Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 18, 1894, Image 9
Erlerne fremde sprachen. i"itmoiT!? räch t ntx mähren itcbir.!)f'.t i'si; H. C!rnao. Taub oder stumm ju sem, bfnft ich mir ichrecklich.- taubstumm noch schreck liier am schrecklichsten scheint e mir, hören und sprechen zu können und doch aubfturn tu sein, en Lch.llNel zu 'diesem xirador klingenden ÄuSspruch vill ich sofort geben. Ist nicht Der, ienige, welcher im Auslande sich aushSlt und die Sprache ttt Lande weder spricht, noch verstehen kann, taubstumm? .Besuche nie ein fremde Land, wenn du nicht uvor die Sprache centlven er lernt hast!' so sollte e mit riesengroßen Lettern auf allen Bahnhösen angeschlagen fugen! Doch die Bahnverwattungen werden sich schon hüten, meinen Bor schlag zu befolgen und gar mancher von un und unseren nachkommen wiro in seinem Leben auf ähnliche Abenteuer flofcen. wie daSieniae war, lai ich zu er- zählen unternommen habe wenn nicht inzwischen auf den Schulen aller Länder ' 7 . ' ' c m lii der civtiistrtenWeit, vas olapur ,0011 qatorisch" eingeführt wird. UebrigenS halte ich da Erlernen voi den gegen wSrtigen modernen Tpcachen für der Uebel kleinere; BolapSk ist mir oo jeher etwa .schleyerhaft' vorgekommen. Ein berühmter italienischer Komponist, dessen Namen zur Zeit in Aller Munde ist, kann, ein Liedlein singen was wohl von jedem Komponisten vorausgesetzt werden kann von den Fährnissen, die des Fremden harren, wenn er England bereist, ohne je ein Wort englisch erlernt zu haben. Leonbaccelli, wie wir den Helden dieser E'zählui'g. der in Wirk lichkeit ander heißt, diskretionöhalber e geht nicht über die Diskretion von Diplomaten und Publizisten nennen wollen, leble seit acht Tagen in der eng lischen Kapitale. Eine feiner Opern, welche den EroberungSzug über die ganze cioi'istrte Welt angetreten, sollte dem nächst am X Theater in London zur Aufführung qezangen und der Maestro harte die Reife au dem sonnigen Süden in da Land der Nebel nicht gescheut, um sie am ersten Abende in Person zu dirigi ren. E gefiel dem Komponisten in London recht gut; noch hatte er nicht erlebt, wa geeignet gewes.n wäre, ihn die Unkenntnis in der engliichen Sprache ziemlich empfinden zu lassen. Leonb celli war Signor Tardint'S Gast, eine feit vielen Jahren in London ansässigen Jugendfreunde. Tardini wich nicht von der Seite des berühmten Lands manne, er begleitete ihn auf Weg und Steg, war überall sein Dolmetscher und verstand es. ihm den Aufenthalt in dem englischen Babel fo angenehm al mög lich zu gestalten; der Komponist vergaß oftmals, daß er sich fern von der Hei, math befinde. Eine Tages jedoch sollte er hieran durch ein äußerst komische kleines Aden teuer erinnert weiden. Und das kam sol Signor Tardini mußte eine kurze Reise antreten. Dem Freund Vorsicht em pfehlend, und ihm anralhend, sich'bei etwaigen AuSgZngen möglichst in der Nähe der Wohnung zu halten, nahm er Abschied unter dem Versprechen, bereits am Abend desselben Tage zurülkzukeh ren. Zum ersten Male während seine Aufenthaltes in London fühlte sich Leon baccelli etwas unbehaglich. Wa sollte r einen langen, auSgeschlagencn Tag in dicker Riesenstadt beginnen, in der er sich nicht zurech 'finden konnte, zumal er der englischen Sprache ja gänzlich unkundig war? Er beschloß, gar nicht auSzu gehen, sondern sich die Zeit durch Must ziren, Briefeschreiben und Zcitungslefen zu vertreiben und Tardini's Rückkehr ge duldig abzuwarten! Drei bi vier tun den ging das ganz gut; doch schließlich stellte sich die Langeweile ein. Leon baccelli dachte nach, was er