Der Rina. 'i'on Zt. Fromm. Er ging unruhig in trat Gatte aus und ab, der mit Urnen hohe Bäume und seinem dichten Strauchwerk da Haul on der Straße trennte und el fast ver barg, sah unruhig nach der Haullhür, horcht auf jede Geräusch und murmelte or sich hin: .Noch immer nicht! Und fle ist doch sonst immer so früh draußen! El ist, all vb sie wüßte, daß ich auf sie wartel Er hüte et nicht nöthig gehabt. zu dieser ungewöhnlich frühen Morgenstunde j kommen und sich, uie er ei that, nur orstchttg dem Haul zu vayera, oamri ihn kein unbefugte luge entdeckte. Er wir ja der Verlobte deZ jungen Mädchen, da er hier erwartete. Noch waren sie nicht in aller Form öffentlich verlob.; Lina' Bormund wollte da erst zulassen, wenn der Bräutigam seine Anstellung an einer der höheren Lehranstalten de Orte, die ihm übrigen gewiß war, schwarz auf iß in der Tasche hatte. Der über, selige Liebhaber war mit dieser Best im. uumg mehr all zusriedea gewesen: so konnt r sein Glück doch einstweilen un gestört genießen und braucht l nicht auf Promenaden und ZZistten Hunderten von eugtertgen Augen zur Schau zu stellen. E war ein ungetrübte Glück in der allerersten Zeit; dann hatte sich ganz all. mältg in Schatten darüber gelegt, und S,ar durch die Schuld seiner Braut, elhalb war er jetzt in aller Morgen früh hier, um sich ohn Zeugen ernstlich mit ihr aulzusprechen. Die gut Frau Berger, die Anstandldame der verwaisten Schwestern, war zwar ein Null, ober sie ar doch da; und dann da Kind! Er dtß sich auf die Lippen, al r daran dacht. Da Kind war e ja, wa, durch Lina' Schuld, seinem Glück im Wege Die Kleine war zehn Jahr alt und von Geburt an blind. Franz Römer ar in gutherziger Mensch, der nicht außer Acht ließ, wa man dem Unglück schuldig ist. Aber daß Lina immer zu. erst an da Kind dachte, daß fle selbst in den eniaen Stunden, dt sie beisammen sein konnten, niemals ausschließlich sür ihn da war, da konnte und wollte er nicht länger so hingehen lassen. Gestern Abend sogar, wo sie so gut in der Fenster. visch hätten plaudern können, wo er ihr so viel zu sagen hatte da hatte sie ihn schon nach den ersten Worten unter. brechen: .Gleich, ich muß nur noch ein mal zu reichen Hinausgehen, ehe sie in schläft ' .So will ich nicht stören hatt er kurz gesagt, hatte er seinen Hut genom men und war gegangen, siebt aina die Hausthür sie war 8 Er dacht daran, wi r am Morgen nach dr Verlobung zur selben Zeit hierher gekommen war, er sah noch das glückliche Ausleuchten hrer braunen Augen, hörte noco den bald unterdrücken leugen ut schrei. Aber heute kam sie langsam herau, blaß, mit verweinten Augen, und al sie ihn anblickte, schreckte sie zu, sammen. ,Du hier. Franz?' .Ja, wi Du siehst. Ich muß sehr fern von Deinen Gedanken gewesen sein, da Du so er chrilk.' .Ich erwartete Dich nichtlso früh.' Sie sprach langsam, in müdem Ton, ihre ip, pen lächelten nicht, und ihr Augen senk, ten sich rasch, wie sie den seinen begegne, tn. Er bot ihr den Arm, aber sie be merkte nicht, oder sie that doch so. Si gingen einige schritte neben einan der her; endlich sing er mit erzwungener Ruhe an : .Ich bin hergekommen, um mich mit Dir auSzu prechen. Wir yiven uns ge ftern in einer Verstimmung getrennt da darf nicht mehr vorkommen." .Niin, das darf nicht mehr vorkom men,' wiederholte si leise. .Ich weiß nicht, Lina,' fuhr er fort, ,od Du Dir ganz klar gemacht hast, wag Du übernahmst, indem Du Dich mit mir verlobtest.' .Ich habe die ganze Nacht hindurch daran gedacht und nichts anderes,' sagte st. .Ich hätt el gleich am Anfang thun sollen ; aber ich war zu glücklich, da denkt man nicht. Jetzt bin ich mir klar geworden.' .Nun?' Er sah fle lächelnd an. Sie hatte ihr Unrecht erkannt und gestand eS ein. .Ich will gern alle Schuld auf mich nehmen,' sprach fle mit zitternder