Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, February 07, 1895, Image 2

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    NEBRASKA STA Alt - ANZEIGER. Lincoln, Neb.
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3: tfiiuiü (A'U'it!
Unser rrfler Loii Ocsiufj.
Studie von .5(l)ol.i8iiha Schnnicks.
Eigentlich ist c? doch eine recht schöne
Gabe, wenn nmu den nöthigcii ''cisl
und offenen Blick hak, seine lieben
Mitmenschen mit f rit if dient Jluae zu
beobachten, txrftiiiibig zu bcnrthcilcn
und diese Studien zn eigenem und ande
rer Ruij und Fruniiuett in gefall incr
Weise zu Papier zst bringen. Man
braucht nur in:, sich zu schauen, so
springen einem interessante Person
lichleilen gewisserniaßen ren selbst in
die Augen, wie zum Beispiel unsere
Tante Huldei, über die ich mich heute
deö Rechcrcn ratreiten will.
Es ist jetzt vierzehn Tage her, da
brachte mi beim Frühstück der Post
böte einen Brief mit dein vielver
sprechenden Stempel Rokciiluckc i. W.
Meine sieben!" sa schrieb Tante
Hulda, ich weide Euch in der näclisten
Zeit wucht einmal besuchen müssen.
Natürlich nicht zu meinem Vergnügen,
denn ich bin gar nicht für all' dao
Reisen. Aber meine Freundin, die
venvittwele bersreuerrathin Schulte
Schmöten, I;at vor einigen Jahren,
alö sie noch lebte, 'mal so heftig
Ohrenreißen gehabt, nn) damals gab
es bei Euch in E. einen Arzt, von dem
cö hicsz, daß er für Ohren und All eo,
lvaö damit zusammenhängt, sehr gut
wäre. Oi'un uiachen mir in der lclten
Zeit meine Augen recht viel zu schaffen.
ES flimmert mir so davor, und sie
thun auch wohl 'mal wehe, so das; ich
fast fürchte, wenn ich nicht 'mal vaö
daraittcge, dann muß ich später immer
eine Brille tragen. ?a null ich doch
lieber einmal das Reisegeld nicht
scheuen und mich auch an diesen Arzt
wenden, als nachher immer die kosten
für Brillen und zerbrochene Gliist'r zu
haben. ES ist Euch ja wohl recht, wenn
ich heute in acht Tagen Lei Euch ein
treffe, wo ich mich dann für einige
Zeit in Eurem Heim cinlogircn kann.
.Bis dahin grüßt Euch Eure Tante
Hulda.
1 Nachschrift : Ihr könnt Euch wohl
schon nach dem betreffenden Arzte crkim
digcn." Mein Mann, etwas boshaft wie alle
Schriftsteller, hatte den Brief mit
einer abscheulichen Uebertreibung der
westfälischen Aussprache vorgetragen,
die ihm nach meinen Erzählungen über
Tante Huldz von ihrer Persönlichkeit
unzertrennbar war.
,,Hm!" sagte er jetzt nachdenklich.
Dann legte er sich in seinen Stuhl
zurück und enlocktc seiner Cigarre mäch
tige blaue Wolken. Auch ich schwieg.
Mir war feierlich zu Muthe. Unser
Eheliches rcmdcnslübchcn hatte bis
jetzt noch Niemand unter feine gast
lichen Fittiche genommen und sollte
nun zum ersten Mal an die Ocffcntlich
fett treten. Welch' ein denkwürdiger
Augenblick ! Dann aber konnte ich mir
.mich ein behagliches Gruseln nickit ver
wehren, wenn ich mir ausmalte, wie
Tante Hulda und mein Mann mit ein
Zander verkehren würden. Wie intcrcs-'-sank
würde es für mich werden, den
Reibungen dieser so grundverschiedenen
Raturen zu lauschen und ihre Funken
sprühen zu sehen !
DaS mfft sich eigentlich ganz gut,"
unterbrach mein Gestrenger endlich das
dumpfe Schweigen, indem er etwas
verlegen mit der Morgcnzcitnng spielte.
Ich hatte halb und halb vor, nächste
Woche eine kleine Studienreise in den
Rhcingau zu machen: ihr Beide seid
dann ganz unter Euch und werdet gar
nicht durch meine Anwesenheit be
lästigt." Ich sah ihn durchbohrend an, was
ihm anscheinend sehr unbehaglich war.
Ganz wie Du meinst!" sagte ich dann
möglichst eiskalt, vielleicht wird es
übrigens Deine gewohnte Bequemlich
keit noch weniger stören, wenn ich mci
ncr armen Tante eine Erholungsreise
nach dem Blocksberg vorschlage und sie
gleich dorthin begleite, dann bist Du
ganz ungestört!"
Run, nun, nun, nur nicht gleich so
hitzig!" sagte der E'atte, ich dachte
blöe 'mal so, ich kann ja auch hier blei
ben!' Er seufzte leise, und ich hatte gc
Wonnen. Ter Acrmslc! Er hat wirklich
ein goldenes Herz und thut mir viel
zuliebe; aber manchmal möchte er so
ganz anders als ich, und das ist datin
recht lästig. Run, diesmal war mir'S
geglückt, und ich versprach ihn, zum Tank
dafür, ihn in der kritischen Zeit mög
lichst wenig zu behelligen und mich, so
viel rs irgend anginge, mit Tante
Hulda allein zu beschäftigen.
Am Morgen des großen Tages legte
icli iut Frcmdenstübchcn noch einige ge
fcäfeUe Teckchcn auf, die meiner Ersah
rung nach für Tante Huldas Behagliche
kcit unentbehrlich waren, und stellte
einen frischen Strauß auf den Tisch.
