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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (April 12, 1894)
Ein Stiefel Appell im Fclde.! turr.su? au4 rra iolttatcniiit vzn . ftifiiibtts- E war im denkwürdigen Jahre lb7I. Unsere Division befand sich aus dem Rückmärsche nach der lieben mit Gut und Blut verihktdigten Heimaih. Vier Ttun. den nach unserem Einrücken in iKijllila Montagne sollte endlich der längst ge fürchtete" Stiesel.Axpell stallfinden. Glaube ja nicht, geneigt Leser, daß Da nach einem andauernden Kriege eine so einfache Sache ist. O, ja nicht l Und höttest Du den besorgnißersSllken. schwer, millhiqen Eindruck bemerkt, welchen die ser Befehl bei den .alten feuerfesten' Leuten hervorrief, dann hättest Du ganz gewiß, militZrtsch gesprochen, eine .leise Ahnung' bekommen. Stiesel-Appell bedeutet nämlich streng genommen die Präsentation ine vorschriftsmäßigen, tadellosen, mit 32 Nägeln gut .beschlaqe. nen blank geputzten SlieselpaareS. Wie der Soldat im gelbe diese achte Welt, wunder bewirkst, lligt, da bleibt allein seiner angeborenen Intelligenz überlas, sen. Durch monatelange, ununterbro chene Berührung unserer Stiesel mit dem heiligen Boden Frankreich waren die meisten dieser notwendigen .Jnsan teristinbesöiderer' der Auflösugg nahe und lieken sich nur durch tete .iKadlcai Mittel' ihrem bereit verfehlten Berufe erhalten. Da ntnden war eit vem Waffenstillstände strenge verboten. Die französischen Fußzeugkünstler ließen sich nicht mehr auf den civilen Preis von fünf Eou in ; unsere Compignieschuhmacher seuf'ten unter dem löhimborasso der hülfSbedürstigen Fußtoilette. Also nun woher nehmen und mit Niemandem in Conflict gerathen? Der Anblick meiner schwergeplüsten Fußbekleidung erschien mir gar nicht mal so ganz hoNnungSlos, wenn nur die fehlenden 17 Nägel .auf getrieben' werden konnten. Aber kein Kaufmann der ganzen Stadt befaßte sich damals mit diesem streng germanischen Artikel ; es war daher für den einfachsten deutschen MuSkekentrager ftyr leicht ein zusehen, daß da sranzZsische Volk, daß sich einbildete ohne Schuhnägel an der Spitze der Civilisation zu marschtren, unter solcheu Umständen sehr weit zurück bleiben mußt. Wie e heute in Frank reich mit Schuhnäaeln aussieht, vermag ich nicht zu sagen aber damals, zur Zeit unsere Appell, war c durchaus nicht großmachtSmaßig damit bestellt. Unter dem Eindrucke eine totalen Miß erfolge marschire Ich nach meinem Ouar tiere zurück. Auf der eimigen Haupt ftraße de Städtchen tritt mir Kamerad Döring, dem die Leitung unsere Com pagniewagen obliegt, mit einer Bitt entgegen. .Habe jetzt keine Zeit, muß meine Stiefel zum Appell in Ordnung bringen grollte e mürrisch von meinen Lippen zurück. .Weiter nicht? Dann kannst Du ja nur meine Stiefel nehmen, die sind ganz complet.' Ein tiefer, tte fer Athemzug entquillt meiner Hoffnung, erfüllten Brust. .Gut Kamerad, wenn die Sache so liegt, dann thue ich für Dich Alle.' ,Na dann paß mal auf ruft nun der Retter In der Noth gleich fall hocherfreut, .da oben in dem grü nen Häuschen sitzt die ganze Gesellschaft de Stadtoorstande versammelt, dort gehe hin und laß Dir zwei Bund Heu für mein Pferd geben.' .Also fourage pour deux oheveaux nest ce pasf" ,3a, so etwa ungefähr mußt Du ihnen vvrzaubern; aber weißt Du wa, sage Ueber ,foin da verstehen Sie hier des, fer.