wie Gizins zu einer Lrau kam, ?!ch Bern Iiallemiche tti 'a!s labornS Cint schönen Sonntags im Oktober nach dem Mittagessen bummelte q aus Gerademohl durch die Straßen von Tu, rin. bi ich endlich, müde gemacht durch da ewige ffedränge der sonntäglichen Men schmmaffen. über die steinerne Brücke über den Po ging und ganz gemlchlich da ein sam GZßchen aus den apunnerberg hinaufstieg. Z)er rrüSenve ercrun, allein zu sein unter der gleichgiltigen Menge, der mich noch kurz vorher so oer bitterke, verschwand wie durch einen Zau ier, und al ich aus dem weiten freien Platz vor dem bescheidenen Kirchlein an gelangt war. fco sich mit seinen soliden Mauern, aus dem Gipfel dc Hügel er hebt, lieh ich ruhig meinen Blick über da gewaltige Panorama dahinschmeisen, da ftch vor mir und zu meinen Füßen au, breitete. Ganz Turin war da versammelt, wie wenn sich um diese Stunde all die Häuser, Paläste und Kirchen um den mächtigen Bau de alten Kastell herum ein Stell dichein gegeben hätten; dazu der Po, friedlich und majestätisch dahtnflrümend, mannigfach durchsurcht von den zierlichen Barken der BootSfühler. Die Ebene ring um die Stadt, in einem verbliche nen Grün mit gelblich-erdfarbigen TU nen, besät mit kleinen Ortschaften, ver lor flch weit, weit in der Ferne in einem leichten, weißlichen Nebel und wurde ganz hinten von der mächtigen Kette der Alpen gekrönt, die sich in den weißen Mantel de überreichlich gefallenen ersten Schnee hüllten. Versenkt in diesen heiteren Frieden zuckte ich unvermulhet erschreckt zusammen und wandte mich auf einen leichten Schlag auf meine rechte Schulter hin plötzlich um: Du, Gigino?' rief ich verwundert au. .Mein lieber Freund " .Ja, ich in höchsteigener Person, ie du stehst." Wir umarmten un herzlich. Drei Jahre lang hatten wir un nicht gesehen und jetzt trafen wir un ganz zufällig hier oben in der Einsamkeit auf dem Ka puziverberge. Ein gute halbeSStündchen entwickelt sich nun ein lebhafte Kreuz feuer von Fragen und Ausrufen; dazu gestikulirten wir wie zwei nicht recht Ge scheute. Mit fieberhafter Eile wurde die Vergangenheit durchstöbert. Wir wett eiferten, wer von un beiden da treueste Gedächtniß ausweisen konnte, wer in der Folge der v.erfloffenen frohen und traun gen Tage am besten die kleinen denkwür, digen Ereignisse, die spaßigen und ange, nehmen oder auch schmerzlichen Erinne' rungen aufzuspüren verstand, die veieint j da Lehen anSmachett. . Da, in der Hitzt der Unterhaltung, wie ein Schauspieler, der vorzeitig und unoer muthet au der Coulisse tritt, sprach Gi gino plötzlich von seiner .Frau". .Du verheirathet?! rief ich sofort u und mein Gesicht mußte wohl ein urkomische Erstaunen gezeigt Haien, weil mein Freund in demselben Augen, blick in ein so geräuschvolles Gelächter ausbrach .vttheirathet? Nein, wirk, lich und wahrhaftig?!" .Ganz richtig veiheirathet, ohne Scher, feit zwei Monaten; und wenn Du erst sähest, mit was sür einem an betungSwürdigen Weibchen, mit welch einem anmuthigen Geschöpfchen, sie so zierlich und ich, der große, grobe Klotz I Aber wir haben un doch recht sehr lieb, ußtDumiffenI" .Die herzlichsten Glückwünsche, mein Freund," unterbrach ich ihn mit ein wenig gezwungener Ironie. .Ich sehe, daß Du Deine zahlreichen revolutionären An schauungen über die Ehe verwirklicht haft, die Du einst eine unoernünftige, unnatürliche Zusammenkoppelung, da Verderben der Gattung und in ähnlicher, schrecklicher Weise benanntest. . . . Aber erzähle mir. wie Du zu Deiner Frau ge kommen bist, die Du so anbetest, daß Du ohne Dein kostbares Schätzchen einsam und verlassen nach zweimonatlicher Ehe hier oben herumirrftl" .Zügle Deine wenig ziemende Rede," versetzte Gigino mit tragischem Ausdruck, .halt ein mit Deiner spitzen, boshaften Verdächtigung, denn meine kleine Emma befindet sich in diesem Augenblick im Hause ihrer Tante Placida, einer für mich