Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 09, 1894, Image 1

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Lincoln, Stcb., Donnerstag, i. 'August 1894.
(Unabhängiges Organ für den Staat Ncbraska.)
Jahrgang 15. Jo. 12.
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Politische Älochen-NundschllU.
Äaibiiial Gras Ledochomski.
der Pväffft der Kongregation der Pro
qndfidei. ist am Samstag, rtn 18.
Juli, in ilupxa in der Schweiz gestor
ben. Uhl dem Kardinal Ledochomski
ist sine der stolzesten Säulen der saiholi
icden N irckk dabin aefunken und sin Leben
' wkch'clooUkN Schicksals geendet. Ledo
chowSi, war der ypu ves iriyen
surften. Abs!a,,rnd aus rinem der
delslcn polnischen AZclSgeschlcchtrr or
nofj er zuerst eine national polllische Er
zikhung, doch ging er bald nach Rom, wo
er in den Jejuiteuorden eintrat und sich
bald durch GlaubenSener. durch Fleiß
upd seine Kenntnisse so auszeichnete, baß
ihn der Papst als Telegaten ach
Südamerika sendeie.
Von, Präsidenten von Golurnbia, Ge
neral Mosqucra, feiner jesuitischen An
schaumigen wegen genöthigt, daS Land
zu verlassen, kehrte er nach Rom zurück,
wo er zum 5rzbijchof piiitibus unfe
bald daraus zum Nuiitiu in Brüssel
ernannt wurde.
Hier enlsallete er eine solche politische
Klugheit und wusile er so geschickt seine
Nationalität hinler e'ner neutralen Aus
sassung eine universellen Katholizismus
zu verbergen, daß die preußische Regie
rung unter Biömarck ihn im Jahre W6
als Erzbischos von Posen und Gncsen
anklkannle und damals glaubte, in ihm
sür die Provinz Posen einen Kirche
surften gewonnen zu haben, der wohl
energisch sür die Interessen dc kalholi
schen Glaubens eintreten und wirken,
der aber ach ihrer Asicht nie sich dazu
der polnischen Propaganda bedienen
würde. I der Thal schien Erzbisch's
LcdochowSkl die Erinnerungen der Re
gierung erfüllen' zu M'icx. Die Freude
der preußiichen Regierung dauerte aber
nicht lange, it in eS zeiqle sich bald, daß
nn eielle der volniieben Propaganda die
römische in viel höherem Maße getreten
war.
Nach dem Konzil, als sich Ende 187
hie tvntine 5etrumsvartei bildete, reiste
Erzbischof Ledochowski nach Versailles,
um die preußische Regierung zu bewegen,
sür die Wiederherstellung des Kirche,,'
staates einzutüten, was ihm aber nicht
gelang.
In dem nun täglich schärfer werdenden
Kuliurkampse glaubte l'edoehoroSki die
polnische Propaganda nicht entbehren zu
können und begünstigte er nun mit echt
jesuitischer Biegsamkeit diese. Er wurde
von der Regierung aus Grund der neuen
ulturkampsGesetze ,n Aiiklagczustand
versetzt, nachdem itjin daS Staatsgchalt
entzogen, seines Amtes entsetzt und zu 2
Jahren Gefängniß verurlheilt, die er in
Ostiowo abbüßte
(9r wurde ocb während seiner Gesan
genschaft vom Papste zum Kardinal
ernannt und ging naz, , einer wnuayiing
aus dem Gesäagniß nach Rom, wo er
unermüdlich thätig war, sowohl Pius
IX , als auch den jetzigen Papst in der
päpstlichen Unterstützung der deutschen
tlentiu-nap.uui zu bestärken. Erst als
Bismarck leinen Frieden mit der Kirche
'machte.trat er, zumal Leo Xlll. in diesem
Sinne wirkte, so versöhnlich auf. daß er
bei der letzten Än,vesenheit deö deutschen
ttniiiM in 3fiini a Diesem den S cd, Har
zen Adler Orden erhielt. Reben vielen
Feinden halle er sehr viele Freunde, so
daß er jedenfalls, wenn er länger gelebt
hätte, Kandidat für die Tiara gewesen
, wäre, Mieczyglaw Gras Halka Ledo
chowskl war am 2. Oktober 1822 in
Gorki bei SanSornir geboren, hat somit
, ein Alter von beinahe 72 Jahren erreicht.
Berlin. Die Me: des 8.4. Geburts
tages hat der älteste und ruhmreichste
Betcran in den Reihen deö preußische,.
.Offtziercoips gefeiert, der letzte aus dem
Kreise der Paladine, die unter Wilhelm
I. und Mollke in 1800 und 1870 71
Deutschland's Schlachten geschlagen und
die deutschen Heere von Sieg zu Sieg
, geführt haben, General Fetdmarschall
. Leonhard Graf v. Älumenthal, General
Inspekteur der dritten Armce-Jnspcktion
in Berlin, welche das 7., 8. und I I.
preußische, sowie das 1. (würtlembür
zische) Ar,eeCorps umsaßt. Seit dem
Jahre 1827 gehört der greise Jubilar
, dem preuszischen rnziercorps an.
.Düvuel.Alien. Köniaaräb. Weißeubura.
Wörlh, Sedan, Paris u. s. w. sind die
. glänzendsten Blatter in der Ruhmes
neidiidiie des Mannas, dem .unser rtntV
s. Z. neidlos das Hauptverdienst ul die
.unter des Kronprinzen Führung errun
,geen Siege der zweiten Armee im
l.euticb österreichischen und der dritten
Armee im deutsch slainöstichen Kriege
erfochtenen Siege zxcrkannt, und den er
alsbald iracy seiner yronoeteigung ourcy
die Ernennung zum iAcneralfeldutarschall
,usgezeichel hat.