- .Schön, Kamerad, die Sache ist abgemacht ; aber nachher bekomme ich Deine Stiesel.' ,Na, selbstverstönd lich.' In dem frohin Bewußtsein, daß der Site el-Appeu für mich seinen dämont, schen Einfluß verloren habe, eilte ich zur Erfüllung meine Versprechens nach dem Sitzungssaal der Stadtverordneten. Aus der nach den heiligen Räumen führenden Treppe begegnet mir Kamerad Fischer, dem mein unerwartete Erscheinen die Frage ntlockt: Na, wohin denn?' .Ich will nur da oben hinauf nach den Stadtverordneten, um für Kamerad Dorina ein paar Bund Heu zu holen.' .Was? Du willst für Döring Heu holen? Menschenkind! deshalb bin ich ja eben dort oben gewesen. Nicht eine ßavb voll habe ich bekommen. Und warum nicht?' .Weil der Hallunke schon sechS Mal verschiedene Kameraden hinaufgeschickt hat. Die Franzosen haben endlich den Zauber gemerkt.' ,Na, ich danke, da ist eine schöne Bescheerung. Aber ich muß doch mein Heil mal ver suchen, für mich stehen nämlich DSring's Stiefel zum Appell auf dem Spiel Adieu Fischer.' Im nächsten Augenblick siehe ich 30 bi 40 Herren Vätern der Stadt gegenüber. Wahrend eine große Anzahl bemüht ist, da theure Haupt hinter den pallisadenähnlichen Vatermördern zu verbergen, sind Andere mit Discutiren, Gesticuliren und Samen ttren eifrigst beschäftigt. Blitzartig schießt mir der Gedanke durch den Kopf, daß hier Alle darauf ankommt, in der Wahl eine .Vater' recht vorsichtig zu sein. Der von mir Auserwählke war soeben au sanftem Schlummer erwacht, stützt seine Doppelposten ähnlichen Ellen bogen auf dn grünschimmerndkn Tisch und beschäftigte sich gewissenhaft mit dem ungemein natürlichen Auf, und Nieder ziehen seine Ober und Unterkiefer. .Voulez-vous nie donner da fourage pour deux cheveaux, monsieur, s'il voua plait? ,Oui, oui, oui, mon sieur, kntgegnet der Angeredete geschmet, chelt und rüstet sich auch sogleich zur Anfertigung einer Anweisung. Da aber eilt ein einflußreicherer College Herbei und zerstört mit einem Male meine ganze Hoffnung. .Eure Fouraze, raon eher ami," begann er mit ernster Miene, .ist schon längst abgeholt. Wir haben sogar da Lieferungsquantum um sechs Bund Heu überschritten.' .Sehr wohl, mein Herr, diese Thalsache ist mir bekannt. llin soeben traf ein Adjutant vom General Kommando mit wichtigen Be fehlen ein und sür da Pserd diese, diutanten beanspruche ich jetzt die geschriebine Ration !' .Dann haben Lie doch höchsten sür in Pserd zu fordern, odr rei:en jetzt di Adjutanten auf zwei Pferden?' .Die Pferde können sich noch immer nicht an den Waffenstillstand ge wohnen. Die Rationen sind so knapp bemessen, daß ein hungriger Gaul nicht halb satt davon wird, dethalb habe ich eben für zwei Pferde erbtn.' .Ha, ben Sie denn eine schriftliche Beftäii gung Ihre Regiment?' .Nein, mein Herr. Ich komme aus directen Befehl de Herrn CompagniewagcnComman deur.' .General?' .B jetzt roch nicht.' Nach längerem, wahrhaft diplomatischen Bemühen war ich endlich im Besitz de Lieferungsscheines auf zwei Bund Heu. E war mir doch recht froh zu Muthe, al ich den Gesah. ren, welche meine kühnen Behauptungen heraufbeschworen, so glücklich entschlüpft war. Kaum kühne ein siecher ruskzug unten auf der Straße meine erhitzt Stirne, da erschien schon wieder in an derer Kamerad und zwar mein Jntimu Bliedung auf der Bildfläche. .Sag' mal, Neumann,' begann er ahnungslos, .wo kommt man hier eigentlich zur Mai rie?' .Da oben hinauf. Aber wa haft Du denn da zu thun ?' .Ach, nicht der Rede werth; will nur für Kamerad Dö ring ein paar Bund Heu holen. ' .So? Nur ein paar Bund Heu? Na, denn nur zu. Eine Treppe hoch, zweit Thür links. Laß Dir nur nicht zu wenig ge ben. Die guten Leute sind hier unge mein sparsam.' .Gut, daß ich das weiß, nun werde ich gleich drei Bund Heu ver langen; will doch den Kerls mal zeigen, daß wir hier noch die Hrrn sind.' .Kann ihnen gar nicht schaden, werden schon wieder recht hochnäsig.' Meine unschuldsvolle Miene trieb nun auch da jüngste Opfer Döring in die wenig oer lockende Falle. Wie sie dem wohl heim leuchten werden, wie sich der wohl au der Patsche zieht! So frohlockte e recht unkameradschaftlich in meiner Brust, Kaum habe ich da mühsam eroberte Bund Heu in