unausstehlichen alten Jungfer, in deren Gesellschaft ich meine süße Ge aosftn allein zurückließ; aber um acht .oll ich sie dort abholen. Wenn Tu denn, o Neugierigster aller Menschen, wissen willst, ie Gigino zu einer Frau gekommen ist, so wirft Du um eine nette Geschichte reicher sein, aber vorher mußt Du mir dafür eine Flasche Wein zahlen so viel ist meine Geschichte nämlich werth. " ,O wenig, großmüthiger Freund," fuhr ich in dem tragischen Tone G'gino'S fort, .sei eS denn um die Flasche WeineS, aber laß uns unsere Schritte in Eile zu anderen Gestaden lenken, denn schon ist e halb Sech, und um Acht sollst Du bei Deiner Gattin sein...." Und ängstlich betrachtete ich Gigino, wie er jetzt wohl aussah, wo er oerhei rathet war. Arm in Arm stiegen wir da Sträß chen den Berg hinunter und gingen in die erste Weinschenke, die wir fanden. Der un gebrachte Wein war nicht übel und mein Freund begann, nachdem er ein volle GlaS geleert, mit Ernst die Ec zählung von seiner Verheiraihung. Weißt Du noch? Wenige Tage be vor Du Turin verließest hatte ich das große Zimmer zu edener Erde auf der Piazz Emanuele Filiberto gemiethet und mir daraus, nachdem ich es mit all' meinen Gopssiguren. Zeichnungen, Staf feleiea und Bänkchen möblitt, mein Atelier zurecht gemacht. Zum Glück fehlte e mir nicht an Arbeit, eS war da malS, wo ich die beiden Denkmäler für den Fried hos und meinen Julian den Abtrünnigen machte, den ich an die Ge fellschaft der Kunstfreunde verkaufte. Ich war richtig glücklich und mit mir zufrieden. Gerade in dieser Zeit ging immer zweimal am Tage, Mittags und um zwei Uhr, vor meinem Atelier ein reifendes Mädchen vorüber und fast stets blieb sie stehen, um durch das Fenster meine Ar betten zu betrachten. Kaum jedoch, daß ich ihr inen Blick zuzuwerfen wagte, den ich so ntt und höflich wie nur mög lich einzurichten suchte, floh sie davon wie ein erschrecktes Hirfchkälbchen und ich lachte zufrieden und arbeitete rüstig wei ter. Nach und nach begann ich diese Aufent halte vor meinem Fenster sehnlichst her bcizuwünschen, quälende Unruhe nagte dann in mir und sehnsüchtig erwartete ich die gesegnete Stunde. Kam einmal der kleine Schelm zufällig nicht, so hatte ich den ganzen Tag über die schlechteste Laune und alle Heiligen vermochten mich nicht zum Arbeiten, kaum zum Sprechen zu ringen. Eine schönen Tages, nachdem ich mich gut vorbereitet, und wir Muth gemacht hatte, von dem ich in meiner Erregung so wenig wie ein unges Madchen in mir fühlte, lauerte ich auf sie und. ... " .Uebergabft ihr einen Brief!" ,O wie dumm l Nein, lud sie stot ternd ein, bei mir einzutreten.... sie könnte sich meine Arbeiten dann mehr aus der Nähe betrachten und dann wollte ich ihr auch etwas sagen. . . . Nun. sie sollte sich nur nicht fürchten, sie würde mir einen so großen, einen so sehr großen Gefallen thun.... Sie erröthete, gab mit dem Kopfe ein Zeichen der Zustim mung und wurde verwirrt sie wußte nicht, wo sie hinein sollte. Richtig, wo hatte ich auch meinen Kopf gehabt I Ich öffnete die kleine Thür, die von dem Ate, lier nach dem Thorweg ging, schlüpfte hinau auf den Platz und zeigte ihr den Eingang. In diesem Augenblick hätte ich mein Atelier nicht für alle Schätze des KrösuS hingegeben. Denke Dir, roth wie eine Mohnbluthe hatte sie sich gerade vor meinem Julian den Abtrünnigen aufgepflanzt der Arme I Hätte er das reizende Gesichichen sehen können, er wäre gewiß wieder zur RechtalSubiakeit zurückgekehrt. Ich verschlang sie mit meinen Augen und wir schwiegen Beide. iDann, von meiner Leidenschaft hinae- rissen, faßte ich sie plötzlich bei den Hän den und sagte ihr eine Welt von Dingen, die für einen anderen sinnlos gewesen wären, für uns aber alles waren. Zu, letzt durfte ich sie küssen und wir schie den, dS Herz voll von unaussprechlicher F,''Ude. Von da begann unser LieSlsoerhali niß. Sie war eine arm: