Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 24, 1895, Image 12

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    Ein sauf ums Ceben.
Von Z. H. C. nn.
Freilich ftnd dreißig Jahre vergangen,
seit die naifolaenb mählt Begebenhett
sich .utrog erzlhlt Dick Howard
aber noch heute denke ich mit einem ge
wissen Grauen an dieselbe zurück. Ich
hatte Im Herbst de Iahn, ein tausend
acht hundert veua und fünfzig meine
SBrüfuna al Baumeiftn bestanden, hatte
mehrn Monate sehr tüchtig arbeiten
müssen und freut mich, al mein in
Minnesota wohnender Onkel ich bet
Gelegenheit seiner Beglückmünschung ein.
lud. den Winter bet ihm zu verleben. In
New ?ork wlre ich ganz allein gewesen
und hätte, da die rauhe Jahreszeit bevor.
stand, auch schwerlich escsapigung gr
funden.
Die Familie meine Onkel bestand
au feiner Frau, zwei erwachsenen ISch
lern und einem Sohn von siebzehn Iah
ren. Dieser Vetter. Frank geheißen,
ar freilich sech Jahr jünger al ich.
aber in der Wildnis, aufgewachsen; er er.
sehte den Unterschied im Alter durch Er.
fahrung, allblütigkeii und Sicherheit
im Gebrauch der Waffen. Oft genug
habe ich ihn bewundert, wenn ich ihn rei
ten, jagen oder fischen sah, und bedauert,
daß ich e ihm nicht gleich thun konnt.
Für di Erholung von meinen anhalten
den Arbeiten konnt keinen passen,
deren Ort geben, al die tnsam liegende,
umfangreich Besitzung meine Onkel,
und keinen geeigneteren Genossen, al
Frank war. Beinah den ganzen Tag
streiften wir in Wald und Feld umher,
jagten, stellten Fallen und Netze und ach
teten Ermüdung, Kälte und Hunger
nicht. Viel Zeit brachten wir mit dem
Schlittschuhlaufen zu. Die zahlreichen
Seen Minnesota, di größeren und klei,
neren Flüss bedeckten sich bei starkem
Frost mit einer spiegelblanken Eisfläche.
Biele Meilen wett liefen wir dann und
erforschten dabei, wo der kleinere Fluß in
den größeren und dieser in inen der Seen
mündete.
E war am drei und zwanzigsten De
zember, also einen Tag vor Heiligabend,
al Frank und ich nach Sonvenunlerging
den Fluß hinauszulaufen begannen, wel,
cher kaum zwanzig Schritte von dem
Wohnhause vorüberfloß. Der Vollmond
schien glänzend von dem wolkenlosen
Himmel herab und Tausend von Ster.
nn halfen ihm, di blau Eisfläche und
di schneebedeckten Bäume de noch nie
von der Hand eine weißen Manne ge
lichteten Walde beleuchten. Gegen die
Kälte schützttn un warme Kleider; unser
Stimmen und da Knirschen der ftähler.
nen Schienen unserer Schlittschuhe auf
dem Eis waien di einzigen Laute,
welche wir tn der nächtlichen Wildniß
vernahmen.
Die Basen hatte un fortgeschickt, um
gelbe und rolhe Beeren zu holen, welche
einig Meilen entfernt am Ufer zu finden
sein sollten; fl waren für die Au,
schmückung de Tannenbaumes bestimmt.
Nach einigem Suchen fanden wir die ge
wünschten Winterfrüchte, beluden un
mit den reichsten Zweigen und schickten
un zur Heimkehr an. Meine Unge,
schicklichkeit brachte mich bald zum Fall,
weil einer der von mir gehaltenen Zweig
u tief herabhing und mein Schlittschuh
ch weigert, die Hinderniß zu nehmen.
Frank lachte laut über mein Mgge
schick, und ich stimmt von ganzem Her.
zen ein, al ich merkte, daß ich keinen
Schaden genommen hatte. Unser Ge
lichter muß tief in den stillen Wald ein.
gedrungen und Geschöpft herbeigelockt
haben, denen unser Näh sonst wohl
nicht bekannt geworden wäre. Doch
kaum hatte ich die über da Ei zerstreu,
ten Zweige wieder aufgelesen, al ein
grimmige Bellen, welche wie Heulen
auöklang, unser Ohr erreichte.
.Nun müssen wir unS beeilen!" sagte
Frank. Di Wölfe sind un auf der
Spur und werden un in kurzer Zeit er
retchen. Nur Gewandtheit auf dem Eise
kann un vor ihren Zähnen retten.
Achte aus jede meiner Bewegungen und
ahme sie nach!