Besitz und eile damit aus die Straße, da stürzt der Castellan der Manie alhemlo herbei, stieckt seine Hände beutegierig darnach aus und schreit wie besessen: "Monsieur! Soldat! Prussienl venez au maire!" .Habe keine Zeit,' erwiderte ich ebenso laut, aber in deutscher Sprache, .muß erst zum Stiefel-Appell.' Mit dieser Erklärung ist gleichzeitig der Beginn eines rasenden Welilaufe verbunden, der den Zu schauern ein ungemetne Vergnügen be reitet und die sich nun dafür durch leb hafte Zurufe in französischer und deutscher Mundart zu reoanchiren suchen. Athem lag, aber doch al Sieger treffe ich bei meinem Kameraden Döring ein und werde Zeuge der zwischen ihm und dem wuthentdrannten Jntimu Bliedung staltstndenden wenig erfreulichen AuSetn, andersetzung, die bald den Charakter ei ner gehörigen .Zusammensetzung' an, nimmt. .Und Du' wendet sich der rasende Roland zum Schluß setner Hand greiflichen Demonstration gegen mich .Du bist auch so ein .Judas in Uniform. ' Muß man von den Kerls da oben ei. nen Wischer nach dem andern hinnehmen und schließlich unter allgemeinem Ge kicher mit leeren Handen abziehen. Konntest Du mir nicht sagen, daß Dich dieser .Schobert' auch schon al Werk zeug seiner .Heubegierde' benutzt halte? Utbrtgen bilde Dir ja nicht ein, daß Deine Geschichte, .von der wichtigen Botschaft' und dem .abgehetzten Pserle da oben Eindruck gemacht hat. Der eine Franzose will noch gerne von Dir missen, ob das Pferd endlich satt geworden ist Was er sonst noch von unserm "monsieur le Commandant du Compagnie wagen" zu wissen wünschte, ist mir ein Räthsel geblieben : ich konnt mcht ein mal die gewünschte Auskunft geben, ob der Commandant zur Infanterie oder zur Eavallerte gehöre. Die Montagner Kirchenglocke bereitete unserem eifrigen Disput ein rasches Ende. ES schlug tthr und um ez Uhr sollte da so lange vorbereitete Scyauspiel des .Stitsel-Appells' seinen Ansang neh men. In wilder Hast rannte Jeder nach seinem Quartier. .Nun, Döring,' rief ich entschlossen, .jetzt wird'S Zeit, wo sind meine, daS heißt Deine Stiesel? .Dort in jener Ecke.' .Wo denn?' Na, dort, links am Kamin.' .Aber ich kann wahrhaftig keine sehen.' Döring kam mir zu Hülfe, griff mit sicherer Hand nach der bezeichneten Stelle und stieß im nächsten Moment ein raub:hier, artige Gebrüll auö. .Himmelfchock schwerebrett verschwunden! futsch I Die hat gewiß Fischer mitgeschleppt. Na, nun hört aber alle Gemüthlichkeit auf. Also darum faselte er hier vorhin von .Stiefeln ohne Sohlen' .gleich wiederbringen' .Revanche für' Heu!' Nu geht mir erst ein Licht auf. t ie Stie- fel hat Fischer zum Appell entführt. Ja. lieber Neumann, wa machen wir nun?' .Ja, was machen wir mW Erst ver brenne ich mir beinahe die Finger an Deinem Heu und nun sind mir doch noch drei Tage sicher.' .Unsinn, so leicht geht das bet alten Soldaten noch nicht. Weißt Du sonst keinen AuSwea?' .Ich bin mit meinem Verstände zu Ende.' Da will nicht viel sagen, wenn Du aber den Kops so hängen läßt, dann kann ja gar kein Gedanke mehr drinnen bleiben.' .Ich habe mich aus Dich ver lassen, Döring, und nun in der letzten Minute haben mich die Götter ver lassen.' .Ach waSl Die Götter be kümmern sich nicht um Deinen Stiefel Appell, aber Döring weiß Rath, höre mal zu: Vicefeldwebel Ortmann hat oben im Zimmer noch ein Paar seine .Commiö'Trittlinge' flehen, die nimmst Du ganz ruhig mit, und da er den Appell heule selbst abhalten muß, so hat er die teste Gelegenheit, seine eigenen Ltiesel anzuschnauzen.' Obgleich mir bet diesem waghalsigen Vorschlage un heimlich zu Muthe würd und mir der Nam iner bekannten deutschen Festung einfiel, blieb mir doch jetzt kein anderer Suzeg mehr übrig. In den Zwischen pausen führt Döring noch sein besten Beruhigungsmittel .in der Noth