Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 25, 1894, Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    A
r ksmmt!
?!lltIt von JU. von shkndZlll.n.
Die Männerwelt liebte e von jeher,
s.ch die weiblich: Schönheit in drei Ge
stallen vor,uftellen. Du Antike feierte
die drei Grazien und ließ den Pari
zZiNchen drei Göttinnen schwanken
In der MZrchenzeit spiel drei
Schkveflera, von denen Aschenbrödel die
jüngste war, eine bedeutungsvolle Rolle.
in moderner Maler hat, angeregt
aöi durch Diese Idee, drei mnge Bis
chkn auf einem Bilde ereiniqt. Sie
seh, au nie drei Rosen auf demselben
Zweige und sind auch wie solche in rosig
schimmernde Dustsarbe gehallt. Da
reizend, GkmZlde hängt in einer berührn
im Gallerte im oberen Stock, wo die
hervorragenden Künstler einen Ehren
platz haben. Man weis, wie er heißt.
der Meister, der die Werk schuf, und die
Schaulustigen werden nicht müde, e zu
betrachten. Sie fragen immer wieder
nach den Ramen der drei Huldinnen!
Ella, Bella und Stell wurden sie ge
annt: man eriählle mit leisem Ge
munkel ein Geschtchlchen von ihnen ob
Wahrheit oder Dichtung, ist nicht genau
zu ermittetn gewesen. Nach einer mund
lichen Ueberlieferung soll e hier berichtet
erden.
E war war kein Märchenprim. der
die Wahl zwischen den beiden Schwestern
halte, aber doch ein Kavalier ersten Ran-
e. Er huldigte ihnen in austollender
eise, und da Publikum tnteresstrte
sich, wie für ein Kavitel au einem span
enden Roman für die Frage, welche von
den Schwestern er schließlich durch einen
ntrag beglücken wurde.
Den drei Kästchen gleich, die einst
Porlia töten Freiern zur Wahl aufst:llte,
waren die verschlossenen Mädchenherzen
für den Bewunderer ihrer SchZnheit. Er
fürchtete sich, die echte Liede nicht ent
decken zu können. Dich sehnte er sich
nach dieser Wunderblume de Glück,
wie der durstige Wanderer in der Wüste
nach einem erfrischenden Quell schmachtet!
Die Echtheit der Liebe zu erkennen ist
eine schwere Kunst: durch solche Blend
werk sind schon oft die scharfsichtigsten
uqen getauscht worden.
Ein Kavalier wie Graf Merluck, der
jung, schon, reich, vornehm und klug
war, konnte wirklich nicht missen, ob
nicht ein oder da ander seiner zahl
reichen Glückigüter: Sein Geld, sein
Schloß, sein Stellung oder seine
Equipag da Herz der jungen Dame ge
onnen hatt?
Diese Befürchtungen hielten ihn ab als
Fre'er aufzutreten und brachten ihn in den
Ruf, kaltherzig zu sein oder doch min
besten kein Verständniß für den Zauber
reiner Weiblichkeit zu haben.
Eine Abend lehnte der Graf im
Hintergrund seiner schönen großen Loge,
der theuersten im ganzen Theater. Die
grünverschleierte Lampe warf einen blei
chen Schein über sein blühende Gesicht.
Der ungewöhnliche Ausdruck von Trüb
sinn kleidet ihn sehr gut, wie die Damen
fanden, welche verstohlen ihr Augen
gläser nach ihm richteten.
Er selbst benutzte den Operngucker
weniger, um die Bühne als vielmehr den
Zuschauerraum zu betrachten.
Wi in lebende Bild im Goldrah.
men der Fremdenloge de ersten Ranges
saßen die drei schönen Schwestern ihm
gegenüber. Sie waren wieder vollftän,
big übereinstimmend in rosenrother Seide
rößt Aehnlichkeit. Nur Stell, die
Jüngste, hatte ein schwarze Sammet
band, mit kleinen silbernen Sternen be
seht, um die blonden Locken geschlungen ;
wahrscheinlich sollte man darin eine An
spielung auf ihren Namen finden: Stell
heißt ja Stern !
Al Ehrendame faß eine würdige
Tante mit grauen Haaren und grau ge
kleidet, neben der jungen Damen; sie
ar fast anzusehen wie eine böse Fee und
paßte deshalb zu der Märchenerscheinung
der schönen Nichten. Doch meinte sie es
mit ihnen gewiß sehr gut, denn sie rückte
dieselben besorgt auf den Vordergrund
und späht umher, ob sich auch Bereun
d:rer bemerklich machten.
