Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 03, 1893, Image 12
(Eine Hochzeitsreise im Cuft Haflon. T i ( tf t s a k I u n g k i e r A t a u. Ich f.inntt den diinkellockigen, wilden Richard ferner seit Kindheit und er halte mich stets geliebt, Die Leute betrachteten un als Verlobte und Richard war in keinen Beverdungen so sichtlich und hm.,, dak ich, al, meine Mutler starb und ich ohne Verwandte und Freunde d lstaiid, seiner Wervung naajgeucn, (nm Ikin Weib werden u wollen. Doch da hatte sich Alle geändert, IS Phitixo Klarmann in unseren Ort kam und ihm mein Hir, enlgegenflog, ' ES schien, als ob die Vorsehung selbst Philipp in dem Augenblicke in meine Rahe gebracht Hütte, da ich schon ent schlössen war, einem ungeliebten Manne in die Vhe zu loigm, nrn wem mnl hätte olücklick werden können. Es war an einem nebligen, srostigen NoveniberSonntage, als ich Richard'S Bewerbungen meine Zustimmung gab. Er hatte mich von der Kirche zum Ihore meine QMet vegieuei, u,e u" Hand in der seinigen und drang in mich, endlich Ja zu sagen, Ich zögerte und zauderte, aber er sprach so benot, daß ich endlich das oerhSngmsz rrllf Wort auSivrach. Dann rannte ich davon wie ein scheues Reh, ftürmte in meine Wh mrng, setzte mich in einen Winkel und meinte bitterlich. Die alte Liese, die langjährige D!e nerin unsere Hause, kam in das Zimmer und sah mir neugierig in das Gesicht. ES ist geschehen, rief ich ihr zu, ich werde giicharb's grau, bist Du nun zufrieden? ES ist am besten so, entgegnete die Alte, ich habe e mir auch nie anders denken könn. Sie halle wohl keine Ahnung, wie es eigentlich in meinem Herzen aussah. Ich lich das Nachtessen unberührt aus dem Tische stehen und schickte mich an, zu Bett zu gehen, Als ich eben mit der Kerze in der Hand mein Schlafzimmer betrat, ver nahm ich plötzlich ein surchtbare Getöse, das Fenster zersplitterte und die ein dringende Lust verlöschte mein Licht, Ich hörte, wie mein Toilettespiezel. der nahe dem Fenster stand, umfiel und zerbrach und dann verttahm ich Schritte, e war Jemand durch das Fenster in das Gemach eingedrungen. Im selben Augenblicke öffnete sich die Thür und die alte Liese betrat, durch das Geräusch herbeigerufen, mit einer Lampe in der Hand da Zimmer. Beim Lichte dieser Lampe sah ich das erste Mal Philipp Klarmann. Ein schlanker, hübscher, junger Mann mit blondgelocktem Haar und blauen, freund lichen Augen. Er schien die Sache gar nicht ernst zu nehmen und lächelte bei seinem lärmenden Einbrüche in die Wohnung zweier einsamer Frauen, Meine Furcht halte sich in Zorn über den Eindringling verwandelt, aber die ersten Worte, welche er sprach, entwaff neten mich. Ich bitte tausendmal um Verzeihung. Mein Lustballon ist schuld. Ich erde allen Schaden gut machen." Ihr Ballon?' sagte ich, .Kamen Sie denn in einem Ballon. Wo ist er?' 5r besindet flch draußen', entgegnete dir Lustschiffer. Der unangenehme Rebe! ist schuld daran. Ich glaubte etwa tau, send Meier hoch in der Luft zu sein und öffnete das Ventil, um mich ein wenig über die Lokalität zu orientire. Da war ich aber schon an Ihr Haus angerannt und ankerte in Ihrem Apselbaum. Ha, den Sie vielleicht einen Mann im Hause, der mir bei der Enlleernng des Ballons behilflich sein könnte?' Wir gaben dem Luslschiffer einen unse rer Feldarbeit bei, mit deffen Hilfe die Bergung des Ballons rasch vor sich ging. Doch wollte Klarmann auch den Korb, der an einem Aste hing, herab holen, hierbei brach der Ast und der junge Lufschiffer fiel so unglücklich, daß wir ihn beftnnungSIos n daS Haus tragen muß ten. ES wurde rasch ein Arzt herbeige holt, welcher