Ich brauche wohl nicht hervorzuheben,
daß wir von nun an alle unsere Kraft
anstrengten, um einen möglichst großen
Vorsprung vor den Verfolgern zu ge
innen, welche schon im Wald hinter
un heransprengten, wie wir an dem
Knicken und Krachen der dürren Zweige
merkten.
.Sie sind am rechten Ufer sagte
Frank. .So lange si im Wald blei.
bev. hat'S keine Noth, weil der Fluß
breit ist. Aber si werden un bald aus
da Ei folgen, und dann heißt'S: auf
passen.
Wir sauften davon, daß unS beinahe
der Athem ausging; wie Gespenster tanz
ten die das Ufer einnehmenden Bäume an
un vorbei; entsetzlich aber waren die
beiden grimmigen Läufer, deren grau
braune Gestalten sich deutlich von der
Schneedecke abhoben. Wie schmerzlich
bedauerten wir, daß wir gerad seine
Feuerwaffen mitgenommen hatten, welche
un gar bald von der unliebsamen Be
gleitung befreit haben würden.
.Daran ist nun nicht mehr zu är
dern," rief Frank mir zu, wir müssen
zur List greifen. Sieh nur, sie springen
auf da Et und kommen hinter un herl
Gottlob sind nur zwei. Laß un so
dicht zusammenbleiben, daß wir einander
nicht im Wege sind, und sei um Himirel,
willen vorsichtig, daß Du nicht fällst.
Du bist auf der rechten Seite, mußt also,
wenn der entscheidende Augenblick gekom
men ist, in weitem Bogen recht auö
biegen, während ich dieselbe Bewegung
nach link vornehmen werde. Sieh Dich
nicht um, fonder vertraue mir, daß ich
den richtigen Zeitpunkt ausfindig mache!
Sie werden jeder einem von un folgen,
also vorbeischießen, wenn wir aus
weichen. Gieb nur Achtung auf meinen
Ruf!
Ich bin überzeugt, daß Frank all be
fovsn guter Schliltschuhläuser den
mordlustigen Ungeheuern durch sein
Schnelligkeit entronnen wäre, wenn er
mich nicht ii sich gehabt häl!. Nun
dachte er zu edel, al daß er mich im
Stiche lassen sollte ; keine Schritt war
er mir voraus. DieWölf kamen näher
und näher und ich hört schon den Auf.
schlag ihrer harten Krallen auf da El.
Nur in Riemen unserer Schlittschuhe
braucht sich zu lösen, nur in Spalte
im Et oder in Zweig unbemerkt zu biet
den, so, sagte ich mir, bist Du trotz der
Ausovferuva Frank sicher verloren. Au
immer bedenklicherklNLHe traf da Bellen
der Wölfe unser Ohr; endlich vernahm
ich sogar ihi kkiichenveu Athemzuge,
einen Augenblick noch, so mußten sie ihre
Zähne in unser Schenkel inHauen.
.Wollen wir noch nicht ausweichen?!
erkundigle ich mich, und der Ton meiner
Stimm wird da ganz Ent etzen oerra,
then haben, von welchem ich gepackt war.
.Noch nicht, wart noq ein wenigi'
erwiderte Frank kaltblütig. .Ich werde
rasen."
Wir liefen mit Aufbietung aller unse,
rer rüste, galt ja da, Leben. Ich
dacht an nichlS, al an den au Franks
Mund erwarteten Ruf und machte ihm
schon im Stille Vorwürs, daß r allzu
tollkühn wär. Di Räuber kennten
kaum noch fünf bis sechs Schritt von
un entfernt fein. Ich fühlte, daß meine
Kräfte abnahmen, und hoffte nicht mehr,
daß ich die Farm lebend erreichen würde;
in schrecklicher Tod durch die Zähne der
Ungeheuer schien mir gewiß.
.Jetzt Tick! laufe nach recht! rief
Frank mir zu.
Seine Weisung kam wirklich keine
Sekunde zu früh ; denn kaum hatten wir
uns getrennt, so stürzten di Wölf durch
di zwischen un entstanden Lücke und
versuchten vergeblich unsere Windung
nachzuahmen. Während ich zur Seite
gewandt die fletschenden Zähne mit
Grauen betrachtete und mein Herz heftig
pochte, lachte Frank hellauf, alsj die
Wölf wider Willen ihr Schnelligkeit
tn der einmal angenommenen Richtung
noch immer nicht zu vermindern imStande
waren und bann bei dem Versuch, un in
der entgegengesetzten Richtung zu verfol
gen. auf dem blanken Eise hinstürzten
und ein ziemliche Strecke wegrutschten,
ehe sie wieder aus die Füße kommen konn,
ten.
