Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, June 20, 1895, Image 12

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    An die falsche 2ldresiö.
ar. i;iaua iucln.
Kommerienrath Spiegelihil Adele
hatt t'efetiämchen. In dem lururtö
ausgestatteten Boudoir der twzlgea Toch
ter dcl Millionär oeisammelt, alle n
dem wonnigen Alter von fechlzehn di
achtzehn Jihrea. Wie ein ran, bufti
!er Frühllngidlumea umrahmten die hel
en Gestalten den gierlichen Marmorttsch.
Adel Lxtegellhal, ein üppig Brün
nette mit einem hochmäthtgea Geficht,
blickte in unruhiger Ermaitung aus die
Thllr. Dt Peodule auf dr schwarzen
Marmorkonsole unter dem Goldrahm
spi.gel etfüntite mit Hellem lang die
sechste Stund:.
.Sie kommt Vi.-ter nicht. Warten
mir mcht länger," sngie sie mit einem
ärgerlichen Achselzuckkn und sehte die
Tischglocke ii Bewegung.
,,On Th?e," herrschte sie den eintre.
tenden Diener an.
Unerhört I Wa5 sie sich nur inbil.
det l Ich alde st nicht wieder inladen.
Sie kann froh sein, daß Du mit ihr ver
kehren willst," riefen die Mädchen ent
rüstet Kmcheluander.
Verkehren?'' rief Adele zornig.
Ich mag diese Vettelprwzesfin nicht lei.
den und habe sie nur eingeladen, eil ich
keinen besseren Ersatz für Betti von
Reden augenblicklich finden konnte."
Jedenfalls glaubt sie, weil ihr er
florbener Vatrr General und ihr Mut
ter ine geborene Gräfin, sie könne darum
mit BSrgerlichk!, nicht verkehr," warf
Greta Hol, in entzückend: Blondine
ein, welche ebenfalls die Tochter e!neS
Emporkömmlings war.
Paa, ich kann alle Tage einen Gra
fen heiralhen," sagte Adele gertngschZßlg.
Graf Schlieden zeichnet in ikdcr Gesell
schast nur mich "
Und Paula von Eschenbach aus.
Das ist ein offenes Geheimniß," fuhr
ihr ein la!g aufgeschossener Backfisch,
der im Gegensatz zu seiner Länge Mtg.
non genanut wurde, maltltöS in die
Rede.
Adele warf der BoZhaftm einen bitter
bösen Blick zu, dann zuckte sie hochmuthig
die Achsel.
,Di thut mir keinen Schaden lachte
sie verächtlich auf, fle ist arm, wie eine
Kirchenmaus. Sie kann froh fein, wenn
fle dereinst in Subalterobeamter heira
then würde."
.Sch.ei nicht so, Adele.' rief die dick
gutmüthige Tills Sedaflröm, .die stolze
Paula und inen Suballernbeamten hör
rible I"
.NebrizenS ist Schliebe selber reich,
warf Mignon ein.
Adele beachtete den Einmurf nicht.
.Gerade einen Sudalternieamten fuhr
sie In zorniger Erregung fort. .Sie
müßte einmal so recht ordentlich gemüth,
lich und unterhaltend werden, das stolze
und hochmüthige GcschSpf. Ich glaube
übrigens, st arbeitet mit ihrer Mutter
für Geld, um den äußeren Schein des
Wohlstandes bewahren zu können."
.Für Geld arbeiten, pfui, wi ordi,
när", warf Greta Holm ein. Wenn
ich das wüßte, würde ich überhaupt nicht
mit ihr ve,khren."
.Hört meinen Plan rief Adelt geiie
terrjch. Die Mädchen steckten die Köpf
zusammen.
Adel sprach eifrig und mit glühenden
Wangen. Ein tiefes Schweigen folgte
der langen Rede.
.Aber wenn es herauskommt,' wagte
endlich die ISjährilze Arriv von 2BiIie
mann die bedeutungsvolle Stille zu bre,
chen.
.Kiadskoxf schollt Grtta Holm, ,eö
kommt nichts heraus, außer wenn du
plauderst.-
Aoele klingelte und befahl dem tat'
tenden Diener, ihr die neueste Nummer
deS .Berliner TazkblatteS' zu bringen.
Nach wenigen Minuten studirten alle
fünf, Eine über die Andere Hinwegs,
hend, eifrig di: Rubrik der HeirathS.
znvorc:v.
Ein Minigerialbeamter (Rath), in
dn besten Jahren, mit einem JahreSein
kommen von 6000 Mark und einem r
heblichn Baaroermögen möchte sich ver
heirathen. Daoren der besseren Stände
in Alter von 1324 Jahren, auch ohne
VermZzen, mögen oe trsuenkooll ihr
AoreZZe nebst Phg!ogiaphi unter
M. St. 100 in der Expedition des .Verl.
Tagebl.' niederlegen las Adel lrtum
phirend.
