Der neue Diener. Erzählung von Kurt Adel. Nein, es ist doch jetzt ein wahres Leiden mit dein Dienervolke !" eiferte ffrau Eleanor, die junge Gattin des sehr reichen deutschen Bankiers Schel ing in New Zjork gegen ihre Schwester Ethelred, welche auf einige Monate zum Besuch bei ihr weilte. Wahr baftia. ich werde noch den Tod davon haben ! Kein Tag vergeht ohne Aerger ! Nun müssen wir wieder den Kaner diener entlassen !" Fräulein Ethelred, welche soeben von einem Spaziergange zurückkehrte, legte gemächlich ihre Pelzstulpen und Hirnb schuhe ab. Weswegen niuß er denn entlassen werden?" fragte sie, über die Erregung ihrer Schwester ein wenig lächelnd. Weswegen? Weil er ein grober Mensch ist. weil er ,,st) nicht zu oeney men weiß, weil er sich den Anordnungen Widersetzt ! Mein Himmel, welche Arten don Menschen haben wir nun schon ver sucht! Alle möglichen Nationalitäten, ausgenommen die Chinesen; und diese wären vielleicht noch die besten, wenn sie nicht so grundhäßlich aussähen ! Irinn der, Franzosen, Deutsche, Schweizer. auch Farbige haben wir gehabt. Bei allen war irgend etwas, das sie uner träglich machte. Die Schwarzen hatte keine Lebensart, die Jrländer tranken, die Franzosen stahlen und waren un treu, nun und die Deutschen waren von ÄVem etwas, nur keine exakten Diener, am wenigsten Tafeldecker. Und wen wird Georg nun bringen? Wahrschein lieft, wieder solch' einen widerwärtigen Jrländer, für diese hat leider Georg noch den meisten Geschmack. Ich er stehe es nicht ich bekomme noch graue Haare über diese ewig brennende Frage ! Haft Du noch keine bemerkt, ilbi?" Was denn?" Graue Haare, meine ich !" Ach. Tuträumftwohl. EU! Mache Dir doch nicht unnöthige Kopfschmer zen ! Georg wird schon diese sogenannte brennende Frage erledigen. Sage, wer det Ihr noch am Fünfzehnten das Diner geben?" Da hast Tu es ja wieder !" eiferte Rleanor. Ob wir das Diner geben können, das hängt ganz davon ab, was für einen Kammerdiener und Tafeldecker wir haben werden. Doch jetzt kommt Georg ! Nun-werden wir ja hören, was er aufgefischt hat!" In den nächsten Augenblicken trat der Bankier ein. Nun, Georg?" fragte seine Ge mahlin. Ich hab' einen," erwiderte der Ban kier. Aus seinem Tone konnte Frau Eleanor keine besondere Befriedigung heraushöre. Wahrscheinlich einen Fißpatrick!" bemerkte sie niit einem Ausfluge von Spott. ,ein, das nicht." Einen Franzosen, frisch aus Paris, wie?" , Nein, einen Deutschen." So, hm! Nun, da wirft Du recht schön angekommen -sein ! Ich gratulire !" Ja, aber was willst Tu denn?" er widerte der Bankier niit komischem Eifer; soll ich niir vielleicht eine Roth haut kommen lassen?" Gute Zeugnisse hat er natürlich", fuhr Frau Eleanor dann fort. Nein, gar keine," Sie schlug erstaunt die Hände zu sammelt. Keine Zeugnisse ! Nun Georg, Tu scheinst Dein Silberzeug und Deine Uhren, Deine Ringe und so weiter wirk lich sehr lieb zu haben !" Ah bah! Er wird nicht stehlen! Wenn er nicht eine grundehrliche Haut ist, dann verstehe ich mich überhaupt nicht auf Menschen." Tarin könntest Tu wohl Recht haben", spöttelte Eleanor. Tanke, gnädige Frau!" erwiderte der Bankin im Scherztone. Aber ernstlich, der junge Mann mag noch etwas grün sein, gut sieht er unbedingt aus und hat auf mich einen sehr günsti gen Eindruck gemacht." Nun. ich will ja hoffen, daß Du Dich nicht täuschtest. Georg. Aber Tu erinnerst Tich doch noch an den französi jchen Adonis oder Narciß, den wir hat ken der Tir heimlich in den Schreib tisch gegangen war. Also was das Gutausschen betrifft .... Ueberhaupt Tu scheinst diese ewig brennende Frage zu