Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, June 13, 1895, Image 12

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    Line Trauung.
Humoreske o. SKari l'anbn-anit.
E toav ein uaangcnehtr.et Tag: Em
bleigrauer Hiaimtl, der schwer hernieder
hing, in seiner Nebel, der jeden Licht,
sirahl einschlugt und cl Walt,
feuchte Geriesel zu Loden sank da
richtige Nooembkrmetter. Und mir war
, all ob da naßkalte Neielgeriesel
durch all Ritzen und Spalten in die
Zimmer dränge und sich verdüsternd aus
da Gemüth legt.
Oder ging diese Wirkung von dem
Buch au, du ich zu meiner Erheite
rung vorgenommen hatte?
E, war kür diesen Zveck schlecht ge.
nug gevSkt ein moderner Roman, der
die Welt, i st nun tnmal sein mochte,
mit xhotograxhischer Treu wiedergab,
rbZrmliche Minner, ehrlose oder un.
glückliche Frauen, so trüb und unersreu,
lich, wie da Wetter draußen.
Ich konnte endlich nicht mehr au,
hallen und warf da Buch weg. Eine
goldgtiiinderte arte siel herau.
..Dieiigaa. den 13. November, Nach
mittag 4 Uhr in der Gertraudenkirche",
la ich in großen gedruckten Buchstaben,
darunter ln lerlicher MZdchenschrift
..Komm wentafitn! u Trauung, liebe
Tante, ich erwarte Dich bestimmt."
34 sah nach der Nhr. E war drei
lertel aus Vier, und über dem Buch
hätte ich fast di Trauung versäumt
diese Trauuna. bei der ich um so weni
er feblen wollte, al ich. von einer
kürzlich überftandenen Krankheit noch
angegriffen, der Hochzeit nicht bet,
obnte.
Ich halte eben noch Zeit, mich eiligst
umzukleiden und eine ro chi zu neh
men. um nicht u spät zu kommen. Der
Nebel schien mir etwa lichter, der Him
rnel weniger trübt: schon die Hoffnung,
glückliche Gesichter zu sehen, erheiterte
mich in wenig.
Und glücklich, glücklicher al je zuvor,
muhte Hedwig doch heute aussehen.
Sie war die Tochter einer Jugend
freundin und mein Liebling seit dem
Tage, wo ich sie zuerst im Arm gehalten
und dt großen dunkelblauen Augen mich
au tnem krebSrothe Geftchtchen enge
blickt hatten.
3ch bat! si heranwachsen sehen, ein
liebliche Kind, ein gute und lieben
würdige Mädchen, in ihrem harmlosen
Uebermuth der Sonnenschein de Hau
se. Dann kam ein Zeit, in der si stil,
ler und blässer wurde und die dunkel,
blauen Augen einen tiefern Ausdruck be,
kamen, wie von heimlich gemeinten ThrZ,
nen. Sie sagte nicht, aber wir kannten
ihr sorgfältig behütete Geheimniß und
konnten e doch nicht andern, daß der
jenige, dem sie ihr junge Herz zug
wandt hatte, ihr hartnäckig fern blieb.
Die schmerzliche Prüsungzeit fand
unerwartet ihr Ende. Er hatte, wie sich
un zeigte, sich gescheut, um die Tochter
der reichen Hasei zu werben, ehe er einer
festen Leben leUung gewiß war.
Hedwig war in glückstrahlende
Braut. Ihren Bräutigam hatte ich in
der kurzen VerlobungSzeit nicht näher
kennen gelernt, doch wo ich im Famtuen
kreise über ihn hört, war geeignet, die
günstige Meinung zu bestätigen, die er
durch sein frühere Vergalten bei mir er
weckt hatte.
Die Droschke hielt. Die Trauung
hatt schon begonnen, alS ich in die Kirche
trat 7,0 mich unter die Menge engten,
er Zuschauer oder vielmehr Zuschauerin
nen setzte. Von meinem Platze au konnte
ich nur einen .Yeti der glänzenden Hoch,
zeitSgkfeUschast, um so besser aber da
Brautpaar ansehen.
Hedwig, mit den lieblich ernsten Au,
druck ihres holden Gesicht und einem se
Ügen Leuchien in den blauen Augen, sah
ganz so au, wie ich sie mir gedacht hätte.
Nicht ganz so gut gefiel mir der Bräu
tigam.
Er hatte, wie mich dünken wollt?, et
s Gespannte in seinen Zügen, zu
fammengkjozen Brauen, etwa unruhig
Forschendes in den Augen, kurz, ganz
und gar nicht das Aussehen ine Glück
liehen.