Lnem. Am Donuerstaa. den 2. Au
. ausk beaann vor den Aistjen der Proien
deö Mörders des Pränsenten Carnot,
Santo (i.a)euo. sen,e lleveriuyrung
aus dem Gesängnisie von St. Paul nach
.dein EerichtSsaal sand ohne irgend wel-
chen Zwischensall alt. Brouillac, wel
werden ''isrnv kübrt. ist jener Rickler.
welcher durch seine Mißbilligung der
-Gesetzvorlage zur unteroruaung anar
, chistlscher Verbrechen, welche kürzlich von
der Deputiitenkaumer angenommen
wurde, viele Bemerkungen über sich er-
gehen laen mußte.
Ter Justizpalast war aus das Sorg
.fälligste gegen irgend welche anarchisti
?d,e Ausickreitunaeii bewackt. Die P
lizei war durch ein ganzes Bataillon
Infanterie verstärkt worden, und die
Rachbarschast des Gecichlsgebäudcs bot
in Folge k essen mehr den Anblick eineZ
Mililärlaqers dar. In allen Straßen
Zugängen befanden ch Wachtposten, und
daö GebZude s Ibit war non einer dep-
petien Truppe,iieite kingcchlonen.
Auch a den Eingängen des Gebäudes
befanden sich Truppenabthilungen, und
der Wage nl den, iHrsangenen war, ali
er im Galopp vom Gefängnisse von 21.
Paul nach dem Gerichiszebäude fuhr.
von einer Abtheilung Uaosklerie umringt.
Eme flaike Abtheilung Polizei in d
vilkleidung hatte den Bejchl erhalten,
sich als Zuhörer einzunden, sodafz ieder,
gewöhnlich dem Publikum zur'öerfüzung
stehende Sy, on diesen eingenommen
werden sollte. Im letzten Augenblick
aber wurde das Programm abgeändert,
unsalS die Thüie geöffnet wurden,
gestaltete mn der wartenden Menge ein:
zutreten, und in wenigen Minuten war
der terichissaal bis aus den letzten Platz
gefüllt. Äußer achtzig, befbnders auS
gemahlten eitungsleuien. wulde Nie
mand in die Rahe de Richters zugelaf
fen, und die Berichterstatter stehen, im
Einklang nt dem Antl.Anarchisteugc
setze, unter scharfer Controlle. Die Be
richte derselben werden von dem vor
sitzenden Richter der Censur un?ermorscn,
und die Berichterstatter dürfen iyre Be
richte nur ach den ihnen gegebei.en An
Weisungen anfertigen.
ES wurden keine langen Rede gkl)al
ten, und der Siaatsanmalt Hai seine
Reöe auf 40 Minuten zu beschränken.
Tie Regierung hat achluiidzwanzig Zeu
gen vorttehm',! lsse, welche 'änimlliche
Personen einschließen, die mit Easerio
nuf einer Reise von Eelte nach Lyon
gesprochen haben.
Der Gesaiigene äußerte während sei
ner Haft in dem Gefängniß von st. Paul
nur darüber sein Bedauern, daß er sich
nach der That flüchtete. Er selbst halt
das Bei brechen sür gerechtfertigt, und
selbst sür eine großartige Thal, und
wünschte nur so schnell als möglich pro
zessirt zu werden.
Die Gerichtssitzung wurde um 9 Uhr
15 Minuten eröffnet, und sobald der
Richter seinen Sitz eingenommen hatte,
befahl er den Gensdarmcn, den Gesan
genen vorzuführen. Dieser, an jeder
Seite von einem Gensdarmen angefefselt,
und zwei Kensdarmeil als Bewachung
hinler ihm, sah einigermaßen ängstlich
ans. als er in den Saal geführt winde.
Sobald er den sür ihn bestimmten
Platz eingenommen hatte, wurde mit der
Perlesung der langen Anklageschrift be
gönnen. Nach der Borlesung wurden
di; Namen von 30 Zeugen aufgerufen u.
der Richter Brouillac begann mit dem
Verhör des Angeklagten. Auf die Be
mcrkug des Richters, daß es von Wich,
tigkcit sei, zu wissen, ob der Angeklagte
iur seine Handlung verantwortlich zu
machen sei, erwiderte dieser auf das leb
hafteste: ,Ja wohl, ich bin für meine
Handlungen verantwortlich; ich bin nie
malS krank gewesen. Ferner sagte er,
daß Niemand von seiner Familie geistcs
krank gewesen sei."
Der Richter machte sodann auf len
Umstand aufmerksam, daß Caserio als
iinabe bei kirchlichen Umzügen in seiner
HeimathSstadt Mokka Blsconti mitgc
wirkt h,ibc. Als tt'ind nämlich war der
Knabe von auffallender Schönheit und
bis vor zwei Jahren, wo er den Krallen
des Anarchismus anheimsiel, war er ct
schieden religiös vaanlagt gewesen. Die
aufreizenden Schriften der Anarchisten
brachten eine solche Umwälzung in Ea
seria's Seele hervor, d,,ß die Behörden
auf seine aesährlichsn Aeußerungen auf
meekfam gemacht und seine Angehörigen
davon i Kenntnis; gesetzt wurden.
In Erwiderung auf die Frage des
Richters betreffs seiner Kindheit und sei
er Theilnahme an kirchlichen Umzügen
antwortete der Angeklagte spöttisch:
Kinder wissen nicht, was sie thun.
Richter Brouillac oeihörte darauf den
Angeklagten ausführlich über seine Ber
bindung mit dem Anarchismus. Wäh;
rend dieses Verhörs sagte der Präsident
des Gerichtshofes: .Ihre Angehörigen
habe versucht, Sie von diesen schreckli
chen Lehren abzubringen."
.Ich liebe meine Mutter," erwiderte
der Angesagte, allein icd kann mich
weder ihren noch meiner Familie Vorur
theilen fügen. Es gibt eine größere
Familie und das ist die gesaminte
Menschheit. "
Rchdeiü das Zeugenoerhör beendet
war, forderte der Siaalsprokuralor in
seinem Plaidoyer die J'irn auf,ohne Zö
gern ihre Pflicht zu thun.
