Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, May 23, 1895, Image 12

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    SuspZt!
Novelle von Ä. Hoiimann.
ff, ist neun Uhr AbenV.. Mondüber
zossca liegt ter Golf von Bahia da.
Der gawi Himmel funkelt in dem inten
f.aen Geflimmer, da nur de turnen
vSchlen der Tropen tgtn. Meir und
Himmel ruhen, am gant aber regt sich
da Leben, da Nichilede bei Süden.
Weiß und Fnbige füllen im bunten Ge.
milch die Gälten, die Lffen lichen Plätze
der Ob, und Unterstadt. E ist heute
in m.hr all gewöhnlich Treiben aus
den Straßen ; alle Welt wartet aus die
neuesten )epkscheii von Rio de Janeiro,
da eben von dem Geschszder der Aus
Indischen blockirt ard, und der bar
sSßlgen Zeitungsjunge blüht da Ge
schSst.
vit Straße von Vicloria herab rom
men ein paar leicht Gefährte. Weiße
Damenkletöer leuchlen durch da Dunkel,
helle MSdchenstimmen schwirren durch
einander.
.Schau, Regina, ein Negerlall I
sagte der allerliebste brasilianisch Back,
fiich mit den fragenden Glutaugen u
dem jungen Mädchen, da neben der 5l
teren Dame im Fond des ersten Wagen
ftgt. .den wirft Du für sie nicht wie
tatschen.
Und lebhaft deutet ihre Hand nach den
erleuchteten Fenstern hinüber, hinter de,
ren Scheiben die dunklen Wollköpfe und
grellen Kattun-Toiletten der schwarzen
Schönen sichtbar sind. Die Angeredete,
ein ftat!liche blonde MIdchen, antwor
let mit einem leisen Seufzer: .Ich werde
Brasilien niemals vergessen I"
,O Regina, Regina, auch mich nicht
und die Mutter und Jsa und Florians
Un alle nicht?
.Euch alle nicht, Ihr liebe Men.
ichenl entzegnete Negwe bewegt ; uud
sie spricht die Wahrheit. Ja. sie liebt
diese heißblütige, leichte Völkchen, da
eben da drunten ,Vioa Peiroto, viva
Brasil ! ruft, da nicht leben kann ohre
Revolution, ohne Puloergeknall, und doch
im Grunde so harmloi ist, da sich freuen
kann wie Kinder und soeben an den Kir
chenthüren Raketen aufsteigen läßt al
Schluß seine Gottesdienste.
St läßt die Kleine schmatzen und giebt
sich noch einmal dem ganzen Zauber de
fremdartigen Leben hin, zum letzten
Mal l
Drei volle Jahr hat sie hier verbracht
ans liefern sonnigen Stück Erd die
schönsten drei Jahre ihre Dasein, wie
sie sich beständig wiederholen muß. Ist'
da ein Wunder, daß ihr da Schuhn so
sauer sällt, da Scheiden von dem Glück?
.Kind, nehmen Sie'S nicht allzu
schwer! sagt die freundliche Matrone,
' die Herrin de Hause und ihr mütter
liche Freundin, al Reginen die ThrSnen
au den Augen stürzen. .Sie gehen
doch der Hiimath entzogen, der Liebe Jh
rer Verwandte und dem eigenen HeimI
.Und wir begleiten Sie ja noch mit an
Bord, versuchen der Backfisch und dessen
dem zweiten Wagen entstiegen jünger
Schwester zu tröjien.
ES ist rührend zu sehen, wie di Kin
der an ihrer bisherigen Erzieherin hSn
gen, wie in jedes in dem Boote, da sie
nun nach der weiter draußen im Hufen
ankernden .San Jose hinübertaZgt, den
Platz an ihr Seil zu gewinnen sucht,
und mit welchem Interesse sie später da
Schiff und seine Einrichtungen in Augen
schein vehmer,. da ihnen die geliebt
Lehrerin entführen soll. Bald traurig,
bald kichernd und kosend klingen die fri.
scheu Stimme durch einander in der
melodischen Landessprache. Besonder
Matta, die. älteste, ist entzück! ob der
Eleganz de Dampfers ; einmal über
da ander meint sie, eS müßte herrlich
sein, vom Sturm dahin geschaukelt zu
werden.
.Vom Siurvel entsetzten sich di
andern. .Fräulein, wie liebe Sie da
Schiff am meisten. Buch im Sturme?
,0, wenn ich erst Fräulein bin, ich
ügle wohl, wie ich e liebte, fällt da
wieder dr BickftschchenS munter
Stimm ein : .Voll junger Leute.
In diesem Tone geht eS fort. Da
aber koirmt der Abschied, und in Thrä
nen aufgelöst verläßt di hübsch Schaar
der jungen Brasilianerinnen da Schiff.
