Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 31, 1895, Image 2

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    NEBRASKA STA Alt, - ANZEIGER, Lincoln, Neb.
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Das sOtrfiTisnriic:!.
Gin Sltcairarr in tcr Äandfchure!.
Von St. O. .rcKinski.
Hcr.te donnern Ji c Kanonen in den
südlichen Theilen der Mandschurei,
dieses W'cgculantics tcr chinesischen
Kaikrtniiastie, die a:i tcr 2pii;e der
iiMiitl'cliurif Jcn Rcitcrsclmaicn imr ü.'o
Jal;rcn den Thron tu Peking licsticn,.
Tcr Krieg, zivifchcn k'u Einliefen und
Japanern tun fort, unb lüden ich die
filmen der Crtc Ijorc, die ich vor
Jahicn im Auftrage einer englischen
Gescllschasl besucht Ijabo, steigt in
mir die Erinnerung an jene Reise aus.
Ich selze noch die finsteren unerincß
lichen U-Jiicr, die sich lilicr Berge und
Schaler dahinziehen; ich höre nvch das
Ruujchcn der tauiciidjahi'h'i.en wichen,
sehe die z,illlvse!t schlantcn Ulmen,
und es ijt mir, alt ich ich den balsa
mische Tust der Nadel so, sie ein
athme. Und in dieser Wildnis;, die
jedes Jägcrhcr; erfreuen würde,
taucht vor meinen Augen eine Hirsch
jagd auf, so splNinend nd so grausig
zugleich, wie ich noch keine gesehen
haue, trenn cö mir mich vergönnt war,
in den Wäldern der Mandschurei die
cicfahrlichstc Bestie, den grimmigen
mongolischen Tiger, zur Streife zu
dringen.
Der September ging gerade zur
Neige, und ich zog durch Walder, die
schon im spalkn herbstlichen Schmuck
prangten. Wundervolle Garden lagen
auf der Landschaft, tmd herrlich erschien
mir der luuttc Mantel, den die Berge
trugen.
gegleitet von zwei Dienern ritt ich
einer der pst mehrere Tageoreisen von
einander enlferut .liegenden Handeln
Niederlassungen zn, und erreichte gegen
Abend den elenden Ort, der an einem
Fluschen, unweit von dessen Mündung
in den Ussnri. lag. Iupi-ta hieß die
Ansiedelung, deren gleichen man in
ganz Europa nicht finden kaun. Elende,
schmutzige, ani Vchm und Fachwcrk
errichtete belasse bildeten die Häuser
des Torfes, und unmittelbar am !cande
des Waldes, fast an die alten düsteren
Tannen gelehnt, stand das Gasthaus,"
in dein ich Obdach fand.
Trauriger noch als diese Äauwerke
waren die Menschen, die in ihnen
wohnten. Zumeist waren es Chinesen,
und, wie sie selbst erzählten, sehr
dunkle Chrcnmänncr." Zeder von
ihnen hatte irgend ein Verbrechen auf
seinem Gewissen; deswegen halte er
aus den Provinzen mit geordneter Vcr
waltung fliehen müssen, und verbarg
sich nun in dieser Wildnis;.
; Abenteuerlich war auch die Act, in
welcher die ehemaligen Berbrecher hier
ihren Lebensunterhalt verdienten. Die
Wälder der Mandschurei bergen einen
kostbaren Schatz. In ihrem Schatten
toächst die seltsame Pflanze, welche die
Chinesen als das Weltwunder" be
zeichnen. Es ist der Ginseng oder
Schinseug, dessen Wurzel nach ihrem
Glauben wunderbare stärkende und
heilende Eigenschaften besitzen soll.
Im Reiche der Mitte" wird die
Ginsengwurzel ungemein begehrt und
mit Gold ausgewogen." Wohl hat man
versucht, sie in Gärten zu ziehen, aber
man hat die Erfahrung gemacht, daß
die Kulturpflanze ausartet und in der
heilenden Kraft mit der in der Wild
nisj gewachsenen sich nicht zu messen
vermag. Die Wälder der Mandschurei
bilden daher nach wie vor die einzige
Fundstätte des vielbegehrten Heilmit
tels. Der Ruf der Ginsengwurzel ist
uralt, und durch das fortwährende
Sammeln ist sie in den Wäldern, die
näher den eivilisirten Städten liegen,
bereits ausgerottet. Man muß in die
Wildniß gehen, um die kostbare Wurzel
zu finden.
Wurzelgrader waren nun die Ein
wohner von Inpi ta ; mit Frühlings
anfang im April begannen die Züge
in die Wälder, wobei jedoch jeder Grä
der seinen eigenen Weg einschlug.
Mit einem Sack Hirse auf dem Rucken
ging er in den Wald und begab sich
auf die Suche. Wochen- und monate
lang führte er ein einsames Nomaden
leben, umringt von allen Gefahren der
Wildnis;. Wie viele von den Ginseng
grabern in der Tiefe der Wälder um
kommen? Niemand hat die verlorenen
gezählt: Niemand erfahren, wie viele
Opfer Veruuglückungen, Krankheit oder
reißende Thiere gefordert haben. Der
tiefe Wald verhüllte wohl auch räube
rische Ueberfälle mit tiefem, undurch
dringlichern Schleier. Spätestens Ende
September, wenn die kalte Jahreszeit
anbrach, waren die Ginsenggraber wie
der in Iupi-ta. uud hier fanden sie
chinesische Kaufleute, die ihnen den
gefundeuen Schatz abkauften. Die
Elenden erhielten dann etwas Pulver
für ihre Gewehre, einige Stücke Zeug,
einige Säcke Hirse und Fäßchen chine
fischen ranutneins, der ihnen die
langen Winternachte verkürzen sollte.
