Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 23, 1893, Image 1

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Lincoln, Neb., Donnerstag, 23. November lü9:l.
(Unabhängiges Organ fiir den Staat Ncbraska.)
Jahrgang lt. Ao. 27.
Pvlttikche Wochcn-Nuttdschau.
Ausland.
Berlin. Äaifkr Wilhklm kiöpnktk am
17. Nov. bis Sitzungen des Reichstages
pkrjaiilich und hitli dabei eine tnirnl'ii4
Veiihe Rede, Die Mitglieder des Deichs
tage oa jamnuticn sich im Weißen Sa.tle
bet allen Schloffes. wo der Kaiier bals
dlilauf den Thivn bestieg und nachdem
die nmeseilden elw , 1 50 Reichstags!:
glieder der Aufsuiderung des Kanzler
on liaprioi und den Mitgliedern des
BuiidcsrcilhrZ folgend, drei Hochrufe
uZgedracht hallen, sich verbeugte uiib
bie folgende Rett hielt :
Veehrtt Herren! Als ich Sie im
Juli dieses Jahres um mich versam
weite, druckte ich mein Verirauen aus,
daß S nur und nuincn hohen Perbsin
bete nicht ihre Mitwirkung bei dem
Ausbau unseres Heeres, mt ihn bie
Interessen des iHeidje orllangtcn, ver
sagen würden. Ich freue mich, dah sich
Mi, !Uelrauen nicht getäuscht ha!, und
Väyrend tch Ge heule dn Ihrl-n, Zusam
menlriit willkommen heiße, halte ich ti
für meine P sticht, dem Reichstag meinen
Jtuise.lichen Dank für seine patrioti che
Willigten zu erstatten. Die vielen 43e
Welse warmer Sympathie, die uns in den
letzten Monaten cut verschiedene,, Thei
len de Reiche zu Theil geworden find,
find wir ern Pfand Dafür, daß die Nation
befriedigt ist, weil das deutsche Heer eine
Organliailon erhalten hat, die den Schutz
dk Vaterlandes und die Erhaltung des
Friedens veibäcijt. Eö wiid jetzt Ihre
HaupiausgaHe sein, in vereint. r Arbeit
mit den verblioe,cn Regierungen Wege
. xu finoen, wie die durch die Erhöhung
der Krieoensstälke des Heeres nöthig
gewordene Mehrausgaben beschafft wer
den köiiiien. Tue Vorschläge, die Ihnen
in dieser Äerbindung zugch n werden,
ruhen auf der breiten Unie,Ige einer
neuen Feststellung der finanziellen Be
ziehungen des Reiches zu den Bundes
stauten. Die finanzielle SBcnoaltung des
Reiches ist noch nicht dem Sinn; der
Reichsconslilulion gemäß regulirt. Bis
hcrige Erfahrungen haben aber gezeigt,
baß ein Avtommen zwiichen dem Reiche
und den Bunocsstaaicn sehr von Nöihen
ist. Das Finanz ystem beS Re,cheS muß
auf solche Weise eingerichtet werden, daß
bie gegenwärtigen Schwankung ende,,
ttt)i Ht Arhinin lau K,4 ftt. tu
UliV VIV OVIVItUlllll VtV üVlltlV III
genauern Verhältnisse zu den an oder von
bn Eiuzelslaalen zahlbaren Summen
stehen, so daß die einzelne Staaten eine
gewisse, proporiiouirte Summe zu den
Einkünfien 0.8 Reiches beitragen müssen,
fein solches Ar,angement. harmonisirt
trefflich mit der Bundrsform unseres
La,erlandes, bewirkt die ungestörte Zu
sammenwiikuiig des Reiches und der
Buudesiiaaien und wird, ohne den Rech
te des Reichsiagcs zu nahe zu treten,
die finanzielle Administration wesentlich
erleichtern. Eine Vorlage, welche diese
Idee zur Äusführung bringen soll, wird
ihnen unterbreitet werden. Außerdem
wc,en yiien Doriagen zur Beiieuernng
von Tabak und Wein und zu einer Reichs
stempelstcuer zug, heu. yich hege keinen
Zweif.l, daß Ihre erg'bene Miivi kng
die ungeheure Aufgabe bewältigen wird
Ai'gesichls der gegenwärtigen Finanz
läge des Reiches ist das Reichsbudget mit
der größten Sparsamkeit aufgestellt wor
den. Als wir die Handelsverträge mit
Oesternichi Ungarn, Italic, Belgien und
der Schweiz abschlössen, hofften mir, daß
diese Bertrage eine Anh 'ltspunkt zur
Rcgelu"g unserer Handelsbeziehungen
zu anderen Siaalen abgeben würden.
Diese Hoffnung hat sich insoweit erfüllt,
a!S es uns inzwilchen gelungen ist. neue
Handklsvcrtiäge mit Spanien, Rumä
nien und St dien af ähnlicher Basis
abzuschließen. Die Verträge mit bieten
Ländern, welche unserem Hindel die
gewünschte Sieijerheit und Gelegenheit
zur Ausdehnung geben, merken Ihnen
der Constilution gemäß zur Billigung
unterbreitet erden.
In Uebereiiisti.niming mit unseren
hohen Veibündelen sahen wir uns genö
thigt, die Einfuhrzölle auf russische Waa
ren n auszerordentlichcr Weise zu erhöhen,
und die za diesem Zwecke von mir erlas
senen Verordnungen werden Ihnen mir
getheilt werden. Ich gebe mich der Hoff
nung hin, daß d'e gegenwärtig mit Ruß
land g führten Verhandlungen zu dem
Widerruf dieser Maßregeln führen wer
den. Denk den kräftigen Bemühungen
dec verbündeten Mächte ist ti gelungen,
bie schreckliche Seuche, bie im Jahre 1892
so ichmere Opfer forderte, seither von
uns fernzuhalten. Ws isoliite Fälle
.uftraien, ist es gelungen, die Ansteckung
zö verhindern. Um die dabei gewon
nenen Erfahrungen praktisch und dauernd
zu verwerthen, ist eine Vorlage ausgear
beitet morden, die Ihnen zugestellt wer
den wird.