AI ich so dastand, bebten meine Kniee,
Wie sollt ich dies Tauerlauf noch fort
setzen können! Gedachte Frank wirklich,
die Wölfe zu ermüden i Er möchte dazu
im Stunde sin, ich mußte darauf vr.
zichten. Aber, wa bedeutet dieser Ber
zicht ander, al meine wehrlose Hingabe
an da fürchterliche eryängnifzl Wollte
ich nicht lebendig zerrissen werden, so
mußte ich auf neue all meine Willen,
kraft zusammennehmen. Die Wötse,
wohl fünfzig Schritte von unS entfernt
sehten sich bereits in Trab, um uns zu
rückzuagtv; eine langer Parif war ve
denklich.
.Armer Dick, Du darfst nicht länger
ruhen sagte Frank. .Komm, folge
mir!'
Und wieder ging eS den Fluß hinauf,
di Wölfe, al sie sahe, daß wir ihnen
zu entfliehen versuchten, mit der früheren
Schnelligkeit hinter un drein. Gottlob
zitterten und flogen meine Beine nicht
mehr, seit sie sich an die wieder aufge
nommene Bewegung gewöhnt hatten;
ein wenig Aussicht auf Rettung blieb
mir.
.Diesmal wolle wir nicht lange
stehen bleiben, wenn wir unseren Bogen
beschrieben haben sagte Frank. .Laß
die Ungeheuer nur rutschen wir eilen
ja der Heimath zu, sind nicht mehr so weit
entfernt, und bort wird man un hören.
Strenge Dich deshalb nicht übermäßig
an. Wir dürfen e den Raubthieren
jetzt nicht so schwer machen, un einzu
holen, damit wir Kräfte für den Lauf in
der anderen Richtung behalten.
Ich erwiderte nichts, weil ich meinen
Vetter nicht sofort verstand, blieb aber
sorgsam an seiner Seite. Die Wölfe
flogen heran, heulten vorWalh und Gier
und glaubten sicher, uns diesmal zu er.
wischen. Keuchend näherten sie sich unS,
und ich fürchtete schon wieder, daß mich
ein der Bestien bei den Beinen packe
würde, als Frank mir den Befehl gab,
zur Rechten auszuweichen. Nun küm
merken wir unS um die vorieisausenden
Wölfe nicht, machten völlig kehrt und
rannten, so schnell wir konnten, der hei,
malhlichen Farm zu. Wohl eine halbe
Stund verging, ehe wir die grimmige
Feinde wieder merkten. Ich war schon
kühn genug, anzunehmen, daß sie den
Welllaus mit un ausgegeben hätten,
und schlug Frank vor, die Geschwindig
keit ein wenig zu mäßigen. Doch davon
wollte er nicht wissen; er meinte, sie
würden flch allerdings geärgert haben,
daß es unS zum zweiten Male gelungen
wäre, ihnen zu entwischen, wären aber
viel zu hungrig, um nicht nach kurzem
Besinnen uns Bersolgung wieder au'
zunehmen.
Er hatte recht. Das Knurren und
Brummen in unserem Rücken ließ sich
wieder hören, als wir eben die erleuchte,
ten Fenster des Wohnhauses aus der
Ferne herüberschimmern sahen. Gesähr
lich nahe waren uns die Wölfe, so daß
wir gar nicht daran denken konnten, wir
würden vor dem Hause so viel Muße ge
winnen, unS unserer Schlittschuhe zu ent
ledigen und die HauSthüre zu erreichen.
Noch einige uxtnaie von ver garm eni
fernt, begannen wir so laut zurufen, als
un, dies der knappe Athem in der Brust
erlaubte, und sausten, um die Wett
ruftnd und schreiend an dem Hause vor
über, wo unS kein Mensch gehört haben
würde, wenn nicht ein Dachshund Lärm
geschlagen hätte. Hart vo den Wölfen
bedrängt, liefen wir stromabwärts, bi
Frank zur Umkehr mahnte. Die blut
dürftigen Thier stoben zum dritte Mal
an un vorbei; wir wandte und liefen
wieder dem Hause zu, vor welchem wir
nun zu unserem Glück meinen Onkel und
einen seiner Leute mit Gewehre bewafs
net träfe. Sonst würde ich, da meine
Kräfte völlig ausgezehrt waren, schwer
lich selber de Abschluß diese, Abenteuer
halea erzählen können.
