Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 09, 1894, Image 9

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    Der erste Lindruck.
dem Leben von ?. von gttanj.
Mich bat et kaum jemal getäuscht,
so weit ich auch zurückdenke. Und n
wird wich auch diesmal nicht täuschen!'
.Und ich, mein verehrt Freund, ich
mißtraue ihm, wie nicht Anderem
dirs .ersten Eindruck', der im
Grunde nur eine Regung thierischen
Instinkte, ist.'
Zugegeben, lieber StaatSanwalt,
ollkommen zugegeben: ein Regung del
thierischen Jnftinklel. der damit wäre
durchaus nicht gegen ihn bewiesen.
Denn unsere ganze bürgerlich Moral
baut ftch aus diesen ursprünglichsten Em
xstndungen der Menschennalur aus. . . .
.Doktor unierbrach heiter der
Staatlanmalt, .nur kein Theorien I
Glauben Sie mir: der eiste Eindruck
kann, durch tausend unwesentliche Zu
fSlligkeilen beeirftußt, verschoben. ge
fälscht werden. Ich spreche wirklich au
Erfahrung. Lassen Sie sich erzählen.
wie i mir vor gar nicht langer Zeit in
mal mit einem .ersten Eindruck' ergan.
gen ist.'
.Im amtlichen Verkehr?'
.In meiner Eigenschaft al S!aa',
Anwalt; kurze Zeit bevor ich hierher ver
setzt wurde. '
.Naturlich. Verehrtest:, ich bin ganz
Ohr. Nicht kann mich meyr tn
leres sinn.'
Und er rückte näher, eine frische Ci
garre anzündend. Der Staatlanwalt
blickte noch einmal hinüber aus die im
'bendlichte rlthlich strahlende, spiegel,
glatte Sk'fllche, über welche hinweg eine
zierlich Yacht glitt, deren Insassen, ein
ktkaanik aruiaie luraf waar, cn
Anstoß zu diesem Gespräch gegeben hat
ten.
.Als ohne Einleitung. ' begann er.
.Eine Tage fuhr der Kreikxhvstku,
den man eine Stunde zuvor in da nahe
Schloß Palzon, berufen hatte, mit seinem
Wagen direkt bei mir vor. Die Gräfin
Palzow sei soeben von einer aller Wahr
schetnlichkett nach tovttlchenKuget gelros
sen worden, wahrend sie tm chtoßgar
ten promenirte. Merkwürdigerweise sei
der Graf so war dem herbeigerufenen
Arzt berichtet worden m fast demsel
ben Augenblicke dicht bei der Unglück
statte aufgetaucht. Beim Anblick seiner
zu Tode verwundeten Gattin war er ohn
mächtig zu ammengevroazen. ,va mml,
schen auch ein metter ant eingetronen,
glaubte mein Phvnru nicht Wichtige.
re zu thun zu haben, al mich zu ver
ständige.'
.Nun, Graf und Gräfin Palzow
waren seit vierzehn Tagen von der och
zeitöretse zurück ein glänzend fltutrte,
allem Anscheine nach beneidenSwerth
glückliche Paar. Wenn man da wußte,
konnte der erste Eindruck, den ich von der
trockenen Meldung de Phystku empfing,
nur der fein: Entweder ein Meuchelmord
vielleicht ein Akt der Rache oder
ein Unglücksfall! Natürlich ließ ich sofort
den Gerichtischreioer kommen uno veor
dert den Wagen zur Fahrt nach Palzow.
Eben traten wir Drei denn der Dok,
tor sollte un begleiten zum Hause
hinaii, da taumelte der Graf Palzow
au dem Jagdmagen, der ihn hergebracht
hatte. Mit einem Wink beorderte er den
Kutscher, nicht auf ihn zu warten.'
.Nehmen Sie mich in Haft, Herr
StaatSanwalt', stammelte er noch auf
der Straße, .ich habe vor einer Stunde
mein Frau erfchoslen.'
.Sie wissen, Doktor, ich war schon
sei Iunalma mehr, al ich in x. am
Mt; ich hatte schon mein gut Theil Er
fflahrung intus. Vor diesem bleichen,
schlotternren scanne aver, ver micy aus
irren Auaen anstierte, gleichsam als
sollte ich selbst nur gleich Wiederoergel,
tun an ihm üben, kurzer Hand da
Todekurtheil an ihm oollstreken, vor die
sem Manne, der eine solche That offenbar
nur im Wahnsinn begangen haben konnte
und der nun doch mreder soweit Herr sei,
ner selbst war, sich ohne wettere dem
Gesetze zu stellen, da schmieg mein aner,
lernter Witz. Der fogenanrte Instinkt
tarn zu Worte: der .erste Eindruck
drängte sich vor: ein Unglücksfall, ein sehr
veklagenSwerther, sagte ich mir.
