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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (May 30, 1895)
I I u Zur Zeit der Lliederblüthe. fingil JJoveUe von Ida Crp- vor Zr,en, juft o!S zu Pfingsten der Flieder b'.LH!,. traf ich sie zum letzten Mal. nm nur für wenige Stun den in unser Siäbtit gekommen, um Abschied von ihren Lieben da fcrauSen aus dem Frikdhsfe zu nehmen. Sie ollt eine eroxe Retfe antreten. Wo hin? Arm in Arm wanderten fr hinau! In den milden FrllhlingSabend. Der Sonne letzter Strahl küßte ihr weiche? Hantel Haar, daß e stahlartig erglänzt und die weiße Stirn del Oberiarten Gesicht, chen gleich einem Glorienschein um rahmt. Berauschend Llumendllst trug der lau Abendmtnd unk entgegen. Er müht sich vergeben, ein Noth aus die blaffen Wangen meiner Gefährtin zu hauchen. Wir sahe-, ung heute nach jahrelanger Trennung zum ersten Mai wieder und schritten doch stumm neben einander her, al hätten wir un gar nicht zu sagen, zu berichten. Und dennoch waren wir un unentbehrlich gewesen, liebten unl von Herzen, und gemeinsame theure Erinnerungen auS glücklicher Kinderzeit knapsten unl sefl aneinander. Ich dacht während unserer Wände, rung an diese sonnige lachende Kinderzeit mit ihren zahllosen Freuden und kleinen Leiden, ich dachte an sie und glaubte, daß auch Maja in Gedanken jene Tage durch lebte. Endlich brach ich da Schweigen, da mich anfing zu ängstigen. '.Sieh,' rief ich fröhlich. ,da unten fleht sie noch, unser alt Fliederlaube mit dem selbstgezimmerten Tischchen und den zwei Stuhlen, laß un dort hinein gehen. Der fflieder duftet so köstlich. Dort muß die Rinde schmelzen, die starr Dtn Herz umgiebt, dort in dem kleinen Raum, wo wir so glücklich gewesen, wirft Du wieder Worte für Deine greund finden.- Sie zuckt zusammen und sah mich mit einem leeren Blick an. .Nicht dort hin, ein, ich kann den Dust nicht vertragen, laß unl weitergehen." Si war noch bleicher geworden, ihre Hand zuckt in der meinen. EI war eine schmal zart Kinderhand, und doch schien e mir, al zeigte sie schon früh den Zug der Schmerzen, al hätt sie sich oft, oft auf in müde kranke Herz gelegt, um dessen unruhige Pochen und Klopfen zu besänftigen, zu ertödlen. Ich schaute besorgt zu ihr auf. ,Du bist krank, Maja," sagte ich leise. .Du darfst nicht fort, Du mußt Dir erst Ruhe und Erholung gönnen. , .Krank, o nein," lachte sie fast liber laut und schrill. Ich bin gesund und werd nicht eher froh, al bi ich endlich meknen Wanderdurst gestillt haben werde. Sieh, da wilde Zigeunerblut will nicht aufhören, rastl durch die Adern zu jagen. Die Wogen de Ozean müssen die heißen Glulhen kühlen, die mich zu verzehren droljen." ..Du sprichst in Räthseln." rief ich angstvoll. Maja, wa quält Dich, ver traue mir." Ich schlang meine Arme um ihr bebende Gestalt und zwang sie, mich anzusehen. Ihre großen dunklen Agen öffnete sich weit, sie sprühten einen dämonischen Glanz. Die Nasenflügel dehnten sich und die Lippen preßten sich zusammen, al wollten sie gewaltsam einen Schrei unterdrücken. .Sprich ein Wort, Maja,' sieht ich in Thränen. .Wenn ich nur könnte seufzte sie. Wir waren inzwischen an den kleinen Stadtwald gelangt und gingen langsam weiter. Endlich machte Maja Halt ! Sie sehte sich auf eine kleine Bank, von welcher man eine reizende Fernsicht hatte. DaZ murmelnde BZchlein zu unseren Füßen sckilänaelte sich wie in Silberband durch die grüne Wiese, eingerahmt von dichtem Weidengestrauch, vlüyenven iserginmem nicht und hoch emporwucherndem Unkraut