Spielend beschrieb Frank noch die
buntesten Kreise aus der Eisbahn vor
dem Hause, während ich ohnmächtig
zusammenbrach, al, die Wöls zurück
kehrten und nun beide auf den Knaben
Jagd machten. Die Eier hatte di
bösen Thiere so geblendet, daß sie die
am Ufer harrenden Schützen nicht be
merkten, welche e leicht wurde, sie
au nächster Nähe niederzuschießen. Al
ich anderen Tage die zottigen Um
geheuer mit dem sürchterlichen Gebiß ge,
nauer betrachtete, da reichte ich dem neben
mir flehenden Frank dankerfüllt die Hand
und sagte: .Daß ich noch athme, ist Dein
Verdienst; mich hätten sie, wenn ich allein
gewesen wäre, mit diesen blendend weißen
Zähnen zeifl lischt.'
Der arme Heinrich.
Torfnovclle von W. Turner-Lembcke.
.Heinrich, fall' man nicht um!'
.He, Heinrich! Schmeckt der Cigarren,
ftummelk'
So tönt e vo allen Seiten.
E war die .Jeunesse doree' eine
kleinen hannoverschen Dorfe, welche den
Blödsinnigen denn da war der lang
fam, theilvahmSlo Dahinfchlendernde
so verhöhnt und verspottete.
Heinrich, wie er im ganzen Dorfe h,eß,
war ungefähr 28 Jahre alt. Er war
groß und kräftig, so daß S fast schien,
al ob die Natur die fehlende Kraft seine
Geiste voll und ganz seinem Körper hatte
zu gute kommen lassen.
Er war ein sehr gesuchter Arbetter, da
er keinen Lohn erhielt, sondern nur Ver
xflegung, und diese wußten die hab.
gierigen Bauern noch auf ein Minimum
zu beschränken.
Nur eine Leidenschaft kannte der Arme:
Da Rauchen!
So spazierte er auch jetzt, einen Ei.
garrenftummel, den er, wer weiß wo?
aufgetrieben hatte, im Munde, in langen
Zügen den Rauch einsaugend, mitten
durch die johlende Menge.
Da plötzlich entsühn ihm in Schmer
zenöschrei.
Einer der uebermathigflen halle ihm
einen dicken Eichenknüppel gegen da
Schienbein geschleudert.
Ein ntsetzliche Veränderung geht mit
dem Blödsinnigen vor.
Seine eben noch glanzlosen matten
Auge sprühen Feuer, seine Nüstern
blähen sich auf, die Adern an der Stirn
treten weit hervor.
.Wer? Wer?" knirscht er, mit
lodernden Blicken die Menge durch
suchend.
Dann sich rasch bückend, wirbelt r den
schweren Eichenkloben mit rasender
Schnelligkeit um seinen Kopf.
Aufschreiend stiebt alle auseinander.
Jetzt duckt sich Heinrich zusammen, wie
ein Tiger zum tödtlichen Sprunge.
Er kennt jeden seiner Peiniger genau,
so apathisch er auch immer erschien.
Und jetzt hat er einen erspäht, und
dieser eine soll ihm für alle bezahlen.
Mit einem gurgelnden Kehllon, der
nicht Menschliche an sich hat, stürzt er
sich auf sein Opfer.
Noch einen Schritt
.Heinrich!' Eine Hand legt sich leicht
auf de Rasenden Schulter.
Blitzschnell endet sich dieser gegen den
neuen Gegner, aber die Keule, die er
noch soeben drohend geschwungen, gleitet
zur Erde, da lodernde Feuer der Äugen
erlischt augenblicklich, und nur ein con
vulfioische Zucken der mächtigen Gestalt
zeugt von der eben gehabten entsetzlichen
Ausregung.
.Heinrich!' wiederholt die sanfte
Stimme, .schämst Du Dich nicht. Dich
wie ein wildes Thier zu geberden?'
.Herr Pastor! 'Zerknirscht stottert der
Blödsinntz. es heraus.
Ernste Ermahnungen richtet der jung
Seelsorger an die Burschen.
Er wirft ihnen die ganze Herzensroh.
heit ihres Betragens vor und warnt sie
zugleich eindringlich eine Wiederholung
dieser Szene herbeizuführen, da bei der
gewaltigen Stärke HtinrichS in Versetzen
tn finnlose Wuth die furchtbarsten Folgen
nach sich ziehen könnte.
Dann winkt der junge Pastor den
Blödsinnigen und schreitet, von ihm ge
folgt, dem Pfarrhause zu.
Hier angelangt, hält er ihm nochmals
mit ernsten, aber milden Worten da
Verwerfliche eine solchen Wuthaus
brucheS vor.