frißt der Deibel Fliegen,' und .bet fremden Stieseln muß man erst recht auf den lieben Gott vertrauen' in Gefecht, und so schlich ich denn .Viceseld wkbel Triltlinge' im Gewände schuldbeladen zum Appell.Platze (sast hätte ich gesagt RichtPlatze). Nicht ohne jene unheimliche Beklemmung in der Magengegend stand ich bald erwar tungSooll in Reih und Glied. Nach wenigen Minuten erscheint der Vicefeldwebel. ' Sein ernster Blick ruht wohlgefällig aus den prachtvoll glänzen den Stieseln meiner Kameraden; ich selbst konnte meine Bewunderung nicht unter drücken. Woher kamen aus einmal diese Prachteremplare eleganter Stiefel? Ich dachte in Augenblick an Döring' himmlische Prophezeiung dann erscholl da erschüllernde Commando: .SliUge standen! Zweite Glied rückwärt richt Euch marsch!' Der Vorgesetzte stand vor meiner Corporalschast der große Augenblick war für mich gekommen. ,Na ja,' beginnt sofort der strenge In ftructeur feinen ernsten Blick auf meine Stiefel richtend, .da haben wir die Be scheerung, ein räudig Schaf muß ja natürlich immer dabei ein. HerrrrI wie können Sie mit solchen .verlodderten' Vogelscheuchen hierher kommen? Da sind ja die letbhasligen Sandalen. Wo bleibt da da Ehrgefühl?' .Di großen Märsche, Herr Feldwebel.' .Ach wa, faule Ausrede I Glauben Sie vielleicht, daß Sie ganz allein marschi ren? Uebrigen wären diese monströsen Dinger noch menschlich genug, wenn nur die ine Strippe am linken Flügel nicht so .gottvergessen' herumbaumelte. Daß mir das Ding morgen früh festgenäht ist, sonst sprechen wir uns welter.' .Zu Befehl, Herr Feldwebel.' Mit diesem moralischen Hinweis ging der bittere Kelch an mir vorüber. Bevor die Com pagnie entlassen, sprach der Viceselv- wevel den Corporal.chastSsührern seine vollkommene Befriedigung über die gute Beschassenhett der 2usel au, die vor Allem den .guten Geist' der Compagnie beweise, wenngleich noch hier und da die vorschriftsmäßigen Nägel fehlten. .Ich hoffe aber, so schloß der gestrenge In ftructeur feine Ansprache, daß daS bei der nächsten Gelegenheit geschieht, wie sollte daS wohl aussehen, wenn wir nächsten .ohne Nägel' in Deutschland einmarschiren?' Em zufriedener, fast zu heiterer Ausdruck lagerte auf den leicht gerölheten Gesichtern der .alten, gerisse nen' Unterossictert und Sergeanten. Beim Tag daraus flatlslnvenden Ab marsch hatte sich eine außergewöhnlich große Anzahl unserer Ouartterwirthe eingefunden, di sich recht heiter mit ihren "Kons prussiens" unterhielten und mit aufrichtig empfundenen Wünschen Ab schied nahmen. Einer noch liebenswürdigen Zuneigung hatte sich uns Kamerad Döring, der von nun an das Epitheton .HeuRath' führte, Seitens dergranzosen zu erfreuen Sein mit einer Unmasse Heu beladener Compagnie-Wagen war von lachenden und gestlcullrenden Franzosen, unier de nen sich sogar .Väter der Stadt' besän den, förmlich belagert. .Stillgestanden I Gewehr über! Bataillon marsch!' Strammen Schritte geht e durch da kleine Städtchen, dessen freundliche Be mohner nicht müde werden den scheiden den Deutschen bou voyage zuzurufen Ein freudiger Geaengruß ein Wink der Hand und Rallyla-Montagne mit seinen freundlichen Bewohnern und dem gefurch teten Sltefel-Appell lag hinter un. Beim ersten Rendez-vous erschallt die Stimme unsere beliebten HauptmanneS: .Gefreiter Neumann!' .Hier, Herr Hauptmann!' .Sagen Sie mal, alter greund, was war denn eigentlich bei den Franzosen heute los? Na, nur keine Ein, leituug frisch von der Leber weg, bleibt Alles unter un.' .Die Französin wis sn die Ehr zu schätzen, Herr Haupt mann, daß ihre Sonntagsstiefel zu un ferm Appell genügten.' .Also die Stie. fel gehörten gar nicht Übel mahrhastig nicht. Na, und was war denn mit Döring?' .Er hatte mit dem alten Castellan zehn Flaschen Wein gewettet, daß