.Ich nahm ein BerhSr auf und sah
meine Auffassung bestätigt. Der Graf
ar, von einem Pirschgange im angren
zenden Walde kommend, durch eine Sei,
tenpfort in den Schloßpark eingetreten
und hatte, al ein vorsichtiger Watdmann,
sein Gewehr entladen wollen, bevor er
da Schloß betrat. Erschoß in eine dichte
Hecke, hinter der er um diese Zeit unmög
lich Jemanden vermuth ' konnte. Der
gräßliche Aufschrei seiner getroffenen
Gattin zeigte ihm, wa er entsetzliche
angerichtet. Da war Alle klipp und
klar e leuchtete mir ein, der ich den
Grafen al einen überaus liebenSmerthen,
feinsinnigen, gutherzigen Mann kannte,
der ich genau wußte, wie man ihn ver
ehrte, wie er um fein junge Eheglück
von aller Welt beneidet wurde e
leuchtete mir, wie gesagt, unbedingt ein.
Natürlich durft ich trotzdem viht ver
kV absäumen. Ich ließ den Grafen ab
führen, nicht ohne ihn dem Aufseher zu
sdrgsamfter Beachtung dringlichst anzu,
mpsehlen. Zenn zeven Augenvua
konnte, mußte ihm der Gedankt kommen,
diesem Leben ein Ende zu machen.'
.Wir fuhren nach Palzom und hier
wurde Punkt für Punkt bekräftigt, wa
ich sofort erkannt und wa der bedauern
werthe Mörder seiner Gattin auegesagt
hatte. Zwar die Gräfin athmete noch,
aber beide Aerzte waren darüber einig,
daß hier nur ein Wunder helfen könnte.
War sonach von der Hauptbeth, iligten
nicht zu erfahren, so stimmten dafür die
Aussagen de ganzen Schloßpersonal
haarscharf mit den mir bereit bekannten
Thatumfländen Sberein. Freilich, der
Graf war kein paffisnirter Jäger, aber
vn
Jahrgang 15.
er pflegt doch ab und zu einmal inen
chuß aus Raubzeug zu thun.
Ha jenem Morgen war er in den Wald
gegangen, nur von feinem Hunde beglei
let. nachdem er zuvor, wie immer, ge
meinsam mit seiner Frau da Frühstück
eingenommen, auch noch den Besuch eine
besreundeten GutSnachbar empfangen
hatte. Wa die Gräfin betraf, so war
sie seit einigen Tagen leidend genesen
wie da i bei einer jungen grau vor,
kommt. Mit prägnantester Klarheit ver
sicherte Jedermann im Schlosse, daß die
gnädige Frau den Schloßpark um diese
Stunde noch niemal betreten hatte und
daß sie am allerwnigstn jemal zuvor
in dem dicht verwachsenen, nur ganz sei
ten noch von Jemandem durchschritten
Laubengange gesehen worden war. E
konnte sie als auch Niemand, zu aller
letzt ihr vom Hause abwesender Gemahl,
gerade an jener Stelle vermuthen. Nicht
einmal eine fahrlässige Tödtung oder
KSrxerlehung lag vor einfach ein in
jeder Hinsicht sehr bedauerlicher, schwerer
Unfall. Die Sache war für mich abge
schloffen. Eben schickten wir un an
der Gericht schreibe? und ich, denn der
Doktor war noch um die mit dem Tode
Ringende beschäftigt , abzufahren, da
sah ich unter ben noch tn vollster Aus
regung durcheinander wirbelnden Leuten
de Schlöffe ein Geficht, da mir für
den Moment neu war ich hatte den
Mann noch nicht vernommen.'
.Wa sind Sie?' fragte ich ihn.
.Der Reitknecht de Herrn Grafen.'
.Und wa wissen Sie von der Ge
schichte?'
.Ich? Ich weiß gar nicht! Ich war
a nicht hier l'
.Waren Sie im Dienste de Grafen
ort?'
.Versteht sich. Der gnädige Herr
hatte mich ja tn die Stadt geschickt
au ' Gericht.'