die nothwendigen Anord nungen traf und es für daS Beste er klärte, wenn wir den Verunglückten vor läusig im Hause behalten würden, da sich nicht sogleich feststellen ließ, ob er nicht eine schwere innere Verletzung erlitten habe, welche sich durch seinen Transport verschlimmern könnte. Er blieb bei uns, ich war ihm eine sorgsame Wärterin, unser Beisammen sein ließ eine heiße Liebe zwischen unS emxorkeimen und das Ende davon war, baß ich Richard Ferner erklärte, ich wollte ihn nie wieder sehen und bitte ihn, mich deS Versprechens zu entbin den, was er mir am jenem Abend abge zwunge hatte. Seine Wuth war unbeschreiblich. Er erkannte sofort, daß ich mein Herz einem Anderen geschenkt und ahnte, wer e3 ei, kenn felbstoeiftändlich wußte der ganze Ort von dem Manne, der aus den Wolken zu uns gekommen war. Richard gerner weigerte sich, unsere Ver lobung zu lösen und stieß sürchlerltche Drohungen gegen den armen Philipp aus, welche er nicht kannte, nie gesehen halte. Philipp genas unter der sorgsamen Pflege rasch und wir fuhren gemeinschaft lich nach einer nahegelegenen Stadt, w wir im Stille uns vermählten. Wir hatten erabredet, taß ,r den Ort unseres bisherige Ausenthalte ganz erlaffea ollte. und all ir von der Hochzeü zurückkehrten, trafen ir unser Snftaltt hierzu. Philipp, elcher Vermöge besaß und der mir überall eine sorgenlose Zukunft sichern konnte, ilna gerne aus meinen Wun'ch ein, da Dorf im Geheime zu ; verlassen, und ich meinte, da geeignetste Mittel dazu sei eine nächtliche Fahrt mit dem Luftballon. Er hielt meinen Vorschlag für ein kleine Caprice, der er gerne nachgab, von meinen Bezie, hungen zu Richard Ferner war ihm bis her Nichts bekannt. Er traf Anstalten, in der nächste Nacht die Abreise oll ziehen zu können, der Ballon wurde au einem nahegelegenen Gaiwerke gesüllt und zrvar an einem abgelegenen Orte, so daß Niemand von seinem bevorstehenden Aufstiege eine Ahnung hatte. E wurde Nacht und einige handfeste Arbeiter, welche Philipp zu dem Zwecke herbeordert hatte, hielten die Seile des Ballons, der sich in dem Dunkel wie ein gespenstiges Ungethüm hin und herschau kelle. Wir hatten schon in dem Korbe Platz genommen, als Philipp die Be merkung machte, daß wir die Decken, die unS gegen die Kälte schützen sollten, nicht mitgenommen hatten. Er trug den Bur schen auf, den Ballon fest zu hallen und ging nach Hause zurück, um das Ver gessene zu holen. Während ich seiner darrte, edlen mir ,ede 'Minute zur Cwig keit zu werden; der Gedanke, was aus mir wsrden sollte, wenn der Ballon sich gen Händen der Männer entrisse und mit mir allein in die Lüste erhöbe, ließ mich schaudern. Ich starrte wie betäubt in das Dunkel der Nacht hinaus, als ich eine Gestalt rasch auf den Ballon zueilen sah. Kein Zweisei, e war Philipp! Er schwang stch behende in den Kord, rief den Arde, lern zu, sie sollten loslassen und der Ballon erhob stch langsam und majestä- t, ch in die u I. Jetzt erst fiel mir auf, daß er ja die Decken erst nicht mitgebracht hatte. Ich wollte ihn darnach f.agen, er aber rief aus: Jetzt habe ich Dich und halte Dich fest. Ich habe geschworen t)ich zu desttzen und etzt st im mein I Nun erkannte ich zu meinem Entsetzen, daß es die Stimme Richards war, die zu mir sprach, und daß ich mich mit demsel den Manne allein im Ballon befand, welchem ich entfliehen gewollt. Ich hatte gerade noch Fassung genug, um den An ker aus dem Ballon zu werfen, wobei ich die Hoffnung hegte, derselbe würde, da sich der Ballon nach ziemlich nahe dem Erdboden fortbewegte, irgendwo haften bleiben und Klarmann mit seinen Leuten würde dann eine