Mein Mann war ziemlich still.
Seine Stimmung schwankte merkwür
dig zwischen einer ihm ganz reizend
stehenden rührenden Wchmuth und sanfter,-
resignirtcr Ironie; aber 'er nahm
sich zusammen, das merkte man deut
lieft, lind beschält ließ ich auch, ehe wir
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ficcigni'tcu v;::;;.::I!;Jt:i n:it einem
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Odmlackie ;r.ilen. ''.'s,idero wenn es
ihn erfreut und c: ::.:! selbst zu Statten
kommt Er tu.:i denn c::ch und war
gerührt. nv.i :r..;.1:t::t wir uns auf
den Weg, u.,d i,I iicutz mich ucn gan
zein Herv'n. e:".i.li der Zugljcran
brausie, dir u::? Taute Hulda wirklich
bra.lte.
vll sei Dau! ! Da seid hr ja!"
wufzte an:e ,,:Ida ur.S erleichtert
entgegen und fing an. uns ihr zahlloses
Handgepäck ber.'.:!ozurciu.c:l. Zulegt
Iiieg sie kelb't r.iichlig aus und be
grüßte uiiv e,w.:. ruhiger. Eö freut
mick,. Deinen 'auu und Eure HäuS
lickleit nun ü'd.'ü einmal kennen zu lcr
neu," sagte sie und betrachtete den
Acrmnen' ii".i xopf bis zu den Zvüßcn
mit einem dimbohrcuecn Blick. Er
verbeugte sich u::d murmelte ciwaS wie
ebenfalls sehr erfreut!'' Dann bat er
um den iepäaichein und besorgte uns
eine Droschke.
Das Reisen ist doch recht kostspie
lig!" meinte Zanke Hulda unterwegs.
Was habe ich allein wieder an Ueber
sracht zahlen müssen, und das nur
wegen der ei:w:: .vüste! Auf der Eisen
bahn scheine.! sie ja nichts Anderes
mehr zu thun zu haben, als immer nur
auszurechnen, wie sie armen Leuten
den letzten 'r. scheu am sichersten ouS
den Zahnen ziehen. Du lieber E'ott,
so 'n"Z'.tg hat doch so viele Waggons,
und in jedem it so viel Platz, und was
kann so eine voloiiivlive nicht Alles
ziehen! Da .'onnten sie doch schon
etwas gesalliger sein und brauchten
sich nicht so jedes Eckchen bezahlen zu
lassen. ES ist so schon, wenn man
etwas nur aus vi sie thut !"
Ich trat i.'.einem Manne 'mal auf
den y.'.ß, tWv der sah zum Fenster
hinaus und schwieg, wahrscheinlich im
E'esühl seiner hmnacht, die Eilen
bahnverwallung zu Taute HuldnS An
sichten zu belehren.
So kamen wir denn zu Hause an.
Um des Hiumiels willen!" schrie
Tante Huld.! enkfei t auf, als unser
kleiner Teckel uns mit Freudengebell
begrüßte, hecktet die Bestie zurück ! Er
zerreißt einem ia alle Kleider! Darauf
hättet Ihr mich auch vorbereiten kön
nen! Der Schreck! Aber so thut ihn
doch fort, sonst steige ich nicht aus!"
Ich nahm d:,s liebe Thierchen auf den
Arm, beru'üigte e5 freundlich und trug
es in die gliche, während mein Mann
die Tante tröstete und ihr beim Ans
steigen behilflich war. Dabei hielt ich
mich absichtlich etivaö langer als nöthig
auf: denn erstens hatte ich mich ge-
ärgert, daß unser guter Hund so ange
schrien und verkannt wurde, und
brauchte ein paar Minuten, um diese
Pille zu vernliulerzen und wieder
liebenswürdig auszusehen; dann hielt
ich es aber euch für heilsam, meinen
Mann etwas :n,it Tante allein zu las
seu, man findet sich zu Zweien eher
alö in Gesellschaft eines Dritten, und
es war ihnen gewiß eine ganz gute
Porubuug für ihren ferneren Verkehr.
Ich gab dem armen Hunde also ganz
langsam uacheine.nscr einige. Stückchen
Zucker und Lebcrwurst, immer umsich
tig. und begab mich dann allmnlig
in'ö Wohnzimmer, wo die beiden ande
rcn sich scheu niedergelassen hatten.
Tante Hulda hatte Hut und Mantel
abgelegt und saß mitten auf dem
Sopha. In ihrer äußeren Erscheinung
hatte sie sich nicht sehr verändert, seit
ich sie zum legten Aal gesehen hatte;
nurdie Haaie waren mit der Zeit
weiß und sehr spärlich geworden und
ilp Enden verschwanden unter einem
einzigen rcthgnldeneu Zäpfchen, das
unbegreiflicher Weise noch die Grund
färbe beibehalten hatte.
Ri'it rathet 'mal, was ich Euch
mitgebracht he,bc!'' rief Tante Hulda
vergnügt aus, Oder noch besser,
kommt eben mit auf mein Zimmer, da
könnt Ihr 's gleich auspacken !"
Ich war höchst überrascht; an die
Möglichkeit hatte meine Seele noch
nicht gedacht, daß Taute Hulda Jemand
ein Geschenk machen könnte. Sie
mochte mir wohl etwas derartiges
ansehen; denn säst verlegen fuhr sie
fort: Ihr Heer ja mich von Eurer
Hochzeit her noch was zugute; damals
wußte ich gar nicht, ',ras ich Euch
hätte geben kennen, und diesmal,
dachte ich, ginge es zugleich als Frei
gcpäck mit durch. Run, um das bischen
Uebersicht will ich mir auch keine
grauen ,aaec wachsen lassen. Hofscnt
lich macht Euch der kleine Gruß aus
Westfalen Freude!"