Lange noch winken die weißen Taschen.
lQer durch da Dunkel der Nacht zu
Regwe herüber, die mit verschränkte
Staun gegen die Brüstung deSPromena-den-DeckS
lehnt und sehnsüchtig zum
Lande hinüberschaut.
ES fröstelt sie. fester zieht fi ihren
Plaid um die Schultern, ein unsagbar
traurizeS Gefühl überkommt sie, und sie
H jetzt froh, allein und dem Gewirr der
plaudernden Kinderstimmen überhoben
zu sein.
Wer hätt da gedacht, al sie damals
.drüben ging, wie schwer ihr da
Scheiden von dem verschrieenen Fieber,
lande werden würde I Da war sie eben
fall von einer Kinrerfchaar an Bord ge,
leitet worden ; nur weniger lärmend
hatte sich jene bezeig!, al dieseö dunkel
lockig Kindervolk des Südens, auch
noch viel jünger al diese waren damals
die FlachS!öp?ch!N ihrer kleinen Ver
wankten. Jft wie heut war sie aber
auch damals, nachdem Schwager,
Schwester und Nichten sie verlassen, auf
Deck auf, und ab gegangen und hatte der
Zeit gedacht, unter dle sie durch ihr Ein,
schiffung einen Strich gezogen. Sie
entsinnt sich, sehr, sehr unglücklich dabei
gewesen zu sein, ist sie heute glück
lrcher?
Damal hatte sie'S einerlei geschienen,
ob sie nach Brasilien oder nach dem
Feuirlande ginge. Nur fort hatte sie
ollen, fort um jeden Preis! Ihr selbst,
ständiger Charakter ertrug nicht die ngen
Verhältnisse der mit Vorurteile rsüll
ten Luft einer preußische Kleinstadt, und
verniöhni hatte di Heimath da arme
Märchen au undemitteltkr Beamten,
Familie wahrlich auch sonst nicht !
Acbei: und Sparsamkeit und, wieder
umgekehrt Sparsamkeit und ?.beit. hie
ßen die Losunj,Szort schon in Regiver.
Eltervhzuse, wo sie ihre freudig nüch
Urne Kindheit verlebte, hießen sie auch
noch sür di junge Er,iel:erw, die da
harte Brod der Dienstbarkeit essen
mußte.
Und doch durft sie nicht murren, nicht
klagen, über ihre abhängig Stellurg;
war doch selbst diese noch ein Geschenk
d:S Schicksal, da nur ein Opfer ihrer
älteren Schwester ihr erkauft halte.
Mochten di Leute auch Letzter glück,
lich preisen, die in für ihr Vrhäitnisse
über die Maßen glückliche Partie gemacht
hatte durch ihre Heirath mit einem wohl,
sttuirten Hamburger Kaufmann, dessen
behaglich VkrmögenSumfläudt den Ihren
opulent und üpptq erschienen; Regive
wußt I besser l Nur sie hatt hinter die
ClUlissen geschaut, halte der Schwester
Thräne und Verzweiflung gesehen; nur
sie wußte, daß die Vielbeueidet sich eine
hi he. aussichtslos Lieb au dem Herzen
gerissen, ehe sie ihrem späteren Galten
die Hand reichte, de Eltern und Reginen
zu liebe. Dern immer dürftiger waren
die Verhältnisse im Elternhause gewor
den, die Mutter kränkelt, der Vater
hatt sich pensisniren lassen müssen und
wußt nicht ein noch au, um di für di
Erikhung seiner Jüngsten erforderlichen
Mi'tel zu beschaffen.
Da war denn wirklich ein Glück,
zufall ohne Gleichen gemessn, al der
wohlhabende Schwager sich erbot, Regin
in sei Hau zu nehmen und sie da
Lehrerinnen'Seminar besuchen zu lassen.
Dort hatte Regin schöne, erinnerung.
reiche Tag verlebt. Ein hoch ausge
schossener, verkümmerter Backsisch bei
ihrer Ankunft, war sie förmlich aufge
blüht im Hause der Schwester, hatte sich
entwickelt in ungeahnter, überraschender
Weise. Au dem unschönen Kinde mit
dem siühalten Sorgengcsichtchk war ein
schön! Mädchen geworden, da in seiner
Charakterfestigkeit und selbstständigen
Denkweise allen Anforderungen, die da
Leben aa sie stellte, gewachsen war. Nach
nüchternen, stieagen Grundsätzen erzogen
gab sie sich freilich keine Träumereien
oder Illusionen über die Aukftchten eine
virirögenSlosen Mädchen hin. Sie war
auf sich selbst gestellt, da wußt sie, ihr
,Schönheit konnte ihr Dtntfl nützen.