.Seht nur, Kinder, eben tritt Euer
Vetter Willibald in die Loge des Gra
fen; beide Herren plaudern eifrig
kämmen und sehen zu unS empor;
r
der
Wetter wird Merluck jetzt gewiß bereden,
zu un heraufzukommen !" flüsterte sie
erregt und schob einen Sessel hinter
Bella, machte ein Zeichen für Ella, wel
che bedeutete, die Achsel mehr zu ent.
nullen, auch bauschte sie der neben ihr
sitzenden Stell die Locken mehr in die
Höhe. E war augenscheinlich, daß sie
für all drei Nichten dieselbe liebevolle
Sorgfalt fühlte und den Wunsch hegte,
daß ein derselben den reichen Grafen
erobern möchte.
Vetter Willibald war ein eleganter
Diplomat, der sich auch I solcher lt
rechtigt glaubte, ein wenig al Intrigant
thätig zu sein. Seine schönen Cousinen
standesgemäß zu verheirathen, lag ihm
ebenso am Herzen, wie der wohlmeinen
den Tante. Er umspann deshalb die
wenigen aünschenSaerthen Freier der
vornehmen Welt mit freundschaftlichen
Beziehungen, ganz besonder aber den
Grafen Merluck; er brachte ihn auch
jetzt mit Geschicklichkeit auf daS HeirathS.
thma, wobei der Graf, wie schon oft, die
Furcht auSsprach, nicht um feiner selbst
willen gewählt zu werden.
.Wenn Ihnen wirklich ernstlich so viel
daran gelegen ist, die zu erfaren, so
könnte ich Ihnen ein Mittel vorschlagen,
durch welche daS Herz auf die Zunge
tri:t... '
.Bitte, rennen Sie eS mir."
.Nun, ich möchte ti gleich beiveisen,
indem ich Sie und meine hübschen Cousi.
neu noch heute Abend zum Souper nach
dem Theaier einlade. Im Hotel Belleoue
i
Der
Jahrgang 14.
giebt e guten Ehampazner, der gewiß
seine Wirkung "in viua verita" nicht
verfehlen wird.
.Da acceptir ich natürlich mit dem
größten Vergnügen, aber aus Ihr Ver
antwortung. Willibald.
.Versteht sich von selbst! Die lungen
Damen dürfen nie etwa von dieser
Weinprobe erfahren, und jede Ent
dkckäna. welche Sie dabei machen, bleibt
ganz unier un. Wenn Sie vielleicht
erfahren, daß alle drei in Sie verliebt
sind, haben Sie die Wahl und die Oual
Für welche Sie sich entscheiden, ist mir
nämlich nicht ganz gleichgültig, denn ich
will iwnen nur aettehen. da ich eine
meiner Cousinen selbst gerne heirathen
möchte!"
.Ich werde Ihnen ge, nicht tn
Gehege kommen, freue mich aber wirklich
auf Ihr Erperiment.
Arm in Arm gingen d,e beiden Herren
unmittelbar nach dem Aktschluß von dan
nen. und kure Zeit nachher hörten die
drei jungen Damen in der ersten Rang
loge, daß die Thur derselben geöffnet
wurde ein angenehme Geräusch, wel
che willkommenen Besuch verkündete!
Viele neidliche Blicke flogen tn die
Loge, al die beiden eleganten Kaoaliere
dort erschienen und nach dem üblichen
HSndefchütteln ein sehr belebte Unter
haltunq begannen.
Willibald sprach alsbald leise, ader
eindringlich mit der Tante, die scheinbar
ansang Widerstand leistete, sich ,edoch
schließlich von ihm überreden lieh, feiner
dreisten Einladung zaghaft zu folgen.
Die jungen Damen waren starr vor
Erstaunen, als dieselbe ihnen mitgetheilt
wurde. Aber Ella, die älteste, wechselte
einige vielsagende Blicke mit dem unter
nehmenden Vätter Willibald. Wenn
Graf Merluck die beobachtet hätte,
würde er gleich gewußt haben, welche der
Cousinen die Erwählte de Betters warl
Der Weg vom Theater di zum
Hotel Bellevue ist sehr kurz, doch erschien
er dem jungen Grafen als Führer der
alten Tante sehr lang: er vermochte nicht
da Flüstern zu verstehen, welche Vetter
Willibald, mit seinen Cousinen langsam
hinterhergehend, begonnen hatte. ES kam
dem Lauschenden beinahe vor, als würde
ein Komplott gegen ihn geschmiedet; r
vergaß ganz, daß er selbst ja eigentlich
auf eine solche gegen die jungen Damen
eingegangen war.