Landung erzwingen. In der Thal hörte auch alsbald die Be wegung des Ballons aus und gleichzeitig erblickte ich Philipp, welcher mit starker Stimme mir zurief: Muth, mein Engel, der Anker hat Fuß gefaßt, Du wirst sogleich landen! Der Ballon berührte unsanst den Boden und Philipp schickte sich an, in den Korb zu springen. Ehe ich ihm noch zurusen konnte, er möge auf der Hut sein, da sich ein Mann in dem Korbe he sinde, der mich entführen wolle, hatte Philipp schon den Korb erfaßt, mußte ihn aber ebenso rasch wieder loslassen, da Ferner einen Hagel von Faustschlä gen auf den eines solchen Angriffes nicht Gewärtigen niedersausen ließ. Während dieser Szene hatte sich der Anker wieder gelöst und der Ballon er hob sich von Neuem in die Lüfte. Als ich meinen Gatten nicht mehr sah, schrie ich mit aller Macht und wollte mich aus dem Ballon stürzen, doch Richard hielt mich fest und begann wie ein Rasender Alles, was sich im Korbe befand, hin auszuwerfen. Der Ballon erhob sich denn auch, des Ballastes entledig!, immer höher. Als ich mich rettungslos in der Gemalt meines Verfolgers sah, sank ich ohnmächtig am Boden deS Korbes nieder, während sich Richard über mich beugte und mir inS Ohr flüsterte: Jsadella, meine Jsadella I Warum warst Di in fa.UA neuen mich? Waktest Du nicht, daß ich Dich nie aufgeben würde? Danke Gott, daß Du nicht jenem Schurken t die Hände gefallen bist, und daß es mir noch gelungen ist, Dich ihm zu entreißen. Ich hatte veraessm, daß er Nichts von unserer am Morgen erfolgten Vermäh- lung mußte und deshalb war ich uder keine Worte aus' Aeußerfte erbittert. Ich nannte ihn einen Feigling, einen Elenden und forderte ihn auf, den Bai- lon sofort zum Falle zu dringen, damit ich u Philipp Klarmann gehen könne, zu dem einzigen Manne, den ich je in dieser Welt liebe könne. In diesem Augenblick kam mir die Ventilleine des Ballon zur Hand, und in der Absicht, lieber rasch zur Erde zu stürzen, sollten wir auch zerschmettert werden, al Richard ferner anzugehören, zog ich mit aller Macht an der reine. Seine Bemühungen, sie mir zu enl reißen, waren vergeben, ich kämpfte wie eine Verzweifelte. Da er sah, daß er in dieser Weise seinen Zweck nicht erreichen konnte, klomm er an dem Tauvcrk empor und schnitt die Leine mit einem Messer ab. Nun bist Du besiegt, rief er dann, nun wollen mir meiter reisen, bis an'S Ende der Welt I Plötzlich bemerkte ich, daß der Ballon beträchtlich ach der Seite, an m.'lcher die Ankerleine hing, schwankte, und ehe ich mir noch diese Erscheinung zu txl'.a-- ren vermochte, sah ich menschliche Hände am Korbrande, und im nächsten Mo mente schwang sich ein Mann in den Kord. .Ich traute meinen uaen räum. El war Philipp Klarmcmn, mein gelieb ter Gemahl. Iln diesem Sugendlicre er größten Freude nach bitterster Verzweiflung schwände mir die Sinne und ich siel ohnmächtig in de Korb hin. j ie lange ich (0 gelegen, meiß ich nicht, es graute bereit der Tag, al ich die Augen aufschlug. E war furchtbar kalt uno iqnelie. ;jaj az in Pyiiixp, Annen erb irr mit feinem und Richard Rzcke bedeckt; die beiden Männer hatten j sich trotz der entsetzlichen Kälte ihrer Röcke enlledigl, um mir Wärme zu ver schaffen. Ich befahl ihnen, die Röcke wieder anzuziehen, und mir kauerten uni nun alle drei im Korbe zusammen, um un gegenseitig warm zu halten. Ich dachte in diesem Momente nicht mehr an die von Ferner mir zuaesüaie Unbill, denn ich war ihm dankbar, daß er flch für mich der Kilte ausgesetzt alte. Was mich überraschle, n nur, daß die beiden Männer so friedlich mit einander verkehrten. Ein Wort Ferner'S gab mir die Erklärung des Räthsels. Er sagte zu mir: Es hat Anfangs einen harten Kamps gegeben und nur die Gefahr, in welche mir Dich gebracht hatten, bewog unS, endlich einen Wsfenii,ll,iano aozu schließen. .Run hat mir Herr Klarmann gesagt, daß Du, Jsabella, sein Weid seiest. Ist daS wahr?' Ich bestätigte es und bat ihn, mir zu verzeihen, daß ich der Stimme meines Herzens gesolgt, Wenn es so ist,' sagte er, habe ich nichts mehr zu .