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Nichts liegt mir fcr ner, als mich um Ihre Dienstbvt.'ii zu kümmern, aber es ist die unglaubliche Dummheit Ihres treue Knappen, die jedes Mal meine Ncugicr erregt und mich ; der Frage veranlaßt : Durch welche Spiel des Zufalls hat dieser Mensch zum Barschen sich verirrt?" Sie l)a!j.'!i Siecht," cnl,icgnctc ich, ctwaö schwach veranlagt ist cr nur, aber seine Dummheit gerade ist cö, die ihn Bursche werden ließ. Cö sind nun schon zwei Jahre her. ich Halle die Ausgabe, aus einer Schaar mehr oder minder krummer Leute stolze Soldaten zu ziehen, . die allein durch ihren Gang, ihre Haltung und ihr Benehmen jedes Midchcuhcrz in fiiir mische Auslegung versetzen sollten. Unter den mir damals zur besagten Ausbildung anvertrauten jungen beuten befand sich einer, der sowohl durch feine schlechte taltuug als auch durch seine Dummheit UeS übertraf, was ich in meiner bis herigen PraxkS kennen gelernt Halle. Und das wollte viel sagen l Sie sind nie Soldat gewesen und kennen die unsagbare Dummheit und Beschrankt heit der Mannschaften nur aus den mehr oder minder guten Witzen der Fliegenden Blätter," aber, lieber Freund, selbst das Thörichtste, was das Blatt bringt, ist ein Kinderspiel im Vcr gleich mit dem, was die Wirklichkeit darbietet. Nun muß jeder Nekrutcuoffizicr, wenn er nicht bei seiner stumpfsinnigen, jeder geistigen Anregung entbehrenden Beschäftigung stumpfsinnig werden will, vcrnchcn, sich irgend etwas zn vcrschaf fcn, mit dem er sich in Gedanken dc schafligt. Gewöhnlich ist es ein Hund, der in den Phantasien eines jungen Offiziers eine Rolle fpiclt, bei einigen Wenigen ein Pferd, bei etwas Acltcrcn und Erfahrenen ein Weib. Ich beschloß, von dieser Jahrhunderte alten Tra dilion abzuweichen und mich in etwas Anderes zu verlieben, nämlich in den dümmsten meiner öcckruten ich wollte mich in Gedanken nur mit ihm bcschäf tigcn, ihm sollte all mein Sinnen, Den kcn und Fühlen gewidmet sein, vielleicht, daß es mir mit der Zeit gelänge, auch ans diesem Menschen ein nützliches Mitglied der Gesellschaft zu machen. Ich wollte ihn in chntz nehmen gegen die Unteroffiziere, er sollte es gut bei mir haben. Ich wollte allmälig das icht, daß doch auch in feinem Gehirn flackern mußte, zu einer mächtigen Flamme anfachen. Aber vorläufig brannte das 'icht, von dem ich träumte, wenn cö überhaupt schon brannte, so niedrig, daß selbst der weise Diogenes mit seiner Vatente cö nicht entdeckt hätte. Das zeigte sich mir in der ersten In strultionöstliiidc. Ich hatte meine Kind lcin um mich versammelt und sprach zu ihnen mit der ganzen Acrcdtsamkcit, deren ich fähig war, von den beiden Hanptpflichtcn des Soldaten, von Balcr landölicbc und Gehorsam gegen die Borgcsctztcn. Ich wandte mich an meinen Liebling: Wie heißt doch Ihr RcgimciitS-Äommandcnr ?" Da schwieg der Mensch, mit hörne rtschcin Gelächter verspotteten ihn die Kameraden. Ich gebot Ruhe und a ncucrte die Frage ; so dumm konnte doch kciu Mensch sei, er mußte meine Worte nicht verstanden haben, lang sam, klar und deutlich wiederholte ich meine Frage : Wie heißt Ihr Ncgi-nlentS-ttomiuandcur?" Da sah er mich einen Augenblick mit einen großen blauen Augen an und agtc dann : Herr Lieutenant, das ist o ganz komischer Namen, da kann ch mich im Augenblick wahrhaftig gar nicht dranf besinnen." Nun war es auch mit meinem Ernst vorbei, und wider Willen lachend, fragte ich weiter: Weißt