Nachdem Herr Dubreuil, der Verthei
diger, sür den Angeklagten gesprochen
hatte, zog die Jury sich zurück es war
inzwilchi Mittag geworben und nach
15 Minuten kehrte sie zurück und kün
digte a, daß sie den Angeklagten schul
big finde ohne mildernde Umstände.
r Geiichtspräsid.'nt sprach darauf
das Todesurtheil aus, das Caserio mit
dem Ruf: Es lebe die soziale Revolu
ticn 1 " begrüßte. Der Gefangene wurde
sofort von Gcrichtsdienern gepackt und
schleunigst ach seiner Zelle zurückgeführt.
Beim Berlasien des' Gerichtssaales rief
er: .Muth, Kameraden! Es lebe die
Anarchie!" Ungeachtet seiner trotzigen
Haltung, wich das stereotype Lächeln des
Gefangenen, als das Todesurtheil vec
kündet muide.
Der Vertheidiger meldete die Nichtig
kcitsbeschwerde an und forderte Aufnah
me der von dem Richler bei Eröffnung
der Verhandlungen gehaltenen Ansprache
an die Jury lu daS Protokoll. Die
Vertheidigung hatte drei Punkte geltend
zu machen gesucht. Erstens, daß , der
Familie des Angeklagte Fälle oo:, Irr
sinn vorgekommen; zweitens, die anar
chistische Umgebung des Angeklagten;
drittens, die Unmöglichkeit, seine religiö
sen Antecedentien mit einem vorbedachten
Mord in Einkla'ig zu bringen. Die
Veröffentlichung eines Theiles der von
dem Vertheidiger gehaltenen Rede wurde
vom Richter krast der von dein neue r
Anli Anarchisten Gesetz ertheilten Befug
niß untersagt.
Tokio. Der amtliche Bericht des
eo.iiiiiau.iienden javanesischen General
Cshirna über das jüngste Gefecht, wel.
! cheS mit der Niederlage der Chinesen
endete, lautet:
.Nach fünfstündigem sebweren Kam
pfe, der am i'.K Juli um :i Uhr Morgens
begann, haben wir einen entscheidenden
Sieg gewonüen. Tic feindlichen Schan
zen bei Ehenhon murden genommen und
von 2i) chinesischen Soldaten sind
500 todt der verwundet. Unser Ver
lust beträgt Osfziere und 70 Mann.
Der Feind ftoh nach ?hong Chow, ver
muthlich, um sich auf den bei Gunsan
liegenden koreanischen Booten einju
schisse. Wir eroberten viele Fahnen,
vier Geschütze, zahlreiche Gewehre und
eine bedeutende Menge Munition. Wir
occupiren das feindliche Hauptquartier.
St. Paul. Minn. Der Konvent der
katholischen Temperenzler wurde im St.
Paul Auditorium durch den Präsidenten.
B'schos Cotler. eröffnet. Erzbischof
Jreland celibrirle in der Kathedrale ein
Pontisikalamt, dem die Detegaken. ineh.
rere Hundert a Zahl, beiwohnten. Der
Erzdijchos hielt eine lange Predigt, in
welcher er das Erscheinen der Delegaten
als ein Argument zu Gunsten der Tem
percnzbemegung willkommen hieß; er
meinte, alle Katholiken sollten nicht nur
gemäßigt sein, sondeinsich jegliche gci
stizen Getränkes enthalten; er ermähnte
die Entscheidung des Erzb schoss Iatolli,
wonach Wirthe nicht zu kirchlichen Ber
einen zugelassen werden sollten und er
klärte sich damit einverstanden. Die
Kirche habe sich jetzt entschieden aus Sei
ten der Temp r Nisache gestillt und eö
stehe deren Mitgliedern nunmehr zu, ihre
Pflicht zu thu.
Änmerk. d. Red. Wenn Eizbischos
Jreland behauptet, die katholische K irche
habe sich entschieden aus Seilrn der
Temperenzler gestellt, so weiß der Herr
recht wohl, daß er eine Lüge feinen Zu
Hörern in's Antlitz geschleudert. Wenn
Erzbischof Satolli, was wir sehr bedau
ern, sich durch Herrn Jreland beeinfluf
sen ließ, so het s mit der Wassermucke
relinder Kirche doch noch gute Wege
Jedensalls würde der Vertreter des
Papstes sich thäten, in Frank eich,
Oesterreich oder Deutschland eine solche
Entscheidung zu erlassen. Im Uebrigen
weiß jebrr Katholik, daß weder Satolli
noch Jreland befugt sind, gänzliche Ent
hallsamkeit von den KirchenmitgliedeiN
zu verlange. Mäßigkeit ist sie s
empsehlen u. sollte ein sclbstständiger gut
erzogener Mann selber wissen, was er
zu thun hat. In politischen Fragen und
zu dieser hat sich die Prohibitionssrage
in Amerika entwickelt, ist der Kaihzlik
vollständig unabhängig. Ehristu; Hai
Wasser in Wein verwandelt und trinkt
Herr J.eland jeden Morgen Wein, irä
rend die katholischen Arbeiter Wasser
t ins eil solle. Wo bleibt hier die Logik
und der gesunde Menschenverstand?
Wie alle Fanatiker, schüttet der Wüh
l.'r von St. Paul das Kind mit dem
Bade aS. Das Spirituosen Geschäft
und der Spirituosen-Genuß haben ihre
Schattenseiten. Es mag sein, daß viele
Liitc, namentlich Landsleute Jreland?,
sich jenes Genusses ganz enthalte soll
ten, weil sie darin nicht Meß zu halten
wissen, aber dies geht Diejenigen nichts
an, welche letzteres wissen Unlee den
Spiritiiosenhandleru giebt es anstößige
und anständige Mensche, wie uner al
ln Klassen, und sie als Klasse ächten zu
wollen, ist jedensalls nicht sehr christlich.
