Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, March 07, 1895, Image 11

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    wie sich die Zeiten ändern
S!,'t ron Via '"iiutjer Roftnhagkn.
Nun sitzen sie sich wieder gegenüber,
zum ersten Mal nach lang-.r, langer Zeit. 1
gaft zwanzig Jahre sind verflogen seil
dem Tage, an dem der Sohn Abschied
ahm von der Mutter, um hüben in der
neuen Welt sein Glück zu versuche.
.eint nicht. Mutter,' hallt er bei
dem Abschied gesagt, ,,dald bin ich wie
der bei Dir. Drei Jahre, sie vergehen
so schnell, schneller al ein Traum sind
sie vorüber, und ehe Du e denkst, bin
ich wieder bei Dir."
Aber ein Jahr nach dem andern ar
vergangen, gar trübe Nachrichten hatten
die Brief gebracht, und die Mutter hatte
sich um ihren Liebling gesorgt und ge
grämt, bis endlich, als sie schon auf em
Wiedersehen zu hoffen ausgehürt hatte,
die Nachricht kam: Ich habe erreicht,
wonach ich gestrebt, ich eile zu Dir."
Nun war er gekommen. Au dem
schlanken Jüngling war ein Mann ge
worden, strotzend von rast und Gksund
hett. in große, hohe. Gestalt, sast zu
groß für den kleinen Raum, in dem die
Mutter zwanzig Jahre aus ihn gewartet
hatte. Sie ist all und schwach geworden
inzwischen, mehr al Krankheit und Noih
zehrt die Sorge um da Liebste, wa man
hat, sie raubt un alle Freude bei Leben
und läßt da Traurige noch trauriger er
scheinen.
Sie sitzen sich am Abendbrodtisch ge
genilber, wie sie so oft früher täglich ge.
seffen haben. Die Mutter auf dem alten
mit Leder bezogenen Soxhi, über dem
da Bild des verstorbenen Gatten, mit
einem Lorbenkranz geschmückt hängt, der
Sohn auf einem einfachen Rohrstuhl an
der anderen Seit des Tische. Die
Lampe, deren helle Licht durch einen
dunkelrothen Schirm gedämpft wird, er
hellt die klein Stube nur spärlich und
läßt die Gegenstände nur undeutlich er
scheinen. Die Augen der Mutter find
schwach geworden, sie hat zu viel gemeint
in den langen Jahren um ihr einzige
Kind sie kann da grelle Licht nicht
mehr vertragen.
E ist ein einfache Abendbrod nur
da sie zusammen verzehren, aber noch
nie in seinem Leben, behauptet der Sohn,
bat e ihm auch nur annährend so gut
geschmeckt wie heute. Mit keinem Könige
mächte er tauschen. Glücklich lächelt die
Mutter, sie streicht mit ihrer Hand über
. m.jCi- i r. . .ä-C m
Die harre, oraune yicajic iyic soyrir
und lehnt sich in die Eck zurück.
Bist Du auch satt, Mutter, soll ich
Dir nicht noch ein Butterbrod zurecht
machen?"
E steht sie fragend an und hat schon
die Hände nach dem Brod ausgestreckt.
Noch immer schwelgt sie.
..Soll ich Dir nicht noch irgend etwa
geben. Du kannst doch noch nicht satt
sein, Mutter? Woran denkst m Mut.
ter?"
Ihr Livven umspielt ein glückliche
Lächeln, wie weltvergessen blickt sie vor
sich hin und murmelt: mt nq v ö"'
ten ändern I"
.I,, Muller, Du haft Recht ent.
gkgnelk er, ,wer hätte da gedacht, daß
ich noch einmal so reich werden würde!'
Morgen noch ziehen wir von hier fort,
und da Schönste, da die Welt besitzt,
soll mir für Dich gerade gut genug fein.'
Sie winkt ihm mit der Hand, zu
schweigen: .Nicht so war e gemeint
und doch, wie sich die Zeilen ändern I
Ich denke zurück an die Zeit, da Du mei
ner Silke bei Allem bedurftest, da Du
keinen Schritt gehen konntest, ohne daß
meine leitende Hand ich führte, va rn
ein Kind warst, da meiner zum Leben
bedürfte. Arbeiten und sich mühen zu
dürfen und zu können für den, den man
liebt, da ist Glück. Bleie, viele Jayre
bin ich glücklich gewesen. Wie manche
Nacht habe ich an Deinem Lager gesessen,
wie vikle Stunden habe ich für Dich
durchwacht. Mutterliebe ermöglichtAllesl
Und al Du größer wardst und an
singst, den Ernst de Leben zu verstehen,
wie oft hast Du mir da so gegenüber ge.