leicht zu nehmen, (iieorg !" redete sich die kleine Frau von Neuem in Eifer. .Ich begreife nicht, wie Tu einen Die ner ohne die besten Zeugnisse in's Haus bringen kannst !" Aus dem gleichen Grunde, liebes Kind, den Tu dattcst. als Tu neulich sagtest. Tu wolltest nächstens eine Atheistin durch die Zeitung suchen, nachdem Tu nun alle Religionen in Hausmädchen probirt hast. Ich bade meinerseits genug von diesen abge schliffcnen, abgefeimten Subjekten, die in zwanzig oder dreißig aristokratischen Häusern servirt haben und die Nase wo möglich über ihre Herrschast empor strecken. Mit Wilhelm Sernau, den ich engagirk habe, ist dies nicht der Fall: er bat das Gesicht eines ehrlichen, gesetzten Menschen und mir versprochen, in Allem willig sein zu wollen und fleißig zu ler nen, was er etwa noch nicht tonne. Tas heißt, daß ich die LeKnncisterin zu sein habe?" sagte Frau Eleanor mit einem halb humoristischen, halb spot tenden Hüsteln, Ihre Schwester schien nun dieses Hin j übers und Herüber über Dienstboten niüde zu sein, sie lenkte die Uiitcrhal tung aus ein anderes Gebiet und damit war das Thema beseitigt. Ani nächstfolgende Tage stellte sich Wilhelm Sernau der Tanie des Hauses vor. Sein Benehmen war bescheiden, aber von einst gewissen vornehmen Ge wandtheit, wie es Leuten von guter Er zichniig eigen zu sein pflegt. Er war ein schlanker, kräftig gebauter Mann von etwa 28 bis 30 Jahren mit sehr angenehmen Gcsichtszügcn. Der Bart auf der Oberlippe war anscheinend ganz frisch wcgrasirt. Die Kleider, die er trug, waren schon etwas verschabt, aber sehr sauber und von guten Stoffen. , Frau Eleanor war, ganz gegen ihre Grundsätze, in der ersten Stunde für diesen neuen Diener eingenommen. Es ist eigentlich nicht unser Ge brauch," sagte sie. Jemanden ohne Zeugniß oder sonstige gnte Empsehlun gen zu engagiren. Wir setzen großes Vertrauen in Sie, indem wir bei Ihnen von der Regel abweichen." Ich sehe das ein, gnädigste Fräu", erwiderte der Kammerdiener, und bin von Dank erfüllt für so viel Güte. Ich hoffe, Ihnen bald in Allein zu genügen, ja, mir Ihre gnädige Zufriedenheit zu erwerben." Wir werden sehen," bemerkte die Dame des Hauses gemessen. Sie habe bei uns sehr mannigfache Aufgaben, von der Instandhaltung des Weinkellers bis zur Bewachung und Reinigung des Tafelzeuges. Haben Sie schon viel Uebung in der Bedienung bei Tafel?" Nicht viel, gnädige Frau", antwor tcte Sernau ein wenig befangen. Die werden Sie sich aber aneignen müffen." Gewiß, das soll geschehen." Wo waren Sie zuletzt beschäftigt?" Der Diener zögerte einige Momente. Auf einem Landgute", antwortete er dann in einer Weise, welche erkennen ließ, daß er über diesen Punkt nicht gern weiter ausgeforscht zu werden wünschte. Tann aber setzte er rasch hinzu: Ich diente einem Herrn in Wyoming." O, so weit !" rief Frau Eleanor. Sie hatte eigentlich die Absicht, dem Diener über seine auffallende Zurück Haltung ihre zweifelnden Bedenken zu äußern, aber seine Manieren verhinder ten sie daran, ja, sie hatte die Empfin dung, daß jede weitere Ausforschung sllr den Mann beleidigend sein würde. So begnügte sie sich damit, ihm In struktionen zu ertheilen und ihm aus einanderzusetzen, was von ihm erwartet werde. Sernau zeigte große Aufmerksamkeit und einen Eifer der Willigkeit, der von dem üblichen Gebühren eines gewöhn lichen Bedienten entschieden abwich. Aber trotz all' dieses Eifers hatte er in seinem Wesen immer einen ersichtlichen Zug von scheuer Zurückhaltung, als ob er irgend etwas zu verbergen hatte, oder seiner Unzulänglichkeit sür den Dienst sich gewiß sei. Im