Wiüj:cnd der kalten Jahreszeiten
derbaüden sich dann die Wurzelgräber
mit den Mandschuren zur Jagd auf
allerlei Pelzthiere und widmeten sich
Gelegentlich dem Zobel fang.
Anfangs waren die Ehiuefen die ein
zigen Ginscngo.''äbcr um Zupi ta.
Mit der Zeit lernten jedoch auch die
Mandschuren das Weltwunder," das
verborgen in ihren Wäldern wuchs,
schälen, und der Eine oder Andere vcr
suchte im Sommer gleichfalls das
Wunf'.'Vflf'eu. Dies fülirfc 'natürlich
'. '.;.::. i:::d der Ha;; t'.'gann
L.ce vaicr rr.t einander
..!. tu' cl;ini'c:i r.i;:;;tcn
1.:.; de::i: sie n.acn
.: ...:'! I. i :...:! ,',.ich iic
: ! r:.u- !'.:' l!. :!!:, tveni c
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tiUviat.
t i:.:r cü;cr dacer inaud'
schür, ieiicn Wrzelgr.iber cn den Wäl
dern ?!a.! ,ut'i ta tarn. Er tr:tg einen
M;n'crc:! .ulltack auf dcr.t ;!i;;ck'eii und
Uolüe mit den c;in!tngtia:iMcrn e
jdia'te unnlien. erer er edo,i, linnn
tcr z.ini ,tuiic, uii dem die Hatten der
Kaufleute fiauden, stieg, nahm ihn
unser Gaün inli f'.eiiiiMiii in E:upfang.
ES war ein truinmbeiniger Elanefe
von widern artigen ("esichtoziigen.
Ajeho h!ejz er uud führte die Gast
iriiil'ül äst, in:r reu einem vieizehn
jalaigen 'uii.lien lntlci fntit, den er
für seinen Zelin auogab und in sklavi
scher Nnlcrnurii gleit hielt. Obwohl
die Ebiuescii geget Europäer unfrennd
Ii!, si,!, zu bcnchüieu pilegeu, begrns.te
rniii, Ajeho deeli mit allen Zeichen der
Dienstwilligkeit, da er wohl hoffte,
mich für die Naebt, die ich unter feinem
Dache verbringen würde, weidlich aus
zubeuten. Wirklichkeit konnte er
uns nicht olö mit Wasser gekochte
Hirse, sch:;iiii.;igeii Thee und den eint
besten iraniitwcin anbieten.
Seitdem jedoch der Mandschure vor
dem Hanse erschien, war Ajeho wie
verwandelt ; wir Europäer waren für
ihn nicht vorhanden. Er nahm den
Burschen, der den klangvollen Namen ,
Kangnr - Kingnr, das hcu;t etwa:
niederstürzender Donner, führte, ganz
und gar in Beschlag. Zeh betrachtete
die beiden. Wie vortheilhaft stach
der Mandschure von dem Ehineseu ab.
Die schmucke ellkleidnng paßte in
die Wildniß, uud trotz der Schäden,
die sie im Walde davontrug, erschien
sie wie eine glänzende Uniform gegen
über den ynnipen, in die der Wirth ge
kleidet war. Ajeho war krnmrnbeinig,
klein und hielt sich gebückt; Kangur
Kiugnr hochgewachsen wie eine Edel
tanne. Das Auge Ajehoö flackerte
unruhig, Kangur-Kingur blickte offen
in die Welt und aus seinen blicken
sprachen Muth und Entschlossenheit.
Keilt Wunder, er war einer der Jäger
maudschuren, die in den Wäldern des
östlichen Asiens dem Waidwetk mit
demselben Geschicke obliegen, das einst
die Trapper Nordamerikas berühmt
machte. Der wilde Mandschure bedient
sich noch heule selten der Feuerwasfe,
mit alten Künsten beschleicht er daö
Wild und stellt es, mit Pfeil uud
ogen und Speer bewaffnet.
Der Unterhaltung Ajehoö und feines
gelben Gastes konnte ich nicht folgen;
ich war des Manfchu'rischen nur wenig
mächtig. Aus den Gesten konnte ich
aber errathen, um was es sich handelte.
Ajeho wollte einen Einblick in den
Fellsack gewinnen, uud Kangur-Kingur
ließ ihn gewahren. Erstaunen, grenzen
loseS Erstaunen und unmittelbar darauf
die wildeste Habgier verzerrte das häß
liche Gesicht des Ehiuesen.
Kangur-Kingur hatte aber auch im
Ginsenggraben Glück gehabt, unerhör
tes Glück. Der Sack mit der kostbaren
Wurzel Halle einen Werth von einigen
tausend Mark mindestens! Zweifellos
wollte Ajeho dem einfachen Mandschu
reu diesen Schatz für einige lumpige
Waaren uud ein paar Flaschen Fusel
schnaps abschwindeln.
Ich wollte nicht weiter Zeuge dieses
schmutzigen Handels sein. Warnen
konnte ick Kangur-Kingur leider nicht;
ich hatte den strengen Äefehl, möglichst
unauffällig zu reisen und alle Streitig
leiten zu vermeiden. Ich ging also
hinunter in den Ort Iupi-ta; wenn
ich aber nebenbei gehofft hatte, dort
bei den Händlern etwas Besseres für
den Nachtisch zu erhalten, so hakte ich
mich bitter getäuscht. ES gab weiter
nichts im Torfe, als Hirse in Wasser
gekocht und übelriechende Fische. Man
vertröstete mich oder auf morgen, da
würden voraussichtlich die Mandschuren
frische Fische uud Wildprct bringen.