Sein sauste Rauschen schien Maja zu beruhigen. Sie strich sich mit der heißen Haud da Haar au der feuchten Stirn uad sprach: .Wa ich Dir erzählen will, klingt nicht neu. E ist fast tn kleines Mär. che, nur hat nicht de Dichter Phan tafl rdacht, sondern ein einfache Men scbenkind mußte e erleben." .Kennst Du Prinzeß Golbhasr?' fuhr si fort und um ihr Lippen trrte ein leise träumerische Lächeln. Ich kannte diese Lächeln, schlang meine Arme fester um die bebend Gestalt Prinzeß Gold, haar und tauchte mein heiße Antlitz in die wundtroollen duftigen Haarwellen, um die de Monde Licht silberne Netze wob, während sie mit leiser Stimm b, gann: .Prinzeß Goldhaar war ein milde, unbändige Kind, der kein Baum zu hoch, kein Sprung zu gewagt, kein Was, ser zu tief war. St, ritt, jagte, sprang, schwamm, si trug ihr liebste kleine Freundin über Gräben, Pfützen, siebe, schützte si vor allen möglichen Gefahren, denen beide oft ausgesetzt waren bei ihren ndlosen Streifereien durch Wald und Feld, zu denen sich da zaghafte Braun. Sugleta nur der Gefährtin zu Liebe mit argem Herzklopfen entschloß. Prinzeß Goldhaar hatte ihr Mutter nicht gekannt, doch hatte man ihr erzählt, daß meilenweit keine Frau gegeben hätte, die ihr an Schönheit gleich gewe, sen. Unter südlichem Himmel war diese wunberholdeMädchenblüthe erblüht, eine heißere Sonne hatte si beschienen. Ihre Augen sollten schwarzen Diamanten ge, glichen haben, und der Lippen Roth wett, eiferte mit den Granaten. Wa Wun, der, daß inen nordischen Jüngling, der seinen König auf einer Heerfahrt be. gleitet, dies Blume bezaubert, daß er Der Sl)mcklZSMll. J J I Jahrgang 10. Alle daran setzte, um sie zu erringen. Er warb um ihre Liebe, und bald führte er sie heim al sein ehelich Weib ia seine Heimalh. Doch die Wunderblume konnte die kühl Luft, da seltsame Rauschen der alte Eichen nicht vertragen. Die Augen waren getrübt durch zahllose Thränen, die sie weinte. Sie sehnt sich nach der blühenden sonnigen Heimalh, nach dem schönen Frühling und den lachenden Fluren, dem ewig blauen Himmel. Sie starb, nachdem sie zum ersten Mal ihr Kmd geküßt. Dtr Matte trauerte um sein schöne geliebte Weib tief. Er wandte seine ganze Löe unv orgsail innern vq, terchen zu und erzog si nach seinem Sinne. Da Kind war schön, wenig sten sagten e alle Leute. E hatt die dunklen Augen ler MUller uno vie neuen blonden Haar de Vater geerbt. Dazu war der Körper schlank, biegsam und ge. schmeidig. Wie glücklich war der Baier, wenn sein Kind neven ,nm aus ,iurig schmuckem Roß durch die Felder und Flu rtn kausie und der Wind die blonden Zöpfe zauste, bi sie sich lösten und sie gleich einen Mantel, umring einer om gin, umfloffen. " Der Vater heirathete wieder. Der glückselig Kindertraum war zerronnen, verrauscht. Prinzeß Goldhaar mußte in die Residenz und nahm Abschied von der lieben Freundin, von einem mit Blumen übersäelen Hügel, unter dem die Mutter ruhte. Die Stiefmutter führte dem Mädchen ihr Töchterlein zu. ein zarte, blasse Elschen mit blauen Augen, da flch schnell zu ihr hingezogen fühlte und sie lieb gewann. Prinzeß Goldhaar ver, galt die Zärtlichkeit durch treue Liebe, und sie fühlte sich zufriedener, al si ge. glaubt, in den neuen Verhältnissen. Da starb der Vater plötzlich. Ein Sturz vom Pserd macht seinem Leben ein jähe Ende. Die Stiefmutter zog sich mit ihrer Tochter aus ihren alten Fa. mtliensitz zurück. Prinzeß Goldhaar, die nicht besaß, mußtet die Fremde gehen. Harte Jahre der Arbeit solgten. Wer kennt nicht den