-zeihen. Hätte ich ge mußt, wie die Dinge standen, so würde ich das nicht gethan haben, was ich that, denn ich liebe Dich zu sehr, um Dein Glück und Leben, somit das Leben des ManneS in Gefahr zu bringen, den Du mir vorgezogen,' .Jetzt ist Alles vorüber.' sagte ich. laßt unS für die Zukunft menigstens gute Freunde bleiben, Ich ersuhr nun auch, wie Philipp in den Balloakorb gelangt mar. Er Halle beim Au steigen deS Ballons das Anker, seil ersaßt und war an demselben bis zum Korde emporgeklettert. Ich empsand Freude über unser Bei, sammensein und die Aussöhnung der beiden Nebenbuhler, aber die entsetzliche Lage, in der wir uns befanden, sollte mir erst nach und nach klar werden. AIs ich eine kleine Erfrischung verlangt, sagte man mir, es sei nichts da, Richard habe beim Ausstiege Alles auS dem Korbe ge warfen; als ich nach der Richtung fragte, in der wir uns befanden, erhielt ich die selbe Anlwort hinsichtlich der Jnstru mente, und endlich mußle ich ersahren, daß in Folge deS Abschneidens der Ven tilleine man dem Steigen des Ballons keinen Einhalt thun könne und dadurch sie Gefahr des Zerplatzens der Hülle immer näher rückte. Um dieser Gesahr zu entrinnen, ent schloß sich Philipp endlich an dem Netz merk des Ballons emporzuklimmen, um das Ventil zu öffnen. Ich hielt ihn für verloren, denn bei der geringsten Unoor: stchtigkeit, oder wenn das dünne Netzwerk riß, mußte er abstürzen. Durch das Aussteigen Philipps gerieth der Ballon in bedenkliches Schwanken, und um das Gleichgewicht herzustellen, kletterte nun Richard an der anderen Seite empor. Endlich gelangte Philipp aus den Gipsel deS Ballons, während stch Richard in den Korb zurückbegab, Ich rief Philipp zu, sich in Acht zu nehmen, und er ant wortete: Haltet Euch nur ruhig, dann geschieht mir nichts.' In diesem Momente legte jedoch ein Windstoß den Ballon fast um und begann denselben herumzuwirbeln, als ob er Philipp mit Gewalt von demselben her abschütteln wollte; die Situation war gräßlich ; ich schaudere noch, wenn ich daran denke. Aber die Gesahr ging vor bei und ich danke Gott, als ich Philipp wieder in meinen Armen hielt. Richard, welcher wacker mitgeholfen hatte, ihn zu retten, sagte ich ein paar freundliche Worte und ich wünschte heute, ich hätte in wärmerem Tone zu dem Manne ge sprochen, dessen Edelmuth bereits seine Schuldetilgt hatte. Die Bemühungen Philipps aber waren umsonst gewesen. Es mar ihm nicht ge lungen, daS Ventil zu öffnen. Als er mir die sagte, sprach ich mein Erstaunen darüber aus, daß der Ballon trotzdem siel. Er fiel in der That, rascher und rascher, durch eisige Wolken, die uns Schneekinstalle ins Gesicht schleuderten, welche wie Nadeln stachen. Was war geschehen? Bei dem Cm porklimmen mußte der Ballon einen kleinen Riß erhalten haben, durch den das GaS rapid ausströmte. Wir fielen mit immer wachsender Geschwindigkeit herab und eS fragte sich nur noch mo und in welchem Zustande wir landen würden. Bald wurde uns Antwort, eine entsetzliche Anlwort, die wie ein TodeSurtheil klang. Wir stürzen ins Meer I riefen mir alle Drei wie au einem Munde, wir mußten ertrinken, e gab keine Rettung, Wir sahen die schäumenden Wellen unter uns, die uns zu