Auf einen Wink Willibalds wurde die
kleine Gesellschaft von den dienstfertigen
Kellnern in einen eleganten Salon-a-part
geleitet, wo man unter den Fenstern
den prächtigen Elbftrom erblickte, in des,
en Wellen sich die zahllosen Laternen der
Brücke spiegelten, während d,e Umrisse
de gegenüberliegenden StadttheilS sich
malerisch auf dem dunklen Horizont ab
zeichneten.
DaS schöne Bild wurde ader nur nach
tig betrachtet; man war begreiflicherweise
so zerstreut und beklommen, daß man
nicht auf Außendinge zu achten fähig sein
konnte.
Die peinliche Stimmung verlor sich
jedoch, nachdem einige saftige Braten
chüsseln dargereicht waren, und die erste
Flasche Schaumwein au den Gläsern
verschwand. Dem körperlichen Behagen,
welches durch Speise und Trank ent
stand, folgte alsbald auch ein geistige
Erregung.
Schönheit, Jugend und Hetlerkeik,
diese drei Mächte, bewährten sich als
Sieger gegen die Fesseln und Schranken
der Konoenienz. Es roar bezaubernd, zu
ehe und zu hören, wie ein leise begln
nender Rausch die Lippen der jungen
Damen erschloß.
Lieblich, frisch, rein und klar wi in
Quell sprudelte die unschuldige Lebens
luft hervor, und entzückte die beiden jun
gen Männer, die jedoch kein kecke? Wort
wagten, denn bei ihnen war natürlicher
Weise die Wirkung deS Champagners
nicht so aufregend, wie bei zarten weib
lichen Nerven, die an solche Berauschungen
nicht gewöhnt sind.
Vetter Willibald gtaudte, woht etwas
zu früh, sein iLrperrment unternehmen
zu dürfen; der Erfolg, den er erhofft
hatte, blieb wenigsten unter seinen Er
wartungm.
Er schlug nämlich plötzlich an sein
GlaS und rief:
.Nun ader wollen wir anstoßen auf
die Verlobung deS Grafen Merluck. .. .
Wissen Sie denn, meine Damen, daß er
sich die schöne Ballerina Bleich erwählt
hat?'
,Verlobt!" hallte e wie ein Schmer
zenSschrei durch die Luft; Ella und Bella
wurden dunkelroth, sie stießen ihre Gläser
mit wilder Geberde an einander und
lachten.
Die arme Stell aber sank in tiefe
Ohnmacht; gleich einer Marmorstatue lag
sie aus dem Purpurkissen de SophaS.
Entsetzt sprangen ihre Schwestern aus,
während die Tante mit zitternden Händen
den Inhalt ihre? RiechfläschchenS auSzu,
gießen versuchte.
Die beiden Herren eilten chreckenS-
bleich di Treppen hinab. .Einen
Waarn,' rief der Graf.
.Nein, eine Portechaise tft besser,'
agte Willibald, und lief nach der
Lchlcßst aze, wo ti roch solche veraltete,
Soiiiifiii3$jjiil
Beilage zum Nebrasla Staats-Slnzeiger.
aber nützlichen Vehikel mit den dazu ge
hörigen Trägern gab.
Vorsichtig luden dieselben die Ohn
mächtige aus. denn sie sind geübt, mit
Kranken ummgehen. E sah unheimlich
auS, al sich der Zug in Bewegung setzte;
die verstörten Geftchter, die ihm folgten,
die eilig sich ausmachende Gesellschaft,
die Ueberreste eine lustigen Gelages mit
vollen Gläsern. leeren fflaschea und
strahlender Beleuchtung hinter sich las
send, alle dies machte einen mahrhaft
ergreifenden Eindruck aus die Umstehen
den.
,Wa war da nur? Ist Jemand vom
Schlage gerührt oder vielleicht nur be
trunken wurde flatternd gefragt.
DaS letzte Wort klang sehr hämisch und
traf wie ein zweischneidige Vchvert
Die geängstigt Stell vernahm e. al
sie eben au ihrer Bewußtlosigkeit er
wachte.
Sie wollte ausstehen, sich zeigen und
reden oder laut rufen, um zu beweisen,
doß dieser erniedrigende Verdacht unbe
gründet sei. Aber eS hörte Niemand aus
sie, denn der Klan ihrer Stimm war
u schwach und vermochte nicht die
polternden Tritte der Träger zu über
tönen. Sie kam sich fast vor wie in
Lebendigbegrabene und verlor abermals
da Bewuhisein.