Glück verlangte sie nicht, auch Liebe
schien ihrer kühlen Natur entbehrlich,
ihr genügte e vollauf, dem Leben ge,
rett zu werden.
Ein poetischer Mädchenkopf mag das
wohl nicht sein, der so kühl und überlegt
zu dlnkerr veisteht. doch wa will man,
.c'est 1a viel' Ehrenhast war
die' schüchterne Prosa durch und
tn'tt, und al3 Negine glücklich ihr
gramen bestanden, da litt eS sie nicht
mehr im Hause deS Schwager, da ging
sie fort und aß ihr eigenes Brod.
Und e war nicht leicht gewesen, diese
Brod! Jahre hindurch hatte sie sich abge.
müht sür fremde Leute Kinder, hat ein
unstäte Leben gesührt, bald in diesem,
bald in jenem Winkel ihre engeren
Vaterlandes. Oft ist sie verkannt wor
den, man hat ihr mit Undank gelohnt.
Da ertrug si. Eine aber konnt sie
nicht vertragen, und das war, wenn man
sie. die arme Lehrerin, so halb verächt,
lich. halb mitleidsvoll üb, die Achseln
ansah.
Drüben, überm Wasser, sagte man
ihr, sei e andere; bort adle die Arbeit,
dort gäbe eS keinen durch Geld bedingten
Rang und Klassen.Untirschitd, dort richte
sich di gesellschaftliche Stellung eine
Menschen weit mihr nach siinem wahren
Werthe als in Europa.
Und so war si denn nach Brasilien ge
gar gen. aus dem sie heute wieder scheiden
will.
Um Negine herum wird? immer leben,
diger. Die Stunde der Abfahrt rückt
nöher und näher. Drunten im Raum
wird noch gepackt und verladen, Passa
giere und deren Begleiter kommen und
gehen, von Negirn gerudert Boote um,
lagern die Schiffstrexxe. Regine achtet
ihrer nicht. Sie starrt jetzt gerade au,
dorlhin, wo Meer und Horziovt ver
fäwimmeo, wo e hinausgeht in dir
offen See.
Da eilt schnell ein Schritt di Treppe
empn, hastig tritt ein arger, elegant
gekleideter Mann an Deck und läßt den
suchende Blick über das Gewimmel
schweifen.
Jetzt hat er beim Mondenlichi entdeckt,
wa er sucht; sein Augen blitzen auf,
dann sieht er mit wenigen Schritten hin,
ter der Deutschen.
.Gott sei Dank, ich habe S! wie,
der!
Erblaßt bi in dle Lippen, ist Regine
herumgefahren. Mit beide Händen
klammert sie sich an die Brüstung. Auch
da noch! Soll ihr denn nicht erspart
bleib:?
'.Regina !' flüstert leidenschaftlich der
Jüngling, indem er nach ihre Händen
hascht. .Kannst Du wirklich so gehen? I
Da? konntest Du mir anthun?
Und feine Blicke hangen mit verzehren
dem Feuer a der schlanke Gestalt der
Nordländerin. E ist, ol könnten diese
Augen nicht lassen von ihr, dieselben
Augen, mit denen vorhin seine Schwester,
das schöne, halbwüchsige Mädchen, sie
angeschaut. Ohne zu antworten, sieht
Regine ihn an, lange, lange. Und wie
ihr Aug' sich in da feine senkt, da wird
e weich um ihr gepanzertes Herz. Da.
hin Ist ihre Beherrschung, ihrer selbst
nicht mehr mächtig, sinkt sie an seine
Brust.
.Florian, mein Florians !
Und ihre zitternden Lippen Men
sein Küss und rwidern sie.
Da tönt die Schiffsglocke, da Zeichen,
daß oll Nichtpassagiere du Schiff in
einer Hilden Stunde zu verlassen hiben.
Regime schreckt jäh empor, sie entwin
det sich den sie umschlingenden Armen.
.Flortano. sagt sie, ,,i bleibt
wenig Zeit, aber solange ich aihne,
werde ich dem Fimmel danken für diese
kurze Spann Glück 1"
,.O Regina, va:um willst Da un
verlassen? Ich liebe Dich so heiß und
innig, die Meine lieben Dich l Nur ein
wenig Geduld habe noch, di ich Dich
heimsührn kann...."
Nie. Florians, da wird ui ge
schehm!"
O Regina, so sst w:h', wa die
Kinder sagen? Ei Anderer wird Dich
sei nennen, dort in den kalte Ländern
jenseit de Ozean. wo'S keine Liebe,
keine Wärme gUbt? Deßhalb wolltest
Du gehen ohne Abschied?!"