.Ich wurde aufmerksam. Wa hatte
der Graf so Dringliche bei Gericht zu
tbun. da er eiaen einen berittenen
Boten dahin entsandte? Und, denken
Sie, der einsaitige Bursche rzählt mir,
er habe ein große, versiegeltes Schreiben
in die Stadt gebracht und dem Testament
richtn übergeben.'
.Haben Sie eine Ahnung, wa dieser
Brie enthielt?' fragte ich.
,Ei, da weiß ich ganz genau, e stand
la deutlich von de Herrn Grasen Hand,
schrift auf dem Umschlag: .Hierin die
letztmilligen Verfügung de Grafen
Konrad von Palzow ....
.Ich war de Tode verwundert. Wie
kam der kaum fünfunddreißigiährige.
blühende, in sorglosester Lage lebende
Mann dazu, sein Testament zumachen?
Und wenige Stunden danach erliegt seine
schöne, junge Frau einem von feiner Hand
abgegebenen Schusse?'
.Nun der .erste Eindruck' schwand.
Blitzschnell und felsenfest stand in mir die
Annahme von einem inneren Zusammen
hange der beiden, mir nunmehr bekannten
Thatsachen. Ich schritt zu einer Durch
suchung der Papiere de Grafen. Hier
war ohne Zweifel so plötzlich, so ganz
unter dem Einflüsse de Augenblicke ge
handelt worden, daß unmöglich alle Spu
cen jener Dinge beseitigt fein konnten,
welche da Ungeheuerliche herbeigeführt
hatten. Und wirklich, tn der zwar ver.
schließbaren, aber offenen Schreibmappe
de Grasen fand ich ein Schriftstück, da
mir ein grelle Licht auf die dunklen
Vorgänge der letzten Stunden zu werfen
schien.'
.Da lag in Briefchen, von dem man
sich im ersten Augenblick nicht gleich zu
erklären vermochte, wie e dahin gelangt.
Ein Billet von der Hand der Gräfin
Palzom, in einem an eine Baronin Kcr
fting adresfirten Couvert, welche offen
bar durch die Post der Adressatin zuge
stellt und dann erst dem Grafen über
bracht worden war. Diese Vermuthung
war die richtige, denn der Besuch, den
der Graf am Morgen empfangen hatte,
war Niemand Ander gewesen, al
Baron Kerfting.'
.Und wa enthielt der Brief?'
.Nur wenige Zeilen. Natürlich weiß
ich sie nicht mehr wörtlich wiederzugeben.
Aber sie besagten, daß sich die anscheinend
in ihrem jungen Eheglück schwelgende
Gräfin tief elend fühlte.'
.Wundere Dich über nicht, meine
theure Margit,' schrieb sie, .diese Ehe
wird mein Tod sein.'
.Da war also da Räthsel gelöst.
Man hatte dem Grafen diesen Brief
überbracht. Vielleicht, um ihn zu war
nen, wa weiß ich? Und er hatte die
Sache sehr tragisch genommen, hatte be
schlössen, die Undankbare, die ihm wohl
gar treulos erschien, zu tödten und sich
dazu! Deshalb das Testament. Wie
so viele Verbrecher, war er auf halbem
Wege stehen geblieben, d. h. der Muth,
sich selbst zu tödten, war ihm vergangen. '
.Und der Fall hat mit mit einer
Verurtheilunq des Grafen feinen Ab
schluß gefunden?'
.Leider, nein,' versetzte der Staats
anmalt, ,e war eben ein Geschwore
nemGericht, welches den Mann frei
sprach !'
.Sie aber Sie halten ihn für
schuldig?'
Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger.
.Mehr al je ganz Im Gegensatz zu
jenem .ersten Eindruck'.'
.0, Sie müssen mir von der Ver
Handlung selbst noch etwa erzählen.
Wie vertheidigte sich der Gras? Und
vor Allem ist seine Frau gestorben?'
.Der Reihe nach.' dämpfte der
StaatSanwalt den beinahe leidenschaft
lichen WiffenSeifer feine Freunde.
.Die Gräfin lebt; neben anderen Wun
dern hat sich in diesem Fall auch da
Wunder eingestellt, an da kein Arzt
glauben wollte. Da Geschoß hat
zwar einen der Lungenflügel durch
bohrt, e konnte aber entfernt werden,
ohne wgjtereu Schaden anzurichten. Und
die Lange nun, sie heilte wieder....
Wa aber den Grasen betrifft, so hielt
er e offenbar unter seiner Würde, sich
zu vertheidigen. Er habe dem,
wa er in der Voruntersuchung
ausgesagt, nicht ein Wort hinzu
zufügen. Sei da, rvaS er dort frei
willig zugestanden, ein Mord, fo habe
eine höhere Macht den Mord gewollt.