Schneiderin, die einzige Tochter eines veritiweten und pensionirten Beamten, äußerst sltt sam, ein goldenes Herz und von kindi scher Schelmerei. Ich wagte e nie, ihr ein Wort zu sagen oder eine And,'uluna zu machen, die über die Grenze der rein ften Anbetung hinausgegangen wäre. Wa willst Du, wenn man wrhvhis. verliebt ist, wird man eb:n fchächken, und blöde, mehr noch, wie gkwöhn lich.... Und doch muß ich gcstehm, daß mir trotzdem nie der Gedanle durch da? Hirn gegangen war, sie zu hei rathen. Seit dem September dauerte unsere stumme Anbetung, und wir waren jetzt an den 24. Dezember herangekommen, den Abend vor dem Weihnachtsfefle. Wie lang waren wir an diesem Mor gen die Stunden vorgekommen! Am Tage vorher hatte ich ihr ein Briefchen ge schickt, da ich sie schon einige Tage nicht zu Gesicht bekommen, und noch hatte ich keine Antwort darauf. In dem Brief' chen hatte ich sie auf den Abend des nächsten TagcS, des 24. Dezember, be, stellt und ihr gesagt, wir wollten dann zusammen in'S Theater gehen oder in die Mitternachtsmesse,, ganz wie eS ihr angenehm wäre. Das war mein Traum gewesen schon die ganze Wache hindurch. Die Hände in den Taschen, die Stirn an die Scheiben des FengerS gedrückt, summte ich zwischen den Zähnen die Melodie eines neapolitanischen LiedchenS, indem ich auf die Piaza Emanuele Fili berto und die antike Port Palaizo hin, ausschaute. Der Schnee wirbelte in dichten Flocken herab, hierhin und dort hin getrieben von einem heftigen von den Alpen herabsehenden Sturmwinde, fpär liche Vorübergehende liefen hastig unter den weißen schirmen dahin, indem sie fortwährend Umwege machten, um den großen Schneehaufen aus dem Wege zu gehen, die den Platz versperrten. Ich freute mich der angenehmen Wärme meines AtelierS stelle dir vor, ich konnte mir den Luru gestatten, es zu heizen indem ich aufrichtig jene U.i glücklichen beklagte, die genöthigt waren, in dem schmutzigen und nassen Schnee herumzutrampeln. Zwei schüchterne leise Schläge an dem Auögang rissen mich aus meinen Betrachtungen heraus; ich ging schleunigst hinau und es zeigte sich mir ein kleines blasses Mädchen, sorgfältig in einen schwarzen Shaul eingewickelt. Schüchtern, mit einem schwachen Stimm, chen fragte sie nach mir, und auf meine Entgegnung, daß ich gerade der Gesuchte sei, reichte sie mir ein Billetchea von mei ncc geliebten Emma, grüßte und floh hurtig davon. In dem Brieschen hieß eS ungefähr: .Heute Abend kann ich nicht zu dem Stelldichein kommen, da mein Vater ein paar feiner Freunde eingeladen hat, die alle vereint einen großen Weihnacht kuchen in Angriff nehmen wollen, den wir aus Mailand bekommen haben. Aber wir werden uns doch miedersehen; denn ich soll in den Keller gehen und Wein abzapfen; sind dich also heute Abend um neun unter dem Thore unsere HaufeS ein, wir werden un wenigsten auf wenige Minuten wiedersehen . . . . " Zum Kuckuck! Da war ein Mißge schick, auf daS ich mich grade nicht gefaßt halte. Da sage mir einer, daß.... genug, ich gab mich darein, und wartete geduldig neun Uhr ab, um sie wenigsten einen kleinen Augenblick zu sehen und zu sprechen. Endlich schlug e einhalbneun; ich zog meinen Ueberrock an, darüber auf sorgfältigste den Mantelkragen, schützte den Nacken noch durch einen breiten alten Hut und ging fort, um muthig der schneidenden Kälte zu trotzen, die auf den reichlichen chnecsall gefolgt war. Um dreiviertel aus. Neun war ich unter dem dunkeln Thormeqe de Hause, stampfend vor Kälte und Ungeduld; aber ich brauche nicht lange zu warten, denn ein Geräusch von Schlüsseln und ein klingeln von leeren Flaschen verkündigte mir die Ankunft meiner Freundin. In der That stand sie auf der ersten Wen dung der Treppe und eilig die letzten Stufen herabfpringend, war sie in meiner Nahe, ie ließ mir nicht Ze,t, den Mund zu öffnen. .Komm schnell in den Keller; dort kön nen wir un