seffen wie jetzt! Wie oft hab ich damals
dieselbe Frage an Dich gerichtet, wie Du
soeben an mich. ein iviahizen ver
ging, bei der Ich Dir nicht die Speisen
vorlegte. Dich nicht fragte, ob Du auch
gesättigt seiest. Dir das Brod bereitete
und Dich zum n noiyigiei-
Nun bin ich alt geworden, meine Hände
zittern, mein Blick ist getrübt, nun kann
ich nichts mehr sur naj tyun. uunoer
bar berührt mich Dein Frage, sie zeigt
mir erst, wie alt ich geworden bin
Nun bist Du mir, was ich Dir früher
war, jetzt bedarf ich Deiner Hilfe, jetzt
mußt Du sür mich sorgen. Wir haben
dl Rollen vertauscht. Wie sich die Zei-
ten ändern! "
Ei schweigt und lehnt sich tiefer zu
rück in die Kissen, sie schließt und träumt
und sinnt. Schweigend sitzt der Sohn
ihr gegenüber, r rückt die Lampe noch
weiter fort, dann steht er leise auf und
breitet sorgsam ine Decke über feine
Mutter. Sie erwacht und schlägt die
Augen auf.
.Ist Dir nicht wohl, Mutter? Willst
Du nicht lieber schlasen gehen?'
.Nein, nein wehrt sie ihn ab, .nur
jetzt nicht schlafen an dem Abend, den ich
seit so vielen Jahren ersehnt. Erzähle
mir von Dir und wie es Dir ergangen
in der langen, langen Zeit.'
Er berichtet von seiner Fahrt, von den
vielen Anstrengungen und Entbehrungen,
von den vielen Enttäuschungen, die er
erlitten, er schildert fremde Leute und
fremd Sitten, r spricht von Menschen,
mit denen er in Berührung gekommen ist,
er zählt stolz seine Schätze auf, die er er
rungen. und mit denen er jetzt das Leben
feiner Mutter verschönern will. So ver,
rinnt ein Stund nach der andern, er
schrockea hört er endlich den Schlag der
Uhr: .Schon Zwölf? Mutter, es ist
Zeit für Dich.
Sie stützt fich aus seinen Arm, und er
führt sie hinüber in ir immer. Aber
ei darf sie roch nicht verlassen, al sie
da Lager angesucht hat, er muß noch
tei i)r siyen. Er hält ihr fyänU in den
seinen.
.Weißt Du wohl noch. Mutter, wie
ost Du so bet mir an meinem Lager ge
sessen bist? Nie wollte ich einschlafen,
bevor Du nicht noch einmal an mein Be!t
gekommen warst, um mir noch ein Mal
.gute Nacht' zu sagen, und ich glaube,
e dauerte manchmal gar lange, lange
Zeit. Geduldig hörtest Du dann immer
Alle an. wa ich auf dem Herzen halte,
alle meine kleinen Sorgen berichtete ich
Dir, und wenn ich nicht mehr zu sagen
wußte, dann muhtest Du mir erzählen.
Märchen und Geschichlen waren e, die
ich da euS Deinem Munde hörte, und
während Du zu mir sprachst, schloß ich
die Äugen und sah im die Zauber
schlösser mit den Feen und Rittern, die
Deine Worte heraufbeschworen, di der
Schlaf mich überfiel und mich hinüber
führte in das Reich der Träume. Dann
erst gingki Du von mir. Weißt Du wohl
noch Mutter?'
.Glaubst Du, daß eine Mutter da
vergißt?'
Sie steht ihn an, und In Blick un
auSsprechlichlr, grenzenlos Liebe trifft
ihn au ihren Buzen, sie haben den wun
tervollen Glanz der Jugend verloren,
aber nech nie glaubt er schönere Augen
gesehen zu haben. Er beugt sich über sie
und küßt sie.
Unter seinem Kuß schließt sie die Lider
und schläft ein. Lange sitzt er noch an
ihrem Lager und horcht auf ihre Aihem
züge, bi sie fest entschlummert ist.
Dann geht auch er, leise, um ihren
Schlaf nicht zu stören. Aber er findet
keine Ruhe, eine inner Angst quält ihn,
er kann sie sich nicht erklären. Er ght
zurück in oii Zimmer der Mutter, lei
öffnet er die Thür.
Unruhig wirst sich die Mutter in den
Kissen hin und her, ihr Augen iuo ge,
schloffen, aber sie bewegt die Lippen.
.Um Gottes Willen, Mutter, bist Du
krank?
Sie versteht seine Worte nicht, sie
spricht vor sich hin: .Wie sich die Zeiten
ändern!' E ist tai Einzige, wag er
versteht, dann wird sie wieder still. Er
sitzt an ihrem Lager und bewacht ihren
Schlaf, aber sie schläft den Schlaf, aus
dem eS kein Erwachen giebt. Ohne Sor
gen kann sie jetzt ruhen, keine Furcht
quält sie mehr, kein Kummer bedrückt
mehr ihr Herz. Der, für den sie gelebt,
ist groß und stark und bedarf ihrer nicht
vetler.
