Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, September 27, 1894, Image 9

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    8tu H;
'r j J5.
Die Mütze des Herrn Oberst
von illeifenfcls.
Mm lustige (t'lchichi von Alain Römer.
Man hätte ti ihr nicht zugettout, der
sauberen. Alten de Herrn Obeisttv von
Meisensell. El sah so gerade und ge
iffenhaft au, koketlirke nicht nach rech:
der link, wie ihre Schwestern bei den
Lteulevanl oder Fähnrich, und äugelt
auch nicht so verliebt, mi da der junge
Nachmuch zu thun pflegt, mit dem
Schirm. Und toch war sie von dem
Psad strammer Pflichterfüllung, der
allein einer königlich preußischen Dienst,
mutz geziemt, abgewichen und hatte
Monat lang neben ihrer Obliegenheit
all opfbekeckung ihre, flrengblickenden
Eigenthümer in ftraswürdige Neben
geschöst betrieben. Sie war Briefkasten,
Postbeutrl und uigabefch alter in wer
Person gewesen und hätt eigentlich da.
für ihre Amte enthoben werden müs.
sen. Gewinnsucht war ihr dabei aller
ding nicht vorzuwersen. Sie hatte
Alle gratis besorgt, und so waren ihr
mildernde Umstände nicht abzusprechen.
Vielleicht bekommt sie späterhin leben,
längliche KriegSmuseum. Vorläufig
i n.m.r.nxirkinkr Wette ncdi imDtenste
Aber in dt Militärgerichte hat man ja
nicht hinetnzureveni
Ihr Versührer war natürlich ein Hu,
sarenlieutenant. Er hieß Leonaid von
Borna und hatte die staalSwidrige Ein.
richtung benutzt, dem liebreizenden TZch
terlein de schrullig und bärbeißig ange.
legten Obersten da dunkelblond Köpf
chen ganz und gar zu verdrehen. Wie
in chter Husar hatt sich Borna da
prächtig Menschenkind im Sturm er.
nfi- nAhm er kick leiner unbeomina
lichtn Neigung zu ihr bewußt geworden
war. Der rste, bekanntlich wunder
w lNk. tf,,6 mär ibr. noch tdt sie recht
trtnnnt hnitt dS tt ti WLI. llk dkM
herzigen Ktrschenmund geflogen, und
dann hatt st ein paar axtnuicn in xcon
hard' Armen gelegen und Himmel und
Grht und Bava dabei vergessen. Plöd.
lich aber war ihr doch Nummero drei
wieder ingesallen und dazu feig stren.
ger Befehl sich bei Leibe nicht vor dem
zwanzigsten Jahre zu vkrlieben, da er
nftt rfnnntn und 011(5 klickt in der
Lag sei, in den nächsten zwei Jahren
schon wieder in iüietosouo auszuuauen.
hrt ffiifimflirn seien flui so alt und
noch älter gewesen. Und für Ausnahmen
sei er nicht!
Al ah flcfi Werten kommandiren lie
ßen wie grün Husaren! Wenn Aurelie
und Juliane Dt an v, , anjanzig- gr
nrtkt haittn. so waren daran doch nur
di beiden Assessoren schuld, die nun ihre
Schwager Yieszen. ton. orna an
Husar weniger langweilig gewesen war,
hurftt billiger Weile Niemanden wun.
drn, und si selbst hatt e ihm am
allerweniasien übel aenommen! Aber
heikel blieb die Geschichte darum doch.
nh inm Kturm mürbe ti sicher erst Ot
htn. Daker waren beide nach einaeben.
den Ueberlegungen zu dem nicht grad
unvernllnsltgen tKtiauai gekommen,
ikr fiiflUA KeKeimni unächst an
Niemanden auszutauschen und den Papa
Eisensresser bet ganN'ger Vkiegenoen zu
nnrrtiirinfln.
Da NUN an Rendezvous in dem kleinen
Ermöburg nur sehr teilen zu venren war
nh f!i 9beiK ttck auf Dofllacetr.be
Brief durchaus nicht einlassen wollte, so
war denn vdltch der schneivtge orna aus
fcn l,knken aekommen. Naoa'S Müde
mit in' Komplott zu ziehen und die
m i . , nrt rv f . 1. ! . i V
gegenseitigen Vrienein mvirr em
kimklölkder der Vkltibtoeraefsentn u
verbergen. So kam e, daß der alte
Oberst zum Postillon d'amour seiner
rinrntn Tn&ttt mutht und fast tälllikb.