sehen. Nimm diese Schlüs sel, öffne die Gitter, stecke dies Licht an ....aber spute dich! Mein Gott, das reine Murmelthierl' Und wie beeilte ich mich, beim ZeuS! Ich öffnete da Gitter, zündete da Licht an und folgte ihr nach unten in den Keller über zwei abschüssige und beschwerliche Trepxchen und einen endlosen Schwanz von einem feuchten und stockdunkel Gang. In der Mitte desselben öffnete (zmma ein niedriges Thürchen, schmutzig wie das Gewissen eines wucherischen Halsabschneider, und wir betraten den unterirdischen, dem BacchuSsaste geant) meten Tempel. .Mein Vater wollte mich nicht allein tn den Keller steigen lassen, auS Furcht, ich weiß nicht vor was, aber ich bin doch gekommen; meine Padrona wollte, daß ich heute Nacht zur Arbeit dabliebe, um das Kleid für die Gräfin Paranai fertig zu machen; denke dir, eine Gräfin, die vor wenigen Jahren noch ein Dtenftmad chen war! Ach was, die Padrona konnte mich doch nicht da behalten; Arbeit tn Hülle und Fülle den ganzen Feiertag, zum Kuckuck ! Und die vier Kneipkum- pane, welche da oben mit meinem Vater loslegen wollen und unserem armen Weihnachiskuchen den Garaus machen .... weiter fehlte unS in der That nichts mehr, sie könnten flch meinetmezen nach Sibirien scheren! Bloß diese lästigen Menschen find schuld heute Abend, daß ich mit dir nicht zur Weihnachtsmesse gehen kann. Aber richtig, dir macht es ja wenig, du stehst mich ja nicht mehr an, machst der Emilia den Hof, der großen Blonden, die so dick und nichtssagend aussieht, die zudem das Ansehen gar nicht einmal werth ist .... O du Undank barer, du Ausbund von Undank ! Aber wenn ich dich einmal zusammen mit dem gezierten Frauenzimmer treffe, dann, ich schwere es dir, kratze ich dir die Augen au!" In dieser Weise kam e aus ihrem Munde mit einer außerordentlichen, er staunlichen Zungenfertigkeit herau. Ich ließ sie reden und betrachtet sie neugierig; die Flaschen waren schon voll und sie fuhr fort zu Ichmatzen, indem sie ihren Vater, die Eingeladenen und den WeihnachtS kuchen vergaß. .Krmm,' fuhr fie fort, todten sie ihre Arm um meinen Hol schlang, mit einer Stimme, leis wie in Hauch, .sage mir, daß du Immer nur mir allein gut sein willst, deiner kleinen goldenen Emma. . . v:rsxrich mir das, versprich eS mir!" Indem ich sie von meiner ewigen, inni gen Liebe zu überzeugen versuchte, hielt ich sie enz an mich gepreßt. .Sage mir nur, Emma, was du machst? Ich warte jetzt schon beinahe eine Stunde auf dich. Charmierft du mit den Ratten?" so tönte unerwartet eine starke, grobe Stimme in die Ruhe des Keller hinunter. Gerechter Gott! Emma war weiß ge, worden wie eine Wachskerze und ich stand vor starrem Schreck wie angenagelt da. Sozieich aber kam fie wieder zu fich und ries laut: .Da bin ich!" Und bevor ihr Vaier denn dieser hatte gerufen aus dem Hintergrunde des Ganges bis an den Eingang zu dem Keller gekommen war, war Emma schon bihende aus den Gang hinauSgeschlüpft, mitsammt dem Licht und den Flaschen. Ich bewegte mich nicht und wagte keinen Laut von mir zu geben. Ich hörte den Schlüssel in dem Schlosse des Ausgangs zweimal knarren, und dieser traurtge Laut erschien mir wie ein Hohngelächter auf meine ebenso betrübende wie lächer, liche Lage. Ich war im Begriff zu rufen, aber ich hielt an mich, um nicht meine liebe Freundin bloß zu stellen. Ganz allmählich hörte ich Emma'S Stimme und die ihres Vaters ferner klingen; er schien eine Erklärung von ihr zu verlangen . . . dann nichts mehr ringsum schwarzes Dunkel. Als der erste Augenblick der Betäubung und auch, wie ich gestehen muß, ängste licher Furcht vorüber war, zog ich eine Schachtel Zündhölzer aus der Tasche, zündete eins an und untersuchte daS Thürschloß. Welche Freude, eS war nicht zu! Die ser Engel o,n Emma hatte mit einer Geistesgegenwart, deren ich sie nicht für fähig gehalten hätte, den Schlüssel ein mal vor und da zweite