Al sie au ihrer Erstarrung am fol
enden Morgen sich völlig erholte, be
fand sie sich mit einem wohlthuenden
Sicherheitkgesühl in ihrem trauten
Schlafftübchen, von den beiden Schme
ftern liebevoll behütet. Sie saßen neben
ihrem Bett und lauschten aus ihre Athem
züge mit angstvollen Mienen.
Stell richtete sich auf und sagte
Ach, wa hat mich denn überfallen?
Erzählt mir, liebe Kinder, alt alle kam
und was ich geredet habe. Es war
gewiß Unsinn!"
.Du haft gar nichts gesprochen, du
hattest nur einen Ohnmachtsanfall, der
starke Wein war dir wahrscheinlich zu
Kopse gestiegen," sagte Ella mit be
schwichtigendem Ton und legt die Kissen
in bequemere Lage, während die kleine
Bella liebkosend die Hände der Wider-
erwachten an ihr Herz drückte. .Der
starke Wein, meinst du, märe daran
schuld? Sollt wahr sein! Denke
nur, ich hörte ganz deutlich, daß Jemand
sagte, ich sei wirklich betrunken, als man
mich fortbrachte I' rief Stell und sprang
auf, sich mit fieberhafter Eile in ihre
Kleider werfend.
' Die Schwestern halfen ihr beim An
kleiden und suchten sie aus ander Ge
danken zu bringen.
.Ihr wollt mich trösten und erlaubt
Euch fromm Lügen, um mich zu beruht
gen. Bitte, sagt mir lieber di Wahr
heit; ich habe gewiß meinen Schmerz zu
erkennen gegeben, al ich durch Willi-
bald erfuhr, daß di .reizende Tänzerin
di Lieb deS Grasen errungen hat. Ich
bin verloren, bespottet, man wird mich
nun auslachen, während .sie" auf dem
Gipfel des Glücks steht! Oh, welche
Wonne ist es, geliebt zu werden, .mich
ein Segen, welch ein Trost! Die Liebe
ist ein Führer durch alle Gefahren, sie
gewährt eine holde Täuschung über alle
eigenen Fehler; man hält sich für voll
kommen, wenn man das Glück hat, ge
liebt zu sein. Ach, warum konnte ich
daS nicht erringen?' sagt daS junge
Mädchen schluchzend und warf sich auf
einen Sessel, der am Fenster stand und
di Aussicht auf die Straße darbot.
Rathlos folgten ihr die Schaieftern;
sie mußten nicht, wodurch sie diesen
AuSbruch einer bisher ungeahnten Lei
denschafk mildern konnten.
Plötzlich schmieg Ttella und lehnte sich
weit zum Fenster hinaus; in Wagen zog
ihre Aufmerksamkeit an. ES war ein
elegante Equipage, die Dienerschaft trug
rothe Livree, den Wagenschlag zierte in
wohlbekanntes Wappen! Alle drei
Schwestern stießen in Freudengeschrei
aus. .Nun ist alles gut er kommt!"
rief Stella und eilte in den Salon, wo
sie erfuhr, daß sie geliebt sei, ganz so,
wie sie es sich gewünscht hatte. Jetzt
war sie wirklich berauscht .... nämlich
trunken von Glück!
ori!
Bon Aurelia Berg.
Der Tanz Arrangeur commandirte:
.Die ersten Paare!"
.Fraulein! Sie dürfen mir nicht zür
nen, wenn ich Ihnen sag, baß ich
Sie'....
.Herrensolo!"
Daß ich Sie liebe, daß diese kur,en
seligen Augenblicke genügten, mich zu
überzeugen, daß". . . .
Wieder unterbrach ihn da Commando
deS Tanzarrangeurs. Erst das Finale
der Quadrille und die darauffolgende
Promenade durch den Saal machten eS
ihm möglich, feinen Satz zu vollenden
und ihr zu sagen, da ihm von nun an
ein Leben ohne sie vollständig unerträg
lich erscheine und daß sie ihm gestatten
müsse, sie wiederzusehen, mit ihr sprechen
zu dürfe.
Ein ie, ei Hä ledruck, in stumme
Ja-die-. Augen dlick.n. .Remember" flü?
fterten seine Lippen; da blonde Köpfchen
nickte zustimmend und al da Musik
ftück beendet war, führte er feine Tänzerin
würdevoll zu ihrer Begleitung und ver
schwand im Tanzgewühle.
