Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 02, 1893, Image 11

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    Strohwittwe.
Bon rich Fr?.
falb sitzend, halb liegend ruht Susi
btm Divan.
Ihn übn den Kopf zusammknge
schlgknen HSnd lassen die herrliche
Form ihrer Arm zu voller Gellung
kommen. Unter dem SpitzengesLllel de
koketten MorgevNeide gucke die zier
lichm Zübchen hervor, von denen in stolze
einer ungeduldige Bewegung ihrer 8e
sitzeria da schützende Tigerfell soeben
herabgefallen ist.
Hai Tust' großen, dunkelgrauen
Augen schaut Unmuts; in die ollen,
rothe Lippe Suft' größte Schön
heit beißt fle vor Unmulh die Zähne,
da ganze, niedliche Dingelchen schaut
geärgert drein.
. Tust langweilt sich hier, und wer
möchte e ihr wohl verarge?
Wa, nützen ihr die zärtlichen Briefe
ihre Gatten, der sie anbetet, wenn er
schon seit zwei Jahren auf den GewKffern
der Süds kreuzt?
Wa nützt alle Augcht auf Beförde
ng, wenn ihn die Pflicht von seiner
Suft fernhält, die er schon nach dem
lang ausgedehnten Honigmond verlassen
muhte.
Daß er auch gerade Marineoffizier
sein muß, ausgerechnet Marineofi
,ir. al wenn e nicht so und so viel
andere recht achtungSmerrhe Berufsarten
gäbe, die er hätte wählen können. Und
dazu die Aussicht, noch ein volle Jahr
Ttrohmittwe zu vteiven.
Wirklich, e ist unerhört!
Leise öffnet die Zofe die Thür, um
ihrer Herrm eine arte zu überreichen,
aus welcher der Name .Cesare Formio -
vranat. Suft schaut auf da Kartchen
in ihrer Hand. Cesare Formio? Wer
mag da aohl sein? Nun, vielleicht
wird sein Besuch fle zerstreuen.
.Ich lasse bitten." entscheidet fle.
In tadellosem Bifltenanzug erscheint
der Besucher, ein Mann in der Mitte der
dreißiger Jahre und verbeugt sich tief vor
der Zungen Frau.
.Signora," sagte er mit wohltönender,
melodischer Stimme, .hatten die Güte,
mich durch meine Patronin, die Frau
General wissen zu lassen, daß Sie unter
meiner Leitung zu ftudiren wünschen.
Der Frau General verdanke ich Signoraö
Adresse, enfla, roo voila!"
Suft erinnert sich, während fle für
sich die Bemerkung macht, daß Signor
gormio eigentlich ein schöner Mann fei,
kürzlich der Generalin gegenüber den
Wunsch ausgesprochen zu haben, ihre
GesangSftudlen wieder aufzunehmen,
worauf dies ihr mit Begeisterung von
dem göttlichen Tenor gesprochen halte,
den fle au Nizza kenne, und der den
Winter über süc die Hosoper gewonnen
sei. Die Generalin hatte versprochen,
ihr den sangeSkundigen Italiener, dessen
Lehrmethode nicht genug gerühmt erden
könne, zu send, sobald er sein An
triltSvistte gemacht habe.
Nach einem schnellen, forschenden
Bück, den Suft noch aus Signor Formio
aemorse, bittet sie ihn Platz zu nehmen
Er wählt, sich abermals verbeugend, den
Sessel am Flügel und nach einer kurzen
Fachunterhaltung mit der jungen Frau
gleiten seine gelenkigen Finger über die
Taften.
Weiche und schmelzend Töne entlockt
er dem Instrument, schmeichelnd nd
kosend klingt seine Weise, während er
da scharf geschnittene, von ues Ichmar
zem Haar beschattete Antlitz zu Suft
wendet, welche näher getreten ist, und
seinem reizenden Vptel ganz entzückt
lauscht.
Plötzlich erklingt die Begleitung eine
bekannten LiedeS.
Durch ein leichte Neigung de Kopfe
und eine bittenden Blick au seinen
tiefen, dunklen Augen fordert er Suft zu
singen auf.
Sie kennt da Lied. Ihr Gatte liebt
: fle hat ihm an dem Tage gesun
, an dem fle ihm Herz und Hand gab.
Die Lied kann fle unmöglich dem Frem
den finge.
Sie reicht ihm andere Noten.
Er bittet fle z wählen. Dann alei
ten feine Finger wieder über die Taften
und Suft' schwache, aber engevehme
und geschulte Stimme ertönt. Sie will
dem schönen Lehrer zeigen, daß fle fln
gen kann. Der Eifer haucht ein sanfte
Roth auf ihre Wangen; Cesare ist ent-
zückt.