Du denn we nigstcnö, wie Du stltfst mit Vornamen heißt ? Selig grinsend schaute er mich an. Zu Befehl, Herr Lieutenant." Nun ?" Paul." Nun gut. Dn heißt fast geradeso wie er ! Du brauchst nnr statt au o zu sagen so hast Du den Namen Deines Regimcnts-ttoniinaiidcnrs." Ueber Paul Äöhn, so hieß der Edle, entlud sich nun dje ganze Schwere mci ncö Zornö. Ich befahl ihm, den Na nicn unseres Ncgiuicnts-jcommandcurs Pohl hundertmal aufzuschreiben, damit er in Zukunft besser Bescheid wisse. Pünktlich stellte cr sich am Abend in meiner Wohnung ein nnd überreichte mir seine Strasarbcit, ich faltete den Bogen auseinander und sah sprachlos den Äüudcr au. Auf der ersten Zeile zattc cr fein säuberlich, so gut seine stci en Finger cs ihm erlaubten, Pohl gc chricben und darunter ncunundncnnzig Mal Gänsefüßchen gezeichnet. Ueber diese Frechheit war ich so cr starrt, daß ich zuerst gar keine Worte fand und mich nur mit der größten An, strcngnng zn beherrschen vermochte. Wie kommen Sie zn dieser neuen Methode?" siagtc ich ihn schließlich. Ich hab' cö in der Schule immer so gemach t," bestätigte er mit dem treu her zigstcn Gesicht von der Welt. Es wurde mir tinr. daß nur Dummheit, nich! sl'icr Frechheit oder Unverschämt heit ihn zn diesem gänzlich nninilitäri scheu Schrill veranlaßt hatte. Aber wälircnd sein Bcrsiand in den Kinderschuhen stecken blieb, cutwickellc sich sein Äcußereo mehr und mehr. Schon nach wenigen Wochen hatte er eine ganz andere Haltung bekommen, und daß i?)in die Anstrengungen des Dienstes gut bekamen, erfuhr ich ans einer Mittheilung seines Korporal schaftSführerö. der mir erzählte. da,z mein stolzer Rekrut jeden Tag, sage und schreibe, jeden Tag ein jcornmisbrod int Gewicht von sechs Pfund aß. Aber merkwürdiger Weise wurde er trotz die ics fluten ÄppetitS nicht dicker. So kam der gefürchtetc Tag dcror stcllung heran, die wite sollten zeigen. was f.c gcu'::!t I allen. In vier mit' tern stoben ie Mcvl da, angezogen wie die Puppeu. kein Makel war an ihrem Anzug zu entdecken. Ich schritt noch einmal die Reilien entlang, die ängstliche Gemüther Izier und da durch ein 'Scherzwort beruhigend und ihnen Muth einstoßend. So kam ich auch zu meinem Freunde Paul ohn. Ich klopfte ihm wohlwollend auf die Schul ter: .Nur immer Muth, nicht verbltis seit lassen, und wenn Du gefragt wirst, autwone frisch drauf IoS. ganz einerlei was. nur nicht schweigen." In der Thür, die zu dem Exerzier. Hans führte, zeigten sich die Adjutanten, und einen .'lugenblick später erschien der Regiments Kommandeur Oberst Pohl. dem einige Minuten darauf der General sechste. Die Borstcllung verlief wie immer, eö wurde r or den Leuten Alles gelobt, pur heimlich bekam man von Zeit zu Zeit einen eingeschenkt." Es ging Alles ganz gilt, bis den General schließ lich det jiiiei'ucf plagen mußte. Auf einmal blieb er plötzlich vor mei. nein Freunde Paul jiöhu liehen. Sage mal, mein Sohn, weißt Du anch, wie Dein RcgimentS-jiomman-dcur heißt ?" fyi Befehl, Herr General." Nun, wie heißt er denn ?" Oberst Paul!" Ich hörte die Kameraden hinter mir kichern nnd fühlte, wie sie mich heimlich mit den Ellenbogen anstießen. Mir aber war gar nicht lächerlich zu Muth, der General sah mich ganz erstaunt an: Ja. Herr Lieutenant, wenn Ihre Leute nicht einmal wissen, wie ihr Regi mcntö'Kommandcnr heißt, dann mochte ich nur wissen, was Sie Ihnen über Haupt in den zwölf Wochen beigebracht haben ! Es wird wohl nicht sehr