Dies ist ein Geschenk für meine Kraut. ' schrieb der groß: General Ton- derkull. Und ich wünsche, daß sowohl! Verlobung wie Hochzeit sogleich statt- finde sollen. Der alte Narr will loqleich heira- then! Wie ist das möglich, wen ich an s Bett gcfcffclt bin?" Und und was ist das?" fragtc seine Schwester. Das Bild dcs alte Affen. Ei Geschenk für seine Braut, brrr !" Tas Bild zeigte eine dicken Mann mit birncnförmigcm Kopfe, dcr ticf zwischen dcn Schultern stack, ein pur purfarbcneS Gesicht, cinc gepudcrtc Per rücke, enge Uniform und cinc unabsch bare Menge von Orden und Knöpfe, Sie fuhr zärtlich mit der Hand dar über und ging mit dein Bild zu Janct. Dic altc Frau hielt beide Hände dcs Mädchens in dcn ihren und blickte sie mit skhnsuchtsvollcn Augen a. Du hast schon so unendlich viel Glückseligkeit, mein licbcs Kind, abcr ei klein wenig möchte auch ich noch da zu beisteuern," Warum halten Sie mich dcnn für so sehr glücklich, Jusrouw dc Kock?" Ein junges Mädchen, welches soeben einem so großen, so bedeutenden Manne verlob! wurde," sagte leise Jusrouw dc Kock? Das ist allcs sehr schön, aber ich kenne ihn nicht." Aber Tu wirst ihn kennen, nd dann sieh hier her, ich bringe Dir eiwas, was Dir in der ganzen Welt ba!d das Theuerste fein wird sei Bild!" Uud ich ich soll diesen alten Man heirathen?" Das Miniaturbild aber des Generals Tondcrwll fiel achtlos auf dcn Boden ""x"; Sosort hob dic Andere cs wiedcr auf. Was fehlt Dir, Kind?" Ich ich will ihn nicht hcirathen. Nein, ich will nicht. Nie, niemals!" Tu willst nicht wen willst Du nicht heirathen?" fragte plötzlich ihre Mutter von dcr Thür aus. Was haben Sie da in der Hand, Jusrouw de Kock?" Es ist das Miniaturbild des Generals Donderlull, als Geschenk für feine Braut," Welch ein schöner Mann! Wie nobel er aussieht! Und die herrliche goldene Kette! Und weißt Tu, Janet, cs will mir scheinen, als hatte der General einige Aehnlichlcit mit Deinem Vater." Das ist's ja ebcn," schluchztc Ju frouw van Loo. Er sieht ganz so aus wie Papa." Ta dic Einwilligung Jufrvuw van Laos zu ihrer Verhcirathung durchaus Icinc Rolle spielte, wurde beschlossen, daß die Verlobung und die Hochzeit so gleich stattsinken, und daß dic junge grau sobald als möglich nach Batavien eingeschifft werden solltc. ES war einer der letzten Herbsttage. In dein Hause dcr van Laos hcrrschte eine feierliche Fcststinimung. An dcm einen Endc des einen der grimmig ernst anSschcnden Staatszimmer war eine Myrthcnlaube errichtet, und in dieser standen dicht nebeneinander zwci Stühle. Auf dcm einen saß Jnfroum an Loo, in Erwartung dcs würdigen Rcpräsen tanten dcs Generals Dondcrkull. Ein einstimmiges, höchst unwilliges Geniur mel ertönte von dcn Lippen sämmtlicher van Loos, als sich die Thür öffnete. Janet, dies ist cinc ganz unerwartete Aenderung, aber dcr Bürgermeister war tet, wir müssen gehen, " Jusrouw van Loo schlug mit einem Gefühl der völligsten Gleichgiltigkcit die Augen auf. Tann stockte plötzlich ihr Hcrzichlag und gleich darauf begann dies selbe Herz stürmisch zu klopsen. Wo wo war Overste de Kock? Was wollte dcnn dicser hier, in dessen braunen Augen ein Zug solch tiefen Mitleids lag? Eine tiefe warme Räthe iiberfliithcte ihr vorher so bleiches Gc ficht, und in diesem Augenblick war dcr Ruheplatz dcs Miniaturporträts dcs Generals Tondcrkull seilt unruhig gc worden. Mein Vetter ist plötzlich sehr un wohl geworden," erklärte