mühevollen schwe. ren Beruf einer Erzieherin. Täglich und stündlich werden neue Opfer der Ge duld, der Liebe und Sanstmuth, der Selbstverleugnung gebracht. Ein Ar. deitSlag löst den andern ab unh die ein. famen Freistunden doppelt schmerzlich. Mkin kannte fick, da arme Mädchen wenden? Die Eltern todt, die Schwester lieb, aber willenlos unö velzerr,ozr von ihrer Mutter, die niemals dem Mädchen, dessen größere körperliche und geistige Vorzüge si erkannt hatte, besonders zu gethan war. Der Freundin war sie ent. fremdet durch lange Trennung. klmvkte sie allein den harten Kampf um' Dasein und war bemüht, den an fi gestellten Forderungen und Pflichten zu genügen, in Kreudenblume sollte bald aus h.m p,s,nmea Nrimek GoldbaarS er blühen. Eine süße Hoffnung stahl sich leise in ihr vereinsamt Herz, uno ein Wunsch erfüllte dasselbe bald voll und nnni. ES war am Psingst'Sonntage im wunderschönen Monat Wal, ais Gras Ellernhof, dessen Kinder sie erzog, ein große Frft verannalleie, um ven st Finrtfttan (tinet Krau tu feiern. Gäste von weit und breit waren dazu eingeladen. Schloß und Park schwam men in emem wahren ichtmeer. geen hafte Pracht, wohin da Auge blickte. Dazu sandte der Frühling seine süß duf. tenden Blumen und Blüthen, sein wi n ArntlAelnhen Lüste. Die zahllosen Himmelölichter gvssen ihren matten wozem aus 01 ounucn Laubkronen der alten Bäume und in k.n ?rase der sorudtlndeu Fontänen brachen sich die Strahlen der Kerzen und Lampen und ließen meinven m auen Farben glitzern und funkeln. Prickelnd n,nbt 7antifcn tönten durch die geöffneten Fenster. Dazwischen sang ein Bogelein sein vencit, uno ver ? tigall schmelzend klagende Töne trug der Wind in die Ferne. Ein bunt Menge bewegte sich zwangSlo in den Sälen und im Park. Hier und dort schimmerte plötzlich auf schlängelnden Pfade ein helle Gewand hervor, dort beglänzt da Mondlicht eine eißen Nacken, da blitzte eine glänzend Uniform, da sprühten die kost, barsten Steine am Lall der Schönen glühende Funken, hier erklang ein reizend frische achen unv von stuneri es ymo laut unter den Zweigen, da huschten ein aar kleine Küöcben lcbnell über den schwellenden Rasen, und dort winkte eine zarte Hand in Willkommen ES war zauberisch schön, ein Märchentraum ver wirklicht. Der Graf hatt weder Kosten noch Mühe gescheut, um dem Fest ein eigen, artlaeS Kkvräae tu verleiben. Künstler hatten an der Ausschmückung be Gar. lenS und Parke gearbeitet. In kleinen, zerstreut liegenden Zelle, die nach orientalischem Geschmack xräch tla auSaeiiattet waren, wurden den Gä sten Erfrischungen und allerlei Unterhal langen gevolen. Prinzeß stand tn einer Fltederlaud Beilage zum Nebraska 2taats-?lttzeiger. und spendet den Nchenden Blumen und Früchte. Man war entzückt von dem reizenren Arrangement und verweilte lange vor der Laube, die ganz von Svringen über, säet war, deren mächtig Doldkntrauben tief, tief hinunter hingen und nur kleine Oenaungen freiließen. Maiglöckchen, Veilchen, Hyazinthen sinnig gewunden, dufteten den Kommenden entgegen. Prinzeß Goldhaar trug ein einfaches weiße Kleid und hatt da Haar gelöst. Cn goldene Köntgkmantel umflog fit wieder nach langen Jahren zum ersten Mal. Man bewundert si und ihren natürlichen Schmuck laut und verstohlen, dann und wann trieb ihr sogar ein zu kecker Blick, eine bokhaste Bemerkung da Blut in die Wangen. Sie sehnte sich tn die Einsamkeit zurück und sann vergeblich nach, wer ihre Stell vertreten konnte. Endlich war e Mitternacht. Ein Souper im großen Saal sollt di Gäste