Nun hait ich zrcar inen Bekannten,
der behauptete, e gäbe an und für sich
kein bedauernSiverther? Wesen, al t
rn Bräutigam an seinem Hochzeitstage.
Betrachten Sie doch den Aermflen,
Pflegte er zu sagen, ob er nicht vollstön
dtg neben feiner Braut verschwtudet.
Für sie ist dieser Tag der schönste ihre
Lebens, an dem man ihr wie einer KZ
vigin huldigt. Er spielt nicht nur ein
untergeoidnete, sondern eine geradezu
klägliche Rolle, und man sieht ihm schon
on Weitem an, wie unbehaglich er sich
fühlt.'
Aber der diese Behauptung aufstellte,
war ein eingefleischter Hagestolz, und ich
hatte ihm noch nie geglaubt und glaubte
ihm auch jetzt nicht.
' Je länger ich den Bräutigam ansah,
desto weniger gefiel er mir.
Seine Unruh schien mir zusehend zu
wachsen. Dabei hätte ich beschwören
mögen, daß seine Blicke suchend und for
schcad sich gerade dahin richteten, wo ich
saß.
Und doch konnte ich unmöglich der Ge
genftand seiner Unruhe sein. Ich war ihm
jedenfalls absolut gleichgültig gewesen,
auch wenn er mich hZtte sehen können
aber da konnt er nicht, denn der Schot
ren einer Säule deckte mich.
Wem sonst galt wohl sein unruhig su
chender Blick?
Ich fing an mein Nachbarschaft zu be
trachten. Neben mir faß eine dicke grau
zrtt inem gutmüthigen Gesicht und wer
Füll bunter Blumen und Bänder auf
hrem Hut; nnd etwa seitwärts ein jun
gc Mäcchsn, da nett und geschmackvoll
angezogen war und in auffallend feine
Profil hatte, aber mir doch etwa den Ein
druch wer NShterin im Sonntagftaat
macht.
All sie sich einmal umwandte, sah ich.
daß sie ohne Einschränkung sehr hübsch
war. Die Bank, aus der sie faß, stand
rechtwinklich zu meinem Platze, so daß
ich da schöne Gesicht und tu großen,
grauen, von langen Wimpern beschatteten
Lugen nach Gefallen betrachten konnte
um so ungestörter, all da iviüiazenieioi!
offenbar ihre volle usmnl amkett au
die Trauuna gerichtet hatte und unser
wandt, ja angestrengt nach dem Braut,
paar hioübersah.
Oder vielleicht nach dem Bräutigam
Und er nach ihr?
.Ich weiß nicht, wie mir da blitzartig
durch den rn suzr uns mq niqi wie
der lciriß.
Jetzt bemerkte ich auch, wie blaß
war, und daß di Lider mit den langen
Wiuivern etwa geröihet waren. Da
schöne Gesicht erzählt ine Geschichte
und ich glaubte sie zu vergehen. Sie
hatte gelitten und gemeint um ihn,
der eben dort vorn seine Hand in die einer
Anderen legte.
Wußte er davon? Hatte sie ältere
vielleicht auch größer Rechte an ihn, al
Hedwig? Und sollte Hedwig' Bater,
sonst so klug und weltersahren. die Ver
gangenheit seine SchwiezersohoeS nicht
btnreichend aevrüst haben? Oder war
dergleichen so alltäglich, daß er I mit
Recht nicht beachtete, und ich nur so alt,
jüngferlich. daran Anstoß zu nehmen?
Mir wurde da Herz schwer, und ich
bedachte, ma geschehen konnte, wenn ich
mich nicht täuschte, wenn er wirkitch met
nei harmlosen, vertrauenden Liebling
unwerth war.
Meine erregte Phantasie malte mir
schreckliche Bilder vor.
Würde sie sich beim AuSgang aus der
Kirche an die Neuvermählten herandrün
gen und ihm ihr Anklagt in' Gesicht
schleudern? Würde sie inen Brief an
Hedwig schreiben? Oder würde sie war
ten, bi da Paar von der Hochzeitsreise
zurückkehrt und dann selbst kommen, um
di arm junge Frau auS ihrem erträum
ten Eden zu stoßen?
WaS ich je von dergleichen Verhält
nissen gehört und gelesen, siel mir ein,
und da Schlimmste davon war die un
erfreuliche Geschichte, die mich diesen
Nachmittag beschäftigt und die ich nicht
hatt zu Ende lesen mögen. Nun wirkt
sie doch in mir weiter und ließ m'r kein
Ruh. Ich mußt di einzelnen häßlichen
Szenen noch einmal durchleben, aber die
Mitwirkenden waren nicht die Personen
de Buche, sondern Hedwig, ihr Mann
und da blasse, junge Mädchen, da mich
mehr und mehr fesselt, so daß ich kaum
noch im Stande war, den Blick von ihr
abzuwenden.