.Sie sollen mich aber nicht immer
ärgern und quälen!'
.Nein, Heimich, das sollen sie auch
nicyt. Aler Du darfst Dich nie hinreißen
lassen '
.Sie warfen mir den Kloben an'S
Betn! Und da das that mir so weh!'
.Auch dann hast Du kein Recht, von
Deiner größeren Stärk Gebrauch zu
machen und auf sie einzuschlagen! Weißt
Du wähl, daß Du einen Mord hättest
begehen können?'
Aber das bischen Denkvermögen Hein,
rich war schon wieder erloschen.
Immer haftiger durchwühlte er seine
Taschen.
.WaS suchst Du denn?'
.Cigarre! Verloren! Ol'
Und ein so schmerzlicher Zug legte sich
über sein Gesicht, daß der Pastor so
ernst er auch gestimmt war, unwillkürlich
Über den jungen Wilden lächeln mußte.
.Nun, Heinrich, dafür kann Ralh ge,
schafft werden!'
.He?'
.Ich schenke Dir zwei neue Cigarren!'
Der Blödsinnige langt gierig danach,
.Halt! Erst mußt Du mir versprechen.
Dich nun auch gesittet zu betragen! Hörst
Du?'
.I. W
Wieder streckte er seine Hand nach der
Cigarre au.
.Willst Du aber auch wirklich
thun?'
.Ja Herr Pastor, wirklich und ganz
gewiß!'
.Wen Du Dein Wort hälft, schenke
ich Dir jede Weihnachten, jede Ostern
und jede Pfingsten Tabak und Cigarren!'
.Auch zu meinem Geburtstag!' bat
der Blödsinnige.
Der junge Pastor mußte wieder
lächeln.
.Nun ja denn, auch zum Geburtstag!
Aber vergiß Dein Versprechen nicht! Du
sollst und darfst Niemand schlagen, wer
e auch feil'
.Ich thu' nicht, Herr Pastor ! Nein,
nie mehr!'
.Dann geh' mit Gott, mein Sohn!
Und wenn sie Dir' mal gar zu arg tret,
ben, dann komm zu mir! Unrecht soll
Dir nicht geschehen, so lange ich e hin
dern kann!'
Der junge Seelsorger hatte die Hände
auf Heinrich' Schultern gelegt und liebe
voll herzlich gesprochen.
.Nun, worauf wartest Du noch?'
Da brach die kräftige Gestalt de
Blödsinnigen in die Kniee; er faßte die
rechte Hand de Paflor und preßte einen
heißen Kuß darauf.
.Dank, Dank!'
Dann schnellte r empor und entfloh
in den dämmernden Abend.
Der junge Priester aber sah ihm
freundlich lächelnd nach.
Einige Monate find vergangen.
Da Dorf und namentlich da Pfarr
hau ist festlich geschmückt, denn heute
soll der verehrt Pastor Werner seine
junge Frau in ihre neue Heimath führen.
Entfernte freudige Rufe verkünden
sein Kommen.
Ein eifrige DiSpuiiren entsteht, ob
die Pastorin wohl hübsch, ob sie freund
lich ist, und immer höher und höher steigt
die Erwartung.
Jetzt hält der Wagen.
Neben Werner fitzt ine liebliche, junge
Frau, welche freundlich lächelnd nach
allen Seiten dankend grüßt.
Nun folgt fie ihrem Manne, der ihr
beim AuSsteigen fürsorglich die Hand
bietet.
Aber mit schalkhaftem Lächeln diese
verschmähend, hüpft fit leicht und sicher
hinunter.
Nun tauscht sie benbaftt HSndkdrückt
rechts und links, für Jeden hat fie in
freundliches Wort.
Doch, als sie nun gar einen pauSbacki,
aen Dorfiunaen vom Boden aufhebt und
den strampelnden kleinen Kerl lustig in
ihren Armen tanzen läßt, da erglänzen
alle Gesichter ring umyec, ein airer
Bauer zieht sein Käppchen ab und rust
laut:
.Heil unserer ungen Frau Pastorini'
Brausend pflanzt sich der Ruf von
Mund zu Mund.
Werner, der alle beobachtend mit an
gesehen, lächelte glückselig, wußte r doch,
da kein kleine brauchen sich in diesem
Augenblicke all Hkrzen gewonnen.
Da fiel fein lia aus den viovflnnl.
gen, der sich ganz nach vorne gedrängt
hatte und leuchtenden Auge di Pastorin
betrachtete.
.Nun, Heinrich,' lachte Werner, ,Dir
gefällt wohl meine Frau?'