.Entzückend, henlich, ganz für ur.se
ren Plan czeschaffeg riefen Alle in
ftimmg. .Adeie muß schreiben, gltich '
.Gab )r Paula nicht bei SendenS
auch eine Photographie?' fragte Greta
Holm. '
.Sie konnt: nicht umhin,' rwidnte
Adele ge'.eizt, .sie haßt mich, wert sie
mich für ihre begünstigte Nebenbuhlerin
hält.'
.Ich opsere da! Bild gern,' fuhr Adele
mit forcirter Heiterkeit fort. .Schreiben
will ich auch, aber den Name nicht, nur
die Wohnung. O, S gibt einen Haupt-
spaß, wenn der Herr SckrtIZr oder wa?
er sonst sein mag, um die stolze Paula
von Eschenbach abhalten kommt. Aber
schweigen, Kinder! Wer plaudert ist hr
loZ und auSgkschüossm von unserer
Freundschaft.' St reichten einander im
feierlichen SchLeigen die Hände.
.Zum Donnerwetter, Kerl, was soll
das heißen?' fuhr der Lieutenant von
Schlieben feinen Burschen an, der neben
dem Morgenimbiß seines Herrn wen
Chimboraffs von Briefen aufthünnte.
,Zu Befehl, Herr Lieutenant, Alles
son wegen des Hundeoieh,' antwortete
der biedere ElsSsser mit etliem gutmüthi
gen Grinsen. ?vtf
.Heiliges Kanonenrohr, mit dem
Ballast kann ich sa inn ganzen Hunde
park anlegen. Sie können g:hen, Wie
densohlcr. '
Der Bursche o.ischiand.
Der Lieutenant krank ruhig seinen
Kaffee, zündete sich eine Cigireii an und
begann die Brief zu kfinen. Aul dem
er'len Eeuoert fiel 'ihm die Photograxhi
einer Dame entgegen. Befremde! las er
da Begleitschreiben, dann besa er di
Aöreff Lhiff. N. N. 100. Da stimmte:
aber der Inhalt ?
.Eine grau und in Hund, da ist
immerhin in Unterschied. Nun, ich will
I mir überlegen.'
Belustigt griff er nach einem anderen
Couoert. E enthielt einen gedruckten
Prolpekt einer renommnten Hundezüch
terei. Er legte ihn zur Seit. Au
dem drill zog er mit einem ironischen
Lächeln wiedtr in Bild. Aber im glei.
chen Augenblick vkrfchwand da Lächeln
und in dem hübschen, offenen Gesicht de
Offizier spiegelte sich unverhohlene Er
staunen. Hastig sprang er auf und hielt
da Bild gegen da Licht.
Nein, er täuscht sich nicht. Er hielt
da Bild seiner angebeteten Paula in der
Hand.
.Himmel, Kreuz und noch etiaS.
Aefft mich in Spuk odr will man mich
zum Narren halten?' polterte der Lieute,
nant. .Wie kommt das Bild unter die
Hunde.Offertea.'
Er riß das Bezleitfchreibtn aus dm
Couoert. Zwei, dreimal la er den, von
zierlicher Frauenhand geschriebenen In
halt, ohne indessen mehr davon zu enlzif
fern, als .drückend Btihältniss jnin
gen mich, diesen twaS ungewöhnlichen
Schritt zu wagen. Meine Familie be
findet sich in einer peivoollen Lage' die
weiteren Buchstaben verschwamme vor
seinen Augen.
Himmel, mußt S so weit kommen.
Seine Paula, seine angebetete Paula
wollte sich opfern für die Ehre thrr Fa
milie. Und er hatt keine Ahnung, r
glaubte, sie lebe in glänzenden Verhält
nissen; er hatte eZ nicht gewagt, dem
stolzen Mädchen seine Liebe zu gestehen,
er der begütert Graf und nun
Doch der Himmel hatte ein Einsehen
gehabt. Er spielte ihm da oerhängniß
volle Schreiben in die Hände, damit noch
Alle gut werden sollte. In glühender
Leidenschaft drückt er das Bild an fein
Lippen, dann riß er wi toll an dem
Klingelzug.
.Meine beste Uniform, Schärpe und
Helm und um zwölf einen Wagen,'
herrschte er den verdutzten Burschen an.
.Sodann tragen Sieden ganzen Kram,'
r deutete auf die Briefe, .wieder in die
Erpedition und sagen, man möchte die
Brief gefälligst sortiren. E scheint
mir dort eine heillose Verwirrung vorz
kommen zu fein.'
Der Bursche stand noch unschlüssig.
.Herr Lieutenant,' begann er zZgernd,
.das alte Mamsell, me gehört da
HsuS, hat verboten alle? Hundeoieh im
Hause, von wegen die schwarze Kater.'