Er ermarte fein Urtheil. Baron Kersting
bezeugte, dem Grasen am Morgen der
That den oerhängnißvollen Brief gebracht
zu Haien. Der Graf sei zmar tief er
schlittert gewesen, auf inen bevorstehen
den ZorneSauSbmch habe aber nicht da
leiseste Zeichen hingedeutet. Im Uebri
gen halte er und darin stimmten wie
derum alle Aussagen überein den
Grafen einer solchen That für unfähig.
Und ich hatte trotzdem gewonnene Spiel!
Denn sür meine, für die allein richtige
Auffassung der Sache sprach die Borge
schichte der gräflichen Ehe, die ich natür
lich mit allen ihren Einzelheiten ergrün
det hatte. Da Opfer der That de
Grafen war ich erstaunte selbst, al ich
e erfuhr nicht freivillig seine Gattin
geworden. Sie trug eine Jugendneigung
im Herzen, ine leidenschaftliche Liebe zu
einem inzwischen außer Lande gegange
nen jungen Theologen. Zwingende Rück
sichten auf ihre Familie, besonder auf
jüngere Geschwister, mochten die Aermste
bewogen haben, nachzugeben. Jener
Brief aber, den sie in verzweifelter Stirn
murig an ihre Freundin gerichtet, war
der sicherst Beweis dafür, daß sie ihre
Kräfte überschätzt, daß sie in dieser Ehe
sterbensunglücklich war. Und noch ein
Letztes bestätigte mir die Richtigkeit mei
ner Anschauung: dreimal mährend der
kurzen Untersuchungshaft hatte der Graf
versucht, seinem Leben ein Ende zu
machen. Die wüthendfte Reue zehrte an
ihm er war der Thäter, der Mör
der....'
.Und dennoch entkam er der Gerechtig'
seit. Die Beweisaufnahme sollte eben
geschlossen werden, als noch im letzten
Augenblick dem Angeschuldigten ein Ret,
ter erstand. Da meldete sich au dem
Zuschauerraum ein sonnverbrannter,
offenbar früh ergrauter Mann, der schon
iu seiner Kleidung den Geistlichen ver,
rteth: ein Missionär au Oftafrika. Er
bäte, al Zeuge vorgenommen zu wer,
den. Wenn er bisher geschwiegen, sei eS
geschehen, weil er noch immer schwankte,
ob ein schlimmer AuSgang des Prozesses
den Grafen nicht vielleicht weniger
schmerzlich treffen würde, wie daö, was
er zu sagen habe. Sie errathen, Dok
tor. es war jener Mann, den die Gräfin
einst geliebt. Er hatte sich in sein
Schicksal ergeben, aber er glaubte, seine
ehemalige Verlobte sei, wie er, unoer
wählt geblieben. Eine schwer Er
krankung hatte ihn gezwungen, nach
Deutschland zurückzukehren, und er kün
digte der Jugendgeliebten seine Ankunft
an. Obwohl dieser Brief ihren Mäd
chennamen trug, gelangte er in ihren
Besitz, und nun scheint tn der jungen
Frau Alle hervorgebrochen zu sein, was
sie Jahrelangin sich verschlossen gehalten
hatte. Deshalb auch schrieb sie ihrer
Freundin, deshalb auch kam sie der
flehentlichen Bitte ihres Jugendfreundes,
sie noch einmal sehen zu dürfen, entgegen.
Und al der Missionar suchend durch den
Park schritt, wo sie ihm begegnen wollte,
sah er einen Mann daherkommen, dessen
ganze Haltung zeigte, daß er der Herr
auf diesem Boden sei. Vollkommen acht
lo, in tiefe, anscheinend ernste Gedanken
versunken, ließ jener Mann der
Graf daS Gewehr von der Schulter
gleiten und feuerte, völlig blindlings, die
Waffe nur mit einer Hand fassend, in'
Blaue, vielmehr in die dichte Hecke, hin,
ter der er Niemanden ahnen konnte. So
beschwor der Missionar. Und die Ge
fchworenen ließen sich fangen, sprachen
den Grafen frei! Sie sielen eben auch
dem .ersten Eindruck' anheim, der mich
so sehr irre geleitet hatte und der doch ge,
wiß viemal falscher gewesen fein kann,
al in diesem Falle.'
Der Philosoph schmieg eine lange
Weile. Gegen eine so festgewurzelte
Vormeinung mit Worten anzukämpfen,
erschien ihm zwecklos. Und dennoch, der
Fall beschäftigte nicht nur ferne Neugier.
