Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, October 11, 1894, Image 10
Der jüngste tieutenant. rjahlung son e n h o l d C 1 1 m a n n. ifx war 20 Jahr alt und der einzige Lohn wer Wiitse. 3Do Gellchtnch seine Vater leite uur in einem er schwommenea, unsicheren Bilde in fei neu, Herzen fort, in dem Bilde .im, schönen, stattlichen Manne, der ihm oft mal, lacherd den blanken Helm über da, Köpfchen gestülpt hatte, und dessen Dr denikreuz dem kleinen Han, stet all ein s begehreniaierthe Spielzeug er. iAl,ntn maten. Nur an dunkel krin n.ri, ,r fl noA Ke Taae. da ihn der fASnt Dfstn so fest an seine Brust ge drückt batte. daß er laut aufschreien mußte vor Schmerz und da die Mama gar nicht aufgehört hatte, zu weinen. An jenem Tage hatte er den blanken Helm und die funkelnden OrdenZkreuze zum letzten Mal gesehen; denn der schöne Offizier war nicht mehr wieder gekom. men, so oft auch der kleine Hang nach ihm gefragt und so heftig er sich auch nach ihm gesehnt hatte. Anfang hatte ihm die Mama wohl versprochen, daß er zurückkehren werde, fplter aber hatte sie bei seinen Fragen nur noch stumm den opf geschüttelt und bitterlich geweint. Eine, Tage waren alle Fensteroorhünge in der Wohnung zusammengezogen wor. den, obwohl draußen da prächtigste Sommerwetter war, die Mutter war gar nicht au ihrem Schlafzimmer gekommen und dem kleinen Han war streng ver boten worden, auf die Straße herunter zu gehen. Da war er auf inen Stuhl geklettert und hatte mit weit geöffneten, leuchtenden Augen zugesehen, wie tau. send und aber tausend Soldaten mit wehenden Fahne und blitzenden Waffen, mit klingendem Spiel und brausendem Hurrah da unten vorüber gezogen waren, die Helme und Gewehre mit grünem Laube geschmückt. Auch viele, viele schöne Offiziere waren darunter gewesen, und Mancher von ihnen hatte seinem lieben Popa recht ähnlich gesehen; den aber hatte der kleine Hans vergeblich ge sucht, denn er schlief in weiter Ferne auf dem Schlachtfeld von MarslaTour seinen letzten kargen Schlaf. Seitdem war nun eine stattliche Reihe von Jahren in' Land gegangen. Han von Lettin war im Kadettenhcwse rzogen worden und seit wenigen Wochen trug er al der jüngste Lieutenant seine Regi ment die Epaulettes. Glückstrahlend hatte ihn seine Mutter in die Arme ge- schlössen, al er sich ihr in der neuen Uniform, die seine jugendlich schlanke, elastische Gestalt so trefflich zur Geltung brachte, vorgestellt, und mit zitternder Stimm hatte sie gesagt: .Möae Dich Gott behüten, mein lie ber Sohnl bitte ihn, daß er unserem Baterlande den Frieden erhalte; denn ich würde eS nicht überleben, wenn ich auch Dich verlieren müßte, wie Deinen guten, edlen Vater! " Und der junge Lieutenant beugte sich nieder und küßt ihr zärtlich otk Hanv. In seinem Herze aber wurde die Erin, neruna lebendig an den glänzenden Ein Zlug der siegreichen Truppen, dem er einst al sechsjähriges KnSblein hinter den FenflervmhZngen hervor zugesehen; und nnn er ihn auch nicht auSfprach, um seine liebe Mutter nicht zu betrüben, so regte sich doch in seinem Innern mächtig der Wunsch, gleich seinem ZZater in Krieg uno Gefahr zu ziehen. Vorläufig freilich war für die Verwirk, lichung solcher Träume blutwenig AuS, ficht vorhanden. Nicht das kleinste Wölkchen bedrohte den Frieden Deutsch landS, und der junge Lieutenant mußte sein Erfolge vorläufig auf einem weniger gefährlichen Terrain suchen, al auf dem blutgetränkten Boden de Schlachtfeldes. Da es weder Kanonen noch Festungen zu erobern gao, mußte er seine EroberungS, gelüste wohl auf etwa Anderes richten, und er war nicht lange im Zweifel, wel che Ziel er sich für dieselben zu suchen habe. War er doch jetzt als Lieutenant in vollwichtiges und wohl angesehenes Mitglied der Gesellschaft, und hatte er doch nicht mehr zu fürchten, daß man ihn al einen Knaben betrachten und sich hin ter seinem Rücken über ihn lustig machen würde. Daran war ihm auS einer bestimmten Ursache ganz