wohl unter nehmen könnte. Da fällt ihm ein, daß er Monstear Darbot, einem Kapellmeister aus Paris, der sich besuchsweise in Lon don aushielt, einen Besuch versprochen habe. Darbot, der gut italienisch spricht, konnte ihm die Zeit verkürzen helfen! Leonbaccelli kleidete sich an, verließ das Haus und winkte den Lenker eines vier rädrigen Cab (eS giebt in London auch ZWtirädrige) mit seinem Gefährt herbei. Eabky so werden die Kutscher im Volksmunde genannt schien ein in telligenter Bursche zu sein. Er besaß eine ruyngecyungene A0iernn,e unv trug eine Brille, die ihm daS Aussehen eines Gelehrten gav, unter den Brillen gläsern lugten ein Paar kleine, listig blinzelnde Augen hervor. . A foreigner! " murmelte er. You want nie, Sirj" fugte er laut hinzu. .Albion Hotel! gab Leonbaccelli. ohne den Kutscher zu verstehen, zur Antwort. All right, Sir! Ein Zungenschnalzen Cadoys, ein Ruck an den Zügeln, und da mun t:re Rößlein trottete von bannen! Sie bogen rech! und links in ver schiedene Seitenstraßen ein, und nach e:wa einer Halben Stunde Hielt da Cab vor dem .Albion Hotel. Leonbaccelli hatte sich während der Fahrt überlegt, daß e für jeden Fall rathsam fei, die Droschke vor dem Hotel warten zu lassen und er zerbrach sich eben fein Hirn, ob er nicht irgend einen Ausdruck kenne, den er dem Kutscher gegenüber bezüglich des .Wartens anwenden könnte. Es wollte ihm jedoch nichts einfallen und so mußte r sich durch Zeichen verständlich machen. BuSsteigend wendet er sich zu dem Droschkenkutscher, streckte den rechten Arm wagerecht zur Seite, biegt da Handgelenk nach unten und weift mit dem Zeigesinger zur Erde. Cabby ver stand. .All right, Sir! Der Maestro, erfreut, so leicht verstonZen u sein, betritt schmunzelnd das Hotel. Monsieur Darbot war nicht anwesend, was ihm der Portier, der kein Wort italienisch verstan'), demonftrirte, indem er auf da Ml Jahrgang 14. Schlüsselbrett wie, aus welchem neben dem Namen Darbot und der No. 27 ein Schlüssel hing. Leonbaccelli verließ ver stimmt da Hotel, und auf die Straße tretend, giebt er dem Kutscher durch eine Handbeweguno, die Weisung, umzu drehen. .All right, Sir! Der Maestro steigt ein; der Kutscher wendet da Gefährt und fragt vom hohen Bock herab: .Wohin. Herr?' Leonbaccelli, den Sinn dieser Frage ah, nend, durchzuckt ein gewaltiger Schreck; er hat den Straßennamen seines Hauses vergessen vielleicht auch, da Tardini sein ständiger Cicerone war, niemals e wußt! Doch der Kutscher mußte ja wissen, wo der Fahrgast aufgestiegen war, und sollte ihn nun nach dieser Stelle zurück fahren. Er streckte daher mit einem energischen Rack feine Hand nach der Richtung aus, wo er Tardtriis Wohnung vermuthete, und zur Unterstützung dieser Bewegung neigte er Kops und Ramxf nach der gleichen Richtung. Nach Leon baccelliö Ansicht, Zeichen, die grr nicht ander verstanden werden konnten, als .Zurück, von wo ich gekommen bin! Cabby, der niemals Gelegenheit hatte, sich mit Taubstummen zu unierhalten, deutete die Zeichen auf seine Weise. .Also immer gerade au! Und der Wagen fetzte sich in Bewegung. Eine stunde mochten tlt so unterwegs gewesen sein, als der Droschkenkutscher es für angezeigt hielt, neue Befehle von seinem seltsamen iahrgast einzuholen. Langsamer fahrend, fragte er, den Kopf etwc.S zur Seite wendend: .Wohin jetzt, Herr? eonbacceut verstand vie Worte nicht, wohl aber den Sinn. Die lange Fahr zeit war ihm bereits verdächtig vorge kommen und jetzt, wo der Kutscher wieder mit seiner Frage kam. wußte er, daß seine Zeichen von vorhin falsch gedeutet worden waren. Der Maestro