Ganzen machte er so entschieden den Eindruck der feinsten Wohlanständigkeit, daß die sehr ver wähnte Dame die günstigste Meinung über seinen Charakter in sich aufnahm. Die nächste Mittagstafel, bei welcher Sernau aufzuwarten hatte, erwarteten Frau Eleanor und ihre Schwester mit lebhafter Spannung, wie der neue Diener wohl dabei sich machen werde. Sernau zeigte sich etwas unruhig, sast nervös. Er machte keinen eigentlichen Fehler, aber seine ganze Art und Weise, zu bedienen, wich doch deutlich von dem Wesen eines routinirten Tafeldeckers ab, und entschieden komisch r.ar es, wie Sernau die Servietten ausgelegt hatte. Er hatte Figuren daraus zu machen ge' sucht, die aber aussahen wie eingestürzte Häufchen und Karikaturen künstlicher Serviettenformen. Tarübermußte selbst der meist sehr ernst gestimmte Bankier still lächeln. Fräulein Ethelred fand sowohl die Gestalt, wie die Manieren des neuen Dieners bewunderungswürdig. Offen bar hatte man es in ihm mit einem sehr anständigen und für seine Stellung gebildeten Menschen zn thun, dem viel leicht an der Wiege nicht gesungen wor den war, daß er einst Bedienter sein werde. Frau Eleanor fühlte sich mehr befrie- digt, als sie gedacht hatte. Es blieb ja in den feinen Formen der Bedienung noch Manches zu wünschen, aber selbst was dem Manne unbeholfen war, war weit entfernt davon, den Eindruck der Plumpheit zn machen, es sah sich hübsch an. Alles in Allem war Sernau ein ganz netter Tiener, und wenn sein Eharakter ausrichtig war, dann, das mußte sie sich eingeftehen, hatte ihr Ge mahl diesmal einen Treffer gemacht. Nach der Tasel begab sich die Dame, als sorgsame, aber auch neugierige Hausfrau, in die Silberkammer, um zu feden, wie der neue Tiener sich bei der Ausbewahrung des gebrauchten Taselzeuqs anlaste. Da sah sie mit heller Bewunderung, daß Sernau eine ganze Reihe silberner Teller und Platten ringsherum am Boden an die Wände gelehnt hatte. .Zöas haben Sie denn da gemacht, Sernau?" fragte sie. Der Tiener blickte die Tame sehr be treten an. Entschuldigen gnädige Frau." sagte er : ich habe das Silberzeug gewaschen und wollte es etwas ablausen lasten. Habe ich das falsch gemacht?" .Ja freilich! Silberzeug darf man nicht unadgetrocknet Innen. Zum Trock nen und Polinn sinken 2it Tücher dort im Schranke." Sernau wurde roth im ganzen Ge ficht und Frau Eleanor hatte Mitleid mit seiner Verlegenheit. Ich bitte um Verzeihung!" stam melte er: im fernen Westen wird man leider recht tölpisch. Auch hatten mir dort wirklich nicht viele Tücher im Hanse. Ich danke Ihnen verbindlichst für die verdiente Zurechtweisung, gnä dige Frau! Künftig werde ich die Tücher nehmen. Es soll nicht wieder vorkommen." Nun, es sollte ja keine Zurcchtwei sung sein," lenkte Fran Eleanor mild ein. Keine Tücher im Haus, sagen Sie? Nun, das muß bei Ihrem frühe ren Herrn eine sonderbare Wirthschaft gewesen sein. Da ist es ja kein Wun der, das Sie nicht wußten, ivie man es hier zu Lande macht. Aber fragen Sie nur ungenirt, wenn Sie irgend etwas nicht wiffen. Ich werde Ihnen recht gern jede Anleitung geben." Besten Tank, gnädigste Frau!" sagte der Tiener Mit einer vollendeten Verbeugung. Ich werde mich gewiß ernstlich bemühen, Alles gehörig zu lernen, um Ihnen ein guter und treuer Diener zu werden." Einem so höflichen Benehmen gegen über,, das nicht das Mindeste von be dientenhaster Kriecherei an sich hatte, war es fast die Gebieterin, die in Ver legenhcit kam, Sie hätte sich sagen mögen, daß es eigentlich eine Bürde sei, mit einem Menschen, dessen bezahlte Dienste nian erwartet, so viele Umstände