Erwartungsvoll begleiteten wir sie
zum Fremdenzimmer, wo daö Gepäck
inzwischen Pluv gefunden hatte. Ich
glaube, es ist eigentlich kindisch, wenn
man sich so über Geschenke freut, wie
ich das stets thue; nbcr ich finde es
toch auch wieder sehr begreiflich; denn
in einem frisch vaheiralheten Haus
halt, wie dein unscrigcn, lassen sich
noch recht viele nellc Sachen anbrin
gen, und rnr.i kann sich doch nicht Alles
selber lausen. Was gab eö nun wohl
wieder sine Schönes? Meine Phantasie
erging sich in den höchste Tonen.
Bielleichk gar eine Bowle? Die haben
wir nämlich noch immer nicht, rnd ich
finde, die muß man anständiger ,.'eise
doch eigentlich bjcheu, besonde.s bei
uns am Rhein! ES wurde mir viel zu
lang, bis Taute meinem Fremden
ftübchcn ihre wirklich freundliche Aner
kennung ausgesprochen hatte. Endlich
öffneten wir die Uisle. Sie enthielt
lauter Pumpernickel !
Ein frommer Spruch sagt : Geben
ist seliger als Nehmen." Daö habe ich
nie besser verstanden als in diesen!
Augenblick; denn Tante Hulda schien
wirtlich sehr selig zu sein, und ich war
eher alles Andere als das. Mein Mann
mußte mir wohl so etwas anmerken ; er
legte slüijcnt! den Arm um mich, und es
? , "c i.n tJ i.itüul.il'.$ uni leine
tipren, utj rr in unicr beider Ranien
. cnseren Krckick:.! T a:;t c:Kl';-ru''.
Der ti::c o:;t l.:.te:t. seilte ich
; mit d;eie;ii '.r; Pn:nreinicke! ansa:
een? Er vx. tun U.:; teiren.
i Es Und ;!ran;iq ituef," fj.ztc
! T.iNie Hulda nieten?, da kennt Ibr
i Euch eine :citla:t.i re.lt se.it dar::i
f'if.t; i ic l.siltt!! lich scheu ein
eil
cheu. und zeeuu sie auch zulegt trecken
werden, m:', ,,'t sind sie dann dech
noch!'
O ja!" saz'e ich :::it eraebeuem
kacheln, und '.cheiiea'e in tneinem Her
zen, wie viele von den Breden wir in
unseren! Bekanntenkreis los werden
kennten; der ieft blieb immer noch
überwältigend. Wahrend ich das Mad
chcn beanilragie, die lolibare Sendung
in die Borralhsian-.'ier zu s.l,afen, zog
mein Mann sil leise zunick, und
Tante Hulda machte sich s in ihrem
Zimmer begnem.
Was ich iierigens sagen wellte,"
bemerkte sie nach einer Weile, Dein
Mann macht ja cin.'n r,an; netten Ein
druck." Das will ich meinen!" platzte ich
los; ich war dicht an der Grenze mci
er Selbsibeherrschungcsähigicil ange
kommen, und ich fiirchle, man konnte
das anch schon deutlich merken.
Ja sieb," fuhr Tante Hulda fort,
als ich horte, daß er Schriftsteller fei,
wurde ich etwas mißtrauisch, und das
kannst Du mir kaum übelnehmen; denn
bei uns in Rotenbeke sind auch zwei,
und die können recht unfreundlich sein.
Es ist ja überhaupt ein etwas leicht-
fertiger Beruf, wenn ich so sagen soll.
Ich muß allerdings gestehen, daß ich
auch einmal einen schriftstellerischen
Bersuch gemacht habe, indem ich einen
meiner Ansicht nach sehr beherzigend
werthen Artikel zum Schutz der jiatzen
schrieb. Aber die Zeitungen find heut
zutage so an allerlei Schund gewöhnt,
daß ihnen vollkommen der Sinn abgeht,
ernste Sachen zu würdigen. ES wurde
gar nicht angenommen."
Unter solchen erqtticklichcn Gcsprä
chcn packten wir TanteS Sachen aus
und gingen dann zum Abcndbrod, wcl
chcs bei uns in der Regel aus Thee uns
kalter jtüche besieht und an diesem
Abend natürlich mlt besonderer Sorg
falt bereitet war. Wir hallen uns
kaum gefetzt, da klingelte es an der
Hausthiire, und gleich darauf wurde
mein Mann durch das Mädchen heraus
gebeten. Er kam nur noch einmal mit
Hut und Ucberzicher iu's Zimmer, um
sich zu verabschieden uud zu entschul
digen, da er einer dringenden Bespre
chung wegen zu einem Baleger gebeten
würde, uud bei so etwas muß ein ;
Schriftsteller natürlich immer auf dem
Sprung stehen. Während er sich die
Cigarre anzündete, sagte cr noch:
Ra, verschlaft Euch nur nicht morgen
früh. Doktor S. hat um acht Uhr
Sprechstunde, uud wenn Ihr nicht bei
Zeiten dort seid, kommt Ihr am Ende
gar nicht vor, es sei denn, daß Ihr dem
Diener ein oroentliches Trinkgeld '
gibt. Ein wohlgespicktes Portemonnaie !
müssen Sie so wie so mitnehmen, liebe
Tante; gewöhnlich nehmen solche Spc- ;
zialisten zwanzig Mark für eine tton- ,
sultation, mauchmal aber auch mehr.
Run, das werden Sie ja sehen. Und
nun nochmals, recht vergnügten Abend !