überlegte einen Augen blick, erhob sich dann von seinem Sitz und nahm von Neuem die Zeichensprache auf. Er maßte deutlicher werden und theilte daher seine Zeichen in eine Haupt- abtheilung und drei Urterabtheilungen ein, eigentlich uacen e drei Haupt abtheilunaen und eine Un!cra!he,lilng, Zunächst zeigte er mit beiden Handen auf sich selbst und schüttelte dabei heftig den Kopf. Das war doch nicht mißzuoer stehen: .Von mir sehe ganz ab!' Dann tippte er mit dem Finger auf Cabby, imitirte mit beiden Händen da Lenken eines Pferdes und markirte das Anhalten durch ein kräftiges Brbr, daß dem Kut- scher ein verltandnißvollks Nicken mit dem Kopf abgewann. Dann wieg er mit der ausgestreckten Rechten in die Ferne und ging zum Schlußzeichen über, wel cheS darin bestand, daß er auf daS Pferd zeigte, seine beiden Hände vor den Mund hielt und mit vollen Backen zu kauen an sing. Cabby lachte; dieses Mal hatte er gut verstanden: .Ich soll mich um Sie ar nicht kumTern, Herr, sondern soll ahren, wohin e mir beliebt und erst anhalten, wenn das Pferd Futter braucht! All right, Sir, all right!" Und in Erwartung der guten Ein- nähme, die ihm solche Fahrt bringen mußte, begann er den neuesten Gassen Hauer zu, pfeifen und licß sein Roh in gemächlicher Gangart daoontrottcn. Sie hatten ja keine Eile. Als sie eine Stunde in dieser Weise unterwegs gewesen, ohne an das Ziel zu gelangen, wurde Leonbaccelli zusehends urgeduldiger; er blickte rechts und links in die Straßen, konnte ledoch nicht die Gegend erkennen, in welcher er wohnte. Der Kutscher mußte ihn abermals mißverstanden haben. Wag war zu thun? Zunächst gab er d:m Kutscher, indem er ihn am Rockzipfel zerrte, zu verstehen, daß der Wagen hallen möge. Cabby hielt und blickte den Fahrgaft fragend an. Dieser wiederum sah den Kutscher fragend an, so blickten die Bei den sich eine Weile gegenseitig in's Ge ficht. Endlich platzie Cabby heraus: .Gott verdamm mich, der Mensch ist verrückt! Zur gleichen Zeit durchschoß ein RettungSgedanke Leonbaccellr'S Hirn. Der Maestro erhebt sich von seinem Sitz, tritt an den Kutscher heran, so nahe als die Bauart des Wagens e zuläßt, reckt sich, daß seine Schultern in Kulschbock höhe gelangen, dreht sich alsdann um, greift mit beiden Händen rückwärts nach der Gegend de Nacken und zerrt krampfhaft am Rockkragen. Cabby wurde e unheimlich zu Muthe. ,E ist wahr haftig ein Verrückter, was beginne ich nur mit ihm! Zu seiner Freude ge wahrt er wenige Schritte entfernt einen Schutzmann. .He, policel " .Wa giebls?' .Gott verdamm' mich, Sergeant, wa soll ich mit dem Mann hier beginnen! Seit drei Stunden bin ich mit ihm unter weg. Er spricht nicht und macht nur Zeichen, die ich mit Mühe und Nolh ver, stehe. Ich weiß nicht, wo ich ihn hin fahren soll! Eben machte er mir ein Zeichen, daß er sich aufhängen will, wahrscheinlich soll ich ihn m den Park fahren. .Sehen Sie, Sergeant. fügte er mit Entsetzen h,nzu und wies aus Leor.bac celli, cer bei Annäherung des Konstad- Beilage zum Nebraska Ztaats-Anzeiger. ler dieselbe Position wie vordem ein nahm; .sehen Sie, Sergeant, er besteht darauf; er ist wirklich und wahrhastig verrückt!' .Wohin wollen Sie, mein Herr? wendet sich der Polizist mit Am smiene an den Maestro. Doch dieser zerrt statt aller Antwort an seinem Rockkragen, in dem er, wie vorhin dem Kutscher, nun, mehr dem Konstabler den Rücken wies. Wa war hier zu thun? Kutscher und Schutzmann dachten nach. Endlich ent schied sich letzterer dahin: .Wir wollen ihn zur Station (Polizeiwache) fahren ! .All right, Sir! ich denke, das ist daS