Die Aasgaben, Welche Ihnen auf dem
Gebiete der Finanz' und Nationalökono
mie zugcmuthet werden, sind so groß, daß
die verbündeten Regierungen es für rath
farn gehalten haben, soweit wie möglich
uf andere Angelegenheiten bezügliche
Anträge zurückzuhalten.
In' den Beziehungen Deutschland's
zum Auslande sin) keine Veränderungen
eingetreten. Während die enge Freud
schift mit den mit unS zu dem Zwecke
verbündeten Mächten, gemeinsame fried
liehe Ziele zu verfolgen, fortdauert, stehen
wir in guten und freundschastliche Be,
ziehung'n zu allen Mächten, und daher
hege ich die zusersichtliche Hoffnung, daß
mit göttlicher Hülse die Segnungen
l des Friedens noch ferner erhalten bleiben
mögen."
Die auf die auswärtigen Angelegen
heiten bezügliche Steile der Thronrede
wurde mit lautem Bei all begrüßt.
Am Schlüsse der Rede des K'isers
erklärte KanUer von (lapnoi die Sitzung
bei Reichstages als eröffnet und die
Ceremonie schloß mit drei avermaiigen
Hechrufen aus ben Kaiser.
Berlin. Ter kaiserliche Jnstilininister
Hanauer hat dem Kaiser über den F ill
der bei'en ranzoken, welch,' vor einiger
Zeit auf den Verdacht hin, Spione zu
sein, Verhaftet wurden, und w lcde später
gestanden, daß sie dem tranzösitchea Äe
eralstzb angehörten, B richt erstattet.
AIS sie Haft genommen wurden, gaben
sie vor, Zlrchilkute zu sein, da sie mit
einer vo , ihnen gech irtertcn englischm
Z)acht nach Kiel gekommen waren. Bei
Durchsuchung der Pacht fand die Polizei
jedoch tine Sammlung von Ph.togra.
phicii und Plänen von den Befestigung?
werken mehrerer deutscher Häsen. Der
Minister Hanauer sagt in einem Be
richte, .laß eistaunliche Enthüllungen in
der Angeleg'nhcit gemacht morgen seien,
welche ein E'noerständniß des franiösi
schcn KriegsministeriumS mit den Vejan.
genen zur Gewißheit machten.
Wien. Prinz Alexander v. Balten
berg, der vielgenannte frühere Fürst vo
Bulgarien, ist am Freitag in Graz gestor
den. Er litt an Eingemeide-Enkzün-düng.
(Ist wurde am 5. April 1857
als zweiter Sohn des Piinzen Alexander
von Hessen-Darmstadt geboren, führte,
m,e seine Brüder, den Titel eine Fürsten
o. Balicnberg, trat zuerst in das groß
herzogl'ch hessische Dragonerregiment No.
24 als Lieulnaiit.machie 1877 imHaupt
quartier des russischen Äroßfüisten Riko
laus ben Krieg in Bulgaüen gegen die
Türkei mit und wurde darauf nach Ber
lin in das Regiment lÄarde bu Corp
versetzt. Seine Theilnahme am Fclvzug
gegen die Türken und seine nahe Ber
wandlschast mit dem Kaiser Alexander
dem Z veiten von Rußland, dessen N ffe
er war, wiesen darauf hin, daß er zum
ibelhaupt deS zu schaffenden Fürsten
lhums Bulgarien vngersehen sei. Die
Mächie gaven zu se,ner Wahl ihre
Zustimmung, und Alexander wurde am
2. April 1879 von der bulgarisch n
Rationaloersammlung einstimmig zum
Füisten gewählt. Am 8. Juli hielt er
in Tirnowa seinen Einzug und leistete
den Eio auf die neue Verfassung. Er
zeigte sich längere Zeit sowohl den radi
kalen Agitationen im Innern wie deut
russischen Einfluß gewachsen und wurde
bei, Volk immer beliebter. Im Juni
1881 ließ er sich, da er mit der Abgeord
netcnkammer nicht regieren konnte, von
der Großen Nationalocrsammlung auf 7
Jahre diltatoiifche Vollmacht, unter Sus
Pension der Verfassung übertragen. Dies
benutzte aber Rußland zu neue Ein
griffen, und 1883 wurde die Verfassung
wiederhergestellt. Zwei Jahre da, au'
wurde das Land mit Ost-Rumelien ver
einigt; Alexander nahm den Titel Fürst
von Ost- und Süv - Bulgarien" an.
Durch dieses selbstständige Borg hen
machte er den Zaren eist recht wüthend,
welcher ihn aus den Listen des ru suchen
Heeres strich. 3n dem nun ausbrechen
den Kriege zwischen Bulgarien und Ser
dien that sich Alexander durch militärische
Tüchtigkeit und persönlichen Muih her
vor, konnte aber den Lohn seiner Tapfer
keit wegen des Widerstandes Rußland's
nicht ernten. In dieser Lage überraschte
ihn die Verschwörung vom 21. August
1888. Alexander wurde nächtliche, weise
g' fangen genommen, sammt seinem Bru
der Franz Josef in die russische Donau
stadt Reni gebracht, und eine p ooisoi ische
R gierung eingesetzt. Diese murde jedoch
sogleich Mieder genürzt und Al,xandcr im
Triumph zurückgeführt. Da aber Aler
ander auf ein an den Zare gerichtetes
Telegramm eine schroffe Zur ckweisung
erfuhr und auch deutscherseits gewart
wurde, lo dankte er im Jnderesse des Lan
des am 7 Sept. ab un begab sich nach
der Einsetzung einer Rkgentschait in seine
Heisische Heimath. Der Plan seiner
Vermählung mit der Prinzessin Vic
toria, Kaiser Friedrich's Tochier, schei'
tcrte. Anfangs des Jahres 1889 schied
Alexander a'.iZ der preußisch- Armee
aus: am 6 iebr. beirathete erJoh nma
Loisinqer, Tänzerin om Darmstädt,l !
