9 Ein fürchicr'.ichkr Skandal. l'c-n Herder, Die HochzeitegSste. die sich in tcm mit p.ohenhasici P-.uch! eii;gciichlc!kU Zalcn versammelt hatten, bildeten mkklich inen sehr vorr.khuik!, Zirkel. Papa Bankier kjnnt e ja thun. Eo wie er seine GemZcher mit echten Versischen Teppichen, mit altsxanischem Porzellan und anderen kostbaren Sachen vollgepfropft hatte, so füllte er am Ehren, tage seiner geliebten Tochter seine Fell, räume mit echten Aristokraten ältester Marke, mit wirklichen Künstlern von Gotte Gnaden, mit Gelehrten und hohen militärischen Wilrdentrlgern. In feinem Hause fand man eben alle, was gut und theuer war. Und heute besaß er in ganz besondere? Interesse daran, sich splendid zu zeigen, nach jeder Richtung hin; denn die guten Leute, die erschienen waren, um mit dem Schimmer ihrer Orden, mit dem Nimbus ihrer gesellschaftlichen Bedeutung und ihre Talent den Elan, dc Tage zu erhöhen, die dursten nichts davon merken, daß diese Heirath nicht im Geringsten seinen Herzenswünschen entsprach. Die Tochter eine MillionIrS, eines Manne! also, der seinem Kinde eine Krone mit beliebig vielen Zacken sammt dem dazu gehSrigen Schwiegersöhne zu verschaffen im Stande Ire, heirathet einen simplen Maler, einen Künstler, der zwar Talent und Namen, aber kein Geld besitzt! Die erschien dem guten Mann der die Ebenbürtigkeit lediglich nach Kronen berechnete al eine MeZ, alliance, dergleichen in den Ammen. Märchen, wo sich KSnigSsöhne mit Bauernmäzden vermählen, keine verdatn menSmertheie vorkommen kann. Er hatte zwar seine ganze, nicht gering anzuschlagende Beredtsamkeit aufge. " ' T . , r l l.IJLJ( . .. Voten, UM vielen .vummen mit,- zu vereiteln. Aber an der Entschiedenheit und Festigkeit seine starrköpfigen, in den .Farbenkleckser' vernarrten TSchterleinS, da an der Mutter eine treue Verbündete gefunden, war sein Widerstand jätnmer. lich zu Schanden geworden. DaS verhätschelte, verzogene Mädchen war ja von frühester Kindheit daran ge iZhnt, jedes Spielzeug zu erhalten, nach dem e Verlangen trug. Man mußte ihr also auch den Maler geben, auf den sie sich so erpicht zeigte, denn sonst könnte sie krank werden. . . . Die HocheitSgäste halten den Gesprächsstoff, den der Herr liche, in mehreren Zimmern zur Schau ausgestellte Trousseau geboten, bereits vollkommen erschöpft, und die Herrschaf. ten theilten sich in kleinere, gleichge, stimmte Gruppen, in denen man nun nach Herzenslust die Bemerkungen austauschen konnte, die man nur intimen Bekannten gegenüber wagen durfte und die sich selbstverständlich ausschließlich mit dem Millionär beschäftigten, dessen Einladung anzunehmen man sich mit tausend Freu, den beeilt hatte. Von Zeit zu Zeit erschien der vielie, schäftigte Brautvater, der heute, vom Küchenjungen angefangen, alles seiner Aufmerksamkeit und Uederwachung werth hielt, um sich von seinen Gästen immer wieder auf'S Neue in zuckersüßen Worten gratuliren zu lassen. Er hörte diese ge heuchelten Versicherungen der Theilnahme über daS Glück, das in seinem Hause Einzug gehalten, mit der selbstgefälligen Miene eine MinneS an, der mit Frau Fortuna auf so vertrautem Fuße lebt, daß er von ihr verlangen darf, wa er will.... Die Mutter der schönen, freudestrah, lenden Braut war damit beschäftigt, ihrer Tochter den Brautschmuck anzulegen, Kenn der Zettpunkt, welcher für die Trau, ung festgesetzt worden, näherte sich 6t reit. Nur noch den Myrtenzweig in daS göttlich blonde Haar, welches daS fein modellirte, lauenhafte Köpfchen wie eine Aureole umgiebt, die