Mal wieder zu, rückgedreht. Tausend Segenswünsche sandte ich der kleinen Schelmin nach, zündete ein ande re Streichholz an und stieg vorsichtig die Treppen hinaus, die mich wiener zum Anblick der Sterne zurückführen sollten. Welche Enttäuschung! Da, Gitter, wel. che von dem Keller auf den finsteren Thorweg deS Hause mündete, war ge schlössen; der Riegel war abgeschrägt und schloß, wenn man da Güter loS ließ, das Thor von selbst. Ich nahm mein Federmesser auS der lasche und versuchte, da Schloß zu er brechen. Unmöglich! Aus der anderen Seite unter dem verdammten Thorweg war rabenschwarze Finsterniß und durch die Gitterstäbe hindurch konnte ich nicht weiter bemerken, al einen großen Schnee hausen in einem Winkel de benachbarten Hofe. WaS thun? Ich flieg die Treppen wieder hinunter und suchte in dem Keller nach einem Werkzeug, irgend inem Stück Eisen, mit dessen Hilfe ich herauskommen könnte, aber mein Suchen war fruchtlos. Wie St. Peter im Gefängniß blieb auch mir nicht andere übrig, als auf einen reitenden Engel zu warten, und den stellte ich mir in Fräulein Emma ver körxert vor, die, von Mitleid für ihren armen Freund erfaßt, gewiß ver suchen würde, einen Augenblick heimlich sich fortzustehlen, um mein Gefängniß zu offnen. Diese Hoffnung beruhigte mich einigermaßen; ergeben setzte ich mich auf einen der beiden Balken, die drei großen Fässern zur Stütze dienten und brachte so die Zeit eine Weile hin. Eine feuchte KLlie hatte fich inzwischen meiner armen Gebeine bemächtigt, sonst aber gab' nicht Neues. Dann kam ich in eine Versuchung: ich entzündete ein Streichholz, suchte und fand auch ein Stumpschen einer Kerze, steckte eS an und ließ meinen Blick in die Runde gehen. Unter einer Art Gestell sah ich in einer Reihe eine hübsche An, zahl glaschen, schwarz und verstaubt, sicher voll tresslichen WeineS. Die Ver, suchung wurde Herr über mich, ich nahm eine besonder vielversprechende, mit ehr würdigem Staube bedeckte heraus. Ohn viel Umstände brach ich ihr den Hals und goß den Wein in inen Trichter, nachdem ich natürlich Sorge dafür getragen hatte, das Loch des Rohres mit einem Finger zu verstopfen Der Nektar war so deliziös, daß ich, al ich kaum diese Flasche in langen Zügen mit feuchtem Auge aukge trunken hatte, mein Thätigkeit aus S Neue mit einer anderen begann. Davon fühlte ich mich stark, muthig und vor Allem weniger kalt. Ich sprang die Trepp: wieder y?.z::' in') versuch'?, an d:rn Gitter zu tüitttn und es aus den Angeln zu heben, aber vergeblich. iDazu beute dir, daß nicht einmal ein Hund vorbeikam, den man hatte um Hnse an gehen können Doch wie hätt ich auch in diesem Falle meine Anwesenheit in diesem Keller rechtfertigen können. Himmel! In welche Sackgasse war ich da och gerathen I Ich war fast entschlossen, mich zum Rusen anzuschicken, denn eine blinde Wuth zehrte an mir und um jeden Preis wollte ich ein Ende machen, als unvermulhet ein hocherwünschtes Klingeln von Schlüs seln und Flaschen mein Ohr angenehm berührte. Ich zog mich einige schritte zurück und wartete. Bald tauchte ein grober. klotziger Kerl aus, mit machtigem Bart, eine rothe Kapp auf dem Kopf, mit einem brennenden Licht und zwei schma, len Flaschen, die er am Hals gefaßt hatte, zwischen den Fingern der linken Hand, in der rechten die Schlüssel und eine dritte Flasche. In dem Schatten versteckt wartete ich, bis er das Gitter geöffnet hatte, und ehe ich S ihn wieder zuschließen ließ, versuchte ich, heimlich zu entschlüpfen; aber der Schurke sah mich, vertrat mir den Weg und rief: ,WaS machst du in vielem Keller, wag willst du da?" Ich stammelte irgend etwas und nahm einen heftigen Anlauf, ihn über den Hau- fen zu rennen; die Flaschen, die er in der Hand hielt, gingen in Splitter und ich konnte endlich Reißau nehmen. .Hilfe, ein Dieb ein Dtebl" schrie der Ruchlose und lief hinter mir her. Aber ich hatte