all vereinen. Die unangenehmen Stunden waren vorüber. Erschöpft ließ sich Prinzeß Goldhaar auf den klei nen Schemel nieder, der ia der Laube stand. Die neugierigen Blick, di auf ihr geruht, thaten ihr jetzt noch wehe. Endlich sprang sie aus, raffte die wo gende Haarflulh zusammen, um sie so schnell al möglich in Zöpfe zu flechten. Niemand sollte sie oben in der blenden, den Halle mit dem gelöste Haar wie versehe. Die Blumenkörbchen waren leer, eS galt sich eilen, um so schnell wie möglich tn den Saal zu kommen und die harrenden Zögling zu beauf sichtigen. Das Mädchen stand in dem kleinen Eingang der Laube, umringt von den blühenden Fliederzweigen, die kosend den Scheitel berührten und sich in die Haarwellen verirrten. In ihrer Eil hatt si nicht bemerkt, daß sich Jemand näherte. Sie schreckte auf, al ein tief, klang voll Stimme sie grüßte. .Guten Abend, Prinzeß Goldhaar. Sie zuckle zusammen und würd blaß. Seit ihre Vater Tode hatte sie Niemand mehr so genannt, woher wußte der Fremde diesen Kwenamen, den sie nur von gelte ten Lippen vernommen. St schaut auf. Ein paar dunkle Augen leuchteten ihr au einem ernsten Männerantlitz entgegen. Vor ihr stand ein junger Mann in glänzender Uniform, schön, von edler Gestalt. Seine Blicke ruhten voll Bemunverung aus ihr. .Gebe mir eine Blume, Märchenfee sagt r bittend. .Eine Fee seid Ihr sicherlich oder ein verzauberte Königs, kind. Goldhaar lachte. Bin weder das Ein noch da Ander. Kann Euch, edler Ritter, keine Blumen spenden, denn meine Körbchen sind leer.' .So gebt mir den Fliederzweig, Prin zeß Goldhaar, der an Eurem Gürtel steckt.' Da Mädchen zögerte. Er bat darum und sie reichte ihn. Er küßte die kleine Hand, die den Zweig gehalten. Sie gingen zusammen durch den Park zum Schloß hinauf. Er hielt ihr Hand in der seinen. Sie faß an seiner Seite bet der länzenden Tafel, sie trank den feurigen Wein, sie tanzte mit ihm. In seligem Rausch vergingen die stunden. Sie fühlte sich der Erde entrückt. War nicht Alle ein Traum? War sie wirk, lich ein verzauberte Königskind, war er gekommen, um sie zu befreien, zu erlösen? (sie konnte nicht denken, nicht giuSeln. Der Flieder duftete fo süß, so berau schend. Da fühlte sie den Druck seiner warmen Hand. Wie Feuer durchrann e sie. Nein, nein, e war kein Traum, eS war Wirklichkeit. Schwindelnde Wonne, unsagbare Lust ergriff sie. Die Stunden eilten pfeilschnell dahin, der Morgen begann im fernen Osten zu grauen. Der letzte Tanz war beendet, der Fliederzmeig lag zertreten am Boden. Der schöne Mann verbeugte sich vor ihr. .Auf Wiedersehen, Prinzeß Goldhaar, am nächsten Psingstfest, wenn der Flieder wieder blüht.' Die so lei geflüsterten Wort keglei. teie er mit einem tiefen, innigen Blick, der mehr sagte, al glühend beredte Worte. Einen Herzschlag lang lagen Beider Hände ineinander, bann war er verschwunden. Prinzeß Goldhaar träumte in der Nacht den wunderholdeften Frühlings, träum und hoffte auf ein glückselige Er wachen einst in fein:n Armen. Am andern Tag war Prinzeß Gold haar heimathlos. Die Gräfin Ellern. horst that ihr in einem Schreiben kund, daß sie keine gefallsüchtige Person zur Erziehung ihrer Kinder brauche könne, die große Aergerniß bei all' den Gästen durch ihr Benehmen erregt hatte. Noch am selben Abend verließ da Mädchen da Schloß. Nirgends fand sie eine passende Unter kunft. .Zu hübsch', meinte Jeder, nach, dem man si vorgestellt. Die kleinen Ersparnisse waren fast aufgezehrt. Prin, zeß Goldhaar war trostlos. Da rief fi di Stiefmutter zu