Der Lieutenant lachte laut auf. .Laß
gut sein, alter Jung, und ängstige Dich
nicht wegen der alten Schachtel. Wir
ziehen auZ in eine schöne, prächtige Woh
nung, wo uns 'einer etwas zu verbieten
hat, da giebt'S nur freundliche Gesichter,
gute Bissen auch für Dich kurzum,
wir heirathen.'
Punkt halb ein Uhr stand der Lieu
tenant von Echlieben in dem Salon der
Generalin von Fschentach.
Sein Herz klopfte unter der Uniform,
die knapp seine hohe Gestalt umschloß.
Wie würde Paul,, wie die Generalig
seine plötzliche Werbung aufnehmen?
Aber er hatte der Ersteren ja so unver
hohlen den Hof gemacht, sie mußte ihn
verstanden haben. Jetzt betrat die Ge
neralin, eine vornehme, noch immer
schöne Erscheinung, den Salon, welcher
den Stempel der vornehmen Behaglich,
keit, ja mehr noch deS gediegenen Reich,
thumS trug. Indessen, das war oft nur
eine glärzende Außenseite. Der Gene
ral hatte vielleicht Schulden hinterlassen,
überdies hatte Paula einen Bruder. Er
war zwar rft Fähnrich aber wi die
jungen Cent sind. Herr von Schlicben
wgte das aus Erfahrung.
Die Generalin sah ihren Gast rwar
tungSroll an.
.Gnädige Gräfin,' begann dieser mit
vor Aufregung zitternder Stimme, .ich
bin nicht der Mensch, der durch wohl
gesetzte Reden zu glänzen versteht und
gerade. 0 Z sich um da? Glück
meines Lebens handelt, fehl.'n mir die
Wort. Indessen, ich glaube, Sie wer
den mich verstehen, meine gnädigste Grä
stn, wenn ich Ihnen in schlichten Wor?
ten erklärte: .Ich liebe Ihr Fräulein
Tochter und bitte unterihänigst um die
Hand dirselben.'
Wie in freudiges Leuchten überflog eZ
das Antlitz der Eeneralin.
.Ihr Antrag überrascht mich," sagte
sie. .Indessen, wenn Sie glauben, daß
Sie dem Herzen meiner Tochter näher
stehen, so wäre ich die Letzte, d! einer
Verbindung zwischen Ihnen hinderlich
sein dürfte. Ihr Vater war der beste
Freund meine verstorbenen Gemahls.
Ihr Ruf ist gut. Ihr Verhältnisse sind
die besten '
.Gnädige Gräfin,' siel ihr hier der
überglückliche Lieutenant in das Wort.
.Alles, was Ich besitze, gehört auch Jh,
nen. Verfügen Sie schon jetzt.'
Die Eenerali sah ihn befremdet an.
Fr schlug beschämt und verwirrt die
Augen nieder. Eine glühend Röth
überzog momentan sein hohe, weiße
Stirn.
Die Generalin lachte belustigt und er
heb sich, auch der Lieutenant sprang auf.
Sie reichte ihm die Hand, die r ehrerb ie,
t:g an seine Lippen drückte.
.Ich sehe, Si haben ein gute
Herz,' sagt sie, noch immer lachend.
.Augenblicklich jedoch genügen meine
Pension und di Reoenükn meiner Güter,
um di Bedürsriiff für mich und meine
Kinder zu bestreiken.
Der hi:ft;e, tätlich re:lze : Aus
druck in dem Sesicht leZ fcuir'.eaantS ließ
sie verstummen.
.Ich werde Ihnen Paula schicken,'
sagie sie freundlich ur:d ließ den jungen
Ossijier allein. Dieser verharrt: starr,
ie in Bildsäul. E:ine Gedanken
wirbelten ihm im Sox?:. WaS Hit: di
mysteriös HeirathZoffertt zu bedeuten?
.Herr von Schliebea?'
Er fuhr Zh zusammen. Vor $m
stand ein holde, schlanke Märchengeftalt
mit tief erblaßtem Hail:!.
.Gnädige, Fräulein, Paula, theure
Mädchen, stotterte er. Er konnte eben
nicht viel Wo?! machen. Sie reich:
ihm vortlc beide Hände. Sie hatt ihn
also verstanden. Thräner: traten dem
ehrlichen Burschen in di: Augen uvd
heftig schüttelte er die za'tkn, weißen
HZade. 'Sein Küsse sagten später mehr
al tausend Worte. Aber st mußte er
über den mzsteriösin Brief Gew ßheit
haben. Er zog daZ j:ld au 8 der Brust,
tasche und hielt il seiner Braut ucotr
miltelt var di: Auge.-:.