Stimme weiter. .Du kannst ja nicht dafür, baß Du das Kind nicht li:b hast.' Er zuckte unwillig die Achseln. .Hättest Du eS lieb, so wäre Alle ander. So aber kann ich di Pflichten, welche ich Dir, und die, welche ich Gretchen gegenüber habe, nicht vereinigen.' .Deine Pflichten gegen Deine kleine Schwester würde Frau Berger selbftver stündlich und bereitwillig auf sich nehmen,' meinte Franz kühl. Sie lächelte matt. .Die körperliche Pflege, gewiß. Aber, Franz, da Kind hat nicht als mich und meine Liebe, von der ich ihr nicht den kleinsten Theil ent- ziehen kann. Und Du erlangst mehr al da.' .Wenn Du darunter verstehst, daß ich den ersten Platz in Deinem Hirzenund in Deinen Gedanken beanspruche, ja,' ntgegnete er, .da ist mein gu!Z Recht.', .Siehst Du wohl! u wurdest ien Liebesbeweis, jeden Gedanken, den ich für Greichen habe, als eine Gerkürzung dieses Rechtes ansehen, wie Du el jetzt schon thust. ES wäre eine ewige Qual, unter der wir alle Drei zu leiden hätten. Und daher' Sie stockte. .Daher?' fragte er gespannt. Si sagte nicht, si zog mit zitternder Hand einen Ring vom Finger, einen kleinen Ring mit blauen Steinen, die ein Vergißmeinnicht bildeten, und reichte ihn ihm. i .Da kannst Du thun!' rief er tm pört. ,,Jch hile nachgedacht, wie ich nur konnte," gab sie zur Antwort. Ich weiß mir keinen anderen AuZweg." Lina!" rief ec drohend. Bedenke, wir treiben keil, Kinderspiel. Giebst Du mir de Ring zurück, so ist e für immer zwischen ur.t vorbei." Si war todtenblaß geworden, ihr Augen starrten an ihm vorüber in' Leer. Nimm." sagte sie tonlol. Er nahm den Ring und schleuderte ihn fort. Sie sah. wie er im Sonnenschein einen blitzenden Bogen beschrieb und dann in das Gras de! mit blühenden Sträu, chern besetzten Rasenplätze fiel. .Nimm!' sagte Franz kurz und ging. Sie stand unbeweglich, bi st da Git tetthor schließen hörte. Dann drückte sie die Hände an die Schläfe und sagt in leise jammerndem Ton: .Ich kann nicht ander, ich kann nicht ander. Ich liebe ihn so sehr aber mein armes, kleine, blinde? Herz!' .Lina, wo bleibst Du?' rief ihr eine hell Kinderstimme vtgegen, als sie in das Haus zurückkehrte. ES war Gret. chen, ein schlankes, zierliches Kind mit einem lieblichen Gestchtche und dem horchenden Ausdruck darin, den man bei Blinden so oft fleht. Wie sie auf die Schwester zukam, hätt ihr Niemand aus den ersten Blick ihr Gebrechen angemerkt. In dem Hause, iu dem si on ihrer Ge burt an lebte, ging si fast so sicher wie eine Sehende umher. .Wo warst Du den?' fragte fle. .Tante Berger und ich, wir arten mit dem Frühstück.' .Ich war im Garten. .Fehlt Dir etwas?' sagt die Blind. .Du sprichst so leise.' .Ich habe arges Kopfweh. Früh stückt nur ohne mich; ich will mich noch em Weilchen htiizen.' Da Kind wollte mit ihr gehen, aber Frau Berger hielt e zurück und ging allein zu Lina hinauf. Sie hatte die Verlobten im Garten gesehen und ahnte nichts Gutes. Dennoch war fle fassungS los, alS Ltna sich bet ihrem Eintreten vom Bett aufrichtete und zu Ihr sagte: ,E ist vorbei, grau Berger! das ist Alle! ' ihr Gesicht in da Kissen drückte und herzbrechend weinte. Als si später zu der Kleinen zurückkam, sah si sast heiter auS, und ebenso klang ihre Slimm, als fle sagte: .Jetzt komm, Gretchen, Du mußt lesen. .Haft Du auch gewiß kein Kopfweh mehr?' .Nein, nein.' Sie legte di Blätter mit der Blinden, schuft zurecht; das Kind glitt mit dem Finserchen über di Zellen und las lang sam und laut; die Schwester verbesserte fle hier und da. .Bist Du mir böse?' unterbrach flch Gretchen mitten tm Lesen. .Dir böse? Nein, mein Liebstes.' .Dann bist Du traurig! Du sprichst anders, als sonst, Lina!' rief die Kleine, als die Schwester ihr mit der Hand über die Haare strich; Du haft auch nicht den Vergißmeinntchtrmg .Ich habe ihn