Im Uebrigen wird der Spirituosenge
brauch, der vollberechtigt und für dut
Mäßigen wohlthätig und angenehm ist'
nicht ?u untertracken sein, auch wenn sich
alle Erzbischöse und die ganze Klerisei
aus den Kopf stellen, und es wird trotz
deren Bannstrahlen stets Spiritussen
Händler und Spirituoscntrinier geben,
wahrsch inlich auch katholische. Wenn
die katholische Kirche durchaus keine sol
che Händler cdcr schließlich keine Perso
nen, die Bier oder Wein genießen, unter
sich dulden will, so mag d'es viele Leule
veranlassen, der Kirche den Rücken zu
kehren, aber die Gelegenheiten zum Tun
ken werden darum nicht seltener werden.
Durch eine so rücksichtslose Verfolgung
mild kein Measch zur Mäßigkeit zu be
kehren sein. ES ist die Pflicht der Kir
che, mit Liebe auf die Besserung von
Menschen und Zuständen einzuwirken,
nicht Haß und Zwietracht zu predigen
und die Menschen durch grausame Ber
folgung und Aechtung umkrempeln zu
wollen.
Der Erzbischof von St. Paul ist eben
der fanatische Pfaffe, wie er im Buche
steht und fordert nur den Widerstand
gegen die Reform heraus. Wenn wir
ihm den nicht besonders hübsch klingen
den Titel geben, so geschieht dies nur,
weil der ,, hohe" Herr sich durch seine
vieljährige Wühlereien und der unehr
lichen Miitel, die er sich zur Erreichung
seines Zieles nicht selten bedient hat,
aus das Prädikat ,, Geistlicher" keinen
Anspruch zu erheben berechtigt sein
dürfte. Herr Jreland mag is mit sei
nen Vorgesetzten abmachen, was er für
Schaden anrichtet. Jene stehen sonst
nicht im Geruch der Dummheit, wenn
sich aber der Papst und sein Legat wirk
lich von diesem Typus der Intoleranz
in'S Schlepptau nehmen lassen, wird dies
der katholischen Kirche in den Ber. Staa
ten recht schlecht bekommen. Im Allge
meinen wird es a den Verhältnissen
nicht das Geringste ändern
in Satz für ven Haushält.
D. W. Füller onn Canajobirie. R I,.
saa'. dab er st Is Tr. K,n,s R?m Tlkeav'
ero im fwuf: vorrafiia balle und immer
gunstige R.'sultale beim Gebrauch dessel'
den erzielt ohne d eles Heiliiilitel sein
möch'e. & . Totem. Äootkeker.
Hat Ii!I. ?!. satt, fai Tr. L ng'S R-m
ri'cooery u,, xf ifeltaft das bcite
mittel g q'N fui'ten urd Erkal u-ig fei;
daß er eS fiit 8 I idr? in fe nec Firmlie
fi'ni'6' und nienni feine Wir'ung, b e eS
tjibt-nfotl, v'rteh!! l;ä!t Warum soll
ma ei Hsilmittet, welche? sich so oft b
traW dai, nicht ve luchen. Versuchsfla
ichen tr-i bei I. H. Sarlcu. Apolh ke-. l
Geölnlich,! P.-eis. 3u lurti und $1. 3
Äus dem Ariroua ttiZer."
Ein Pf erdercdakleur gk
sucht, ll.n'ele veier v.uax niifchulci'
gen, nenn diese Wocl,e die iidiie
Spalte .Pfadenachridit en" fehlt, indeß
obgleich dictzulande die Pferde ki'.:e
große Rolle spielen, so fdicir.t es doch
mit den Pfeideredallemcn schliinni au--zusehe.
Ter .vvrr, welcher uns tcuic
Woche verließ, ist im Laufe eines Vnli
res der Dritte, der kam und ging. Er
war uns Milwaukec. At er sich uii'5
vorstellte und wir die üblichen Fragen
an ihn richtete, versicherte cr uns
feierlich, daß cr Kourage im Leib habe
und für alle Anfälligkeiten sattelfest
sei. ?cr Pfrrderedalt'eur des vicfci"
hat ein veiteo Feld und ist nicht aus
uf- und Hornvieh beseliräntt, sondern
kann sich, wie es die Eingebung bringt,
auch über Erdrutsche, Geu'itterstürinc,
Klapperschlangen, Städte Bllhins und
dergleichen verbleiten. Es wird auch
von ihm erwartet, daß er neue Abo
tienten genünnt. die Mehrzahl der
Beiträge eintreibt nnd bei gewissen
persönlichen Gesuchen bei gewissen
Individuen al unser Benreler ixuv
girt. Letzten Freitag nun, als wir ct
rade in Geschäften nach Lone Zack lei
ten wollten, sandte uns Cbcifi Zim
Tittilorvon NfdüiTcl )iuiili eine turze
Notiz, in welcher er den ,,!icker' cb
bestellte und uns anrieth, zltnl Henker
zu gehen. Der Oberst thut das alle drei
Monate, und wir reiten dann lnnano,
schießen ihn aus feiner Fnchohohle her
aus und bringen ihn wieder zur Ber
nunst. Wir gaben dem Pferderednkieiir
die nöthigen Verhaltungouiaßrege.'!
nnd machten uns ans unseren Weg in
der sicheren Erwartung, daß er seine
Ausgabe in znsriedenfielleiider Weise
lösen würde.
Als wir zurückkamen, war unser
Mann noch nicht da, und wir mußttn
Nach Red Ereek hiniibeirciten nnd den
Oberst einen, halben Tag lang bonibar
diren, bis er heraukai und uns die
näheren Umstände mittheilte, Biel
war eS nicht. Er halte sich in seiner
Höhle verbarikadirt. in der Erwartung,
daß wir persönlich kommen würden,
ober sobald der Pferderedakleur sich ge
zeigt hatte, war der Cberst herausge
treten, aus ihn loogegaugen und hatte
ihn mit vier oder fünf Schüssen in eine
Schlucht getrieben. Unser Mann halte
zwei Revolver bei sich und lim Reserve
Patronen, hatte sich aber nicht einmal
aufgehalten, um eines der Zchießeisen
zu ziehen, sondern war in wiloer Flucht
nach der Schlucht geeilt, sei: Pferd am
Eingange derselben im Stich lassend.