Unmuthig kehrte ich zurück in mein
Gasthaus. Ter Wirth saß in einer der
Abtheilungen des Hauses, die Stuben
bedeuten sollten, mit Kangur-Kingur
und iraktirle ihn mit seinem elenden
Fusel. Um uus Europäer kümmerte
sich Niemand, und was ich in der
Wildniß selten thun mußte, dazu war
ich hier genöthigt. Ich mußte eine
der Konservenbüchsen öffnen, um in
die fade Hirse etwas Fleisch hinein
zuthun. Hätte ich das vorausgewußt,
so hätte ich unterwegs irgend ein Wild
geschossen; ich halte aber geglaubt, daß
i der Handelsniederlassung Iupi-ta,
wo gerade jetzt ein schwunghafter Han
mit dem Weltwunder" getrieben
werden mußte, doch wenigstens etwas
Hammelfleisch zu haben sein würde.
Ich ging, als der Abend gekommen
war, zn Ajeho hinüber und fragte ihn,
ob er für morgen frisches Fleisch bcsor
gen lvnne, sonst würde ich selber auf
die Jagd gehen. Ajeho zuckte mit der
Achsel ; ein solches verlangen kam ihm
sonderbar vor, aber er blickte plötzlich
aus den Mandschuren, seine Augen
funkelten, und er nickte zustimmend.
In der Abtheilung des Hauses, die
uns als Gastzimmer zugewiesen wor
den war, legte ich mich mit einem der
Dicer zur Ruhe nieder, während der
Andere bei den Pferden Wache halten
sollte. Um Mitternacht sollte er den
Anderen wecken, und dann wollte ich
die Beiden ablösen. Leider konnte ich
licht schlafen, unser Gelaß war nur
durch eine dünne Bretterwand von dem
anderen Gaflraume getrennt, in dem
am qualmenden Herde Ajeho und
Kangur-Kingur fortzcchten. AuS ihrer
Unterhaltung verstand ich mir einzelne
abgerissene Worte. Einige Mal spra
cheu sie vom Hirschlockcn am nächsten
Morgen, vorn Hirschkopf .mit Geweih
und dergleichen,' lind ich glaubke daraus
schließen zu dürfen, daß der Mandschure
morgen in der Frühe einen Hirsch
erlegen wolle.
Am anderen Morgen brachten wir
unsere Pferde auf eine nahe Wiese,
damit sie dort weideten. Während die
Diener dort blieben, aina ich zurück, in
zu
c:i!...!
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tein vn. ;cr der Tbur saß der j:::: v
Bin'ck.e. ren.'.'i'itc mir den En,zanz
un) erklärte, der Heer v:.:c ni.1t da.
,i"t er aus sie a,,d mit iian.','.:r
Kin.vir oe.uM--. fragte ich.
irr ;!':un';e zuuie l ic A.l'el. W.vi
r;elt co i;;:ch an. ia iaein aier
iMiti!" lai.leie die ivanrert.
,U: weü:e heute einen Nitt ta-?
Flüt'u-f-eii c::na;ia lis zu dessen Mün
dung in den llfiuri maiten, aber io
mit leerem Magen erschien weder mir
noch rneinei'. Wienern der Nut onge
nehm. Ob ich mich auf A,cho verlassen
t::rstc? Der sann gewiß nur daraus,
wie er Kaitgur-Kinur beschwindeln
kennte. Zeh cntstflos: mich also, selbzi
in den Wald zu gehen und ctivas zu
sch!cßett. Einer meiner Diener beglci
tete mich.
Wir schritten langsam durch den Herr
lichen bcrbsckicksen Wald, hoch über uuS
in den Zweige saug die mongolische
;. ,!,,.,,, '
tllüfl. III l'LllilfliUL wll.i;jttlil
liuiiiii.', int mit ii'iii lau -i:gci-
und Tliiersiimmcit nuisterhast nach
zuahmcu versteht und darum von den
Ehiuesen gern int Käsig gehalten wird.
AIS Zager hatten wir jedoch lein Gluck.
Einiges Wild ließ sich irohl blicken,
versänoand aber in weiter Ferne, ohne
daß wir uns ihm auf Schußweite
nähern konnten. Da blieb mit einem
Male mein Tiener stehen und horchte;
er glaubte das Geschrei eines Hirsches
vernommen zu haben. Wir horchten
aus uud in der That, der Vaut wieder
holte sich. ES war ja Brunstzeit, und
wir hatten die erfreuliche Auojichk, auf
einen Brunftplatz zu stoßen und einem
ganzen Nudel Wild zu begegnen.
Eiligen Schrilles gingen wir in der
durch das Geschrei angedeuteten N'ich
tuug uud standen bald am Rande des
WaldcS uud zugleich ciueö Abhanges,
der in ein breites, von einem Bache
durchfloffcncS Thälchcn abfiel. Tort
unten in einer Entfernung von fünf- I
hundert chrttten bot sich ein das
Auge deS Jägers erquickender Anblick.
In der Nähe des Baches wuchs
niedriges Gebüsch und diesem gegen
über stand ein Kapitalhirfch mit prach
tigern Geweih, hinter ihm daö wohl
ein Tutzend Stück zählende Rudel
seiner erkämpften Hirschkühe. Tcr
Hirsch stand mit erhobenem Haupte
da, eine königliche Erscheinung! Er
windete und fließ von Neuem den
Kampfruf aus. Siehe da, die Heraus
fordcrung wurde aus dein Gebüsch
erwidert. Ich wandte dorthin meinen
Blick und entdeckte bald am Räude
desselben das Geweih des Nebcnbuh
lerS. Noch einmal ertönten Heraus
fordcrung und Autwort, uud nun stürzte
der Nebenbuhler aus dem Gebüsch
hervor. Ucberrascht mußte ich jedoch
ciucn Schritt zurücktreten. Täuschten
mich die Augen? Tiefer Hirschkopf,
lief ja auf zwei menschlichen Beinen,
und jetzt erkannte ich auch die Arme
der Maske, den Bogen und die Lanze.