besonder viel gelegen; denn er hatte e schon Jahre lang wie inen schmerzlichen Stachel mit sich her umgetragen, daß die reizende, kleine Ba, ronesse Hertha von Berla, sie war ein Cousin dritten Grade, und um drei Sommer jünger al er die ritt er liehen Huldigungen, welch er ihr wäh rend seiner Cadettenjahre dargebracht, ntweder lachend zurückgewiesen oder mit in Mien mitleidiger Ueberleqenheit entgegengenommen hatte, welche sein männliches Selbstgefühl auf das Tiefste verletzen mußte. Seit nahezu einem Jahre hatten sie sich nicht mehr gesehen, denn sie weilte in einer Genfer Pension, und seit dem Tag, an welchem ihm der lange Ossiziersdegen beim Gehen zum ersten Mal zwischen die Beine gerathen war, konnte er den Augenblick kaum noch raarten, an welchem er sie wiedersehen und ihr mit dem vollen Gewicht seiner stolzen Männlichkeit gegenübertreten sollte. Sein Herz klopfte in stürmischen Schlägen, als er wirklich an einem No vemberabend die Einladung zu einem Ballfeft vorfand, welches der Baron von Berla aus Anlaß der Rückkehr seiner Tochter Hertha veranstaltete, und die Regimentskameraden, welche fast ohne Ausnahme den allezeit liebenswürdigen, heiteren und dienstbereiten jüngsten Lieu tenant ganz besonder in ihr Herz ge, schlössen hatten, fanden wegen feiner plötzlich zu Tage tretenden Zerstreutheit Gelegenheit genug zu allerlei harmlosen Neckereien. AIS dann der große Abend herange, kommen war, konnte e August Striche, der hoffnungsvolle Bursche de, jungen Offizier,, seinem Gebieter beim Anklei, den in keinem Stück recht machen, und höchlichst verwundert schüttelte er seinen fiachZhzarizea exs uder die auffällig 'Lereijlheit und Unzufttedenhett seine, sonst so nachstchiigen und freundlichen Leitvant'. Endlich war doch Alle, blank genug geputzt und gebürstet und auch der Scheitel tadello gerathen, so daß sich Han mit einiger Zuversicht auf den bedeutsamen Weg machen konnte. Mit einer Verlegenheit, welch ihm bi hr ginz unbekannt gewesen war, betrat er et seitlich geschmückten Räume der von Lerla'schen Wohnung. Von dem stolzen Selbstvertrauen, mit welchem er seiner .kleinen Cousine' hatte entgegentreten aollen, war auch da, letzte Reftchen eu seinem Herzen verschwua, den, und beinahe ängstlich ließ er seine Blicke umhermandern, um den Gegen stand feiner Sehnsucht zu enldeckeo. Da plötzlich fühlte er sich ganz leicht am Arm oeruyrt, und al er sich umwandte, blickte er in ein lachende, liebreizende, Mädchenantlitz mit einem wohlbekannten Grübchen in der Wange und zwei nicht minder wohlbekannte schelmischen brau ne Augen. Da Blut stieg ihm so heiß in, Gesicht, daß e, wie mit Purpur über gössen schien, er hatte über die Plötzlich, keit de Wiedersehen seine Haltung voll, ständig verloren, und wa er da von lebhafter Freude' und großem Ver gnügen' stammelte, war gewiß viel we, niger schwungvoll und geistreich, al die schöne Anrede, welche er sich unterwegs für die Begrüßung mit ber kleinen Hertha zurecht gemacht hatte. Die aber drückte ihm herzlich die Hand und sagte lachend: Willkommen. HanS ! Und wenn Du es schon nicht über' Herz bringst, mir ein Kompliment zu machen, so will ich Dich beschämen und Dir sagen, daß Du sehr groß und stattlich geworden bist, und daß Du beinahe ausstehst, wi in Mann!' Damit war sie auch schon wieder fort und mitten in inm Kreise von jungen und alten Herren, die sich eifrig um ihre Gunst demühten, denn sie war ja die Königin des heutigen Feste. Ver mngfte Lieutenant aber blickte ihr ganz niedergeschmettert nach. .Betnahe wie ein Mann' hatte sie ge. agt, und ihre Stimme hatt dabei genau o spöttisch und überlegen geklungen. wie in jenen Kindertagen, die er nun ein für alle Mal abgethan geglaubt. Er war am lievflen geradeswegs wieder um gekehrt, denn er fühlte sich bitterlich ge kränkt und verletzt, und wenn ihn nicht feine gute Erziehung daran verhindert halte, uno tue Rücricht auf die anwesen den Kameraden, die sich