er mehr als das sorge schrikbene QuantumHeu erhalten würde. ' .Und er hat gewonnen?' .Gewiß. GesternAbend hat er mit feinen zahlreichen Helfershelfern und dem Castellan den Gewinn vertrunken. Die Franzosen amüflren sich königlich, weil der alte gei- zig Castellan hineingefallen ist und nun erst einsehen gelernthat, daß die Preußen doch klüger sind, als er glaubte.' TU elektrische" Jahnzange. Eine ergötzlich Scene hat sich kürzlich bei einem Barbier im äußersten Norden Berlins abgespielt. Steht da ein biederer Dorfbewohner vor dem Laden und ftudirt et rtg die vor der Thür angebrachten Schilder, von denen das mit der Auf fchrift: .Zahnziehen mit Elektrizität' feine besonder Aufmerksamkeit in An spruch nimmt. Nach einer Weile tritt er ein und sagt, indem er aus seine fürchter lich angeschwollene Backe hinweist, zu dem sich ihm mit graziösen Bücklingen nähern den Haarkünstler in echt märkischem Dia, lekt: .Ick wull mi von Sei en Tban trecken kalten; awer Sei mötten mi dat up de Ort dhauen, as dor büten schrewen steiht. wo heit dat do glick, mit de Elek " .Ah. tote meinen wohl mit Elektriri tät,' beeilte sich ihm der bei dem Anblicks der stark au'z-triebenen Wange sichtlich freute Barbier zu Hü'.se zu kommen. Jo, ja, dat meen ick; denn mit de Tang geihl dat ti mich nich, dat hat all us Schmekl xroweert; de het me mit sin lang giud en Stunn barbarsch tausett. het eha Lwer nich ruikregen. Hüt bin ick nu na hi mit en Fauder Heu herinne kumme un hew dat denn buken lesen, dat Sei dat Thantrecken ux en anner Ort be triewen, un nu wull ick dat bi Sei ver säuken.' Eiligst schob der Barbier den .eleklri schen' Stuhl heran, aus dem der Patient Platz zu nehmen hatte, brachte die Drähte in Ordnung und verband die Wertung. utmert am folgt rer vauer innen Bewegungen. Kaum halte er aber be merkt, daß sich der Heilkünstler mit einer Zange bewaffnete, fxrang er von feinem Stuhl aus und macht Anstalten, sich zu entfernen: .Mit de Tana bliewen Sei mi man von'n Liew, dorup latt ick mi nich mihr wedder in. Dat geiht jo tt mt nich, do hew ick tau faste Thän tau. Sei lullen da jo rp de neige Ort maken. un wenn Set dat nich können, dunn latten S mi man lciwerst in Rauh'. Da war guter Rath theuer. Ohne Zange ließ sich schlechterdings nichts machen. Aber der Barbier hatte einen guten Einfall: .Mein Herr,' beschwichtigte er den Ausgeregten, .Sie sollen ja mit derselben selbst den Zahn fassen, den Sie bei An wendung der Elektrizität sich ganz leicht herausheben können. Ich nehme sie gar nicht in die Hand. Wollen Sie dieselbe nur so anlegen. So, nun passen Sie auf,' sagte er schließlich, nachdem er sich überzeugt halte, daß die Zange einiger maßen gut saß, und öffnele den Strom. Unter der Wirkung desselben schnitt der Bauer ein Gesicht, als wenn ihm Jemand mit einer Federxose die Nase kitzelte, und kniff die Augen sest zu. Schnell ergriff nun der Barbier die Zange, brachte sie in die richtige Lag, in leise Drehung, ein Ruck und heraus war der Zahnl .So, ich danke sehr, wolle Sie nach spülen?' .Wa,? hei iS all herut! I dat süll man do nich glöwen, wat dat Tüg do sür ne Kraft hat. Do kann ick ock begriepen, dat sei domit Maschinen triewen können, wenn dat mit min Than so schnell fanig worn lS.' Hocheifreut, feinen Quälgeist auf so schnelle und .noble' Art loS geworden zu sein, verließ darauf daS Bäuerlein den Laden, nicht ohne dem ihn diensteifrig umtanzenden Lehrling ein gute? Trink gelb in die Hand zu drücken. Tie chinesisch Mauer. Ein Ingenieur, der jüngst Gelegenheit gehabt hat, die chinesische Mauer au der Nähe zu betrachten, theilt über dieselbe interessante Einzelheiten mit. Die mitt lere Höhe der Mauer in der von dem Ingenieur besuchten Gegend beträgt 5 Meter 10 Zentimeter, und auf je 500 