Ich bcdaurc unendlich, daß mich g'rad' l
heute die Pflicht aus dem Hause ruft !" !
Ich begriff meinen Mann nicht ;
recht ; er wußte doch ebenso gut wie ich, !
daß Doktor S. gar nicht so theuer war; !
deshalb wich cr auch meinen fragenden
Blicken ans, als er von dem vielen
Gelde sprach. Wahrscheinlich war er
ärgerlich, daß er fort mußte, und wenn
sie ärgerlich sind, haben die Männer ja
immer das Bedürfniß, auch Andere zu ,
ärgern. Er that mir übrigens wirklich I
leid. Den ganzen Tag hatte er nichts i
verkehrt gemacht, und nun sollte er j
nicht 'mal einen ruhigen Abend haben, !
sondern mußte sich hungrig in bic ;
Arbeit stürzen. Ich hörte noch, wie er i
in der Zerstreutheit dem Hunde pfiff !
und den mitnahm. Bei dem Verleger
konnte er das Thier doch gar nicht ge- ,
brauchen; aber mir war Alles gleich,
ich war recht verdrußlich! Tante j
dagegen sagte ganz ruhig: Er hat
recht, Perdiensl geht immer vor Lcr-
gmigcn. Das ist nun mal so im vebcn."
Tnlici setzte sie sich behaglich im
Sopha zurecht und ließ sich die aufgc
tischten Leckerbissen prächtig schmecken.
Sie schien aber ctivas müde zu sein,
denn sie war ganz still und nachdenklich
geworden und zog sich bald nach dem
Essen zurück. Als ich ihr gute Rächt
wünschte, sagte sie: Weißt Tu, mit
dem Arzte, das hab' ich mir doch auders
überlegt, fs viel Geld gebe ich für so
etwas nicht aus. Daö ist ja fürchterlich !
Rein, da gehe ich doch lieber zu unserem
guten alten Doktor in Rotenbeke; be
zahlen läßt der sich ja auch, das kann
er nicht anders, denn er hat Frau und
Binder, aber für zwanzig Mark knrirt
der mich jahrelang. Weil ich aber nun
einmal hier bin und es mir bei Euch
so gut gefällt, so will ich Euch zuliebe
gern noch die paar Tage bleiben, da
ich doch einmal daö Geld für die
Eisenbahn ausgegeben habe. Und nun
schlaf' wohl, mein jtind, ich will
'mal sehen, was ich die erste Rächt
unter Eurem Dach träume."
Am anderen Morgen Punkt sechS Uhr
klopfte Tiie Hulda schon an unsere
Thüre und fragte, ob wir immer so
lange schliefen. Ich fühlle mich noch
recht müde uud rief, in E. stände kein
Mensch vor sieben Uhr auf, erhob mich
aber doch seufzend und versuchte meinen
Mann zu wecken. Natürlich vergeblich!
Der hakte gewiß bis spät in die Rächt
mit dem Berleaer gearbeitet. So ließ
ich ihn liegen ging hinunter zum
Frühstück, wv Tante Hulda sich schon
ganz in ihren Thee versenkt hatte. Sie
sah im Morgenrock und Häubchen übri
gens recht sauber und freundlich aus
und kam mir auch in ihrem Wesen
nicht so schlimm vor wie gestern. Picl
leicht löste sich noch Alles in Wohlge
fallen auf; jedenfalls hatte ich wieder
mehr Muth, ich war ja nun auch schon
etwas abgehärtet. Als wir ungefähr
ein Stündchen znfanimengcscsjcn hat
ten. erschien auch mein Mann, und das
n .:r wiillich recht nett reu ihm. -.w
scheinlich weine cr beute a!S guter
Hausnirlh Alles üachh.lcn. reaj er
pestern Abend leider gesch.ntebalber
katte versäume müssen. Aler es sollte
anders kommen!
jiauni hatte er uns begrüßt und Platz
genemmen, so horte ich, wie um'er
licbcs Hundchen leite an der Thür
kragte ; rs war gewohnt, mit uns zu
frühstücken. BieÜeick.t war Tante beute
nicht so gereizt, es hatte bis jetzt Alles
gut gegangen: fo beschloß ich noch einen
kühnen Bet such, die Beiden mit cin
ander zu befreunden, und rfsncke die
Thür. Holle ich sie doch zugelassen!
Aber freilich, wie konnte ich ahnen,
daß das Uuthier wie ein Blitz in's
Zimmer schießen und im Maut sieh
lich und beulestolz ein goldenes Zopf
cken, Tante Huldas Zopfchen tragen
wurde?
Bon dem Sopha her drang ein
dumpfer Sckmerzensfchrei meiner er
bleichenden Tante. Ich stürzte aus den
Hund los, der durch die offen gebliebene
hure entwischte, nnd vetsolgte ihn
kreuz und quer durch den Gatten und
endlich bis auf den Speicher. Dort ge
laug es mir zuletzt, ihn in einem Win
kc4 zu stellen und ihm den Raub zu
entreißen. Als ich nthemloS die vier
treppen wieder heruntergestiegen war,
fand ich das Eßzimmer leer. So nahm
ich denn meinen ganzen Muth zufam
mcn und begab mich in's Fremdenzim
mer. Hier stand Tante Hulda in ihrem
Reiselleid, beschäftigt, die letzte Hand
an ihre iiofser zu legen, ein Bild des
Jammers. ES rührte mich tief, sie so
bleich und gebrochen zu sehen, und
indem ich ihr das schnöde geraubte
itrönlein zurück gab, sprach ich ihr mein
herzliches Bedauern aus. Sie dankte
kurz und bat um eine Droschke. Zum
Bleiben war sie nicht mehr zu bewe
gen, und ich muß gestehen, so leid sie
mir that, ich hatte nichts gegen ihre
Abreise. So begleitete ich sie denn zur
Bahn und bemichtc mich, bis zum
Schluß reckt freundlich gegen sie zu
sein; aber sie inar zu geknickt, um viel
davon zu inerten, und auch ich athmete
erleichtert aus, als sie mit all' ihrem
umnier und Geplick wieder nach dem
geliebten Rotenbeke abgedampft war.