sich. Da Schreiben, da die Aufforderung enthielt, war schon einige Woche unter. weg gewesen. Ei war da erste, da sie von ihr seit de Vater Tode erhalten. Wie ungern folg! da Mädchen dieser Einladung. Allein in der äußersten Noth kam ihr der Nus wie eine Weitung, ein Erlösung. , Freundlich nahm sie die Stiefmutter aus. ?te erfuhr, baß El a verlobt sei, und die Hoch, eil in den väch. ften Tagen stattfinden sollte. Die glück, liche Braut und deren anmuthige Ge, xlauder, deren Heizlichkeit, entschädigten Prinzeß Goldhaar für die letzten bangen Monate, die sie durchlebt. DaS rege Lebe und Treiben im Hause zerstreute sie und der Druck, der auf ihrer Seele lastete, schien zu schwinden. Am ersten P fingst . Feiertage, dem Hoch,eit tage, sollte sie den Erwählten Elsa' erst kennen lernen. Sie hatte der Braut den Morthen kränz aus die Locken gedrückt und ging hinunter, um noch einen letzten Blick in den geschmückten Saal zu werfen. Sie öffnete die Thür und blieb wie gebannt im Nahmen derselben stehen, der. vor ihr stand derjenige, an den sie Tag und Nacht gedacht, dessen Bild ihr im Traum erschienen, dessen Worte sie oft, ach so oft sich wiederholt, wenn Leid und Mühsal ne heimgesucht. Der Flieder duftet berauschend in den Saal. Prinzeß Goldhaar," glitt eS bebend über seine Lippen. Sie antworte! nicht. Da rauscht und knisterte die schwere Ttldenschlexpe aus den Fliesen der Halle. Im nächst Moment trat Elsa, geleilet von der Mutter, ober die Schwelle. Er reichte der Braut den Arm. Sein Gesicht war blaß und tn den Augen war der Glanz erloschen. Prinzeß Goldhaar hörte wi au wei ter Ferne Orgelklang, Festgesang. Sie glaubte, ihr Herz sei erstarken, so leer und freudlos erschien ihr die Welt. War e wirklich wieder Pfingsten? Keimte. sproßte, blühte Alle ring um sie her? Schien denn die Sonne wirklich Nein, nein, e war Nacht, sternenlose hoff, nungSlose. dunkle vcacht geworben. Sie saßen eine kurze Stunde einander gegenüber. Sie sprachen zusammen und lachten und scherzten. Wie seltsam, baß sie sich stets in Gedanken und Worten begegneten. Wa sie sagte, hatte er auf den Lippen gehabt und wa sie gedacht, sprach er au. Sie erschrocken jede? Mal, wenn sie fühlten, daß sie tnander so gut ver standen. Höfliche Worte auf den Lippen, den Tod im Herzen schieden sie. Sie sprachen Beide den Wunsch au, sich recht bald wieder zu sehen und innerlich wußte doch JedeS, daß eS nie, nie. geschehen durste. Er zog mit seinem Weib tn seine Hei math. Prinzeß Goldhaar hat noch nicht Rast und Ruhe gesunden. Sie will, daß Meere und fremd Lande sich zwischen ihn und sie legen, dann erst hofft fie oerges, sen zu können. " Da Mädchen schwieg erschöpft. Maja, Prinzeß Goldhaar." rief ich schluchzend, ,,v könnte ich Dir etwas ein. Dir Trost bieten." .Laß mich gehen,' sagte sie fest uud stand aus. Der kühle Nachtwmd wehte ihr die blonde Lockchen au der Stirn. .E ist zu spät,' sagt sie. Morgen muß ich zeitig fort. Zu Pfingsten, wenn der Flieder duftet, dann denke zuweilen an mich,' flüsterte sie mit erstickter Stimme und ehe ich 8 gedacht, war sie verschwun den. Ich habe sie nicht wiedergesehen. . ., Die Wellen de Ocean hatten da milde, gährenb Zigeunerllut gekühlt und die heiße Sehnsucht, den Durst nach Glück und Liebe gestillt. Nun hat sie längst Ruhe gefunden in der Heimath der Heimathlo sen. Doch Pfingsten, wenn der Flieder feine berauschenden Düfte verbreitet, der Zeit der Fliederblüthe, da erscheint mir auö jedem Blüthenkelche das Bild meiner Maja, der reizenden