verloren.' .Ach, daher bist Du so traurig! Aber Du wirft ihn iu wiederfinden!' .Nein, mein Herz, ich finde ihn nicht wieder. Lie weiter " Am folgenden Morgen früh, als es eben hell geworden war, ging Lina hin auS und sucht den Ring. Aber eS ar vergebens, fle fand ihn nicht. Was sie damit thun wollte, falls sie ihn fand, daran hatte fle nicht gedacht. Sie hätte eS nicht sagen können, so wenig, wie sie wußte, warum sie jedesmal, wenn die Gartenthür ging, aufhorchte, ob Franz wohl käme. Sie wußt nicht einmal, ob sie es wünsche; denn wäre er gekommen, sie hätten dcch nur auseinander gehen können wie das letzte Mal. ' Aber sie horcht tagelang. .Lina.' jagte Gretchen eines Abends, als sie schon im Bett lag und die Schwe ster neben ihr stand, .kommt Herr Franz nicht mehr her?' Sie hatte sich nie ge wohnen können, den Verlobten derSchwe ster ander? zu nennen als so. .Nein, er kommt nicht mehr', gab Lina nach eir.er kleinen Pause zögernd zur Antwort. .Nie mehr Lina?' rief die Kleine und richtete sich hastig in ihrem Vettchen auf. .Ist er böse, weil Du den Ring verloren hast? O, Lina!' Sie streckt die Arme nach der Schwester aus, diese beugte sich über sie, und da blinde Kind zog Lina'S Kopf an seine Brust, drückt sein Köpfchen dagegen, und di Beiden wein ten zusammen. E waren die ersten wohlthuenden Thränen, die Lina vergoß. Mitten im Sommer ar eS gewesen, als die Verlobten sich trennten. Jetzt war eS Winter, ein schöner klarer Frost, tag. In der Nacht vorher ar reichlicher Schnee gefallen, er lag wie eine dicke Decke aus den Rasenplätzen im Garten. Lina ging mit Gretchen auf und ab. Die kleine war lustig, sie jauchzte, wenn ihre Füßchen tief einsanken, lachte, wenn sie auSglitt, weil sie kühn vor der Schwester hergelaufen war. Jetzt kauerte sie auf den Rasenplatz nieder, emsig beschäftigt, den Schnee mit ihren geschickten Händchen zu allerlei Formen zu ballen. Mit einem Mal schrie sie auf: .Lina! Lina! Komme her!' Und wie die Schwe, ster, die wenige Schritte von ihr gestan. den hatte, eilig herankam, rief sie erregt: .Der Ring! Ich habe den Ring. Lina! Er lag unter dem Schnee ganz dicht am Strauch! O, Lina, jetzt kann Herr Franz doch nicht mehr böse fein!' ie brach erschrocken ab. Wi Lina den Ring erblickte, wachte der kaum be schwichtizte Schmerz jäh in ihr auf. .Wirf ihn fort!" rie fte, in bitterliches Weinen auSbrechend. .Er hilft mir nichts, ich mag ihn nicht sehen!' Das Kind senkte daS Köpfchen, aber eS warf den Ring nicht fort, eS ließ ihn in seine Tasche gleiten, .Lina!' sagte S leise und bittend. Da fühlte sie, wie di Schwester den Arm um f. legte. .Sei nicht böse, daß ich Dich erschreckt habt, mein arme Kleine. E ist schou vor. über, ganz vorüber.' Gretchen streichelte Lina' Gesicht, ohn etwa u sagen. Aber in ihrem kleinen Kopf sing ei au zu arbeiten, und ehe der Tag zu End war, halte sie inen Plan gemacht. Er kam ihr selber ge wagt vor, si zitterte ein wenig vor der Ausführung, aber ausführen mußt sie ihn. Am folgenden Tage, al Lina sür einige Stunden ausgegangen und Frau Berger tm Haussalte de $5 ligt rrar, schickte Gretchen sich zu ihre großen Unternehmen an. Gang leise mg si die Treppe hinauf, nahm au dem Schrank Mantelchen und Hut nnd machte flch zum Ausgehen fertig. Sie wollte nicht e aiger, al ganz allein zu Herrn Franz gehen und ihm den Ring wiederbringen. Er mußte ja wieder gut erben! Sie horchte, a! sie fertig ar, cb sich Jemand im Haufe regte. Nein, alles war still. Si schlich hinunter, kfsoete sacht die Hausthür, ging die Stufen hinab und den Weg, der geradeaus zum Gitterthor führte, entlang. Da blieb sie einen Augenblick stehen, ihr kleines Herz klopfte bang, als fle sich nun von den wohlbekannten Wegen allein auf die fremde Straße wagen sollte, di si noch vi ohn di Schwester