Hotiheater, i iio ließ sich mit itn unter
dem Nanitii eies Äiafen Hartenan
nach seinem bei' Jugenheim gelegenen
Gute in Äraz nieder. l8jü trat er
in den aktiven Dienst der österreichischen
Armee und würd, zweiter Oberst im
österreichischen Infanterieregiment No.
27.)
Tte Lehre der letzten Wahl.
Bon ZZerd. Schweizer.
Am 7. November haben di' Demokra
ten eine Niederlage erlitten, von der sich
die Partei nie mehr erdolen wird So
unanqenchm dies für die demokratische
Partei ist, so erfreulich ist es für jeden
Freih'ttefreu, d,da es beweist, diß immer
noch ein gesunder Kern im amerikanischen
Volke steckt, denn diese Niederlage ist
nichts anderes als ein gerechtes Verd im
mungsartheil des Volkes über die Will
kürh rrschast ber Cleoeland'schen Admi
nistration und der demokratischen Partei.
ES ist as Referendum oder Veto deS
Volkes, welches beweist, baß das omeri
konische Volk seinen Willen nicht unge.
straft einem willkürlichen Despoten unter
ordnet. Dieser Beweis und diese Lehre
werden unbezahlbare Jolgeu für das
amerikanische Volk haben. Denn nie
mehr wird eS eine Administration und
Parier wagen, ganz hm alle Rücksicht
auf den VolkSmillen zu handeln, wie
Cleocland dies gethan.
- Natürlich werden nun von den demo
kratischen Führern allerlei andere Nrsa
chen für die schreckliche Niederlage gesucht
werden, thatsächlich ist aber in erster
Linie Präsident Cleoeland hierfür er
anlwortlich, indem er Alles Mögliche
gethan, u n sich und seine Partei unpopu
lar zu machen.
Beginnen wir mit seiner Jnauqnra
tion, so war dieselbe das g'rade G-gen-theil
von der so hoch gepriesenen demo
kratischen Cleoeland'schen Einfachheit.
Dire Jnaugaration maßte, was Glanz
und Kosten anbelangt, Alles bisher
Tazewesene überbieien. 'Dies mir min.
bestens sehr unklug, denn zu einer Zeit,
w" ein paar Millionen Arbeiter beschäf
tigunaslvS sind und lheilmcise iha:ijch
lich Hanger leiden, mug es d:ee Leute
v rbitlern. wenn die ersten Beamten auf
Koste des Volkes lururiöse Freudenfeste
feiern.
Die Bildung des Eabinets war ganz
auf eine Willkurherrschaft im Dienst vo
Wallstreet be,ech,ut, dehalb ist denn
auch unter 34 Staaten New Aork allein
mit 3 Vertretern (also beinahe die Hzlfte
aller Mitglieder) im Eabinet bedacht,
während der ganze, gi ößte Westen, w st
lich v.iin Missiisippi, welcher mehr als
die Hälste des ganzen G'bieleS der Ver.
Staaten umfaßt, sich mit einem einziqen
Mitglied begnügen muh, welches Mit
glied aber total mit den Ansichten deS
Volkes in feinem Distrikt in Widerspruch
steht.
Für die herrschende Finanzkrisis ist
zwar Cleoeland nich' ganz allein verant
wortlich, die Krisis war vielleicht nicht
ganz zu vermeiden, zum größten Theil
ist aber Cleoeland doch für das grenzen
lose Elend, welches dieselbe verurs'cht
hat, verantwortlich denn Kälte Cleoeland
im Frühjahr den Congreß zur Regulirung
der Geldfrage zusammenberufen, so märe
es damals vielleicht möglich gewesen, die
Krisis duich weise Gesetze zu verhüten,
jedenfalls aber das gräßlichste Elend
abzuwenden. Cleoeland hrt dies ab,r
nicht etwa aus Unwissenheit, sondern
ablichtlich unterlassen, w il er wohl wußte,
daß er damals seinen despotischen Willen
für die Entmerthung des Silbers nicht
hätte durchführen können, denn er soll
damals erklärt haben, werde den Con
greß nicht einberufen, die Silberbolde
müßten erst durch eine Panik mürbe
gemacht werden. Um also keinen eigenen
Willen, durchzusetzen, würbe in di,sem
Falle die Wohlsahrt des ganzen Landes
auf' Spiel gesetzt.
Die von Hrrn Cleoeland gemänsch'e
Panik wurde denn von den Goldjuden in
Wallstreet richtig d progrimmgemäß
in Scene gcseyt, wobei Millionen ehr
barer Bürger in grenzenloses Elend ver
fetzt mt zur Verzweiflung getrieben wur
den. Die ehrlichen Bürger wurden um
ihre sauer erworbenen Ersparnisse betro
gen, Handel und Industrie ruinirt,
woöurch weitere Millionen Arbeiter brod
los und die Löhne der Uebiigen so redn
ziit wurden, daß sie nicht einmal für ein
armseliges Leben ansieichen. so kaß selbst
aus de armseligsten Verhäliniss n von
Europa herübergcleckte Arbeiter die ver.
lassenen Heimstallen den hiesigen Ver
Hältnissen gegenüber als Paradi s bctrach
tcn und sich mieoer nach den bescheiöenen
Kariosfellöpseii, wobei sie sich wenigstens
satt essen konnte, und den verlassenen
elenden Hütten, die sie wenigstens vor
dem Er,, leren schützt :n. zurücksehnen,
so daß Tausende die Rückreise bereits
angetreten und Hunderttausende folgen
würden, wenn sie die M ttel dazu besäßen,
da sie hier genöigigt sind, hungernd u d
frierend, von Polizisten und Hunden ver
folgt, von einem Platz zum anderen zu
wandern.
Produkte, namentlich aber Farmpro
bukt meiden zu den niedrigste unter
den Produktionskosten stehenden Preisen
verschleudert und verschifft, um den ban
keroiten östlichen Ba.,ke Geld zu ver
lchasfen, ohne Rücksicht darani, daß man
hierdurch nnch die Farmer ruinirt und
damit die Gans schlachtet, welche bisher
die goldenen li er gelegt.