Inen Sendboten in da Kasino und einen
and,n von dort wiener mm aus v.
t Srh.rf ....
Ab der Krug geht so lange zu Wasser,
bi, r bricht!
3W Rittmeist Waul von Kaukunaen
ging ine schönen Abend die Trepp vom
Kasino htnav, um sein lange angeoeier
kkrnn nA allkin III Abend soeisen tu
lassen, al ihn ein beengende? Gefühl in
semer Mutz veranlayie, v,e,e noqmai
abzunehmen und da Schweißleder glatt
zu streichen. Zaoei maazie er oie nr
kkckuna. bau kick binter demselben etwa
Weiße, befinde. Zunächst hielt er für
seine Visitenkarte, die er da wahrscheinlich
einmal hineingesteckt hatt. Aber da
Licht de Treppenleuchter ließ ihn einen
gefaserten Rand erkennen, den Visiten,
karten nicht zu haben pflegen. Nun
glaubte er ine Einlage, die der Kürschner
gemacht haben konnte, darin zu erkennen
und wollte si den als überflüssig ent
fernen und fortwerfen als er das
länglich Papier mit Bleistiftzügen be
deckt fand. Da macht ihn neugierig.
Er trat in paar Schritt näher an die
flackernde Gasflamme und laS:
Min süße Schähchknl
Herzlichen Dank für Dein liebe e
kritzel. Du glaubst, daß P. doch etwa
gemerkt hat. Ich nicht. Er begegnet
wir nach wie vor in der alten, freund,
ltchen Art, hat also sicher keine Ahnung
von unseren geheimen Beziehungen!
Wen er wüßte, daß r selbst unser
Litbekbote ist! Ich glaube, er würde
schrecklich wild! Manchmal habe ich
wahrhaftig Gewissensbisse. Aber auch
nur manchmal.
Abdio, Schatz ! Morgen früh reite ich
an Deinen Fenster vorüber, also auf,
gepaßt.
Mit innigem Gruß und Kuß
Dein Leonhard.-
Sein Händ zitterten, als er zu Ende
war. Er muhte sich an die Wand lehnen,
so mächtig hatte der Schlag ihn ge.
troffen! War denn das möglich, ihn
nach kaum sechsmonatlicher Ehe so zu
hintergehen? O dies Weiber! ....
Und nun packt ihn eine fürchterliche
Da
Jahrgang 15.
Wuth, und wie rasend stürmt er die
Treppe wieder hinaus, um den Schul
digen auf der Stelle zu züchlizen. Na,
türlich war das Borna, sein eigener
Cousin, der ihm da angethan hatt.
Denn ein anderer im Korp hieß ja nicht
Leonhard. Auch die Handschrift be
stättgt 8 ihm.
Wi r durch da Vorzimmer schritt,
in dem die Garderobe abgelegt wurde,
blitzte ihm der Gedanke durch den Kops:
Du mußt st Beide beieinander haben und
e ihnen tropfenweise beibringen, daß ihr
fluchwürdige Geheimniß verrathen ist.
S sollen gemartert werden, eye sie zur
Hölle fahren.
Dag fte Bei? nerven muyien, war
ihm so klar und selbstverständlich, wie
seinen Rekruten der Antritt auf dem lin
ken Fuße oder der Gabelsttz auf ihren
Gäulen....
Langsam trat er in da Ge ellschast
zimmer, wo er Borna als Zuschauer iner
Gkalpartt wußt.
.Du. Borna sagt r heiser, .ich
sollt Dich zum Thee mitbringen. Das
hatt ich vorbin ganz vtrgessea. Mein
Frau sagt, Du ließest L)tch ja gar nicht
mehr bei un sehen I'
.Sehr liebenswürdig l lächelteBorna.
.Aber bin ich Euch auch wirtlich ange,
nebm?
.Du Heuchler infamer l schrie eS in
des Rittmeisters Seele. .Aber warte
nur, Du sollst Dein Theil schon kriegen! '
Doch bezwäng er sich und antwortete
freundlich, als hätte er hier den Jago zu
spielen, wo ihm doch der Othello zustand:
.Welche Frage! Da weißt Du doch
selbst am Besten! Zier Dich nicht lang
und komm!"
Borna ließ sich überreden und ging
mit. Unterweg war der Rittmeister
höllisch einsilbig. Kaum, daß er ein
Ja oder Nein auf Borna'S Fragen er,
widerte.
.Da kann ja nett werdenl' dachte
der seufzend. Und eS wurde auch nett.