.Wie kommst Du zu dem Bilde?'
fragte sie erstaunt, dann drohte sie lä
chetr:d xM dem Finger.
.Du hast ei eZkaaiotirt, und zwar bei
Lpiezelthi!,' sag! sie mit komischem
Ernste. .Ich kenne da Bild genau,
hat kiner: weißen Fl:ck im Auge, Stehst
Du'S? Aber für die arrogant? Lbe! war
eS noch gut genug.'
Der Ltktknant pfff leis und vecständ.
nißvoll durch di Zähne.
.CIiereLie: la r'eranu,- murmelte
und stickt da Bild mit üatm tiefen
Seuszer der Erleichteruzz in s:'ne Brust
tasche.
Wenige Tage rrach diesen Ereiziifen
erhielt Ade'e S?iegelthal gleichzeitig mit
der VerlobungSanzeiae de Grafen
Schlttd:?. mit Paula von Efcheubach ei
nen Brief, welcher nichts wettet ZNlhiilt,
als ein Photographie.
Gpiegel:hals sind gen Süd gereist,
um Reaze! zu sehen,' rzZhlt ineS Ta
ge Paul von Eschenbach !hr:m Bräu-
tigam, .und zu sierbea fchte sie dn
wenig ooShas: hinzu.
.Ode? Heirathen zu vermitteln,' ant,
ortet er malitiö.
.WieZ' fragte sie, ,wa3 ftgiest
Du?'
.O,!ch:','
S'ge" der Sslbftzinschäzung,
Humz??Sks von Marimttian Kräme?.
Der Herr Rathzzimmerme'ster a. D.
Klimpe war wieder ejnmal höchst üble:
Laune. Er schlug auf den Tisch, daß die
Kasstttasseu klirrten und z:rknikterte Kie
Zeitung, die ihm so?st al? öeruhigerrde
Morgenlektüre die:. Denn auch in
dcS Heim deZ sonst unumschrZnkt Herr
schenken HS:ncan?er: war der Geist
deS Umsturzes tng:zog:n. und d Füh
r: der Umsturzpartei saß ihm g.'g:näder
in Gestatt seiner Toch'ec Emmi, einer
ebenso lieblich, k energisch blockenden
Blondine.
,DaS nerünft Du freie Arztwahl)'
schrie K'.irr,pe rrizt. .Und heute sagst
Du Z rr.tr rft, rüigerathenlS Dingl
MeuchliirzZ, hicter dem Kücken DeincS
leiblichen VaterS hast Du Dich mit
diesem Giftmischer verübt!'
.Ein Eistmisch.'r ist Har.Z nie gewe,
sen,' erwidert Emmi ruhig. .Du weißt
doch, baß r praktisch Arzt ist."'
.In mein Lug:n in höchst llnprak
tisch? Arzt! Denn r verstcht nichts und
er hat nichts! Nicht wmal die Mittel
gege die J.iftenza hat er entdeckt, wo
Koch jeder vernünstige Doktor heutzutage
seine z:hn eigenzu Nezepte dagegen Hai.
Der bringt S nie zum anttStörath,
höchste?? zum KsJfufionZrathl'
.Hin ist allerdings etwas zerstreut,'
ab Emmi zu, .v.ber ich werd ih schon
davon kuririn, wenn er ist mein Mann
geworden istl'
.Hahaha, e!a Doktor, der sich von
seiner Frau kcrtrc?. lZZt!" lachte Klimpe.
,DaZ ist mir ein ltt'.r Doktori Er
wird mit seiner Kopflosigkeit noch das
größte Unheil anrichten werm er aS
verschreibt, verschreibt n sich!'
.Aber er hat trotzdem eine große
Praxis, er mußt sich cft kürzlich ein
zweireZ Wartezimmer einrichten.'
.Natürlich, das eine genügte ihm nicht
mehr, um auf die Patienten zu warten!
Und so ein Mensch, der nichts ist und
nichts hat, will meine leibeigen Tochter
heirathen! Er soll mir nur kommen, ich
will ihm schon zcigen, wo der RaihSzim
ermann das Loch gelassen hat!'
Herr Klimpe warf sich erschöpft in
feinen Sorgenstuhl, d:r an diesem Mor
ge seiren Namen in der That verdiente.
.Er wird gar nicht zu Dir kommen,'
sagte Emmi mit bewegte? Stimme, .r
w'.rd Dir schreiben und ist später in
aller Form um meine Hand anhalten.
Und wenn Du .nein' sagst, dann Vater
hast Du eine Tochter weniger!'
.Hm, weniger al eine kann ich doch
nicht haben! Na. weine nur nicht gleich
und sitze nicht da, wie ne Bega sche
Brunnenfigur! Hat'S ich! eben ge
klingelt?'
.Ein Brief von Herr Klimpe I' ließ
sich in demselben Moment daS Dienst,
mädchea vernehmen.