In demselben Augenblicke rief auch
mein Begleiter: Aha, da spielen die
Mandschuren das Hirschlocken!"
Und so war es ; wir waren Zeugen
jener Art von Hirschjagd, die in der
Ä!andschurei seit Alters her üblich ist
und eine Art ritterlichen Turniers
darstellt. Ter kühne Zäger setzt zur
Brunstzeit der Hirsche einen auSge
höhlten Hirschkopf auf fein Haupt;
nimmt die Waffen zur Hand und
begibt sich in die Nahe deS Brunst
Platzes. Verborgen im Gebüsch ahmt er
vermittelst einer Pfeife in geschickter
Weise daö Geschrei des Hirsches nach
und lockt den wilden Herrn des Rudels
heran. Natürlich vemuthet dieser in
dem vermeintlichen Hirsch einen
Nebenbuhler, der ihm den Trupp seiner
Thiere streitig machen will. Et stürzt
ans den Gegner in blinder Wuth los.
Ter Kampf beginnt. Mann gegen
Hirsch ! Jetzt muß der Jäger alle feine
Geistesgegenwart und Gefchicklichkeit
zusammennehmen ; die geringste Unacht
samkeit kostet ihm daS Leben; denn er
wird dann von dem Wüthenden aufge
spießt, zerrissen uud zu einer formlosen
Masse zertrampelt.
Mit furchtbarer Spannung sah ich
der Entscheidung des Kampfes zu und
ich brauche wohl nicht besonders zu
erklären, daß ich mit meinem Fühlen
und Denken ganz und gar auf der Seite
des kühnen verwegenen Mandschuren
stand.
Der ntaökirte Jäger eröffnete den
Angriff damit, daß er einen Pfeil
gegen den Hirsch abschoß. Tie Wir
kung dieser wuchtigen Pfeile ist über
raschend groß, aber der Schuß mußte
nicht gut gezielt worden sein, denn mit
einem furchtbaren Geschrei und nun
auf 's Acußcrste gerei zt stürzte der
Hirsch in blinder Wuth auf seinen
Feind los. Nun begann ein Hin- und
Hcrspringen, ein Ausweichen und Bor
rücken, und die fchivere Lanze kam zur
Geltung. Der Jäger zog sich wieder
in das Gebüsch zurück, wo er Deckung
ausnutzen konnte und so dem wüthen
den Thiere gegenüber im Bortheil war.
Geradezu entzückend war die Sicher
heit und die Eleganz der Wendungen
des Mandschuren, der beste Fecht
meister, Stierkämpfer und Seiltänzer
schienen in ihm vereint, und ich freute
mich schon, auf seinen Sieg und wartete
aus den Augenblick, da der Kühne dein
feuersprüheuden Gegner den Todesstoß
versetzen würde.
Doch was war das? In dem Ge
biisch, dicht hinter dein Mandschuren,
der seine Augen unverwandt auf den
Gegner geheftet hatte, stieg ein weißes
Rauchwölkchen aus; der Knall eine
Schusses drang an mein Ohr, und
unmittelbar daraus sah ich den wackeren
Mandschuren schwanken und zu Boden
fallen. Der wüthende Hirsch hatte den
Schuß nicht beachtet, er stürzte auf sein
Opfer los; spießte den Jäger auf und
ließ an ihm seine Wuth aus.
Instinktiv stürzte ich vor, die schuß
fertige Büchse in der Hand, mein Die
ner folgte mir, und wir eilten zu
Hilfe. Näher gekommen, gab mein
Diener den ersten Schuß ab. Die
Kugel saß, und vor Schmerz wild aus
schreiend, wandte sich der Hirsch seinen
neuen Geancrn .;u, Eh'.c Sekunde
mntierte er i:::-j mit wildestem
ta;;:! stuni.tecr geieu'ien Mopse? vor.
Nun zielte u::d gab t:Ai. Fe tcr,
um ta;::i ,ach, Lei Zei:e zu springen.
In kellern Va;:s sauste der Wutl.cr.tc
an mir reabei und brach endlich zwanzig
Selritt Linier mir leriuber zusammen.
Ich lud meine Biuti'e wieder, aber
der tnimmige rührte jfch nicht melir.
Nun eilte irfi zn dem Opfer des
Hirse! loelens. Tie Hirschmacte war
von dem Haupte des Zagers gefallen,
wir konnten in das bluibeileckte Antlitz
des gelben Mannes schauen ; trotz aller
Entstellung erlauule ich in ihm doch
aus den ersten Blick den glücklichen
Ginsenggraber, den Mandschuren Han
gnr Kinr,ur. Er lebte nicht mehr, sein
A:ne war gebrochen.
Wi dauerte eine Weile, bis wir zur
Besinnung kamen und uns nach dem
geheimen Schiiten im Gebüsch umzu
sehen begannen. Wir suchten und
riefen, aber Niemand antwortete uns;
nur in einiger Ferne mahnten die
herrenlose Thiere, die als Zuschauerin
nen an dem blutigen Turnier thcil
genommen hatten und nun verwundert
schienen, daß kein Sieger kam.
Der SchüDe war sein Freund,"
meinte mein Diener, er wollte Kau
gnr Kingur helfen und den Hirsch
niederstrecken, aber der Dummkopf ver
stand frch nicht auf die Feucrwaffe;
er schoß den Freund nieder, und nach
dem cr daö Unheil angerichtet, hat er
sich aus dem Staube gemacht."