betreten hatt. Aber st zögerte nicht lange, nun stand sie draußen. Der Schnee siel dicht und verwischte di kleinen Fußspuren. Si wußte, sie mußte flch recht halten, um in die Gegend zu kommen, wo Herr gränz wohnte, und so ging sie muthig vorwärts. Die Straße war zu keiner Zeit sehr belebt, und jetzt, in den späten NachmittagSflllnden, fast menschenleer. DaS wunderbar fein Gefühl der Blin. den, die Selbständigkeit, welche kluge Leitung und ihr eigener Will in ihr ent wickelt hatten, halsen ihr, und sie lacht vergnügt in sich hinein, als sie fand, daß das Unternehmen gar nicht so schmierig war. Aber nun blieb si stehen, sie war an einem Uebergang angelangt, si hört Schlitten vorüberfahren, Wagenräder knirschen sie konnte allein nicht weiter. Sie wankte den Kopf hin und her; da fühlte sie, wie ein grober Frauearock ihre Hand streifte. .Liebe Frau,' sagte sie mit schüchter. nem Stimmchen, .wollen Sie so gut sein, mich hinüberzusühren? Ich bin blind.' Di Frau, der Kleidung nach eine Tagelöhnerin, bückt sich haftig über das Gestchtche, das zu ihr erhoben war .Wahrhaftig! Barmherziger Gott! Und da läßt man Dich allein auf der Straße umhergehen i" .Ich muß; und (3 hat auch nichts zu sagen. Wenn Sie mich nur hinüberfüh, ren und mir sagen wollen, wi ich in die ochstrae komme. .Nun, viel Zeit habe Ich nicht, aber bis zur Hochstraße will ich mit Dir gehen,' sagte die Frau, i gingen and in Hand, ohn zu sprechen; von Zeit zu Zeit warf di Führkrin nur einen fast scheuen Blick auf das kleine Geschöpf neben ihr, daS blinde Kind, das es wagte, allein umherzugehe, kam ihr so seltsam vor. Nun blieb sie stehen. .Hier sind wir in der Hochstraße, ich ginge gern weiter mit Dir, aber meine kleinen Kinder sind allein zu Hause.' .Ich dank Ihnen, liebe Frau, ich dünke Jhnkn recht sehr. Ich werde mei nen Weg schon finden.' Si trennten sich; nach wenigen Schrit, ten wandte die Frau sich um und sah, wie das Kind weiter ging. Dann ging auch st kopfschüttelnd ihre? Wege. Gretchen fand eS hier nicht leicht, vor, wärts zu kommen. Die Straße war be lebt, s gingen Leute haftig an ihr vor. über, kamen ihr entgegen, sie fühlte sich bald hier, bald dort gestoßen und gefcho den und hörte mehr als ein unwilliges Wort. Sie sürchte! sich, di Vorüber, gehenden anzureden, und doch mußte sie sich zmechtfrage. Endlich faßte sie sich ein Herz: .Bitte, wo ist Nummer sechs, undzwanzig?' .DsS weiße Haus an der zweiten Ecke von hier.' Die Antwort, die rasch im Vorbeigehen gegeben wurde, half ihr wenig, sie sagte ihr nur, daß sie noch weiter zu gehen hatte. Da Geräusch der Stadt, in die sie selten kam, verwirrte sie, immer häu. stger wurde sie angestoßen, forlgescho, de; sie ar nahe daran, zu weinen. Aber sie drückte di Augen fest zu, um die Thränen nicht herabrollen zu lassen. Sie mußt ja um jeden Preis vorwärts. Da bekam fle eine heftigen Stoß in die Seite, fle wankt und fiel von dem Trot, toir auf den Straßendamm. Im selben Augenblick fühlte fle flch von zwei Män. nerarmen aufgehoben und auf die Füße gestellt, ein groß Hand klopfte den Schnee von ihrem Mäntclchen, und eine gutmüthige scheltende Stimme sagt : Kind, wo hast Du dn di Augen, daß Du den Leute so in den Weg läufst ?" Sie ar halb betäubt vo dem Fall, aber ihre erste Bewegung ar, in ihrer Tasche nachzufühlen. Gottlob, der Ring war noch da! Ich dank Ihnen, lieber Herr," sagt sie dann und setzte entschuldigend hinzu: Ich kann nicht dafür, ich bin blind." Diese Verwunderung und dieselbe Frage i vorhin, dieselbe Antwort. Ich muß." Und si setzt hinzu: Wenn ich nur das Hausnummer sechs, undzwanzig fände." Ich bringe Dich hm, armes tvg," sagt der Herr und nahm fle bei der Hand. Da nnd wir," agk er nacy einer kleinen Weile. Zu wem willst Du gehen?" Zum Htrru orior ucemer. r wehnt im ersten