.Von ihml' frohlockte Emmi, rasch
aufgeheirert.
Herr Klimpe warf seiner Tochter einen
strafenden und dem Brief einen prüfen
den Blick zu.
.Kavzleiformat?' meinte er verwun,
bert. .Er macht eS zu feierlich, das
sieht ja beinahe wie eine Einladung nach
Moabit aus!'
.Han achtet Dich auch viel z hoch,
als daß er auf einem gewöhnliche, Brief
bogen an Dich schreiben könnte!'
Der ehemalige Polier lächelte ge
schmeichelt.
.Das gehZrt sich auch für dm Vater
meiner Tochter! Ader laß doch mal
sehen, wa der Herr Doktor eigentlich
will!'
Emmi stellte sich hinter den Eluh!
ihre? Papa, legte ihren Arm um seinen
Ha! nd blickte glückselig in den Brief.
.Hochgeehrter Herr,' laS Klimpe.
.Anliegend gestatte ich mir, Ihnen die
nothwendige Aukkunst über mein Ver
hältniss a gehen mich seine Lieb
schiften an?'
.Er meint sein Lkrmögenloerhält
isse. Papachen.'
.So'o Aufschneider! Aber va ist
denn da? Er legt seine Steuerdeklara
tioa bei die Schlauheit hätt' ich ihm
gar nicht zugetraut.'
.Siehst Du, HerzettZväterchen, wi
hoch er Dich achtet! Ehe er eZ M'juel
verräth, schreibt er e lieber Dir!'
,?ber eine Unverschämtheit bleibt
e doch! Statt einer BrautwerdungS
Petition schickt er mir einfach die Steuer
erklärung l Glaubt dr Großkooz
vielleicht, ich werd' mein eil'zig geliebte!
Kind an den Meistbietenden verschachern?
DaS Geld allein macht nicht glücklich
apropos, wie hoch schZtzt er sich denn
ausSJhri'
.Du kannst ja nachsehen, Paa!'
,Hm, die Steuerdeklaration soll zwar
geheim gehalten werden aber wal
thut ein Vater nicht für sein einziges
Kind?'
Herr Klimpe sucht die entscheidende
Rubrik, dann stieß er einen Ruf des Er
staunen? aus.
.Donnerwetter wal ? 59.200 Mk.
pro Jahr? I DaS hätte ich dem Duckmäu.
fer wahrhaftig nicht zugetraut!'
.DaS ist auch entschieden zu hoch!'
zscifelte Emmi.
.Zu hoch ? Na so dumm wird doch K i
r.e? sein und sich zu hoch einschätzen! Be,
sonders Dein Doktor nicht, da scheint
mir in ganz Gertebener zu sein! Nach
seinem Gethue hätte man wirklich glauben
müssen, er habe keinen rothen Heller!
Mir unerklärlich!'
.Papachen!' rief Emmi freudeftroh
levd. .Ich weiß eS k Er sollt di Echt,
hei! meiner Liebe prüfen, als er sich für
mittellos ausgab!'
Der Rathszimmermeister a. D jmachte
ein sehr verdutztes Gesicht.
.Ein edler Mensch und in Schlau
berger!' gestand er. .Ich begreif nicht,
ie ich den Mann für'n Schwachkopf hal
im konnte? Ich nehme Alles zurück und
gebe Dich ihm noch dazu
Emmi siel ihrem Vater um den Hai.
.O, wie bin chi glücklich!' jubilirt sie.
.Das kannst Du auch fein mit so 'nm
Mann!' meint Klimp, indem r ihr
zärtlich das Haar streichelte. ,20,000
Mark! Ein klotziges Geld!'
DaS Dienstmädchen störte die schöne
Familiengruppe, allerdings durch eine
Freudenbotschaft.
.Herr Dr. HanS Mauer wünscht seine
Aufwartung zu machen.'
.ES ist mir ein Vergnügen!' rief
Klimpe erfreut, .herein mit ihm!'
.Soll ich mich zurückziehen, Papa?'
.Warum denn? ES ist ja Alle? glatt!
Da ist er ja schon!' Herzlich willkom
men, lieber Herr Doktor.
Herr Dr. HanS Mauer, sehr blond
und sehr kurzsichtig, rückt an der Brille
und macht dann eine tiefe Verbeugung.
.Hochgeehrter Herr Baurath.' be
ginnt er. .Schon mein äußerer Merfch
wird Ihnen deutlich verrathen, daß ich
ich
.Ich weiß Alles, lieber Doktor! 5
gleich Sie Lackstiefel über ihr Freiers
füge gezogen haben, merke ich dennoch
Ihre Absicht und werde nicht verstimmt.
Ich habe mich aus ihrem Briefs über
zeugt, daß Sie der Mann sind, der eine
Frau glücklich machen kann. Emmi,
komm her bitte, bedienen Sie sich, Herr
Doktor!'