Scheinbar nur widersteht Sufi'ö
Bitten, nun selber zu singen, endlich giebt
er nach.
Er beginnt ein italienisches Lied.
Rein und edel quillt der To au sei
er Kehle. Die gewaltige Kraft seiner
Stimme erfüllt oaS beschränkte Gemach
ES ist, als wenn die Wände sich dehnen
mälzten, um ven siegreich vaym fiuthen
den Tonmellen Raum zu schaffe. Dann
wieder kommt eS klagend und sanft von
sewen ippen; vte Xön ersterbe lang,
sam, wehmüthig. DaS Lied iS au.
Gerührt und begeistert reicht Tust
dm Sänger die Hand. In ihren
dunkle Wimpern glänzt e feucht und
und sie gedenkt nicht länger de fernen
Gatten.
Seitdem kommt der Sänger regel,
mäßig zweimal in der Woche, um mit
Susi zu muflciren. Als Galantuom
erscheint r ni, ohne ihr einige Garde
nien, ein Beilchenfträ"ßchen, irgend eine
Aufmerksamkeit darzubringen. Er weiß
o gut zu plaudern, die Zeit vergeht so
chnell in seiner Gesellschaft, daß Sust
hn ungern ntbehre würbe.
Natürlich versäumt sie keine Borstel
lung, in der er auftritt. Er selbst be,
sorgt stet die Loge, in welcher sie an
der Seite der Generalin, ihrer Pathin
erscheint.
Ja den besten Salon hat er Zutritt.
Uederall trifft Suft mit ihm zusammen.
Man beneidet fle um ihre Intimität
mit ihm; er ist umworben, gefeiert, der
Held de Tage.
Suft ist glücklich.
Ob ft de schönen Cesare liebt? Sie
wüßte die Frage wirklich nicht zu beant
werten. Nur ihrer Eitelkeit schmeichelt
e. den Vielbegehrten an ftch zu fesseln,
sich , ihm geliebt zu missen. Und sie
weiß bestimmt, fle ganz allein ift die
userwöhlte feine Herzen, va ist
ihre Genugthuung, ihre Entschädigung
für die ihn langen Jahr, die sie gelebt
hat, ohn zu genießen.
Cesar ist ihr Kavalier.
Er begleitet fle auf der Promenade,
auf dem Eise, überall. Sie hat nur
zu befehlen, ihr Sklave ift ihre Wink
gewärtig.
.Wissen Sie, meine teve, ,agr vie
Generalin, die gelegentlich bei Sufl vor
gesprochen hat, .daß man über Ihre
Freundschaft zu Signor Formio zu
sprechen beginnt? Ich gebe freilich nicht
auf da Gerede der Menge, indessen thut
eine junge, schöne Frau gut, während
einer längeren Abwesenheit ihre Gatten
aus ihrer Hut zu sein, war vor
sichtiger, wenn Sie flch seltener in der
Gesellschaft Ihre Gesanglehrer zeig.
ten!'
Sufl beißt sich die Lippen.
.Ich denke selbständig genug zu
sein, um meinen Ruf zu wahren!' fgt
sie bebend.
.Wl Si minen, liebe jand " er
widert die Generali mit gleichmäßiger
Freundlichkeit, ohne SustS Errgi:ng zu
bemerken. .Indessen kann eS Ihnen
kaum angenehm sein, in der Gesellschaft
al Rivalin einer bekannten Schönheit
vom Opernchor zu gelten, zu der Cesare
Formio offenkundige Beziehungen unter
hält. Meine Pserde werden ungedul
big, ich muß Sie verlassen, theure
Sufl!' fährt fle fort, der jungen Frau
die Hand reichend. "An revoir, chere
amie !"
Einen Moment später hört Sufl den
Wagen der Generalin davon rollen.
Zornig stampfte ihr Füßchen den
ode. Dann zerknittert sie da iu
tende Billet Cesare', welche fle heute
früh mit einem Slrauß Theerosen und
weißem Flieder empfing, und in welchem
er ihr mittheilt, daß er einer starken
Indisposition halber heute aus da Glück,
ihr seine Huldigungen darzubringen, ver
ztchten müne....
Da Billet fliegt i den Kamin.
Suft ift überzeugt, daß CLsare lügt, daß
er zu den günen der Choristin liegt
Ihr Stolz bäumt ftch auf gegen das
würdelose Benehmen de Italiener.