Steck. Bitt, bemühe tt sich nicht, ich sind mich aohl allein hinauf." Der Herr antwortet nicht, sonder stieg mit ihr die Trexre hinan. Oben läutete er, fragte, al Jemand die Thür öffnete: Ist Herr Doktor Römer zu Hause?" und aus die bejahende Ant wert schob r da Kind hinein. Der Doktor Römer saß an seinem Schreibtisch und arbeitete. Er war miß, muthig, wie leider oft seit dem Sommer, die Arbeit wollte nicht recht vorwärt ge, hen. Daß ma doch Dinge, die längst vorüber und abgethan sind, nicht verges, sea kann. Schlimmer noch, daß, wenn maa sie endlich überwunden zu haben glaubt, sie so deutlich und klar in' Licht treten, al wen sie eben erst geschehen wären. Er war nicht wenig erstaunt, al ihm gemeldet wurde, in kleine Mädchen wünsche ihn zu sprechen. Er wand! sich der Thür zu ; aber wa sich auf seinen Zügen spiegelte, ar weit mehr al Er staunen. Gretchen!" ollte er rufen. Der Name blieb ihm halb in ter Kehle stecken. Da Kind hatt sein Stimme doch erkannt und kam tastend auf ihn zu. O, Herr Franz!" rief e, die Hand erfassend, die sich ihm entgegenstreckte. Ich bringe Ihnen den Ring, den Lina verloren hat. Ich habe ihn im Garten unter dem Schnee gefunden. Nicht wahr? Jetzt sind Sie nicht mehr böse auf sie. Si konnte ja nicht dafür, daß sie ihn verlor, und sie ist seitdem so trau rigl" Er sah verwirrt auf de Ring, den sie ihm entgegenhielt, und dann auf die Thür. Sollte eS Wahrheit erden, al er eben noch vor sich hingeträumt hatte daß Lina zu ihm kam und sagte: Ver, giß. wa zwischen unS getreten war, ich gehöre Dir, und Dir ganz allein!" .Wer ist mit Dir hergekommen?" fragte er hastig. .Niemand." sagte Gretchen. Ich biv ganz allein von Hause fortgegangen. Lina würde niemals wagen, Ihnen den Ring zu bringen, si weinte so sehr, al ich ihn fand. O seien Si nicht mehr böse! Wenn Si wüßten, wi still und wie traurig sie geworden ist !" Er sah di Kleine, während sie sprach, mit weit offenen Augen an. Kind," rief er dann und zog sie an sich: .Ganz allein bist Du gekommen? Du hast den Weg gemacht, den ich zu gehen zu feige war?" .Ganz allein bin ich doch nicht gekom men," berichtete Gretchen. Einmal hat mich ine Frau geführt und dann ein Herr. Ich bin auch inmal ylngekallen, aber eS hat mir nichts geschadet. Sind Sie nun irklich nicht mehr böse, Herr Franz?" Er ging unruhig hin und her. .Lina ist so traurig." fuhr Gretchen fort, .Sie will eS mich nicht merken lassen, aber ich weiß eS doch. Und ihr Gesicht ist fo schmal geworden, ich fühle eS, wenn ich e streichle." Er blieb stehen und sah auf daS Kind herab; fein ehemalige Verlobte, er sei ber, ihr Zerwürfniß, Alles erschien ihm mit einem Male i ganz anveren richt Und auch da blinde kleine Mädchen sah er mit anderen Auge an. DaS war nicht etwas, was man so ohne Weitere? bei Seite schieben konnte. Er sann ein wenig nach, dann setzte er sich, zog da Kind an beiden Händen zu sich heran und sagte: .Du meinst, daß Lina nicht böse aus mich ist, daß, wenn ich zu ihr zurück, komme und ihr selber den Ring wieder, bringe, zwischen ihr und mir Alles wieder sein wir? wie sröh r." .Aber sie ist ja gar nicht böse ge sesen!" rief Gretchen. .Nun höre wohl auf daS, aS ich Dir sage. Wenn wir unS verheirathen, Deine Schwester und ich, so nehme ich sie mit mir, das weißt Du dochi tei wird Dich dann noch besuchen; aber sie gehört dann nicht mehr zu Dir. Sie gehört von da an ganz und gar mir." Das Kind hatte mit gesenktem Kopf zugehört und auf feine Frage genickt. Seine klein Brust hob sich zitternd, eS drückte di Augen zu, wie e zu thun pflegte, wenn eS eine Erregung bekämpfte dann kam eS schüchtern, kindlich rüh rend heraus ! .Ich darf sie aber doch noch lieb haben, auch wenn sie mir nicht mehr ge hört?" Er hob die Kleine auf, brückte sie an flch und küßt sie. Kind! Liebes