Di Ueberglückliche fällt ihrem AuSer
wählten freudestrahlend um den Hals.
.Liebster HanS!'
.Meine theure Emmi','
Klimpe weidet sich an diesem Anblick ;
er that seinem Herzen wohl.
.Na, Schwieaersöhnchkn scherzt er
dann, indem er dm Doktor vertraulich
auf die Schulter klopfte. .Sie waren
doch neulich ein eingefleischter Feind al
ler Steuern. Erkennen Sie jetzt endlich
den Segen der SeldftetvschatzungZ'
.Gewiß, Schwiegerpaxa; ich habe mich
auch ganz pflichtschuldigst eingeschätzt.
Ltider '
Klimpe lächelte ironisch.
.Leider?' sagte er mit scharf:? B
nung. .Jetzt brauchen Si sich doch nicht
mehr zu verstellen, Sie aler Duck,
mäuser, Siel'
.Papa hat nämlich Deine Steuer
deklarativ gelesen, liebe? Hurj", r
klärte Emmi.
.Papa? Gelesen? Wie kommen Sie
denn dazu, Herr Klimpe?'
,Na, Sie haben sie mir ja doch zu
meiner Information geschickt.'
.Ich?' Der Doktor isch!e sich den
Schweiß von der sogenannten Denker
ftirn. .Alle Heiligen!' rief er dann,
.da hab ich am Ende die EouvertZ ver
wechselt! Si haben di Steuererklärung
rhalten und bei dem Ober RegterungZ,
rath Tuebden hab' ich um die Hand sei
ner Tochter angehalten! Entsetzlich'.' '
Klimpe reicht ihm di Deklaration.
.Na, va, in bischen zerstreut sind Sie
ja, liebe Doktorchev!' konstatirte er mit
väterlicher Milde.
.Aber diese Zerstreutheit hat un heute
Glück gebracht!' fügte Emmi hinzu.
.Nicht wahr, Han?'
Der Doktor warf einen flüchtigen Blick
in da Schriftstück.
.Gewiß, mein Schatz!' sagte er dann.
.Und sieh nur, wie gut e war, daß die
Deklaration ihre richtige Adresse nicht
gleich gefunden hat: da sehe ich eben, daß
ich mich bei der Firirung de JahreSein
kommen wieder einmal verschrieben hab
, ist natürlich ine Null zu viel!'
Ksckjkitvkrsuche.
Ihrer hohen und etwa abenteuerlichen
Gestalt haben di Windmühlen ei zu ver
danken, daß die Gagen, Märchen und
Lieder dichtende und sinnvolle Bräuch,
und Sitten schassende Bolttphzntasie sich
mit ihnen beschäftigt, besonders in den
Marschen, in deren flacher Ebene si weit,
hin gesehen werden. Ja de Hannover
schen Eidmarschen, besonder im Lande
Hadkla und in dem zu Hamburg gehören,
den kleinen Amt Ritzebültkl knüpft sich an
di Mühlen in merkwürdiger Hochzeit,
brauch, der noch bi auf deaheutgenTag
ausgeübt wird. Inmitten KurhaoenS,
auf feinem schönsten Platz, erhob sich eine
große Windmühle, ein alte Wahrzeichen
KurhavenS, das früher auch als See
marke eine Rolle gespielt hat, und dreh!
bi vor kurzer Zeit unbekümmert um die
vornehm Nachbarschaft ihr g'waltigen
Flügel in der frischen Steinst. Aber
schließlich hat diese Nachbarschast, der er
nicht mehr paßte, den Riesen doch über
wältigt; er wurde auf Abbruch oerkausl.
Al e so weit war, wurde im Or! eine
Hochzeit gefeiert. Da erschien xlvtzlich
au der Dachöffnung der Mühle ei:
große Stange mit lustig flatternde?
ahne. Die dem Untergang geweihte
Mühle wünschte so sagten die Zu
schauer zum letzten Male Glück zu
einer Hochzeit. Die Flaggenhtssunz stand
allerdings im Widerspruch zu dem ur.
sprünglichen Brauch des .Mühlen.Glück,
wünsche'.