Mir wollte diese gutmüthige Erllä
mng nicht in den Sinn, ich dachte an
den Sack roll Ginseng und an den
habgierigen Ajeho. Er war zweifellos
der hinterlistige Schütze, der den glück
lichen Gräber absichtlich niederschoß
und der Wuth des Hirsches auolieferte.
Ich hatte ihm diese Schurkeuthat auf
den Kopf zusagen können.
Mein Begleiter schnitt indessen ein
Stück Wildprct aus deut verendeten
Kapital Hirsch ; ich drückte Kangur
Kiugur die Augen zu und dann wand
ten wir uns zurück nach Iupi-ta, wo
wir das Geschehene den Leuten melden
wollten.
Als ich ior das Gasthaus kam, faß
Ajeho aus der Schwelle, während drin
nen fein Bursche am Feuer hantirte.
Der Ehinese schien erhitzt zn sein, als
ob er tüchtig gelaufen wäre; aber er
war ruhig und schien uns sehr uugedul
dig zu erwarten.
Die Herren waren int Walde,"
sprach er, IS wir näher traten, haben
auch ein Wild erlegt," fügte er hinzu,
das Wildprct, das mein Diener trug,
betrachtend, großes Wild, hu! Und
nur das Bischen haben die Herren mit
gebracht? Wir wollen doch das Wild
aussuchen, gleich, die armen Ginseng
gräbcr in Iupi-ta freuen sich schon auf
das schone Fleisch!"
Ich blickte in die Augen Ajehos,
uud ich schauderte zusammen ; das war
ein tenslisch-schadenfroher Blick, den
mir der Ehinese zuwarf. Ich durch
schaute seinen Plan. Natürlich mußte
neben dem verendeten Hirsch auch der
todte Mandschure gefunden, werden.
Tann wurde an der Leiche des Aermsten
auch die Schußwunde entdeckt. Ob
man dann unserer wahrheitsgemäßen
Erzählung Glauben schenken würde?
Pah, der Haß der Chinesen würde in
erster Linie die Fremden des Mordes
oder Todtschlages anklagen. Fürwahr,
Ajeho hatte den Plan, wie er sich aus
der Schlinge ziehen wollte, schlau ent
werfen. Wer in der Wildniß reist, täglich
aus Gefahren, Hinterhalt, List und
Tücke gefaßt sein muß, der verliert
indessen nicht so leicht die .Geistes
gegenwarl. Auch hält cr sich nicht zu
lange mit dem Gefühl der Empörung
über menschliche Niedertracht auf. Ich
hatte in demselben Augenblicke meinen
Plan gefaßt und sagte ruhig
Jawohl, Ajeho, komm', wir wollen
die .Ginsenggraber auffordern, das
Wild zu holen. "
Nun schaute mich der Elende etwas
verdutzt an. Er mußte sich wundern,
daß ich von dem Tode Kangur-Kingurs
kein Wort sprach. Ich gab aber meinen
Dienern den Befehl, die Pferde zu sat-
kein und auf der Hut zu sein, dann
forderte ich Ajeho auf, mit mir in's
Dorf zu gehen. Er hatte wohl Inte
reffe daran, zu erfahren, waö ich da
unten am Flusse sagen würde, und er
folgte mir.
Ich wußte wohl, daß es den Gin
senggrabem und -Händlern völlig
gleichgiltig war, ob der Mandschure
Kangur-Kingur lebte oder todt war, ob
er vom Hirsch aufgespießt oder von
einem Mörder gelobtet worden sei.
Nur aus fanatischem Haß gegen die
Fremden hätten sie eine hochnothpein
liche Untersuchung dieses traurigen
HirschlockenS unternommen. Ter Sack
mit dem vielen Ginseng halte für sie
mehr Interesse und dieser mußte sich
noch im Hause Ajehos befinden.
Theilte ich dieses Geheimniß den Leu
ten von Iupi-ta mit, dann war ibre
Habgier gereizt, und Ajeho hatte die
ganze Bande gegen sich; er war mir
dann nicht mehr gefährlich.
Ajeho schien auch nichts Gutes zu
wittern, denn er wurde sichtlich un
ruhig, als ich schweigend an seiner
Seite schritt. Freilich hatte ich Wich
tigeres zu thun, als mit ihm mich zu
unterhalten. Ich machte den Entwurf
zn einer Rede an die Herren Lumpen
und Bagabnndeu von Iupi-ta, das
leine Obrigkeit besaß, da die Behörde
hier nur einmal im Jahre in gestalt
einiger Steuerbcamten zu erscheinen
pflegte, um den kaiserlichen Antheil an
Ginseng und Pelzen abzufordern.
Wir waren so an zweihundert
Schritt gegangen, als Ajeho, der sich
von Zeit zu Zeit nach seinem Hotel,"
das durch den Fell sack Kaugur-MiugurS
über Nacht tausendfach im Werth ge
stiegen war. hinschaute, plötzlich stehen
blieb. Ich wandte mich gleichfalls
um, hemmte meinen Schritt und
wollte kaum meinen Augen trauen.
Taö hölzerne Gasthaus stand in
hellen Flammen. Tcr Bursche Aichos
hatte vermuthlich unvorsichtig mit dem
Feuer hantirt, und nun stand die
leichte, durch die Gluth deS Sommers
und die Dürre des derbstes auSactrock-
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nele Bude in lichlerloher Gluth.'
Eine furchtbare Berwünselmn eut
fuhr den Lipven Ajehos. Tort bräunte
ja auch die Ginsengwurzel, uud er lies,
was er lausen konnte, um daS Welt
wunder zu retten. Ich folgte ihm nach.