Gerechte Beschwerde., des Volkes blei
ben Uiibcrücktichkigt, ja die bescheidene
Forderung der Arbeiter um Anweisung
von Arbeit, an nothwendigen, d in
Gemeinwohl zu Gu,c fommenben Wer
ken, damit diestlben sich wenigstens so
viel erwerben können, um t icht zu ver
hungern, wurde mit dein Polizeilnüppel
beantaionet.
Unter Agrikultur Sekretär beging die
Infamie, die Farmer öffentlich z ver
hödncn und zu o rläumden, indem er sich
in einer öffentlichen Neoe in Chicago,
g.e'.ch ein, M Hausmmst über die Be
schmerden der Farmer lustig machte und
die Farmer selbst als Faullenzer und
Tummköpse hinstellte.
Dies ist der M .nn, welcher den gan
zen Westen, westlich vom Mississippi, im
Cabinet vertiitt. Glaubt Jemand, daß '
das Volk die,en Mann als Vertreter in'S
Cabinet senden wülde, wenn ihm, wie
in der Schweiz, das Recht zustehen würde,
die Eabinetsmi glieder zu wählen?
Auch dte pensinöber, chtiatcn Soldaten
wurden infam beleidigt, i ,dem man eine
überall anerkannten G undfatz auf den
ft Pf stillt. In der ginzen civiUsirten
Welt gilt Jedermann als Ehrenminn,
bis das Gegentheil bewiesen ist. Mit
diesem Grundsatz stellt sich unter Pen
sionsbureau in direkten Widerspruch,
indem es ganz willkürlich Pensionen
zurückhält, worauf dann der Betroffene
innerhrlb 6g Tagen zu beweisen hat,
daß er kein Betrüger ist.
Mit Ausnahme der Geldprotzen murde
jede einzelne Klasse beleidigt, dagegen
wird ä gstlich vermieden, die behagt che
Ruhe dieser privllegirten Drohnen zu
stören.
Während auf der einen Seite das
ganze Volk im Elend versinkt, leben
un'ere Geldprotzen, welche ihre Reich
thümer durch EisenbahnstraßenrLuberei,
Wucher und Betrug ergaunert, im urier
hönesten und üppigste,, Luxus, welcher
sogar den. dem französische Volk im
vo, igen Iahrhutldcn so anstößigen LuruS
seiner Könige, in den Schatten stellt.
N cht nur Frauen überladen sich mit
Edelsteinen, die ein ganzes fürstliches
Vermögen reprasenii ea, selbst Hunde
werben mit goldenen, mit Edelsteinen
verzierten Haig. 'andern ln Wc tiie von
hundertt liisend Dollars verleben, und
gegenwärtig i,t einer di s:'r ,N bgvS"
auf ,'iiicr zmecklo'en Verqnilqun isreise
begriffen. kic eine qa: Million kostet.
Für das geregte Verlang!',, d!'s Volkes,
solche Gelkprohen mit einer progressiven
Einkommen? und Erbschaftssteuer zu
belasten, um dem Volke wenigstens etwas
von dem Raube zu retten, schenkt weder
die Administration noch der Congreß
Gehör, denn beiden LuculluS'scheg Gast
mählern fällt bann und wann auch ein
Knochen für servile Ledientenseelen ad.
Nachdem "lia bie Panik nach Wunsch
gearbeitet und Präsident Cleoeland mit
telst der Parkeipeitsche sich die Parte,
dienstbar gemacht, da er nur Gold
freundliche B.amte eingestellt, wobe zu-
gleich liberale Beiträge zum Wahlfond
abbelonnt wurden, rief er den Cngreß
zusammen, mit der bestimmten Anme,-
fang, bas örherman'sche Gesetz auszuhe
den, ohne sich weiter in bie Sinanzanqe-
legenheiten zu mischen. Dies ist ein ty
rannischcr Befehl an eine gesetzgebende
Ver!ammlung, den nicht einmal ein euro
paischer Monarch zu geben wagen wurde,
und zur Schande für unsere Republik hat
eine Mehrheit deS CongiesseS diesem Be
seht gotge geleistet.
Am 7. November bat nun das amcri
kanische Volk das Referendum gegen die
Handlungsmeise der Administration mit
p gewaltiger Mehrheit abesegeben, roß
dleS der demokralischen Partei den L
benssaden abschneidet, denn tolle Diejcui
gc, welche bei der diesjährigen Wahl
der demokratischen Partei ben Rucken gc
klhrt, waren eigentlich keine Demokraten.
saubern Uuzufriebcne, welche ousgefun-
den, daß etwas nicht ist, wie es fei soll
te. jZie,e habe sich der demokratischen
Partei angeschlossen, in der Hoffnung.
daß diese Partei Willens und im Stande
sei. die nöthigen Reformen einzuführen.
namentlich, da Cleoeland in seinem ersten
f er min sog r einige republikanische Post
metster nicht sofort an die Luft gesetzt.
darin nun wurden diese Wähler gewaliig
gelauscht, wodurch sich die ungeheure
Fahnenflucht erklärt.
Austatt, daß Herr Cleoeland einem
mäßigen Fortschritt huldigte, und nöthig
Resormen einführte, hat derselbe die
schlimmsten Fehler von zwei hervorragen
den Präsidenten beider Parteien ange
nommen, die Bevtesucht Jackson's und
die Willkür Grant's. Herr Cleoeland
scheint gar nicht zu missen, daß er sich sei
ne Popularität im ersten Termin gerade
dadurch erworben, daß er die Beutever
theilung nicht so weit getrieben, wie seine
Vorgänger und daß das amerikanische
Volk dem General Graut viel übersehen,
was sich sonst keinZliann erlauben durfte.