.Ein Engel! Ein Engel!' murmelt
dr Riese, immer sich mühend, noch ein,
mal die Hand der jungen Frau zu er,
haschen.
Monate waren nach dieser Scene ver
gangen.
.Ein kleiner Weltbürger ist einge.
troffen im Pfarrhause.' Diese Nach,
richt hatte sich am ersten Oftertage im
Dorfe mit Windeseile verbreitet.
Di jung Mutter fei zwar sehr
schwach, fetzten die Erzähler hinzu, aber
da Kind, ein strammer Junge, hätt so
muntr gekräht, daß man e in den
nächsten Häusern habe hören können.
Vor der Kirche hatten sich alle nach
dem Gottesdienste versammelt, um dim
strahlenden Vater ihre Glück, und S
genSwünsche auSzusprechen.
Dann erst konnte Werner sein Hau
erreichen.
Al er die Thür seiner Studierstube
öffnete, sah er zu seinem Erstaunen
Heinrich vor sich stehen.
.Ah! Du kommst Dir Deinen Tabak
zu holen?'
.Nein!'
.Nicht? Wa willst Du denn?'
.Gratuliren! Aber nicht mit der An.
dern! Ich ich ganz allein!'
.Ich danke Dir schön!'
.Und dann
.Nun?'
.E ist ein Junge?"
.Ja''
.Sehen!'
.Werner mußte herzlich darüber
lachen.
.Da wird nicht gehen l' meinte er.
.Doch!' beharrte Heinrich.
Es war sehr schwer sür Werner, ihm
die momentane Unmöglichkeit seine Ver
langen klar zu machen und erst nach dem
festen Versprechen, daß er den Kleinen In
den nächsten Tagen sehen dürfe, entfernte
sich der Blödsinnige.
Wieder sind 2 Jahre verflossen.
Der kleine Kurt hatte sich zu einem
kräftigen lustigen Büdlein entwickelt.
Aber sei bester Freund war und blieb
Heinrich.
Auf ihm konnte er reiten, ihn konnte
er zausen in den langen Haaren, und der
arme Blödsinnige lebte nur für ihn,
dachte nur an das Kind.
Anfangs hatte Werner Bedenken ge
tragen,' seinen Jungen so ohne Weiteres
Heinrich anzuvertrauen, aber sein Frau
halt ihn beruhigt.
.Laß' ihn gewähren!' meinte fie
lächelnd. .Sieh nur, wie Kurt sich an
ihn schmiegt! Die Kinder wissen in
stinkiio, wem fie vertrauer. dürfen.'
Feuerlä'm.
Die olle Spritze rasselt durch die
Nacht.
.Wo? Wo? tönt i, ängstlich fragend
au allen Häusern.
.Beim Herrn Pastor!' lautet die
Antwort.
Blitzschnell warfen die Fragenden sich
in ihre Kleider und stürmen der Brand
siöt! zu.
Werner und seine Frau ftchin im
Pfarrgarten.
.Aber da Kind!'
Unser Junge!'
Di unglückliche Mutter stößt den
Schrei au.
Umsonst versucht Werner in da bren
nende Hau zu dringen, man hält ihn
mit Gemalt zurück.
Prasselnd stürzt Balken auf Balken
hernieder, bi zum Dach hinauf züngeln
die gierigen Flammen.
E ist unmöglich, den kleinen Kurt zu
retten, der im oberen Slockwerk in der
Kinderstube flch befindet, treulos im
Stich gelassen von feiner Wärterin.
.Mein Klvd. Wer rettet mein Kind!'
Da brechen mächtige Arme sich Bahn
durch die Menge.
Nicht achtend der Zurufe, eilt ein
Mann hinein in' Hau, mitten in die
Flammen.
Noch weiß keiner, wer S ist, der sich
dem sicheren Tode so geradezu in die
Arm geworfen.
Da stürzt in Fenster deS ersten Stock
hinunter, hinterher springt eine brennende
Gestalt.
.Kurt! Kurt!' jauchtt die Mutter,
denn den kleinen Jungen hielt der wacker
Retter fest umklammert.
Von allen Seiten gießt man Wasser
über den gräßlich Verbrannten.
Noch einmal schlägt er die Augen auf,
al er Werner' Stimme hört:
.Heinrich! Heinrich! Dir danken wir
unser Liebstes auf der Welt!'
Es ist in wunderbarer Blick, den
der Verstümmelt auf bin jungen Pastor
richtet.
Es liegt darin ein Übernatürlicher
Ausdruck von Glück und Zufriedenheit.
Dann erweitern flch feine Augen.
Starr find fie gen Himmel gerichtet.