Aber der stark Mann, der sich ver
zveiflungSooll über ihr Lager wirft und
sie in das Leben zurückzurufen versucht,
weiß, daß er sie nicht entbehren kann,
daß er wig und wig sich nach der Mut
ler liebe sehnen wird. Keine Schätzt fön
neu die ihm setzen.
.Wie sich die Zeiten ändern!' E ist
ihm, als klängen noch einmal ihre Worte
an sein Ohr, tiefer beugt er sich zu ihr
herab, aber die Lippen, die zu ihm spra
chen, sind verstummt auf ewig.
Zum ersten Male im Theater.
Die Geschichte eines Theaterbesuche, S.
Der alte Peter Faßel war niemals im
Theater gewesen. Ai Biaulursche hatte
er kein Geld, IS Araumelsier keine Zeit,
und als er sich zur Ruhe gesetzt und das
Geschäft seinen Söhnen übergeben halte,
da fehll e ihm an der nöthigen Lust zu
dem Vergnügen. Er war überhaupt ein
ernster, strenger Mann, dem Lügen und
Komödiespielen verhaßt war, und der
daS Theater für .Allfanzerei' und
Schnlck.Schnack' hielt.
Die Söhn kannten die Eigenheiten
des Vsttl, aber die heranwachsenden
Enkel, die bereit den süßen Zauber deS
Theater genossen hatten, begriffen die
Abneigung des Großvaters nicht und
baten fortwährend: .Großvater, geh'
doch 'mal mit uns in' Theater!"
Unsinn! Fällt mir gar nicht ein!"
brummte der alle Braumeister, und seine
grau flüstert den Enkeln zu; Laßt nur
den Großvater mit dem Theater in Ruhe!
Der versteht ja gar keinen Spaß!"
Aber die Enkel hörten nicht auf die
Warnung der alten Frau und wie der
alte Faßel seinen 70. GeburtSlag feierte,
hatten die Enkel Peter und Paul feine
ungewöhnlich milde Stimmung benutzt,
und ihm da feierliche Bersprechen abge
vommen, heute Abend mit ihnen in'8
Theater zu gehen.
Al der Großvater Fael zwischen den
Enkeln Peter und Paul ta's vtadtthea
ter wanderte, folgte dik ganze übrige Fa
mil,e im feierlichen Zuge nach nur die
Großmutter blieb zu Hause. Niemand
konnte sie bewegen, mit dabei zu fein.
Wenn seine Angehörigen geglaubt hat,
ten, der alte Faßel wütte üder die Pracht
im Theater staunen, so hatten sie sich ge
waltig geirrt! Ihm imponirlen weder
Kronleuchter, noch rothe Sammtlehn
stähle; mit gleichgiltigen Blicken sah er
sich um, und al der Vorhang aufging,
wendete er sein Interesse nur der Bühne
zu. Aber seine Mienen wurden nach und
nach immer sinflertr, bet den beflenWitzen
ging ktin Lächeln über seine Züge.
Man gab zum ersten Male: Der
böse Hausgeist". Die Hauptperson hieß
Katzenkopp und stiftet im Hause ihrer
Verwandten nicht al Unheil. Sie ent
zweite ein Ehepaar, hetzte die Dienstbo
ten gegen die Herrschaft, di Kinder ge,
gen die Eltern, sie log und betrog, wo
sie nur konnt, horchte an den Thüren
und verrieth ein wichtige Familienge
heimniß für zwei Thaler. DaS der böse
Hausgeist im letzten Akt seine wohloer
diente Strafe bekommen würde, ahnten
all Zuschauer, nur der alte Faßel nicht!
Er war überhaupt ein Feind der Weiber
Herrschaft und daß ein brave Familie
durch di Ränke einer hinterlistigen Frau
u Grunde gehen sollte, g'rz ihm über
die Hutschnur. Wie die Mimsel Katzen
kopp gerade allein auf der Bühne war,
sich über ihre eigene Schlechtigkeit freute
und de erschwindelt Geld lächtte, da
war'S mit seiner Geduld zu Ende.
Er erhob sich von seinem Stuhle,
stemmte btide gäuüe auf die Brüstung
der Gallerte und schrie mit seiner Löwen,
stimme, die durch' ganze Theater hallte:
.Jetzt hab' ich' aber satt! Sie unver
schämte Frauenzimmer! Gleich maischirt
Sie vau, oder ich will Ihr zeigen,
wo der Zimrnermann da Loch gelassen
hat!'