duftende, zarte Orangenblülhe an den Busen, und die Toilette ist beendet! Wahrhaftig, eS ist begreiflich, daß dieser herrliche Frauenkörper die Begei j fterung eine Künstlers entfacht hat. Von königlichem Anstand ist die Haltung dieser schlanken, ebenmäßigen Gestalt, welche durch die cu zagendem Bangen und seh nendem Verlangen zusammengesetzte bräutltche Erregung mit dem Zauber holdester Poesie Übergossen ist. Das feiste, gutmüthige Gesicht deS Bankiers erschien unter dem schweren Vorhang: der Thür. Er hielt, wie um sein Eindringen zu entschuldigen, den goldenen Chronometer vor sich hin und sagte dann scherzend: .Mein gnädiges Fräulein, ich gestatte mir, Sie darauf aufmerksa zu machen, daß Eile noththut!' .Ich bin ja bereit, Papa', erwiderte das Mädchen, dessen blühende Lippen sonst immer in übermüthiger Lustigkett sprudelten, mit leiser Stimme, .sehnt sich Heinrich schon so sehr darnach, mich zu sehen?' 11:6 daS Angesicht des Brautvaters flog S bei den letzten Worten wie fas, fungSlose Ueberraschung. .Dein Bräutigam, Natalie? Ich er. innere mich ja gar nicht, ihn drüben be merkt zu haben! ' DaS siel ihm jetzt ein; eS war ihm früher gar nicht in den Sinn gekommen, daß bei einer Hochzeit der Bräutigam eigentlich eine sehr wichtige Persönlichkeit ist. Mit der größten Eilfertigkeit, zu der er feinen runden, unfolgsamen Körper anspornen konnte, zog er sich zurück, um nachzuforschen. Natalie biß sich auf die Lippen. Sie wollte vor den Augen der Matter den in ihrem Herzen aufsteigenden Unmulh ver. oergen, aber eS gelang ihr nicht vollkom tnen. Ihr Antlitz war von einer leichten Röthe übergössen, die ebenso leicht dem Zorn al der Scham über ihre Bräuti gam Verhalten entsprungen sein mochte. 'Trtt o 1 1 t i r i i II Au uuniiubuiifi Jahrgang 15. .Heinrich wird vielleicht unwohl ge worden sein,' bemerkte die Mutter, um sie u beruhigen, .er giebt keine andere Erklärung. Man wird unverzüglich zu ihm schicken! Der Bräutigam war noch nicht da, eine Stunde vor der Trauung? Ein Umstand, der zu allerlei seltsamen Ver muthungen berechtigte. Und die verehr liche Hochzeitsgesellschaft machte in aller Nächstenliebe selbstverständlich von diesem Rechte ausgiebigsten Ge brauch. ES war eine beleidigende Ungezogen heit von dem Maler, eine Taktlosigkeit sondergleichen, die man aber dem Hause des .Parvenu' gerne gönnte. Oder war e mehr? Minute auf Minute verrann und der Bräutigam kam immer noch nicht. Nur der Alte erschien von Zeit zu Zeit im Salon, um einige Witze von sehr er zwungener Lustigkeit zum Besten zu ge den und um schließlich einen anwesenden Pianisten erster Güte insgeheim ftehent lich zu bitten, er möge etwa spielen. Der Bankier fand kein Wort der Er. klörung für da mehr al sonderbare Brtragen de Bräutigam!, er versuchte mit allen möglichen Mitteln da zu nehmende Befremden seiner Gäste zu be (eiligen, die Brautmutter zeigte sich nicht mehr.... kein Zweifel, man war da zum Zeugen eine unerhörten Skandals geladen worden, dessen weiterer Ent wicklung man mit gespannter Erwartung vergnüglich entgegensah. DaS Gespräch, da, wie bei solchen feierlichen Anlässen gewöhnlich, schon gedroht hatte, langweilig zu verflachen, wurde mit einemmale wieder lebhast, amüsant. Welch' angenehme Fernsicht eröffnet doch ein solcher Eklat! Und während die Herrschaften be dauernd die Achseln zuckten, al ob ihnen diese peinliche Affaire ungemein zu Her zen gehe, erörterten sie mit einer Gründ lichkeit, die eine philosophischen Pro blemZ würdg gewesen wäre, die muth maßlichen