Tie Habgier hatte dem Menschen
augenscheinlich alle Besinnung ge
raubt; mit Windesschnelle war er den
Hügel, auf dem daS Gasthaus stand,
hinausgeeilt, und athernloS, wie er
war, stürzte er in das brennende Haus.
Tas war fein Bcrderbcn. Er loar
schon durch den Lauf im Athmen be
hindert worden; nun kam cr in die
betäubenden Rauchgase und die Flaut
rnengluth. Er muß dort sofort ohn
mächtig zusammengestürzt sein und war
natürlich rcttungolos verloren. Bor der
Thür jammerte sein Bursche.
Meine Tiencr kamen mit den gesät
teilen Pferden von der Wiese, aus dein
Torfe eilte daS Grindel herbei. An
Rettung dachte Niemand, eS war auch
nichts mehr zu retten, und bald war
die Hütte in einen glühenden, rauchen
den Trümmerhaufen verwandelt.
Zn meiner aufrichtigen Genug
thnniig hatte der verstörte Bursche vdcr
Sohn Ajehos die Güte, vor dein vcr
sammelten Boise zn gestehen, daß cr
aus Unvorsichtigkeit den Brand ver
schuldet hatte ; er wurde durch einige
Schimpfwortc, Kniffe und Puffe
zurechtgewiesen. Um dcn verbrannten
Ajeho kümmerte sich Niemand wcitcr,
und das zerlumpte Publikum begann
sich zu zerstreuen.
Ich aber sprach offen mein Bedauern
aus, in einer Stadt ohne Gasthaus
nicht länger weilen zu können, Ich
schwang mich in den Sattel und gab
dem Rosse die Sporen. Tiefen und
den nächsten Tag machten wir einen
tüchtigen Ritt nach Kirin zu und waren
froh, als uns Niemand einholte, um
über den Tod Kangiir-Kingurs nähere
Auskunft zu verlangen.
phorismcn über die Iraurn.
Von Erihcrzog ul von Scstcrrcich.
9lflc Sln'ibor, wclche regierten, waren groß
sonst hätten sie sich weder ans den Thron ne
schwuniie, noch auf selbem erhalten; aber alle
waren lasterhaft, als sie sich frei den i.'eiden
scharten überlassen tonnten, wclche bei ihrem
Geschlecht ain meiste Reiz crreqen, nd die sie
in ihrer Jugend nicht nelehrt wurden, selbst zu
bezähmen. -Um Maria Theresia allein er
band die iroße mit der Tilgend und erhob sich
daher über alle Jhrcogleiche.
Ein zu oft wiederholter Gemeinplatz lehrt
uns, dast man durch die Gesellschaft der Leiber
gebildet wird! doch lernt man in selber nur un
iui!?e Tändeleien, deren geringer innerer Ge
halt blos augenblickliche 'eidenschaslen erregt
und höchstens den 4i'ilj schärft. In dem llni--gang
mil Männern hingegen, bei welchen mehr
,'iraft und Unbefangenheit herrscht, erhält der
öharakier durch stärkere Reibnug eine ZZorm
und der Verstand die wahre Richinng durch die
Tiskuisto.
Eitelkeit der Weiber uud Ehrgeiz der Man.
ner stehen, moralisch betrachtet, ziemlich auf
der gleichen Stufe, Beide sind nothwendige
Sporne der Thätigkeit; die Richtung, welche
sie durch Erziehung erhalten, stempelt sie erst
zn Hebeln des Guten und des Bösen.
Als KlenpakraS Reize keine Wirkung mehr
hervorbrachten, entleibte sich die Bnhlerin.
Biclc serer Weiber würden diesem Beispiele
folgen, fänden sie nicht ihre Entschädigung in
der Klatscherei.
Wir hätten mehr tugendhafte Weiber, setz,
ton wir selbst einen größeren Werth auf ihre
Tugend; denn des Weibes Triumph bleibt
inimcr der Beifall des Mannes.
Ironie. Als Peter der Große sich
in Frankreich aufhielt, bemerkte er
einen Höfling, der jeden Tag einen
anderen Roek trug. Eines Tages konnte
er sein Erstaunen nicht unterdrücken
und fragte daher den Betreffenden:
Sie sind wohl mit Ihrem Schneider
recht unzufrieden?"
Warum die Mohammedaner kein
Schweiitesicisch rlstn.
Als der mächtige Heilige St Min
dar eines Tages von 'seiner entfernten
Wohnung durch die Wüste der Stadt
zuschritt, gesellte sich ihm ein Schwein
bei, daö gemächlich an seiner Seite
die Siraßc entlang trottete. Ter gute
Marabut ließ sich die Gesellschaft ge
fallen: lieber ein Schwein zum
Reisegefährten, als gar Niemanden,"
dachte cr bei fich, uud flehte dann zu
Allah, daß er dem Thiere dcn Mund
öffnen möge, damit er auf dem langen
Wege Jemanden habe, mit dem er sich
unterhalten könnte. Und Allah erhörte
das Gebet des Heiligen: das Schwein
begann zu reden. So setzten denn die
Beiden ihre Reise sclbauder fort,
gegenseitig von einander profitirend
und die langen, heißen Stunden durch
ihre Gespräche verkürzend. Nach und
nach aber stellte sich bei ihnen ein
unerträglicher Turst ein; das Wasser,
daö der Heilige mitgenommen und dao
er mit dem Schwein getheilt, war
langst zn Ende gegangen, und kein
Brunnen für Meilen in der Runde
Handen.
Wenn ich einen Stein, und wäre
es auch nur einen faustgroßen, finden
könnte, wäre uns schon geholfen," sagte
der Marabut seufzend.