einen tüchtigen Vor- sprung: hurtig wie eine Gemse ich glaubte Flügel an den Füßen zuhaben sprang ich über die Schneehaufen auf dem Weae und war bild weit wez, so daß mein Verfolger nichts erreichte. Ich be fand mich gerade nahe bei dem Garten der Citadelle und blieb keuchend stehe?; vor wenigen Minuten hatte es elf ge-. schlagen. In mein HauS konnte ich nicht hinein, denn daS Thor unten wurde zeitig ge schlössen, ich hatte die Schlüssel vergessen und der Schuft von Pförtner würde sich sicher wegen eines armseligen Miethers nicht incommodirt haben, der draußen ge blieben war, um sich etwas abzukühlen, umsomehr, da ich ihm noch für drei Mo nate die Miethe schuldig war. In der Tasche keinen Heller! WaS thun? Ich will hier die übrigen Erlebnisse diczer denkwürdigen Nacht nicht erzählen: gegen 3 Uhr deS Morgens konnte ich bet Freund Nupoli ein wenig Unterkommen aus tret- den und schlief, wie Du Dir denken kannst, großartig. An dem Tage nach Weihnachten las ich zu meinem Erstaunen in einem Blatte der Stadt folgende kleine Notiz: .Der Dieb im Keller. Am Abend deS 54 d. M. ungefähr gegen 11 Uhr in der . ...wStraße bemerkte Herr Z., als er eben im Begriff war, in den Keller zu steige, ein Individuum, das sich in dem Dunkel auf der treppe eben dieses Ktl lerS verborgen hielt. Der Dieb denn ein solcher war e versuchte zu flieh :n, a ihm auch, trotzdem sich Herr Z. ihm muthig entgegenstellte, gelang. Herr Z. will jedoch einen Eid darauf leisten, daß der Dieb keine unbekannte Person für ihn ist. Den Keller de Herrn Z fand man offen, einige Flaschen leer und zerbrechen, noch mehrere andere wegge schleppt. Ueber die eiaentlicke Pt?ckafTni. heit de Diebstahl ist man bi jetzt noch ini unuaren. Daraus mrfinn iA orn fnlnmYrn Morgen, al ich mich sorgte, daß ich von ll,c,nrr gciieoren tfmm noch kein reden, zeichen erhalten hatte, von ihr in Brief, chen ungefähr folgenden Inhalt: .Mein süßer Giginol Entschuldige nur, daß ich an jenem Abend Dir da wuitt zu vem Keller nicht wieder aus. machen konnte und Dick uck nickt nnck einmal sprach, ich konnte und mochte m,q nicyr vioßitellen. Hast Du die Zei, tuna kiesen? slerr 4. (ckmÄri tr fmn Dich, und e ist ganz gewiß, daß er Dich wiedererkennen wird. Um Alle wieder in' richtige Geleise ,u drinnen knmme zu meinem Vater, erzähle ihm da Vor gksauenk uno Bitte ihn ,teto,totr,tSnd lich" um meine SSanh .Armer Gigino! Und Du nahmst ,itonDtrnanDiico- vielen ittatt) an .Gewik. ick, wollte dock nickt im CAt, fängnisse endigen!" ,lfo rief ich lachend au hast Du Dich au Furcht verheirathet?" .Glaubst Du?" Und dieker Soaöooael von Giain lachte bohaft, schielte seitwärt nach der alten Wanduhr, stand dann eilig auf unv reimt mir leine Neqte. Bei Gott I e fehlen nur wenige Minuten ,u S Uhr, und fie erwartet mich . . . Adieu, mein Lieber, morgen zwischen 2 und S Uhr finde Dich unter dem SSulengange ein. wie In der schönen alten Zeit, da werde ich Dir meine Frau vorstellen." Und er lief davon wie ein Besessener. Zwei Leiden. Bon l, Resa. Zwanzig Minuten vor dem kleinen, schlefischen Städtchen Drachenberg lag in altes Wirthshaus die Kreuz schenk gknannt. Zwei mächtige, alte Papelalleen schnitten sich dort und gingen, ein Kreuz bildend, nach allen vier Windrichtungen auseinander, was dem alten HauS, das dicht am Kreuzweg lag, wohl emstenS zu seinem Namen ver, holfen hatte. Sonst war die Gegend reizlos zu beiden Seiten der Pappel, all ein tiefer Straßengraben und daran grenzend, flache, endlose Kartoffel, und Zuckerrübenselder. An den letzten Häusern der Stadt, dort, wo die Laternen aufhörten, stand heut, an einem trübhellen Herbstabend. ein alter, kugelrunder Herr und blickte unschluig in die unsichere Helle hinaus. Das Mondlicht brach hin und wieder aus den ziehenden, windgejagten Wolken, in den Kronen der Pappeln flüsterte der Wind und raschelte unheimlich in den