Beim Perlassen des Bahnhofes traf
ich die Frau eines befreundeten Kol
legen meine,! Mannes. Ich muß doch
auch 'mal Ihr Händchen besehen kom
men," sagte sie nach der ersten Begni
ßuug, mein Mann wußte uicht genug
davon zu erzählen. Der drollige kleine
Jierl hat ja gestern Abend allgemeine
Bewunderung erregt." Unser Hund-"'
fragte ich zweifelnd. Wo denn?"
Ach, Ihr Mann lag wohl noch in den
Federn, als Sie ausgingen," lachte die
Frau ollega; na, meinem ist das
Aufstehen auch sauer genug geworden.
Als er ihn gestern Abend abholte, gin
gen sie in daö neue Restaurant
nebenan, und es scheint, sie haben dort
mehr als eine gute Flasche getrunken,
und daö Hündchen hat auch Wein ge
trunken und jttinststiicke gemacht. Es
muß ein reizendes Thierchen sein!
Sobald ich kann, sehe ich mir'S 'mal
an! Guten Morgen, Fran Kollcga!
Grnß zu Hause !" Damit war sie um
die Ecke, und ich ging gedankenvoll wci
tcr, um meinem Manne den Gruß zu
bringen. Also das war die dringende
Besprechung mit einem Perlegcr!" Es
war doch eigentlich schändlich! Und
heute Morgen war cr wieder bei der
Katastrophe verschwunden und uicht
mehr zum Borschein gekommen. Jeden
falls faß cr wieder in dem Restaurant
und licß den Hund vorturnen, statt
seine Stellung im Hauswesen auszu
füllen und seit? armen Frau helfend
zur Seite zu stehen. Wer konnte wif
seu, vann cr wiederkam !
Unter solchen trostlosen Betrachtun
gen langte ich zu Hause an. Alle Zim
mer lagen wieder still uud behaglich
da, als ob nie eine Tante ihren Frie
den getrübt hätte. Die einzigen Spu
ren der letzten vicrundzwanzig Stunden
waren ein gräßlicher Raphkhalingcruch
im Fremdcnstubchcn uud das Bewußt
fein, daß mein Mann mich scheußlich
hintergangen hatte. Als ich noch so
au, Fenster stand und mich darüber
ärgerte, fühlte ich mich plötzlich um.
schlungen und iui Kreise gedreht. ES
war natürlich mein Mann, der einen
Freudentanz aufführen wollte. Geh'
Dn nur," sagte ich kalt, indem ich
mich losschältc; tanz' doch mit Dci
nein Hund in dem neuen Restaurant
herum und lehr' ihn, noch mehr Vcuten
die Zopfe stehlen!' Ach," lachteer
lustig auf, hast Du'S schon gehört?
Eben wollte ich Dir Alles erzählen.
Aber sag selbst, war daö nicht schlau
von mir? WaS sollten wir uns zu
Dreien langweilen, ich dachte, zwei
wären genug. Sei mir nur nicht böse
drum!" TaS war ich denn auch nicht
mehr, denn mein größter Ehnrallerfch
lcr ist der, daß ich viel zu gut bin, und
das weiß mein Mann leider ebenso
genau wie sein Hund.
Tenrient-Anekdiüte. Der berühmte
Schauspieler Vudwig Tevrient blieb
sein ganzes Veben in ökonomischen
Angelegenheiten ein Kind. Eines
Sonntages lag er ans dem Sopha und
ein Theaterdiener brachte ihm die
Gage, lauter harte Thaler, die er auf
zählen wollte. Doch das war Devricnt
zu umständlich und er rief dem Diener
zu: Rur in den Ofen dort!" Der
Diener öffnete den Ofen und legte
die Thaler hinein. Devricnt, denkt
nicht weiter daran, er schlummert ein
wenig ein. Es klopft leise an seine
Thür; einer von den alten Bettlern,
die Sonnabends den Künstler heim
suchten, tritt schüchtern ein. Devrient
hat nichts in der Tasche. Den Bettler
fortzuschicken fiel ihm nicht ein. Aber
er erinnerte fich der Gage. Mach'
nur die Ofenthür auf und nimm Dir
etwas vo dem Gelde!" Der Bettler
öffnete, zögerte aber zuzugreifen, da cr
die großen Stucke erblickt. Rimm
Dir nur, outer Alter!" rief Devricnt
ihm zu. Und so langt sich nun derselbe
einen Thaler. Aber ein Bettler folgt
dem anderen; und einer nach dem
anderen nimmt sich einen Thaler,
sleick kommt die Fnr.t nach Hause und
. ,-.rr;tr?v.
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. Vn r";-l-vi,?'- - ttj?rK.