Ihr. der Dame dr guten Gesellschaft.
zieht er eine jener Geschöpfe vor, die
lächerlich 1
Suft ist fürchterlich in ihrem Zorn
Daß er sie in ihrer Eitelkeit verletzt hat,
wird sie ihm ni verleihen. Um feinet,
willen hat sie der Gesellschaft Stoff zum
latsch gegeben. Vielleicht lächelt
Manche, di sie bisher beneidet, jetzt
höhnisch über fle, nachdem e bekannt
geworden, daß Signor Formt wie in
Schmetterling von Blume zu Blume
flatterte.
Drei voll Tage ift Sufl für Niemand
zu sprecht. Noch immer hat der unae,
treu Sänger, dem sie de strengen Be
fehl gab. abzuweisen, nicht von ftch
hören laffen. Einen Augenblick ift der
Gedanke m ihr aufgetaucht, ihn schrist
lich in all Form zu verabschieden.
Aber nein! Hieße das nicht ihre
eigen Niederlage bestätigen? Leider
besitzt Cesare Briefe von ihrer Hand!
Am vierten Tag ist ihr Entschluß ge
faßt. In dunkler Toilette gerläßt sie
daS HsuS und begiebt sich in geschloffe
er Droschke zum Feinde. Ihre Hand,
schrist will sie zurückfordern, ihn will sie
neidloS der Choristin übe, lassen.
Im Salon des Sänger sieht sich
Sust einer stark geschminkten Dame
gegenüber, welche in nachlässiger Hai
tung in einem Fauteuil ruht. Ihr
hoheitSooller Gruß - wird durch ein
herablassende Kopsnicken erwidert.
worüber Tust sich ärgert. Da starke
Parfüm der Dame macht ihr Kopf
schmerze, nervös schreitet sie im Zimmer
auf und ab.
,Wa ollen fle eigentlich hier?
frägt ach längerer Pause die Andere,
eine neugierigen, fragenden Blick auf
Tust weifend.
Dies ist erhobenen Haupte stehen
geblieben und würdigt der Fragn in die
Antwort:
.Ich habe mit Hrrrn Formio zu
sprechen. "
.Sie können ihn aber nicht sprechen,'
sagt die Dame im Fauteuil, ärgerlich
dk großen, runde Hut von den roth
gefärbten Haaren reißend. Er liegt
seit vier Tagen im Fieber. Wissen Sie
nicht, daß seinetwegen gestern die Oper
abgesagt erden mußte.'
Sufl weiß nicht. Sie hat Niemand
gesprochen.
.Ich warte nur auf den Arzt, der mir
sagen soll, wie Cesare geht, Sie kön
nen ruhig gehen!' sagt die Roth
blonde, flch geduldig in dm Sessel zu
rücklehnend.
Suft ift empört über da unverschämte
Wesen de Mädchen. Freilich hat sie
nach dem, was sie gehört, i der Woh
nung de Sänger nicht zu thun, aber
sie wlN der Änderen da Feld nicht
räumen.
Während sie unschlüssig durch die
Scheibe blickt, um die Nebenbuhlerin
nicht ansehen zu müsse, öffnet eine ven
lebt aussehend Frau die Thür.
.Man sagt mir, da zwei Damen
auf meinen Mann arten, aber er ist
krank er kann flch nicht sprechen laffen.
Ich ka heute früh, um ihn zu pflege,'
sagte fle in etwas gebrochenem Deutsch.
.Ihr Mann?' ruft die Choristin aus
springend, Teufel auch, das hätt ich
missen sollen!'
Suft sagt kein Wort. Den Blick.
den di Andere ihr zuwirft, scheint sie
nicht zu verstehen. Eiligst verläßt fle
bat immer, und läuft so schnell die
Trepp hinab, daß die Choristin ihr
kaum zu folgen vermag. Unten ange
langt, 'streckt diese Susi ihr Hand nt.
gkgkn- . . ..
.Verzeihe tote, dafz ich sie gerranri
habe!' sagt sie gutmüthig.
Suft reicht ihr di Hand. üjann legi
sie inen Finger an di Lippe und sieht
sie bittend an.
Recbnea Sie auf meine Ber ch,
genheit,' sagt die Choristin großmüthig,
.durch mich soll nicht an de Tag kam
men.
Sust fühlt, daß fle auf da, Mädchen
rechne kann.
.Ich danke Ihnen!' sagt fle. ihr warm
die Hand drückend. All ihr Groll gegen
die Verhaßte ift plötzlich verschwunden.
Nocb einen Grün, dann verschwindet sie
in der Droschke.
Lang genug hat st ihr Fassung be
wahrt. Si verbirgt ihr Antlitz im
Taschentuch. Scham und Aerger rpres
sen ihr Thränen.