Eigenthümlich berührt fühlte r sich
schon, als seine schöne Cousin über sein
Mitkommen förmlich erschrak, waS Kau.
fungkn mit knirschender Genugthuung
konftatirte, da er S für in schlechter
hehlte Ahnung der kommenden Kata
strcvbe hielt.
.Wi hübsch, daß Du un einen Gast
mitbringst, Paul!- sagt ndlich dt
Hausfrau, deren Gesicht jedoch diese
Phrase noch immer ein klein wenig Lügen
strafte. .Nicht wahr, Cousin, Sie neh.
men doch fürlieb mit dem, was wir
haben? Ich bm nämlich, offen gestanden,
nicht auf ein reguläres vouper eingeriq
tet. Ein bischen kalte Küche....'
,O, ich bitt, keine Umstände, verehrte
Cousine sagt Borna verbindlich und
sah feinen Vetter dabei vorwurfsvoll an.
.Wenn ich gemußt hätt .... hm ... . ich
glaubt....
.Macht doch keine Redensarten!' un.
ter brach ihn der Hausherr. .Die Sache
wird schon gehen und Ihr sollt satt wer.
den. Dafür stehe ich Euch. Ich habe
nämlich nachher noch ein Ertragericht.
Und den letzten Satz begleitete er mit
einem beinahe beängstigenden Lachen.
Sonst hatte r nie Witze machen können.
Und in tiefer tragischen Situation gelang
ihm da schönste Wortspiel I
.Na. da bin ich neugierig!' sagte
Borna, während Frau von Kaufungen
besorgt den Kops schüttelte. Sollte Paul
im Kasino zuviel getrunken haben? DaS
märe doch entsetzlich!
Bei Tisch ging S äußerst schweigsam
zu. Der Rittmeister that nur so, als ob
er Sße. Sein Blick wanderten verfloh
ln von Einem zum Andern, di üb
ftn merkwürdiges Wesen beide tyrev
Gedanken nachhingen. Er hielt da für
die Befangenheit der Schuld.
.Na, Kinder, Ihr redet ja gar nicht!'
sagte er endlich.
.Du bist ebenso schweigsam!' ntgeg,
Nkte Borna.
.Und Du ißt gar nicht!' setzte di
Hausfrau hinzu.
.Doch, doch!' bkruhigt r sie in
wkvig spöttisch und nahm dann sein
Weinglas.
.Prosit, Borna! Prosit, Lucilie!'
sprach er si lächelnd an. .Wer weiß,
ob wir im Leben nochmal so gemüthlich
zusammen kommen!'
.Sehr gemüthlich!' dacht Borna und
stieß mit ihm an.
.Er ist sicher betrunken,' sagte sich die
junge Frau voll Wehmuth. Man
sieht'S an feinen Augen. Und Lucilie
hat er mich sonst auch nicht genannt!'
Ihr Blick traf fragend Borna, der in,
deß nicht wußte, ob sie wirklich auf die,
sem Wege Auskunft von ihm verlangte.
Er senkte den Blick und gewahrte dabei,
wie der Rittmeister ihn beobachtete.
Daraufhin stieg ihm das Blut in wenig
in den Kopf, wo den Rittmeister mit
einer Art von teuflischer Freude erfüllte.
.Sagt mal,' begann der darauf wie,
der. .Ihr seid doch Cousin und Cousine
geworden! Warum sagt ihr eigentlich
immer noch .Sie' zueinander?. .. . Ihr
müßt Brüderschaft trinken! Oder dutzt
Ihr Euch etwa schon?'
.Aber, Paul!' schmollte di junge
Frau.
.Ich weiß nicht, wie Du bist l' lächelte
5
Beilage zum Nebraska Staats-Anzelger.
Borna gezwungen. Ihm wurde nach
gerade unheimlich zu Muth. Aber
aufungen gab nicht nach. Sie mußten
ihre Gläser miteinander leeren.
und nun kommt das ver'proqene w
richt !' klärt der Rittmeister freundlich
und verließ da Zimmer. Er wollt
nämlich sein Pistolen holen.
.Ich glaube, Paul wird krank l" ve
mrkt verlegen Borna.
.Wenn r nur nicht " ai ver
schluckt rröthend da End de Satze
und murmelte: .Entsetzlich, entsetzlich !'
Dann vernahmen sie draußen ein paar
Stimmen, die den Rittmeister begrüßten.
Ein paar Augenblicke später sührle der
Hausherr den Oberst von ivtetsenfeis mit
seiner Tochter in den L?aton.