Auch die Zeichen der Zeit l mciß Herr
Cleoeland n cht zu deuten, denn zu einer
Zeit wo selbst Monarchen! gezwungen
sind, ihren Vö.kern Zagst.h,dnisse mit
dem allgemein, n Sttmmrecht zu machen,
vi.d wa in europäischen Republiken das
Volk sich mittels der Initiative und dem
Referendum direkt an der Gesetzgebung
deiheiligt, in einer solchen Zeit ist es gc
radezn Blödsinn, wen ein Einzelner in
einem Freistaat sich anmaßt, eine, Volke
von 60 Millionen freier Menschen feinen
Willen aufzudläugen. Sogar in Deutsch
land murde dagegen protestirt, als Kaiser
Wilhelm in's Münchener Fremdenbach
gechlieben: .Der Wille des Herrschers
ist dem Volke Gesetz."
Daß dieser Satz nunmehr unrichtig ge
woroen, hat Kaiser Wilhelm selbst ersah
re, indem er wiederholt gezwungen war,
unpopuläre Gesetzvorlagen w,eder zurück
zuziehen, um nicht blamirende Niederla
gen zu ei leiden.
Aaö Aclei kann man ersehen, daß auch
unsere demok,at,schen Bourdonen nichts
gelernt und nichts vergessen. Die Zci
len, wo eine kleine Mliiderbeit den Volks
willen ungestraft unterdrücken kann, sind
für immer vorbei. Die große Mehrheit
deS ümeiikaiilschenVolkeS will aber nichts
von der Einstellung von Silberpraguttg
wisser,, wie dies btePtalsormen Uerar
leien beweisen. Jede Parte, war letzles
Jahr gezwungen, eme Plank zur Erhal-
iuug des Äi,0ergelos in die Plat vrm
auszuiiehme und vie demokratische Par
tei yt Selbstmord begangen, indem sie
entschieden, gerade dirett diesem Verspre
che entgegen gehandelt.
Wer alle dn.se Umstände betrachtet,
dars sich 'also über den Ausgang der
Wahlen nicht munoein, denn wer Hag
sael, kann nicht erwa.ten, Liebe zu ernd
len. daß aoer Präsident Cl.velano Hag
gesäet, geht am besten daraus hervor, daß
sich die retzljayrtgen bedeutenden demo
uatichen MaMitälen in so übermaln
gende Majoritäten der Gegenpurtei er
wandelten uns dß der noch oor Kurzem
ziemlich populäre Präsident nach halbjay
liger Regierung i g.iedenszell auS
Fuecht vor Atleulaten auf fein Leben gc
nölhigt ist, eine Leibwache anzustellen,
glelcvviel ob nun fein böses Gewissen
oder wirkliche Gefahr diese Maßregel
dikkircn.
Daß aber Herr Cleoeland die Folgen
seiner Handlungen voraussah, muß man
daraus schließen, daß er sogleich nach sei
ner Jnstullirung mit dem grausamsten
allerThrannen, dem Kaiser vonRußland,
einen üuslieserungs-Vertrag abgeschlo,
sen, um dadurch allfällige Alleniä.er auf
jeln Leben abzuschrecken. Durch diese,,
Act hat sich Herr Cleoeland mit diesem
Tyrannen auf gleichen Fuß gesetzt und
diese Land zu Schergendiensten sür den
größten Feind aller Freiheit verpflichtet
und dadurch unser, bisher heilig gehal
tenes, Asqlrecht für alle uutcrdlückien,
nach Freiheit ringenden Menschen, aus
schmähliche Weise verletzt und aufgegc
be.
Wird nun Herr. Cleoeland nach dieser
gesalzenen Rteoe läge sich dem Volks-
willen sagen?
Dies ist kaum anzunehmen, denn die
scr Mann besitzt einen gaadezu lächerli
chen Vroszenisayn, was man daraus er
sieht, daß ec seine Alte lin ersten Termin
zus. mm gestellt in Buchform herauzge
: gebe l.nS dem Papste ein Eremp ar ,u-
gestellt hat, als ob feine Anstellungen
, von Posltue! lern von gleicher weilae-
, sch chtUflien B' dcutung wärer,, wie die
vSü Jesscr,on versagte Unabhäugigkcils'
erklärung der Lincoln'S EmanzipationS
Akte. Nur wenn sich der Congreß ermannt
und den Präsidenten in die gesetzliche:.
Schlanken zurückweist, wird die Willkür
Herrschaft gebrochen. Tollte dieser Con
greß jedoch fortfahren, sich als Werkzeug
dieses Präsidenten gebrauchen zu lassen,
so wird das Volk nächstes Jahr einen
Congr.ß erwählen, welcher der Willkür
Herrschaft ein schmähliches Ende bereitet.
Die Culbertson Sun" ist wieder
ron den Todten auferstanden.
Die .Southern NebraSka Poultry
& Pet Stock Association' wird am ö.,
6. 7. und k. December in Hastings ihre
jährliche Ausstellung abhalten; dieselbe
verspricht ihre Vorgängerinnen bedeutend
zu übeiflügeln.
Der Prozeß gegen J.Koch, welcher
einen angesehenen Landm rth auf einer
Hochzeit während des verflossenen Früh
jahres ermordete, wird vor dem Distrikts
gericht zu Hartington zur Verhandlung
geling,.
Hockenberger, ber frühere Schatz.
Meister von Hall County, ist wegen des
Deficits von $6,40,1 verhaftet worden
und wird der Jnhaftirte sich am 15. Ja
uuar 1894 vor dem Gerichte zu verant
orten haben.
Eh. Parkhurst, ein Farmer von
Knor Couniv, büßte bei einem Brande
seine Scheune und 6 Pferde ein, als er
gerade das MittagSess en einnahm. Das
Feuer wurde zu spät ettdeckt, um Gebäude
und Pferde vor den Flammen zu retten.
Seit der Plünderung der Postoffice
zu Louisoille und der Ermordung des
Farmers Akeson zu Weeping Water bleibt
das Gesti.del von Cass County weg, da
die Landstreicher Angst haben, von den
ergrimmten Bewohnern aufgeknüpft zu
werden.