Er war so zu sagen mit seiner Forscher,
seel daran betheiligt.
.Hat denn Niemand daran gedacht,
festzustellen, was jenes Testament des
Grafen enthielt?' fragte er schließlich.
.Doch, der Vertheidiger aab sich die
erdenklichste Mühe, die amtliche Oeff
nung zu erzwingen. Eine solche aber
wäre nach dem Gesetze nur dann möglich
gewesen, wenn man den Grafen hätie
für verrückt erklären wollen. Und der
Gras selbst xrotestirte lebhaft gegen die
BloßlegMg feiner letztwilligen Ver
sügung.'
.Merkwürdig, sehr merkwürdig! Aber
offenbar nicht de Nähere zu ergrün
den.' Und plötzlich abbrechend meinte
der Doktor: .Kehren wir au dem Ge
richtSsaal in da friedliche Leben zurück,
verehrter Freund l Wer war da Paar,
da da über den See glitt und das mit
un in dem gleichen Hotel wohnt?'
.Graf und Gräfin Palzow.'
.Da dachte ich wohl! Nun Sie
sollen Weiteres bald hören!'
Doktor Härtung war nicht nur For
scher, sondern auch ein Weltmann. Nur
in den Fabriksromanen sind alle Gelehr,
ten stocksteife Pedanten. Drei Tage nach
der vorstehend wiedergegebeven Unter
Haltung war er mit dem Grafen bekannt,
eine Woche später lud ihn das junge
Paar ein, sich ihnen anzuschließen für die
weiter Reis durch die Schweiz. Und
kaum sechs Wochen danach faßen der
StaatSanaalt und der Prtvatdozent wie
der beisammen, diesmal in der vertrau
ten Weinkneipe, in der sie nun schon
Jahre lang verkehrten.
.Wissen Sie, wein Lieber, wie der
einzige Paragraph evel Testament lau
tet, da der Graf Palzom hinterlegt
hatte?'
.Ja di Gräfin hat mich da Ori,
ginalschriflstück lesen lassen. E enthielt
nur wenige Worte: Ich ernenne meine
Gattin zur untoersalerbin, uberlane e
ihr meine Dienerschaft zu bedenken, und
sterbe mit dem Wunsche, e möge meiner
Wittwe möglich werden, sich mit Jenem
zu vereinigen, den sie meinetwegen ver
lassen mußte.' .
,DaS haben Sie selbst gelesen?'
fragte der StaatSanwalt ganz betroffen.
.ES ar der letzte Eindruck, den ich
von der Sache empfing, und er stimmt
genau überein mit jenem echt mensch
lichen ersten Eindruck, dem auch Sie sich
nicht zu entziehen vermochten, eben weil
aus ihm die Natur, das reine Menschen
thum sprach.'
Schweigend drückte der StaatSanwalt
dem Anwalt deS Guten in unserer Brust
die Hand.
vereitelte Rache.
Erzählung auS der Zeit der französischen We
volution. Bon L. P.
An der meerumspülten Küste der Nor
mandte, unweit der Stadt Cherbourg,
lebt um das Jahr 1730 auf dem
Stammschlosse seine Geschlecht der Vi
comte von Grenelle mit seiner Nichte,
Heloife, dem einzigen Kinde feiner ver
ftorbenen Schwester.
Eine Tage hatte er mit der Kleinen
einen Spaztergang nach seinem Lieblings
aufenthalt, dem Meeresgeflade, unter
nommen und befand sich bereits auf dem
Rückwege, der ihn durch das zu feinen
Gütern gehörende Dorf führte, als sie
in einem Garten das laute Jammern
eine KindeS vernahmen, unterbrochen
von heftigen Schlägen und rohen
Schimpfworten. Bei näherem Hinzutre
ten sahen sie, wie ein großer Knabe von
abstoßenden GesichtZzügen auf einem
kleineren und viel schwächeren kniete und
denselben arg mißhandelte, mit gemeinen
Ausdrücken ihn des Diebftahls bezich
tigend. Vergeblich suchte dieser seinen
Peiniger abzuschütteln, vergeblich be,
theuer er seine Unschuld: ohn darauf
zu hören, fuhr der andere, in welchem
der VIcomte den Sohn eine seiner Päch
ter, JacqueS Dupont, erkannte, in seinen
Mihbandlungen fort. Empört über die
fen Mißbrauch der Uebermacht, gebot der
Schloßherr JacqueS, von seinem Gegner
abzulassen; indeß trotzig verweigerte die
ser den Gehorsam, wagte e sogar, seinen
Herrn wegen der Einmischung zu
schmähen. Da übermannte den Herrn
von Grenelle doch der Zorn, er züchtigte
den unverschämten Burschen empfindlich
und verschaffte fo seinem Willen Gel
tung. Einen Augenblick schien eS, als
ob Jacques sich auf ihn stürzen wollte,
jedoch ln der Erkenntniß, daß er den
Kürzeren ziehen würde, mandte er sich
wuthentftellten Antlitze ab.