Kind !" rief er heftig bewegt. .So viel klüger und besser all ich, der ich fo hell zu sehen glaubte ! Liebes, liebes kleines Gretchen!" Ihr wurde bei seinem Ungestüm bange, sie versuchte sich loszumachen. Lassen Sie mich jetzt gehen, Herr Franz; Lina ist vielleicht schon nach Hause gekommen und ängstigt sich um mich." DaS ganze Hau war i Aufregung und Angst. Als Lina zurückkam, trat ihr Frau Berger mit der Frage entgegen: Wissen Sie, wo Gretchen ist?" Und nun begann das Suchen. Im Haufe keine Spur von ihr; ihr Hut, ihr Män telchen fehlten. Man ging hinaus auf den Stufen waren, soweit das Vordach sie bedeckt, di ffußftapsen erkennbar, das war Alles. Mau rief, man suchte, umsonst. Wohin konnte sie g gangen sein und zu wem? E war ein Räthsel, deren Lösung man ebenso suchte, wie man sie fürchtete. Wie Lina ohl zum zehnten Male aus der Hausthür trat, hörte sie einen Schlit. ten herankommen und halten. Da Git terthor wurde geöffnet. Lina! Lina! bist Du da?' rief eine helle Kinder, stimme. Sie stürzte di Stufen hinab; unten kam Gretchen ihr entgegengelaufen. Sie brachte kein Wort heraus; auf den Knieen liegend preßte fle das Kind an sich und bedeckte fein Gesicht mit Küssen. .Sei nicht böse, daß ich sortging. Ich bin ja wieder da,' sagte das Kind schmei chelnd. .Aber Du flehst ohl gar nicht, wer mich hergebracht hat?" Erst jetzt bemerkte Lma den Mann, der hinter Gretchen stand. Si erhob sich rasch. .Sie haben sie gesunden?' sagte sie befangen. .Nein, Lina,' antworte! er. .Sie hat mich gesunde. Ganz allein ist sie zu mir gekommen und hat mir geholfen, mich selber wiederzufikden und Dich. Willst Du den Ring noch einmal anneh men und mich dazu? Denke, daß un sere klein Schwester sür mich bittet.' Lina verstand nicht AlleZ. rra er sagte, aber die Hauptsache begriff sie doch, uud ih:e Augen gaöen ihm die Ant, wort. .Jetzt habe ich Dich erst recht, da ich Euch Beide habe!' rief er glückselig au und zcg sie an sich. Wie sie sich eineu Augenblick später über da Kind beugten, um e zu küssen, strich Gretchen ihm zu. traulich über die Wange. Jetzt wirft Du mich auch ein bißchen lieb haben, nicht wahr?' fragte sie. .Ich habe ja doch den Ring gefunden.' wiener Gemüthlichkeit. Von Kunigunde 3 n s i o n H a s a i t ,j. . Herr Karl Mölner war der Sohn ei, ne erbgesessenen bürgerlichen Kamm und Schmucknadelereuger. Der Vater erfreute sich eine hübschen Vorstadthau fr 3 mit Garten und Grund und kam dem Geschäft wie der Haulwirlhschaft mit zwei Gesellen und einem Lehrjungen so der Anstrengung nach. Nach der Achtuntvierziger strise be gannen wohl schwierigere Zeiten, doch ließ sich der Sohn fein Anrecht auf eine fidele Jugend nicht schmälern. Im Jahre fechSundsechzig stellte er einen braven Mann in Feld und kehrt', die Brust mit der TapferkeitSmedaille geschmückt, zurück. Solch ein Held konnte aber nicht stundenlang bei der Arbeit sitzen, wie eS der Vater immerhin gethan, der ihm das Geschäft übergeben und sich eine ruhigen Alter erfreuen wollte, darum beschloß er, au dem Kreise hübscher, bemittelter BürgerStöchter die ihm Zusagendste mit seiner Hand zu beglücken, und die Mit, gist seine molligen Weibchens Poldi er, leichterte seine ferneren Pläne. Vor Allem ließ Herr Karl da HauS erst zusammenrichten, verlegte die er eiterte Werkstätte in den Hoftract und ersetzte auf der Firmatafel daS Wort Er zeuger durch .Fabrikant'. Da fein Vater aber, lieber alter Gewrhnheit ge, mäh, sich größtentheilS in der Werkstätte aufhielt, fehlte ei nicht an gediegener Oberaufsicht und ging eS einige Jahre recht flott. Dann starb Vater Mölner; der Sohn sah flch genöthigt, eine Kompagnon zu nehmen, da die neuen Zeilen an einen .Fabrikanten' Anforderungen stellen, welchen der .bürgerliche Erzeugerssohn' nicht gewachsen ar. Der Kompagnon, ei