viel sein, wie ?" Zu Befehl, Herr General." Nun, wenn Sie es selbst zugeben, brauche ich mich ja nicht länger aufzu halten, übrigens ist meine Zeit auch abgelaufen. -Guten Morgen, meine Herren." Damit war er verschwunden. Nun erst merkte ich, welche Dumm heit ich gemacht hatte! Das kommt von der militätischcn Sprache, bei der die Worte Ja" und Nein" in Bann gethan sind, cö ist eben Alles Zu Be fehl." Nachdem der General uns verlassen, wurde die berühmte militärische Toulci ter gepfiffen ; dem General folgte der Oberst, dem Obersten der Major, dem Major der Hauptmann. Alle gaben ihrem Zorn freimüthigsten Ausdruck, und wenn ich nach ihren Worten ijätke handeln wollen, so hätte ich noch au demselben Abend entweder meinen Ab schied einreichen oder mich todtschicßcn müsse. Aber ich that kcins von bei den, sondern wartete nur auf den Augenblick, bis sich der Sturm der Be redisamkcit gelegt hatte, dann winkte ich mir den Sünder herbei. Ich ging mit ihm in einen stillen Winkel, wo nng nur der Himmel sah, und dort habe ich mit Paul ein so ernstes Wort gcspro chen, daß cr blau, roth, gelb und grün im Gesicht wurde. Mit schlagenden Gründen bewies ich ihm, daß sei Leben nieht einen Schuß Pulver werth sei, und wenn cr nach meinen Worten hätte handeln wollen, dann hätte er dahin gehen müssen, wo daö Wasser am tief sten ist, aber auch cr licß mich ruhig reden. Endlich hatte sich meine Wuth gelegt, ,uud ich winkte ihm, zn gehen. Aber er wich und wankte nicht, sondern blieb immer aus derselben S telle stehen. Fra gend sah ich ihn an, endlich faßte er Muth und trat auf mich zu: Herr Lieutenant, ich hätte eine Bitte." Nun?" Uöiinte ich nicht bei dem Herrn Licn tcnaiit Bursche werden ?" Ich war sprachlos I Auf Alles war ich gefaßt gewesen, daß cr sich über mich beschweren, ja sich sogar vielleicht an mir vergreifen würde, ans alles Mög liche, nur auf das nicht. Berwunderl sah ich ihn an : Wcs halb willst Du denn Bursche werden?" Herr Lieutenant, ich bin zu dumm." entgcgnelc er. ich kann mir noch so viel Mühe geben, ich lern' es doch nicht." Und glaubst Dn. daß Du als Bursche nichts zu lernen brauchst? Aber wenn Du eö willst, ich will mich gern für Dich verwenden, daß Du irgendwo Bursche wirst." Üann ich nicht bei dem Herrn Licute nant selbst bleiben?" Es klang so hilf los, so rührend, daß ich wieder stehen blieb und mich umsah. Aber weshalb willst Du denn gerade zu mir?" Weil der Herr Lieutenant immer so gut mit mir gewesen sind und cs immer so gut mit mir gemeint haben." Gerührt reichte ich ihm die Hand, ich schämte mich meiner Wuth von vorhin, und mich verlangte, wieder gut zu ma chen, was ich gefehlt hatte. Noch au demselben Mitlag hielt cr seinen Ein zug in meine Wohnung, nud er hat mich bisher nicht verlassen. Er hat steh sehr zu feinem Bortheil verändert, er hat viel zugelernt." Ju demselben Augenblick betrat Paul kaö Zimmer und stellte eine neue Flasche biothwcin vor nnS hin. Sagen Sie," fragte der Assessor, können Sie mir wohl sagen, wie Ihr Rcaimenl-Kontmandeur lieiir ?" Freudig lächelnd schaute Paul ihn , an : j Zu Besehl, Herr Lieutenant. Er ! Iinnnie ane .vicnfchcn vieuienanr, gicicy lici, was sc waren, Nun, wie heißt er denn?" Fast genau so wie ich." Und wie heißen ic den:-?-' stuhii." Und stolz, 'voi! Bcwntzt sein, endlich einmal die A:v.'.?rt nicht schuldig geblieben zn sein, schritt cr zur Thür hinaus. 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