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m$0$ .arn. WchGMW
h' ''W?i-5i,'3f SiV- i . '. t '-- -S
Ä'jiM ?S-Die feinsten fe'.bstzem,chten Bca... - iz
ltkhMf ithKl und Siener-Slrtte llets J)f. 1AjäSb Vi
pl'-pK'rm laihig. Fleisch zu den niedrigsten Preise.
fölll'K -tüdk.,.u,t uHs.zp. iMNAdSWMIZ
lÄÄrtlÄiP
mtmMmmM
sieht das giosie Defizit und erfahrt zu
ihrem Schrecken, woher es gekommen
ist. Devticnt kam trotz seiner enormen
Einnahmen nie auö den Schulden
heraus.
iirz und bündig. Als Blücher
in Paris eingezogen war, halle er
:.00,ooü Francs jiviiNubniionSgcldcr
crbobeii id dieselben sür seine Truppen
verausgabt. R'ach hcigcsiclltcm Frie
den 1S1G fand das Kriegsuiinistcrium
zu Berlin diesen Posten verzeichnet,
aber keinen RachweiS von Blücher da
bei, wie cr obige Gelder verwendet habe,
und forderte deshalb nachträglich die
diesbezüglichen Belege ein. Blücher
sandte dem Ministerium daraufhin fol
gende AbrceliuunZ :
3 IZraiti'fUI) oinrii'iiDinmcn . . 2on,ono Jn'J.
Snji'itn't stuii'iicbnt 2ou,ooo
Ü'l.'il't o
ZZrfi uiiiil gtiiitbt, ist ein (fiel!
Blücher.
AIS Friedrich Wilhelm III. Kenntniß
davon erhielt, befahl er, daß die Ange
legenheit sofort niedergeschlagen no
obiges vkiiincut ad acta gelegt wer
den solle.
Ter verlirble Ticke. Gibbon, der
englische ('eschichts,chreibcr, war klein
und wohlbeleibt. Er halte sich in die
schöne Frau von Ercuzct sterblich vcr
liebt uud alö er sich eincö TagcS allein
mit ihr befand, fiel er ihr'zu Füßen
nnd erklärte ihr in leidenschaftlichen
Ausdrücken feine viclic. Erstaunt wies
ihn die Dame ab und befahl ihm
aufzustehen. Trotzdem blieb Gibbon
avf feinen Knien liegen und gehorchte
auch einem schärferen Befehle feiner
Schönen nicht. Stehen Sie den
Augenblick auf oder "Ach, Ma
dame, ick) kamt ja nicht!" Der ge-
tauschte Liebhaber war nicht im
Staude, sich ohne fremde Hilfe wieder
zu erheben. Madame de Ereuzet mußte
klingeln und der herbeieilende Be
diente schrotete Gibbon wieder in die
Höhe. Er hat nie wieder einen Liebes
eintrug gemacht.
änderbare Idee. Als am "0.
cplcmbcr 1813 der russische General
Tschcruylschcw den Wcstfalcnkviiig
Icromc Bouaparlc aus Kassel jagte
und damit dem kurzen Henscherthuin
dieses Emporkömmlings ein jähes Ende
machte, sanocn die Russen unter den
hinterlassenen Staatseffekten auch unter
Anderem drei Kiste, worin G000 welsche
Rüste lagen. Diese Rüste ließ, wie ein
Journal damaliger Zeit versichert, der
westfälische General Allix in der Absicht
aus Bamberg kommen, sie zu pflanzen
und daraus Rußbttnmc zu ziehen, m
ans dem Holz derselben die sür den
Staat benöihigteu Flinleuschäfic zu ge
wiiiiicn, damit künftig das Geld für die
selben im ie'ande bleibe. Gewiß halte
mau sich das schnelle Ende des neuen
Königreichs nicht träumen lassen, denn
ein Rußbaum muß wenigstens ö Jahre
alt seilt., lim ihn zu Schaftholz benutzen
zu können.
Eürltilche Sprüche.
Ihr niuftt cch nicht iilik Frarirn niiih'ii
lind von 6er Hii'unft ttiiacliii) iinvchcn:
3 st 's stuf :!, wird sie Irtiil,',
3 st 's eine Tistcl, wird sie siechen.
Die Hülle nicht, nur Wa8 die deckt,
Tas sei iwt dir geehrt,
Ten oft in schlichter Echeide steckt,
Ein Elahl von hvyein Werth.
Hie recht?, hie link?, da mein, dort dein!
o dieib es Iieiite mich wie gestern; :
Ein Bruder will ich gern dir sein.
Toch nicht' Taschen sind nicht Schwestern. '
Im Lanb ein Rascheln und der Zage rennt!
Ler Mensch, er siirchtet nur, was er nicht
kennt.
Eiii liisftrnm' HM.
A b:rn Airril!,iisc!ikn, on Mric ZVilüs,
Die Kinder hatten herausgefunden,
daß eine Landpartie in den Wald nnbe
dingt dazu gehörte, um ihr Glück voll
kommen zu machen. ES war so leicht,
ihren Wunsch zu erfüllen, daß ich
lächelte, als sie ihn als eine Schwierig
kcit darstellten.
Gleich am nächsten Morgen wurden
sie damit Überrascht, daß sie die Körb
chcn gcpackt, die Tücher geschnürt und
Alles fix und fertig für daö Picknick
fanden.
ES sollte in große Wälder auf einer
fernen Hügelkette gehen. Dort lag ein
Fricdhos. '
Im vorigen Jahr hatte sich daS
jüngste kleine Mädchen aus der Gesell
scha'ft betrübt, weil das Vcuniii auf
einem kleinen Grabmal seinen Kopf
verloren hatte: sie wollte gar so gern
sehen, ob er wieder befestigt worden sei.
Der Kopf dcS Dammes lag init abge
brochcncr Rase auf der Erde neben dem
kleinen Grabmal. Richts hatte sich ans
dem Friedhos verändert. Am tiefer ge
legcnen Ende desselben standen Heu
häufen.
Eins der Kinder, ein kleines Mäd
chcn, sprach über die Vernachlässigung
und schloß daraus, daß die iseuie auf
dem Vauoe sich nicht so um ihre Todten
kümmerten wie die initc ,n der St.itt.