DaS Nebrsska Gebäude auf der
Wcltausstellug ist für 1b an Seiv rs
& Fearnley von Cmcinnati losgefchla
gen morden. Die Möbeln wurden nich
Rebraska zrüclb.'fSrdert y das Gebäude
soll einen Kostenaufwand von tzN.ovU
erfordert haben.
Ein Farmer von Sheridan County
kaufte eine Orgel und erfüllte die Lust,
ohne solches beabsichtigt zu habe, mit
Musik, da die Pserde scheuten und mit
dem Wagen durchgingen. Die spielende
Orgel stürzte vom Wagen und wurde
erheblich verletzt.
D. I. Baker von North Platte,
welcher seit vielen Jahren das Amt eines
Sheriffs von Lincoln Count bekleidet
hat, ist bei der letzten Wahl von seinem
Gegner mit nur 24 Stimmen bei einer
Gesammtstimmenzahl von etwa ?,50O
geschlagen worden.
In ber Gegend von Elm Creek,
etwa 12 Meile von Kearnri), fanden
Arbeiter, die mit dem Abtragen eines
Hügels beschäfiigt waren, Knochen von u
Zoll Durchmesser, welche, wenn nicht alle
Anzeichen trügen, von einem Hinterbeine
eines Mastodon herrühren.
Die Rübenzuckerfabrik zu Norfolk
hat bereits 16, oa Tonnen Rüben ver-
baucht und etwa drei Millionen Pfund
Zucker geliefert. Achttausend Tonnen
Huben liegen gegenwältiq aus rager, so
daß die Fabrik Iis ungesöhr Weihnach
te in Betrieb bleiben kann.
Ei riesiges Prairiefeuer vernich-
tete in Sheridan Coi.nty eine Menge
Heu und wären die Häuser und Stnllun
gen der Landwirthe stcher.ich den Flam
men zum Opfer gefallen, wenn die
Bewohner der Siadt den bedrängten
Farmern nicht zu Hälfe geeilt wären.
In Okceola bi ben sich bie Leut
chen ei, daß die neuliche Balgerei die
Bürger tugendhafter gemacht habe. Durch
Gesetze oder Rohheiten wird die Moral
nicht gehoben, sondern nur durch gute
Beispiele und eine sorgfältige Erziehung
der Jugend.
In Dodae County leben in Folge
der Township, Organisation nicht weni-
ger als 300 öffentliche Beamten, also
Illl deraann Bevolterung. 3 ist
durch, uä nicht auffallend, wenn die Sleu-
erzahler sich für die Einführung der sog.
Tomnship:Organisation nicht besonders
zu begeistern vermögen.
A. G. Scott von Kcarnev. welcher
von Gouverneur Thayer zum Commissar
der Colnmbischer Ausstellung zu Chicago
ernannt wurde, ist soeben von Gouver
neue Crounse zum Commissar der Welt
ausstellung, welche vonr S. Mai bis 12.
Novbr. 18S4 in Antwerpen stattfinden
wird, ernannt morden.
Auf Antrag der Ver. Staaten
wurden I. W. Doane von Chicago
und F R. Condcrt von New York zu
Massevermaltern der Union Pacific Bahn
zu Omaha ernannt. General Cowan,
der für die Bundesregierung auftrat, er
klärte, die schwerwiegenden Interessen,
welche dieselbe bei dem Unternehmen ha
be, berechtige sie, unter den Masseverwal
lern besser vertreten zu sein-
Petrie Maller, ein junges Weibs -bild
von ungekahr 22 Sommern, begab
sich nach ihrer Ankunft in Grand Island
sofort in die Küche des Köhler'fchen Ho
tcls, um es sich dort recht bequem zu ma
chen. Die Polizei wurde aber zu ihrem
Leidwesen in Anspruch genommen, mel
che das übersp innte Wesen i das Da
menzimmer gen. Hotels sperrte, ms die
Jnhaftirte am anderen Morgen in be
mußtlofem Zustande aufgefunden wurde.
Die Gefangene ha'te nämlich mährend
der Nacht dc Gaskrahnen geöffnet, um
mie man glaubt, Se bstmord zu begeh n.
Nachdem das bestauernswerthen Wesen
von einem zu Rathe gezogenenArzte wie
der zum Vcwußtscin'gcbracht worden, er
klärie sie, daß sie bei Lanneborg wohne
und von ihrer Schwester von Hause ver
trieben worden sei.
Vildcr au der Bundeshauptstadt.
Washington wird nicht selten als eine
der langweiligsten Städte geschiftet 1.
Freilich dürfte bei solcher DatslcllunL
ein gut Theil Einseitigkeit der betresfei,
den Gewährsleute mit unterlaufen.
Jedenfalls aber hat unsere Wundes
Hauptstadt ihre Momente, in denen mai,
Ihr der Reize genug abzugewinneit ver
mag. So Im Herbst.
Walter Wcllmann. der bekannte Kor
respoiidcnt. schildert in einem feiner letz
ten Berichte ein Stück von dem Drei
den in Washington in der Form einer
perbftmorgenbekrachtung.
Es ist zwischen acht und neun Uhr.
Die Straße sind voll Leben. Die
DeparteiiieiitSangesteUten begebe sich zu
ihrer Arbeit ; es ist ein fröhliche, gut
gekleidetes, wohlgenährtes Bolk. Feine
Hüte, neue Handschuhe, hübscher Au,
putz und allerlei Neuheiten der Mode
kennzeichne sie. Männlein und Weib
lein. Sie gehen in Gruppen von
zweien oder dreien, und von den Schul
rindern scheinen sie sich nur durch die
Statur zu unterscheiden, so harmlos,
so wenig ernst liegt das Leben vor
ihnen. Denn ihre Arbeit ist leicht und
ihre Verantwortlichkeit gering.
Wohl ein Drittel dieser Glücklichen
saust auf dem Zweirad einher, Männ
lein und Weiblcin. Während der Ar
bkltSstuildcn sehen die inneren Höfe der
gioseii RegierungSgebäude förmlich wie
Räderdschungeln aus.