gewiß unbarm herzig über ihn luftig gemacht haben wür den, so hätte er vielleicht allen Ernste die Flucht ergriffen. So aber mußte er bleiben und mußte schweren Herzens mit ansehen, wie Fräulein Hertha von allen leiten umschwärmt und angebetet wurde, mußte ihr strahlendes Geftchtchen sehen. das noch tausendmal lieblicher war als früher, mußt ihr silberhelles Lachen hören, uno ftq oabet immer und immer wieder der grausamen Worte erinnern: Du siehst ja beinah aus wi ein Mannt" Eine ganze Stunde lang wartete er darauf, daß sie sich feiner wieder er innern und ihn aufsuchen sollte; denn er etver war natürlich viel zu floiz. sich nach einem solchen Empfang in ihre Nähe zu drängen. S! ging sogar ein paar Mal am Arme des Graten Tornow lustiq plaudernd an ihm vorüber, ohne ihm auch nur einen einzigen Blick zu schenken. Da wurde dem armen HanS das heitere Gewühl des Feste unerträglich; er fühlte sich außer Stande, sich in die Reihen der Tanzenden zu mischen und mit gleich gültigen Menschen glcichgüliige Worte zu wechseln. Er flüchtete mit seinen kummerbelade, nen Gemüth in einen kleinen Erker, der durch ein zur Hälft herabgelassene Portiere und durch ine mn Blaltxflan, zm besetzte Etagere fast ganz von der leuchtenden Halle de BalliaaleS gejchie den war. Die traurigsten Gedanken hatten von dem Herzen de jüngsten Lieutenants Besitz genommen. ES war offenbar, daß selbst seine Eigenschaft als Offizier. der spottluftigen Hertha nicht imponirt hatte, und daß sie den Grafen Tornow in einer Weise auszeichnete, welche ihm selbst ein für alle Mal jede Hoffnung abschneiden mußte. Freilich der Graf war ein schöner Mann und ein eleganter Kavalier. HanS konnt ihn und feine Vorzüge recht wohl, denn er war fein RegimentKamerad und im ganzen Osfijier,Corx galt der Graf für den schneidigsten und kühnsten Lebemann. Er wußte ganz charmant zu plaudern, wenn er auch nicht weniger als geistreich war, und er ritt stet die edelsten und feurigsten Pferde, obwohl eS al ein offene Geheimniß gelten konnte, daß sein Vermögen bis auf die letzte Krone dahin war und daß seine Schulden von Monat zu Monat recht be denklich wuchsen. Man sprach davon, daß er sich wohl bald werde verheirathen müssen, um feine Verhältnisse zu rangi. ren, und wenn auch der zwanzigjährige HanS mit seiner Lebensweisheit eine Kadetten von den Dingen dieser Welt verhältnißmäßig noch recht wenig wußte, so hatte er doch Scharfblick genug, um in der Einsamkeit seines halbdunklen Erkers zu combiniren, daß Graf Tor nom höchstwahrscheinlich sehr wenig Be denken tragen würde, der schönen, lie, benSwürdigen und reichen Baronesse Hertha seine Hand zu reichen, sobald er auf eine günstige Ausnahme seiner Wer bung hoffen dürfe. Daß er aber eine Concurrenz mit diesem schneidigen Kaoa lier, diesem Urbild kraftvollster Männ. lichkeit, nicht aufnehmen könne, das gestand sich der arme HanS trotz allen gerechten Selbstvertrauens mit einem tiefen Seufzer ein, und glühender als jemals erwachle in seirer Brust da Ver langen nach dem baldigen Aukdruch eine, sürciterlichen Kriege,, in welchem er an ter Spitze der Compagnie mitten hinein sühnten könnte in die feindlichen Kugeln und Bzjonnekle. So einsam, lieber Letter?' tönte xlöglich eine liebe, helle Stimme dicht nebe ihm. Willst Tu wirklich alle unser jungen Damen durch Dem Me lancholie zur Verzweiflung bringen?' Wie von einem elektrische Schlage getroffen hatte sich Han, zu der Spre chenden, die natürlich keine Ander war, al seine Cousine Hertha selbst, umge wendet. Im ersten Augenblick hatte ihn die Befangenheit wieder überwältigen wollen; dann aber hatte sich auch fein Stolz aufgebäumt gegen die Grausam keit, mit elcher sie ihn selbst bi i seine Einsamkeit verfolgte, um sich über ihn luftig zu machen. ES ist mir wirklich ganz gleichgültig, ob die jungen Damm verzweifeln oder nicht,' sagte er. Uebrigen glaube ich nicht, daß irgend Jemand die Abwesen heit meiner unbedeutenden