Prinzeß Goldhaar. Mar und Moritz. Eine Eramengeschichte. Der Onkel Sachse saß ganz friedlich auf dem Sofa und las die Zeitungen. als die Thüre aufging und feine Neffen Max und Morkh, beide unbefoldete Re. ferendare, in die Stube traten. Die sonst so luftigen Zwillingsbrüder waren heute ernst und schweigsam, sodaß eS dem Onkel auffiel. .Sagt 'mal. Jungen wa fehlt Euch denn? Ihr seid wohl im Eramm durchgefallev?' .Nein, lieber Onkel bi jetzt noch nicht!' .Noch nicht? Wa soll denn das heißen?' Mar seufzte und Moritz sagte In sehr betrübtem Tone: Onkel, ir wissen ganz genau, daß wir morgen im Eramkn durchfallen. Wir haben deshalb be, schlössen, um uns und euch die Schande zu ersparen: die Juristerei an den Nagel No. 2. zu hängen, nach Amerika aulzuwandern und bort lteselputzer zu werden. Ihr seid wohl verrückt geworden?' enlgegneti der Onkel ganz entrüstet und sah abwechselnd den Mar und den Moritz an aber die schüttelten die Kkpse und versicherte, sie seien ganz vernünftig und sie könnten nicht ander. Erst seit gestern sei da alle so gekommen. ,Al wir die beiden Fräulein von Paxpelbaum ia einer Gesellschaft kennen lernte und sie später nach Hause begleiteten, weil der viener nicht gekommen war, der sie ab holen sollte, ahnten wir e noch nicht.' Schwatzt doch nicht solchen Unsinn. eiferte der Onkel, .die reiben Fräulein hängen doch nicht mit Eurem Eramen zusammen.' .Gewiß, lieber Onkel I' sagte Mar .Wir gingen höchst vergnügt mit den Fräulein von Paxpelbaum den ziemlich weiten Weg, der durch den Stadtpark führte; wtr schwatzten und lachten, er zählten von luftigen Stutentenstreichen, die wir ehemals ausgeführt hatten und schnitten nebenbet die Eour, denn e sind sehr hübsche, muntere Mädchen, d gern lachen und Spaß verstehen. ES stand Mondschein im Kalender und folglich war S tn den Promenadenwegen ziemlich finster. Da bemerkte ich, daß ein Mann dicht hinter un hergeht, mit uns immer gleichen schritt halt und un zuhorcht. Er schlich ganz laut! auf Fillsohlen, hatte den Kragen seines langen, braunen Mantel hochgeschlagen, den Rand der Pelzmütze Über' Gesicht gezogen und vor den Augen ein dunkle Brille. Er sah genau wi in Maulwurf au. Mir war der Mensch lästig. Ich gab meinem Bruder eine Wink, wir gingen langsam er auch, wtr ltesen schnell er auch. Wtr führten recht laut allerhand anzüa, liche Reden: vom fünfte Rad am Wa, gen, von zudringlichen, taktlosen Men, schen aber da störte ihn nicht im Mindesten, er blieb trotzdem in unserer nächsten Nähe. AIS wir an einen Kreuz, weg kamen, blieb ich stehen und hielt ihn am Mantel fest. .Sie merken wohl gar nicht, daß Sie hier überflüssig sind Mannekeni Gehen Sie doch 'mal ge fälligst den Weg zur Rechten, d kommen Sie an den Goldfischteich. DaS ist auch 'ne ehr chöne Gegend.' .Keine Antwort, der Alte trabt nach wi vor hinter uS her.' .Jetzt riß mir die Geduld.' fetzte Moritz die Erzählung fort. .Ich stüstre Mar ein paar Worte zu, wir lassen die amen ein paar schritte vorausgehen dann fassen wir den Mann an den Armen wirbeln ihn trotz feine Sträuben einige Male im Kreise herum, ich nehme ihm rte Pelzmütze vom Kops und werfe si, auf den Wipfel einer hohen Tanne .Jetzt kannst Du Dir Deine alte, schä btge Kappe suchen, anstatt uns zu be horchen alter Maulsurfl' faae ich und dann lausen wir den Damen nach und erzählen ihnen, was wir dem zu dringlichen Menschen für einen Streich gespielt hätten. Halb todt haben sie sich gelacht! Endlich waren wir am Hause des Herrn Geheimrath angekommen, und ein