Auf dem Hinweg zur Kirche und auf
dem Rückweg von dort, so sagt ein alter
Glaube, dürfen die Pferde vor dem
Wagen, auf dem daS Brautpaar sitzt,
nicht scheuen, denn ein Unglück auf die
sem Wege würde eine unglückliche Ehe
nach sich ziehen. Führt nun der Weg
an einer Windmühle vorüber, so müssen
die herumsausenden Flügel still j'Wn
und wehte auch der beste Wind, weil sie
die Pferde erschrecken könnten. Am Mor
gen der Hochzeit erkundigt sich deshalb
der Altgeielle der Mühle nach dem Zeit
punkte, an dem der HochzeitSzug vorüber
kommt; zu dieser Zeit läßt er dann die
Flügel stillstehen, und zwar .in der
Scheere", d. h. in der Gestalt inS lie
gendeS Kreuzes, denn ein stehendes Kreuz
würde wiederum Tod und Unglück dedeu
ten. Zwischen die unteren beiden Flügel
aber tritt der Geselle, den Zug be.
grüßend, und der Bräutigam wirst ihm
für seine Gefälligkeit während der Vor,
Überfahrt einen meist in in Taschentuch
geknoteten Thaler zu. Ist dann der Zug
vorbei, so werden die Flügel dem Winde
wieder preisgegeben.
Sinnig ist auch ein HochzeitSg,
brauch in Ungarn, das .Sirickschnrlden'.
Er rtnneri in seinem Ursprung an
schwere Zeiten, In welchen die Ungarn
unter türkischer Herrschaft standen und
harte Kämpfe durchzumachen hatten. Die
Kirchen waren damals alle mit festen
Mauern umgeben, und stieg die Drang,
fal der Bevölkerung allzuhoch, so flüchte.
ten die Greise, Frauen und Kinder mit
ihren Habseligkeiten in die mauerumge
denen Kirchen, um dort Sicheihett zu
finden und zu beten, während die Män
ner draußen in heißem Kampfe mit den
Türken lagen. Der Weg von einem
Orte zum anderen war mit schweren Ge,
fahren verknüpft, und traf eS sich, daß
ein Brautpaar aus zwei verschiedenen
Ort qasten flammte, so mußt derManv
die Braut oft mit dem Säbel i der
Hand einholen. Daran will der noch
udltcze Brauch gemahnen, iin der Ruhe
der Kirche wird der Weg durch ein
Strohseil versperrt, und kommt der
HochzeitSzug heran, so muß der Bräuti
gam vom Wagen springen und mit einem
ttolzsabel sich freie Bahn schaften.
Schlägt er das Strohseil auf den ersten
Hieb durch, so kann er ohne Löfegeld
painrev; kür leren vergevitchea Hiev aber
mun er ein nach dem Brau des OiteS
und dem Reichthum deS Hochzeitspaares
bemessenes Lösegeld entrichten, und erst
nach dem Siege führt er die Braut
heim."
Anekdoten.
Al sich Gustav II. von Schweden in
Baris aufhielt, gratulirte ihm Ludwig
XIII. daß zu seinen Unterthanen auch der
veraymre ntvecier des Magnesiums und
EhlorinS, Scheele, zähle. Gustav II.
hatte bis dahin keinen Schimmer von der
Existenz des Gelehrten, sandte aber so
fort einen reitenden Loten nach Stock
Holm mit dm Auftrage, der Premier
minister solle Scheele in den Grafevstand
erheben. Dem Minister erging eZ nicht
besser als dem König, auch er wußte
nicht, wer Scheele war. Ein Sekretär
erhielt den Auftrag, über .den Kaudida
ten für den Grafenstand' Erkundign
gen einzuziehen, und lieferte nach einigen
Tagen folgenden Bericht: .Scheele, Ar
tillerie-Lieutenan!, guter Piftolenschütze. '
DaS Patent wurde ausgefertigt, der
Lieutenant ward Graf, der Gelehrte
aber blieb bürgerlich, was ihm aber in
der Wertschätzung der Mit und Nach
weit nicht weiter geschadet hat.
Christian Urban, der erste Geiger an
der großen Oper zu Paris, war in sehr
bedeutender Musiker und erfreute sich
einer hohen Achtung In der musikalischen
Welt. Wen er einen Sänger begleitete,
so hielt er die Augen beständig auf sein
Instrument gerichtet, und eS ist buch,
ftäblich wahr, daß er viel Jahr im
Opernorchester spielte, ohn j einen
Blick auf die Bühne geworfen zu haben.
Eines Abends traf er in einer Gesell,
schast mit einer jungen Dame zusammen,
die ihn wie einen alten Bekannten anre
bete und ihm die liebenswürdigsten
Schmeicheleien über fein Talent machte.
.Wer ist die Dame?' fragte Urban.
.Wie, Sie kennen sie nicht?' versetzle
der Herr deS HaufeS.
.Ich habe sie nie gesehen
.Unniözlich, betrachten En sie dich
recht. '
.Da, ist g ri cht nöthig sagte Ur.
ban, .ich versichere Sie, ich hcde sie n.e
vorher gesehen.'
Er sprach di Wah heit, denn er sah
die Malibran sie war J zum
ersten Mal, obwohl er si zehn Jahr
hindurch jeden Abend hatt singen hören.
Au; m Akk!chsaa!
Richter: ,..E ist doch merkwürdig
daß S! die Kleider gestohlen, uvd nicht
in die Kasse gegriffen haben !'