Bentinck. ,,d hat mich allerdings höchst Unwür digcn dazu erwählt, seine Stelle auszu füllen." Gcfolgi von sämmtlichen van LooS, schrillen sie zusammen über den Markt platz nach dem Rathhanse hin, wo sie ihre Heirathsabsicht folgerichtig erklär tcn. In dcr Myrtenlaubc flüsterte der junge Bentinck: Ta Sie nun meine Verlobte sind, Iufroum. so dori ich doch Ihre Hand küffen." und als er seinen Kopf herab- Zeigte. leultzteten ,k,nc braunen Augen. nd ihr? Wangen erglühten plötzlich jwie junge Rosen, und sie sprach kein Wort, aber ihre Augen blieben groß ' und ihre Lippen leicht geöffnet, während i sie ihn ansah, i So saßen sie nun da, dicht neben ein ! ander in dcm Mvrtengesängniß, und die scierlichc Prozession dcr an Loos zog langsam an ihnen vorüber. Als Bräutigam höchst unpaffend und u-icrrr:mct; waren, wabrcnd die Braut lächelte und mit ihrcin Fächer spielte. und Beide betrachteten mit völlig gleich gütige Blicken den Hansen von chrba- re van Loos, der vor ihnen stand. Bei dem Klänge der Stimiiic ihrer Mutter erbleichte das Mädchen, und in diesem Augenblick machte Erstere eine zweite, noch entsetzlichere Entdeckung: das Miniaturportrait dcs würdigen t'ienerals war vo seinem Platzc ver schwunden. Sie wartete, bis dcr letzte van Loo seinen Glückwunsch angebracht hattc, dann sagtc sic halblaut: Wo ist das Bild Tcincs Bräuti gains?" ES drückte meinen Hals, darum hab' ich es abgcno, mc. " Und sie zog vu, iv es vicncrais iinicr lyrrm Stuhle hervor. Mcvrouw van Loo sicl fast in Ohn macht vor Entsetzen. Lege es sofort wieder an. Tas ist ja ein ein Skandal!" Müller, glauben Sic mir, es wärc wirklich bcffcr, wciin ich cs in diesen Tagen nicht beständig vor mir sahe!" Ich abcr sagc, Du sollst cs sehen jeden Tag!" Es sah säst aus, als blicktcn die ge malten van Loos von dcn Wände mit großer Mißbilligung auf das junge Mädchen herab. Zwei Tagc vor dcr Hochzci! hat cin starkcr Frost dic Gräber und Kanäle Kilmyks sest geschloffen. Jusrouw van Loo stand am Fcnstcr und sah mit sehnsüchtigen Blicken nach Osten, wo man zwischen den kahlen Wcidensträu chen und trockcncm Schilsrohr ein Streichen dcs fkstgcfrorcncn Kanals schcn tonnte; da öffnete sich die Thür, und dcr junge Mynheer dc Kock trat cin mit vom Winde prächtig gerathetem Antlitz und glänzenden Äugen. Kommen Sie heraus mit mir, Ju frouw Janet," bat er, wir wollen Ro scn sammeln für Ihre Wangen." Ein Ende des Kanals war immer am ehcilen zugefroren. Vie Braul setzte sich am User hin, und der Bräuti gam schnallte ihr die Schlittschuhe an die kleincn ffüßc. Und dann sloqcn sic dahin, und ,ihre Hände faßten sich fester nd fester, und ihre Augcnpaare begannen einander zu suchen, bis die Blicke sich verschmolzen zu einem cinzi gen, hcißlodenidcn Blick, und wie von einem gemeinsamen Impulse getrieben schmiegten sie sich dichter und dichter an einander, und plötzlich hatte sich sein Arm um ihren Leib geschlungen, und so glitten sic immer noch weiter zusam men, und dann kam cs, daß in dem Schancn eines fast völlig kahlcn Wn denbanincs ihr Kopf an seiner Brust lag, und Mynheer de Kock beugte seinen hübschen Kops herab und küßte Ju- srouw van Loos rothe Lippen ein zwei drei Mal, bis Jusrouw van Loo leidenschaftlich aufschluchzte, ihn von sich stien und ncs: Und ich ich soll in zwei Tagen vcrheirathct werden! Sehen Sie, wie unwürdig ich bin, das Wcid eines guten Mannes zu