.Welche Ehre!' sagte gefaßt Frau von
Kaufungen und schob in paar FauteuilS
an den Ti ch. .Bitt, err vverfl
Kommen Si hierher, Fräulein Li,
betbl-
Der Rittmeister stand am Tisch und
trommelte unbewußt inen Marsch auf
dm Tischtuch. Di Bilden waren ihm
seiner Stimmung nach höchst ungelegen
gekommen.
.Mein lieber Rittmeister.' begann der
Alte. .Ich wollte Este uur benachrtchlt,
en. daß wir morgen früh um zehn mal
i Pfkrd Jhrr Eskadron nachsehen
wollen. Ich hatt das beim Axpill ver,
gellen und dann mtn t,
beth hat mich gleich darauf aufmerksam
gemacht, wi ich nach aus kam: wir
müssen wohl unser Mützen vertauscht
habenl'
.Was?.... So?.... Wahrhaftig?
entfuhr S dem Rittmeister.
Ja. wenigsten meine ist S nicht!
rklärt der Oberst. .Und Ihre Kart
ftkckt a auch drin!'
Zittrrnd griff Kauffungen nach der
Mütze, di der Alte ihm überreichte, nat
rend Borna inen ungeheuren Schreck be
kam, kreideweiß wurde und mit merk
würdiger Haft nach der Thür eilte, um
schnell dt ander Mutz zu untersuchen,
die er in des Rittmeisters Zimmer ver,
muthet. Angstvoll schaut ihm dt
Obersten Töchterlein nach. In ihrem
Herzen stieg ein Gebet empor um Ret
tung, so heiß, so innig. Aber e ar
leider schon zu spat I
Der Rittmeister hatte sich überzeugt.
daß der Oberst ihm irklich seine Mütze
gebracht hatte. Nun sprang er wie wild
in der Stube umher und lachte, aber toll
und glücklich, daß seiner Frau wi
in Erlösung vorkam, obwohl sie bis
dahin nicht einmal mußte, wa ihren
Paul gequält haben konnte. Der Oberst
machte in verdutzte Gesicht. LiSbe'.h
bebt.
.Verehrter Herr Oberst, Si wissen ja
gar nicht, ws für in Freud Sie mir
mit dieser Mütze gemacht haben, ' sagte
der Rittmeister endlich.
,Na, das tft'mir ja sehr angenehm zu
hören," entgegnete dieser, .obwohl. . .
.Ja, wissen können Si das nicht.
In Ihrer Mütze steckte nämlich in Brief
chen.'
.Herr Rittmeister!' rief Lisbeth ze
gend.
.Ach so!' murmelt kleinlaut Kaufun,
gen. .Ja, natürlich!'
.In meiner Mütz steckt ein Brief,
chen?' erkundigt sich rstauvt der Oberst.
In dm Augenblick erschien Borna auf
der Schwelle. Sein Hand hielt di
Mütze des RegtmentSchefS, di er ver,
geblich nach seinem Brieflein durchsucht
hatt. Er erkannte, wi schief die Ge.
schichte stand und beschloß rasch, allen
weiteren Enthüllungen zuvor zu kommen.
.Herr Oberst,' sagte er und richtete
sich stramm auf, .die Sache ist richtig.
Der war von mir!'
Kopfschüttelnd drehte sich der Oberst
nach ihm um.
.Was sollte denn ein Brief von Ihnen
in meiner Mütze?' fragte er Verständniß,
loS.
.Der Brief war an mich, Papa!' r.
tönt s nun von der anderen Seite.
.Kreuzhimmeldonnerwetterl' wetterte
der Alte und fuhr zu seiner Tochter
herum. .An Dich.... Ach, darum
wußtest Du gleich, daß das nicht meine
Mütze war! Und darum wolltest Du
durchaus selbst zu KaufungenS, sie um
zutauschen? Ei Du nichtsnutziges Wetter,
mädel Du!'
.Herr Oberst, ich liebe Ihre Tochter
LiSdelh innig und aufrichtig, und bitte,
trotz dieser merkwürdigen Situation für
eine solch Angelegenheit, noch heute um
Ihre Einwilligung!' klang fest Leonhard
von Borna'S Stimm wieder durch den
Raum.
.Und ich lege ein gutes Wort für ihn
ein, Herr Oberst!' schloß sich der Ritt,
meister ihm an. .Er ist wirklich in
guter Junge. Viel besser, al ich ge.
dacht habe!'