zn machen, ,und doch widerstrebte ihr Taktgesühl diesem Gedanken. Gewiß war es das erste Mal, daß die Frauen des Hauses, Eleanor und ihre schöne Schwester, einen Tiener zum Gegenstand ihrer östern Unterhaltung machten; ja, noch mehr, selbst wenn sie andere vor nehme Frauen zum Besuch hatten, spra chen sie mit Ernst oder Humor von dem neuen Tiener und theilten kleine Episo den aus seinem Verhalten mit. Beobachten Sie ihn nur genau," konnte dann die Tame des Hauses sagen, er hat ganz die Manieren eines Gentleman und in fast allen kleinen Verrichtungen seines Dienstes ist er un geschickt wie ein junger Bauer. Er muß sich nngeheure Mühe geben, wen er ei Tafeltuch oder eine Serviette ordentlich zusammenlegen will." Indeß entfaltete Sernau thatsächlich den größten Eiser, das was ihm zu einem gewandten Tiener fehlte, sich an zueignen. Um sich nicht das Mißfallen der Herrschaft zuzuziehen, war er so klug, das Stubenmädchen durch sein freundliches Wesen zu entzücken, um sie in Zweifelsfüllen um Rath zu fragen, und die Folge davon war, daß ihm die junge Schöne mit wahrhast aufopfern der Liebenswürdigkeit an die Hand ging und mit größerem Eifer ihm, als der Herrschaft diente. Vielleicht wer weiß! " dachte sie in der Tiefe ihres leichtcmpfänglichen Herzens, ist dieser reizende Mann einmal für mich be stimmt !" Der Bankier Schelling, ein kompleter Geschäftsmcnsch, empfand eine große Genugthuung über den glücklichen Griff, den er gemacht hatte, und bereitete sich öfter das Vergnügen, seine Gemahlin wegen ihrer anfänglichen Bedenken auf- zuziehen. Glaubst Tu noch, Elly, daß der Dein Silberzeug nehmen wird l fragte er mit ironischem Lächeln. Ta aber nahm Eleanor's Gesicht einen sehr ernsten Ausdruck an. Es mag wohl sein, daß ich mich ge irrt habe," erwiderte sie, nnd das soll mich freuen. Wenn Tu jedoch nicht blind bist, wirst Tu bemerken, daß die ser Mensch nicht zum Bedienten geboren ist. Er hat das Betrage eines gcsetz ten, bis in's Kleinste rücksichtsvollen Weltmannes, aber das schließt doch nicht aus, daß er ebensogut ein verkappter Ränberhauptinann, als ein verunglück ter Edelmann sein kann." Na, na!" versetzte Schelling lachend. Nehmen wir ihn bis auf Weiteres als das, was er ist und augenscheinlich mit Ernst sein will einen willigen und sehr erträglichen Kammerdiener nnd Mann für Alles. Ich sehe zum Bei spiel, daß er mit Weinen wie ein seiner Kenner umzugehen weiß. Er ist also auf alle Falle eine werthvolle Acquisi tion." Bald machten die beiden Damen des Hauses eine neue Entdeckung: man ver mißte ost Zeitungen nnd Zeitschristen verschiedener Sprachen vom Lesetisch und das scharfe Auge der Gebieterin entdeckte dieselben dann stets irgendwo, wo Sernau sich aushielt, in der Silber kammer, oder im Wartezimmer, oder selbst in seiner eigenen Stube. Mit unter geschah es, daß aus der Bibliothek ein gelehrtes oder dichterisches Werk in englischer, oder französischer, oder deut scher Sprache fehlte: dann hatte sie sich sicher der Diener geliehen, um heimlich darin zu lesen. Wenn er diese Bücher versteht und Geschmack daran findet." sagte Ethelred. dann dürste wohl seine Bildung nichts mehr zu wünschen übrig laffen und Ihr habt in ganz New Zjork den Vorzug, das Xon plus ultra eines Tienftmannes zu desißen." j Eines Tages hatte Frau Eleanor unj ter anderen Freunden ein junges Ehe paar zu Tische, sür welches sie sich ganz besonders interef jirte: es war eine ihrer reichen Jugendfreundinnen, welche sich mit einem' Attache der deutschen tj sandtschast vermählt und kurz zuvor ihre pompöse Hochzeit gefeiert batte. Ter