werden. Tu, unwürdig? O, mein Engel! Gieb nur, 0 gicb mir nur das Dich mein zu nennen." Das Recht hab' ich ja nicht," schluchztc sie und stand dabei auf. O Mynbccr, ich bitte Sie, vergessen Sie, welch cin schwaches, schlechtes Geschöpf ich bin, und dringen Sie mich nach Hause." Die -cnne begann n Wcncn zu sinkcn, der Wind legte sich. Keines von Beide sprach ein Wort, abcr wic nach getroffener Uebereinstimmung gin gen sie jetzt soiveit auseinander, als es die am Kanal hinlauscndc enge Straße nur qcftattcte. Warum laßt Ihr so vicl dcs schönen Weges zwischen Euch liegen, Ihr hüb schen Kinder?" lief ein vorübergehendcr altcr Mann ihnen zu. Sic kamen nach Hause zurück und sie setzten sich zum Abend nieder in ihre grüne Myrten- taube. I Tic Kirchglcckcn ließen am Hochzeits tage des biencrals Tondcrkull ihre : luftigen Stimmen ertönen. Und I dann war dic Trauung vorüber. Es i war cinc kalte, orc Wiiiternccht. Tas ' Haus des Iouthccr van Loo strahlte in einem Mccr von Licht. Durch dic z großc. mit blau und weißen Kacheln j bedielte Halle, die n:it grünen Kränzen verziert war. durch die gute -tube, ; durch sämmtliche 'Wohnstuben waren die 1 Zaicln gedcckl zur Ehre des Tages. j Von dcr alten Zrcppe schritt soeben , die Braut herab, Hand in Hand mit ' Bcniinck de Rock und gefolgt von den j sämmtlichen reichen, großen und hung ! rigen van Loos. Ter Braut und dem j jungen Mvnhccr, dcr so licbcnswiirdig ! gewesen war, die abwesende Berühmt- hcit zu vertreten, schenkte man verhalt nißniäßia nur wenig Aufmerksamkeit, und so tam es, daß die Beiden in ihrer grünen Laube nabcr und näher zusam menrucktkn. Bei einer plötzlichen Bc- rühiung schra! sic zuiammcn und wurde erst roth, dann sei blaß. Ter Größte der van Loos war gerade damit deschaf-, tigt eine ickiwieriqe Rede abzulegen, als , erkannte er abcr in dcm ihm önnenden das Spipma'chcntuch der Braut lr-! HubichenAadchen scincJugendgespiclin. unter:el. lind der Bräutigam sich die er abrclang aus dcn Augen verlo bückte. ::m cs auizulxdkn. Wie es ge- ren. Tic Bclanntichafl wurde erneuert kommen sein mochte, das wußten sie! und der Skontin durste mit Einwilli Beide nicht, aber unter dem sreundlichcn , gung der Majorswillwe wiederkommen. Schutze des damaslnen Tischtuches hatte Vorige Woche behob Frau v. Tella er aui einmal ivre Hand ergrinen. : Älofa g. aus dcr Sparkaffe und ,.-01 1".cs wirklich das Ende unseres bandigle ne dcm überglücklichen Mad !Iuckes 'ein, mein Engel ?" ckn als Aitaiit ein. Und letzten sie klick:? nieder, und ure: Tbränen S.:,7,z ?.:: ''ch.-z die Hndznt." fielen auf ihre verschlungenen Hände herab, ES ist z spät," sagte sie. ES ist nicht zu spät," erwiderte er leidenschaftlich. Höre, Geliebte! Ich bin Dein Gatte, und nicht jener Ma. der Dich gekauft hat, und den Du nicht einmal kennst. Wenn Deine Eltern an einem reichen Mac gelegen ist. so solle sie schon znsricdc sein, dcnn dic Amsterdamer dc KockS sind reich. Komm mit mir, mein Engel ! Ich werde Dich ach dcm Hanse meiner Eltern bringe. Ich werde ihnen sagen, daß ich durch Dich ein besserer Mensch werde will nd ein besserer Sohn, d dasür allein schon werde sie Dich lieben," Da Ilopstc cs an dic Thür. Ein großer Brics mit si machligcn schwarze:! lsikgcln wurde von Jiiirouw dc Ko,1 übcrbrneyt. Ein Klagegeschrei ertönte im Saale. ic bedeckte das Gesicht mit ihrer Schürze und wcintr. Nachlässig aus dc Tisch hingeworfen lag da das