.O Du Bösewichtl' flüsterte seine
Frau ihm zu. .Wir reden nachher mit,
einander!' Laut aber sagte auch sie:
.Bitte, bitte. Herr Oberst!'
.Na, dann nehmt Euch meinetwegen,
Ihr unverschämtes Volk!' schrie der also
Bedrängte. .Im Uebrigen aber, mein
guter Herr Lieutenant: drei Tage Stu,
benarrest wegen Mißbrauchs einer könig,
lich preußischen Dienstmütze!'....
omtagsmst.
Der CunnelwZchter von pol
mengo.
Einer wahren Begebenheit nacherzählt von
Z. D b l h s f.
E war im August de Jahre 1883,
wenige Wochen nach der feierlichen Er
össnung der Gotthardvaan.
Der Morgen graute, aoer voq klone
kein ungewöhnlicher Ton den tiefen
Schlummer der Natur. Al ob da ge
waltige Räderwerk für wenig Stunden
sich zur Nuh begeben hätte, lagerte uver
den gelSmassen noch die ungestörte Maje,
ftät der allmählich schwindenden Sternen,
nacht, die bleiern Still deS Hochge,
birge. Ehrfurchtgebtetend. i grauen,
erweckend dünken solche Stellen dem vor,
übereilenden Beobachter, doch de vcachl
scheinen sie nicht feindlich. Da Ein
elne verschwimmt in den großen Massen,
die Gipfel scheinen niedriger, die Berge
scheinen weniger massiv, der Mensch sieht
nur da Nächste, waS ihn umgiebt.
Wie sinnend liegen die Felsen über
dem Thal de Tesstn; noch schlaftrunken
scheint die Welt, ehe da nahend Ge
ftirn si weckt. Reine, unentroeiht Luft
durchströmt die Falten des Gebirges, die
Wipfeln der Tannen bewegt leise der
Morgenwind, und nur der Tefstn, da
rastlose Wassr, stürzt Tag und Nacht in
wildem Jagen der Fläch zu, wi in
Flüchtiger, welcher den Schrecken der
Höhen enikilt, um im Frieden der Ebene
Lohn zu suchen für Mühsal unv ampse.
In der dem Tunnel von Polmengo zu,
Nächstliegenden Hütte ruhte der Wächter
Fröhlich war er spät in der Nacht von
der letzten Begehung der slreae zurück
gekehrt, hatte die Geliebte an' Herz ge.
drückt und bei einem Glase .Nostrano
nro' dn Schlaf gebannt. Erquickung
wären die wenigen Schlasftunden ge
wesen, aber sie hatten einander so Vieles
zu sagen. Da mußt noch von der Hoch
zeit gesprochen erden, die an jenem
Sonntag Nachmittag stattfand, ehe der
strenge Dienst begann, dann von den
Gästen und der Mahlzeit zu Faido und
von Mancherlei, da ste Alle täglich be,
sprachen, dem herrlichen Feflzuge bei der
Eröffnung der Bahn und den Erzöhlun
gen de die Trac tnsptjtrenden unker,
beamten.
Endlich war er eingeschlafen. Si
hatt fin Haupt auf ihr Brust gelegt,
fest entschlossen, ihm Ruh zu gönnen
und zu lauschen, bis st das ignal ver,
nehm.
Lang ließ das Zeichen auf sich warten
Da junge Weib freute sich, daß des
ManneS tiefe Athemzüge noch länger in
ihren dunklen Haarflechten spielten, die
halbaufgelöft auf den vollen Nacken
sielen. Sie gedacht der langen Bahn,
züze, welch täglich von und noch Italien
verkehrten: wie selten ein Blick aus den
Waggonfenftern falle. Die feinen Her.
ren und Damen schwebten ihr vor, welche.
wenn der dunkle Tunnel sie aufnahm, sich
zurücklehnten und im Gespräch tnne hiel,
ten; an die reizenden Kinder erinnerte sie
flch, die ihr gestern aus den Fenstern zu
gewinkt hatten, kleine englische .BalieS
in direkten .MatlSnderwazen' deS ZS.
richer Schnellzuges.
Plötzlich unterbrach das Glockensignal
ihre wach ame Träumerei.
Mi pare, Franzeskol lispelte sie
und glitt vom Lager.
Er schlief fest.
.FranzeSka! Die Glock!'
Ei rüttelte ihn am Arm.
Jetzt schlug r die Augen auf und
sprang vom rager.
,DaS Signal?' lallt r schläfrig.