spekulativer Kopf, übernahm gegen einen an Mölner abzuführenden fixen JahreStheilbetrag di selbständige Leitung deS Geschäftes und Letzterer widmete sich vollständig feinen geselligen Verbindungen, bis der unvermuthete Konkurs auch dieser Thätigkeit ein Ziel setzte. Wäre Mölner ein Arbeiter gewesen, er hätte sich angesichts der Unterstützun gen feiner zahlreichen Freunde wohl ie der emporarbeiten können. Seine Stärk aber bestand in schönen Reden, gemüth lichen Späßen und allerlei Ulk am Stammtisch. So aber kam er immer weiter herunter; schließlich nahm eine Pfändung die letzten Möbelstücke hinweg und eines Tages pochte Mölner' Frau, die im Laufe der Jahr ihren Gatten mit sieben Kindern beschenkte, als Unter ftandslose an die Thür jener Hausfrau, die ihr erstes Tvchterchen auS der Taufe gehoben hatte. Diese wie ihr als ehe, maliger Freundin in dem zwischen dem modernen ZinShauS und ihrem Privat garte gelegenen einstöckigen Hinterge, bände eine Wohnung an. Nach einiger Zeit versuchte Frau Pol, di'S Schweftermann, ein nach Wien ver, fetzter höherer Staatsbeamter, die herab gekommenen Verwandten zu rangiren. Er bot Herrn Mölner eine Copistenstelle im eigenen Bureau an, doch dieser lehnte standhast ab: .Unmöglich,' erklärte er bcm verblüfften Schwager, .ich kann meine Freiheit nicht sür ein paar Gulden verkaufen. Den Kindern kam da Einschreiten des Onkel am besten zu statten. Er gab den jüngeren Buben zu einem Lehrherrn in di Provinz, den ältesten als Prakti kanten in ein großes Modegeschäft am hiesigen Platze, wo er gleichzeitig die Handelsschule absoloirte, und die älteste Tochter nahm die Tante in' HauS. Endlich erhielt Mölner auch wirklich einen zusagenden Posten als geheimer Agent eines Fahrräder Fabrikanten. Kraft seiner ausgebreiteten Bekanntschaft und guten Suada erzielte er guten Absatz und in seinem Eifer bewog er sogar den eigenen Sohn, kaum daß er als jüngster Kommis mit MonatSaaze eingereiht worden, ein Rad auf Raten anzuschaffen. Am Morgen des großen TageS, an dem eben dieser Sohn Ludwig die erste Gag erhalten sollte, begnn Frau Poldi ein lange unterlassene! Scheuern; mit hellem Jubel begrüßten sämmtliche Fa milienmitglieder den vom Vater stolz heimgeleiteten Sohn vor dem Thore und die Scene war so rührend, daß die HauS srau zur Weihe des gestes einige Fla schen Wein hinübersandte, waS ihr mit einem donnernden Hoch vergolten wurcc. Für den Bruchtheil, welchen der brave Sohn für sich behielt, erstand er einen übertragenen Cylinder, eine goldschei nende Gigerlkette, ditto Zwicker und einen Lpazierstock. Die gute Laune der Familie Mölner, die allen SchicksalSschägen ziemlich Stand gehalten, wurde durch tal Be oußtseiu .regelmäßiger Einkünf:, volleridl hirgeiiellt. Dessenungeachtet sind di, kargen Tag noch nicht selten ge worden, doch Frau Poldi hat den liest zur Hand : .Ein paar Tag kein Brcd essen, laßt , dann wieder besscr schmecken. Die kleine Kinder freilich klopfen an die NachbarSIhür, und wenn die Kleidchen schlitztg erden, bei der HauSsrau an, damit sie jeder in Sammlung sür sie veranlasse. Unlängst sprach Mölner auch wieder beim Hausherrn vor und ersuchte, ihm eiren Theil de Bodenräume über seine: Wohnung al Werkstätte zu überlasse, damit er kleiner Geblichen der Fahr r!skr fiintr ßnlmrn rtnnrirtn PXnn - - - I"" .f......... . V ...... E ward ihm zugestanden, gleichzeitig aber auch angefragt, wann er mit den so oft versprochenen Zinsraten beginne werde. .Aufrichtig gestanden, für rückwäit arbeiten ist hart,' erklärt Mölner noch einigem Zögern. .Von heut' an möcht' ' ich den Zir schon alle Monat zahlen i der die alle La.... schaun'. Lau. Herr, da könnten Sie sich in Stuf in! ren Fimmel oauen." .Meinen Sie? schmunzelt dieser erfreut, daß sich ihm wenigsten eine! Aussicht für den