Meter Entsernuna befindet stch ein Thurm von 7 Meter 50 Centimeter Höhe. Die Fundamente der Mauer sind au Granit, die Mauer selbst besteht au Backsteinen und zementirten Stet nen. Die Konstruktion ist jedoch je nach den natürlichen Hülfsmitteln iner be stimmten Landschaft verschieden. Man verwandte überall di am leichtesten zu beschaffenden Baumaterialien. Die Mauer hat eine Länge von mehr als 3000 Kilometer und wird weder durch Thalmulden noch durch Höhenzüge aus ihrer Richtung gedrängt. Sie meist nur dort Lücken aus, wo sich Flüsse und Was sersälle Bahn gebrochen haben. Der Mauergipfel ist in der Weise ausgehöhlt. daß ein von allen Seiten geschlossener Gang jeden Thurm mit feinen beiden Nachbarthürmen verbindet; so konnten die Soldaten im Falle eines Angriffs unter sicherem Schuh durch die ganze Mauer schreiten. Man glaubt, daß diese Mauer 200 Jahre vor der christ lichen Zeitrechnung als Schutzwehr gegen die Einfälle der Tartaren erbaut wor den sei. Perlen und Perlmuscheln. Meist hat man von den Perlmuscheln eine ganz falsche Vorstellung. Im ge wöhnlichen Leben nennt man .Perlmu schein' jene ovalen, grünlich-röthlich schillernden Schalen und glaubt, daß in den darin befindlichen Lochern die Perlen gewachsen und später ausgebrochen feien. Nun findet man aber in solchen Muscheln niemals Perlen, weshalb sie auch so gut wie gar keinen Werth haben und hoch ftenö zu ' Fabrikation schlechtirPerlmutter knöpse sich eignen. Die wirklichen Perl Muscheln find ziemlich rund, wenig ge wölbt, ihre Schale ist etwa fingerdick, hat einen schönen weißen Glanz und er, reicht die Größe eines Teller. Die durch die Ausschwitzung des darin hau, senden Thieres erzeugten Perlen sitzen an der inneren Seite, falls die Muschel überhaupt solche enthalt, wa übrigens nur bei einem kleinen Prozentsatz zu- trifft. Doch sind auch die bloßen Scha len schon werthvoll, da namentlich die Chinesen aus denselben gar vielerlei kunstvolle Gegenstände herzustellen wis sen. Das Kostbarste der Perlmuscheln sind natürlich die Perlen, deren Wnth durch ihre Form, Farbe und Größe be stimmt wird. Theurer als die eckig und unregelmäßig gewachsenen sind die run den, besonders die schwarzen, welche seit, ner als die gelben, grauen und weißen vorkommen. Am meinen aber hangt der Werth der Perlen von der Größe ab. Der Preis eines Glases Wasser. Wie die Geschichte zeigt, ist ein .GlaS Wasser" nicht immer gering zu schätzen, eS giebt Fälle, in denen so mancher per lende Wem mit dem Preise eines GlaseS WasserS bezahlt werden könnte. So zum Beispiel wird dem Kaiser von Ruß, land alljährlich ein theure, Gla Newa. wa'er überreicht ; wenn närnlii im Vif nat Älrz cder April die Titan, die wä rend eine großen Theil de Jahr, gefroren ist. ausihaut, so begiebt sich der der Rewa-Mündung gegenüderwohnende Commandant der Festung in feierlichem Anzüge mit großem Gefolge zum Fluß, schöpft mit eigener Hand mit einem kr? stallenen Glase Wasser und überreicht dasselbe dem Zaren in seinem Paläste. Der Czar dankt sür da, Gla Wasser, in dem er dasselbe ti zum Rand mit Gold stücken gesüllt zurückgiebt. Diese groß müihige Spende ist auf eine uralte Sitte zurückzuführen, die unter Czar Peter dem Großen eingesührt wurde. In der Re gei wird die kaiserliche Gabe von dem FestungS-Commandanten sür die Armen gewidmet. Da Gla jedoch, au dem der Czar genippt hat, bleibt ein jeweilige Andenken für den jeweiligen Besitzer. Zu viel. Al der alte Kaiser Franz inst über die .Präger Brücken' hinüberging, wehte der türm feinen Hut in die Moldau. Ein Kroat sah die, und kur, entschlossen sprang er dem Hut seine Kaiser nach, sischke ihn aus und überreichte ihn mit leuchtenden Augen feinem Herrn. Der Kaiser befahl dem Soldaten, sich bei sei nem Obersten zu