Mehr als ein Jahrzehnt war seitdem
vergangen. Immer höher gingen die
Wogen der Revolution. Der V'comte
von Grenelle? trat mit den Edelleuten
der Normandte und der angrenzenden
Bretagne, Provinzen, deren Bevölkerung
stet treu zum Herrscherhause gestanden
hatte, in Verbindung, und allmählich
bildete sich ein Bund, welcher die Be.
freiung de König? und Wiederherstellung
seiner Macht zum Ziel halt. Zu dir.
sem Zweck sammelt man bedeutende
Geldmittel, kauft insgeheim große Was.
fenoorräthe an, übte die Mannschaften
in den Waffen, kurz bereitete alles vor,
um plötzlich und unvermuthet hervor,
zubrechen. Aber auch für den Fall de
Mißlingen traf man Fürsorge: Mit
dem Kapitän weg englischen Schiffe
hatte man vereinbart, daß derselbe mit
seinem Schifft in der Nähe der Küste
No. 12.
kreuzen sollt, um tm Fallt der Gefahr
die Mitglieder de Bunde an Bord zu
nehmen; da Gestade konnte man unie
merkt erreichen, indem man einen gehet
men unterirdischen Gang benutzte, der
vom Schlosse zum Meere führte.
Al Vermittler und Unterhändler bei
allen vielen Vorbereitungen hatte Ikacaue
Dupont gedient, der einst, wie wir un
erinnern, für seine Rohhert und Unver
schämlheit von dem Vicomte gezüchtigt
war. Er hatt später in Pari da
Loceum besuch! und war dann Advokat in
Eherbourg, der Hauptstadt seiner Hei
math, geworden.
Eine Nachmittag waren die Ver
fchworenen wiederum bei dem Herrn von
Grenelle? versammelt, um die Avkunst
Dupont' zu erwarten, der, wie schon
öfter, nach Part beyusS Erkundigung
der dortigen Verhältnisse gesandt war.
Ehe derselbe jedoch nach feinem Eintreffen
Bericht erstattet, ließ er, zum Erstaunen
aller nmesenven, Heloife, die inzwischen
zur blühenden Jungfrau herangewachsen
war und sich nie ron der Meinung hatte
abbringen lassen, daß Dupont ein Ver,
rather sei, um eine Unterredung bitten.
welche ihm von dieser auch sofort gemährt
wurde.
Nur kurze Zeit hat diese Zwiesprache
gedauert, als ver Avookat mit ulhoer
zerrten GeftchtSzllgen da schloß verließ,
Heloise aber ihrer Kammerzofe, die ihrer
Herrin ganze Vertrauen besaß, den
Auftrag gab, alle Vorkehrungen zu
schleunigster Flucht zu treffen. Alsdann
eilte sie zu den versammelten Edelleuten
und theilt ihnen hastig mit, daß sie ver
rathen und in höchster Gefahr seien.
Mit hämischer Schadenfreude habe Du
pont ihr eingestanden, daß er von Aufang
an Verrath geübt habe, und dann hinzu
gefügt, daß eS nur einen Weg zur Ret,
tung gäbe er wolle die Verschworenen
sicher in' Ausland entkommen lassen
als Lohn dafür begehre er aber die Hand
von Heloise. Von Abscheu über seine
niedrige Gesinnung erfüllt, habe sie ihn
schroff zurückgewiesen.
Natürlich rief diese Erzählung die
größte Bestürzung unter den Versammel,
ten hervor. Im ersten Augenblick waren
alle rathlo und gaben sich bereit ver,
loren; erst allmählig kehrte die Beson
nenheit zurück. Dann aber erkannt man
einmüthtg die Ansicht der Nichte de
Vicomte, daß allein in schleuniger Flucht
einige Aussicht auf Rettung liege, al
richtig an und beschloß, noch in derselben
Nacht nach dem befreundeten England zu
fliehen.