Der Oberst behauptet, er hätte ihn mit
jedem Schuß treffen können, habe es
aber Angesichts der Angst des Fliehen
den bei einigen Schrectschiisfen bewen
den lassen.
Solche Borkoiniiinisie beelenden uns.
Der Gedmile, daß der Pserderedatteur
eines großen Fainilienblattes wie der
Kicker" sich in's Gebüsch zu Wurzel -Nahrung
und Batimastdnsein treiben
läßt, oht'.c. einen einzigen Schuß zur
Wahrung seines ehrlichen Namens abzu
geben, trifft uns bis in's tief innerste
Herz hinein. Wir verlangen nicht, daß
jemand von unserem zttedaktionoftab,
der oder ?m die Woelie verdient,
umhergehe und den Einwohnern dieses
Territoriums bei der kleinsten Provo
kation Löcher in die Kleider schieße,
aber in einem Falle wie dein vorgele
genen sollte er sich bewußt sein, daß
die Ehre auf dem Spiele steht nicht
allein seine eigene, sondern auch die
unsere.
Zurück kommt cr natürlich nicht.
Sogar die zwei Scchslänfcr, mit denen
wir ihn ausgestattet haben, wird er mit
sich fort tragen. Hätte unser Ackerbau
rcdaktcur etwas von einem Pferde in
sich, so wurden wir ihn aufnieten lassen
und ihm zum Wenigstens per Woche
bezahlen, aber er versteht sich lediglich
auf Bodenprodukte. Wir müssen also
einen neuen Pferderebnftfur haben und
schreiben somit die Stelle aus. Reflek
tauten sollten unter allen Umständen
eine Probe bestanden haben und sicher
sein, daß ihre Beine mir ihnen nicht
davonrenncn, es sei denn vor einer
daherrafenden Stier oder Maulthier
heerde. Der richtige Mann muß rechts
und links schießen können, rasch bei der
Hand sein und einen Prahlhans von
einem Mann, der leinen Spaß ver
steht, unterscheiden können. Er mag
nie dazu berufen werden, einen Schuß
abzufeuern, aber eintretenden Falles
muß cr darauf vorbereitet sein.
Kein Berwaudter. Mittwoch
Vormittag ber letzten Woche erhielten
wir von Pine Hill eine Telephonnach
richt bes Inhalts, ein Fremder, ber
'unser Better zu sein behauptete, sei bort
mit einem Maulthier ber Star Ranch
unter sich festgenommen worden, unb
bie Menge würbe warten, bis wir her
überkämen, um uns den Mann anzu
sehen. Räch dem Essen ritten wir hin
über und fanden den Betreffenden vol
lcr Seelenruhe feine Kvrnpfeife rnu
chend. Hartnäckig berief er sich auf
unsere Benvandlschaft, und es nahm
uns fünf Minuten, ihn zu überzeugen,
baß er mit Jemand anberem Geschwi
sterkind war mehr im Csten ober mehr
im Westen. Er schien ct-.ras bestürzt
über seinen Irrthum und bat uns, cs
ihm nicht nachzutragen. Er sagte, cr
sei westwärts gekommen, um sich irgend
wo nicbcrzulassen unb um eventuell
in dcn Kongreß zu kommen unb be
rülnit zu werden, und habe daS Maul
thier nur genommen, um schneller vor
werts zu kommen. Daß Pferdediedstahl
hkr außen als tiapilalverbrechen nnge
fel cn werde, davon habe cr keine
?ih:,mig aebbt. wenn aber dein so sei.
so wünsche cr nickt, das: zu seinen Gun
fien eine At!-.'ah:e gemacht werde.
Als wir fortritten, sagte er. er
würbe am nächsten Tag zu uns kommen
und auf den .dicker' ad.-i'iiiren, falls
die Stimmung in ber Menge umschlüge,
aber schon eine halbe stunde später
verzeichnete ihn ber Eoroner in feinen
Buchern. Wir haben keine Verwandten
im Westen, und kein Vigilanzkomite.
welches Alles in Bereitschaft hat.
sollte unscretivegrn eine Verzögerung
eintreten lassen rber sich in Unkosten
stürzen,
Die größte Kr u st e n t h i t x
schale, b'c je gefunden wtirde. maß
2 Meter in ber Länge, und 4j Meter
im Umfang, Sie rührte von einem ber
größten Thnlassians" -eefchilbkrö-ten
ber LplMgis Art her unb wog
nahezu sse Kilo. Diese riesenhaften
Schildkröten werden längs der Küsten
deö 'Atlantischen Ozeans gefunden.
Eine Schale ber größten, aus Indien
eingeführten Ausler war I Meter lang
nnb wog fast Kilo. Sehr schöne
Exemplare solcher Schalen sinbet man
in bei Kirche St. Sulpice in Paris,
wo sie als Weilnvasserbccken dienen.
Sie waren ein Geschenk ber Republik
Beliebig ,, Franz den Ersten. Auf
ber Insel Mauritius lebte im Hofe
einer Aitilleriekaserne schon zu Anfang
dieses abrhunderts eine Schildkröte,
bie, obgleich erblindet, noch heute
daselbst umhersrlileickit. Sie wiegt fast
l.'0 Kilo und ist, wenn sie läuft, etwa
zwei Drittel Meter hoch. Ihr Nucken
fchild, ans dem sie zwei Männer be
anen, mit fortträgt, mißt '2 Meter.
Das Tlner soll übrigens schon i'nu
Jahre alt sein. Einer ber kostbarsten
bekannten Krnstentlnerpanzer ist ber
Ehank Snell." Dessen Schalen zeigen
bie Eigenthümlichkeit, sich rechts (nicht,
wie gewöhnlich, links) zu öffnen. Sie
werden in Ostindien von den Frauen
sehr hoch geschätzt nnb zum Preise von
1000 bis -im) Mark verkauft. Die
seltenste 'lit aber ist der Kegel der
heiligen Maria," von ber man nur zwei
Exemplare kennt. Das eine befindet
sich im Britischen Museum und wird
ans 120,00) Mark geschätzt.