Er al Ne wieder dabeim ift. fühlt
fl sich etwa freier und wohler.
El Telegramm, da aus ihrem
Schreibtische liegt, bricht sie in Haft.
.Soeben in Bremen eingetroffen, bin
ich morgen Abend bei Dir.
iDein treuer Gatte.
Ein Schrei entringt sich Susi' Brust.
.Gottlob.' murmelt sie. da Blatt
innig an die Lippen drückend.
Das Venedig des Nordens".
Ueber Lübeck, da .Venedig de Nor,
den', plaudert E. Leuh im .Balti,
morer Correspondent' sehr hübsch folgen
dermaßen:
Am 17. Oktober feierte die freie ladt
Lübeck in Deutschland da 7S0jährige
Jubiläum ihre Bestehen. Dreiviertel
Jahrtausend ift kein hohe Alter für
eine Stadt in Deutschland, welches
Städte enthält, die in die vorchristliche
Zeit zurückreichen ; e ift aber auch nicht
da Älter, welche Lübeck interessant
macht, sondern seine ruhmreiche Ge
schichte. Wir haben die Stadt das
.Venedig de Nordens' genannt: aus
diese Bezeichnung hätte Amsterdam dem
äußeren Ansehen nach allerding mehr
Anspruch, al Lübeck ; aber historisch st
eben doch Lübeck daS einzige Seitenftück
zu der .Königin der Adrta' und ehemalt
gen Beherrscherin de Mittclmeere.
Wie Venedig, so liegt auch Lübeck
.Nur noch im Reich der Träume
Und wirft nur Schatten her au
alten Tagen!'
Während Erstere auf eine vierzehn
hunderiiahrtge wechseloolle Geschichte zu
rückblickt, in welcher sich da versteckte
Lager der vor dem Grimm Attlla ge,
flüchteten Aquilejaner zur stolzen Mar,
morftadt gestaltete, deren Flotte da
östliche Kaiserreich bedrängten, deren
Dogen den römischdeutsche Kaisern
Trotz boten und deren General und Ad
miral in tausend Schlachten stegreich
waren, umfassen di Blüthe und Glanz
zeit Lübeck'S nur dreihundert Jahre; ab
in dieser Zeit hat Lübeck dieselb stolz
Stellung erreicht, wie Venedig in den
Tagen der Kreuzzuge.
Die Stadt murd 1143 von dem Gra
sen von Holstein-Schaumburg gegründet,
war demnach vierhundert Jahr jünger
als Bremen und Hamburg, deren Grun
dung in da Jahrhundert Karl'S des
Großen zurück datirt. Bremen hatte be,
reit als OperationSbasiS der nordischen
Hetöendekehrer, alS Handelsstadt und alS
Patronin der Kolonisation in Preußen
und Polen, aus welcher das Ordensge
biet, der Embryo deZ Königreich
Preugen, entstand, Bedeutung erlangt.
als Lübeck ftch nach dem glänzenden
Siege über die Dänen bei Bornhöoed
der Hansa anfchlotz und gar bald in die
fem machtigen Viaotenbunde da Haupt
mort führte. Zwei Jahrhunderte hin
durch nah der Bürgermeister von Lübeck
im Hansabunde dieselb Stell in, wie
der rchon von Thessalien tmAmphiktao,
neniunde der Griechen; die drei nordi
scheu Reiche erhielten von ihm ihre Kö
nige und wenn sie sich weigerten, diese
Könige von der Gnade de Senat von
Lübeck anzunehmen, so erhielten sie die
jämmerlichsten Prügel zu Wasser und zu
Laude. Die Vorschriften, welch von
dem Rathhause zu Lübeck ausgwgen,
regelten heute die Messt in Nischnei,
Nowgorod und morgen die Münzverhslt
nisse de Marktes zu London. Der
Name .Pfund Sterling' erinnert heule
noch an diesen hanseatischen Ursprung.
Von der Mitte de 13. bis zur Mitte
de 15. Jahrhundert war Lübeck eine
mächtigere Stadt al Venedig, trotz der
Eroberung von Morea und den See
siegen über die Genuesen, Moresken und
di Türken.