Sanft drückt der junge Priester die
Lider herunter.
.Friede fei mit Dir!'
ßine zweifelhaft Kyrnng.
Man schreibt der .Fr. Ztg.': Hohe
Vorgesetzte werden in der Armee mit
Hurrah begrüßt. Welche zweifelhafte
Ehrung in dieser Begrüßung liegt, er
zählt General Wille in seinen eben er,
schienenen E'tnnerungen an den dänischen
geldzug (.Vor dreißig Jahren', Berlin.
Karl SiegiSmund) Unser Hurrah
stammt von dem türkischen .Urah', der
Befehlsform deS Zeitworte .Urmark'
tödten rtnd heißt somit: Tödte si,
schlag' si todt. Di Janitscharen be
dienten flch zuerst dieses ZurufS, wenn
sie, in Schlachtordnung aufgestellt, die
vor der Front erscheinenden Pascha be
grüßten, um diesen so durch die Blume
anzudeuten, wie angenehm e ihnen
sein würde, die gegenüberstehenden Feinde
baldmöglichst in ein bessere Jenseit be
fördert zu sehen. Die Russen, die den
wahren und für sie selbst kaum rwünsch,
ten Sinn de UrahgeschrelS nicht kannten,
nahmen eS als Begrüßung schlechtweg an;
von ihnen verbreitete S sich rasch weiter.
.Ob e indeß', meint der humorvolle
General, .empfehlenSwerth oder nur
statthaft ist, hohe Vsrgesetzle bei feier.
liehen Gelegenheiten mit dem Ruf:
.Schlagt sie todt!' willkommen zu heißen,
erscheint immerhin fraglich; die Bestch
tigenden u. s. w. werden ja gewiß mit
untir von Vielen meilenweit weggewünscht
aber doch nicht auf diese Weise.' Da
Hurrahgeschrei hat sich bekanntlich auch
.im Civil' bei gewissen Gelegenheiten
eingebürgert; wie wäre ei denn, wenn
auf Grund dieser Auslegung sich seiner
einmal ein findiger Staatsanwalt an,
nähme? ES läge sonst die Befürchtung
nahe, daß der hochverräthcrische Nus sich
noch mehr einbürgert.
Si Kronprinz als Ireitifchveweröer.
Als vor etwa drei Jahren der König
von Württemberg dem Köttinaer KorvS
der Bremenser, mit welchem er während
feiner luoienzeil ais Prinz verregne,
zur Erbauung des KorpShauses die
Summe von 20,000 M. schenkte, da er
innert man sich in Göttingen eine Vor
gangeS auS jener Studienzeit, welcher
wohl verdient, auch außerhalb Göttin
gens bekannt zu werden. Als nämlich
der Prinz einem schwerhörigen Professor
der Recht, bei welchem er ein staatSrecht
licheS Kolleg belegt hatte, einen Antritts
besuch mechle und hierbet al Prinz Wil.
Helm von Württemberg sich vorstellte er
hielt er von dem schwerhörigen Professor,
melcker aleickieilia Vorstand der ftreiii'ck)-
inspektion war und nur das Wort .Würt
temberg verstanden haue, vie schleunige
Antwort: .Ausländer bekommen hier
keine Freitische!'
Ein heiteres Stückche
pafsirte nach der .Conftanzer Zeitung'
kürzlich in einem NachbarstSdtchen von
WaldShut. Dort kam Abends ein
Fremdling an, der durch sein Benehmen
dem dort stalionirten Gendarmen ausfiel.
Al er ihn ksntrollirie, stellte e sich her
au, daß der Fremdling kein Wort
Deutsch verstand, daß dagegen alle Pa,
piere, die er bei sich trug, den Namen des
Gendarmen enthielten. Der herdeige,
holte Orikpfaner, der in solchen Dingen
den Dolmetscher machen muß, klärte die
Sache dahin auf, daß der Fremdling in
Fran,os und der Liebhaber der Tochter
de Gendarmen sei, di er in Pari ken
ne gelernt und die er besuchen wollte.
Der zukünftige Herr Schwiegerpap hat
kenn auch seinem Schwiegersohn bet einer
Flasche Wein den Segen gegeben.
Kut heraus.
Dem wegen seine Humor und seiner
Schneid' einst wkilhin bekannte General
v. W. stieß einmal da Mißgeschick zu,
daß die von ihm geführt Kavallerie
Brigade bei einer Manöoerattacke t
einen Sumpf gerieth. Prinz Friedrich
Karl, der damalige kommandirende Ge
neral, empfing den von ihm sonst sehr ge.
schätzten und ihm persönlich nahestehenden
Reitersührer nicht eben freundlich und
rief ihm eine Bemerkung zu, die Unheil
ahnen ließ. W. aber begegnete allem
Weiteren, indem er sich strahlenden Ge
sichte an den Prinzen wandte: .Nicht
wahr, königliche Hoheit die reen
S s ch l a ch t !' Der Rest war Lachen.