Attache, von gutem deutschen Adel, aber ohne Vermögen,' besand sich erst seit etwa einem Jahre in Amerika. j So stolz nun die Bankiersfrau stets auf ihre Tafclarrangemeuts war. ge rade an diesem Tage hatte sie Ursache, unzufrieden zu sein: Sernn zeigte sich zerstreut, besangen, sogar nachlässig. Er war immer bemüht, möglichst rasch wieder aus dem Speisesaal und den Ge sellschaftszimmcrn zu kommen, fast als ob er sich schämte. Bedienter zu sein. Der Bankier selbst beobachtete ihn und glaubte, zum ersten Male, daß Sernau heimlich im Weine des Guten zu viel gethan habe; doch kam er bei fortgesetzter Beobachtung von diesem Argwohn ab: Sernau war so vollst big nüchtern, wie er sich stets gezeigt hatte. Sein abweichendes Benehmen schien auf irgend eine geistige Jndispo sition zurückzuführen zu sein. Indeß wurde Schelling's Aufmerksamkeit durch anZere Dinge abgelenkt und er schenkte dem Diener keine weitere Beachtung. Etwa zwei Monate später erhielt eines Tages der Bankier ein Schreiben von der deutschen Gesandtschaft in Wash ington mit der höflichen Anfrage: ob er nicht Auskunft gebe könne über einen Herrn von Harro aus Deutschland, von dem man zu glauben Krnnd habe, daß er sich in den Vereinigten Staaten auf halte. Schelling erwiderte auf dies Schreiben mit gleicher Höflichkeit, daß er nicht das Vergnügen habe, den genann ten Herrn zn kennen, also auch keine Auskunft über ihn geben könne. Bald darauf kam aber ein zweites Schreiben von derselben Gesandtschaft, und diesmal hatte der Attache, welcher die Jugendfreundin der Fra Schelling geheirathct, ein Billet beigefügt, des Inhalts: Wenn ich nicht sehr irre, habe ich selbst diesen Herrn von Harro, ehe maligen preußischen Gardeoffizier, in Ihrem Hause ein- nnd ausgehen sehen." Dies Billet nahm der Bankier mit in seine Privatwohnung und bei Tische theilte er seiner Gemahlin und Schmä gerin in den seltsamen Fall mit. Die Geschichte wird mir bald lästig," sagte er. Wenn ich den Herren einmal erkläre, daß ich einen Herrn von Harro, ehemaligen preußischen Gardeofsizier, nicht kenne, so ist das doch ein für alle mal genug!" Sernan, der in demselben Augenblick eine Speiseschüsscl auf die Tafel stellen wollte, ließ dieselbe fast fallen und war augenscheinlich sehr betreten. Dem Ban kier entging dieser Umstand nicht. Ich möchte wetten," sagte er, als Sernau den Salon verlassen hatte, die ser Sernau weiß etwas über den gesuch ten Herrn von Harro." Aber es schickt sich doch wahrlich nicht, ihn, den Diener, darüber auszu fragen," erwiderte Frau Eleanor. Wenn er wirklich etwas weiß, wird er wohl Gründe haben, darüber zu schwei- gen." Zwei Tage später langte indeß ein drittes Schreiben von Washington an. Ich habe nun," schrieb derGesandte, eine direkte Handhabe erhalten, die mich dem Zwecke näher führt. Wie ich höre, haben Sie einen Diener, welcher über den gesuchten Herrn genau Aus kunft geben kann, wenn eres nicht selbst ist. Da die Sache insofern von Wich tigkcit ist, als es sich darum handelt, den Erben des letzthin ohne Testament verstorbenen Herrn von Harro, eines Besitzers von bedeutenden Gütern in Preußen, ausfindig zu machen, so bitte ich Sie, in dieser Richtung freundlichst Recherchen anstellen zu wollen." Schelling gerieth durch diese Mitthei lung in große Ausregung. Wie, wenn sein Bedienter selbst der gesuchte Erbe bedeutender Güter war? Es tam ihm ein Helles Lachen an, als er sich das Bild ausmalte, welches sich darstellen würde, wenn seine Vermuthung begründet war. Er begab sich sosort in seine Wohnung. Seine Frau und Schwägerin waren ansgefahren. Er