Wie der tragische Tod Marino Fa,
lim' am 17. April 1355 den Wende
punkt in der Geschichte Venedig'S bil
bete, so daß sich an der Meerbusenherr
scher! allmälig der Fluch zu erfüllen
begann, welcher der Dichter dem zum
Tode verurteilten Doge in den Mund
legt, so wurde da tragische Schicksal
Jürgen Wullenmeber'S zum Wendepunkt
für Lübeck: in wenigen Jahrzehnten,
nachdem der große Demokrat des sinken
den StSdlebundeS bei Wolfenbüttel fein
Haupt auf den Block legen mußt, war
Lübeck von einer gewaltigen Hauptstadt
zu einer ohnmächtigen Prooinzialstadt
gesunken, und wer heute die alte Stadt
durchwandert und an den reichgefchmück
ten Patrizierhäufern empor steht, dem
tritt vielleicht auch die Frage auf die
Zunge, die der Dichter Platen an der
Neva der Sklaoonen in Venedig aus
spricht: .Wo ist daS Volk von Königen geblie
ben,
Da diese PrachtvilSste durft bauen.
D jetzt verfallen und gemach zerflie
denk'
Marino Malier! und Iüraea Wullrn
weder haben in ihren Schicksale viel mit
einander gemein, und ein moderner
Nlutarch könnte flch versucht sühlen. ei
interessante Parallel zu liefern.
Wie der Venettaner, so war auq ver
Hanseate in Patricier, Beide diente
ibre Staaten im Ratbe und al Heer
sührer zu Wasser und zu Lande, Beide
erlangten die höchste Würde, Wullen,
weder al blühender Mann in den besten
Jahren, Faliere al Greis Beide ftar
den, der Verschwörung gegen die Aristo
krallt angeklagt, durch Henrersyano.
Von beiden Heldengestalten ist die dr
Deutschen die alänundere und interes
saniere, wie Wullenmeber thatsächlich
auch der Bedeutendere war. Wuuen
weder war vielleicht der bedeutendste
Staatsmann keiner Zeit, er hätte dem
Reiche ein BiSmarck werden können,
wenn nicht der Verfall desselben und auch
der Hansa schon zu weit vorgeschritten
gewesen wäre. So fanden seine großen
Ideen kleine Menschen, und wenn eS
wirklich Menschen von Bedeutung waren,
wie sein Gradenigo, der aristokratische
Bürgermeister Biömfer, so thaten sie
just DaS, wa sie nicht hätten thun dür
fen, nur weil e die Plänt Wullen
webtr'S durchkreuzte und vereitelte, und
als sich Geleaenbeit bot. klagte sie den
Mann, der sie wieder groß und mächtig
machen konnte, der Verschwörung an und
trieben ihn dem grausamen Folterer in
die Arme, welcher damals Herzog von
Braunschweig'WolfenbSt'el war. Der
alte Chronist Reimar Kock sagt sehr
treffend: ',Dü Lübecker müssen in all'
ibrkn Taaen den Tod von Jürgen Wul
lenweber beklagen. '
Wa ist au der Hansa geworden,
Sie ist nur noch eine schön große Erin
neruna. aerobe mi der Glanz und die
Macht der Dogenftadt. Wie dis bildkt
Lübeck, das Haupt der einst mächtigen
Hansa, heute eine weltvergessene Ecke,
und wenn man im Auslande den Namen
Lübeck nennt, vor welchem im 15. Jahr
hundert ein Dutzend Völker und mächtige
Reiche, wie England, Spanien, Schwe
den. Volen und Rakland zitterten, so
muß e schon ein sehr gebildeter Mann
sein, wenn er sich gleich der Wiavi erin
nert, neunundveunzig aus Hundert haben
überbauvt keine Abnuna davon, daß eine
solche Stadt eristirt. So schwindet dir
Herrlichreir tttv uatm
f Umwege.
Der Reisende Schlau fährt auf der
Eisenbahn im behagliche Coupe zweiter
Klasse. Der Weg fuhrt durch etn wun
verschöne Gegend, allein Schlau kann
von seinem Platze aus qar nicht seyen,
denn alle vier Ecksitze sind von behäbigen
Persönlichkeiten besetzt. Gerade neben
ihm auf dem schönsten Platz de Coupe's
fttzt in wohlbeleibter Herr in den besten
Jahren, der mit Behagen die schöne Land,
schaft betracht:.
.Ja, e fährt flch doch herrlich auf der
Eisenbahn,' rust jetzt vergnügt der Herr
im bequemen Eckfltz au und streckt flch so
recht behaglich tn die lssen.
.Gewiß, herrlich!' sällt Schlau ein.
.wen nur die verteufelten Zusammen
göße und Entaleisunge nicht wären.
.Zusammenstöße? Entgleisungen?'
murmelte der dick Herr, sür den offenbar
diese Worte allein schon etwa Beängft,
gendeS hatten, .so etwa kommt doch,
Gott sei Dank, nur selten vor.'