Sie glaubte nicht, daß sie ihre
Familien so lieb haben wie wir.
Tiefe Worte brachten mir die Ge
schichte einer Familie in die Erinne
rung, die in dem kleinen Haus jenseits
des bewaldeten Berges wohnte, und ick
erzählte sie den Kindern:
Vor ungefähr vierzehn Iahren lete
eine Wituve mit ihrem Sohn in dem
Hause. Mit saurer Arbeit und forgjäl
tiger Al!siiitt)ng von jedem Erichen
ihre Landes brachten sie sich durch.
Wahrend eines Winkers bemerkte der
Knabe, daß seine Müller nicht mehr so
arbeiten konnte wie früher. Eskani cin
Tag, wo sie nicht mehr ausstehen
konnte. Der Knabe sagte nichts, aber
als er eines Tages mit seiner Mvrgen
arbeit ferkig war, eilte cr zur Räch
barin und bat sie, bei seiner Mutter zu
bleiben, wahrend er zu dem Doktor,
ging, der in einem neun Meilen ucit
entfernten Dorfe wohnte. Am nächsten
Tage kam der Arzter vermochte nichts
zu thun, die einzige Hoffnung bestand
in einer Operation, und der Arzt, der
sie aussnhrcu konnte, mußte aus einer
entfernt gelegen: Stadt herbeigerufen
werden. Es sollte vierhundert Dollars
kosten!
sin dnt iiiichrtrrt Tiinru niin Vr
Knabe wie im Traume umher. Das
süße lächeln seiner Mutter war ja der
einzige Glückssirahl in seinem Veiten,
er konnte, er durste cö nicht verlieren!
Eines Tagcs setzte cr sich mit einem
Bleislift nnd einem Stück brauner.
Papieres hinter die Scheune und schrieb
an einen Ciikek, den er nie gesehen
hatte, einen Brief, in welchen! er um
ein Darlehen von zweihundert Dollars
bat und ihm mittheilte, wozu er es
brauchte. Der Rachbar nahm eine
Hhvothek auf die kleine Besii-nng für
zweihundert Dollars, und noch ehe die
ses abgemacht war, erhielt der Knabe
das Geld von dem Cnkck.
Der Morgen des großen Ereignisses
kam heran. Als die Rachbarin kam,
fand sie Alles bereit und Mutter und
Sohn dabei, sich gegenseitig Muth ein
zusprechen. Tann hörte inan das Ge
rausch von Rädern, und die großen
Aerzte traten ein. Der Knabe wartete,
bis Alles bereit war, und dann eilte er
ans seinen Vieblingssitz hinter der
Scheune.
Räch einer Stunde kam die Räch
barin zu ihm mit bleichem Gesicht.
Er hatte keine Mutter mehr.
Er ging in das Hans, uahni das
Geld aus der Tasche' und übergab cö
den Aerzten. Er ließ Riemaud v scn,
Was er empfand; er lebte ganz zurück
gezogen. Jahre vergingen. Der Knabe
blieb in dem kleinen Hanie uud cr, bet
tele mehr denn je. Mit dieiundzneanzi i
Jahren hatte er die Schuld bezahlt und
die Tochter des Rachbars gcheiralhct.
Das die Geschichte.
In der nächsten Woche führte ich die
Kinder, ohne cö ihnen vorher zu sagen
ans den Weg, an dem daö kleine Hans
am Berge lag, wo die Kindesliebe
einen Helden geschaffen hatte.
Ein großer, hagerer Mann trat aus
dem Hause. Er trug weite, blaue
Hosen, die er in die Stieseln gesteckt
hatte.
Kinder," sagte ich, das ist der, der
die Aerzte bezahlte, und jene Frau ist
dcö Rachbars Tochter. "
Eines der Kinder, ein Knabe mit
braunen Augen, zog den Hut vor ihm
ab. Er seylc denselben nicht eher
wieder auf, bis der Mann in'ö HnuS
gegangen war. Aber eines der Mädchen
meinte: Ihr sagt, er ist ein Held.
Ich finde iyn nur häßlich."
Und der Knabe mit den braunen
Augen wandle fich, um zu sprechen,
aber cr that es nicht.
Was hatte cr wohl sagen wollen?
Tie Karriere einer Schriftstellerin.
Mrs. Franecs Hoogson Burnctt, die
berühmte Vcrsafserin deS Kleinen
Vord," war eine arme Dorfschulleh
renn, welche ihr erstes Manuskript,
da es ihr an Papier fehlte, auf die
gesammelten Deckel der alten Schul
hefte schrieb. Gegenwärtig beläuft sich
das jährliche Einkommen der Dame
auf über -20,000, das ist über 400,
000 Mark jährlich.
Tport in Japan.