Im Publikum entstand natürlich Un
ruhe; im Parterre drehten sich die Leute
um und sahen neugierig nach der Galle
rie, die Katzenkoxpen hörte auf zu reden,
man lachte und flüsterte, und Peter und
Paul, die recht und link voin Groß'
oater faßen, versuchten, ihn an den Rock
schkßen wieder auf seinen Stuhl zu
ziehen.
.Sei doch still. G:otzoa!er! Da ist ja
Alles nur Komödie!'
Aber der alle Faßel ließ sich nicht wer,
fen. Als der böse Hausgeist keine Miene
machte, das Feld zu räumen, schrie er
von Neuem aus Leibeskräften, al ob er
mit einem widerspenstigen Blauburschen
zu thun hätte.
.Km! RauS! Auf der Stelle! Und
nicht gemuckst! Das wär' noch schöner,
wenn so'n elendes Frauenzimmer 'S ganze
Haus kommandiren wollte und die Leute
umeinander hetzen und verklatschen! Mise
radle Klapperschlange!'
Aber j,yt wurde im Theater ein groß
artiger Spektakel, man lachte, man
zischte, man klatschte Bravo!
.Schmeißt den Kerl 'naus!' .Nein,
der alte Faßel hat ganz Recht! RauS mit
dem alten Frauenzimmer!'
Die Mamsell Katzenkopp war wie ver
fteinert, aber dann stieß sie einen Schrei
aus und ergriff die Flucht! Der Bothang
siel.
Ruhig, wie in Fels im Meer, stand
der alle Faßel. Während dieser Sturm
durch da Theater brauste, da legte fich
eine Hand schwer auf seine Schulter
hinter ihm stand ein behelmter Gendarm
und winkte mit dem Finger.
Der Braumeister, der an seinem 70.
GeburlSlag: zum ersten Mal in'S Theater
gegangen war, würd am namliozen
Tag zum rstkn Male von der Polizei
wegen Unfug und ruhestörenden Lär,
menS verhaftet und auf die nächste Wache
geführt.
Die alte Frau Faßel faß gemüthlich
beim warmen Ofen, da schlichen die bei
den Enkel Peter und Paul sehr kleinlaut
in die Stube und erzählten, was sich im
Theater zugetragen hatte. Die Groß
mutier wunderte fich gar nicht, sie nickl
mit dem Kopfe.
.Na, hab' ich'S nicht gesagt, Ihr solltet
den Großvater zu Hause lassen? Nun
haden mir die Bescheerung! Er versteht
keinen Spaß und die Polizei versteht
auch keinen!'
Episode aus dem VefreinngS'Kriege.
Eine Abtheilung von mehreren Regi,
meutern der verbündeten Heere, zum
größten Theile Ostpreußen, belagerte
181.3 die Festung ChalonS. Der fran,
zöstsche General Macdonald hielt die
Stadt besetzt und verweigeite hartnäckig
die Uebergabe. York befahl demgemäß
das Bombardement. Von Zeit zu Zeit
macht der Feind AuLkälle, die ade? stet
zurückgewiesen wurden, worauf die Be
schießung ihren Fortgang nühm. All
mählich aber wurde eine? TageS das
Feuer schwächer und schwächer, bis eS
zuletzt ganz aufhörte. Der kommandi
rende General befand fich damals mit
feinem Stäbe in einem Bauernhause vor
der Stadt. Er hatte gerade feinen Reit
knecht nach St. Memm'.e geschickt, um
etwa Wein für die Tafel zu holen
Plötzlich kam dieser ohne Wein, mit
bleichen Wangen, den Ausdruck des
Schreckens im Gesicht, zurück. .Alles
todt. Ercelleoz. alle todt!' stammelte er.
Der Feldmarschall sandte sofort einen
Ad utanten ab. Al die er tn Tk. Mem
mir auf dem Lagerplatz ankam, über
raschle ihn ein Schauspiel, welches in der
That zuerst erstarren machte. Hunderte
lagen da, in und außer der Reihe, ohne
sich zu regen und zu rühren; der Tod
mußte hier ine furchtbar Ernt gehalten
haben. Allmählich gewann der Adjutant
feine Fassung wieder nnd nun gewahrte
er, daß au vielen Kehlen dumpfe, zur
gelnde Laute drangen, die anders klan
gen, als da Gei öhel von Sterbenden,
und dazu bemerkte er rings am Boden
Splitter und Trümmer von Tausenden
von Flaschen. Da und dort traf sein
Auge jetzt auch Gruppen von schmatzen
den, lachenden und zechenden Soldaten.