Person bemer ken wird. Nach Dir, verehrte Cousine, wird man sich aber gewiß desto heftiger sehnen, und ich , will Dich deshalb nicht länger hier zurückhalten!' ergänzte sie lachend, ehe er noch ausreden konnte. Nun, da muh wahr sein, Han, wenn Du auch größer geworden bist in diesen zwölf Monaten, höflicher bist Du nicht gewor den.' Die abermalige Anspielung auf sein körperliche Wachsthum verwundete ihn auf daS Schmerzlichste. Wenn e Dir nicht gerade ein beson bere Vergnügen macht, liebe Hertha,' sagte r, von der Veränderung meiner äußeren Erscheinung zu reden, so wäre ich Dir recht dankbar, wenn diese Gegen stände nicht weiter Erwähnung geschähe. Wenn ich auch vielleicht nicht über die Gewandtheit und ConversationStalent anderer Cavaltere verfüge, so dürste sich doch wohl ein UnterhaltungSthema sin den, da von größerer Bedeutung ist und mich eine weniger klägliche Rolle spielen läßt, al gerade dieses.' ES ar eme der längsten und ernst hafteflen Reden feines ganzm Leben ge wefen, und sie verfehlte denn auch auf Hertha ihre Wirkung nicht. Der über müthige Ausdruck schwand auS ihrem Gesicht, und nach einem kleine Schwei, gen sagte sie mit gänzlich veränderter stimme: Du hast mir meine Neckerei von vor. hin also wirklich übel genommen, HanS? üövl vm mir tm rn dö ei' Er hätte das nun wohl gestehen munen; aver vor dem unen, weichen, schmeichelnden Ton, mit welchem sie die Frage an ihn gerichtet hatte, war schon all sein Groll spurlos dahingeschwunden. DaS war derselbe Ton gewesen, der ihn schon in seinen Knabenjahren immer wie, der sür alle Kränkungen und Spöttereien, welche er von ihr erfahren, so reich nt schädigt hatt, derselbe herzliche, bittende Blick, durch welchen sie ihn einst zu den tollsten Streichen anzustiften vermocht hatte. Aber er war ja nun ein Mann geworden; und es galt, die knabenhaften Regungen tapfer zu bekämpfen. Darum schüttelte er nur den Kopf und sagte ernst: Ich erde Dir niemals bös sein, Hertha, da ich überzeugt bin, daß Du mich so wenig, wie irgend einen Ande ren, jemals mit Absicht und Bewußtsein kränken wirft. Aber ich kann eS Dir immerhin eingestehen, daß ich mir unser Wiedersehen etwas ander ausgemalt halte, etwas ich weiß nicht gleich einen passenderen Ausdruck zu finden ernst, haster und herzlicher.' So haft Du wirklich schon vor unserer Begegnung ein wenig an mich gedacht? Hast Dich wohl gar auf unjer Wieder sehen gefreut?' Ader Hertha, welch' eine Frage I Ich habe feit dem Eintreffen eurer Einladung die Stunden gezählt und mir diesen Abend so schön vorgestellt, daß eS viel besser gewesen wäre, wenn mich eine Krankheit oder etwa Unangenehmes ab gehalten hätte, zu kommen.' Seine Stimme hatte dabei ei klein wenig geziltert, und Hertha war ganz erregt, als sie erwiderte: ' .Pfui, HanS, wie garstig Du sprichst! Wie kann man sich eine Krankheit wün schen, nur weil sich ein so dumme Ding wie ich etwa ungezogen benommen hall Wenn ich die Wahrheit sagen soll, so hat e mir auch schon längst leid gethan; denn ich habe mich gleichfalls ganz ge, wältig auf unser erstes Zusammentreffen gefreut, und ich weiß selbst nicht, wie eS zugegangen ist, daß mich mit einem Mal, als wir un gegenüber standen, die alte übermüthige Lust zum Necken wiederkam. Daß e Dich so sehr verletzen würde, hätte ich nie gedacht.' Treuherzig wie in guter Kamerad, reichte sie ihm ihre Hand, und er zögerte nicht, sie zu ergreifen und seine Lippen daraus zu drücke. Aber da kam ihm wieder der schöne Graf Tornow in den Sinn und eS ärgerte ihn, daß feine Cou sine vielleicht nur aus Mitleid zu ihm ge, kommen war. Ich sehe wohl ein, daß meine Ver fttmmung eine Thorheit war', sagte er, und ich hoffe, dir daS Vergnügen des heutigen Abends nicht ganz damit gestört zu haben. Jetzt aber darf ich dich unter keinen Umständen länger zurückhalten, denn wenn mich nicht alles täuscht, ist Graf Tornow bort oben im Saale sehr angelegentlich damit beschäftigt, Dich zu