Si that mir bei alledem leid. Ich
sah die wachsende Bewegung in ihren
Zügen, die großen grauen Augen waren
da konnte ich nicht mehr bezweise!
thränenfeucht, und zuweilen wandte
sie sich ab und zog verstohlen ihr Taschen
tuch hervor. Dabei sah sie energisch
aus, als war sie wohl im tande, nach
Umständen etwas Verzweifelte zu thun.
Mir wurde abwechselnd heiß und kalt.
Ich hätte mit ihr sprechen mögen, sie
trösten, sie bitten, großmüthig zu sein,
Mitleid und Erbarmen zu übe. Viel
leicht hätte ich bei ihr Gehör gefunden.
und doch that ich nicht dergleichen. Ja
der Furcht, twaS Ungewöhnliches, Aus,
allendeS zu unternehmen, blies ich unbe,
eglich auf meinem Platze und ballte nur
in ohnmächtiger Angst die Hände.
Eben wechselt da Brautpaar di
Ringe. Meine Unruhe wuchs. Aber
auch meine dicke Nachbarin wurde immer
unruhigkr, sie rückte auf ihrem Sitz hin
und her, suchte in ihrer Tasche und näherte
sich dann behutsam dem jungen Mädchen.
Sie zog sie am Aermel, beugte sich dar
auf zu ihr hinüber und sprach leise, doch
eindringlich auf sie ein.
Ich konnte trotz angestrengtesten Hö
ren kein Wort verstehen; ich sah nur,
daß sie Zeichen machte, die jedenfalls
dem Brautpaar galten, und baß da
chen durch heftige Kopsschütteln
und sonstige ablehnend Geberden ant
wortete. Noch eine Zeit qualvollen Wartens,
die, in Wirklichkeit kurz, mir unerträg
lich lang vorkam, während ich vergebens
diese mir dunkeln Vorgänge zu ergründe
sucht.
Dann war fct Trauung zu Ende,
und Alles drängt sich nach dem Aus
gang.
Zch veetll mtaz, ven nveren voran
und m die ywit cc Braukpaares zu
kommen. Daß ich, wie üblich Hedwig
gratuliren wollt, hatt ich in diesem
Augenblick fast vergessen. ES war mir,
alS dürft ich keine Zeit verlieren, um in
drohendes Unheil abzuwenden.
Indessen, so sehr eine unklare Angst
mich vorwärts trieb, waren mein beiden
Nachbarinnen mir doch voraus. Die
Kellere schob sich mit einer bei ihrer Kor,
pulenz erstaunlichen Behendigkeit vor
wärtS, indem sie sich mit den Ellbogen
Platz machte und eS der Junge überließ,
ihr nachzukommen.
Ich ah jetzt deutlich, daß e ihre d
sicht war, sich an da Brautpaar heran
zubrängen. So schnell ich vermochte,
war ich hinter ihr, und indem ich allen
Mulh und alle Kräft zusammen nahm,
aßte ich sie an der Schulter.
Sie stieß mich zurück, ebne sich umzu
ehe. Noch ein Schritt und sie stand
dicht vor dem Bräutigam und steckte ihm
etwas, da sie au der Tasche gezogen
hatte verstohlen zu.
Mein Herz klopfte rasend, und einest
Augenblick ward e mir dunkel vor den
Augen.
Dann horte ich meinen Namen rufen,
und die Hedwig umarmte mich und ver
barg lachend ihr Gesicht an meiner Schul
ter.
.Denk Dir, Tante flüstert st mir
in' Ohr, , er hatte sein Taschentuch ver
gessen. Erst vor dem Altar hat er' be
merkt, und dabei hatte er den Schnu
xfen, und mein batistene war ganz naß
geweint und könnte ihm nicht nützen.
Du kannst Dir nicht denken, wie schreck
lich e war. Jetzt eben erst hat ihm
seine HauShällerin hergebracht.
.Sie hält nur früher so klug sein sol
le', sagte der junge Ehemann, der re
ben un stand.
Er sah gar nicht mehr ängstlich, sov
dero höchst vergnügt au, lachte gleich,
fall üöer sein ganze hübsche Gesicht
und schaltet! mir ehrlich die Hand, mäh
rend ich verwtrrt meinen Glückwunsch an
draql.
Wie au einem bösen Traum erwacht
und sich nicht gleich völlig ermuntern und
die grausen Bilder verjagen kjnn, so war
mir, alt ich etwa später unter dem Por
tal stand und die lange Reihe der Eqai,
xagen vorüberrollen sah.