Beste! stimmte Cabby bei, der sich de unheimlichen Fremden so schnell als mög lich entledigen wollte. .Hoffentlich." fügte er hinzu, .hat er Geld bei sich, daß ich nicht uch noch um mein Fahrgeld komme ! .0, meinte der Schutzmann, auf den Bock kletternd und neben dem Kutscher Platz nehmend, ,o, keine Sorge darum; er scheint uö .anständiger Familie zu sein!' Cabby berührte die Zügel und gab dem Pferde einen Schlag mit der Peitsche, so daß es diese Mal in vollem Galopp dahinltef. Leonbaccelli schien zu ahnen, wohin die Fahrt ging, denn er Halle dem Polizisten, als dieser sich zu dem Kalscher setzte, dankbar zugenickt. .ES ist das Beste, Sie bringen mich zur Polizei, murmelte er; .denn schließ lich muß sich dort doch irgend Jemand finden, dem ich mich verständlich machen kann. Vor der .Station' angelangt, stieg er aus und folgte den beiden Begleitern in das Haus. Im Dienstzimmer fanden sie den Wache siehenden Lieutenant und diesem setzte d:r Schutzmann alsbald den Sach verhalt auseinander. Der Lieutenant schüttelte den Kopf und wußte nicht recht, wa er aus der Sache machen soll; er zo.; daher, wag ihm in solchen Fällen immer zunächst als da Gerathenste erschien, die Stirne kraus. Leonbaccelli hatte wäh rend des Rapports die drei Personen auf merksam beobachtet und hielt es jetzt an der Zeit, seinerseits wieder in Aktion zu treten. Er näherte sich dem Lieutenant, dreh!e sich, dicht vor ihm stehend um und hielt ihm daS Innere des RockkrigenZ unter die Nase. Erst etwas bestürzt, bricht der Polizei lieutenant doch sofort in ein ganz dienst widrige?, schallendes Gelächter aus, und den vor ihm Stehenden mit einem kräf tigen Ruck umdrehend, nickte er ihm freundlich zu. .Blackburn, sagte er dann zu dem verdutzt dreinschauenden Schutzmann, .nehmen Sie mir's nicht übel, aber Sie haben sich furchtbar dumm angestellt in dieser Sache. Haben Sie denn nicht verstanden, daß der Fremde mit seiner Geste sagen will, man soll ihn zu dem Schneider bringen, von dem er den Rcck hat! Der Schutzmann schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. .Wahr, yaslig, Herr ieutenant, Sie haben ecyr. 'et yak oeu Namen der trage, in der er wohnt, vergessen und nun sicl iym ein, vag er v,e,en bei seinem Schnei- ver ersayren ronnei' .So ist es, BlackburnI' Und auf Leonbaccelli zugehend, klappte er ihm gelassen den Rockkragen zurück und steht nacy oerirma Des Tchneide-. Rat- scher, nehmen Sie Ihren Fahrgast und bringen Sie ihn zu Charles Baker, Re- geniflreet 213. Erkundigen Sie sich dort nach Adresse des Fremden und fahren Sie ihn nach Hausei Cabby hatte die Aufklärung deS RSih fels mit Schmunzeln angehöit; er nahm nunmehr Leonbaccelli am Arm und führte ihn unter wiederholtem .All right, Sir, au rigüt, irr zum Wagen. Den über nommenen Austrag führte er prompt aus und vor dem Hause TardiniS endlich anlangend, ward er durch Verabreichung eines nagelneuen Sooereigns für all seine uxuatn oeioynr; m vergnügtester Sttm mung fuhr er nach Hause. Der Maestro aber schwur, als er die Treppen hinauf ging, nie wieder ein fremde Land aufzu, fachen, wenn er nicht zuoor dessen Sprache erlernt habe. .Wer weiß murmelte er vor sich, .wie lange ich erst hätte um herirren können, wenn ich nun nicht gleich am ersten Tage meine Londoner Aufenthaltes den Wunsch verspürt hätte, einen Anzug nach echt englischem Schnitt zu besitzen. warum die Alte weinte. Au dem Englischen der Grace King. Alt Margareth lehnte sich an das Hau und weinte bitterlich. Sie hatte keine Thräne vergossen, seit sie ihr letzte Kind begraben. Bei ihr war e immer bei einem