künftigen Zin eröffne. Ganz gewiß, denn tm Vertrauen mein Alt erwartet den zehnten Soröß lmz, ren yeden sie au der Taus' und schenken ihm den ausständigen Zins so haben wir alle Zwei eine Freud'.' Der Hausherr schaute wohl ziemlich verblüfft d'rein, aber er ist eben auch ein gemüthlicher, der nicht Nei sagen kann! All Heil! $ ahnungsvolle Hascogner. AuS Anlaß der Aufführung Shake speare'fcher Könlgldramen frischen Lon doner Blätter allerhand Ueberlteferun, gen au der Zeit König Heinrich V. wie der auf. Der Held der folgenden Ge schichte ist Lord Harcourt, ein Edelmann französischer Herkunft, und e ist kaum nöthig hinzuzufügen, ein Gakcogner. Jedoch bediente sich die Königin Mari seiner als eines zuverlässigen Vertrau inkmanneS. .Mylord,' sagte die Kk nigin eines Tages, ich habe einen diskre ten Auftrag für Sie.' .Betrachte Ea. Majestät den Auf. trag al ausgeführt?' .Nein, soweit sind wir noch nicht. Sie wissen, daß Prinz Heinrich leider, von unwürdigen Gesellen verleitet, ei lockere Leben führt. Der König hat bei strenger Strafe verboten, daß irgend Je mavd dem Prinzen Geld leiht. Da in der Nähe von London diese Verbot respektirt wird, hat sich der Prinz mit seiner Gesellschaft nach Rochester begeben. Nun kommen von dort Klagen über da Anhäufen seiner WirthShauöschuldeg. Ich verabscheu den Skandal. Begeben ,Tr I. njt -1 - i. et ci - n n . rrn r l ie neu ivsoil naq mocoeuer, uerzlorc, und befahlen Sie di Schulden aus mei, ver Schatulle.' .Ich fliege.' .Noch eins. Ich wünsche nicht, baß Heinrich weiß, durch wen die Schulde bezahlt sind. Sie werden die Angelegen heit also erledigen, ohne daß der Prinz von Ihrer Anwesenheit unterrichtet ist.' .Zu Befehl.' Lord Harcourt ließ sein schnellste Pferd satteln und ritt nach Rochester. In ber That hatt er seinen Auftrag in kürzester Zeit erledigt. Er eilte nun, der Königin Bericht abzustatten. .Wie viel betrug die Schuld, Mylord?' .Zehn Pfund, Ew. Majestät.' .Himmel, welche Lappalie! Deßhalb hätte der anstrengende Nitt gar nicht ge lohnt.' ,O Majestät, eS hat mir da größt Vergnügen gemacht. UcberdieS hat sich eine mir angeborene vorzügliche Eigen, fchaft wieder einmal bewährt.' .Sie machen mich neugierig,' lächelte die Königin. .Ich hab Ahnungen, Majestät. Meine Ahnung hat mich noch nie betrogen. Kaum war ich in Rochester eingeritten, als ich ein Wirthshaus be merkte: .Zum traurigen Ritter.' Das ist es, sagte mir meine Ahnung sofort, in welchem Prinz Heinrich mit seiner Ge sellschaft verkehrt, und kein andere. Ich ging hinein, sprach mit dem Wirth, und richtig, ich hatt mich nicht getäuscht. Der Prinz hatte dort gezecht und war zehn Psund schuldig geblieben. .Ich wünschte, Ihrer Ahnung so er trauen zu können, wie Ihnen.' Damit war Lord Harcourt entlassen. Jedoch am folgenden Tage wurde er wie der schleunigst zur Königin entboten. .Womit !ann ich Ew. Majestät die nen? O, Damit, daß Sie keine Ahnungen megr haben, Harcourt. Ich habe ein Gesuch erhalten, welches von sämmt lichen Gastwirthen unterzeichnet ist, deS Inhalts, ich möchte doch, da bei einem Gaftwirth die Schulden des Prinzen aus meiner Schatulle bezahlt worden sind, dieselbe Gnad auch den übrige Wirthen angedeihen lassen. Also haben sie doch meinen Namen genannt.' .Verzeihung Majestät, stammelte der bestürzte Ritter, .aber da der Werth .Zum traurigen Ritter' mir die schuldige Ehrerbietung versagt .Nun gut, Mulord. So reite Sie jetzt noch ein. mal nach Rochester und bezahlen Sie alle Schulden deS Prinzip!' Rleink5ZUißverständniß. iriben: .Mama, dürfen mir hmtt die Tante schon wieder besuchen?' Mutter: .Gewik. mein Kind, d könnt Ihr ganz anstandslos thun. yritzchen (von Freude zu seiner kleinen Schwester,: .Wetkt Du scbon. Anna? Heute brauchen wir un 'mal bet der Tante gar nicht anständig zu benehmen!'