.Ersparen wollt' ich' Dir, Dir und
mir. Denn si,h, Florians, Du weißt
e längst, wie ich Dich liebe, Dich geliebt
habe, fast seitdem mein Fuß diese Boden
betrat. Ich habe g'kämxft mit mir und
gerungen, um dies Liebe zu erlödten. ES
war vergebens!
.Und dann kannst Du mich lassen, Du
Kalte?
.Nenne mich nicht kalt, e muß sein!
Unrer dem Zeichen der Entsagung ent
stand und wuchs unsere Liede. Heute
liebe ich Dich, liebst Du mich. wie wird
eS nach süns Jahren sein ? Nch bin ich
schön, aber wie lange ? Du, glorlano,
stehst al Mann noch im Anfange de Le
bens. und ich -bin älter als Du!
.Und da soll ein Hinderniß sein, Re
gina?
.Für Dich, den Südländer, ist eS ei.
ne, Florians, und ein unüberfteiglicheZ
für Dein Familie, bei oll ihrer Güte I
DaS habe ich zu spät begriffen, sonst hätte
ich mich vielleicht besser seherisch! ! Sieh,
ich muß hinüber! Ich i fülle den Wunsch
meiner sterbenden Schwester und trage
zugleich ein Schuld der Dankbarkeit ge
gen si ab. Ihren Kinb,r,i will ich Mut.
ter sei und dem Manne, der alles durch
ihren Tod verlor, in treue Gattin,
Da ha! ich miir.em Schwager geschrie
bin, al er mich jetzt aa seine Seit rief.
Mehr geben kann ich ihm nicht, doch er
tst zsried n. Sieh, Floriino, fei auch
Du zufrieden und haöre nicht mit dem
Geschick, da mich zehn Jahre zu früh auf
diese Erde schickte!
,O Regina, Du hast keia Herz! Ich
aber ertrag e nicht, ich todte mich
wenn Du gehst !
.Denke an Deine Mutter, bi dann
mir fluchen würde! Willst Du schwächer
sein al ich ?'
.Regina, wa thust Du ml?, haucht
Florians ferner Thänen nicht mehr Herr.
.Doch ich werde stark fein, Der zu
lieb!
.Wohl mein Geliebter,' sagte Regine,
sich zu ihm beugend und feine Stirn küs
send. .Ich täuschte mich nicht in Dir I
Laß mich'S Dir gestehen, auch ich bin
ja jetzt nur stark, wei! ich kein Ersterben
Deiner Liebe ertrüge, weil ich mahn,
sinnig rrü de in dem Gefühl, alt gevor
den zu sein, während Dir noch die Ju.
gcnd lacht I'
Einen Augenblick sih abkehrend, birgt
daS Mädchen dciS Antlitz in den Händen.
AIS nun zum letzten Mal die SchiffSglocke
erschallt und sie sich wieder zu Florians
wendet, da sind ihr Züge wchl bleich und
starr, ab:r gefaßt.
,, Leb' wohl. Florians! .
.Leb wohl. mein Glück!
Ei stummerHZndedrrck, und Regine
steht allein, während das letzte der Boot
vom Schiffe stößt.
Dann ift'Z, al ob der mächtige Coloß
Athem ho't ; da Schnauben der Ma
fchine, in gleichmäßige Arbeiten überge
hend, fetzt ein, der Anker steigt und di
Räder drehen sich.
Mit buntem Lichte grüßt die Agentur
der SchtfffahrtS'Somxagnie am Lande
den scheidende Dampfer, und di Fah
renden blicken mit wunderlich gemischten
Gefühlen zu den dunkeln Palmen hin
über. Auch Regine fleht hinten am Deck de
Schiffe.
.Herr, msch' mich stark. flüsterte sie,
.laß mich gut sein, auch wenn das Herz
todt ist!
Da sieht sie zu ihren Füßen eine von
glorlano verloren Rose schimmern.
Sie hebt sie auf und preßt die Lippen
darauf, dann weint sie heiß und
immer htißer. Si hat ihr Glück in
den Sarg gebettet, e vohle zu
spät!
Die Luft wird kühler und kühler, die
Segel blähen sich, weiter spannt sich der
funkelnde Himmelsbogen mit dem sagen,
umwobenen Kreuze de Südens, die
Stadt und di Jnfel.Fort trete zurück,
und nur das reihe Lichtfeuer Bahia
winkt hinau euf den weiten Ozean, ein
letzter Gruß den Scheidenden, di inm
andere Welttheil, einem neuen Leben
entzegenstreben.
ver köwe von San Sebastian.
Humoreske von Karl Pauli.