verschlingen drohten. Wohl trug ein furchtbarer Orkan den schon halb entleerten Ballon, in dessen Falten er sich versing, der Küste zu, aber e mar kaum zu hoffen, daß mir sie er reichten, wenn mir den Ballon nicht neuerlich zum Steigen bringen. Und wie sollten wir das, da wir doch keinen Ballast mehr hatten? Wir mochten wohl alle Drei dasselbe denken, doch Niemand sprach ein Wort. Plötzlich ge- schau E:mas ganz Unerwartetes. Mit dem Ruse : Nimm mein Leben hin als HochzeitSqeschenk, Jsabella I stürzte sich Richard Ferner in die gluih. Der erleichterte Ballon bekam nun Auftrieb und Philipp und ich landeten unbeschädigt an der Küste, Richard mar in der That unser Retter um de Prei feines Lebens, da er geopfert. Sein Leichnam wurde von de Wellen an' Land gespült und in einem kleinen Kirch Hose nahe an der Küste begraben. Wir malle alljährlich zu dem Grabe unb be kränzen e mit Blumen. Feierabend. Skijze von H, 0. ahleiibg. 21 5 der schule. Lehrer: Wie heißt der Gemahl der Aphrodite?' Schüler: ,Aphrodic!r:ch!' Heute hatte die Jüngste geheirathet. Es war eine ganz stille, kleine Hochzeit gemefen wegen Trauer in der Familie des Bräutigam. Um drei Uhr war das junge Paar schon abgefahren, dann gin gen auch die Gäste einer nach dem andern. Die Schwiegertochter mußte zu ihren Kindern zurück. Den Sohn rief der Dienst. Die Kerzen erlöschten. Da Gläserklirren erklang in der Küche. E wurde still in dem alten Hause. Die beiden Alten waren allein. Beim Abendbrot saßen ste sich gegen, über an dem großen gamilientische, jedes sür sich an der breiten Seite. Man mar'S noch immer gewöhnt die Arme anzudrücken und den Stuhl schräg zu stil len, um den Nachbarn Rat.m zu machen. Wir wollen doch morgen eine Platte herausnehmen', sagte die Mutter. Er nickte nur, er dachte daran, wie man die Platten eingeschoben hatte, eine nach der anderen und der ganze Tisch rund herum beseht war. Es war ihr so ungewohnt den Thee füvst zu bereiten, ste stellte stch ganz ungeschickt dabei. Das mar immer daS Amt der Töchter gewesen. Die jüngste hatte es von der ältesten übernommen, Sie schnitt Brot ab und dann sah ste, daß sie zuviel Scheiben abgeschnitten hatte. Es blieb überhaupt soviel übrig heute. Dem AI ten schmeckte eS auch nicht. Ein paar Mal wandte er stch nach der Seite wie um etwas zu sagen, aber da saß niemand und er sagte nichts. Einmal hustete er und sah dann ganz erschrocken um, es hallte so laut wieder in dem großen lee ren Raume. Sie sprachen noch ein paar Worte über die Gäste, das Hzchzeits essen, aber bald verstummten ste wieder. Die Alten werden schweigsam. Man versteht sich ja auch ohne das und ge wöhnt stch, die Kinder reden zu lassen. Die Kinder sind ja doch die Hauptsache nachher. Man sorgt für ste und freut sich mit ihnen. So muß es sein. Nur die Jugend gehört sich selbst, da ist die Zeit deS großen Egoismus, der Leiden schafte! Die Kinder kommen allmählich und unmerklich ist das große Ich aufge ganzen in lauter kleinen Ich's. Sie gehen wie die Samenkörner, die der Wind verstreut und der alte Stamm bleibt noch ein paar kurze sonnige Herbsttage. Das ist die Zeit de Ausruhens und Erin nerns, Feierabendzeit. Der alle Mann zündete stch seine Pfeife an und setzte stch in seinen alten Lehnstuhl vor dem Kamine. Nach einer kleinen Weile kam sie auch und fetzte flch neben ihn, Nun sind wir allein, Alter,' sagte sie nachdenklich. Wie in den Flit terwochen,' sügte er hinzu. DaS ist lange her.' Sechsunddreißig Jahre ! Vorigen Dienstag war unser Hochzeitstag' Es überraschte sie, daß er auch daran gedacht halte, Ihr war es den ganzen Tag im Kopfe herumgegangen. Aber