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Wie so?" fragte das Schwein neu
gierig. ?u willst doch nicht sagen,
daß die Steine Wasser enthalten?"
Wenn ich mit meinem Stäbe an
ritten Stein schlage, dann springt
Wasser heraus, genug, um uns Beide
zu sattigen, wenn Allah will."
Wenn 'a so ist, will ich suchen
gehen; es ist mir billig, daß ich die
Mühe übernehme, nachdem ich Tir
Tein W'afser getrunken, das Tir allein
bis zur Stadt gereicht hätte," erwiderte
mit scheinbarem Edelmut!) das Schwein,
in dessen Herzen aber ein hinterlistiger
Gedanke .aufgeleimt war. Es machte
sich also aus die Suche, wiihlle mit
seinein Rüssel im liefen Sande umher,
scharrte mit den Füßen Vocher hier,
Hausen dort, bis es ihm nach halbstiin
diger Arbeit gelungen war, eine
Kieselstein fast so gross, wie ein Strau
ßenei un'ö Tageslicht zu bringen.
Hier," rief es dann frohlockend
aus,' als es zum Heiligen, der fich
inzwischen ermüdet in den Sand
gectt, zurückkam und den Stein vor
ihn hinlegte, hier ist, waö uns
erfrischen soll ! Nun schlage zu! Toch
halt, wart' ! Ich will dcn Stein zwi
scheu die Zähne nehmen, Tu, halt'
Tcine Bvckohaut drunter, dann wird
nichts von dem Geschenke Allahö ver
lorc gehen."
Tcr arglose Marabu t war entzückt
von des Schweines Borsicht nicht
weniger, als vermeintlicher Ehrerbie
tung, und that, wie angerathen. Kanin
aber hatte er dem Steine einen leichten
Schlag gegeben und das Wasser ent
sprudelte ihm. als das Schwein ihn
rasch verschluckte uud dann eilig davon
lies. Aber wie keine böse That uuge
straft bleibt, so folgte auch hier die
Rache auf dem Fuße. Tie Wasser
menge, die der Stab dcö Marabut
erzeugt, war so erheblich gewesen, daß
das Thier zusehends anschwoll und
schließlich so schwer und ungelenk
ward, daß es sich nicht weiterbewen
konnte, sondern elendiglich im Sande
umkommen mußte. Ter Heilige aber
verfluchte zur selbigen Stunde das
Schwein und alle feine Nachkommen'.
Für alle Zeiten sollst Tu dem
Menschen ein Ekel sein, ein Bild der
Gier und der Gefräßigkeit. Alle
Speise, die Tu zu Tir nimmst, soll
sich in Deinem Körper ansammeln
und Tich aufblähen, bis Tu unfähig
wirst, Tir selber Teilte Nahrung zn
suchen und in Teinem eigenen Fett
erstickst. Eine Warnung sollst Tu dem
Menschen sein, Allahs Güter nicht zu
mißbrauchen!"
Also sprach der Marabut. Und darum
essen bis zum heutigen Tage die Recht
gläubigen kein Schweinefleisch wer
eS thun :vürde, der tviirde jenen Fluch
auf feii'.sa eigenen Körper übertragen.
Adlcr und lkt,
(Eil! ÄaliückenMärchen.)
Ein Adler und ein Nabe trafen ein
mal zusammen. Ta sagte der Adler
zum Naben: Tu, Nabc-Bogcl, weS
halb lebst Tu 33u Jahre, während ich
blos 33 Jahre lebe?" Weil ich mich
vom Aas ernähre und Tu rohes Blut
trinkst," antwortete der Nabe. Ta
will ich mich auch vom Aas ernähren,"
erklärte der Adler. Gesagt, gethan.
Ter Adler und der Nabe flogen weit
hinaus aus ein großes Feld. Da lag
ein todtes Pferd. Der Nabe und der
Adler ließen sich daraus nieder und
fingen an daran zu picken. Ter Nabe
war voll Entzücken. Der Adler aber
pickte einmal, machte ein finsteres
Gesicht; pickte zum zweiten Mal, doch
beim dritten Mal rief er aus : lieber
lebe ich nur 33 Jahre und ernähre
mich vom Blut, als daß ich 333 Jahre
lebe und AaS essen muß" und flog
davon.
(sink Nukiinslein ? Anckdokk. In
Wien war Rudinstein einst zur Fürstin
Mcttcrnich geladen. Als nach Be
endigung dcr Soiree die Herrschaften
aufbrachen, rief dcr Portier die Wagen
dcr Reihe nach in folgender Weife
herbei : ,,D' Eguipafch' für Seine
Er'leu; Fürst Estcrhazh! T' Equipasch'
für Seine Er'lenz Graf Kolowrat!"
und als hierauf Rubinstein, in seinen
Pelz gehüllt, in, Borsaale erschien:
,'n Wog'n für'n Klavierspieler. "
i'cimgcltc Bäume.