suchen. Die Anspielung war zu deutlich, als daß Hertha sie hätte mißverstehen kön nen. Schmollend warf sie das Köpfchen zurück und wendete sich zum Gehen. Da streifte ihr Blick noch einmal das hübsche treuherzige Gesicht ihre Vetters, das sich noch viel zu schlecht zu beherrschen verstand, um seine kummervollen Au,, druck zu verbergen, und l demselben Auger.rlicke hatte sie ihm auch sch?n seine Unart verziehen. ct kehrte noch einmal um und sagte lächelnd: Daichvea Grafen kein Recht gege len habe, mich zu suchen, darf e, ihm auch nicht verdrießen, wenn er mich nicht findet. Du aber, mein lieber Han. bist sehr uvgalant, wen Du mich nicht einmal fragst, weshalb ich Deinen Per steck autgekuvdschajtet habe.' E, durchzuck! ihn wi in süße Ahnung. Und weshalb?' fragte er hastig, ge. schah e nicht etwa blc, weil Du Er barmen mit meiner Verlassenheit fühl teft?' Jetzt lachte sie hell auf. Erbarme mit der Verlassenheit eine, Lieutenant,?! Nein, theurer Vetter, da war ti wahrhaftig nicht: Ich wollte mir nur die Freiheit nehmen, Dich auf ein leere Stell in meiner Tanzkarte aufmerksam zu machen, und well ich meinte, daß es Dir vielleicht Vergnügen machin würde' Sie hielt errölhend inne; aber in dem Gesicht de jüngsten Lieutenant leuchtete e hell und sonnig aus; denn er Halle sie verstanden. Du haft mir einen Tanz reservirt? Und ohne meine Aufforderung? O, Her tha, wie dankbar bin ich Dir dafür! Wie ungeschickt habe ich mich doch benom, men!' Ihr Blicke begegneten sich und ur, plötzlich waren Kummer und Trübsal vollständig au den Herzen de jungen Offizier gewichen. Sie nahm seinen Arm; denn schon waren die ersten Klänge de Walzer, welchen sie trotz der zahl, reichen Bewerber für Han freigelassen hatte, zu ihnen gedrungen. AI sie au dem Erker hervortraten, stand ihnen Gras Ternow gegenüber. Wie scheint, gnädigste Baronesse, habe ich da Unglück, mit meiner Wer bung um diesen Tanz zu spät zu kommen', sagte er mit einem scharfen Blick auf Han. Muß wohl den beneidenswer thev Herrn Kameraden den Vorrang überlassen.' ES wird Ihnen In der That wohl kaumetwa Andere übrig bleiben, Herr Graf,' gab sie lachend zurück. Glück, licher Weise bleibt Ihnen bei der gro ßen Zahl junger Damen, die unser heu tigeS Fest schmücken, noch Gelegenheit ge, nug, sich für den ungeheuren Verlust zu trösten. Als wenn eS dafür einen Trost gäbe!' erwiderte er galant. Aber Baronesse hatten vorhin den Cotillion noch frei, wenn ich bitten dürfte ' Diesmal aber war eS HanS, der ihn nicht ausreden ließ. Er war in einer so glücklichen Stimmung, daß er die ganze Welt hätte erobern können, und ohne Be sinne siel er, noch ehe Hertha'S Antwort ersolgt war, ein: Bedaur aufrichtig, Herr Kamerad, Ihnen auch darin zuvorgekommen zu sein. Meine Cousine hatt soeben die große Gute, mir den Cottllo zuzusagen. Da geübte Auge deS Grafen erkannte sofort an Hertha s Erröthen, daß der jüngste Lieutenant nicht die Wahrheit ge sagt hatte; da sie aber nicht widersprach. blieb ihm nichlS übrig, als sich mit einer verbindlichen Redensart zurückzuziehen, während sich da hübsche junge Paar schon in der nächsten Minute in weltoer gessener Freude auf den Wogen deS Tan, zeS wiegte. Für den Rest der Nacht waren beide völlig unzertrennlich von ein, ander, und als sich endlich beim Morgen, grauen HanS von seiner hübschen Cousine verabschiedete, da nahm er die beseligende Gewißheit mit sich fort, daß er ihrem Herze keineswegs gleichgültig sei, da er in Recht auf die stolzesten Hoffnungen habe. Glückselig wie an jenem Tage, da er sein Lieutenant! parent erhalten hatte, eilte HanS nach Haufe. Lange wälzte er sich schlaflos auf seinem Lager, und die stolzesten Lustschlösser bauten ftch vor ihm auf, bis endlich die Natur doch ihr Recht verlangte und ein von den herrlichsten Träumen erfüllter Schlummer feine Sinne umfing. Etwas verschlafen kam der jüngste Lieutenant am nächsten Bormiitage auf dem Kasernenhofe an. Grüßend trat er zu