.Rasch den Rock, Carina, di Koppe, die
Laterne!' Warum haft Du mich nicht
früher geweckt? Ich habe di Strecke
noch gar nicht begangen, ich habe meine
Pflicht versäumt I'
.Du haft gut geschlafen, Francesko;
ich habe Dich gar nicht wecken können,
Poveretto.'
.DaS darf nie wieder sein,' schrie?
heftig. Das rft Mal war'S, daß st
ihn bös sah. .Ein Stück will ich doch
abgehen. Hilf mir nur in den Rock! '
Ste zog ihm da Gewand bis zu den
Schultern, als er schon unter die Thür
trat. Er warf einen Blick auf das kleine
Stück des Firmamentes, da er von dort
sehen konnte! ES war hell genug, um
die matterleuchteten Ränder der noch in
liefen Schatten gehüllten massiven Stein,
wände zu erkennen. Es rauscht dort
oben wie im Erbrausen eines Sturmes.
Er wurde aufmerksam. Der Ton
wurde stärker. Jetzt sah r auch, daß
sich hell Punkt bewegten.
Ein Bergsturz! war sein erster Ge,
dank.
Er stieß die Thür mit dem Fuße zu,
während ste in Tuch um dt Schultern
warf, um ihm di angezündet Laterne
nachzutragen, noch ahnungslos.
In diesem Augenblick rdröhnt der
Fels wie von Dvnamit-Schüssen fo ge,
waltig. daß das klein HauS in seinen
Grundfesten erzittert.
.Santa Maria!' schri die Frau,
welch den öffnete. .WaS ist?'
Er taumelt zurück und faßte ihre
Hand.
.Felsen springen herunter,' rief r
No. 19.
entsetzt; .bleib! Dort! Siehst Du
dort?'
.Und Du gehst auf da, Geleise?'
.Ich muß! E ist ja vorbei. Jetzt
heißt e, rasch eingreifen! Der Zug
fährt untkn schon in. In vier Minuten
ist rr ba!'
Er eilte im Laufschritt und, al si
ihn erreichte, hatt er die kleineren Stücke
schon fast all fortgeschleudert. Nur in
großer Block war gerade vor dem Tun
nel'Eingange liegen geblieben, in die
Fahrbahn über da Geleise hineinragend
und bedrohte den Zug in gefährlicher
Weie.
Schon vernahm man au der Tiefe de
Schachte das dumpf Rollen der Räder,
das Aechzen der Maschine. Der Zug
nahte langsam. Immer deutlicher wurde
da regelmäßige Klappern der Mascht
nentheile.
.Nimm Du die in Seite, ich faß' ihn
um die Mitte. Eins, so nun stoß,
zwtil' dri! Weib,
Du bist schwach!'
Der Block rührte sich nicht.
Er wischte sich den Schmeiß mit dem
Aermel von der Stirne und stemmte sich
nochmals an. Aber die beste Kraft war
schon dahin. Ein tiefer Seufzer entrang
sich ihm.
.Signal! Halte-Signall' mahnte die
Frau mit aufgerissenem Augen au denen
Angst zu lesen war.
.Zu spät!' stöhnte er in iner An.
Wandlung von Muthlostgkett.
.E muß sein, FranceSko! Es muß
ein!'
Er sprang aus di andere Seil. Nach
einigen Sekunden hatt r einen großen
Stamm als bebaum unterlegt.
Di Hebekraft wirkte, der Block be.
wegte sich. Noch ein wtoß, Beide dar
auf.
HallshI Er wankt!
Nun war der Zug schon ganz nahe; in
einer halben Minute mußte er sichtbar
sein.
Wild aufbrüllend schwang sich Fran
ceSko auf den Block und macht Zeichen.
Er wurde nicht bemerkt im Stollen.
Wilder glitt er herunter. , Er umfaßte
mit dm letzten Aufgebot feiner Sehnen,
mit der Riesenkraft eines Verzweifelnden
den Block und rüttelte wie ein Feind im
Kampfe auf Leben und Tod. .Ich oder
Du!"
Jetzt leuchteten die glühenden Augen
des BamptroneS.
Da FelSftück wendet sich; All ar
gkwonnenl Noch ein Ruck, noch ein Stoß,
wie von einer Jauvermacoi oewegr, ver,
lor der Stein da Gleichgewicht und fiel
zur Seit, dcn Mann mit sich zu Boden
reißend. Zugleich donnerte der Zug an
dt Stelle.