Nun klärte fich die, Räthsel auf. Die
braven Ostpreußen hatten einige Cham
pagnerkeller entdeckt und das .Weiß,
bier', wofür sie e irrthümlich gehalten,
in überreichem Maße genossen. Manche
von ihnen waren im tollen Rausche mit
der Flasche in der Hand gegen die Mauern
gestürmt und hatten dort den Tod gefun
den, die meiste lagen mitten im feind
lichtn Feuer im süßesten Schlummer.
Der Adjutant eilt zurück und meldete,
wa er gesehen.
.Eine nüchterne Brigade zur Ab
lösung,' kommandirte Fork.
Der Feind hatte zum großen Glück
von alledem Nichts bemerkt, sonst wäre
e ihm sehr leicht gewesen, den Gürtel
der Belagerer an dieser Stelle zu durch
brechen. DieS ar auch der Grund,
warum Aork die Sache nicht tragisch
nahm und sich mit einer derben Straf
predigt begnügt.
Diners in Zluhland.
Wi alle nordischen Völker, lieben auch
die Russen bei der Tafel überraschende
Gegensätze. Viele ihrer LieblingSfuppen
werden kalt genossen, den The hivzegen
trinken sie so heiß, wie eine deutsche Kehle
kaum vertragen würde. Zum Eingang
eine Diner giebt e in besseren Häuiera
schon in lange Liste von Leckerbissen,
tu alle mit starken Liqueur tjinabci
schlemmt werden. Hierunter zählen
Eaviar, Radieichen, Hninze, Sarkinen,
geräucherter Salm, roher, getrockneter
Stör, rohe!, getrocknete Gänsefleisch,
Käs diverser Art und Butter. Dann
kommt die' eiskalte Suxpe, ,' ge
nannt, die von gezsrenem Rozgen betet
ist wird und in der fich Stückchen von
Heringen, Gurken und Fleisch befinden.
Eine andere kalt Suppe ist von grüner
Farbe; fie wird .Sicht' genannt und
schmeckt wirklich gan; vortresflich, obgleich
sie auSKohl, saurem Rahm und gischfleisch
bereitet wird, welche Zusammenstellung
man nicht überall sehr einladend finden
dürste. AI nächster Gang folgt etwa
Fisch mit Pasteten oder die ,Sol
winka', eine au Fleisch und Kohl zusam
mengesitzte Speise. Hieran schließt fich
nicht seilen kalte, gekochte Spinsekkel
mit einer Sauce von Meerettig. Zur
Fortsetzung giebt e meist wirklich deli
ciöse Hühner oder KalbScotelette, oder
Schöpserbraten, meit Buchweizen gefüllt,
Schnepfen mit Salzgurken und verschie
dene Süßigkeiten, unter denen der
Nesselrodepudding besonder schmackhaft
ist. AlsAetränke dienen vorzüglicheWeine
aus der Krim, vom Kaukasus und den
Ufern de Don; aber verkauft erden sie
meist unter den Namen Bordeaux oder
Burgunder. Vorzüglich ist auch der
russische .Eider' (Obstwein), der Birken
wein, sowie der Langogo, ein kühle, au
Himbeeren bereitetes Getränk. Champag,
ner, ter viel in Rußland consumtrt wird,
fehlt selten, obwohl er sehr theuer ist.
Kaffee undihee, Liqueur! und Cigarelten
vervollständigen al Nachtisch die Mahl,
zeit.
$i Cigarre als Vrantweröer.
In Holland ist es Sitte, daß junge
Männer die Cigarre zur Vermittelung
von HeiratSanträgen benutzen. Wenn
nämlich ein junger Mann tn in Mädchen
verliebt ist, so klingelt er an der Thür
deS Hause, in dem die Angebetete wohnt,
und bittet um Feuer, seine Cigarre anzu
zünden. Dieser erste Schritt macht die
Eltern aufmerksam. Aber wenn er sich
zum zweiten Male unier dem Vorwande
deS FeuerfordernS meldet, dann wissen
fie, woran sie sind und treffen ihre Maß
regeln, um bei dem dritten entscheidenden
Versuche den entsprechenden Bescheid je
nach den Erkundigungen lautend geben
zu können. Dieser dritte Versuch ei folgt
gewöhnlich sehr bald nach dem zweiten.
Ist der Freier nicht genehm, so wird ihm
daS Feuer ab und die Thüre vor der
Nase zugeschlagen. ES ist dies in Korb
in bester Form. Ist aber die Werbung
willkommen, so wird ihm artig Feu ge
reicht, er zündet seine Cigarre an und
tritt dieses Mal in HauS, wo ihn die
Familie empfängt.. Jetzt kommt eS zur
Erklärung. Der junge Mann macht der
Form wegen den Eltern diejenige ihrer
Töchter namhaft, auf welch feine Wün
fche fich richten. Sobald dieser Punkt
aufgeklärt ist. tritt ihm da Mädchen ent
gegen und fie reiche sich die Hände.