Der Nebel hatte sich in einen dichten
Regen aufgelöst. Ich artete auf eine
Droschke und ließ inzwisch:u Dunkel und
geachltglett nicht ungern aus mich wirken,
um meine aufgeregten Sinne zu ernuch
lern.
Ein Gefühl ängstlichen Veradchte
war doch in mir zurückgeblieben. Wa
halte e mit dem jungen Mädchen in der
Kirche für eine emandtniu? Sollte ich
mlq denn o ganz und gar getäuscht h:
ben?
.Sehen Sie, sag! neben mir die
Stimm der dicken grau mit dem Llu
menhut, .so geht e, wenn die Leute ver
liebt sind. Er ist sonst ein ganz ver
nünftiger Mensch, solid und ordentlich
wie Einer. Aber feit er das Fräulein
kennt, ich meine, die jetzt sein Frau ist.
da hat r ja wohl den Kops nicht oben.
Bitt' ich Sie, zur Trauung zu fahren und
das aiqentuch zu Hause liegen zu las
sen, noch dazu, wenn man den Schnupfen
hat. Na, bet dem Wetter ist da ja nicht
ander möglich! Von Dir wär' eS
auch gefcheidter. Du wärest zu Haufe ge
blieben!"
Mit diesen Worten wandt st sich zu
dem lungen Madchen, das, te ich erst
jetzt sah, in paar Schritt seitwärts
stand.
.Da ist nämlich meine Nichte , er
klärte si mir. .Sie wirb auch nächstens
heirathen, macht in gut Partie. Und
was meinen Sie, warum si hergekom
men ist? Blos weil sie das Brautkleid
genau besehen will und ihre ebenso ma,
chen. Da kommt davon, wenn der
Hochmuthteufel in die Leute fährt. Und
dabei kann si vor Schnupfen nicht au
den Augen sehen!'
Da mnge Mädchen hatte die Straf,
predigt gleichmüthig angehört, ohne ein
Wort zu erwidern. tote stand eben et
ner Laterne, di si hell beleuchtete. Jetzt
verstand ich die gerötheten Lider, den
chmimmenden Blick der großen, grauen
Augen, da anscheinend feucht gemeinte
Taschentuch.
In diesem Augenblick ging wieder eine
Bewegung, einem schmerzlichen Zucken
gleich, über da schöne Gesicht. Wieder
ah ti ans, all ob sie einen wollte.
aber jetzt wußt ich, was kommen
mußt sie ntst.
Sprich mit Mama.
Novelleite von I. P i o r k o w S k a.
war in alles ttamtlien tück. ein
Erbtheil meiner Großmutter, die durch
Zett Ichwarzbraun gewordene glänzende
Mahagoni Chiffoniere mit den reichen
Metade lagen.
AIS unsteter Jungselell ließ ich dies
KavtNetst tm Hause meiner Mutter,
wo ich zu den GerichtSferien stets mit
offenen Armen empfangen wurde, und
meine einstige .Kinderstube' mich immer
von Steuern anheimelte.
Ich freute mich stets von Herzen, wenn
die Ferien nahe ruckten; mit solcher Un,
geduld, wie verein i tm Jahr 1337 hab
ich sie aber wohl weder vor noch nachher
e erwartet; wie sehnt ich den Augenblick
herbei, wo ich meine Kinderstube wieder
betreten würd, um das dasklbft irrthüm,
lich in der Chiffoniere liegen gelassene
Packet Briefe heimlich bet Seit zu brin
gtN.
Wa für Brtkft? wollt Ihr wisse.
Die zu erklären, muß ich ine klein
Blicht ablegen.
Ich halt nämlich mehre Monate
vorher die Bekanntschaft einer reizend
hübschen jungen Dame gemacht ich will
hier weder ihren Namen noch die wunder
bar Farbe ihres Haares verrathen
genug, daß ich mich alsbald sterblich in
sie verliebte, ihr meine Hand antrug und
ihr Je ort erhielt!
Dieser Liebesrausch war aber on nur
kurzer Dauer. ES kam überhaupt nicht zur
öffentlichen Verlobung. Nach kaum acht
Wochen war Alle zwischen uns au. Sie
schickte mir meine Brief zurück, und
diese meine eigenen Brief waren S, die
ich, sorgsam zusammengebunden, in der
Chiffoniere hatte liegen lassen.
Der Gedanke an diese Unvorsichtigkeit
ließ mir kaum Ruhe, meiner geliebten
Mutter stürmische Willkommen mit der
gewohnten Zärtlichkeit zu erwidern.