Der furchtbare Schrei aus einer Kehle
wurde überhört. Da Weib ar zur
Seite gewrungen, getrennt von ihm durch
den Eisenleib der Lokomotive. Kaum
daß einer oder der andere der Insassen
den müden Blick erhob.
Während da ächzende Ungeheuer mit
seiner Last vorüberkeuchte, hielt eine
Mutter vielleicht ihr Kmd aus dem Arme,
la einer vielleicht den Brief feiner kran,
ken Mutter, zu welcher er eilt, zählt
tn dritter sein Geld.
Alle sind sie gerettet, dachte baß Weib.
Alle, die Mutter, da Kind, der Sohn,
der Geldzähler, die Schlafenden. So
lang war der Zug und endlos schien ihr
die Zeit, bi sie FranceSko wiedersehe
und glücklich sein durfte. Drüben stand
er, getrennt durch dte Geretteten.
Endlich war er vorbei, der Eisenwurm.
Den Stein muß man sprengen oder
Abetter holen, sagte sie flch bet dem letzten
Waggon und eilte hinüber. Allein kön
nen wir e nicht thun. .Nicht wahr
FranceSko?' rief sie.
Al sie ausblickte, ihren Franc cSko zu
sehen, war er verschwunden.
.Wo ist er? Hinter dem Stein?'
Sie suchte. Wo?
Auch dort nicht?
Aber Blutspuren sah sie hinter dem
Zuge zwischen dem Geleise.
Eine furchtbare Ahnung löhmte ihre
Glieder. Krampfhaft zuckte die Brust.
.Francesco! Mein FranceSco I ' kreischte
sie, ihrer selbst nicht mehr mächtig. Sie
blickte dem Znge nach.
Bi dorthin hatte ihn die unerbittliche
Maschin geschleppt.
Sie kniete hin, hob sein Haupt mit
den Händei, faßt den Arm, als wollte
sie ihn wecken. Er fiel leblo zurück.
Ihr war, als müßte die Welt in
Trümmer zerfallen. .FranceSco! Fran,
Scol'
Nochmals stieg Alles vor ihren Augen
auf, so klar, als geschehe eS noch. Wie
sie ihn weckte, wie er zürnte, daß er
die Strecke nicht mehr begehen konnt,
wi st ihn geholfen, den Rock anzuziehen,
die Laterne anzuzünden und er lebte
nicht mehr? Unmöglich! Wach auf!
Da folgte wie ein Blitz ein jäher
Schmerz dazwischen! Da liegt er todt,
und nun drehte sich Alle mit Ihr;
ste sah, daß sie die Schuld trug, denn
wäre er früher geweckt worden, hätte er
Zeit gehabt, den Zug anzuhalten. Nur
Liebe war e gewesen, daß sie ihn schla,
fen ließ, und diese Liebe hatte ihn getöd,
tet! Und, wi er fiel und sie zur
Seite oesvrungen und der Zug sie ge
trennt ohn Wiedersehen auf
ewig! Da liegt r todt aus ewigi
Ihr Wehklagen hall! von den Wände
wieder, ihr Thränen näßten die Gr,
nttwand.
Stundenlang kauerte si kort in ftum
mem Schmerze.
Die Züg rollten vorvei, ne ronme
den Kopf nicht heben.
Endlich würd st bemerrl. man
sendete Hülfe au der Station, in WI
gelchen, di Arbeiter.
Noch immer saß si neben der Leiche,
al mehrer Männer von der Draisine
abstiegen.
.Warum halt Ihr kein Anzeige ge,
macht von dem UoglückSsalll' herrscht
si der Ein an, ohn den Todtm zu
beobachten.
Ste schmieg.
.Ihr werdet vor Gericht gestellt er
den, weil Ihr keinen Ersatzmann begehrt
habt. Ein Glück, daß nicht geschehen
ist.'
.Schreiben Sie', sagte der Ander:
der Höhere, welcher si milder anblickt.
.Der Wachter vi . . . . oe vause o....
füllen Sie Namen und Nummer laut
List au; Wib, i ar , daß
r siel?'
,0 Herr,' stöhnt si, .den Stei
hat er weggestoßen, um den Zug zu ret
ten!' Sie schluchzte dabei laut auf.
.Zug wurde gerettet, schreiben Sie,
in Ausübung dr Pflicht gestorben,
von der Maschine de Zuge No....
faßt. Lebt wohl Frau! Räumet die
Hütte, enn der neue Bahnwärer ein
zieht, Und noch etwa seht er leis
hinzu: .Ihr erdet nicht angeklagt. Ihn
könnt frei ausgehen. Er war in bra
ver Mann!'