B on der M i 1 1 c b e S O z e a u s.
Bon einer eigenartigen Telcgrainmbe
förderung macht ein Leser bes Ber
lincr Lokalanzcigcrs" bie nachstehende
intcressanteMilkheilung : Herr Älcran
der Siemens sandte folgende Depesche
an Sir Franeis de Winlon Hofchcf bes
Herzogs von )')ork, anläßlich der Ge
lnirt des er sie n SohneS des Letzteren,
des dereinfligen englischen Thronerben:
Mitte des Atlantischen Ozeans,
Jmü ! !, ;")ii Grad 1 0 Minuten nörd
liche Breite, :i'.i Grad '.) Minuten
westliche Länge. Darf ich Sie bitten,
I,;. iK. HH. dem Herzog und der
Herzegin von )'ork die herzlichsten f'ra
tularivnen und besten Wunsche der ar
saniiüteu Bcstwüiig bes Dampfers Fa
rabaii. " welciicr gegenwärtig das dritte
Kabel für bie Emuereial Eable Eompauv
legt, zu iiderutitteln." 'luf dieses durch
das unvollendete Kabel gesandte Tele
zranim ging ans demselben Wege fol
gende Antwort ans dem Faraday,"
bern Kabel schiff der Berliner Firma
Siemens, ein: er Herzog und bie
Herzogin von ?jork danken der gesamin
teil Bcsatiungbes Dampfers Faraday"
aus das Wärmste für ihre freundlichen
Glückwünsche auf biesem eigenartigen
Wege unb wünschen besten Erfolg für
das Werk. "
A r m in Folge seine r R o t o
r t e t ii t S f n cl, t wurde Ernst Pietzsch
auf Eoueh Island bei New )jork. Erst
vor mehreren Wochen warf' er ans der
Boincri) in Rew ;.')orf ganze Hände
voll 'elb unter bie johlende Straßen
jugenb. Neulich schnitt ihm die Gas
gcsellfchnft das Giis für sein Hotel ans
Evnet, Island ab, weil er nicht be
zahlte. Pietzsch marschirte darauf, ge
folgt von allen Bummlern Eoncy
Islands, bie Fahnen trugen, vor bie
Gaswerke und hielt dort eine zweistün
dige Rebe gegen Monopole. Zu Hanse
angekommen, hatte bort ein Sherisf im
Auftrage einer Banlsirma, welcher
Pietzsch 81400 Miethe schuldete. Besitz
ergriffen. Pietzsch zog daraus mit feiner
Schaar nach einem Hotel, wo er dieselbe
mit Frankfurter Würsten nnb Bier
regalirte. Bor einem Jahre noch schätzte
man Pievschs Vermögen ans sl 00,000,
heute besitzt cr keine H100 mehr.
R o s e n ö l ist cntschicben ber cbclste
und kostbarste aller ' Wvhlgcriiche und
daher auch der ungemeiu hohe Preis des
echten türkischen OclcS erklärlich. Wie
nun aber kaum mehr ein Wohlgeruch
exislirt, welcher nicht schon auf künst
lichem, chemischem Wege dargestellt
wäre, so dürste auch ber Handel mit
Rosenöl eine schwere Einbuße erleiden,
inbent zwei französische Ehemikcr, Bon
net nnb Barvier, gesunden haben, baß
baS Gefiimnw-Oe!, dessen Geruch aller
bings so scheu dem des Rosenöls sehr
ähnlich ist mib baö zur Berfälschnug
beS letzteren viel benutzt wird, sich
durch geeignete Bechanblung völlig in
die den Geruch des Rosenöls bedingende
BerbindnngiRhodinol) übers ühreu läßt.
Die Ertragsfähigkeit der
S ü b st ante II R o r d a m e r i k a
für Bamnwollc ist mehr als ansrci
clicnd, um den (auch noch wachsenden)
Bedarf der ganzen Erbe zu decken. Die
klusdcute wuchs von 3, 000,000 Ballen
im Jahre 1S70 auf 9,1100,000 im
Jahre isno, und übertraf damit bei
Weitem die Zunahme der Bevölkerung.
7ut anderen vändern hat sich das Er
zeugnist von Rehbauiuwolle nirgends
lestcigcri.
i abgcfchlagcuc Zntcrvirw.
Cu.bn (Vluiüc de l.t Ramee , die gk
heimnißvolle. unzugängliche Tichterin,
hat sich nun doch intmnr:.vii lassen,
allein nur, um ihrem ntervieiver und
mit i'rnn der ganzen modernen onrna
tisiik tüchtig die Leviten zu lesen, Ick,
keime keine größere Frechheit,' begann
Ouida zum größte Entsetzen ihres
Besuchers, .als die. in die Privatge
heimnine eines Mensche eindringen
zu wollen, seine Rase in Alles zu
stecken, was Eiuen nichts angeht und
jede Berühmtheit förmlich zu Tode zu
Hetzen, daß sie nicht mehr weiß, wohin
vor der Dringlichkeit fliehen. Mir
ist diese Iudringl ichkeil nun endlich
auch zuviel geworden und ich habe Sie
empfangen, weil ich Einen von Ihnen
empfangen mußte, um ihm so recht von
der Leber weg meine Meinung zu sage.
Wenn ich mich in den , Schleier deö
Geheimnisses' Inille, so werde ich meine
guten Gründe dafür haben nnd wenn
es auch nur der ist, daß es mir nun just
so und nicht anders gefällt. ,ch weiß
aber nun wahrhaftig nicht, wer Sennin;
betn das Recht gibt, geaen meinen
Willen diesen Schleier innen zn wol
len. Unb für wen? Wozn? Uni der von
der Presse großgezogenen Dummheit
bes Publikums Sie nennen es, glaube
ich, dem Geschmack des Publikums ent
gegenzukoinmen nnb besten Hang zum
blinbcn PcrsoncttlnItnS zu unterstützen.