Ursachen und naturnothwendt. gen Folgen des .Zmischenfalle'. Man freute sich königlich auf den Augenblick, da der Bankier der verehrlichen Gesell fchaft die plötzlich und unerwartet einge tretene Nothwendigkeit der Verschiebung dieser TrauungSfeierlichkeit kundmachen würde. Wie sich Valer, Mutter und Tochter und die andere zur Familie Gehörigen jetzt die Köpfe zerbrechen werden, um einen halbwegs annehmbaren Vorwand zu finden! Es war zu köstlich; der Ge danke an die Verlegenheit dieser Leute zu komisch; man hatte sich schon lange nicht so trefflich unterhalten. Halt! Der Hausherr tauchte wieder auf; nun hieß es sofort von anderen Din gen sprechen! DaS strahlende Lächeln ist von dem Gesichte deS alten Herrn verschunden, er wischt sich mit dem seidenen Taschen tuche wiederholt die perlenden Schmeiß, tropfen von Stirn und Glatze und seine Witze werden noch gequälter. In einem solchen Zustande soll aber auch ein glücklicher Brautvater Witze machen! Sonderbarerweise weckten jedoch seine gekünstelten Kalauer in Lachen, da sehr herzlich klang und in der That vom Herzen kam .... Der Zeiger der zierlichen Louis Qua torze-Udr Natalien'S wie nahe auf S Uhr; jetzt, in dieser Minute hätten sie die Ringe wechseln sollen und der Pries fter wartete wohl schon sehr erstaunt auf die Ankunft deS Brautpaares, auf die Auffahrt der zahlreichen eleganten Karos sen. Natalie hatte die Rapporte, welche der in größter Aufregung befindliche Papa von Z:it zu Zeit erstattete, äußerlich vollkommen ruhig aufgenommen. Eine andere wäre vielleicht, als eS immer deutlicher wurde, daß ihrem Hause, daß ihr eine ungeheuere, wenn auch durchaus unverständliche Beleidigung angethan worden war, in Ohnmacht gesunken. Dieses energische junge Mädchen mit dem Gesichte eines KindeS und der zähen Willenskraft eine ManneS zeigte sich jedoch solchen Regungen von Schwäch: unzugänglich. Sie fühlte sich stark ge nug, alles zu ertragen. Bisher war sie blaß, in wortloses Schweigen versunken, in einem Lehnftuhl vor der Uhr gesessen, von deren Zeigern sie den Blick nicht ab wandte. Nun stand der Minutenzeiger auf zwölf. In klingelnden, kleben, aber lieblichen Tönen begann da Schlagwerk der Uhr die fünfte Stund: zu verkünden und dann erklangen aus dem kunftsollen Werke die Takte einer altfranzöstschen zierlichen Gavotte durch daS niedliche, stille, trauliche Gemach. Natalie erhob sich und läutete dem Kammermädchen, welche auf der Stelle erschien. Sie befahl, ein Theater-Entree und ein Spitzentuch zu bringen. ,WaS haft Du vor, mein Kind?' frug die Mutter ängstlich. .Ich fahre zu ihm,' entgegnete das MZdchen mit einer Bestimmtheit, die jeden Widerspruch auszuschließen schien, während sie den Myrtenkranz aus. den Haaren löste. ,N,ta'.i!' Beilage zum Nebrasla Ttaats-Anzeiger. Die Mutter faltete bit'end die Hände. .Ich muß mir Gewißheit verschaffen, sonst fterb' ich!' Ein herber Zug deS Schmerze spielte um ihre Lixxen. Sie hatte ou8 ihrem Schmuckkästchen einen kleinen, mit einem edelsteinbesetzlen Griffe versehenen Dolch genommen, aber mit einer Bewegung, als ob sie sich eines andern besänne, ließ sie ihn wieder auf die glitzernden, klirrenden Dinge zurück gleiten. .Verständige Papa von meiner AuS fahrt, von der ich in einer Viertelstunde wieder zurück fein werde; eS wird mich außer dem alten Gottfried niemand be gleiten!' Alle Proteste fruchteten nicht; sie rauschte auS dem Gemach, und bald darauf hörte man den Wagen davon rollen. Die Mutter seufzte tief auf. Mein Gott, warum hatte diese