drückte auf den Klin gelknopf. . Sernau erschien mit gewohnter Rasch hcit und Devotion. Sagen Sie, Sernau, begann der Bankier, haben Sie jemals von einem Herrn von Harro gehört?" Ich glaube, gnädiger Herr, daß dies hier im Hause vor zwei oder drei Tagen geschehen ist," antwortete der Tiener. Aber haben Sie diesen Herrn selbst gesehen?" Jawohl in Wvoming." : Nun, es wäre für den Herrn sehr j gut, wen man ihn ausfindig machen ' könnte." Wie so, gnädiger Herr?" fragte! Sernau, die Farbe wechselnd. Weil er, wie mir der dentsche Ge-! sandte schreibt. Titel und Güter seines ! verstorbenen Onkels geerbt hat, aber man kann ihn nicht finden." Wahrhaftig? Ist der Alte todt?" ! rief Sernau in ganz verändertem Tone, j Und mich hat er zum Erben eingesetzt I mich?" Also war meine Vermuthung doch , richtig," versetzte der Bankier gelaflen. .Sie selbst sind der Gesuchte. Ihr! Rame ist nicht Sernau. Sie haben mich getäuscht." Es ist wahr." erwiderte der Tiener, ! ich heiße nicht Serniu und ich bin kein : richtiger Bedienter, also in dieier Hin ficht habe ich Sie getäuscht; aber die Entschuldigung dürste mir doch nicht! schwer werden, Herr Schelling. Tie Vtrhältnine lagen sür mich so unqün stig, daß ich, nach mannigsaan Wech . sel'allen, bis zum Tiener herabsinlen mußte. Ich war infolge meines Leicht I gnns. besonders beim Spiel, turchter lich in Schulden gerathen. Mein On kcl erklärte, nichts mehr für mich thun , zu wollen, ja, er sprach seinen festen Entschluß aus, daß er ei Testament zu meine, Nachtheile machen werde nie solle ich einen Pfennig von seinem Ver mögen erhalten, das schwur er mir, Ich mußte meinen Abschied nehmen und ging mit einer elenden Summe nach Amerika. Hier aber, das werden Sie begrcisen, hatte ich die Pflicht, meinen Name zu schonen ich nah, einen anderen an. Sie werde mir das Ziigcständniß nicht versagen, daß ich bestrebt gewesen bin, eine brauchbare Dienstperson z sein, nnd ich keine Ah nniig hatte, daß mir noch ein besseres Glück blühen werde, so war es auch mein fester und völliger Ernst, ein guter Diener zu sein. Das ist nun, Gott sei gelobt, vorbei. Ich danke Ihnen sür jede Rücksicht, die Sie mir haben zu Theil werden lasse, aber gleichzeitig bitte ich nun, mich ohne Weiteres ans Ihrem Dienste zurückziehen zu dürfen, um alle Verlegenheiten abzuschneiden," Beide Männer blickten einander an und wie aus eine Eingebung brache Beide in ein Lachen aus. Schelling zeigte sich sogleich als Mann von Bil dung und Herr der Situation. Laffen Sie uns Platz nehmen, Herr von Harro," sprach er nun. Danke," erwiderte der glückliche Erbe; ich bin gewohnt, zustehen," Beide unterhielten sich noch einige Minuten. Sie erinnern sich wohl noch jenes Tages," sagte der Bankier, als der Gcsandtschastsattache bei uns zu Tische war." Das war ein Bekannter von Berlin her," erwiderte Herr von Harro; da her ,meine Verlegenheit, meine Angst vor Entdeckung." Und ich hielt Sie damals sür be rauscht", sagte der Bankier lachend, Doch jetzt will ich Sie nicht länger in dieser gezwungenen Situation zurück halten. Ich möchte fast sagen: es ist gut, daß meine Damen abwesend sind. Wenn Sie uns morgen oder an jedem Ihnen beliebigen Tage besuchen und ich bitte darum ! dann werden wir uns auf gleichem Fuße begrüßen. Und jetzt noch etwas Geschäftliches. Ich biete Mmm keinen rückständigen Lohn an, nach meinem Gefühl wäre dies in diesem Momente eine Beleidigung für Sie. aber gleichwohl müssen Sie unter uns gesagt fortan gut bei Kaste sein, aus lautend Gründen. 