Lill von Gutherz, ine kleine, herzige
Blondine mit keckem StülpnäSchen und
Grübchen in den Wangen, war väter,
licherseitS verwaist. Herr Moritz von
Gutherz hatte, durch glücklich gewagte
Spekulationen begünstigt, I verstanden,
sich ein großes Vermögen zu rwerben
und da er nicht nur geld, sondern auch
ehrgeizig war, so benützte er die Macht
deS König Mammon, spendete sür einen
wohlthätigen Zweck eine große Geld
summe und auch diese Spekulation schlug
nicht fehl ti würd ihm gestattet, sei
nem Namen Gutherz da kleine und doch
so viel bedeutende von hinzuzusügen.
Nun war er geadelt. Nicht lange aber
konnte er sich dieser neuen Würde freuen,
er starb und an seinem Sarge trauerten
die Gattin, Frau Marie von Gutherz,
over wie oie leneriqasl sie nennen
mußte, .die Frau Baronin" und ein
Töchterchen, die kleine Lilly.
Die Frau Baronin entstammte einer
ehrsamen Handwerkerfamilie von der
.enter'n Gründen" und hatte bereit die
Dreißig überschritten, als sie dem gleich
alterigen, damals noch vermögenslosen
Gutherz die Hand zum ewigen Bunde
reichte. DaS spätere Vermögen und nun
gar der Adel verwirrten ihre bis zu die
sem Zeitpunkte ganz gesunden Sinne.
Um sich nichts zu vergeben, um durch
Nichts ihre Würde zu verletzen, übertrieb
sie dieselbe bei jeder Gelegenheit und ver
sicherte stets, daß sie ihr Tochter nie und
niemals einem Bürgerlichen zur Gattin
geben werde.
So standen die Verhältnisse im Hause
Gulherz, als Lilly bei einem der Kunst
leiseste im Künstlerhause die Bekannt,
schaft Harry Horden' machte.
Er war ihr von einem der anwesenden
Künstler vorgestellt morden. Natürlich
hatte sie bei dieser Vorstellung seinen
Namen nicht verstanden, doch vorsichtiger
als Elsa in .Lohengrin" frug sie weder
nach Name, Stand und Herkunst, fon
dern begnügte sich damit, in ihm einen
entzückenden Tänzer und famosen Gesell
schafter zu finden. Mama hatte sie z
diesem Feste nicht begleitet, sie war nur
in Gesellschaft einer alten Tante, denn
die arme Frau von Gutherz trauerte tief
um den Verlust ihre Papageies, ihres
Lieblings, der vor einigen Tagen in einem
Anfalle von Altersschwäche da Zeitliche
gesegnet hatte.
Wi lieb, wie hold klang stets sein
schnarrendes .Gut Morgen, Frrrau
Larrronin I" und nun war er hin. Der
Schlag war doch entsetzlich.
Lilly aber theilte nicht den Kummer
der Mutter, sie besuchte das Fest, das
für sie ftetS unvergeßlich bleiben sollte,
lernte sie doch Harry, ihren Harry Har
den dort kennen und lieben, und IS sie
gar am zweitnächften Tage, wie verab
redet, unter Chiffre .Remember' ein für
sie bestimmtes Briefchen behob, ein Brief,
chen, in welchem er ihr nur von Lieb'
und Treue sprach, da hatten ihr Glück,
ihre Lebensfreudigkeit den Höhepunkt er
reicht.
Sie schrieben sich von nun an recht
fleißig, sahen sich auch öfters, ohne daß
Frau von Gutherz die geringste Ahnung
von alldem hatte, wag das Herz ihrer
Tochter fo sehr in Anspruch nahm.
Seit jenem Feste waren zwei Monate
verflossen, als Lilly eines schönen Tage
folgenden Brief erhielt :
.Angebetete Lilly I Ich glaube ein
Mittel gefunden zu haben, um im Flua
die Gunst Deiner Mama zu erobern,
Sie beklagt noch immer den Verlust ihre
Papageis. Ich werde ihr einen viel
schöneren und sprachgewandteren Vogel
dieser Gattung bringen. Doch darfst
Du mich nicht kennen, wenn ich morgen
als Fremder bei Deiner Mama vor,
spreche. Alles Nähere mündlich. Tau
send Küsse. Harry."