Hat er dann seine Cigarre ausgeraucht,
so wird ihm die nächste von setner Braut
gereicht und sie giebt ihm auch das Feuer
dazu.
cji merkwürdiges Wildschivki.
Die Musikanten eines Dorfes in den
Ardennea spielten jüngst bei einem Hoch
zeitöfefte auf. Müde und vor Allem
stark angeheitert, kehrten fie um Mittet
nacht zu Wagen nach Hause zurück,
Beim Morgengrauen sah ein Arbeiter, der
sich zur Arbeit begeben wollte, aus der
Stroße eine .große, unbewegliche Masse';
eS wurde ihm sofort klar, daß die nur
ein Wildschwein sein könn. Er nahm
allen Muth zusammen, näherte fich dem
Ungelhüm und versetzte ihm mit einem
Stecken einen furchtbaren Schlag. Ein
merkwürdige Brumme war die Antwort
des .Wildschweines'. Der tapfere
Kämpe lief nun schleunigst ins Dorf
zurück, m SuccurS herbeizuholen, und
bald zog denn auch eine mit Heugabeln,
und Blöcken bewaffnete dörfliche Heer
fchaarzum Kampfe gegen das Wildschwein
in'S Feld. Ein besonder kühner Herr,
der für alle Fälle in Jagdflinte mitgt
bracht hatte, schoß auf die Bestie; aber
obwohl die Kugel getroffen hatte, rührte
sich die Wildsaa nicht vom Flecke und der
Detonation folgte nur jener Brummlaut,
den schon der Arbeiter vernommen hatte.
Nun stürzten sich die beherzten Bauern
alle wie ein Mann aus daS Wildschwein,
um ihm vollends ben GarauS zu machen.
Zu ihrem arößten Erstaunen sahen sie aber
plötzlich, daß sie S mit einem in Wach?
ieinwand gehüllten großen Kontrabaß
zu thu gehabt hatten, den die berauschten
Dorfmuflkante aus dem Heimwege ver
loren hatten.
Merkwürdigkeiten.
In der Nähe von Stasenhagen, der
GeburtSftadt Fritz Reuter'S, befinde sich
im Joenacker Thiergarten Eichen vo fei
teuer Größe, so daß fie wohl zu den
stärksten in Deutschland gezählt werden
können. Man gewahrt an ihnen Zmeiae.
welche die Stärke ansehnlicher Eichen
stamme haben. Als vor längerer Zeit
so lesen wir in der Zeitschrift für
Gartenbau und Gartenkunst einmal
eine Eiche, welch keineswegs di stärkst
war, gefällt worden war, ließen fich an
hrem Querschnitt 1800 bis 1200 Iah,
reöringe zählen. In der Höhlung der
einen Eiche hatte einmal eine Gesellschaft
von neun Erwachsenen Platz und ein an
dermal sogar 25 Schulkinder! Die
stärkste aller Eichen hat unten einen Um
fang von IS Meter und höher einen sol
chen von über 10 Meter.
Allerdings nicht durch so gewaltige
Eröiienstrkzütnin' beroorraaend. aber
doch in Bezug auf Seltenheit mit diesen
iZtchea wetteifernd, ,?t em anier s,a
turmerkaiürdig?eit, welche bisher wenig
beachte! worden ist. Ja dem Park zu
fiara Silii. dieser bekannten land
schädliche Perle Mecklenburgs, rankt an
einer ich rn xzeu empor, ce.ien
Stamm I zu einem Durchmesser rcn 35
Centimeler gebracht hat.
eAege di Schkafkoligelkil
die ss häufig als Folze der geistigen
Ueberanstrengung auftritt, schreibt Jame
Patzn in seinen .Funken der Erinne
rung', daß r mit Feder und Pinsel
tüchtig und vielleicht mehr al viel
Andere gearbeitet, dock, von Ansang an
auch länger al die Meisten geschlafen
habe. Dennoch kommen Fälle vor, wo
man mit Gott Motpheu in peinlichen
Konflikt gerälh, und dann ralhet der Ge
ninnl an, sich nicht des v'.elbenutzten
Mittel de Kopfrechnen zu bedienen,
da den Schlaf nur schwer herbeifühit,
sondern sich lieber ein öde Ebene, Land
schuft, oder eine unbewegte Wasserfläche
vorzustellen. Jedenfall soll man schlaf
lo daliegend, nicht twa ZukunstSpläne
schmieden, wa den Schlaf eher oer
scheuche al herbeiführe, scndera man
soll sich in solche Bilder au der Bergan
genheit versenken, an die man fich nur
mit Freuden erinnern kann. Jame Poyn
erklärt, daß er die Vorschrift: Sieben
Stunden Schlaf für den Mann, acht für
die Frau und neun für den Thoren, stet
auch über die letzte Grenze hinaus über
schritten und sich dabei arbeitösShig be
funden und als. . . . Virtuos im Schlafe
erwiesen habe.
ugg, hake 'n ?löhe!