.Zuvörderst möcht ich den Reisestaub
etwa? von mir abschütteln,' sagte ich,
indem ich mich sanft ihren Armen entzog
und auf meine .Kinderstube' zuschritt.
.Halt!' entgegnete meine Mutter, .ich
bad das blaue Zimmer für Dich Herrich
t:n lassen.'
.Das blau Zimmer? Weshalb?'
fragt ich verwundert.
.Weil das Deine bereits bewohnt ist.'
.Bewohnt? Von wem?'
.Von ihr,' versetzte meine Mutter, in
dem sie lächelnd nach der sich eben öffnen,
den Thür wies.
.Gabriella!'
.Ja, Gabriella war ti, meine kleine
Cousine; mit ihrem leichtgewellten asch
blonden Haare, den lebhaften Augen, die
mit dem Blau deS Himmels rtoalisiren,
mit den perlenweißen Zähnen und dem
schalkhaftem Lächeln um den kleinen Rosen
mund die reizendste aller Cousinen!
Si also bewohnt mein Zimmer und
hatt sicher Alle, darin befindliche Möbel,
Kasten ur.d Schränk bereu gründlich?
durchstöbert.
Himmel und Hölle! Mir schwindelte
bet diesem Gedanken!
Mit liebenwürdigem Lächeln, da
nicht ganz frei von einer gewissen B,
fangenheit war, die sie noch reizender
machte, streckt sie mir beid Hände nt
gegen.
Mein Verlegenheit muß mir auf dem
Gesicht gestanden haben. Ich fühlt
wie ich ztlteit.
Forschend sah ich ihr in di lachenden
Augen, um zu ergründen, ob kich in dieser
reinen mädchenhaften Seel nicht in
klein wenig Verstellung baig, bei dem
bloßen Gedanken an diese Möglichkeil
schoß mir da Blut heiß in di Vlirn
.Guten Tag, Vetter Georg.' sagt si
mit klarer Stimme, nicht metzr, nicht
weniger; ruhig lag ihre klein weiße
kinderwetche Haud in meiner Rechten
Aber giebt e inen Abgrund, tiefer al
da graueuherz t!
Wenn si sie nun doch gelesen hätte?
Ich mußt mir hierüber Gewißheit
verschaffen, dazu bedürfte eZ meine Ein,
dringenZ in ihr Zimmer.
.JhrZimmerl'
Welcher Reiz liegt in diesem Worte
wenn e sich um da Heiligthum einer
jungen Dam handelt, die mag von
frühester Jugend an kennt, für die ma
wärmstes Interesse hegt doch eben fcc8
halb nein, ich wagte S nicht!
Wa thun?
O, Freude! Sie selbst in ihrer Un
schuld kommt mir zu Hilfe.
.Vetter Georg !' ruft sie, wie ich au
dem blauen Zimmer trete, .Du mußt
einmal hereinkommen und bewundern,
wie schön sich Deine .Kinderstube' mit
der neuen Tapete auSnimmt.'
ES bedurft keiner zweiten Aussorde,
rung. zn ler nächsten Minute stand ich
mitten in der Stube und schaute mich be
wundernd ringsum.
oas immer m leinem neuen
hellen Gewand ist irklich sehr hübsch
geworden; riecht nicht mehr nach
Pfeifen und Tabak, die inaeräucherten
Jutegardtnen sind feinen cremefarbenen
Store gewichen und dort richtig, dort
letzt auch die alt Ehissontkr l
Ach, Eoustnchen. wa gebe ich für ein
Gla Wasser ich komme um vor
Durft!'
Dienstbereit wendet si sich nach inem
kleinen Settentischchen; bevor ich aber
meine Bitte auksprach, hatt ich mich
vorflchtigerweis erst davon überzeugt,
daß di darauf befindliche Karaffe leer
war.
.Sofort,' ruft sie und verläßt ilend
da Zimmer.
Ra ch trete ich an di Chiffoniere
habe ich aber auch ein Recht, sie zu off
nen? Ich muß! Ich hab keine
Zeit zu verlieren die Miauten rer,
streichen. Halb zaghaft, halb hastig
ziehe ich den Kasten auf o, Schrecken
über Schrecken I Da ist nichts, nichts
ver Kasten m leer I Schon bore lch
auch Gabriella zurückkehren.
Ich stürze da Glas Wasser hinunter
sie lacht, sie schwätzt sie ist immer
dieselbe ein litbe, heileres, lustige
Ding.
We aber find die Briefe? Hat sie
sie weggenommen verborgend v:r,
brannt?