Diener öffnete die Hausthür. .Warum haben Sie uns nicht abgeholt?' fragten die Damen. .Der Herr Gcheimrath wollten sich noch etwas Bewegung machen unv nie amen selbst abholen,' antwor tete der Diener. Gut, wir nehmen Abschied von den Damen, wenden unS zur Rückkehr da fleht wie au der Erde gewachsen der alte Maulwurf vor unS, mit seiner Pelzmühe ans vem Kopse. .Entschuldigen Sie, meine Herren,' begann er in einem ironischen Tone, .meine Mütze blieb nicht oben hängen. sondern siel wieder herunter auf den Rasenplatz. Haben St vielen Dank, daß Si so freundlich waren, meine Töch. ter nach Hause zu begleiten. Mein Name ist von Pappelbaum. Auf Wie, dersehen!' Bei diesen Worten lüftete er feine Pelzmütze, machte unS eine Ver, beugung und verschwand in der HauS, thür. Also den Herrn Geheimrath von Pa pelbaum hatten wir Maulwurf genannt und schändlich zum Besten gehabt, der un morgen prüfen soll und von dem un ser Wohl und Weh abhängt. Du wirft uns jetzt Recht geben, lieber Onkel: UnS bleibt nicht übrig al Amerika. Nicht wahr, Du borgst un da nöthige Neliegtlok' Der alt Sachse war eine Weile am sprachlos, nachdem seine Neffe geendet hatten, und dann hielt er ihnen in tüch, tig Strafpredigt, die er damit schloß, daß er sagt, würde feig sein, wenn sie davon liefen, ehe die Schlacht geschlagen. In' Eramen müßten sie. Am nächsten Morgen begleitete er die beiden Brüder bi an da Justizgebäude, ging dann in die gegenüberliegende Re, ftauration, um das Ende des Drama abzuwarten. Er hatte Zeit sämmtliche Zeitungen zu lesen ehe Mar und Moritz wieder aus er Btikstäche erschienen und zwar mit freudestrahlenden Gesichtern. .urrayl lies t t gut aeaanaen Der alte Maulwurf war riesig nett und gemüthlich und that, als hätte er uns noch nie gesehen', verkündigte Moritz. .Wir müssen unsern Freunden morgen t'.aai mm Besten den Adendeffra und Bewle nicht wahr, Onkel, Du geh zum Herrn vrn Paxpelbaum und ladest ihn gleichfalls in. Dir wird er' schon nicht abschlagen, und zvm Schlvß bezahlst 0u die ganze Festlichkiit. B,t auch unser guter aller Or.k,l!' bat Mar. Jli. meinetwezev! Die OnWI sind ja zu weiler nichts auf der Welt all die Dummheiten ihrer Neffen wieder gut zu mache und für sie zu zahle!' Wie Ära ZSitia gefopxt wirv. In einem kürzlich verössentlichte Luche über die berühmten französischen Adookatea diese Jahrhundert lo R. Alle. Pari, ISS4, A. Pedon.) ist dem Vertheidiger Lachaud al einen der bekanntesten ine der längsten Kapitel gewidmet, au dem wir hier elige sehr bemerkenSwerthe .Adookatenkniffe', de nen er im Verein mit feiner unwloeesteh lichen Beredtsamkeit.stine überraschende Ersolge verdankte, mittheilen ollen. Bei jedem Zeugenverhör pflegte Lachaul eine ihm eigene Haltung zu beobachten.. Wenn der Zeuge entlastend Aussage sar seinen Klienten machte, unterbrach er ihn niemals durch ermunternde Fragen und Bemerkungen, indem er e sür ge säi,rltch hielt, seinen Eifer über da, recht Maß anzusachen, um dadurch seine Glau bevSwürdigkiit in den Augen der Ge fchmorenen blokzustellen. Aber ganz ander verhielt er sich fodald ein eis. ftungSzeuge auftrat. Indem er ihn voa Ansang an mit ironischem Lächeln ansah. schien er ihn durch Kopsnicken und ander zustimmend Zeichen förmlich zu ermuthi gen, natürlich zum nicht geringen rflau nen der Anwesenden. Wenn aber du Aussagen nur die geringste Blöße darb. ten, richtete er nach Veevvigung versel be an den Zeugen mit der freunttichste vertraulichsten Stimme einige Frage, die keinen anderen Zweck hatten, al