Da ist ei historischer AuSruf, über
welchen ein Freund de ,B. F.' aus sei
nea KriegSerinnerungcn von 1864 Folgen
des zu erzählen w,tk. Bet dem ans
streich auf die Insel Fehmarn im Jahre
1864, den Regimenter de dritte Corp
ausführten, war S finstere, stürmische
Nacht, so daß selbst die alle Spaßmacher
in den mit Brandenburgern befehlen,
Nußschalen aleicienden Kähnen den
öumor verloren, um fo mehr als da
salzige Wasser fortwährend vom Wind
aus die Soldaten aepelt cht wurde.
ertönt plötzlich auS zwei Kähnen das fol
gende, in echt berlinischer Mundart ge
führte Gespräch: .Aujuft, hafte 'ne
Plötze?' .Warum, Jule?' .Stech'
fie in det Wasser hier, denn hast'n
Hering.' Die Wirkung war durch
schlagend. AlleS wurde wieder munter.
Der Alp, der die Krieger bedrückt halte,
verschwand. Fester wurden die Ruder
tinzesetzt, scharf und gespannt auSgelugt
und ohne Schuß die Insel geymarn ge
stürmt und gewonnen.
?as t" in der Kochkunst.
Eine jede Hausfrau weiß wohl, daß
Krebse tn den Monaten, deren Namen
kein ,r' enthält, am empsehlenSwerthe
sten find, wie Austern in denen, welche
ein .r' im Namen führen, und, um
gleich bei den dem Wasser entnommenen
Speisen zu bleiben, so sind von Fischen,
Lach, Aal und Schleie am wohl
schmeckendsten in den Monaten ohne ein
r", Karpfen und Seesische in denen
mit einem r" geschrieben. Allk jun-
gen Gemüse sind am zartesten in den
Monaten ohne ein ,,r", Mai, Juni,
Juli und August, während Meerrettig
und auch die meisten Kartone'.sorten erst
in den Monaten mit einem r" zu voller
Geltung kommen, ebenso wie da zur
Ueberwinterung bestimmt Dauerobst.
Rindlicher Linsall.
Kleine Ella: .Mama, habe ich noch
meine Milchzfthr.es"
Mutter: .Ja. mein Kind.'
Kleine Ella: .Papa aber hat schon
Bierzazne, nicht wahri'
verschnaxxt.
Chef: .Wenn Jemand heute Nachmit.
tag nach mir fragt, dann sagen Sie, ich
wäre in dringenden Geschäften fortge
gangen.'
Hausknecht: .Schön, Herr Prinzipal.'
(Eine halbe Stunde später.)
Kunde: .Ist Herr Lehmann nicht zu
sprechen?'
Hauöknecht: .Icein, er ist in bringen,
den Geschäfte zum Wettrennen g,
fahren!'
Allerdings berechtigt.
Madame: .Weshalb haben Sie denn
Ihren letzten Dienst verlassen?'
Dienstmädchen: .Ja. issen Sie. ich
sollte alles bezahlen, was ich zerbrochen
halte und oa mußte ich denn noch schließ,
lich Geld zu meinem Lohne zulegen!'
Gutes Mittel.
A. : .Sagen Sie, ist da wahr, daß
Sie jetzt zum fünften Mal Wittwer ge
worden find?'
B. : .Jawohl, da stimmt.'
A. : .Nun sagen Sie, wie find Si
bloß Ihr fünf Frauen so schnell lo ge
worden?'
B. : ,Na, da ist doch ganz einfach,
ich hab ihnen nie widersprochen, da haben
fie fich alle zu Tode geärgert.'
Allerdings schlimm.
Tochter: .Ich bin heute schrecklich ner
vöS. Mama, Herr Wenzel will heute
Nachmittag bei Papa vorspreche und um
meine Hand anhalten.'
Mutter: .Ja, glaubst Du denn, daß
Papa ihn zurückweisen wird?'
Tochter: .Nein, daS nicht, Papa wird
schon seine Einwilligung gebe.'
Mutter: .Ja, warum bist Du denn so
neroöS?'
Tochter: .Ich fürchte, Herr Wenzel
wird nicht kommen!'
Erster l?e,ienft.
Studiosu : .Sieh' 'mal, Paul, diese
10 Mark!.. . Mein erstes selb st ver
diente, .:!'
Sein Freund : .Woo.it hsft Du den
da verdient?'
Sludiosu: .Leere Weinflaschen hab'
ich vertust!'
Unter Vacksischen.
.Du, Emilie, hier wohnt ein Spe
ziuiist für Herzkrankheiten!'