Schmach gerade ihnen widerfahren müs sen. Wag konnte diesen Unglücksmev sehen, den Maler, den sie ja ohnehin von Anfang a nie recht hatte leiden mögen, veranlaßt haben, auf eine solche Weise, in letzter Minute, ohne förmliche Absage zurückzutreten? Wa werden die Leute dazu sagen? Sie war gewiß eine ausgezeichnete Mutter, der da Wohl ihres Kindes über alles ging, aber ihr erster Gedanke war doch nicht der, daß dieser Skandal dem armen Mädchen das Herz brechen könne, sondern der an daS boshafte, schadenfrohe Geschwätz der .Gesellschaft'. .Wag werden die Leute dazu sagen?' Der Wagen hielt vor dem Gebäude, in dem NatalienS Bräutigam wohnte. Da MZdchen stieg aus, unterstützt von dem alten Diener, denn sie wankte. Einen Augenblick blieb sie flehen, die Hände fest auf den Busen drückend. Wie leicht, wie einfach und selbstverständlich war ihr doch wählend der Fahrt ihre Aufgabe erschienen, und welch' wider streitender Gefühle Beute war sie jetzt? Was wollte sie denn eigentlich von ihm? Ihn sehen, den gehaßten Ver röther, ler sie, ohne daß sie ihm Grund hierzu gegeben, so tödtlich verletzt? Ach nein, den noch immer heißgeliebten Mann, an dem sie mit allen Fasern ihre? Herzens hing! Ja, sie mußte ihn noch einmal sehen, sie wollte ihm in die braunen, lachenden, leichtfertigen Augen blicken, die ihr'S angethan hatten, und ihn dann fragen. . . Die Thür seiner Wohnung war ver sperrt und auf ihr Klingeln und Pochen erschien Niemand, um zu öffnen. Hielt er sich vor ihr verborgen oder war er, in Erwartung eineS solchen Besuches, fort gegangen? Natürlich. Sie mußte sich an die Wand lehnen;! eS flimmerte ihr schwarz vor den Auzen und die Fassung drohte von ihr zu wei chen. Vielleicht befand er sich im Atelier. daS rückwärts im Garten lag. Sie hielt es selber für mehr al unwahrscheinlich, aber sie lenkte doch ihre Schritte mecha nisch dahin. Und wenn sie ihn, wie vorauszusehen, auch doit nicht antraf? Wa dann? Das wird sich finden. Und ein dunkler und fester Entschluß reifte in ihrer Seele. Die Thüre deS A'elieiS war nicht ver schloffen; sie klinkte dieselbe aus und trat auf den Fußspitzen ein Ein unterdrückter Aufschrei entrang sich ihrer heftig arbeitenden Brust. WaS hatte sie gesehen? Im schwarzen Feftanzug stand ihr Bräutigam vor der Staffelei, in der Linken die Palette haltend und eifrig an einem nahezu vollendeten Porträt herum strichelnd, welches feine Braut dar stellte. Als er ihren Schrei vernahm, wandte er sich erstaunt um und machte eine un willkürliche Bewegung, als wollte er das Bild vor ihren Blicken verbergen. Aber eS war schon zu spät dazu, und eS war auch besser so, denn hätte er sonst so leicht NatalienS Absolution erlangt? Im näch sten Augenblicke lag das schöne Weib schluchzend an seiner Brust. Der Unglücksmensch war bemüht ge. wesen, seine Ungeduld in der Weise zu zügeln, daß er an dem Bildniß, mit dem er seine junge Frau überraschen wollte, zu arbeiten begann, und hatte schließlich, hingerissen von dieser Beschäftigung und ganz in den Bann deS holdseligen Con terfeis gezogen, daS ihm von der Lein wand entgegenlachte, Alles total ver-. gessen, sogar die zur Trauung bestimmte Stunde. Die Gäste deS Bankier waren nicht wenig erstaunt, als eine halbe Stunde später die Tochter des Hause glückstrah lend am Arme ihres stattlichen Bräuti gamg in ihrem Kreise erschien. Auf eine artige Ueberraschung war man allseit gefaßt gewesen, aber aus eine derartige denn doch nicht. .Welche Mittel muß man da wohl versucht haben, den flüchtigen Herrn in's