'a st nun doch wohl zunächst mich als Ihren Freund betrachken werden, so gestatten Sie mir, Ihr Bankier zu sein und Ihnen eine Vorschußsumme zn über geben " Dies Anerbieten acceptire ich", er klärte Herr von Harro in heiterster Laune. Der Bankier Übergab ihm sogleich zweitausend Tollars nnd der enthüllte Edelmann empfahl nch bis auf Weiteres, Eine Stunde später kehrten die beiden Tarnen heim. Ter Abend dämmerte bereits. Was soll das heißen warum brennen die Lampen noch nicht?" rief Frau Schelling. Sernau ist doch sonst nie so nachlässig gewesen. Sie klingelte heftig. Das Stuben Mädchen erschien. Wo ist der Diener?" fragte die Ge bieterin scharf. Ausgegangen", antwortete das Mäd chen verdrießlich. Er ist mit dem Herrn fort." Mit dem Herrn fort? Wie sonder bar !" Ja. und er sagte, er werde nicht wiederkommen als Diener." Nun, da haben wir's ja !" eiferte Frau Schelling. Das ist das Ende vom Liede ! Es ist Einer wie ver An dere ! Wird sich wohl etwas Arges her ausgestellt haben, vielleicht gar ein Un tcrschleif !" 'C, sprich nicht so !" entgegnete Ethel red entrüstet. Zunächst kannst Du gar nicht urtheilen. Es wird sich her ausgestellt haben, daß er kein richtiger Bedienter ist," Ein Gauner wahrscheinlich !" eiterte die Herrin des Hauses. Aber doch ein liebenswürdiger leben- saus !" lentzte tyre Schwester. Tann lehrte der Bankier zurück. Nun." ries ihm seine Eiemahlin ent gegen, haft Tu ihn entlarvt?" Jawohl", antwortete Schelling ge lasst. Also wieder einmal eine arge Ent täuschung !" Jawohl eine sehr starke", versetzte der Bankier. Siehst Tu! Tas kommt davon, wenn man Diener ohne Zeugniffe enga flirt ! Nun sitzen wir da und können lins die Tafel selbst decken !" Ja. ein Herr von Harro, Be sttzer mehrerer Rittergüter, konnte sie uns doch nicht weiter decken !" sagte der Bankier lächelnd. Tie beiden Tamen machten große Augen. So erzähle doch!" drängte Frau Eleanor. ! Ter Bankier löste nun endlich das, Tiegel von seinen Lippen und machte den Staunenden die nöthigen Mitthei , lunqen. Ich habe stets so etwas geahnt," be hauplete Ethelred. Und hast Tich weidlich über ihn lustig gemacht !" spottete ihr Schwager., .Was ich jetzt natürlich bedauere." bemerkte die junge Tame etwas nieder geschlagen. Am folgenden Tage machte fHrt on Harro, neu equipirt, den Damen seine Autwartung. j Ich bitte tausendmal um Ver-i zeihang, gnädige -trau," sprach er mit feinster Höflichkeit. Sie wiffen, man macht au der Noth eine Tugend, Da habe ich gethan und ich tß aufrichtig bedauern, daß ich leider eine Illustration zu Ihrer Ueberzeugung von der Untaug lichkeit aller Kammerdiener habe liefern müssen," In diesem Falle ist meine Ucbcrjcu gung wenigsten nicht von unangeiieh mein Nachgeschmack," erwiderte Fra Schelling lachend, Sie waren wirk lich ein sehr netter Diener. Wollen Sie ein Zeugniß darüber haben?" Beide lachten herzlich über diesen Scherz, Ethelred hatte sich in erster Stimmung abseits gehalten. Herr von Harro trat mit ritterlichem Anstand auf sie zu und neigte sich vor ihr. Gnädiges Fräulein," sprach er mit einer gewissen Feierlichkeit, ich kann nicht von hier gehen, ohne Ihnen zu ge stehen, daß ich Ihrer Gegenwart, Ihrem Anblicke nnd Ihrer Güte einige der schönsten Monate meines Lebens ver danke. Ich werde Ihnen, wie Ihrer verehrungswürdigen Fra Schtvester stets die dankbarste Erinnerung beinah ren. Leider," fuhr er in tiefer Bewe gung fort, wohne ich i Zukunft zu weit, um Sie einladen z können, meine Heimath durch Ihren Besuch zu be glücken, und dennoch o, Fräulein Ethelred, können Sie vergessen, daß ich hier die untergeordnete Rolle eines Die ners spielen mußte?" Das Mädchen