einer Gruppe von Oksizieren, in wel eher sich auch Graf Tornow befand. Dieser betrachtete ihn mit einem etwas spöttischen Lächeln und sagte mit unser kennbarer Malice: Hätt Ihnen wahrhaftig eine solche Schlagfertigkeit gar nicht zugetraut, Herr Kamerad, wie Sie da gestern an den Tag gelegt haben! Rathe Ihnen aber doch, in Zukunst solche Späße zu unter, lassen. Könnten junge Dame durch eine derartige Lüge arg csmpromittiren l' HanS erröthete; denn die Zurechtwei, fung in Gegenwart der anderen Offiziere ärgerte ihn. Aber er nahm die Sache nur für einen etwas unziemlichen Scherz und erwiderte irr einem bescheiden abwei senden Tone: Ich glaube zu wissen, Herr Graf, wie ich mein Verhalten einzurichten habe und bin eS nicht gewöhnt, Belehrungen in dieser Form zu empfangen.' Er hielt die Angelegenheit damit für abgethan und wollte sich zum Gehen wen, den, aber die scharfe Stimme des Grafen hielt ihn zurück. Wenn Sie es wünschen, stehe ich auch in jeder anderen Form zu Diensten! Glaube selbst, daß eine etwas schärfere Lection Sie besser von Ihrer Naseweis heit kuriren würde!' Das war eine offenbare Beschimpfung, und darauf gab e nur eine einzige Ant, wort. Han von Lettin durfte sie nicht schuldig bleiben. Als er in der folgenden Nacht fein Lager aufsuchte, war sein Herz von einer trüben Todesahnung erfüllt. Graf Tor vom war ein ausgezeichneter Schütze, und vor vier Jahren hatte er einen Re ferendar, der al Einjähiizer in seiner Corrpaznie gedient urd ihn sxälir ezen einer ai-.Kn Reihe von Bedlei. di?ungen gesoiderk halte, im Zlrc.kan'pf geiosier. Am Abend halte Han seiner ahnung, lose Mutter noch einen Besuch abzestat tet und sich dabei wie ein ganzer Mann benommen; denn er war so heiler, liebe voll und zärtlich gewesen, daß auch nicht der leiseste Schatten eine Argwohn in da Gemüih der würdigen Dame siel. Wie viel würde Han darum gegeben haben, wenn er auch Herlha noch einmal hätte sehe können; aber e war keine Möglichkeit dazu vorhanden, und nach dem er einige Male an ihrem Hause vorübergegangen war. mußte er sich ent schließen, in fein Slübchen heimzukehren. Bi nach Mitternacht sah er am Schreib, tisch, und al er nach einem kurzen, ur ruhigen Schlummer in der Morgen dämmerung von seinem Sekundanten ge weckt wurde, händigt er diesem sür den Fall eine ernsten AuSgang, zwei Briefe ein, einen dicken für seine Mutter und ein kleine dünne Billet sür die Laro ncssc Hertha. Noch im Zwielicht fanden sich die Geg ner auf dem Kampsplatze zusammen. Ein letzter AuSgltichZversuch der Sekun Kanten scheiterte an der kurzen entschie denen Erklärung de Grafen. Die Distanz wurde auSgemessen, der Arzt legte sein Verbandzeug zurecht und die Duellanten traten auf ihre Plätze. Mit einer nachlässigen Handbewegung schleu, derte Graf Tornow seine Cigarre bei Seite, während sich die Sekundanten hinter die schützenden Bäume zurück, zogen. Einen Augenblick war eS auf der kleinen Waldblöße todtenstill; dann fielen rasch hintereinander die Commandoworte: EinS! Zwei! Drei! Die Gegner soll ten gleichzeitig feuern, aber HanS von Lettin kam nicht einmal dazu, seine Pi stole abzudrücken. Der Schuß de ra sen war fast zusammengefallen mit dem Signal, und mitten in die Brust getrof fen war der junge Offizier lautlos zu sammengebrochen. Der Arzt beugte sich über den Gesal. leren und richtete sich mit Hoffnung? loser Miene wieder aus. Auch der Se kundant war neben dem Haupte Ui Sterbenden niedergekniet und e gelang ihm eben noch, feine letzten Worte ufzu fangen: Grüßen Sie Hertha und meine arme Mutter. Kamerad!' Eine Minute später drückte ihm der Doktor di Augen zu.... Graf Tornow erhielt die gesetzliche FestungSftrafe und wurde zu einem an deren Regiment versetzt. Baronesse Hertha vergoß Monate lang bittere Thränen; aber die Zeit in diesem Falle war eS ein reichliche, halbe Jahr ließ sie endlich ihren Kummer vergessen, und sie war wieder die heitere, von Freude und Lebenslust