Dem forteilenden Dupont war unter,
dessen der treue Jäger deS Vicomte,
Charles, zur Stadt gefolgt. Er traf
eine Viertelstunde nach ihm in der Stadt
ein. Hier begegnete er großen Menschen
massen, die in höchster Aufregung nach
dem Marktplätze hinströmten, woselbst
eine berittene Truppenadtheilung Auf
ftellung genommen hatte. Neugierig
drängte er sich an die Gaffenden heran
und fragte, was denn der Auszug zu be
deuten habe. Und da erfuhr er denn,
daß der Bürger Dupont eine Jagd auf
Aristokraten, welche die Republik ver
rathen hätten, unternehmen werde. Alle
märe so sorgsam vorgesehen, daß ein
Entrinnen derselben völlig unmöglich se,
denn nicht nur vom Landheer würden sie
umstellt werden, sondern auch zur See
werde man ihnen die Flucht abschneiden.
Von Entsetzen übermannt stand Charles
einen Moment vernichtet da, bann durch
zuckte ihn, einem Blitze gleich, ein Ge
danke, dessen Verwirklichung vielleicht
dennoch Rettung brachte. Sofort stürmte
er nach dem Hafen, bestieg eine der da
liegenden Fischerboote und trieb eS mit
heftigen Ruderschlägen in die offene See
hinaus.
Pünktlich zur verabredeten Stunde
kamen die Verschworenen in einem
Thurmzimmer deS Schlosses zusammen,
um, geführt von dem Vicomte ihre
Flucht durch den unterirdischen Gang
anzutreten.
Nur ein kurzer Zeitraum war verflos,
sen, als Dupont an der Spitze seiner
Reiterei erschien. Kundigen Blickes er,
kannte er sogleich, daß das Nest leer sei.
Einen Theil seiner Mannschaften ließ er
absitzen und den Entflohenen durch den
ihm wohlbekannten Gang folgen, mit
den übrigen ritt er nach der Küste und
vertheilte sie in weitem Kreise ringS um
die Anhöhe, an deren Fuß die Ver
schmorenen von dem englischen Boote aus
genommen werden sollten.
Ahnungslos stiegen die Fliehenden aus
dem geheimen Gang an da Tageslicht
und begaben sich schnell nach dem Hügel.
Langsam vergingen einige qualvolle
Minuten, al endlich vor ihnen eine
Schaluppe au dem Dunkel auftauchte.
Vorsichtig näherten sich die Verschwöre
nen, mit lauter Stimme fragte der
Vicomte nach der Parole und ,E lebe
Frankreich !' tönte ihm entgegen. Er
leichtert athmeten die armen Flüchtlinge
auf nun waren sie gerettet Knir
schend fuhr da Schiff auf den Sand,
und frohen Herzen stiegen sie hinein.
Freilich erregte e ihre Verwunderung,
daß sie von inander getrennt wurden,
indem man ihnen besondere Plötze an
wie, aber ehe sie ihr Erstaunen darüber
äußern konnten, stieß da Fahrzeug vom
Lande und fuhr hinan in et See
Ja demselben Augenblick warfen sich
zahlreiche Männer auf die Vereinzelten,
die in ihrer Ueberraschurg gar keinen
Widerstand zu leisten versuchten, evt
waffneten und fesselten sie. Und nun
erkannten alle mit furchtbarer Deutlich
keit, daß sie in in Fall gerathen seien,
au der e kein Entkommen mehr gab.
Da stiege plötzlich einig Raketen in
die Luft und erhellten sür kurz Zeit die
Umgebung. Drohend lag in einiger
Entfernung ein große Schiff, und zu
gleich schössen mehrn stark bemannte
Boot heran. Ein rauh Stimm ge
bot der Schaluppe, zu halten ud ihn
Gefangenen unversehrt auszuliefern, und
um der Aufforderung mehr Nachdruck zu
Jeden, donnerte vom Schiffe her ein
Kanonenschuß über die See. Unter die
sen Umständen sah der Befehlshaber der
Franzosen di Nutzlosigkeit jeden Wider
ftandeS ein; widerwillig löst man den
Verschworenen die Bannde, froh, so leich
ten Kaufe davon zu komme. Bald
darauf waren die Edelleute sicher an
Bord de englischen Schifft und damit
8 rettet. Hier erfuhren st auch, em
ihr Rettung verkankten. Der treue
Charle hatte trotz der Dunkelheit den
englischen Capitain noch rechtzeitig er
reicht ihn, der von der Gefahr seiner
Schützlinge keine Ahnung hatte, zu
schleunigster Hilfeleistung veranlaßt. Sa
waren die Verschworenen noch tm letzten
Augenblick den Händen ihrer Feinde ent
rissen und Dupont mußte die inst au
gestoßene Drohung, Rache zu nehmen an
dem Vicomte von Grenelle, unerfüllt
tn .