.Bist Du denn krank?'
.Nein! Der könnte un aber iellelcht
sagen, wer von unS den Lieutenant
unglücklicher liebt Du
oder Ich !'
Durch die Llunie.
Junge Frau (die sklbft gekocht hat):
.Lieber Karl, ti schmeckt Dir scheint'
nicht?!'
Mann: .Doch, mein Schatz! Ich
vermuthe nur, daß in Deinem Kochbuch
verschiedene Druckfeh'.er si.'.d!'
Mißrerftändniß.
Rath : .Wie alt sind Sie?' AeltereS
Fräulein: .3. Hetr Rith!'
Rath (zum Schreiber, der da Proto
coll aufnimmt): .Schreibt Sie:Ge
boren 1832 !' '
Sonderbare kogik.
Onkel: , . . .Wenn Du Dein Eramen
bestehst, bezahl' ich all Deine Schul
den!'
Neffe : .Da soll ich also nur für
mein Gläubiger ftudirea?!'
Sehr zweierlei.
.Ich sag' Ihnen, wenn mei' Alter
richtig g'soffe hat, iS er 'n andern Tag
gauz zerschlage l'
.Da sind Se immer noch gut d'ran :
wenn aber mi' Mann richtig g'soff
hat, bin Ich 'n andern Tag ganz zer
schlag. !'
summarisch.
,Na, wa macht denn der Herr Haupt
mann und seine Frau?'
.Mein Gott, er richtet die Soldaten
au und sie die andern Leul'I'
Boshaft.
Student: .Ich muß meinem Alten
eine Photographie von mir schicken, wie
ich gerade siudire I'
Freund: .Also Momentauf
nähme!'
Zweiselliaster Trost.
.Du, ich hab' dem Spund zwanzig
Mark gelieh!! Ob ich daS Geld wohl
jemals wiederkriege?!'
,O, der Spund ist ein ehrlicher Kerl
... und Ihr seid ja Bcidk noch jung !'
Nicht darauf tingezangcn.
Fräulein: .Denken Sie, den seltsamen
Traum, den ich diese Nacht halte, Herr
Assessor; ich stand mit Ihnen zusammen
am Altar I'
Herr: .Darin finde ich nicht selt.
sameS, weshalb soll ich nicht 'mal Braut
führe? bei gnädigem Fräulein werden?"
Aus der Schlinge.
Frau: Was ist denn dS für ei
Geck, der hinter vnS in demTilburu
fährt und so heftig aus die Pferde ein
haut?"
Mann: DaS ist der Sohn deS neuge
adelten Barquie:s X , der will durchaus
Vorfahren."
Noch richtiger.
A. : Haben S.ej'chc bemerkt, daß
Leute welche einen Selbstmordversuch ge
macht haben, nie wieder einen begehen."
B. : Nein, aber ich habe bemerkt,
daß Leute, denen ein Selbstmordversuch
geglückt ist, nie wieder einen begehen."
Plappermäulchen,
Der kleine HanS: Guten Tag. lieber
Großpapa, wir gratuliren. herzlich zu
Deintm GeburtSlae, und die Mama
hat gesagt, wenn Du unS jeden inen
Dollar giebst, wir sollen ihn hübsch ein
stecken und j? nicht aas dem Nuckweg
verlieren !"
Empfindlich? tte.
.Bitt trete Sie meiner Ehre nicht zu
nahe
.Wieso? Haben Sie vielleicht Hühner-
äugen daran?'
Das paßt ihm gerade.
Kaufmann: 'Ti würde Sie aern in
meinen Dienst nehmen, aber ich habe lei
der wenig zu thun!'
Eornmis: .Desto besser!'
Schwache Motivirung!
Herr: .Wissen Sie. Herr Stallmeister,
geben Sie mir diesmal ein andere Pferd
zum Ausreiten; das bisherige ist so un
ruhig und schaukelt so sehr, daß eS mir
ängstlich ist.'
Stallmeister: .Aber, lieber Herr, es
giebt doch nichts Ungefährlicheres als ein
Schaukelpferd.'
Geschäftstrieb.
Richter f,um Anaeklaaten: .Si
haben abermals bei einer Rauferei aus
dem Tanzboden einigen Personen di
Zähne eingeschlagen. Wa haben Sie
zu Ihrer Vertheidigung zusagen?'
Angeklagter: .Gehört mit zu meine
Geschäfte. Bin Zahnarzt.'
Gute Gelegenheit.
A.: .Du, ich habe Dich meinem LIe
feranten gegenüber al Referenz auf,
gegeben, Du kennst ja meine Vermögens
läge .'
93. : .Hm, fg gaiz genau doch
nicht äh bist 'Du angenblick
lich in der Lage, mir fünfzig Mark zu
leihen?'