Zehn Minuten später treffe ich au!
dem Korridor mit Tante Marie zu,
samme.
Nach herzlicher Begrüßung blinzelt sie
mir ganz geheimnißvoll zu, droht mir
mit dem ginger und zieht mich mit in ihr
Zimmer.
.Ich will Dir etwas geben; Du Leicht
sinn, spricht sie, langt auS einem Schub
fach ein Packet und reicht S mir.
.Alle Welter! Das sind sie ja. meine
Brief au dr alten Chiffonier.'
.Dein Glück, daß ich so vorsichtig
bin,' fuhr Tante Marie fort, .ich kenne
di Männer und pflege deren Zimmer,
bevor ich inem jungen Mädchen über,
lasse, immer einer genaue Prüfung zu
unterwerfen.
Mir siel ein Stein vom Herzen.
Ich schloß sie in di Arm und küßt
si und gestand ihr Alles, ich war ja
so froh, letzt war ich gerettet, ge
rettet!
h, meine lieb kleine Gabriella!
Wie glücklich war ich! Ich hatt mich ja
so geängstigt.
ES waren acht Tage, acht köstliche Tage
verstrichen, cl3 ich eines Morgens, wie
ich die Augen aufschlug, in zusammenge
falteteS Blatt Papier auf der Erd be,
merkte, das offenbar unter der Thür hin
eingeschoben worden war.
WaS war tZi
Sonderbar ei Briefchen!
Ich öffnete eS und la: .Lieber Tet
ter, weshalb sagst Du dies Alles nicht
Mama?'
.Dies Alle Mama sagen?' WaS
sollte da heißen? Ich stand vor einem
Räthsel. Lieber Vetter. daS Briefchen
konnte also on Niemand anderem als
von Gabriella sein.
AlS ich sie zum Frühstuck herunterkam,
men hörte, eilte ich auf den Flur, um mit
ihr zu reden ; sobald sie mich aber sah,
erglühte sie dunkelroth, wandte den Kops
ab, schob mir ein Blatt Papier zwischen
die Finger und hauchte verlegen:
.Hier ist Dein Brief, Gorg sprich
mit Mama.'
Im nächsten Moment war sie er
sch wunden.
Mein Brtcsi Was tdit vas t)e,ßenl
Ich flüchtete in den Garten.
Himmel und Hölle! Ja, da war
mein mein Brief, von meiner eigenen
Hand geschrieben!
.Du bist mzunenv lq vergoner.
Dich! Willst Du mich erhören? Willst
Du mir Dein Leben weihen? Ein Wort,
gelicb.'e Mädchen und Du siehst mich zu
Deinen Füßen!
Ewig Dein Georg.'
Da war Brief Namer I au dem
verhängnißsollen Briespacket.
Wa war damit geschehen?
Di aanie Geschichte war sehr einfach.
Dieser Brief halt sich in der Chiffoniere
in einen Spalt geschoben; Gabriella hat!
ihn gesunden, und sich rionerend, daß
all si mir am Tag metner Ankunft ta
erdeten Gla Wasser bracht ich mir
an der Chiffonier zu schaffen machte,
hatte si nicht ander geglaubt, al daß
ich den Brief für sie bestimmt und la hin
eingelegt hätte, daß sie ihn sänd.
Daher ihr Antwort Sprich mit
Mama."
Nun, ich sprach mit Mama" und
heirathet Gabriella.
Ich verehr und vergöttere meine kleine
grau nnd bin dank der alten Chiffoniere
einer der glücklichsten aller Ehemänner !
?ie sertsame ZSktt.
Eine Wirtljöhauz . (cschichle.
Der Herr Amtsrichter hatte sich über
ein zähe Beefsteak beklagt, worauf der
Wirth ihm versprach, ein andere sogleich
besser braten zu lassen. Der Erstere be
Haupte! aber, diese Beefsteak können
niemall eich werden, weil sie au lau
ter Sehnen und Flechsen bestehen. Der
Wirth jedoch, der aus seine Küche etwas
hielt, widersprach entschieden, so gab ein
Wort da anlere, bi chliench in
Stammgast unter allgemeinem Beifall
erklärte, hier lägen alle Bedingungen zu
einer Wette vor: man solle also dem
Wirth zweimal vierundzwanzig Stunden
Zeit geben, hacken oder wiegen dürfe er
e nicht, auch dürfe natürlich sonst nichts
Außergewöhnliches damit vorgenommen
werden; brächte er es dann fertig, dan
der Herr Amtsrichter e für weich erkläre,
so hab er gewonnen. Der Verlierende
müsse aber ein Faß Märzenbier zum Be
ften geben.