Kummer mit einmaligem Wei nen abgethan, darüber hinaus ging sie nicht, und zmar halte ihre gerunzelte, metlerfeste Haut bi dahin nur jene Thränen gekannt, die auf einen Todes fall folgten. Das Weh, welches ihr jetzt das Herz zusammenschnürte, war fast dem Schmerze gleich, den der Tod verursacht halte, obzwar sie wohl wußte, daß es sich nicht um etwa so Schweres handelte, so rollten doch, wenn sie, um sich zu trösten, die in Erwägung zog. die Thränen nur um so schneller ihre Wan, gen herab. Sie griff nach dem Zipfel de rolhen Baumwolltuche, welche sie um den Kopf gewunden trug, um sich da Gesicht zu wischen; denn die Furchen desselben liefen nicht nur hinauf und hinunter, sondern auch kreuz und quer. Sie leiteten ihre Thränen auf einmal über da ganze Antlitz. Sie hatte den Tod begriffen, ss etwa aber konnte sie nicht begreifen. ES war folgendermaßen oder ungefähr so gekommen: Anne Marie und sie wohnten in dem kleinen, rothüberlünchten Häuschen, an welchem sie lehnte; sie wohnten dort allein miteinander feit fünfzig Jahren, seitdem Margareth' Mann und nach ihm die drei Kinder gestorben waren. Die kleine, zwei Räume enthaltende Hütte, der Stall, in dem eine Kuh stand, ein Stück Felv, auf dem Zwiebeln wuchsen, war seinerzeit von dem Gatten gekauft und bezahlt worden; denn er war ein erwerbs liebender, arbeitsamer Gascogner ge wesen. Hätte er gelebt, nicht leicht wäre ihm Einer an Wohlstand oder Größe der Familie überlegen gewesen, weder in die sem Stadttheil, noch in sonst einem der rolhangeftrichenen Viertel, mit welchem die Gascogne Neu-OrleanS umgiebt. Seine Frauensleute aber die Frau und die Schwägerin hatten redlich mitgearbeitet. Jede von ihnen halte an Tüchtigkeit ihren Mann gestellt, denn die Gascognerin hat kein Geschlecht, wenn e die Arbeit gilt. Und al er starb, da arbeiteten sie wie zuoor. Sie Hütelen die Kuh, gruben, jäteten, pflanzten und begossen. Am Tage nach dem Leichenbegängnisse nahm Margareth beim Morgengrauen das Joch mit den Milchkannen um ihre Schultern und trug e zu seinen Kunden hin, wäh rend Anne Marie das Grünzeug auf den Markt brachte, und so fort feit fünfzig Jahren. Jetzt waren sie beide Greifinnen fünfundstebzig Jahre alt und wie sie sich auszudrücken pflegten, Zwillinge seit jeher. Bei Zwillingen pflegt immer daS Eine glücklich zu sein, das Andere aber kein Glück zu haben: Margareth war die Glückliche, Anne Marie diejenige, die kein Glück halte. Dies ging so weit, daß sie diejenige war, die daS Rheuma erwischen mußte, an dem sie Monate hin durch zu Bette lag, während Margareth sich so flink wie immer in it):tn Holz-, schuhen sputete. Trotzdem sie Beide betagt waren und die Eine von ihnen kränklich, gab es jeden Samstag Abend eine Kleinigkeit zu beseitigen, die, unter den Ziegeln des Herdes verborgen, für Steuern, Liren zen und dte stets zu gewärtigendcn Be gräbnißkosten weggelegt wurde. Zu Leb ieiten des Mannes pflegten Goldstücke hingelegt zu werden, aber sie waren alle auf die vier Leichenbegängnisse und die vervierfachte DoktorSrechnung aufgegärt gen. Die Frauenzimmer legten nur Silbermünzen bei Seite; doch wurden auch diese immer kleiner und kleiner, wie sie rein nunmehr nicht so sehr den Mehr erkrag von den Zwiebeln als eine Er sparntß an Nahrung repräsentirten. Man hatte die Schwestern darüber ausgeklart, daß sie mit ememmale Einkommen eincS Jahres in der Lotterte gewinnen konnten; und es war bei ihnen zur Gewohnheit geworden, am Ende irdcs Monats je ein Silberstück wegzu egen, um einen roikozeric! vasur ,u kaufen jede einen Zettel, der nicht für die