.Nicht so selten, wie Sie meinen,' er
widert Schlau, .sehen Sie, fast auf drei
tausend Menschen, die auf der ganzen
Welt aus der Bahn fahren, kommt ein
größerer oder geringerer Unglücksfall
ich fahre jetzt schon zum dreitausendsten
Male auf der Bahn, mir ift noch nie
etwa passtrt, auf Grund der Statistik
müßte al o eigentlich "
.Mensch, hören Sie auf,' rief der
dicke Herr ängstlich aus.
Allein Schlau ließ flch nicht halte,
.Gerade auf der Strecke, die wir jetzt be,
fahren, nähern mir un einer sehr be
denkliche Curve; e ift sehr fraglich, ob
die Eisenbahndtrektion zur Anlage einer
so scharfen Curve überhaupt berechtigt
mir. namentlich bei absteigendem .er
rain bei der Schnelligkeit, mit der wir
sausen'
.Um de HimmelSwillen, Mann, hal
ten Sie in,' schri dr Dicke, indkß die
drei andern Eckplatzdefltzer ebenfalls
ängstlich aufschauten.
,O, mir ift keineswegs ängstlich zu
Muthe,' fuhr Schlau fort. .E ist er
wiese, daß bei allen Zusammenstößen
und Entgleisungen faft nur die Leute
sofort getödtet werden, welche auf einem
Eckplatz sitzen, da hier die Wände der
Waggon flch mit Gewalt zusammen
drücken. In Amerika wurden unter 100
auf Eckplätzen fitzenden Paffanten 93 ge,
tödtet.'
Mit der Schnelligkeit, die man in
solchen Beleibtheit gar nicht zugetraut
hatte, war der Dicke von seinem Eckplatz
nach der Mitte de Coupe'S geprallt.
Einen Augenblick später saß Schlau
im behagliche Eckfltz und genoß, merk
würdig ruhig, in ollen Zügen die präch
tige Gegend.
Wirkung oes Zahnschmerze.
Ein Berliner renommirter Zabnant.
erzählt folgende ergötzliche Geschicht
chen au seiner Praxis : Kam da eines
Tage ein junger Man mit verbünde
nem Geficht zu ihm, der über grausame
Zahnschmerzen klagte uno ven rzi
lebentlich beschwor, ibu von seinen Oua-
Un tu befreien. Die iebt moderne künst
liche Betäubung bei dieser Procedur
lehnte der Patient ab, da er .ManneS
genug' fei, den Schmerz zu überwinden.
Der stöhnende Jüngling faß im Stuhle,
der Zahnarzt wandte flch ab, um feine
Vorbereitungen zu treffen. Da fleht er
durch inen zufällige Blick in de Epik
gel, i der Zahnfchmerzgeplagte von
seinem Stuhle au die Hand nach dem
daneben stehenden Schreibtisch auSftieckt
und .ganz leis' und unverhofft' die dort
liegende goldene Uhr de Arzt a flch
nimmt und i die Westentasche verschwin
den läßt. Dr über ein solche Unver
schämtheil erst ganz verdutzte Arzt be
schloß eine orginelle Strafe. Ganz
ruhig, al ob er nicht bemerkt hätte, be
qann er seine Manipulation an dem
Jüngling, allerding etwa umständlicher
und empfindlicher, al die sonst feine
Art. Der .couragirte' junge Mann
ächzt und stöhnt erbärmlich und hielt
krampfhaft die Stuhllehne umklammert.
Endlich, endlich ist der Zahn heraus!
Einen Moment schließt der Jüngling wie
betäubt vom Schmerz di Augen, dann
aber springt er entsetzt auf und schreit:
Aber, Herr Doctor, mal haben t
denn gemacht? Si haben mir ja icht
den richtige Zahn ausgezogen!'
.Bleiben it nur ruhig sitzen,' war die
gelassen Antwort, .ich mach da ine
sogenannte sympathische Cur mit Ihnen.
Ein Zahn nach dem andere kommt an
die Reihe, bis bei dem richtigen meine
Uhr au Ihrer Westentasche springt!'
ueber und über erglühend stand der
Jüngling da, dann griff er in die Tasche,
holte die Uhr heraus und sagte: .Ach,
entschuldige Sie, Herr Doctor, meine
Verwirrung ich hatte solch Zahn
schmerzen!' Damit emxsahl er sich.
Was di hines trinke.
Jede Kind weiß, daß fle sich mit
Vorliebe dem Thee Genuß ergeben.
Aber was trinken sie sonst? Da baneri
sche Bier hat auf seinem EroberungSzuge
um die Welt vor der chinesisch Mauer
Halt machen müssen soweit haben sich
di Chinksen noch nicht aufgeschwungen.