strahlende Königin der hauptstädtischen Fest. Frau von Lettin aber hat man seit dem Tage, da ihr die Kunde on ihres Sohne Tode gebracht wurde, nie wieder lächeln sehen. Wie sagt doch Adalbert von Chamisso ? Die Trauer der Braut drei Wochen war, Die Trauer der Schwester, die war drei Jahr; Die Mutter hat die Trauer gepflegt. Bis müde sie selbst in'S Grab sich gelegt Mur ei wenig mehr piano. Vor vielen Jahren, fo lesen wir im Bär', ar in der königlichen Kapelle ,u Berlin ein Vauker mit Namen Lent schel angestellt. Da sein Gehalt nicht allzu hoch war, mußte er nebenbei Geld zu verdienen suchen. Eine passend Ge legenheit hierzu bot daS nur wenige Schritte von dem Theater entfernte eng, lisch Haus in der Jägerstraße, in wel, chem häufig Konzerte stattfanden und wo der vortreffliche Paukenschläger sehr gern beschäftigt wurde. Außerdem gaben durchreisende Künstler im Konzertsaale deS Schauspielhauses Konzerte, bei denen Henschel gleichfalls mitwirke mußte. Da nur er allein bei diesem Instrumente stand, war eS für ihn eine schwierige Aufgabe, seine Pflicht zu erfüllen, wenn Oper und Konzert an einem Abend zu sammenfielen. Glücklicherweise sind in den älter Opern die Pauken nicht allzu sehr beschäftigt, und die Korzertmeistei mußten Nachsicht haben, auch war Wltl fter Hentschel pünktlich wie eine Uhr, er wußte auf die Sekunde, wann er im Theater gebraucht wurde. Einst wurde die Oper Deodata' von dem damaligen Kapellmeister Ansilm Weber gegeben. Im Finale deS letzten Aktes rettet die Tochter den unschuldig eingekerkerten Va ter. Sie erbricht das Gitter des Ge, fängnisseS der Vater ist befreit. Die sen Moment marktrt der Komponist durch einen mächtigen Paukenschlag, er läßt die Wirkung z erhöhen, die Pauken bii dahin ganz schweigen. DaS Finale be ginnt der Paukenschläger fehlt. Der Kapellmeister sieht wiederholt nach den Pauken Hentschel fehlt och immer. Näher und näher rückt da Solo. Webei verzweifelt, der große Effekt' wird ver lo,en gehen. Da öffnet sich der grln Vorhang, der, um den Luftzug zu ver hindern, vor dem Eingang hing, der Pauker tritt geräuschlos ein, die Pauken stehen in der Nähe, er greift nach einem Schlägel und blickt nach der Bühne noch sind einige Takte zu paustren. Jetzt BumSl ertönte der Schlag, richtig aus'S Haar. Weber, der in fei ner Angst den Pauker nicht gewahr ge, mnrkkn, säkrt iulammen. der Taktstock entfällt seiner Hand, er sinkt auf feinen Stuhl, dennoch geyl va, ginale ovne ven Dirigenten fehlerfrei zu Ende. Der Kapellmeister ist wüthend über den KtIck. er verklagt den Pauker beim Intendanten Grafen Brüh! und dringt darauf, deß Hentschel wegen Versäumniß eine, ganze Ä?te, mindesten, zehn Tha ler Strase bkiahlen müsse. I Pauker verwahrt sich dazegen. er habe nicht, vei säuuit. sein Solo sei richtig ingesetI; wa könne er dafür, wenn der Herr a pellmeister den Stock fallen lasse. Der Intendant war guter Laune, dem Pauker wurde die Strafe erlassen, jedoch reroid net. daß Jeder, der in einem Eiücke be, schäfligt sei. vor Beginn de Akte seinen Platz einzunehmen habe. Viele Jahr später hält Meverdeer die Generalprobe zum Propheten' ab. In einer Aiie ist ein Paukenwirbel in piano auSzusühren. Dem Komponisten ist die Stelle nicht schwach genug, er läßt mit dem Bemer ken aufhören, die Pauken wären zu stark. Man singt wieder an, wieder läßt Meverieer aushören und ruft: Pauken mehr piano!' Hentschel, welcher die Stelle oft und stet zur Zufriedenheit der früheren Dirigenten geschlagen, wird är gcllich und sagt zu feinem nächsten Kol lezen: Heute mäkelt der Alte wieder über Alle; nun schlage ich gar nicht!' Von Neuem beginnt da, Stück. Di Augen de Pauker blicken fest auf den Dirigenten, die Stelle kommt unbe weglich ruhen die Schlägel aus der Pauk. Bravo, bravo, mein lieber Hentschel!' versetzte Meverbeer. Nur noch ein klein wenig mehr piano !' Des Professors vrautfalzrt. Eine traurige Geschichte. Von I. Burkhaldt. Nach langem Warten