melden. Freudestrah. lend kam der Soldat dem Besehl nach, nicht wenig erstaunt, den .Franzl' bei dem gestrengen Herrn Oberst anzutreffen. Kaiser Franz griff in die Westentasche und gab dem verdutzt dreinschauenden Soldaten sechs Kremer! .Wanst Dei Leben riskierst, um ahn Menschen z'ret- ten, dö iS brac- um ahn Filzen, tS dos schon z'oiel!' SprachS und ging, vom Obersten geleitet, von bannen. ,Un do mit'S D'S woist, Du Hundesohn Du,' so schnaubte den mit offenem Munde da stehenden Kroaten der zurückkehrende Chef an, ,glei' geh'st zum Profossen und läßt Dir .fünfundzwanzig' zahlen, wei'st Dei Montierung verdorb'n um ahn Fil zen.' Kunsturtheil. Die Blumen- und LandschaftSmalerin Olga Wisinger.Florian, die im Schulte' schen Kunstsalon eine Ausstellung oeran staltet hat, weiß folgende kleine Geschichte au ihrer künstlerischen Thätigkeit zu er zählen. Sie malte eine alle Bäuerin aus der Umgebung Wien. Da Bild erregte Aussehen und wurde von dem Kaiser Franz Joses angekauft. Als die Künstlerin das nächste Mal in daS Dorf kommt, erzahlt sie der Bäuerin mit ge bührendem Stolze von ihrem gemein famen Erfolge: .Weißt, Waberl, der Kaiser hat De,' Bild 'kauft!' ,J du mein! Und wa hoat er g'zoahlt?" sagt die Alte. .Denk' Dir. 500 Gulden I ,Na weißt,' ruft da Waberl. .da haft'n Franzl aber guet oang schmiert. ondervare Sitte. Der französische Reisende LugneS er zählt: Auf den Dachern mehrerer ana milischer Häuser sah ich Töpfe, bald mit der Oeffnung, bald mit dem Boden der Straße zugekehrt und ein ehr igen artige Sitte gibt sich dadurch kund: Der Topf, welcher der istraße ben Boven zu, kehrt, zeigt nämlich an, daß eine noch un erwachsene Tochter im Hause ist; wird die jung Anamitin heirathssöhig, so wird zur Kundmachung sür twaige Freier der Tops mit der Oeffnung nach vorn gekehrt; verheiralhet sie sich, so nimmt man den Tops herunter. Hineingefallen. Friedrich der Große pflegte alle Mor gen kurze Zeit aus der Terrasse hinter Savsfouci zuzubringen und stch bisweilen ein paar Augenblicke mit dem dort Wache haltenden Grenadier zu unlci hallen Einst, zu Ansang des Frühlings, als eben Thauwetter eingetreten war, sagte bei dieser Gelegenheit ein Grenadier, salutirend, zum König: Majestät, der Schnee geht weg.' .Da ist recht gut, ' enlgegnel der Monarch. Am anderem Morgen ward ihm rapportirt, daß der Grenadier Schnee desertirt sei und einen Zettel zurückgelassen habe, deö Inhalts: .Ich habe dem König selbst meinen Ab gang angezeigt und er hat denselben gut geheißen.' Friedrich sprach lachend: .Es ist wahr, er hat mir'S selbst gesagt; schafft mir den Kerl wieder, es soll ihm nichts geschehen.' Sächsische Höflichkeit. ,Ei herrcheses, ja, mein Herren, die Engländer!' so läßt sich Herr Bürsten binder am Stammtisch vernehmen, das sind Sie ganz grobe, ungeschliffene Ba- troncl Fahre ich Sie da neulich im Koupee und sitze zusammen mit so einem großkarrirten Weltumsegler! Und wag denken Sie wohl legt er sich ganz un qenirt zum Schlafen nieder und liat mir weeß Kneppchen beide Beine ufs'n Schooß! Und so lag Sie der unoer schämte Beafsteekesser egal die ganze Tour, die ich mit ihm zusammenfuhr beinah' 'ne dreiviertel Stunde, ohne aufzu machen!' .Na hören Sie mal, warum haben Sie denn den Kerl nicht aufgewecki?' .At, wie konnt ich denn das. Ich kann Sie ja kein Englisch!' Beleidigt. Barbier (z einem eintretenden sehr kahlköpfigen Herrn) : .Raflren gefäl lig?' Herr (wüthend) : .Was wollten Sie denn, sonst noch?' höflich. Herr (der im Gafthof eine Dame be- grüßt, die gerade dinirt). Aber bitte, mein, Gnädigste, lasskn Sie um Goltes willen nicht meinetwegen Ihren Kalbs rücken kalt werden.' 311.