Aber e fehlt ihnen nicht blo da Bier,
e fehlt ihnen auch der Wein. Die Rebe
wird zwar in inigen Gegenden China
gebaut, aber man zieht es vor, die Trau
den zu verspeisen, und nirgend wird
Wein gekeltert. Wenn die Chinesen
nicht Thee trinken, dann trinken si Reis
wasser. mit etwas Essig und Zucker ver
setzt und mit EiS gekühlt. Wollen sie
aber etwas mehr .Geistige', dann neh
men sie .Sam'Schu', ein SchnäpSchen,
bai aus Hirse und Rei gebrannt wird,
oder einen mehr weinartigen LIqueur,
dessen Hauptbeftandtheil ReiSbranntwein
und der im Gegensatz zu dem krastt
gen .SamSchu' heiß getrunken mtrd
China unterscheidet sich also auch in die,
ser Beziehung wesentlich von unseren
Gegenden und nur daringleichen uv die
Chinesen, daß sie ihren Durst nicht gern
mit Wasser löschen.
i Panzerschiff aus dem Jahr
1530.
Bereit die alten Johanniter hatten
ein Kriegsschiff. Da würd im Jahre
1530 zu Nizza erbaut und gehört zu dem
Geschwader da von Karl v. gegen
ni gesandt murd. Der berühmt An
dreas Dort commandtrl i xpe
dition, die mit der Eroberung von Tunis
kndete. Da Panzerschiff .isanta Anna
trug nicht wenig zu diesem Erfolge bei.
E führte eine ZviengeKanonen, hatt drei,
hundert Mann Besatzung, und war über
bauvt prachtvoll ausgestattet. So war
unter den Schiffsräumen ein Kapelle,
ein Empfangszimmer und eine Böckerei,
die täglich frische Brot lieferte. DaS
Merkwürdigste aber war sein mit Metall
nägeln befestigter Bleipanzer, der da
Schiff, daS oft in der heißesten Aktion
war, gegen die feindlichen Kugeln un-
durchdringltch machte.
, Folgerung,
Alte Jungfer: .Alle Männer sind mir
Wurftl'
Herr: .So! Sie haben also alle zum
sressk grn?l'
Nur sfiYs Militär.
Erstes Dienstmädchen: .Hurrah l
Jufte. morgen giebt'S Einquartierung.'
Zweites: .Nanu, woher weißt Du
denn daSk'
Elfte: .Ja, die Madam sagt vor
hin, morgen kommen zwei Chambregar
disten.'
Der beste Beweis.
Frau: .Hoffentlich vkrftehen Sie
etwa vom Kochen!'
Neue Köchin: .Madam, ick habt seit
sechs Jahren bloß eenen Liebhab?, ick
loU, dat bet Beaet enug lr
Durch die Blume.
Excellenz (am Telexhon): .Herr
Sprul, könnten Sie vielleicht heute
Mittag bei mir vorsprechen? Es handelt
sich um den Abschluß incr Anleihe von
zehn Millionen Mark !'
Bankier: Bebauen sehr; Geld ist
momentan knapp., dazu die unsicheren
politischen Zustände!'
Ercellenu .uederlege s nrn die
Sache noch einmal Htrr Commtr
zitnrathl'
Bankier: .Excellenz, s Geld sttht
zu Ihrer Verfügung I'
Ans dem orftexamen.
ZNr babe verschiedene Raffen
nnn Mildlckmeine! Es aibt ungarische.
nlniscbe. elkSsser Rassen u. f. .! An
wa erkennen Sie nun diese verschiede
nen Arten, Herr viunii ii-
.Am.. am iütaitii, Hkrr gorn.
melfter l'
SalonVssheit.
...Denken Sie flch nur. HerrDoc
tor, der Assessor liebt die reiche Elle
wahnflnnig I'
.Na. um so tti Gt.o, meine
Gnädige, kann ma schon so w u i g
Vr stand verlier!'
Auch ein Statistik.
Sie: .Wie läßt sich ur der durch
schnittliche Konsum der Measchen so ge
nau per Kopf bestimmen?'
Er: .Da ist sehr ewsach ' ieh , ich
trink' zum Beispiel täglich n u n Halb
und Du trinkst ei Halb als,
trinkt Jkd von un durchschnittlich
fünf Hc'b xr. Tag!'
versckmaxxt.
Hausherr (seinen Miether beim Au
räumen erwischend): .Ausziehen möchte
Sie! Da wird nicht d'rau l Sie blei
ben da. di Si 'zahlt had'n !'
Miether: Ader, mein Lieber, ich kann
doch nicht Ze,t meine Liden bei Ihnen
bleiben!'
Bei'm prtcgraxren.