war der Stu dienlehrer Klein endlich Gomnasial.Pro fessor geworden, dabei war er freilich auch inzwischen in da vierzigste Jahr ge, rathen und jetzt ist e die höchste Zeit', sagte die Geheimräihin, seine mütterliche Freundin, wenn Sie e überhaupt noch vorhaben, sich eine eigenen Hausstand zu gründen.' Da hatte der Professor allerdings vor, kern das ewige Einerlei deS Wirthshaus, und ClubLeben, war ihm zuwider geworden und in seiner trüb, seligen Junggesellenwohnung leistete ihm zur Z?it nur ein Laubfrosch Gesellschaft; er wagte aber leise Zweifel zu äußern, ob er denn jetzt gleich eine passende Partie finden würde. Und soll ich denn jetzt noch anfangen, jungen Damen den Hof zu machen? Meine Galanterie und Liebenswürdigkeit ist nicht groß.' Ja, das habe ich auch schon bemerkt,' entgegnete mit leisem Spott die alt Dame, auch dü fen Sie sich trotz Ihrer schönen Stellung nicht dem Wahne hin geben, daß Ihr AeußereS noch so ün jchenemerih für Damen ist, wie eS bei, spielsweise Ende ter zwanziger Jahre war, aber,' fügt si rasch bei, als der Professor sie groß ansah, ich glaube, ich kann doch Rath schassen: wissen Sie wa, ich will Ihnen ein Empfehlung schreiben an meinen Vetter mitgeben, besuchen Sie ihn noch in diesen Ferien und bringen Sie ia paar Wochen auf seinem Gute zu, er hat drei liebenswürdige Töchter, von denen jek auch eine Kleinigkeit mit, bekommt. Sehen Sie, ob es Ihnen ge, lingt, Eine davon zu gewinnen, eine bessere Gelegenheit können Sie nicht finden.' Es machte sich alle nach Wunsch, der Professor war noch eine stattliche Er scheinung und konnte auch unterhaltend sein, wenn er wollte. Er war auf da Empfehlungsschreiben hin eingeladen worden und fard die drei Töchter wirklich ganz seinen Erwartungen entsprechend. Sie waren hübsch und liebenswürdig, in ihrem Benehmen natürlich und durchaus nicht das, was man mit Land Pomeranzen' bezeichnet. Anfangs that ihm gerade die Wahl wehe, welcher erde Vorzug geben sollte, aber als Mann der Wissenschaft gedachte er sich nicht wie ein junger Springinsfeld umgarnen zu lassen, sondern mit Besonnenheit zu Werke zu gehen und zu beobachten. So heftete er seinen forschenden Blick bald auf diese, bald auf jen der drei Schwestern, um ihr wahres Wesen zu er gründen, aber eS ist nicht jedermann Sache, sich stets beobachten zu lassen, am wenigsten gefällt tm jungen lebenS luftigen Damen. So schwächte er bald den günstigen Eindruck, den er Anfangs gemacht hatte, wieder ab, die beiden jüngeren Schwestern machten sich augenscheinlich nicht mehr viel aus ihm, nur Antonie, bie Aeltest, blieb sich consequent. Er beschloß, die Sache bald zum Au, trage zu bringen, und wie er eines Tage in Gedanken dahin schritt, erblickte er plötzlich die beiden jüngeren Schwestern am Waldrand in nicht weiter Entfernung vor sich; die Eine sucht sich Beeren, die Andere pflückte wilde Rosen, mit denen sie sich schmückte. Unbemerkt ließ er beobachtend seine Augen auf dem liebli chen Bilde ruhen : Die Eine pflückt sich Beeren', sagte r zu sich selbst, die ist jedenfalls naschhaft. Die Andere ist aber ohne Zweifel putzsüchtig und vergeu det mit solchem Tande die Zeit. So sind leider die modernen Damen : Jetzt fehlte nur noch ein Blaustrumpf, der malte oder schriftftellerte. Mein Entschluß steht fest, ich werde Antonie gegenüber mich offen aussprechen, dann wird sie sagen ' Daß Sie ein kleinlicher Pedant sind, der besser ledig bleibt.' Der Blick de betroffenen Professors siel auf Antonie, die plötzlich zornsprühend vor ihm stand. Sie war hinter dem Gebüsch gesessen vor dem er sein Selbstgespräch gehalten hatte, klappte ihr Skizzenbuch zu und wandte ihm verächtlich den Rücken. Jäh war das Unglück über den ke, stürzten Professor hereingebrochen. DaS war vorbei sür immer, er fühlte eS wohl, so nahe am Ziele mußte er Schissbruch leiden l Bald darauf saß der BedauernSwertbe wieder mit seinem Laubfrosch allein und wird eS wohl auch bleiben.