Trommeln rasselten, Trompeter schmet
terten, Glocke läuteten, Menschen
schrieen, Hunde bellten, Feuerwehren
kiwgelten, Hähne krähten, Rasseln ras
selten. Paukenschläg bsöhnten, Kinder
wimmerten, ob auch Mütter irrten,
konnte ich der herrschenden Verwirrung
wegen nicht feststellen, aber e war ein
HZllnsxkta?l, der mich auS dem süße
sten, von Mokquito höchstens alle zwei
Minuten gestörten Morgenschlummer riß.
WaS ist denn lsS?
Ich öffnete daS Fenster, da dasselbe
aber veigilttert war, konnte ich den Kops
nicht hinaukftecken und In Folge dessen
wenig sehen. Trotzdem konnt eS mir
aber bei dem heillosen Höllenlärm kein
tief verschleiertes Geheimniß bleiben,
daß ia der gute Seestadt der freien
R,xublik Nicaragra. San Sebastian del
Norte, irgend etwas lo sein mußte.
Da ich zu faul war, htnunterzuaehen,
denn ich reimuthete, e wZre in Revo
lution oulzebrochev, voll! ich wich eben
arschicker, durch grübelnde Nachstnxen
die Ursache de Lärme zu erforschen, al
mein schrrarzer Diener kalkbleich vor
Schrick in Zimmer stürzte, den Mund
zweimal ausriß und wieder zusammem
klappte, die Augen dabei so verdrehend,
daß sie hörbar knirschten. Sonst gab r
keinen Ton von sich.
Endlich bracht ihn mein likbreicher
Zu'pruch und die in llebenkwärdigger
Weise gemachte Zusicherung. daß ich ihm
alle Knochen ntzwei schlagen wurde,
wenn er nicht bald reden wolle, dahin,
di Wort auFjufloßen : .Ein Löwe, in
Löwl
Da ich Mitglied de Verein sür .3?
breitung der Bildung in de niederen
Volksschichten bin, war ich gerade im
B.'griff, dem Bestü'z'en auSeinanderzu
setzen, daß e ir Südamerika keine
Löwen gäbe, und daß er wahrscheinlich
den in Brehm' Thierleben aus Seit
43S näher beschriebenen Puma oder Ka
guar meine, al mein HauSwirth die
Thür aufriß und benfallk: .Ein Löwe!
EinLL! schri.
Nun hielt ich eS an der Zeit, meinen
naturwissenschaftlichen Vortrag zu unter,
brechen, eiligst mein Gewehr zu ergreifen
und zum Fenster zu lausen. Kaum dort
angekommen, zog mich mein Hauwirth
an den Rockschößen in Zimmer zurück,
.Um GotteSwillen, nicht schießen! nicht
schießen! schri r ntsetzt.
.Warum denn nicht?
.Dann kommt er her: Dann kommt er
her! jammerte der Geängstigt weiter.
.Kommt er her, kommt er her! wie,
der holte zähneklappernd mein schwarzer
Diener.
.Welcher ,' drnn?
.Der Löwe, der LS,k schrieen Beie
und sprangen vor Angst i der Stube
umher.
.Ja, wo ist-er denn? fragt ich.
.Wenn man da wüßte, ntzegmt
rein Vermiether .dann
.Dann könnt man ihm zu Lei!
gehen, ergänzte ich.
.Nein, dann könnt man ihm nt,
wischen!
.Ja, entwischen, chot wimmernd der
Neger.
Ich ließ da Heldenpaar ruhig weiter,
zittern, vervollständigte rasch meine An
zug und iltt fort, dem Mmklplatz zu.
Die Verwirrung entsprach dem durch
sie entstandenen Lärm. Ganz Sa Se,
basttan del Norte schien auf den Beinen.
Männer, Frauen und Kinder liefen
schreiend, heulend, kreischend, untermischt
mit Hühnern, Hunden unk Schweinen,
aus dem ziemlich großen Platz umher,
dazwischen hatte man Militär aufgestellt
und die Feuerwehr Spritzen aufgefahren,
während der Generalstab in der sichersten
Ecke berathschlagte, ob man die Milizen
einberufen sollte, oder ob die vorhandenen
Streitkräfte, etwa 300 zum Theil mit
brauchbaren Gewehren bewaffneten Tiup
pen genügten, um den Kampf mit dem
Ungeheuer aufzunehmen. Di Glkcken
läuteten noch immer und gellende Signal,
hörver riefen die etwa noch auSgebliede,
nen Soldaten auf ihren Posten. -
Ich lief zunächst zur Feuerwehr, die
völlig kampfbereit war. Di Spritze
wäre gefüllt, die Pumpenschwengel ge
Hoden, die PompierS, die Hände an dem
Schwengel, warteten auf das Signal,
loszuspritzen, nur der Schlauchführer be
mühte sich vergeben, da Mundstück
verkehrt an den Schlauch zu schrauben.