Bild eines alte Mannes. Jusrouw dc Kock trat Hera d bc rührtc cs lcisc und sauft mit dcr Hand. Sagcn Sic mir doch, 1 Gottes- willen, was ist geschehen?" fragtc sic Janct, ,,Wcun ich Dir nun sagte: Mein Kind, Du laiinst diesen Mann nicht heirathen, Deine Heirath heute war gar leine Heirath, was würdest T dann sagen?" Ich wurde Gott dafür danken." Run, so danlc Gott denn dafür, wenn Du cs vermagst." Und dickc. schwere Thränen rollten über die wellen Wangen herab, als sie das Miniatur- bild in die Hände nahm. Denn cr ist todt !" Todt!" Und Dn bist nun wicder Jusrouw van Loo und kannst lieben, wen Du willst," sügte sic rasch hinzu mit einem Anflug von Eifersucht siir dcn Tod tcn, Jusrouw Bctjc, warum traucrn Sie um Einen, den Sie so viele lange Jahre nicht gesehen haben?" Jusrouw de Kock barg ihr Antlitz einen Augenblick in ihrer großen und weißen Schürze, bevor sie antworten konnte. Weil ich ihn geliebt habe," sagte sie. und dann mit leiser Stimme, als woec das, was sie eingcstchcii wollte, ein Ver brechen; O Kind, wnl ich ihn immer noch licbc!" Da fühlte sic sich von zwci wcichen Annen umschlungen, und ihr Kops ruhte an ihrer weichen, jungen Brust. Ich ich kann Sic nicht trösten. Ich kann nicht um ihn trauern, wie ich wohl sollte; aber hier dies neh men Sic das müssen Sie behalten," Als Jusrouw de Kock in dcr wintcr lichcn Kälte nach Hausc eilte, hielt sic das kleine Bild fest in dcn Handen, und ihre Thränen sielen schwer und dicht darauf nieder. Das löcklein des ,üs. Unter dieser Überschrift erzählt das Wiener JU. Eztrabl.": Des Schick sals Wege sind oft wunderbar. Eines Tages stand ein junges, armselig gc Ileideles Mädchen unschlüssig in ' dem Hose eines alten Hauses der Stadt. Das Mädchen, eine Waise, hatte ein Empfehlungsschreiben an eine Ver wandte, dic ihr als hartherzig bekannt war und von der sie keinen freundlichen Empfang erwarten konnte. Marie Enzinger war zum ersten Male in dcm alten Gebäude und wußte sich dort nicht zurechtzufinden. An dcr großen Hof maucr waren drei Glockenzüge ange bracht, deren jeder in ein anderes Stock werk führte. Ta sich Niemand blicken ließ und der Treppenzugang durch ein Gitter adgeschloffen war, zog das Mäd chen aus's Gcrathcwohl an einem der Glockcnstränge. Im zweiten Stocke öffnete sich sogleich ein Fenster und der weiße Kops einer alten Frau wurde sichtbar, dic dinuntcr gcrufcn : Kom mcn Sic nur in dic Wohnung." Marie ließ sich das nicht zweimal sagen und zögerte auch nicht' eine Anzahl hüus licher Arbeiten geschickt und ordentlich zu verrichten, die ihr von der alten Dame übertragen wurdcn. Erst eine Stunde später wußte diese, die Majors wittwc Frau v. Tella Rosa, daß Marie nicht dcr crwartcte neue Ticnstbote, und diese, daß die alte Tarne nicht ihre Ver wandte sei. Tie Wittwe gewann das Mädchen lieb, und da auch sie von der im selben Hause wohnenden Verwand ten dcr Marie nichts '!tes zu sagen wußte, bcbiclt sic dic Waise bei sich. Drei Iahrc wann verflossen. Marie Enzinger wurde von ihrer Wohlthäterin wie eine Tochter behandelt. Ta wurde kürzlich wieder vom Hvic aus gclautct, das Glocklcin schwang cinc Wcile hin und her, denn der junge 'Mann, dcr cs in Bcwcgung setzte, schien es sehr eilig zu haben. Als ihm, dcm Skontiften eines Wiener Handliiugshaufcs, de Thüre geöiinel wurde, stellte es sich heraus, dan cr lich in dcr Adrene ge- irrt. Zu feiner großen Uederraschung " K. 1