Palais zu bringen?' meinte während der Fahrt zur Kirche ein vergilbtes Stift, fräulein zu der ebenso mageren als alt adeligen Dame, mit der sie das Coupee theilte. .Mein Gott, e wird den alten Geld sack ein hübsche Sümmchen gekostet haben,' erwiderte die Gefragte, die ihren Aerger über die Wendung, die der so vielversprechende Skandal genommen hatte, nicht verhehlen konnte, .man spricht ja daoon, daß der Herr Schwie gerpapa mit den Gläubigern und mit ge wissen. . . hm. . . Damen, die dem Maler nahegestanden sind, sehr kostspielige Arrangement hatte treffen müssen. Der ginalisirung dieser geschäftlichen Ange legenheiten dürften sich eben in letzter Stunde unerwartete Schwierigkeiten ent gegengestellt haben.' Die Erklärung erschien Beiden so glaubhast, daß sie über den .Zwischen fall' nicht länger nachdachten und sich die Fahrzeit lieber damit vertrieben, die lächerliche Toilette der Brautmutter einer eingehenden Kritik zu unterziehen. Was mögen aber die gutherzigen Leut chen, welche theilnehmende Zeugen deS .Skandals' gewesen, gesagt haben, als sie in der nächsten Kunstausstellung das wunderbar gelungene Porträt der jungen MalerSgattin zu Geficht bekamen! (Ein Mörder? AuS der Mappe eines Jr-ren-NrzieS. Vor einigen Jahren durcheilte die Kunde von einem Doppelmord die Stadt, in welcher ich damals thätig war. Ein Rentier, früherer Apotheker Namens Haßlinger war in seinem Bett todt auf gefunden worden, mit zerschmettertem Schädel; vor dem Bett, in ähnlicher Weise zugerichtet, seine ziemlich jugend liche Gattin. Als der That dringend verdächtig wurde ein junger Ingenieur Namens Moreau verhaftet, der sie auch keinen Augenblick leugnete. Von umfassender amtlicher Thätigkeit in Anspruch genommen, hatte ich den da malS große Sensation erregenden Vorfall nahezu wieder vergessen, als ich eine? Tages den Besuch des Ersten StaatSan wallS am dortigen Landgericht erhielt. Herr von W. erklärte mir, daß er an der ZurechnungSfähigkeit de Angeklag. ten zweifle und denselben der Irrenanstalt überweisen volle vorläufig zur Beob achtung. So geschah eS denn auch und eS gelang mir mit der Erzählung der Einzel Heiken will ich den Leser nicht ermüden das Vertrauen Moreau'S zu gewinnen. Er stand offenbar unter dem Einflüsse einer fixen Idee das war mir klar, welcher Art dieselbe aber sei und inwie fern dieselbe mit der von ihm begangenen That in Verbindung stand, blieb mir vor jiuftg verborgen. Auffallend war mir, daß er jede Ge legenheit zum Ver'ehr mit dem weiblichen Geschlecht, wie sie sich bei den gemein, schafllichen GesangZabenden, den biS weilen veranstalteten Tanzkranzchen ic. zeigte, auf daS Aengftlichste mied. ES führte mich dies auf eine Vermuthung, die sich später als richtig bewährte, j Um endlich hierüber in'S Klare zu kom men, mußte ich ein drastischeres Mittel versuchen. Ich hatte in Erfahrung gebracht, daß er vor Jahren mit der Tochter eineö RentierS verlobt gewesen sei, daS Ver HSltniß aber unmittelbar nach einem Balle abgebrochen habe und dann nach Rumänien gegangen fei, wo er Jahre lang blieb. Gelegentlich, als er mir eine Arbeit ablieferte, fragte ich ihn, warum er sein erstes Liebesverhältniß so brüSk sbge brochen habe. .Ich weiß eS nicht mehr,' stammelte er, den unsicher gewordenen Blick auf den Boden heftend. .Wo haben Sie Adele (so hieß seine Braut) zum letzten Male gesehen?' .Auf einem Ball!' .Hatten Sie Grund zur Eifersucht?' .Ncht im Mindesten!' .Liebten Sie das junge Mädchen auf, richtig?' .Ich weiß eS nicht recht manchmal war