otterie mit den gßen Treffern, sondern für die kleine Fünfundzwanzig. Kreuzer Lotterie Geltung hatte. Anne Marie pflegte ihren Zettel auf dem Markt: zu beforgev; Margaret den ihren wo tmmer. wadreno sie ibre Milch aus- trug. Nachmittags pflegten sich Beide mit vielen anderen Leuten vor da Plakat hinzustellen, auf welchem die Gewinn- nummern oerönenlltcht wurden. Dabei fügte es sich merkwürdigerweise, daß Margaret'S Nummern immer zweimal so oft herauskamen, al diejenigen, die Anne Marie zu setzen pflegte. Nicht al hätte Margaret etwa gewonnen, sie hatte nicht Glück genug, um ihre Num mern in der Reihenfolge, die einen Ge minnst bedeuten, herauskommen zu sehen. le kamen einzeln heraus, die eine hier. die andere dort; aber eS genügte, um ihre Schwester auf ein oder zwei Tage mürrisch und böse zu machen und den Verkauf des ZwiebelkorbeS zu beein trächtigen. AIS sie bettlägerig wurde, da besorgte Margareth den Zettel für sie, wobei sie die Nummern setzte, die Anne Marie ihr angab und Anne Marie mußt,, im Bette liegend, warten, indeß Margareth hinausging, um nach dem Plakat zu sehen. Eine Abends, als sie. den Blick auf daS letztere geheftet, dastand, sah Mar garelh den Lottokollektanten die Zahlen o hinschreiben, wie sie arn ihrem eigenen Zettel standen, so zwar, daß auf ihre Nummern ein Gewinnst eniftel ein Gewinnst von vierzig Dollar. AIs die Alte dies wahrnahm, da über kam sie eine Freude, eine Glückseligkeit, No. 35. wie sie sie in einstigen Tagen nach der Geburt eine Kindes empfunden. Gleich siel solch ein Moment au alten Zeiten ihr ein. Sie sagte indeß zu den Um stehenden kein Wort, sondern ließ sich ihren Gewinnst auszahlen und ging so schnell, al ihre Holzschuhe es erlaub'en, heimwärts, um Anne Marie die freudige Nachricht zu überbringen. So sehr sie eilte, sie hatte immerhin Zeit genug, um unterwegs mehr als einmal über ihre vierzig Dollar im Geiste zu verfügen. Vierzig Dollars! Da war viel Geid. Oft hatte sie, wenn sie einen Gewinnst erwartete, in Gedanken zwanzig Dollars verausgabt; war e ihr doch nie einge fallen, daß I mehr betragen könnte. Aber vierzig Dollars. Das bedeutete für Jede ein neueS Kleid und schwarze Scidentücher, die sie statt der rothen baumwollenen um ihre Köpfe schlingen würden da bedeutete eine frisch ge, tünchte Hütte, eine Suppe im Topfe, saftige Würste und eine Flasche guten, theuren Franzbranntwein für Anne Mariens Beine; und überdies noch einen Haufen Golde unter den Ziegeln de Küchenherde einen Haufen Golde, bei dessen Anblick die Augen ihres oerstor denen Gatten gefunkelt hätten. Sie stieß die Hauslhüre auf und trat in die Stube, in der ihre Schwester zu Bette lag. .Anne Marie, mein Mädel!' rief sie mit ihrer gurgelnden Stimme: .diesmal haben wir' getroffen!' .Wessen Nummern?' frug Anne Marie augenblicklich. Mit Blitzesschnelle siel eS der alten Margareth ein, wie wenig Glück ihre Schwester immer gehabt, wie Anne Ma, rienS Verlobter sich untreu erwiesen, und daß der ihre treu gewesen: und wie jene seitdem in Allem und Jedem, selbst mit ihren Lottozettel, selbst mit dem Verkaufe dcS Grünzeuges, ja bis zu dem Rheuma, das sie befallen, Pech gehabt. Ueber Alles aber that eS der allen Margarelh beim Anblicke ihrer bettlägerigen Schwe ster leid, daß diese sich in all' ihren sünf undsiebzig Jahren nie von dem Arm eines Gatten umschlungen, daß sie nie einen Kindermund an ihrer Brust gefühlt. Sowie Anne Marie die Worte .wessen Nummern?' ausgerufen, da gab Mar gareth auch zur Antwort: .Die Deinen. Mädel!' .Wo ist eS? Gieb es her! Gib es her!' Die Alte, die sich