gel den Blättern, Die Stadtuhr hob aus und that acht dumpfe Schläge. Wie auSgestorben lag die schnurgerade Allee vor ihm. Ihre Perspektive verlor flch im ungewissen Dämmer und fern ganz fern, blitzte verlockend das trau, liche Licht auS den Fenstern der Kreuz schenke des allen Herrn ersehnte Ziel. Ein alberner Besuch hatte ihn heute so lange ausgehalten und statt, wie allabendlich, mit seinem guten Freund, dem Rentier Kluge, zu wandern, der ihn hier an dieser Stelle Schlag halb acht zu erwarten pflegte, konnte er nun allein den öden, einsamen Weg geh'n. .Dieser Kluge," seufzte der dicke, alte Herr Par, ticulier Seibt .der hätte auch wohl ein bischen länger warten können aber um acht sitzt der natürlich längst am Stammtisch I' Es war nicht zu leugnen nein, kein Mensch konnte da daß der Weg sehr öde und unheimlich sei. Mit Kluge zu. sammen, diesem Helden von Alsen und Düxpel, der dle Furcht nicht einmal dem Namen nach kannte, da war'S freilich etwas Anderes aber so allein ! Hatte eS nicht gestern erst im .Jntelligenzblatt" gestanden, daß bei Steinhagen zwei Strolche einen einsamen Wanderer bru tal überfallen und rein ausgeraubt hat ten ! Herrgott und Steinhagen war nur eine Stunde von Drachenberg ent, sernt ! da mußte der furchiloseste Mensch ängstlich werden I Er stand noch immer und blickte sehnsüchtig nach der Stadt zurück sehnsüchtig nach dem blitzenden Licht der Kreuzschenkt. ES mußte sein! und seufzend machte sich Herr Seibt auf den Weg Die Häuser hinter ihm versanken im Dämmer vor und neben ihm Nichts als öde, endlose Flächen. Noch Immer war der Wind daS einzige Geräusch, Er terrte die welken Blätter von den Bäu mm und jagte die Wolken über den Mond, daß Licht und Schatten wunder, lich wechselten. Und eben jetzt ehe plötzlich eine dunkle Wolke deS Mondes unsicheres Licht ganz verhüllte, entdeckte Herr Seibt eine lange Gestalt, die regungslos etwa 20 Schritte vor ihm an einer Pappel lehnle und offenkar fein Näherkommen erwartete. Entsetzen sträubte ihm die Haare die Kniee brachen unter ihm. Und rings kein Mensch weit schon die Stadt weit noch daS Ziel keine Waffe in sei, ner Hand als der einfache Regenschirm. Flucht, Flucht um jeden Preis ! Aber wohin? Wie konnte ein Mensch von seiner Conflitution durch Schnellig. keit zu entrinnen hoffen er kam ja nicht 30 Schritte weit, ohne eingeholt zu werden. Da ein Gedanke! und blitzschnell verschwand die kugelrunde Gestalt in den tiefen Straßengraben, der die Allee von den anstoßenden Feldern schied. Der Ausenthalt m besagtem Straßen, graben war nicht gerade der angenehmste. Modernde Laub und zäher, tückischer chlamm darunter, machten ihn recht unbehaglich ; dennoch schickte Herr Seibt ein stumme Dankgebet zum Himmel. Wa nun thun? Vsiterhwd war Stille, Todtenfiill die Lo'unz! Merk würdig nur, daß sich nich:, rührt kein Schritt, kein Raschcl-r. Mond brach durch die Wolken und verhüllte sich wieder, der Wind sauste und ruhte auS sonst Nichts. Tödtlichk. bange Mi. nuten vergingen so. Endlich, nach schwe. rem Kamps mit seiner Angst, hob Seibt den Kops vorsichtig und sxädie unter Deckung ine breiten Parpelschatten nach der entgegengesetzten Seite. Der Mensch an der Pappel mar verschwunden aber o Entsetzen I Hob sich dort nicht plötzlich ein dunkle Eiwas von ter Eid: und versank dann langsam, wie vom Erdboden verschluckt?! .Fgtsetzlich I' stöhnte Leibt. .Der MörZer will mch glauben machen, ich hätte mich geirrt er ist im linken Graben und wariet mit teriflcher Mord gier auf mein Hervorkommen!" Und mit schlotternden Knieen kroch er in dem zähen Schlamm vorwärts, leise, unhör, bar den rauschenden Wind benlltzend, der in den Blättern raschelte. ,E wäre falsch," dachte der Unglückliche, .wenn ich zurück kröche, denn wenn er mich sucht, wird er glauben, ich habe mich nach der Stadt zurückgewandt. Also vorwärts, den Freunden entgegen!" Und