Angeklagter : .Ich bitt' Sie, erinnern
Sie mich nicht daran!' Ich hab' mih
schon genug d'iüber geärgert!'
Hu weliia I
Back'ch (der au etn:r Gesellschaft
kommt): .Mama ich habe schretlich
Hunger !'
Mutter: .Ist denn nicht, Secumz:.
reicht worden?'
Backfisch: .Nur der n!Ug:iorezk
Stammhalter !'
!?!r',tiffauiIichen.
Freundin : .Dein Man ist so lustig !
Ich höre ihn immer in seinem Zimmer
lachen!'
grau : .Ach, r liest nur meine Mod:
Rechnungen !'
B.'i'm dunen.
Feldwebel (zum Soldat?, wtlch:?
von der Kletterstange ohn BenÜtzunz
dr Fügt herabkommen foj und nun zag
haft in der Lust hängt): .Donverwetter,
ich glaube, Er will ein königliche! Turz
gölh als Lustkurort benützen!'
vo.hrft.
Junger Arzt : .Heute habe ich m.'inez
ersten Patienten bekommen !'
Bekannter (okar): .Gratulir:
lesten I Nicht wahr, wenn er sein Tefia
ment machen will, da empjehlen Ei
mich!'
Iuoorkomnien).
Kaufmann (zu einem aufdringlichen
Hauflrer): .Wenn ich inen Dienstmann
hier hätt, ich ließe St sofort hinaus
werfen I'
Hsusirer: ,WaS zahlen wenn
ich Ihnen inen hol'!'
Keines MißvzrstZnIwist.
.Köchin, nächsten Sonntag haben ir
unfkren HaaLiall ! Ich bin begierig,
mag Sie leisten köantn !'
,O, ich tanze AlltS, gnädigt Frau
nur Lancier kann ich nicht !'
M?em.
Dam : .Nun, gehst Du heuer ich!
mit Deiner Famiice in die Sommer
frische?'
Freundin: .Nein! Heuer geh! unser
Köchin!'
varam I
.Ach, diese Frühjah'Stotlt der Frau
Dtrector! Ganz Duft!'
.Ja, wegen ihrer duftigenToi
lkttkn ist auch ihr Mann vr
duftkt !'
':ne spe?::!rtioe vsclorsfriu.
.Sieh' mein neues Hütchen, Schatz l
Wi gefälltes Dir? '
.Entzückend, wie immer !, . Aber, lie,
beS Kind, wer soll bei wieder bezahlen?'
.DaS laß' nur mich machen! Mit
diesem neuen Hut besuche ich der Reihe
noch alle Deine Patientinnen und erwecke
damit ihren Ned. Die Ohnmachten,
dle'S dann abseht, ö:Z ihre Gatten auch
inen solchen bkchzf'!i, Uesern Dir daS
Zehnfache, daS der Hut kostet I'
21 ach e'n tTI5tch:n.
.Mütterchen, hörst Du gerne Geschich
ten?"
.Ja, mein Kind I'
.Soll ich Dir 'mal eine erzählen !'
.Nun!'
.Wirst Du Dich aber auch darüber
freuen?'
.Gewiß, mein Kind !'
.Aber fte ist gar nicht lang !'
.Nun. er.ähl'nur!'
.ES war einmal :ire Wasserflasche
uvd dit hab' ich eben caput ge
macht!'
verrznirt.
Frau A: ,Gurn Tag, Frau Nach,
barin.'
Frau B (?ran? im Oette liegend):
.Guten Tag. lieb Frau Nachbarin,
hübsch, daß Sie mich besuch: kommen.'
Frau L: .Ich geübte, laß Sie gar
nicht krank wären, doch nun sehe ich mit
Vergnügen, daZ Sie irUich krank sind.'
Glanbhzft.
Meister (den Lehrbuken prügelnd):
.Meinst Du. infamer Schlingel, eZ
macht mir Spaß, Dich alle Tag zu
prügeln?'
Lehrjunge: .Meinen Sie denn
mir?'
l'inx j'den p, eis.
Stationsvorsteher: .Sie können mit
diesem Zuge nicht m:hr mitfahren, e ist
kein Sitz mehr für Si da.'
Passagier: .Ich muß aber einen S'.is
haben, und wenn ich die ganze Zeit stehen
sollte.'
Schreckliche Rache.
A: .Er hat mich im Geschäft ruinirt
er hat mir meinen guten Namen geraubt,
er hat mir meine Braut abspenstig ge
macht, aber ich Haie mich gerächt.'
B: .Um GottkSciiillen. was hast Du
denn gethan?'
: .Ich habe ihm bi Sommer
ohnung empfohlen, in der ich im vorigen
Sommer gewohnt habe, und er Hai sie
gemiethet.'