eS mir, als könnte ich nicht leben ohne sie, und manchmal. . . .' .Nun?' Er schmieg und sah mich mit seltsam glühenden Blicken an. .Sie fühlten ein heißes, ein unüber windliches Verlangen, sie zu küssen oder die junge Dame trug wohl ein decol letirteS Kostüm?' fragte ich. .Za. ja!' .Oder die weiße Haut hatte sich roth färben sehen blukroth?' - Er stöhnte und verbarg das Gesicht in beiden Händen. Ein conoulstoischcs Schluchzen erschütterte ihn. .Und Sie sind geflohen, um diesen Gedanken nicht zur That werden zu lassen?' Er wankte und würde zu Boden ge stürzt sein, wenn ich ihm nicht rasch ei nen Stuhl hingeschoben hätte. Ich gab ihm dann ein GlaS Wein, daß er me chanisch ergiiff und, ohne eS abzusetzen, leerte. Nach einigen Minuten, deren er zur Beruhigung bedürfte, sing ich wieder an: ,AlS Sie Frau Haßlinger kennen lernten, hatten Sie ähnliche Empsindun gen?' .Nein!' No. 10. Dieses Nein überraschte mich. Aber er gab mir unaufgefordert die Erk!ä rurg. .Ich war damals lange Jahre in Ru mänien und Serbien gewesen,' erzählte er. Dort haben die Mädchen eine braune Hautsarbe. Mit ihnen konnte ich unbe sangen verkehren; sie üblen keinen Reiz auf mich auS. Nicht, daß sie mich ganz gleichgiitig gelassen hätten. Sie erreg ten manchmal ein flüchtige Wohlgefallen in mir. Zu einer Neigung aber kam e nicht. Ich glaubte mich nun gefeit gegen weibliche Reize, glaubte, daß jener unglückselige Hang nur in meiner Jugend vorhanden gewesen, daß er überwunden fei für immer. Ich wagte e, nach Deutschland zurückzukehren. Hätte ich e nie gethan! Hier lernte ich Haßlinger kennen. Er lud mich in sein Hau ein. AIS er mich feiner Frau vorstellte, al Wanda ihre großen, dunklen Augen auf mich richtete, fühlte ich, daß die Hoffnung, jener un glückseliger Trieb sei Überwunden, eine vergebliche gewesen war. Wanda zeich, iiete mich in einer Weise auS, daß es jedem außer ihrem arglosen, ihr blind vertrauenden Gemahl hätte auffallen müssen. Sie nahm mir daS Versprechen ab, in den nächsten Tagen wieder zu kom men. Hätte ich nur ein Mal, nur dies eine Mal mein Wort gebrochen! Ich hielt eS. Roch einmal raffte ich mich später auf. Ich sagte ihr, daß ich Gewissensbisse empfinde, ihren guten Mann so zu hin. tergehen, daß unser Verhältniß ein Ende nehmen müsse. Sie geberdete sich wie eine Rasende. Sie schalt und liebkoste, lachte und weinte in einem Athem, trotzdem blieb ich fest. Nur das eine Versprechen gab ich ihr noch, daß ich am nächsten Abend, vor meiner Abreife, Ab schied von ihr nehmen wollte. Ich ging, und zum ersten Mal, seit ich sie kennen gelernt, fühlte ich eine gewisse Befriedigung in mir. Zurück wollte ich wieder nach Südeuropa. Al ich am nächsten Abend mit dem Schlüssel, den sie mir schon vor längerer Zeit gegeben, die Hinterthür ihrer Woh nung öffnete, stand sie nicht, wie sonst, mich erwartend, mich bewillkommnend, an der Thür. Leer waren die ersten Zimmer, die ich durchschritt. Im letzten Gemach fand ich sie. Mit einem seit samen Flackern in ihren dunklen Bugen trat sie mir entgegen. .Nun kannst Du für immer mein sein,' rannte sie mir zu, .er, der unser Glück hinderte, ist todt!' .Er ist todt?' rief ich im Tone un gläubigen Entsetzen. .Du glaubst es nicht sieh selbst!' erwiederte sie. Damit hob sie eine Decke auf, welche einen auf dem Soxha liegenden Gegen stand verhüllt hatte eS war die Leiche ihres Mannes! Mit eigenthümlich ver zerrten Zügen lehnte er, halb liegend, in der Sopha-Zcke ein entsetzlicher Ver. dacht stieg in mir auf. .Du haft ihn ermordet!' rief