seit Wochen nicht halte rühren können, richtete sich plötzlich ker zmgerade in ihrem Bette auf und streckte die langen knöchernen Finger mit den wie eiserne Rechen harten und schwarzen Kral, Un au. Margareth schüttelte das Geld aus ihrem baumwollenen Tuch in dieselben. Anne Marie zählte eS und sah eS an; sie sah eS an und zählte es; wäre sie nicht so alt, so kränklich, so zahnlo gewesen, fast hätte daS Lächeln, das über ihr Ant, l'ö zg, fit verschönt. Margareth mußte sie verlassen, um aus dem Brunnen Wasser zum Beziehen der Pflanzen zu schöpfen und ihr Grün zeug für den nächsten Morgen vorzube, reiten. Sie fühlte sich jetzt fast glück licher, als wenn ihr Mann eben zu ihr znrückgekehrt wäre. .Pech! Anne Marie! Pech! ES gibt eine Möglichkeit, daS Pech zu wenden!' Und auch ihr Lächeln hätte ihr Antlitz verschönen sollen, so gerunzelt und häß lich eS war. Sie dachte nicht mehr an da Ausgeben des Geldes, nur an die Freude, die eS Anne Marien machen würde, es auszu geben. Es war wenig Wasser Im Brunnen, und Trockenheit herrschte feit Langem. Nicht viele Frauen von fünfundstebzig Jahren vermögen fo viel Erdreich so aus giebig zu begießen, wie sie es zu thun verstand; daher so ost die vierzig Dol lar und Anne Marie'S Lächeln ihr ein fielen, gab sie der dürftigen Pflanze einen vollen Eimer mehr. Die Dämmerung brach an. Sie hielt inne. .Anne Marie! murmelte sie vernehmlich. Aber ich muß die Alte noch einmal vor Freude über ihr Glück lächeln sehen. Obzwar es in'S Gesicht. Mädel' tz:eß, nannte man einander hinterrücks immer .die Alte. Die Bretterwand deS HauseS hatte ein Loch. Trotzdem Anne Marie an Rheumatismus litt, wollten sie es nie vnsiopsen, weil sie dessen angeblich der Luft und deS Lichtes wegen bedurften. Margareth zog ihre Holzschuhe auS und schlich sich leise an die kleine Oeffnung, wobei sie lächelnd .Anne Marie l vor sich hinmurmelte. Sie legte ein Auge an das Loch in der Wand. Anne Marie war nicht in ihrem Bette, sie, die dasselbe seit Monaten nicht verlassen hatte, oe fand sich nicht darin! Margarelh spähte in dem Zwielicht der Stube umher, bis sie die Gesuchte erblickte. In kurzem Unterrock und Nachthemd, mit entblößten Beinen und Füßen kniete Anne Marie in der Ecke und riß eine Fußbodenxlanke auf. Sie versteckte Bauersleute verstehen es, Geld zu ver stecken, wenn sie einmal seiner ansichtig werden sie versteckte ihr Geld. Sie verbarg e vor wem? frug die Schäferin sich, den grauen Kops schilt, ttlnd. Sie verbarg ez vor ihrer Echwe fter. vor Margareth! Dtkhalb lehnte die alte Margareth ihr Haupt an die Wand der Hülle, des halb weinte sie bitterlich. El war ihr, als hätte sie ihre Zwillinglschwester ihr Leben lang nicht gekannt. Tä kennen st, uchh,lze schlecht. Die bekannte Redensart .Da kenn, Sie Buchholzen schlecht weist aus den Mann hin, der heut' vor hundert Iah ren, am 2. Dezember 1793, in Berlin starb: Johann August Buchholz. Ber. liner Blätter widmen ihm folgende Er innerung: AIS Sohn eine Lcmdxsstor am S. April 170 zu Groß-Welle in der Ost. prignitz geboren, sollte auch er sich dem geistlichen Stande widmen. Waren doch seit Einführung der Reformation zahl reiche Buchholze in einflußreichen kirch lichen Aemtern gewesen. Aber Johann August wurde von dem .Großen Gym nasium in Güftrom', wo er sich für da theologische Studium vorbereitete, direkt unter die langen Grenadiere König Friedrich Wilhelm I. gefleckt. Bom Jahre 1725 bis 1739 bereiste Buchholz als Wcrbe-Ossizier da ganze Deutsche Reich, sowie Schweden, machte unter Friedrich dem Großen die Feldzllge im ersten schlefischen