Ich mach! den Kommandanten aus den
Fehler des Schlauchführer aufmerksam,
und anstatt daß dieser feinen Untergebe.
nen durch freundlich Belehrung zurecht
gimiksen hätte, schrie er in brutalem
Ton,: .Vorwärts, schnell los!
Leider hielten die Pempier diese Zu
ruf sür daS Kommando, losusxxitzen.
Schwub sauft der Schwengel auf der
einen Skit nieder, und der mundstuck,
lose Schlauch spie seine starke Wasser
strahl mitten unter die ausgestellten Sol,
baten, die schreiend und fluchend au!ein
anderstoden.
Schwub sauste der Schwengel auf der
anderen Seite herab. Dem erschreckten
Schlauchführer wurde da Mundstück au
der Hand gerissen, völlig verblüfft ließ
er nun auch den Schlauch fallen, der, sich
selbst überlassen, tückisch seine Richtung
dorthin nahm, wo der Generalstab .Rath
suchend und nicht sindend stand.
Auf dem breiten Rücken eine dicken
Obersten, der sofort auf di Ras fiel,
zerstäubte der kalte Strahl, die Herren
mit einem Sturzregen überschüttend.
Flüche. Gelächter, Kommandoruft
.Halt! Halt! Richt spritzen! schallten
durch einander, al ein Mann, ein weiße
Tuch schwenkend, athemlo gelaufen kam
und berichtete, daß der Löwe soeben in den
Hühnerstall de Pfandleiher Sanchiero
eingebrochen sei.
Nun stürzte der größte Theil ter An
wesenten auf der entgegengesetzten Seile
davon, nur die Feuerwehr und da Mi
l!tär rückten, zu ihrer Ehr sei gesagt, sa
fort nach dem Hühnerstall Don Sanchie
ro ab. Zu verwundern war e blos,
daß die Ossiziere und der Kommandant
der Feuerwehr so schnell orientirt waren.
Woher wußten sie wohl, wo der Pfarid,
leiher wohnte?
Ich, auch zu meiner Ehre sei eS ge,
sagt, eilte schleunigst dahin, denn auch ich
wußte genau Bescheid, leider beraubte
mich ein tückischer Zufall der Gelegenheit,
meinen so selten bewiesenen Heldenmuth
auf Neue unbewiesen zu lassen, denn
auf halbem Wege begegnete mir ei Bote,
der mich sofort, aber auch fssort, nach
unserer Kaffekplantage berief, wo unter
de al Arbeiter engagirten Indianern
wegen eine HahnenkampftS ein Aufstand
auSgebrochen war.
Wen ich .unsere' Kaffekplantage
sage, so meine ich damit die meir.eS Chef,
aber ich sage mit Vorliebe .unserr,
weil sie ihm eigentlich auch nicht ge
hörte.
Ich war nunmehr gezwunezen, di Lö
wenjagd auszugeben, mein Pferd satte'.n
zu lassen und nach der Plantage hinaus
zureiten. Wie ich ei mir vorher gedacht,
oalürlich wieder ganz zwecklos, denn ab
gesehen davon, daß die Indianer inen
Susseher erschlage, di Gebäude der
Plantage niedergebrannt und den größten
Theil der Ernte Vernichtet hatten, ar
auch nicht da Mindeste geschehen. So
rasch wie möglich ordnete ich die Angele
genheit in der gebräuchlichen Weise, in
dem ich die Unschuldigsten bestrafte, de
Schuldigsten eine 3-13 ersprach und
die. welche nicht gethan hatten, drin
gend vor derartigen Wiederholungen
warnte. Auf dies Weise gelang e mir,
am Rachmilloge deS nächste TageS San
Sebastian del Norte wieder rreichen zu
könne.
Dsrt herrschte eitel Lust und Fiöhlich.
keit. der k?e war besiegt, sog lebendig
gefangen und, damit er ja keinen Schaden
mehr anrichte, sofort auf ein. deutsche
Schiff zebracht, da ihn elS Geschenk sür
den zoologischen Garten in H mit nach
Deurschland nehmen sollte. Weiter er
zählte man mir, daß zu Ehren der Hel
denthat heute Abend in Illumination
und in Feftb?ktt im Hafenpaktton
stitisinden werde. Die Beschreibäng deS
Kampfe und der endlichen Gefangen
nahm de Löwen will ich au Räckächt
für den Leser und der geringen Wahr
scheinlichkeit halber übergehen.
Sobald ich die nöthig Zeit gefunden
halte, ließ ich mich sofort nach dem mir
bezeichneterv Schiff hinauSrudrrn, um
mir da gefangene Unthier in dir Nähe
anzusehen.