Am nächsten Tage um di Mittags-
stunde machte Harry Harden der Frau
von Gutherz seine Aufwartung, Ans
dem Zeigefinger seiner Rechten saß ein
wunderschöner Papagei.
.Gnädigste Baronin, man sagt mir.
Sie hätten einst das Prachtixemplar
eines Papagei'S besessen. Da nahm ich
mir denn die Freiheit,' Ihnen al Ken
nerin, diesen Papagei vorstellen zu dür.
fen, der, ich bin überzeugt, den Ihrigen
in Redegewandtheit bei Weitem über
trifft.'
.O, Sie haben meinen Lolo nicht e
kannt, er war das Ideal eines PapaserS.
DeS MorgkS, wenn ich in das grüh
ftückszimmer trat, schrie er mir schon
Gut Morgen, gnädigste Baronin I'
entgegen. Er schmatzte wie ein Mensch :
ihm gleicht wohl keiner!"
Da kreischte der Papagei, aus Harro
Harden'S Zeigefinger stehend, das Duett
auS der .Caoalleria":
.Turiddu, darfst mich nicht treulos ver
lassen I
Santuzza, reize mich nicht!" ic. :c.
Entzückt starrte ihn Frau o. Gutherz
an. sie wollte das Tbierchen um eben
No. 36.
Prei sofort kaufen, doch da lag nicht
in Harry Hirden' Plan.
.Frau Baronin, ich dachte gar nicht
darin, diesen Papagei zu verkaufen.
.Lori". so heiß! nämlich der Papagei, ist
mir an' Herz gewachsen. Wir sind gar
gute Freunde und ich fürchte, .Lori"
sprächt kein Wort, wenn ich nicht in sei
ner Näht wäre. Nur der Gedanke, daß
ich als Junggesell ihm nicht jene Pflege
angedeihen lassen kann, die er In Ihre
Hause sände, könnt mich bestimmen. . . "
Und Frau von Guther, bat und bat,
bi er sich scheinbar recht schwer entschloß,
.Lori' im Hause Gutherz zu lassen, doch
nur unter der Bedingung, jeden Tag
kommen zu dürfen, um .Lori' all das zu
lehren, aS der künftige Liebling der
.Frau Baronin' Lolo bereits gekonnt
hatte. Mit Freuden willigte Frau von
Gutherz in diese Bedingung, und von
nun an war Harry Harden ein täglicher
Gast im Hause. Selige Stunden für
Lilli, die Schlauheit genug besaß, um
durch nicht ihre Beziehungen zu dem
Papageibesitzer zu verrathen. Auch Frau
von Gutherz sand großen Gefallen an
dem liebenswürdigen jungen Mann,
dessen Gesellschaft ihr nun ganz unent
behrlich schien, umsomehr, als der Papa
gei thatsächlich nur dann sprach, wenn
sein Herr und Meister in seiner unmittel
baren Nähe weilte. Oft äußerte sie mit
Bedauern, daß der Mann ein, wie er ihr
sagte, nur bescheiden besoldeter Beamter
und noch dazu ein Bürgerlicher fei, sonst
hätte sie sich keinen Augenblick lang be
sonnen, bei gegenseitiger Neigung ihm
ihre Tochter zur Gattin zu geben. So
aber fiel eS ihr nicht im Traum ein, sie
duldet nur den Bürgerlichen in ihrem
Kreis al Spaßmacher und Zeitoertrei
ber.
Doch an einem schönen Frühlingstage
sollte eS sich entscheiden. Harry Harden
war zur festgesetzten Stunde rschienen,
um mit Lori Sprechübungen vorzuneh,
men, und da Frau von Gutherz an einer
Migräne litt, empfing Lilly den Liebsten
Im Salon, ganz allein. Nicht sollte sie
stören, lag doch Mama In ihrem Zimmer
und legte Compressen um di kranke
Stirn. Sie herzten und küßten einan
der, eS siel Hany gar nicht ein, an den
Papagei zu denken, da plötzlich erschien
Mama zwischen den Portieren. Trotz
der heftigen Kopfschmerzen hatte sie sich
dennoch entschlossen, den Sprechübungen
ihres Lieblings beizuwohnen, und sah nun
zu ihrem Entsetzen, wie Harry. Harden
mit ihrer Tochter Kußübungen oorzuneh
men schien.
Fast gelähmt starrt sie die Beiden an.
Ein Fräulein v. Gutherz, ihre Tochter,
läßt sich von einem simplen Harry Har,
den küssen. Unerhört!!
.Schamloses, erbärmliches Gkschöpf!"