Der Wirth, in schlauer Mann, nahm
di Wett wirklich an. und der twaS
knickerige Amtsrichter rieb vergnügt die
Hände: diese Wett mußt er ja unbe,
dingt gewinnen, e konnt ihn ja Nie,
mand zwingen, innerhalb zweier Tage
irgend ein Beessteack der Welt sür weich
zu erklären.
er Wlrlt, Sten auch zu dieser Ueber
zeugung gekommen zu fein, denn er hatte
bisher keinen Versuch gemacht, seinen
Vortheil zu wahren. So war der Abend
des zweiten Tage gekommen, als der
Amtsrichter zur gewohnten Stund da
Gasthaus betrat; im HauZgange traf r
di hübsche WirlhZtochter, die ihm er.
öffnet, di Herren Stammgäste kämen
heut im Nebenzimmer zusammen, er
möge nur eintreten, sie werde sofort Licht
machen. Si hatt di Thür offen ge,
lassen, damit Licht in den dunklen Raum
alle, lieg bann aus einen Stuhl und
drehte den Gashahn auf. Mechanisch
war der Amtsrichter dem jungen Mädchen
in das hslbdunkle Zimmer gefolgt, dann
blieb er plötzlich stehen und sagt: .Ich
bin auf twa getreten, was liegt denn
da am Boden i'
.Um GotleSwillen,' rief erschrocken
daS Mädchen, .Sie werden doch nicht
mein Medaillon zertreten haben, ich merke
eben, baß ich es verloren habe.
Nein, nein.' beeilte sich d:r AmtS
richler die hübsche WirthStochter zu be
ruhigen, .ein Medaillon ist eS auf keinen
Fall, e ist ganz weich'
Weiter kam er nicht; ein schallendes
Gelächter ließ sich hören, e wurde xlötz
lich hell im Gemach und hinter ben MS
dein und aus dem angrenzenden Zimmer
men die Stammgäste hervor.
Mit überlegenem Lächeln sagte der
Wirth: .Herr Amtsrichter, ich dabe
die Wette gewonnen, denn Sie haben
oeben Ihr Beefsteak für .ganz weich'
erklärt.'
Jetzt ging auch dem Amtsrichter ein
Licht auf: vor ihm auf dem Boden lag
ein Bees'teak, der Ichlaue Wirth hatte
ihn trotz feiner SiegeZgewwhett zu über
liste gewußt.
Sonderöar Wustk.
Der Kurfürst Wilhelm von Hessen
war e:a großer leryaver von piew
Uhren. Sie fanden sich überall in seinen
Zimmern aufgestellt, ja sie waren da ver,
borgen, wo man sie gar nicht erwartete.
Am 27. Februar 1821 starb er nach län.
gerer Krankheit. Sein Leibarzt, der Tag
und Nacht bet ihm zugebracht, und w!h
rend dieser Zeit kein Auge zugethan hatte,
ank erschöpf! aus einen rehnstuhl. Doch
demselben Augenblicke sprang er ent
etzt wieder auf, denn der Stuhl stimmte
die Melodie an: .Freut euch des Lebens.'
Vergehens bemühte sich der Arzt, die
Mechanik der Spieluhr anzuhalten, er
hätte da Polster zerreißen und die Ma,
deine erschlagen müssen. Und so mußte
er nolhgedrungen neben der Leiche seine
verstorbenen Herrn die fröhliche Melodie
mit anhören.
en Vorschlag zur Hüt.
Herr Müller will nach Massachusetts
auswandern und bemüht sich zunächst
um einen Auslandspaß. .Wohin ollen
Ste auswanvernt- sragi ilznver ze
amte, der sein Gesuch aufnimmt.
.Nach Massachusetts I"
.Wohin?"
.Nach Massachusetts!"
Der Beamte kraut sich verlegen hinter
dem Ohr endlich, nachdem er längere
Zeit rathlos an seinem Federhalter her
umgekaut, endet er sich an Herrn Mül
ler mit der Frage: Hören Sie, wollen
ie nicht lieber anderswohin auswan
bern?"
Z-ta'.eJi
Tochter (zn ihrer Mutter): ...Ich
vüide den Assessor ja ganz gern hetra
then ab der Nam .Zrunlackel'
genirt mlch!.. Wenn er nur wenigsten
,vv Zaünlackel' hieße !'
VcpxeIsiiiN,g.
: ...Möchtest Du mir nicht
mit
zehn Mark unter die Arm greifen?'
B: .Du, da ist in kitzlige
Lach!'
G di Weiber I
Alzt: ...Meine Gnädige, gegen Ihr,
Neroenzerrüttung kann ich Ihnen nicht
andere verordnen all baden und wie
der baden!'