Der Kapiiän de Roftocker Fahrzeuge,
ein biederer Mecklenburger, empstng mich
auf echt deutsch'Mkcklenburgische Weise,
indem er mir di Rechte dorreichte und
mit der Linken nach der Portweir,flasche
riff. Während er einschänkte, klärte
ich ihm den Grund meines Kommen und
fragte ihn, ob ich den L!wen sehen könnte.
Der alt Herr beugte fein wetterge
bräunte Antlitz einen Augenblick lang
sam und nachdenklich über da allmälig
vollmerdend Gla, stieß dann, ohne sich
von der Stelle zu rühren, mit dem Fuße
die Kajütenthür auf und rief nach Deck:
.Karl, wo hast Du dem Leuweg laten?
(Karl, wo haft Du den Löwen gelassen?)
.Karl war der Schiffsjunge.
Ich siel beinahe vom Stuhl, so mußte
ich über den Kontrast lache zwischen der
Aufregung in SanSebsftian del Norte
und der kühlen Ruhe, mit der der Löwe
hier behandelt wurde.
Nach iner Weile k?m denn auch
.Karl hkreingefchlottert und antwortete
auf mein Frage,,, wo der Löwe fei, kalt,
blütig: ,Hee sitt i dee Tünn! nd ge,
leitet mich grinsend nach der bezeichneten
Stell.
Richtig, da saß ver Löwe, rer'e Puma,
von den Mexikanern gar Mizli genannt,
oben auf Deck, mit dem Hinter theil in
einem umgestürzten Wasserkübel, an des
se Griff er naiver Weif mit einem
Strick angebunden war. DS Tbier
halte vielleicht die Größe eine zurückge
bliebenen ffleischnbundeg.
.DaS ist der LZwe? ftsgte Ich ent
täuscht.
.Ja, datt iS hee! sagt Karl und
fügte noch hinzu 7 .Hee i blot noch enn
beelen lütt, aber ick g!eus hee ward woll
noch greuter wartr, bitt mit n Rostock
kohrnt. (Er ist zwar noch ein bischen
klein, aber ich glaube er wird schon noch
größer werden, bi wir nach Rostock kom
men.) Drüben im Hafen blitzten Lichter
auf, die Illumination bsgann. Raketen
stiegen zum nächtlichen Himmel empor,
und auS den geöffnkkn Fenstern de
HafenpavillonS klang die Hoch der
BegeiftettkN herüber. E war daS Sie,
gekftst der Löenbezwinger von San
Sebastian del Norte.
ßtfchrdigskzter.
Au ihrem Leserkreise geht Stangen
illuftr. .Reise, und VerkehrSzeitung
von einer Lehrerin folgende Blüthenlese
von EatschuldigungSiklteln zu:
.Ich bitte mein Dolchen wegen Kopf
weh an die Luft zu fetzen.
.Die Verfäumniß der Schule meines
Sohne wurde durch Krankheit unter
brachen.
.Ich bitt mein Sohn mehr in R.ch
nen zu schonen, indem er mir i die Nacht
kein Ruh läßt, indem er fortwährend
phaniasirt. Auch ich habe In meiner
Jugend nicht rechnen können; leider hat
e sich später von selber gefunden, so daß
ich heute mit Leichtigkeit die Buchsührung
vollend.
.Da ich Annaaa Sonnabend weil sie
klagte um Stiche, den dS Turn das
bringt alle vor, wen S noch mal
vorkommt, den schicke ich ihr die Stunde
nicht nach die Schule und lasse ihr von
Deckler untersuchen, den von Turn hat
schon manch einer den Todt gesucht.
DaS ist für Jungen aber nicht für Mäd
Hen.
.Ich bitte meinen Sehn Karl zu ent
schuldigen, er hat gefte, Abend Unge
Heuer gebrochen.
,wgen kopw.
Geehrtes Fräulein. Indem da Sie
serr zu ver'.indreSihren tuht, was uf
die Schtulle druf i, ölte ich Si man
sagen, daß Sie das jnnifcht anjeh',
indem da e noch kein geschrieben Gesetz
giebt W.-.S uf die Schtulle druf soll.
.Geehrtes Fräulein. Meine Armida
mußte die Schule versäumen, weil mein
Mann ein Brieftasch verloren hatte.
Wo sie halt da Lotterlieloo besaß, wo
wier unS die Größte mühe mußten geben,
daselbe wieder in besitz zu bekommen,
und sie ihn Oktober 14 Jahr wird 9
nicht braun? oukeuMN.
.Meine Tochter Lois bat gefehlt,
kveil sie einen kleinen Bruder ht
k?i!echt. Srll!t tS nächste Woche wrc
der oikommen, so ntschu'dige 5ie
bitte,'
öct'lauköxschkg.
Anlonl: .Denke Dir. Helene, ich habe
gestern dem ssessor Fehs einen großen
Theil seine Leben gerettet l
Helene: .Wieso?