Diese Dumrnhcit geht so weit, baß ich
überzeug! bin, das; Leute, die sich nie
mals ach nur im Geringsten um meine
Novellen. Romane unb Gedichte ge
schecrt haben und dieselben nicht ein
mal dem Namen nach kennen, gewiß
für ihr Leben gern wüßten, ivas nnb
wie ich esse, wie meine Kleiber gc
macht sind, was für Berriickiheilen ich
an mir habe 11. s. w. .u unserer Ieik
nun, deren sich jeder vernünftige
Mensch eigentlich schämen muß, wehrt
sich beinahe kein Mensch gegen diese
abgeschmackten blödsinnigen Indrimv
lichkcitcn, ja viele unserer ,größten
Geister' machen sich sogar eine Ehre
daraus. Na, ich nicht. Unb ich glaube,
wenn irgenb Jemand zu Dante getoi
mcn wäre, um ihn zu fragen, was ihm
am Tische Ean wandcsso bitter ge
schmeckt habe, cr hätte den dummen
Menschen zur Treppe hinuntergeworfen
und wenn Jemand Shakespeare ansge
forscht hätte, was er sich bei seinem
.Hamlet' gedacht habe und ob wirtlich
er oder ein Anderer all' bie Dramen
geschrieben habe, ber wäre seines Lebens
nicht länger sicher gewesen. Heutzu
tage freilich wären auch sie ihrem
Schicksal nicht cntgangeis, denn was
die Bluthunde für die Nigger find,
daö sind bie Reporter für bic sogenann
ten .Eelebrikälen' ihrer Zeit. So,
nun habe ich mir Lust gemacht und
wenn der Herr Lust hat, noch einige
Fragen an mich zu richten, dann möge
er fragen." -Der Herr aber, der einer
ber hervorragendsten Redakteure der
Nvrth 'Aineeieau Reinem" war, hatte
keine Lust dazu, und genügsam, wie er
schon ist, ließ er es bei de-.n bewenden,
was er gehört nnd zn hören bekommen
hatte.
Bis z i! in K r i e g 0 in i 11 i st c r. "
In Iiiricl) wurde kürzlich im Hotel
Bauer au lac ein glänzendes Familien
sesl gefeiert, an welchem zwei preußi
sche Lieutenants als Bettern sich be
theiliglen. Den Sturm etwas 'zu
dämpfen, ben ber Seit in ihren Häup
tern entfacht, unternahmen sie" eine
Promenade durch den herrlichen (arten
unb trafen bort einen älteren bistinguir
ten Herrn, welchen sie mit etwas Irie
gerischcni Ungestüm in ihr (Gespräch
hineinzogen. Ob er wohl gedient,
wollten sie wissen und an diese erste
mit höflichern Ja beantwortete Frage
reihte sich die zweite, wie weit cr'S
wohl im Range gebracht. Bis zum
Kriegsminister," gab der Herr zurück.
Das klang sehr sonderbar ; man lauschte
die Karten und bie beiden Lieutenants
wurden zu ihrem Schrecken i nne, baß
sie thatsachlich ihren näheren Kriegs
minister Genmü v. Berby bn Bernois
vor sich hakten, ber als Tourist im
Hotel weilte. Tie Erectlenz erwies
sich liebenswiirbig eS sloß zum Trost
ber jungen Krieger nochmals Sekt.
M i t f e i 11 e n K n i f f e n f ch 1 i e ß
l i ch hereingefallen ist in Ier
fei, Eity, N. I., ein gewisser Whit
tier, ber, von Jugend auf Akrobat,
Schlangenmensch unb Allenveltskünst'
ler ..ohne Knochen," bem Tratte erge
ben ist nnb sich deshalb keine Existenz
gründen kann. Bermöge seiner virlsei
tigen körperlichen Begabung war es
ihm leicht, ein Glied seines Körpers
so zu verdrehen, daß jeber Arzt eine
Berrenkmig annehmen mußte. Da
Whi klier außerdem versicherte, cr sei
heimalh- nnb mittellos, so gelang eö
ihm, in einer Anzahl von Hospitälern
in großen Stäbten lUtte'Bcrpflcguiig
zu finden. AIS er neulich wieder ein
mal hinkend vor der Tluir des ftäbli
scheu Hospitals in Jersey Eity um
Aufnahme bot, überlieferte inan ihn
ber Polizei. Der Präsident deö Hospi
tals erhob gegen Whitlier Klage wegen
Bagabuitdirens, und der-Richter schickte
ihn aus 30 Tage in'S Gefängniß.
Die v i e r S t u f e n. An die Wand
einer Gefängnißzelle halte ein zum
Tode venulheilter Berbrecher ein Bild
gezeichnet, das ein Schaffet darstellte,
zu welchem vier Stufen hinaufführten.
Aus bie erste Stufe hatte rr geschrie
ben : ..Unborsam gegen die Eltern ; "
aus bic zweite: Sonntagsentheili.
gniig;" aus die dritte: Karten und
Trunk:" auf die vierte: Ein Ende
mit Schrecken."
2it q.sfien Alten" der Welt.
Die .Wistiniiisier Gazette" za'Il
Niulift (viadster.e. der nann t ich in erster
Reibe V.t, folgende Männer ans. bie
noeli im hi'äiften vebensalter Beirnn
dernswerllies und RnbinlielieS vvllbrach
len: In Frankreich: Giebillon Bakcr,
de,' seine letzte Tragödie niil l Iah
reu schrieb; Boltaire, der mit Inl
reu noch der scharfsinnigste und gedan
kenreichste Geilt in Europa war, und
Piklor Hugo. In Italien: Michelan
gelo, der noch mit Jahren arbeitete ;
Tizian, der als '."ijalniger ein großes
(Gemälde für die Franziskaner begann,
und der Toge Emieo Tandolo. ber 11, it
s;l Iahren Kousiantinopel unterjochte.