.Mama, theure, einzige Mama, segne
unseren Bund!" flehte unter Thränen
Lilly.
.Ja, gnädigste Frau Baronin, ver
zeihen Sie uns und segnen Sie unseren
Bund!" sprach Hany, vor der Alten aus
den Knieen liegend.
Frau von Gutherz schien nach Worten
zu suchen, da ließ sich das Krächzen des
Papageis vernehmen:
.Theure Mama, segne unS! Theure
Mama, segne uns! Lori, Lori!" und der
Papagei streckte ihr zum Kusse den Schna
bel entgegen.
.Still. Lori!" schalt die Baronin,
doch der Vogel ließ sich nicht irr machen
und krächzte fein Sprüchlein fort. Frau
von Gutherz war auch abergläubisch.
Daß der Vogel so rasch diese Worte ge
lernt und un die Bitten der Beiden un
terftützte, schien ihr ein Fingerzeig. Auch
war sie von Natur aus äußerst gutmüthig
und konnte die Thränen ihrer Tochter
nicht seyen.
Sie gab ihren Segen und nach einigen
Wochen trat da junge Paar bereits feine
Hochzeitsreise an. Harry Harden hatte
beruhigt feine Beamtenstelle, von der er
den beiden Damen erzählt hatte, nieder-
legen können, denn das Vermögen seiner
Frau gestattete ihm, nur dem Vergnügen
und der Lieb zu leben.
Nach ungefähr zwei Monaten kehrten
die beiden, jungen Leutchen von ihrer
Hochzeitsreise heim. Mama Baronin
hatt daS ganz HauS festlich schmücken
lassen, um die geliebte Tochter feierlichst
zu empfangen. In der Freud deS Wie
Versehens dacht Niemand an den Papa
gei, der ruhig, bewegungslos in seinem
Sftg hockte. Da plötzlich aber ließ sich
das heisere Gekrächze de Papagei ver
nehmen:
.Willkommen, liebe Kinder I Will
kommen!"
Frau o. Gulherz wurde bleich, wankte
und schien einer Ohnmacht nahe.
.Kinder, habt ihr', gehört? Der Pa.
pagei hat gesprochen!" stöhnte Frau von
Gutherz.
.Gewiß, liebe Mama, er sprach," ant
wortete der junge Ehemann und besah
sich den Vogel etwas näher. Da be
merkte er denn zu seinem Entsetzen, daß
der Vogel nicht mehr lebte, sondern be
reitS schon ausgestopft war. Während
ihrer Abwesenheit hatte der Sprecher des
Hauses da Zeitliche gesegnet; dieser Um
and verrieth Harry Harden, und .die
Frau Baronin" konnte lange nicht
' I
verwinden, ihre einzige Tochter, da
Fiäukein von Gutherz. einem .Bauch
redncr" zur Gattin gegeben zu haben.
Sonderlinge.
El ist durchaus nicht Ungewöhn
liche, daß Frauen im gewöhnlichen Leben
sich der männlichen Kleidung bedienen;
weit seltener findet man e, daß der ernste
Mann sich der weidliche Kleidung be
dient und gerade da Außergewöhnliche
solchen Betragens macht folgende ,u
thkntifchk" Fälle lemerkenwerth. Mr.
Jame Robdin, Commandeur der Mili,
tärftatioa in Cooper Mill, Missouri,
trägt in seiner eigenen Behausung ur
weibliche Bekleidung und setzt seinen gan
icn Stolz darein, daß seine Kleider di
in da geringste Detail genau der letzte
Mode entsprechend sind. Rock und Taille
müssen auf da Perfekteste sitzen und der
würdige Commadeur trägt sogar einen
Damenhut I Keine der Frauen in ganz
Cooper Mill, sogar die der anderen
Ossiziere, haben eine solche Auswahl an
Kleidern, wie er sie befitzt; alle sem
Kleider sind vom feinsten Material. Er
kauft nur da Beste. Seine weiße
Wäsche ist vom feinsten Leinen, mit
PlisseeS, Emfatzen und femea Spitz
besetzt.
Der zweite Fall ,ft ein sranzöftscher
Bauer, der in der Umgegend von Paris
wohnt. Er trägt seinen Weiderrock au
Ge chä gründen!" Mehrere Frauen.
wie Rosa Bonheur, Madame Dieulafoy,
haben von der Polizei die Erlaubniß er,
halten, männlich Kleidung au .Ge
schäflSgründkn" zu tragen, und dieser
Bauer thut umgekehrt dasselbe, va
er eine Beschäftigung hat, die im Allge
meinen von Frauen ausgeführt wird,
nämlich eine Art Marklgärtnerei, bei
welcher fein Weiberrock scheinbar in
nothwendiger Theil feiner Ausrüstung
für ihn ist.