ich. .Und wenn ich es gethan hätte?' fragte sie in weichem, halb von Thränen ersticktem Ton, .wenn ich eS wirklich ge thau hätte, warum wäre eS geschehen, wenn nicht auS unsäglicher Liebe zu Dir?' Sie wollte sich an meine Brust drän. gen, rauh faßte ich sie an der Schulter und stieß sie zurück, daß sie mit leisem Wehrufe zu Boden sank. .Mörderin!' rief ich, .zur Mörderin bist Du geworden, und mich mich hast Du zu Deinem Mitschuldigen gemacht!' Sie schleppte sich auf den Knien zu mir. DaS weiße, spitzenbesetzte Gewand glitt, von meiner rauhen Berührung zerrissen, von ihren Schultern da leuchtete es mir wieder entgegen, das schimmernde Perlvelß ihrer Haut, da ich so sehr fürchtete, ich taumelte fast, ich wollte sie zurückstoßen da gerieth ein harter, schmerer Gegenstand in meine Hand ich hob ihn, ich schlug zu, wäh rend sie entsetzt zurücksich, wie schütz' flehend sich auf die Leiche warf, einmal, zweimal, dreimal, ich weiß nicht wie oft, ich weiß nur noch, daß ich mit einer Art grauenhafter Befriedigung sah, wie das Blut so purpurroth hervorquoll und ihren weißen, schlanken Hals, ihren schimmernden Nacken färbte dann brach auch ich zusammen! Als ich wieder erwachte aus meiner Betäubung, wußte ich, daß ich zum fluch, beladenen Mörder geworden war. Nun missen Sie alles, und lassen Sie mich büßen für meine Schuld, endlich, endlich büßen!' Er brach erschöpft zusammen. Ich ließ ihn für alle Fälle nach dem Lazarett) bringen. Der Erste Staatsanwalt, dem ich von dem Geschehenen Mittheilung machte, ließ die Leiche Hahlinger'S erhumiien, und bei der Obduction stellte sich zur Eoidenz heraus, baß der Tod durch Vergiftung erfolgt war. Zie erste Äxothelie in Deutschland. In einem Aufsatz der Köln. Ztg., der von der Entstehung der Apotheken han delt, lesen wir Folgendes: .In Deutsch, land waren bis zum Beginn des vier zehnten Jahrhundert noch keinerlei An stalten vorhanden, die sich all xcthkkeg in unserem Sinne anfüllen liefert. Eist am Schlüsse de! eigentlichen Ilitulaliet sehen wir Gort und Begriff der Apvlheke al einer öffentliche? Veianstaltunq ,m Interesse der Gcsuiidhi!Zoiihällü,sse de Publikum auftauchen. Was man di dahin mit dem Wort Apotheke iezeich. vete, stellte nicht weiter dar l einei Kramladen, ein Magazin der unterschied lichftea Handellartikel. Im Jahre 1343 endlich, .al ein große Sterben unter den Menschen herrschte, richtete der Rath der freien Reichsstadt Frankfurt am Main ein unter feiner Aufsicht und fei ner Pozizeiordnung stehende Magazin zu Bereitung und zum Verkauf von Arzneimitteln her und nannte diese Nie derlage ,de Hochedlen Rathe Apo theke'. Da war da erste derartige Unternehmen. Dem Beispiel Frankfurt? folgten dann bald Augsburg, Prag. Prenzlau, Nürnberg, Stuttgart, Ulm und Leipzig (1409). Im Jahre 1488 erst wurde vom Kurfürsten Johann Cicero, dem ersten Hohenzollern, der fei nen bleibenden Wohnsitz nach der Mark Brandenburg verlegte, unsere heutige Reichkhauxtftadt Berlin mit einer Apo theke bedacht.' Zur Geschichte des Aleiliifts. Die Maler des vierzehnten Jahrhun dertS belogen in großen Mengen au Italien Stifte die au wirklichem Blei bestanden, also mit vollem Recht Blei stifte hießen. Da Material, da un heutzutage die .Bleistifte' liefert, der Graphit, wurde erst im Jahre 1664 ent, deckt, und zwar in der berühmten Grube zu Borrowdale in Cumberland. Dort wurde er zunächst in Block geschnitten und direkt verwendet. Da hatte eine so beträchtliche Abnahme de Graphitlager zur Folge, daß man sich entschließen