.So. mein Fräulein, bitte, jetzt recht
lieb und sreundlichl.. Ein, zwei,
drei!.. So, ich danke! Nun können Si
wieder Ihr natürliche iSeficht an,
nehme 1
SchwIegermvtlelZdeal.
. .Wie. Du sagst, in Deiner Schwle
germutter hättest Du Dein Ideal ge
fundene'
.jawohl. Aus dt vollen nämlich
alle Witze, di bisher über Schmieger
mütter gemacht wurden!'
probat.
Willi! du wissen, wie alt ine iunae
Dam sei, so frage si und ihr Freundin,
nimm au beiden Angaben da Mittel,
und du hast da richtige Alter.
Schöner Trost.
Doctor: Nun, wie hat meine letzt
Medizin gewirkt?'
Frau l chluchzenb): ,q, gar nicht ;
mein lieber Mann ift in der Nacht ge
sterben l'
Doclor (zerstreut): Hm na, die
gut Wirkung kommt noch nach !'
Schön Feiten.
.Kennen Sie mich nicht mehr? Ich
bin ja der kleine Schmidt, der Ihnen
immer dik Murmeln stahl !'
.Ja, ich erinnere mich, ich habe Sie
'mal so geschlagen, daß Sie eine Woche
nicht ausgehen konnte.'
.Ja, ich weiß; ach, da waren doch
noch schöne Zeiten!'
Ganz etwas anderes.
Sie: .Ich wünschte, Du könntest
Frau Winkler'S Baby sehen ! E ift rei,
zend! Solch' ein zarter, süßer, kleiner
Engel, diese strahlend, tiefblauen Augen,
diese allerlisbfte, kleine Rüschen. E
sieht au, al wärt ei eben vom Himmel
gekommen.
Er: .Ift e so hübsch wie unser
Babn?'
Sie: .Aber wie kannst Du so einfZl,
tig fragen! Nicht halb so hübsch!'
k ALtm Wendung.
Schneider: Härn Se, St kennte
mich nu ooch balde bezahlen.'
Student: .Ich habe kein Geld.'
Schneider: Nu, wem harn S denn
welches?'
Student: Ich habe nimal Geld.'
Schneider: Na härn S aber: Etwa
Geld hat doch beinahe jeder manchmal!'
Am Stammtisch.
A: Rathet einmal! DaS Erste ift
meine Schwiegermama, da Zweite ift
etwas Hohes, das Ganze liegt an der
Grenze Berlin. Nun, ihr rathet e
nicht? ES ist Schoneberg.'
B: Ich dachte: Kreuzberg.'
vorsorglich.
Richter: .Ihr Beruf?'
Angeklagter: .Ich bin Akrobat.'
Richter (zum Amlödiener): .Schließe
Sie da Fenster !'
veränderte Situation.
Gattin: .Ich wünschte, ich hätte dm
Brief nicht geschrieben. Ich bestellte
darin einen neuen Hut, finde ihn jetzt
aber doch zu theuer.'
Gatte (in die Tasche grk'.fend): Herr,
jeh, den habe ich ganz vergessen, hier ift
kr noch!'
Gattin: Auf Dich ift auch niemal
Verlaß; jetzt werde ich ihn sklbst zur
Poft tragen.'
Die lieben verwandten.
.Na. wie acht' Dir denn iedt. Gott.
lieb?'
.Danke, an, ant. 34 bin KekSn,
nißwärter und verdiene mir noch neben
bei waS dadurch, daß ick Ekiwaaren an
die Gefangenen verkaufe.'
Hat Deine Frau Dir denn Etwa
mit in die Ehe gebracht?'
.Da gerade nicht, aber alle ibre Ver
wandten find mein Kunden. "
In der Grregtdei!.
Ant: .5tä babe Honen dock aekaat.
daß Sie Ihre rau mitbringen sollen,
damit Ich mich gehörig infcrmirea kann.
Das nächste Mal kommen Sie gefälligst
zu zweien! Wenn Sie da nicht thun,
so lasse ich Sie alle beide hinauswerfen?'
Gut parirt.
öaaere Dame: .M e Sünde. fSerr
Prediger, ein klein wenig Eitelkeit zu
empfinden, wenn mich ein Herr für in
Schönheit hält!'
Für Sie keine Sünde, mein Kind;
aber eine schrecklich, Verantwortung ruht
auf dem Herrn.'
Der tiöfliche Gatte.
.Du aäbnst?' saate rau o. M. ,u
ihrem Eheliebsten.
.Meme Theure', entaeamte der bM
licht Gatt, Mann und Frau sind eins,
und wenn ich allem bin, langweile ich
mich.'