In der Nähe des braunschweigischen
Torfes Eoesscn trifft man auf eine
uralte, prächtige indc, eine Merk
Würdigkeit, auf die der tlobus" in
einer seiner Letten Nummern .rafincn
sam macht. Tcr Baum sieht auf der
Spide eines jener Grabhügel, die in
dorgesc'iichtücher Zeit über den sterb
lichen Reiten berverrageuder Heerführer
oder tammcchäu;itlinrtc errichtet zu
werden pflcglcn. Tie Viude iü eiwa
15 Meter boeb, einen Meter vom
Boden hat der itamm nidit weniger
nlo sieben Meter Umfang. Innen in
die Vinde tbeilweisc hohl und ihre
Wur:c!n treten alt luorriae Wulste
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ring. am zn Tage. Die sehr reget
mäßige Krone beschattet den Gipfel
des Hügels vollständig. Unter dc.sel
ben seilen in alter Zeit die Boiglcige
richte abgehalten wotden sein. In den
Stamm der Vinde sind eine Menge
Nagel verschiedenster Form, alte und
neue, selbst moderne T'rahtnägcl ringe
schlagen, uud dortige Beirohuer erzah
len, daß in früheren Zeiten Hand'
werlebursehen auf der Durchreise einen
Nagel in den Bannt einzutreiben pfleg
ten. Wir haben es demnach hier mit
demselben Gebrauche zu thun, durch
den der Stock im Eisen," eines der
Wahrzeichen der Stadt Wien, beson-'
ders bekannt geworden ist. Dieser
tock in Eisen" bildet den Rest cincö
zur cit der Entfernung aus dem Erd
reich eiwa ütijahrigen Fichtcnbaiimcs,
der mit den Wurzeln nach oben aufge
stellt und 'l'0 licntinietcr I;oeI) ist. Nur
die vordere Seite ist mit mehreren
Tausend dicht nebeneinander einge
fchlageucn Nägeln bedeckt, die in weit
ans überwiegender Zahl eine große
Gleichaitigl'cit zeigen. In 1533 ist
derselbe urkundlich zuerst erwähnt, aber
von einer Beuagelung desselben wird
1 780 zuerst gesprochen; dieselbe soll im
Wesentlichen in kurzer Zeit vvllcndct
gcweseu und in unserem Jahrhundert
nur wenige Nägel hinzugekommen sein.
Außer Wien besitzen noch andere Städte
einen tock im Eisen," unter anderen
Waidbosen a. d. ?)bbs und Preßburg.
In Norddeutfchland war es die Vinde
beim Grabe Eulenfpicgels in Molln,
welche ganz mit eingeschlagenen Nägeln
bedeckt war.
Tie Gewohnheit, Nägel in einen
Baum zu schlagen, ist eine alte und
weit verbreitete; sie beruht auf dem
Glauben, daß man sich damit von
gewissen körperlichen Uebeln befreien
könne, indem man sich dachte, daß
jeden Baum, jeden Berg, jede Ouclle
ein schützendes höheres Wesen ein
nehme. Ungcr weist darauf hin, daß
auch den Eiriechcit und Nomcrn tue
Sitte deS Benagclns der Bäume nicht
fremd war, und daß noch heutigentags
in Kroatien, Galizien und Italien
frei am Wege stehende hölzerne Kreuze
benagelt werden, wobei bisweilen auch
Zähne statt der Nägel gebraucht werden.
Auf dem Präger Hradfchin stand angeb
lich noch vor nicht allzulanger Zeit ein
altes hölzernes Kreuz, daS ganz mit
Nägeln bedeckt war. In dein ersten
Biertel dieses Jahrhunderts hatte sich
in der Gegend der Stadt Steier
Jemand an einem freistehenden Baume
am Saume des Waldes erhängt ; bald
darauf faud man den ganzen Stamm
dieses Baumes mit Nägeln beschlagen,
und zwar weil, wie mau sich ausdrückte,
hierdurch der Baum und somit der
ganze Wald von der an ihnen veriiblen
Bernnehruug gereinigt werden sollten;
eS sollte damit die entweihte Heilig
seit dieses Baumes al so wieder herge
stellt werden. Auf seiner Reise in den
Orient fand Unger bei Girgeh in
ber-Egypten einen sehr alten Nabock
bannt, dessen Stamm von allen Seilen
und so weit die aufwärts ausgestreckte
Hand eines Menschen reicht, mit zahl
reichen Nägeln beschlagen war. Am
Hafen der Stadt Minieh stand eine
große, alte Syeomore an der Mauer
eines Schechengrabes. Ter Stamm
war gleichfalls ringsumher und so weit
eines Mannes Arm aufwärts reicht,
mit Nägew beschlagen. In TaniaökuS
war ein alter Olivenbaum gleichfalls
der Träger von Hunderten von Nägeln ;
jeder war mit einein bunten Wappen
umwickelt oder durch denselben in die
Rinde des Stammes getrieben. Ter
Tragotnan erklärte Unger die Nagel
sammt den Wappen für Weihnachis
gefchenke, die diesem heiligen Baume
von Personen dargebracht ' seien, die
sich vom Schicksal iebesgliick, Gunst,
Reichthum oder (Gesundheit erbaten,
oder, bereits im Besitz dieser irdischen
Güter, dadurch ihre Tanlbarkeit an den
Tag legten.
Tie benagelten Bäume sind also
in ihrer Bedeutung nur andere Formen
der Wappen- oder Fetzenbäurne. An die
seit wurden Fetzen vom Kleide als
Botivgaben aufgehängt; man findet
sie zum Beispiel bei den Kelten Schott-
lands und den Schweden uud Eschen
der Ostseeprovinzen. Auch in Egüpten
sind sie unter dem Namen der Mara
butbäume bekannt und mit dem Fctzen,
den man an sie knüpft, glaubt man
alles Ucble oder Krankheit auf ihn zn
übertragen. Aehnlichcö berichtet Mungo
Park anö dem Reiche Wollt in WeiV
afrika. Auch in Asien, Indonesien und
der Neuen Welt finden wir Aehnlicbes
verzeichnet.
Der r, i l d t h ä t i g st e M o n a r A
Europas soll der .König Humbert von
Italien sein. Vetzte Wcibna.l'ten gab
cr Sso,un) den Armen und bestellte
den zweiten Ball im Quiiinal ab, um
die Ausgaben zn sparen. In H Iah
reu hat Kenia, Hurnbeit ras Einlcin
tuen der Krcre nicht angerührt.
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