de Zeugen zu verwirren, die diesen Zweck i den meisten Fällen fo vollkommen erfüll, ten, daß der Zeuge schließlich an sich selbst und seinen Behauptungen irre wurde, bis die Geschworenen, wa natürlich die Hauptsache war, alle Vertrauen zu ihm verloren hatten. Wurde jedoch ein be lastende Aussage mit der größten Klar heit und Besttmm!heit, und so überzeu, genber Aufrichtigkeit gegeben, daß mc. sie al verhängnißvoll für den Angeklag ten ansehen mußte, dann malte sich zu immer größerem Erstaunen der Zuhörer und Geschworenen aus dem Gesicht de berühmten Vertheidiger eine solche Sie, gegfreud au, daß e den Anschein hatte, al ob si laut zum AuSbruch komme müsse. Die Mitglieder des Gerichtshöfe, die sich bei dem Verhör dieses Zeugen ge, sagt hatten: .Der Angeklagte ist schul big und muß verurtheilt werden', nrnr den in dieser Ueberzeugung wieder er schüttert, als sie seinen Anwalt so ver gnügt sahen, indem sie sich laut im Stil len sagten, da er doch wohl gute Ursache habe, noch lange nicht an der von ihm vertretenen Sache zu verzweifeln. Wenn eS sich um Leben und Tod seine! Klienten handelte, dieser also des Mor, bei angeklagt war, dann rief Lachaul; außer solchen Kniffe die erschütterndster und beweglichsten Töne fetner unver gleichlichen Beredtsamkeit zu Hilfe. Es, bald er an den Gesichtern der Richter ab las, da e ihm trotz seiner heftigen An griffe gegen die öffentliche Anklage nicht gelungen sei, diese in ihren Augen zu nt kräften, sammelte er, vieZGambetta inst von ihm sagt, alle seine Streitkräft zu einem setzten Sturm auf ihr Mitgefühl um sich, nicht mit regelrechtem, sonder wildem, verzweifelten Angriff, dem Nicht und Niemand Widerstand zu lei. ften vermochte. Seine Stimme war dabei von zauberhafter Wirkung auf die Zuhörer; bald sanft und einschmeichelnd, dann wie von Thränen erstickt ia der Schilderung menschlichen Elend; nu schneidend scharf in der ironischen Ab wehr und zu mächtigen Klängen an schwellend, wenn die Entrüstung fie be feelte, bi sie schließlich in rührenden Tönen de Mitleid und de Bitten, und der allgemein menschlichen Theil nähme auSklang Ein Vertheidiger mit solchen Gabe und solcher Erfahrung war wie daz ge schassen, in den Pariser Eifersuchtsdramen mit blutigem AuSgang den Angeklagten, fast immer weiblichen Theil mit de glänzendsten Erfolg vor Gericht zu ver treten. Wenn Lachaud eine solch Hei bin deS Tage vertheidigte, konnte sie nicht aSein im Voraus mit Sicherheit auf ihre Freisprechung, sondern auch mit ebenso großer Sicherheit auf ein halbe! oder ganze Dutzend sehr annehmbarer Freier rechnen. Man liest darüber i dem vorliegenden Buche: .Bevor die An geklagte ihrem ungetreuen Liebhaber ein Kugel in den Leib schoß, war si vielleicht nur in unbekannte Schauspielerin, oder Sängerin, oder eine bescheidene Arbei, terin gewesen. Nach dem glückliche AuSgang ihre Prozesses wurde si be. fungen, idealistrt, vergöttert, und sah sich von den Theater und Koi.zertleitern mit glänzenden Anträgen btflürmt, während mehr ober weniger erotische und betitelte Anbeter mit ernsthaften Anträgen zu iqren gugen lagen, achaud hat viel leicht selbst nie gewußt, wi viele Eben er auf diesem Wege zu Stande gebracht hat.' Am Hamburger Hafen. Kickerich: .Was? Sie mit Shm ffiT pulenz ollen auch die Reif übtr'I Meer antreten?' Dicknichl.AlltrdingSl' Kickerich: .Na dann leben fi nur vor, daß man Sie nicht über Bord wirft!' Dickerich: .Ueber Bord?' laenq: .3, sie mit Ihrem Fett, gehalt sind wie geschafft zur Buuhiguna der Wellen!'