Antonie: .Nun, er wellte mir sür
zehn Jahre seine Leben inen Kuß
gebe. Ich that I aber umsonst!
?eschZmen.
Vater (da! Echulzeugnih seine! Soh
nel durchsehend): .Lateinisch schlecht....
Pfui, schäme Dich! Du willst ia gör.
ste:sohn sein?
Bewiesen.
Engländer: .Sie sein da Wirth, uak
sind so grob mit die Gast?
Wirth: ,Dö schtimmt sch, ab:r n t
grad zu an jede Laffenl
. Sonderbare Anschauung.
Grsßbauer (zu feinem in di Ferien
kommende Sohne, einem Studenten):
.Sage mal, Sexp. wie lange mußt Du
jetzt noch studiren, bi Du 'ne V 7 t l I e
rag, darfst?
Empfehlung.
.Ist dle KZchin, welche Sie mir m,
pfehleu, aber auch willig?
.Na, ob, Msdameken. Di ißt di
jrößten Portionen ohne Murren!
Stoßseufzer.
Fähnrich sauf der Kriegsschule) :
.Herrgatt! Bi ich all' da, im Kopf
hab', wa in Lteutknant wissen
muß bin ich längst Major!
Ungenügsam.
Bräuiigam: . ..Du hast k.'in, Ahnung,
i ich Dich lieb Du bist mein
All,!'
Braute .Da hab' ich doch uf etwa
ehr gerechnet I
Z!ck ei Sauderkabin
...Wie, diese Zimmer hier nennen
Sie das Zauberkabinet Ihrer
Frau?
,Ja, wenn Sie aus de heraus
korsmt, ist sie so rwandklt, daß
ma sie nicht wiedererkennt!
Ganz. egal.
Studiosu: .Wenn ich nur wüßte,
welche Studium ich ergreifen soll! Phi
losoxhie, jue oder Medizin?
Bemoostes Haupt : .Ist ja ganz egal!
Trinken Alle dasselbe Bier!
Immer ia Gleiche.
Fräulein : .Bitt, Herr Professor,
erzählen Sie un doch etwas voa Ihrer
Ferienreis so zum Beispiel, wa Sie
aus derselben Jnieressautc gesehen ha,
den!
Prssessor: .Im Ganzen 122 unor,
thograxhrschgkichritbentgiimkN'Taftln!
VkUmma.
A : .Unlängst wollre man in unserem
Ort eine Feuerwehr gründen ; e hat
ten sich auch L0 Männer hiezu gemel
det!
B : .Nun, diese Anzahl hätt, ja ge.
nügt!?'
A: .Freilich, aber 19 von dksen Lg
wollte Hornisten werdcn I '
Bss!zaft.
Frau lu ihrem von der Jagd heimkeh,
renden Gatten): .Ach, daö sind aber
zwei merkwürdige Hasen I Der eine riesig
groß, der andere so winzig l Den kleinen
haft Du gewiß d'reinbekomme?
Schembar-r Widerspruchs,
Advokat (zu einer schwergekränklen
Frau):. .Klagen Wie nicht, meine lieb
Frau, sondern handeln Sie I
Frau : .Was soll ich denn nker thun?
Advokat: .Klagen Sie!
Eine Kritik.-
Junger Dichter: .Siun, Herr Doktor,
wie haben Sie mein neues Manuskript
gefunden ?
Redakteur: .O, Tinte und Psp'er las
sen g nicht zu wünschen übrig!
Das hilft.
Richter: .Wie alt, Zeugis?
Zeugin (ichweigt verlegen).
Michter (zum Aktuar): .Schreiben Sie
'Wal vierzig I
Zeugin: ,Oho, erst neunundzwanzig!
Schwacher Einirurf.
Herr: ,Wa! Sie sind noch emso jug,
ger Mensch und schämen sich nicht zu bet
reln?
Bettler: .Mein Gott, ist ia, Bettel
n'cht schon an sich traurig? Soll ich nun
etwa noch blind sei der 'nen Buckel ha
ben oder gar Krüppel fein?
Auch eine Estschuldigung.
Vater: ,Wan', Tu fauler Berge! im,
mer noch der Letzte zu fein?!
Skhnchen: .Aber, Papa, ich kann doch
nicht dasür. daß die anderen Schüler
nicht fauler sind!
parirt.
Gattin (wüthend): .Weißt Du,
Eduard, Du big ei riesiger Dumm
köpf I
Gatt: .Stimmt, Mathilde; denn
nur ein solcher konnte Dich zur Frau neh
men.
Galant.
Junge Damc: .Sind die Kirschen auch
süß?'
Ob!ihZdler: .Ich se) e voraus, -mein
Fräulein. Sie habe.i st: ja länger,
Zeit angcsehin.