so kich er auf Händen und Knieen vorwärts oft in den tückischen Schlamm einsinkend, oft an spitzen C ei nen Hosen und Kniee zerreißend. Da ist sie e n d 1 1 ch, die liebe, die rettende. die heißersehnte Kreuzschenke ! Mit wildem Satz erklimm! Seibt den Grabenrand. mit Freudenschnaufen stürmt er über die Straße durch die offn'e Thür und mitten in die Stube hinein. .Hlmmeldonner, Se,bt! wi sehen Sie denn aus?" empfängt ihn mit schal lenden Gelächter der Oberförster. Und die anderen Alle lachen lachen. .Ja, lachen Sie nur!" jappfle er mühsam, schwer auf einen Stuhl fallend, .meine Herren I Gott hat mich gnädig au Mör derhänden gerettet I' .Wie? Wa? aus Mörder, Händen? in unserem friedlichen Drachenberg ja, erzählen Sie doch I" klang e durcheinander. Aber ehe Herr Seid! zu erzählen vermochte, wurde die Thür aufgerissen und da Pendant Seidig prSsenlkrte sich den erstaunten Blicken der Herren. Kothbedeckt. athem loS, zitternd Kluge, der Held von uvvel und Alsen. .Aber Kluge, 'wie sehen Sie kein au? Wo kommen Sie denn her?" schrien Alle unisono. .Ein Dieb k ein Strolch! ein Mörder! Schnell meine Herren, er flüchtete durch' HauS. er muß noch im Hof oder im Garten fein l" schrie Kluge. .Sehen Sie. sehen Sie!" jammerte Seibt, .ich sag'S ja. Also Dich hat er angefallen, Kluge?" .Angefallen hat er mich nicht ich sah ihn kommen, die unheimliche, ge, dun'en Giia!t. und plötzlich verschwand er im Graben; ich blitzschnell tn den anderen ; links war Ich. rechts war er. . . ja warum lachen Sie denn, meine Her ren?" Verblüfft sah sich Kluge, der Helden. kZmxfer, im Kreise um. Nein daS war schon Johlen, Lachen konnte man daS nicht mehr nennen. Dem Pfarrer liefen die hellen Thränen über die Backen, der Oberförster überdriZhntk Alle mit seinem donnerähnlichenGeläch ter, die Anderen trampelten und johlten ; nur Seibt rieb sich mit merkwürdig ver, dutztem Gesicht die Hände an seinem Taschentuch ab und lächelte still wie Einer, der lieber weinen wollte. .Frau Wirthin I' schrie endlich, nach, dem er nur erst vor Lachen die Sprache wiedergewonnen hatte, der Obersörfter, .eine Bowle, eine Staatöbawle für unsere Helden I Ja, eS ist wirlich wahr und kein Zweifel : diese beiden Helden seelen sind eine Viertelstunde WegS im schlammigen Straßengraben gekrochen und Jeder hat fich heilloS vor dem Ande ren gefürchtet!" Die erste chinesische medizinische Schule Am 19. Dez. v. I. wurde in Tient sin die erste chinesische medizinische Schule nach europäischem Muster eröffnet. Der .große Greis' Chinas, Li Hung Chang, der Vizekönig von Chili, kettete die Feier persönlich. Drei Personen gebührt vor Allem das Verdienst, die Gründung der Schule durchgesetzt zu haben: dem ver. ftorbenen Leiter deS vizeköniglichen Kran kenhauseS in Tientsin, Dr. Mackenzie, dem Arzt des VizekönigS, Dr. Irwin und MrS. Dr. King. Diese Dam war eine vertraut Freundin der verstorbenen aufgeklärten Gattin de VuekönigS. und ihrem unmittelbaren Einfluß ist e zu meist zu verdanken, daß Li Hung Chang flch für den Plan interesstn mk ,eme und seiner Freunde Geldmittel zur Ver fügung stellte. Der Bau der neuen Anstalt hat tz3S,000 gekostet. Die Lei, tung der Schule wird ein englischer Artt, der aus dem Triniiv College in Dublin promovirt hat, übernehmen. Er trifft im Frühling in Tientsin ein und bringt die Ausstattung des chemischen, phvfika, lischen und physiologischen Laboratorium mit. Einstweilen werden die 23 Stu denlen, welche die Anstalt jetzt besuchen, von zwei chinesischen Schülern Dr. MackenzieS unterrichtet. Der Unterricht wird in der englischen Sprache ertheilt. Zmmcr derselbe. KommiS (der von seinem Prinzipal schw:r beleidigt wurde): .Sie müssen mir die iklalaiteste Genugthuung geben, die Sie auf Lager haben I" Unterschied zwischen einer kamxe und einer Vame. Patzt man die Lampe, so brennt sie : putzt man die Dam, so geht sie au.