Dort geht ein junger Mann, dessen
natürliche Begabung ihn zweifelsohne
z eiitcm bedeutenden Miistlcr werden
ließe, hätte er den Muth, die angenehme
sichere Stellung eines Regicrnngsclerks
aufzugeben und sich an den Laden zu
lege, wie man so sagt. Aber die Au
Ziehung deS NichtöttjunS und NichtS
dcnkcnS ist zu groß.
Nach ihm kommt ein kleiner gebückter,
Herr einhcrgetrippclt. Seit mehr als
30 Jahren geht er so jeden Morgen,
zur selben Stunde, den selben Weg,
nach seinem Departement. Glückliche
Anlagen seiner Ersparnisse in Grund
kigcnlhum haben ihn $150,000 werth
gemacht ; aber ihn zieht'S zu seinem
Pult und wird ihn weiter hinziehen, bis
ihm der Tod das gelbe Kouvert schickt,
das ihm seine Entlassung bringt.
Plötzlich saust eine außergcwöhn
lich hübsche junge Dame auf metall
blankem Rad vorbei und hinter ihr
flattern lustig bunte Bänder und golde
neS Haar. Ein prächtig Stück Schöp
fung, so recht von der Natur bezeichnet,
daß sie der Stolz eines Mannes und
die Mutter seiner Kinder wurde. Drei
vortheilhaftc Hcirathsanträge hat sie
schon ausgcfchlagcn. Sie liebt ihre
Unabhängigkeitihr Rad, ihre schönen
Älcider. ihre orgenfreiheit und Un
Verantwortlichkeit zu sehr. An ihnen
wird sie wohl hängen blcibrn, bis ihre
Schönheit verwelkt ist. und wenn sich
das Glück wendet und sie ihren Platz
im Departement verliert, wird sie ihre
Tage als Bcsitzcrin eines Koslhauscs
beenden oder als Bermicthcnn von
möblirten Zimmern.
Nicht wenige dieser Departements.
Clcrks komme in der eigenen Equipage
zur Arbeit gefahren. Bor ihnen sitzt
der schwarze Kutscher in Heller Livree;
sie selbst wenden den Kops rechts und
links, um zu sehen, wie viel Fußgänger
sie bewunocrn. Stolz zu sctn. da
verstehen Onkcl Sams Clcrkö in Wash
ington; da Acußere wahren ist ihr
Credo. Die leichte Beschäftigung,
welche sie haben, gibt ihnen Zeit genug,
an sich selbst zu denken und das Resul.
tat solcher Sclbstbctrachtung ist die
Vervollkommnung ihrer äußeren Per
son. Darum wird nirgends im Lande
so gute Klcicung getragen wie in Wash
ington. Darum werden aber auch
diese Rcgicrungs - Angestellten mehr
oder weniger oberflächlich und frivol,
denn nicht Kravatle. Cylinder und
Zwcirad bilden den Charakter, wohl
aber verantwortliche Arbeit, die nian
pflichtgctreu thut. '
Indeß, es gibt auch in Washington
Leute, welche da Pflichtbewußtsein
kennen. Das sind die Chef? der ver
fchicdenen Departements. Der Eine
kommt nach feiner Office zu Pferd, der
Andere zn Wagen, ein Dritter geht;
aber alle tragen.fie in ihren Zügen den
Stempel anstrengender ernster Arbeit.
Gleichwohl sind sie im Vortheil gegen
über anderen Sterblichen, die ähnliche
Sorten haben.' denn es handelt sich nicht
um thr eigenes Geld, um ihr eigenes
Vermögen. Dazu haben sie reichlichen
Beistand : Boten, Stenographen.
Clerks, Experten stehen ihnen jeder Zeit
zur Verfügung. Und doch sind diese
Chefs, welche zweimal wöchentlich in
dem Berathungszimmer des Präsiden
ten sich versammeln, diejenigen acht
Männer aus Onkel SamS Zahlliste,
welche die meiste Arbeit thun.
Im Vergleich zu ihnen führen die Se
nalvren und die Mitglieder des Haufe
der Repräsentative, welche zuletzt auf
dem Weg nach dem Kapitol erscheinen,
ein recht bequeme Leben, da höchst
selten durch eine Rachlfitzung oder eine
refultallosc Abstimmung unangenehm
unterbrochen wird.
Man braucht sich nicht darüber zu
verwundern, daß unsere Staatsmänner
feist und rund aussehen. Die täglichen
zweistündigen Sitzungen im Kongreß
sind für sie die reinsten Picnics. Sie
plaudern, rauchen, frühstücken, lesen die
Zeitungen und genießen da Leben, ein
Jeder ach seiner Art. KomiteSitzuN'
gen sind selten und datiern nicht lang.
Da Hauskomite für Wege und Mittel
ausgenommen, ist die Arbeit der ver
schicdeticn Ausschüsse des Kongresses
mehr Schein als Wirklichkeit. Früher
war die Korrespondenz eines Kongreß
mitglicdcS eine wirkliche Last und ersor
dene citie harte Arbeit, jetzt aber, Dank
der Großmuth, welche die Herren
ClaalSmäniicr sich selbst gegenüber
durch Gewährung der staallichen Mittel
entfallet haben, besitzt jeder Scnalor
und jeder Nepiasenlaliv' Abgeordnete
sclnk!, Pr,'vutsrkret!tr.
Es lfi insiig ; hören, wie einige der
neuen Kongrejiinitglicdtr die Worte
Mein Priraifekretär- anesprecbcn.
Sie scheinen in dieselben geradezu ver
liebt, so weich modiilircn sie dieselben.
Landadvokaten, welche von der Recht
sprechung mehr verstehen als von der
Recht sch, eibling oder dcr ,'iuust des Kor
respondirens, und welche früher ei
Konzept ihrer Briefe anznfcriigen pfleg
tcn. w,e mau eö in dcr schule thut, bis
tircn nun ihren Stenographen mit weit
hin vernehmlicher Stimme und find i
ncrlich sehr vergnügt, wenn man sie bei
dieser iinponireuden Beschäftigung trifft.