Leblos fiel da Weib übn di Leiche.
Sie legten den Todten und dt Ohn
mächtige auf die Draisine und di Arbei
ter schoben die Last langsam auf den
Schienen gegen Polmengo.
Hinterher schritten die Herren in
eifrigem Gespräche.
Kurz darauf la man in den Zeitun
gen die einfache Notiz, daß ein Bahn,
wörter bei Palmengo mit seinem Lebe
inen Zug vor dem Zusammenstoße mit
einem herabgestürzten Block gerettet
habe.
Da war Alles..., Kein Denkmal,
nicht einmal in schlicht Tafel erinnert
an die Heldenthat diese Märtyrers de
Weltenverkehrs, be
.Tunnelwächters bei Polmengo'.
Äurcht vor WSnse.
Die Furcht der Frauen vor Mäuse
Sehört zu dem ständigen Rüstzeug der
Litzblätter. Wenn wir aber erfahren,
daß die mächtigsten Säugethter dies
Furcht theilen, so werden wir vielleicht
ander über den Muth unserer Damen
urtheilen.
Eines Tages setzt man, um die Freund
schaft zwischen Löwe und MauS zu er,
proben, von der der Volksmund so viel
zu rzLhlkn iß, in MauS in den
Käfig ineS ausgewachsene nubischen
Löwen. Der Löwe bemerkt di Mau,
bevor st noch ganz durch die StSb ge,
schlüpft war, und machte sich sofort
hinterdrein. DaS Thierchen rannte, so
schnell seine Beinchen eS tragen wollten,
Über den Boden hin und quiekt vor
Angst. AIS S ungefähr zehn Fuß zu
rllckgelezt hatte, sprang dr Löw ihm
nach und berührt kurz vor ihm derr .
Boden. Di MauS kehrt um und der
Löwe setzt ihr wieder in einem Sprung
nach. Das wiederholt sich einigemal,
und nach jeder Wendung verkürzte sich
die von der MauS zurückgelegte Strecke.
Endlich blieb die MauS zitternd und
quiekend stehen. Der Löwe trat über sie
hin und betrachtete sie mit großem
Interesse, indem er den mächtigen Kopf
von einer Seite auf die andere drehte.
Plötzlich fuhr feine stark Prank nach
der MauS, aber so zart, daß sie unoer
letzt zwischen den Klauen eingeklemmt
wurde. Dann spielte der Löwe nach
Katzenart mit ihr, indem r jetzt di Tatze
aufhob und di MauS einige Zoll weit
laufen ließ, und sie dann wieder einsing.
Auf einmal änderte die MauS ihre Taktik
und, anstatt fortzulaufen, als der Löw
die Pranke wieder aufhob, blieb ste stehen
und sprang ihm dann direkt an den Kopf.
Der Löwe that entfetzt einen gewaltigen
Sprung nach rückwärts, so daß ex gegen
diezitternden Stäbe feine Gitter prallt
und der ganze Boden bebt. Dann riß
r den mächtigen Rachen auf und brüllt
und brüllte, während di klein Mau,
noch immer quiekend, entfloh. Von den
beiden hatt der Löw entschieden den
größeren Schreck bekommen. ES ist in
jeder Menagerie bekannt, daß in Elkfant
vor einer Mau heftiger rschrickt. al
vor einer Lokomotive. Wenn solch' in
Thierchen in seinem Käsig erscheint, so
zittert der Riese am ganzen Leibe, schwingt
den Rüssel durch die Luft und trompetet
in vouem Vnketzen. und eS dauert
Stunden, bis er sich wieder beruhigt.
Erfahrene Wärter behaupten, r fürcbt.
daß di Mau ihm im Rüssel in di Höh
lUr.
wirksame vrohung.
Kaufmann du einem läftioert ?Rtifn.
den): .Ich gebe Ihnen jetzt noch fünf
cmi 4 ... i t . a " . '
Kimmen jeii,coa8 omtoir zu verlassen.
Denken Sie daran, daß ich früher selbst
Hausknecht war!'
Zu viel verlangt.
.Oho, Sie entschuldigen sich nicht
'mal., haben Sie denn nicbt aeseb.n
daß Sie mich auf die Hühneraugen ge.
ttitl UVCll
Kann ich denn durch Ihren Stiesel
sehen, ob Sie Hühneraugen haben?'
Di Turnkrschaft Deutschlands
zählt heute 5023 Vereine mit 490.455
Mitgliedern. '
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