erhob rasch ihren Blick zu dem seinigen, dann sank er wieder und sie reichte ihm ihre Hand; er hielt diese einige Momente und er fühlte, wie diese kleine zarte Hand zitterte. Darf ich wiederkommen?" fragte er mit leiser Stimme an ihrem Ohr. Sie antwortete nicht mit Worten, aber er verstand ihre Bewegung. Er kam noch einmal am nächsten Tage und da wurde, in Gegenwart des Bankiers, eine fröhliche Verabredung getroffen. Nach einem halben Jahre kam Herr von Harro wieder und feierte niit der schönen Ethelred seine Vermählung. Die Hoch zeitsreise führte auf eines seiner reichen Güter, wohin der Bankier und seine Gemahlin, um einmal den europäischen Kontinent zur Erholung zu besuchen, das junge Paar begleitete. lic liamante der Modjeska. Ein charakteristisches Geschichtchen er zählt Mr. H. I. Sargent, der srüherc Manager der Modjesla, von den Dia manten dieser berühmten polnischen Tragödin, Diamanten? Ja, wie wir im Fifth AveneThcatcr in New-Zjork spielten, da war wahrhaftig nicht an Diamanten zu denken. Ta waren wir froh, daß wir satt zu beißen hatten. Schließlich aber, als mir in Montreal ankamen, ging's und doch so gut, daß ich einen Ueberschuß von fünfzig Tol lars hatte. Fünfzig Tollars, ein Per mögen. Wir bummelten also eines schönen Tageö, es war der Tag unserer Ankunft, in den Straßen von Montreal. In der Kingstrect bleibe ich mit einem Ausruf stehen: Teufel, sind das Bril lantcn ! Die möchten Sie wohl haben? was?" Das will ich meinen," sagte Moöjeska, aber dazu werd' ich wohl im Leben nicht kommen." Ach," sag' ich, wir wollen hinein und fragen, was das Ding kostet. Wenigstens sieht's so aus, als könnten wir's kau sen," Wir also 'rein. Was kostet das Kollier draußen?" fragte ich mit einer Miene, als gehöre die ganze Welt mir und als seien die Brillanten nur ein Pappenstiel. Die?" fragte der Juwelier. O, eine Kleinigkeit. Sechszig Tollars." Wie?" frageich, denn ich glaubte falsch gehört zu haben. S'chszig Tollars," entgegnete er wie der, denn es ist Imitation." Hm, wenn Sie sie fiir fünfzig geben, nehme ich sie." Topp," und die Brillanten gehören mir, das heißt ihr. ..Nein, diese Verschwendung." sagte die Mod- lesia, nannt aber das Rolltet dennoch glückstrahlend an. Im Gegentheil, unser Glück ist gemacht," Und es war's. Der Schmuck wurde in eine eiserne Kassette gethan und ich ging aufs Polizeibureau. Bitte kann man mir zwei Mann geben, um das Brillan tenkollier zu bewachen, das der Kaiser von Rußland der Modjeskn geschenkt hat?" Allgemeines Staunen. Ter schmuck erregte bei der Voliiei Sen- sation. Die zwei Mann werden gegen je einen Dollar vr, Taa bemilliat. die Geschichte kommt in alle Zeitungen und die Modjeska ist mit einem Schlage berühmt. Jetzt erst wird ibre Kunst. ihr Genie, ihr Talent anerkannt, und ihr Glück, unser Glück, ist für alle Zci ten und mit einem Kostenauiwande von 50 Tollars gemacht. Wie schwer i eine ütttmoiivtl Aus Mainz schreibt man der Frkf. Ztg." : Tiefer Tage wurde in der Ma schinenwerkstatte der hessischen Ludwigs eisenbahngekellschast die Vcrwiegiing einer der Güterzugslolomotiven neuester Eonftruktion vorgenommen, um das Gewicht derselben in voller Ausrüstung zu ermitteln. Tie Verwieg ergab, daß die Maschine allein 48 Tonnen oder fM) Eentner wog. der Tender sammt dem Kohlenvorath und dem Basier wog 28 Tonnen oder 5io Eentncr. mitbin wog die Lokomotive in voller Ausrüstung V'2 Eentner der l',2. Psund. fassend. Warum hat denn der Herr Ane den schrecklich häßlichen Menschen ;::, Braimudrer gewählt ?" M gi -la. tüsift Tll lVr m.lr ifcmt iw'.r i Duellen sein Sekundant.-