Bei jeder Gelegenheit spricht ein Kon
gicßmann von seinem Sekretär. .Mein
Sekretär' ist e. der Dies oder Jene
vergessen hat. dem etwas einfiel, der
etwas that. Kommen aber die neuen
Kongreßlcnte in ihre Heimath zurück,
da wird .Mein Sekretär' erst recht zur
tauptperson, und es mag wohl man,
cn Wähler bedlinkcn, daß vielleicht
hinter dem Sekretär mehr steckt als bin
ter dem Herrn.
Eine wahre Goldgrube
muß die Midway Plaisance' während
dcr WeltaussicllungSdaucr in Chicago
aewefen sein. Dortige Zeitungen wis
sen davon zu erzählen, wie selbst die
Eselsjungen und Kamccltreibcr bei den
Geldwechslern Hunderte von Dollars
klingender Münze und Papiergeld in
französisches Gold umwechseln oder sich
Wechsel auf Banken in Kairo. Kon
stantinopcl und anderen Plätzen deS
Orients, von wo man sie zusammenge
lesen, geben ließen. Die Konzessionäre
haben fast durchweg gute Geschäfte ge
macht, was ihnen Niemand mißgönnt,
am allerwenigsten die AuSstellungSbc
Horden, die von jedem Dollar, der auf
der Midway Plaisance eingenommen
wnrde, ihren Zehnten, oder vielmehr
ihren Quarter" erhielten. Man
nimmt an. daß die Besucher dcr Welt
auSstellung nicht weniger als $15,000,
000 in der Midway Plaisance gelassen
haben.
Die besten Geschäfte machte, einem
Berichte zufolge, da FerriSrad, welches
sich weit besser rentirte, als dcr Eiffcl
thurm in Paris, obwohl es erst zwei
Monate nach der Eröffnung der Aus
stellung in Bewegung gesetzt werden
konnte. Zuerst hob es durchschnittlich
täglich (3000 Menschen empor in die
Luft, allein ällmälig wuchs die Ziffer
an. bis schließlich 25,000 Passagiere die
tägliche Normalzahl bildttcn. Am Ehl
cagoer Tage beförderte das Rad nicht
weniger als 40,000 Personen, waS für
diesen einen Tag eine Einnahme von
$20.000 bedeutete. Da Ferris-Nad
hat den Unternehmern ungefähr $31)2,
000 gekostet. Nach dem mir den Aus
stcllungsbchörden abgeschlossenen Kon
trakte brauchten sie von ihren Einnah
men ansänglich nichts abzugeben, bis
dieselben sich auf $300,000 bcliefcn.
Bon da an flössen 50 Prozent in die
AuSstclltingökassc. Dabei haben beide
Theile ein gutes Geschäft gemacht, denn
im Ganzen sollen nicht weniger als
2,200,000 Menschen eine Fahrt aus
dem Ricscnradc unternommen haben.
In zweiter Linie kommt dcr Haen
bcck'schc Cirkus, der zuerst nur sehr
schwach besucht, bald aber allgemein alS
die acdiegenste und interessanteste Attrak
tion dcr ganzen Midway Plaisance be
trachtet wurde und nun glänzende Ein
nahmen hatte. Am Ehicagocr 7.a$ be
lies sich die Frequenz ans 24,000 Per
fönen, ivaö bei einem Eintrittspreise
von 50 Cent? bis z $1.00 eine ganz
bedeutende Summe darstellte. Sehr
gut rentirte sich auch die Straße von
Kairo, deren Unternehmer den Eintritt
von 10 ans 25 Cents erhöhen konnten,
ohne daß deswegen dcr Besuch eine Ab
nähme gezeigt hatte. Ihr Profit soll
sich aus etwa $200.000 belaufen. Da
deutsche Dorf und Alt-Wien haben jedes
ungefähr $175,000 als Tribut an die
Ausslellungsbchörden bezahlt, was eben
falls einen Profit von $200,000 für
jedes der beiden Unternehmen voraus
setzt. Die sogenannte Beauty Show'
war eigentlich weiter nichts, als ein
elender Hnmbug. Trotzdem oder vicl
leicht gerade deswegen hat sie sich gut
bezahlt und ihr Profit ist mit $150.000
wahrscheinlich noch sehr niedrig ange
setzt. Die South Sca Island Village
hatte sich eines so guten Zuspruch zu
erfreuen., daß der Unternehmer sich ent
schloß, seine wilden Schützlinge nächstes
Jahr wieder nach Amerika zu hoUiu
Auch die beiden irischen Dörfer, die Lib
bcy'sche Glasfabrik, die Straußenfarrnv
sowie' die verschiedenen orientalische
Theatcr habe keine Ursache, unzufrie
den zu fei, während eine der inlcressan
testen Attraktionen, das Javancser
Dorf, nur sehr mäßige Geschäfte zu
verzeichnen hat. Geradezu Fiaoco gc
macht haben indeß nur sehr wenige von
den Konzessionären dcr Midway Plai
sance und diese Thatsache ist um so be
merkenewerther. als es anfänglich allge
i mein hieß, binnen Kurzem werde die
ganze Mldway Plaisance verkrachen,
da sie bei dcr hohen Kommission, die sie
zu bezahlen habe, unmöglich bestehen,
könne.
Ein seltenes Familien
ereign iß ist es. wenn von einer
Familie fünf Generationen am Leben
vorhanden find, wie dics in dcr in dcr
Urbanstraßc in Berlin wohnenden
Familie Schmcchcl zu verzeichnen ist.
Die Ururgroßmiittcr, eine noch verhalt
ninmäria rüstige Frau, zahlt jaljic,
, ihre Tochter, die Ukgro,iuttcr. ist Ost
Jahre alt. Die Greßmuktcr stelzt t.n
48. Lebensjahre, dcrct, Todter, die
Mutter, nur 18 Jahre jünger rn. i ic
Tochier der Letz.ercti ii uu telies
Baby von siede Monaten, welches
Urur- und Uraivsntuttcr taglich nach
' icui Kreuzberg Park fahre.