mußte, die Mine nur immer für einige Tage im Jahre in Betrieb zu lasse. Man schätzte ab, wie groß der Verbrauch für da kommende Jahr sein würde, und wenn diese Quantum gefördert war, stellte man den Betrieb wieder für ein Jahr ein. Der Massengebrauch der Bleistifte kam erst auf, al Conte in Pari im Jahre 1795 die Erfindung machte, den Graphit in puloeristrte Form mit Thon zu mischen und dann zu Stiften zu pres sen. 1316 errichtete die bayerische Regie rung in Obernzell bei Passau eine Blei ftistfabrik, die nach Conte' Verfahren arbeitete. Die Fabrik von Faber in Nürnberg, die bereit im Jahre 1760 von Kaspar Faber in Stein bei Nürnberg begründet war, von dessen Sohn Anton Wilhelm her die Firma A. W. Faber führte, wurde erst seit 1339 durch Johann Lothar Faber zu einer Musteranstalt, die sie heute ist, zumal sich Johann Lothar den im Jahre 1347 entdeckten vorzüg lichen Alibertgraphit von Sibirien zu sichern wußte. Die Nürnberger Bleistift, fabriken beschäftigten im Jahre 1335 500 Arbeiter und produzirten 250 Mil lionen Stifte im Werthe von 8,400,000 Mark. rleioer aus Torf. In Pari geht man jetzt daran, Klei der aus Torf zu verfertigen. Da klingt wie ein Scherz, ist indessen vollständig ernst zu nehmen. Es ist nämlich schon feit längerer Zeit bekannt, daß der Torf bedeutende antiseptische Eigenschaften be sitzt, und man hat oft einen Leichnam ge funden, der Jahrhunderte lang im Torf moor lag und vollständig konservirt war. Im Norden gebraucht man Torf zu Ver bänden und nach den günstigen Resulta, ten, welche russische Chirurgen bei Ver suchen mit Torfoerbänden gefunden haben, ist der Torf auch vom französischen Kriegsministerium als Verbandmaterial in den Spitälern verwendet worden. Außerdem hat man konstatirt, daß Trof fasern in Zusammensetzung mit anderen Stoffen einen sehr hohen Grad von Ab sorbirungSvermögen besitzen. Auf dies Eigenschaften des Torfe, sich stützend, hat Dr. Rcsurel e versucht, die Torf, fasern zur Herstellung von Unterkleidern zu verwenden und dadurch den Flanell zu ersetzen. Die neuen Kleider sollen sich vortrefflich bewähren, vortrefflich den Schweiß aufsaugen und rasch wieder trocknen. Das Torfgewebe soll nach der Aussage de Dr. Rasuret eine .wirkliche hydrauliche Pumpe sein' und in hohem Grade vor Erkältung schützen. Die neue Erfindung wird in Pari bereit vielfach verwendet. pof um Sonne und Wond. Wie der Physiker Cornu in der Pari ser Akademie der Wissenschaften berichtet hat, sind ihm Versuche gelungen, mit denen die Wissenschaft sich lange vergeb lich abgemüht hat. E handelt sich darum, den erperimentellen Nachweis da für zu erbringen, daß die Höfe um Sonne und Mond durch Lichtbeugungen und Lichtbrechungen entstehen, welch letz tere durch die in den höchsten Schichten der Atmosphäre schwebenden kleinen Ei? kristalle hervorgebracht werden. ES war sehr schwierig, eine ähnliche Atmosphäre mit suSpendirten Kristallen künstlich her. zustellen. Cornu ist dies gelungen, in dem er eine konzentrirte Lösung von Alaun in Wasser mit reinem Alkohol mischte; alsdann schieden sich feine Schleier kleinster regelmäßiger Kristalle aus, die sich in der Flüssigkeit schwebend erhielten. Wurde diese Flüssigkeit mit den darin su?pendirten Kristallen in ein geeignetes Glakgefäh gebracht und durch dieselbe daS Ltcht einer Kerze betrachtet, so zeigte sich in der That im Kleinen die Erscheinung eineS MoudhoseS und ringe in aller Vollständigkeit. Bei geeigneter Größe der im Alkohol schwebenden Alaunkriflalle erschienen sogar ,-vet Ringe.