-5 roU. Reisender (aus einer Sekundärbihn, bei der ti noch recht gemüthlich zugeh:) : .Wo ist ' Beschwerdebuch?' Diener : .Dat i voll!' Reisender: .Wo ist denn der Cla tionSoorsteher?' Diener: Der I ooch voll!' U?ktzmülh,ge Freude. Familienvater (der von seiner Familie an den r e i ch b e s e tz t e n Geburt, tagltisch geführt wird): ,O du grundgütiger Himmel müßt Ihr mich beschummelt haben !' Scharfsinnig. .Mein Fräulein, mit wem habe ich di Ehre zu tanzen?' .Mit mich!' Falsch gerathen. Pfarrer: .Aber Jörge!, Ihr kommt ja schon wieder au dem WirthShaui ge gangen?' Bauer: .Falsch g'rathen, Hochmär, den, diesmal sän m:r 'raus g'flogen l' so fi und prcfj. Sie (im Kuraailen) : Höre doch die einschmeichelnden Weisen der Kurkapelle, untermischt mit dem lieblichen Gesänge der Vögel in der That, ein wahrhast idyllisches Plätzchen!' Er: .Und kein Kellner läßt sich sehen.' Ein dummes Frauenzimmer. Fräulein: .Sind Sie aber dumml Sie haben mir ja alle Romane und Novellen durcheinander gemischt. Wie soll ich nun wissen, welche ich schon gele- sen habe und welche nichte I' Uoberraschung. Vater Cohn tritt aus seinem Kontor und eilt auf feine Tochter zu. .Rofalie, mein Kind, seh' mich an, merkst Du nicht an mir?' Rosalie: .Nein!' Vater: .Seh' doch genauer, Rosaliel' Rosalie : .Wa ist denn wa soll ich denn an Dir sehen?' Vater : .Daß Du bist seit einer hal, ben Stunde glückliche Braut!' Das ändert die Sache. Kanzleirath (in die Kanzlei tretend) : .Ich muß bitten hier ist geraucht worden ! Verstänkern Sie mir nicht noch die Lust hier mit Ihren Giftnudeln!' Kanzlist : .Verzeihen Sie, HerrKanz leirath, der Herr Präsident waren hier und haben geraucht.' Kanzleirath : .So? ! Dann muß ich doch noch einmal riechen (riech!) ah famo 1 Begründung. Herr (die Gasthofrechnung betrach tend): .Wie, in Mark für die Be nützung de Telephons? Ich hab' ja gar nicht telephonirt I' Kellner : .Macht nichts I Das Tel phon stand zu Ihrer Verfügung warum haben Sie'S nicht benützt !' Zurückgegeben. .Laufen Sie nicht Schlittschuh, Herr Lkhmann?' .Si wisskn doch : .Nur wenn dem Esel zu wohl ist. geht er ausS EiS I' .Da haben Sie Recht, Herr Lehmann. Was fehlt Ihnen denn?' Unverbesserlich. Kollektant: Bitte ganz ergebenst um den Jahresbeitrag für den Verein zur Besserung verwahrloster Kinder!' Baron : .Mein Gott, das ist zu viel l Jetzt zahl ich schon durch zwölf Jahre haben stch denn diese Rangen noch immer nicht gebessert?' Der wüthende proseffor. .Sie Sie bilden sich wohl ein, daß Sie hinter meinem Rücken mir auf der Nase herumtanzen dürfen?' verfängliche Antwort Herr: .Wird denn Ihr kleiner Sohn Mar auch später einmal Arzt werden?' Doctor : .Nein; der kann ja nicht einmal eine Fliege umbringen, so zim perlich ist er.' Naive Voraussetzung. Lieutenant (nach dem Diner bei Com uierzienrath Gründer in dessen Küche tretend): .Alle Anerkennung, Jungfer, man hat nicht zu viel gesagt, wenn man Sie als die beste Köchin der Stadt rühmt I' Köchin: .Ach, Sie find wohl durch meinen Schatz, den Aujust von die vierte Compagnie herjeschickt worden. Herr Lieutenant!' pflafteitcetcr. .Wer ist doch nur der auffallend ne, klkidkte Mensch da drüben, den man zu jeder Tageszeit hier bummelm sieht?' .Was. den kennst Du nickt?! Da ist ein MillionärSsohn einer unserer veveurenvilen Trottotrtften I Malitiös. Ihre Tochter. Frau Commer,i?n rath, hat ja auch in der gestrigen Abend Unterhaltung gesungen I Die musikalische Begabung ist wohl ein Erbfehler in Ihrer Familie?' Bedingte Freundschaft Vertheidiger (in der Helle de Kau ners): .In Ihrem eigenen Interesse ist S dringend gerathen, dan Sie mir di volle Wahrheit sagen. Betrachten Sie mich als Ihren liebsten Freund, als Ihren Bruder, wenn Sie wollen, aber veriqweigen L?te mir nichts !' Gauner: .Aber dös faa' ick, Dir gleich, Bruder, eing'sperrt wenn i' werd' nacyyer ts s wieder aus mit unserer Freundschaft!'