Zur modernen l?Zdagogik.
Erst werden unsere Töchter au,
gebildet, dann i n gebildet, und zuletzt
wissen sie mit ihrer Bildung weder au ,
noch ein.
ine nette Familie.
.Meinem Aeltesten habe ich auf die
Strümpfe geholfen, mein Zweiter
steht unter'm Pa n tofsl, min Drit
ter hat vor'm Heirathen Manschet.
tn. Zwei von meinen Mädeln sind
unter der Haube; eine hat den
Schleier genommen, und metneJüngfte
sitzt in der Woll!'
prompte Antwort.
.Sind Sie V e g e t a r ta n e r ?'
.Nee, ich bin von de Annex
A n r !'
Ein Lchwerenöther.
.Wie gefällt Ihnen unser Stadt,
Herr Lieutenant?'
.Mirjesällt jar nifcht Ick jefallel'
Gut parirt.
Anläßlich deS Besuches bei seinem
Beamtenpersonale richtet der Herr Hof.
ralh an einen seiner Beamten die Frage :
,WaS für Obliegenheiten haben Sie ?'
Derselbe entgegnet: .Ich mach
All!'
.Und Si?' frägt r den nächst,
sitzenden Beamten.
.Ich mach Nicht!'
.Ja, wi kommt eS, daß Sie Nicht
machen?' fährt ihn der Herr Hosrath
entrüstet an.
.Da meinCollega, wi r sagt, All
macht, so bleibt mir natürlich zu thu
Nicht übrig!'
Entfernte Freundschaft.
,. .Was, Sie kennen den Herrn Rath
nicht? ! Der war ja mit Ihnen gleichzei,
ttg auf dm Gvmnastum I'
.Allerdings aber r war immr
iner der erst und ich einer der
l h t und da haben wir uns ni
recht kennen gelernt !'
Aus dem Serichtssaale.
Vertheidiger: .Meine Herren G.
schworknen! Der Herr StaalSanwalt
hat behauptet, der Angeklagte hätte durch
fein hartnäckiges Leugnen jeden Anspruch
auf milde Beurtheilung verloren. Mein
Herren! Spricht eS nicht für den Ange.
klagten, wenn er ein so hoch entwickelte
Schamgefühl besitzt, baß er da began.
gene Verbrechen nicht auf inmal
gesteht, fondern sich nach und nach
das Gefländniß entreißen läßt?!'
Unsere Dienstboten.
.Marie, holen Sie mir aus der Buch,
hzndlung Goelhe'S .Faust' !'
,O, gnädige Frau, da fallen Sie her.
ein versteh' ja Ich ihn kaun !'
Sonderbarer Schluß.
Bedienter (zur Zofe): .Sie lassen sich
vom gnädigen Herrn küssen I
Das ist aber gar nicht schön von
Ihnen!.. Hab' Ich mich vielleicht von
der Gnädigen schon einmal küssen las,
sen?!'
ver Journalist als ThierbZndigce.
Löwin (zum Löwen, al sich ein Jour.
nalist, um dem Publikum seinen Muth
zu zeigen, in den Käfig begibt): .Be.
trag' Dich fei,i anständig, Alter der
schreibt eine Kritik über unö!'
In der Schule.
Lehrer: Wozu verwendet man also
die Federn der Gänse, Enten u. f. w.?
Schüler (schweig,).
Lehrer: Nun? ich hab'S ja in der
vorigen Stunde erklärt. Was habt Ihr
denn zu Hause in Euren Betten?
Schüler: Wanzen.
Aufrichtig.
.Nicht wahr, Oscar, Du heiratheft
mich nicht wegen deS Geldes?'
.Gewiß nicht das kriegen ja mein
Gläubiger!'
Nothgedrungen.
Richler: ...Wie konnten Sie sich
nur auf das Räubrhandwerk
verlegen?!'
Bettler: .Ja sehe Sie, Herr Rich.
ter. ich bin halt so dick, und da gibt
mir als Bettler Niemand
'was !'
Neuer Ton.
Principal : .Mever. wenn Sie mir
etwas zu sagen haben, so machen Sie'
kurz und sachlich; zu Stiludungin habe
wir hier keine Zeit! Geöhren Sie e
sich doch ab, in diesem Feuilleton
zu mir zu reden!'