Capitän John Brooks vom Minne
tonkasee in Minnesota trägt zwar kein
Frauenkleidung, sieht aber mit seiner
Haarfrisur nicht weniger merkwürdig
au. Er hat prachtvolles, langes, dun
kelbrauneS Haar, welches er in ine
zierlichen griechischen Knoten verschlun
gen, mit Haarnadeln aufgesteckt, tragt.
Diese Marotte wird folgendem Umstand
zugeschrieben: Vor 25 Jahren hatte er
mit seinem Zwlllmgsbruder einen hes
tigen Streit, und zur Buße verpflichtete
sich Beide, ihr Haar nie mehr zu schnei
den und ferner in Hundehalöband tu
tragen! Der Bruder ist längst gestorben
und der Capitän hat das Halsband daher
durchfeilen lassen und entfernt, sein
lange Haar hat er aber au eigener
Wahl behalten.
Elektrische Licht am nfanae
sere Jahrhunderts.
Interessant ist eine Mittheilung
auS
vom
dem .Bamberger Jntelligen,blatt"
Jan. 1803. Dieselbe lautet: .Nach.
richt: Der Schlossergesell in Langheim,
Johann Propst au Döringftaat, wurde
ohne fein Wissen dem Publikum der tut
irischen Nachtlampen wegen empföhle,
die er seit einigen Jahren in nächtliche
Freistunden ohne Drehbank verfertigt.
Der großen Erwartungen und viele
Mißverständnisse wegen, die diese öffent
liche Bekanntmachung in unserer Stadt
und auch schon in entfernten Ländern er,
regte, fühlen wir un bewogen, zu miU
den, daß den vielen schon gemachten Be
stellungen in mehreren Jahren nicht wird
Genüge geschehen können. Im Ankaufe
mag vielleicht eine solche Lampe mehrere
Karolin kosten die jährliche Unterhak,
wng aber nicht über 10 bis 20 kr.
Bloßen Manipulatoren, Ansängern und
ganz Unkundigen in der Physik dient fer,
ner zur Belehrung, daß diese Maschine
vorzüglich zum Dienste der Nacht be
stimmt sind: auf einem sehr guten Elek
trophor kann man in finsteren Rächt
ein dünne Feuerwolke wahrnehmen,
beym Anfall der Trommel an da Glöck
chen und deren Rückschlag auf den Elek.
trophor gibt e mehrere da ganze Zim,
mer hell erleuchtende Funken, und au
einer dem Au kaum sichtbare Mün
dung bricht ein Strom hellglühender oder
perlenfärbiger brennbarer Luft hervor.
weswegen werten dies Masainen
klektrisch Nacht Lampe gnannt,
di Form der Letzteren sie haben, und
deren Stelle sie vertreten. Sieh Er
leben, Gehler, Lichtenberg, Weber,
Green, Fischer u. a. m. Intelligenz,
komptoir."
Line sonoerbare Medizin.
Ein kleiner Bauernjunge, der Sohn
eine bekannten Wilderers, kommt zu
einem Puloerverschleißer und verlangt
4 Kreuzer Pulver. Der Kaufmann
frägt ihn, seiner Pflicht gemäß, zu a
dS Pulver gehöre. .Für'
Vata", sagt ber Bua. .zum Ein.
n e h m a I . . und um zwei Kreuzer Kap
sein dazu und a' wen'g Schrot' ! '
Auch ein Lnverbszweig.
.Wie fängt es nur der BürstenFranzl
an, daß er den ganzen Tag im Wirths.
HauS sitzen kann und nichts zu arbeite
braucht? !"
.Ganz einfach. Der stellt sich jede
Sonntag in den Wald und schaut den
Sonntagsjägern zu. Die trkffen natür.
lich nichts, und geben ihm deßhalb immer
em gutes Trinkgeld, damit er üb.r das
Geschehene schweigt!"
Zn bescheiden.
i'm A"""): .Wie. Si gehen
schon heim?!" Jetzt kommt ja noch ein
solooortrag und die große Ouvertüre!"
B: Ja wissen Sie. ich hab' von mei.
M em Freibillet bekommen, und
da möcht ich mcht so unbschidn
sein und m das rnmi K,. -
hören!" 0 0