In Amerika: Fraullin, der noch im
Aller von s-1 Jahre die Sielte eines
Präsidenten des Kongresses von Penn
sylvanien bekleidete. In England:
Newton, der mit Iahren für die
Rolial Society" arbeitete, deren Bor
sitzender er war: die gekrönten Dichter
Wordsworth und Tcnnnson, die als
oj ährige starben. Lord Lyndhnrst, der
drimal Lordkanzler von England war
nnd der gleich Glitdstone sich mit Er
folg einer Ztaroperaiion unterzog. Er
war damals !o Jahre alt. Dann Lord
Bronghain, der noch mit :! Jahren,
sich an politischen Debatten beiheiligte.
Endlich Lord Palmerstoit, gleichfalls
ein ojähriger. der uns das Geheimniß
enthüllt, wie cr trotz cines Lebens voll
Kummer und Arbeit ritt so hohes Alter
erreichen konnte. Ich habe stets,"
pflegte cr zu sagen, am Abend mit
meinen Kleibern auch meine Sorgen
abgelegt. Diese todten, nicht die
Arbeit." In Deutschland scheint die
Westminsler lazette" keinen nennens
werthen AlteiL gesunden zu haben,
und doch hätte sie wenigstens einen ge
wissen Goethe, einen Herrn v. BiS
marcknnd eine Grasen Mollkc kennen
sollen. AnS der jüngsten .rfe i t wären
ferner zn erwähnen : Ludwig Koffnth,
der im Alter von Iahren starb,
während er noch an seiner Geschichte
Ungarns" schrieb, Ebevrenl, der be
rühmte französische Ehemikcr, Leo der
Dreizehnte und bcr ausgczcichncte
i tal ieni sche T i chter unblesch, chtsschrei -
der Eesare Enntn, der mit 0 Jahren
noch wie ein Jüngling an einer ,,Gi'
schichte ber Italiener" arbeitete.
A n b c r A 1 1 b e s M a e c a r 0 n i -essens
kann man beim Italiener rr
kennen, ans welcher Provinz cr flammt.
Die Turnier spießen drei lange
Stucke mit der Gabel, hallen mit der
linken Hanb ben Löffel entgegen nnb
haben im N;t die brei Nudeln ans eine
Spule ausgerollt nnd in ben Mnnd ar
steckt. Die N c a p 0 1 i 1 a 11 c r spießen
jeden einzelnen Faben mit dem .ahn
stocher und hurtig geleitet er in den
Rachen. Die P i e m 0 11 1 e fen zcr
hacken mit der lsabel den ganzen Hau
sen, nehmen die langen Brodstäbchcn,
('missini" geheißen, und werfen, ahn
lich wie die Japaner den Reis, die
Maeearoiiiitückchcn in den Mund; die
S a v v ') c r zerhacken sie mit dem Lös
sei und feuern sie massenweise ein.
Nur die c t f ei, c n schneiden die
selben mit Mcfscr und lsabel, was in
Italien als ebenso unschicklich gilt,
als das mit dem Messer Essen jenseits
der Alpen.
D e 11 i f es) e S cli 11 tz g c biet e n N d
K 0 1 0 n i e n. Nach bem unlängst cr
schicneiien Statistischen Jahrbuch für
das Deutsche :feich umfaßt das Schutz
gebiet Togo i!o,ooo O.uadrallilom,,!a
iiiernn -!!,',,oo, Südivesl Afrika
100, Deittsch-Oflafrika !!!,',, 000, das
Kaifer-Wilhelmsland in Neu Guinea
1 s l,5oo, der Bismarck-Archipel i2,
J110 der uurdöstliche Theil der Salo-mon-Inselgrnppe
'-.',00, das Schutz
tgebiet der Marshall . Inseln 100
Onadrattiloincter. In Togo haben sich
niedergelassen 1-2 Europäer, darunter
ii: Deutsche, in Kamerun -J0 Euro
päer ( l-i; Deutsche', iii Südwesi Afrika
00!) Europäer liil I Deutsche!, in
Dcutsch-Oftafrika rund 7,"0 Europäer
ininb 5,00 Deutsche), im Schutzgebiet
der Nen-Ominea-Kompagnie 17s Euro
päer !! Deutsche 1 und auf bcr Mar-fhall-Insel
1:7 Europäer (;V2 Deutsche).
G l c i ch u a in i g e Straße 11. In
Wien besieht bie Merkwürdigkeit, baß
viele Siraßen gleiche Namen haben.
Das muß bcfonbers für bic Post oft
recht unangenehm fein, wenn sie bei
Bestellung cines Briefes zum Beispiel
bie Auswahl unter 17 Feldgassen hat.
Das N. W. Tagcbl." hat nun sol
gende Statistik gleichnamiger Straßen
anfertigen lassen: ." Allecgassen, 7
Annagassen, 7 Aniongasscn oder -Straßen,
'.' Bcrggasscn odcr -Straßen,
Branhausgassen, 5 Baningassen, !
Fricdhofgassen. Gemeindcgafsen, 10
Gartcngasseit, 0 Herreugasscu, Io
hauneSgassen, Iofcfigasscn. 7 Zhe
resicngassen. 0 Wienrrstraßcn, l!)Nen
gasscn, 1 1 Kirchengassrn.
D c r b c r ii h in t c M a l c r Salva
tor Rosa zeigte ein anßerorbentlichcs
Geschick in d.'r Darstellung von Brigan
ten. Man schrieb dasselbe dem Umstände
zn, daß Salvator Rosa früher mit Bri
ganten in Berbindung gestanden halte.
U c b e r 0 . 0 0 11 , 0 0 0 B ä n m e
sollen in den Bcr. Staaten nach der
Anordnung William Smiths, des Sn
perinlendenten der botanischen Gärten
in ber Bundeshauptstadt, gepilanzt iror
ben sein.
S t e 11 e r s r c n b e n. London entrich
K't an die staatliche Schatzkammer fast
in Biertel feiges lesammteit Einkom
iH'i'.o; es be;e,!:!t gegen 2 Prozent der
)Q":ri; Eiiikommensiener Englands,