Ringkämpfe und Fcchtkünsle gehören
zu dcn Vieblingsvergnüguugcn dcr
Japaner aller Gesellschaftskreise. Bor
nehme Personen pflegen die Ringer zn
sich zu berufen und Kampfspiele im
eigenen Hause zu veranstalten. Beim
Fechten kommen ein- und zweihändige
Schwerter und Ganzen zur Verweil
dnng, während man beim Ringer,
darauf ausgeht, ohne Waffen einen
Gegner zu bekämpfen und unschädlich
zu machen durch geschickte Handgriffe,
mittelst derer man ihm die Glieder
so verdreht und eventuell ausrenkt,
daß er wehrlos wird. Die Schutzleute
oder Polizisten üben diese Kunst bcfon
dcrs. Dieselbe besteht aber andererseits
naturgemäß auch darin, solchen Hand
lzrissen entgegenzuwirken und sie
unschädlich zu machen. Man sucht es
zum Beispiel durch Uebung dahin zu
bringen, daß des Mannes Handgriff
nicht im Stande ist, einem die Kehle
zuzudrücken. Au den großen Preis
ringen, die von Zeit zu Zeit in Tokio
stattfinden, nehmen bis zu i!00 Ringer
wen Fach ans ganz Japan Theil. Da
jeder Kämpfer sich mit üiidcstcns
sechs Gegnern messen muß, so dauern
derartige Preisringen stets eine Reihe
von Tagen. Ein polligoner Rannt von
etwa 45 Meter Durchmesser uud clwa
? Ili'i'ti'l" 0illl ist rtillis l'lillliti nn.X
Bambiisslaiigen, Brettern und Matten
hergestellt. An den Wänden läuft eine
zwei bis drei S i l!e breite Gallerie oder
Vvgcnreihe hin, wo die zuschaltenden
europaisiljen nnd japanischen Würden
träger Platz nehmen. Sonst hockt
Alles, wie iin japanischen Theater, in
dcn einzelnen KvinpartcmenlS des
Parterre, zwischen denen auf schmalen
Brettern, welche die hölzernen Scheide
wände horizontal abdecken, die Kellner
sich bewegen, denn die Verpflegung mit
Speise nnd Trank kann bei 'einem
langen Aufenthalt nicht entbehrt wer
den. Die Riggcfel,c bestehen aus
einigen ! Paragraphen. Daneben
gibt es ungefähr 150 Regeln, wie man
den Gegner fassen und weisen kann
nnd darf. Räch denselben ist eigentlich
Alles erlaubt, Beinstellen, 'Stöße,
Schläge u. f. w. ; wie es fcheirt, will
man dem Ernst! amps möglichst nahe
kommen. In der Miite der Arena,
in Gesichtshöhe der vordersten Zn
schauer, ist ein runder, oben flacher
Erdhügel errichtet, clwa 8 Meter im
Durchmesser; auf diesem ist wieder
durch einen geflochtenen, etwa '20 Een
timeter breiten Strohraud ein kreis
runder Bezirk von etwa si Meter
Durchmesser abgetheilt, der eigentliche
Tummelplatz der Kämpfer. Um den
Gegner zn besiegen, genügt es, ihn
soweit zu drängen, daß er einen Fuß
über den Strohkranz setzt; aber ehren-.
voller ist es, wenn man ihn mindestens
bis über den Rand des Podiums in daS '
Publikum hineinwirft. Die Kämpfer
find beim Ringen blos mit einem star
ken Gürtel um die senden bekleidet.
Herkulisch gebaute schöne Männer
gestalten finden sich zahlreich in der
jüngeren Generation der Ringer; den
allen Meistern im Ringkampf liegen
die Muskeln über den Armen und
Schultern wie Seile. Vier Preis
richtet' haben zu entscheiden, wer dcn
icg errungen. Zwei noch jüngere
Kämpfer, ein größerer und ein kleine
rer, verlassen die Reihen ihrer Gefahr
ten und springen auf den Kampfhügcl.
Der Kleinere hat es darauf abgesehen,
seinen Gegner dadurch, daß cr ihm mit
seinen! dicken Kopf vor den Veifa rennt,
über die Bande zu werfen. Zweimal
niederholt er den Versuch mit tiger
artiger Wuth und Behendigkeit. Sein
schwerercrGcgner widersteht aber diesem
gewiß nicht sehr behaglichen Anprall
und, als jener ihn zum dritten Mal
versucht, dreht cr sich geschickt halb
lintS, dcr Sturmbock gleitet ab, erhält
blil-schncll hintereinander zwei Schläge
gegen sein Hinterhaupt, und mit
einem Hechtsprung stiegt er über den
Rand, einem seiner unten stehenden
Genossen den verfehlten Pusf ver
setzend. Großes Gelächter, aber auch
allacmcincs Bedauern! Man hätte
dem Schwächeren, dcr zugleich dcr
Behendere war, gcrn dcn Sieg ge- r
gönnt, wie überhaupt die Beifallssalve
am größten ist, so vst dem anscheinend
Schwächeren durch seine Gewandtheit
oder ,'ist dcr Sieg zn Theil wird. Wenn
zum Beispiel einer der Kämpfer den
anderen einfach aufhebt und über den
Strohrand setzt, so hat cr gesiegt, aber
keinen Beifall zu erwarten. Dcn
meisten Beifall erntet dcr, welchem cö
gelingt, seinen Gegner am Gürtel, an
den Handgelenken oder an dcn Füßen
zu fassen und ihn im richtigen Bogen
wurf, über dcn cigcncn Rücken fort,
Wie cincn Ball zwischen das Publikum
zu werfen. Selbstredend geht dieser
Sport dcr Ringkämpfe nicht immer
ohne Wunden ab, doch sollen schwerere
Verletzungen und gar Todesfälle feiten
fein.
Eine Schieberpinee ans
dem cibc zog man einem jungen
Manne gelegentlich einer Operation
in einem Budapefler Spital. Vor zwei
Jahren nahm ein Wiener Professor bei
dem jungen Manne eine Operation
der Bauchhöhle vor, da die letzlere aber
rasch wieder zugenäht werden mustte
fo vergaß der Herr Professor, da
Instrument herauszunehmen. Erst in
letzter Zeit fühlte der Patient heilige
Schmerzen, worauf er sich zu einer
neuen Operation entschloß, bei der die
Schieberpinee zum Vorschein kam.
Die Zahl dcr E h r i st c n ,
welche unter türkischer Oberhoheit
leben, beträgt etwa 5,0v0,l00.