Si(zu Hause): .Lieber Victor, ter
Herr Docior meint, gegen mein Leiden
gäbe e kein andere Mittel a!
.BadBabn'!'
Za langweilig.
...Die Gejchichie, meine Damen,
eiche ich Ihnen jetzt erzähle werde,
ist buchstäblich ahr..'
.Ach, erzählen Sie lieber etwa
Zlnder, Hrr Förster da Ist
lustiger!'
Sonietbizt Frage.
Rich.'er : .Sie haben diesen Herrn
als er Ihnen auf den Fuß trat, einen
Esel genannt!' , '
Angeklagter : .Allerdings er
was hätte ich ihn denn sonst he
sollen?' i
peinlicher Anblick.
Studiosus (zu seinem College, vor
dem Postgebäude): .Geh'n ir eiter,
ich kann das nicht sehen jetzt cerdtn
die Geldbriesträger losgelassen!'
Ein modernes Dienstmädchen.
-Ihre Zeugnisse gefallen mir! Ich
engag-.re Siel.. Sind Si inverftan
den?'
.Dia!.. Und wenn kann ich dkbü
tirn?'
Reservier.
....Otto,
ich will nicht
mehr von
Dir wissen l'
Aber schau , Papa, übermorgen
beginn' ich ein neue Leben!'
Bei vor Zeugenvernehmung.
.Warum weinen Sie denn so, Frau
lein?'
,E ist halt gar so arg. so vor aller
Welt seine Aussagen machen zu müssen!'
.Wie alt sind te?"
(Schluchzt noch ärger.) ,O. o
vierunddreißig Jahre!'
.So, jetzt beruhigen Si sich aber:
das Schwerst haben Sie schon über
standen I'
Vorschlag zur l8!!te.
Ballmutter: .Entsetzlich, ie viel'
u n g Mädchen und wie wenig
Tänzer da sindl'
Backn ch : .ES war doch richtiger.
man ließe die vielen Herren vom
Orchester mittanzen und dafür
eine Damenkapelle spielen !'
Sonntags-Axpell.
.Krause ! ' Herr Feldwebel ! ' (Eilt
vor die Front.) .Krause, heut' ist
Sonntag I'
.Zu Bcsehl, Herr Feldwebel!'
.Heut' Nachmittag gehen wir Beide
in den zoologischen Garten I'
(Vergnügt): .Zu Befehl, Herr Feld
webeil'
.Gestern habe ich Sie nämlich Nhino
cero geschimpft, und daS möchte Ich dem
guten Thier doch in Ihrer Gegenwart
abbitten!'
Er und Sie.
Komm, er sprach, mir einen Kuß gieb',
Mit dem Munde rosenro'h l
Nein, sie sprach, mit Männern scherzin
Meine Mutter mir verbot !
Und er ging. Die Maid indessen
Still für sich im Janern klagt:
Sein Mutter hat ihm doch nicht
Mich zu küssen untersagt!
Sehr schmeichelhaft.
Gräfin (die zum Sommeraufenthalt
auf ihr Gut zurückgekehrt ist): .Nun,
Sepp, Ihr seid wohl Alle recht froh, mich
wieder hier zu sehen?'
,O mei ja! Wenn s,e net da san,
kommt uni 'S Schloß g'rad vor, wie an
Alm ohne Vieh!'
Ueberflilssige Reparatur.
.Aber Herr Wirth, weßhalb lassen
Sie denn das Dach nichr ausbessern? ES
wird ja AlleS watschelnaßl'
.Ja, letzt geht 8 nicht bei dem Regen!'
.Da kann doch bei schönem Wetter
geschehen!'
,A wa, bei m schone Welter ist S i
nimmer nöthig.
plattdeutscher Humor.
De Vadder Michel stund up sinen
Acker, de an den Weg nak DrSzenhusen
lag, un hackte de Kartuffeln ut dat Krut;
dun kömmt en Fremmer, blimt bieg Vad
der stahn, un wie hei'n grießt hat, seggt
hei: .Mein lieber Mann, ist die der
Weg. der nach Kneiphausen sührt?'
.Man nich.' seggt Michel, ,det IS '
nicht, den richt'gen Weg. den hebb'n Se
all' verpaßt, da mcßten Se schon da oben
rechi afzch'n l'
.Ach so,' seggt de Fremme, .dann
muß ich wohl auf diesem Wege wieder
etwoS rückwärts gehen?'
,Dat Kruken Se nich,' seggt Michel,
.dat iS nich Sdig, Krei'n Se sick man
blos umme, denn könnt' Se drieste wed
der vorwärts gah'nl'