Kriege mit und wurde 1753 zum Hof'EtatS-Rentmeister er nannt. AIS solcher blieb er bis zu sei nem Tode der Bertraute deS großen KZ nigS, der feine Redlichkeit und Spar samkeit zu würdigen wußte. Mit Bezug aus seinen Hos-Rentmeister gebrauchte Friedrich der Große mündlich und schrtft lich einige Redewendungen, die bi heute al .geflügelte Worte' sich erhalten haben. .Da kennt er Buchholzen schlecht, pflegte der König zu sagen, wenn sich Jemand bezüglich einer Geld forderung allzu großen Hoffnungen hin, gab. Wenn aber ein anderer alle seine Forderungen erhalten hatte, sagte der Kö nig: .Der hat auch gewußt, wo Buchholz wohnt. Die am häufigsten vom König gebrauchte Redensart war die: .Dau hat Buchhol, kein Geld! Als Buchholz starb, hinterließ er seiner Witlwe und feinen Kindern nur geringe Mittel, fein Sohn aber erhielt als Anerkennung der dem Staate geleisteten väterlichen Dienste die königliche Domäne Coßenblatt bei Beeökow, die noch im Besttz der Familie Buchhol, ist. Vtn alteS Ltev. Ergreifend klingt aus grauer Vorzeit ein Lied in unsere Tage herüber; eS klagt von der Menschennolh, dem sozialen Elend, daS alle Wandlungen überdauert. Dieses Lied, das im 14. Jahrhundert vor Christus entstanden ist, schildert die Lage der Arbeiter unter Ramse II. von Egvpten. E findet sich in einem Buch von Masperon über Egyp'en und Assy rien. Ein Mitarbeiter der .Frkf. Ztg.- hat e so in Deutsche übertragen: .Ich habe den Schmied bei seiner Arbeit ge sehen, am offenen Schlunde seines Ofen, er hat Hände wie ein Krokodil und ist so schmutzig wie Fischlaich. Die ver Ichlcvenen Handwerk!?, welche den Meißel sühnen yabeo sie mehr Rrche als der Bauer? Ihr Feld ist das Holz, welche st schnitzen, ihr Gewerbe ist daS Metall; selbst in der Nackt werden sie geholt. und sie schaffen über ihr Tageattrk hin, auS sogar in der Nacht ist ihr Hau erleuchtet und sie wachen. Der Steinmetz sucht Arbeit an allen möglichen harten Sleinen. Wenn er die AuSsüh rung seiner Aufträge vollendet hat und seine Hände müde find, ruht t, wohl? Er muß von Sonnenaufgang a auf dem Bauplatz sein, selbst, wenn ihm Knie und Rücken zu brechen drohen. Der Barbier raflrt bis tief in die Nacht. Um etwas zu essen zu haben und bei Seite legen zu können, muß er von Hau zu Hau eilen, seine Kunden aufsuchen er muß sich und feine beiden Hände ab arbeiten um seinen Magen zu süllen e gilt wie vom Honig, der allein ißt ihn, der ihn sammelt. Der Färber: seine Hände riechen übel, sie habenden Ge, ruch fauler Fische, die Augen fallen ihm zu vor Müdigkeit, aber seine Hand rastet nicht mit dem Ordnen der Zeuge er verabscheut alles Tuch. Der Schufter ist sehr unglücklich er klagt beständig er hat nur sein Leder zu nagen seine Gesundheit ist die eines verendende Fisches. Falsche Bezeichnung. Da hat meine Frau gestern acht Tassen Kaffee getrunken, zwanzig Sorten Kuchen probirt, vier Stunden den Mund wie eine Klappermühle laufen lassen, fünf Stunden hintereinander getanzt und mir, al wir heimkamen, noch eine drei, viertelstündige Gardinenpredigt gehalten! Und dabei rechnet die sich zum schwachen Geschlecht! Beruhigend. .Aber Kalhi, Sie haben ja den Da- men in dem Kaffee. Köchin: .Er ist nicht mehr heiß, g.iä dige Frau. Zm Eifer. .Mein Fräulein, ich liebe Sie mahn sinnig!' .Ach, da hat mir auch schon der Herr Schnabl gesagt!' .Nun, mit dem nehm' ich' noch immer im Wahnsinn auf! Lin kzinderniß. A: .'s Telephon is doch eigentlich noch e' recht unvollkommene Erfindung mer kann net recht reden !' B: .Worum kannst De net recht reden? A: .No, hat mer doch de Händ' ne frei!'