?ie Schauspieler i ßhia
stehen etma in dem Ansehen, wie iu
Europa die Scharfrichter. Man wohnt
ihren Vorstellungen bei, persönlich aber
werden sie al anrüchig betrachtet und be
handelt. Auch die Behörden sehen di
Schauspieler al Leute an, die vollständig
außerhalb de Gesetze stehen. Nach
den Lehren deS Confuciu nämlich ist
da Theater al ein auf Verkehrtheit und
Lüge beruhendes Institut anzusehen.
Dieser Geringschätzung de Theater,
fetten de Confuciu ist e zuzufchrei
ben, daß die Schauspieler und Theater in
China ganz der Willkür der Behörden
preisgegeben sind. Versäumt e ein
Theaterunternehmn auf seinen Rund
reisen, einem Ortsvorsteher feinen Be
such zu machen und ihn durch Geschenk
günstig zu stimmen, so wird ihm die Vor
ftellung einfach untersagt. .Ständige
Theater gibt e in China in sehr geringer
Anzahl. Die meisten bestehen aus um
herziehenden Truppen, die sich vorüber
gehend ihre Kunstftälte selbst einrichten.
Bezahlt werden die Schauspieler nach
dem Range dessen, den sie darstellen!
Vchauspieier, welche Kaiser. König und
dergleichen darstellen, erhalten 400 bis
500 Mark monatlich. Die Darsteller
bürgerlicher Personen und die Schau
spielerinnen als Darstellerinnen meid
licher Rollen erhalten oft nur 1 Mark
pro Vorstellung. Die Vorstellungen
dauern gewöhnlich sechs bis acht Stun
den, während welcher oft ein ganze
uyeno coauipiele ausgeführt werden.
Die Ausstattung der Bühne ist mehr al
einfach, Coulissen und Vorhänge kennt
man nicht. Dagegen wird auf die
Kostüme großer Werth gelegt. Diesel
ben erfordern den größten Aufwand.
Wenn der Künstler auf die Bühne tritt,
so nennt er zunächst seinen Namen, dann
spricht er von seinen früheren Leistungen
und von seinem Verhältniß zu den ande
ren Schauspielern. Die Stücke, die auf.
geführt werden, sind oft unsittlichen In
Haltes und insofern kann man Confuciu
sein strenges Urtheil über da Theater,
wie es in China ist. schließlich verzeihen.
Schonet die Spinnen !
Dieses Verlangen werden die .fri
trauen gemiß ganz entrüstet zurückweisen,
trotzdem es feststeht, daß e keinen
besseren Mottenvertilger gibt, al die
Spinnen. Daß letztere ferner Fliegen
und andere lästige Stubengenossen vertil
gen, dürfte bekannt fein. In den Gär
ten und Wäldern sollen die Spinnen noch
weit mebr Unaetieker vnfilnm ni m.
Vögel. Die Spinnen verrichten die mich
tigfte Arbeit für die Erhaltung der WM
der, und zmar dadurch, daß sie die größ.
ten ffeinde der Blattläuse nk nnw...
den Bäumen schädlicher Insekten sind.
jr. euer vai Experiment angeftkllt
und zmar die Eingemeid dr Spinnen
untersucht. Svinnrn in der (Besann,.
schuft gefüttert ?c. und dabei konftatirt,
vag vi pinnen nützlicher ftno al all
insektenfressenden Vöael mlammm 3
den Versuchen dienten 1nk,i,,n
Apfelbäumen, Tannen, Kiefern, Buche
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ßi Deutscher hat die Zliymaschi er.
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der ersten Nähmaschine velflossen. Der
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Kufgein in Tirol gebürtige Schneider
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konftruirte, da alle Arbeiten der Näherei
mit einer die menschliche Handarbit bei
weitem übertreffenden Schnelligkeit und
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ertheilte dem Manne ein ausschließliche
Privilegium. Aufang, nähte und schlang
die Maschine nur in gerader Linie, im
Jahre 1317 machte er sie aber auch für
krumme Linien fähig. MaderSperger
theilte da Loo fast aller Erfinder feiner
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findung, sondern eS blieb den Ameri.
kanern vorbehalten, daraus Nutzen zu
ziehen und sich als Erfinder breit u
machen.
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