sie hatten gar nicht daoon gesprochen, nichts gefeiert. Man war so tief in den Vor bereitungen sür die Hochzeit gewesen und sie dachte: Er denkt doch nicht daran. Es ist ja nur natürlich, 36 Jahre 1" Sie seufzte und dann schmiegen sie eine lange Zeit, Sie dachten an alles, was gemein war n den 36 Jahren ihrer Ehe. Damals, in den glitterwochen, hallen ste auch ost so ge sessen hier vor dem Kamine, in dem grozenstuhle dicht aneinander geschmiegt. Die Lampe wurde nicht angesteckt. Man suhlte stch la und es plaudert stch so viel traulicher im Dunkeln, wenn man stch so unendlich viel zu sagen hat Im Zimmer dufteten Hyacinthen und Flit, der, ganze Beete voll. Sie lieble die Blumen und er liebte die weißen Kleider an ihr, die weiten Spaziergänge in's Grüne und ein Püllchen Sekt zu zweien, damit man's doch merkte, daß man noch tn den Flitterwochen mar. Hast du mich lieb, HanS?' fragte ste dann oft und nahm seinen Kopf zwischen ihre Hände. Es mir eine dumme Frage und er antwortete natürlich gerade so dumm, irgend eine närrische, abgedroschene Be theuerung, viel Worte und noch mehr Küsse. Dem, dem's gilt, klingt'S doch immer Mieder neu und reizend. Und dann sprachen sie von der Liebe. DaS maren alles Bekenntnisse und Geständ nisse, wie ste der Mond alltäglich hundert. mal in allen Sprachen flüstern hörte uralte Definitionen, längst abgenutzt Vergleiche, aber sie merktm es nicht, wie abgeschmackt und lächerlich sie waren. Sie hatten sehr hochfliegend Pläne damals in den Flitterwochen. Er würde natürlich Ercellenz, Minister, werden. Er mar ja so klug und so fleißig. Allerlei munderbare, weltbeglückende Thaten würde er vollbringen und sie wollte seine Helferin sein, seine Madame Roland! sei Geniu! Prachtvolle Reisen planten sie, in' Hochgebirge, über die blaue See. Alle Schöne und Große in der Welt, was Gottes-und Menschen geift erschaffen, wollten ste miteinander genießen. Er machte auch Verse damals, natürlich nur an ste und gedruckt wurden ne nicht. ES kam sehr viel von bleuen Augen, Mondschein und Liebeökeligkeit darin vor. Kein Verleger hatte sie an genommen, aber ihr gesielen sie doch, Sie sang sie sogar zum Klavier nach den ältesten abgeleierten Mllodien. Was schadete daS? De Abends lasen sie stch Gedichte vor: Torqua! Tasso, Schiller und Enoch Arden, nur nicht moderne, Sie waren sehr idealistisch, sehr glücklich und sehr verliebt damals in den glitter machen. DaS Kind wurde geboren. Run saß ma zu dreien vor dem Kamine und das war ei Lachen, ein Schäkern und Pläne schmieden ohne Ende! Man svrach nichts mehr über die Liebe, nur noch von dem Jangen, waZ er alles schon kannte j und was er r,?ch werbt". nCßrt. alür, Ich etwa ganz großes, außerordeni, liche! Vorläufig schrie der Junge, wollte genährt, gebadet, gebettet werden. Da blieb wenig Zeit zum Singen und Spa zierengchen. Er hörte auf, Verse zu mache und orzulese, weil er zu rnüte war, wenn er vom Büreau heimkam oder die Zeitungen vornahm, Bier andere Kinder wurden geboren ein? nach dem anderen. Da hieß eS zufam menrücken, sich einrichten mit dem knap, pen Gehalt. Im Salon trocknete Kin derwäsche, ao die Blumen gestanden hat ten. AuS dem allen weißen Kleide wur den drei neue Kleidchen gemacht; wenn st an den Sekt dachten, den ste in den Flit terwochen gctrunken, schämten sie stch fast ihres Leichtsinnes. Von der Zukunft wurde nie mehr gisprochen, jede,r Tag brachte seine Sorgen. Sorgen im Dienst, Sorgen um die Kinder, Sorgen um das sauer gewordene Gelee und die unbezahlte Stieselrcchnung, Die Hausfrau mußte oft nicht, wo ihr der Kopf stand; fein Rücken wurde krumm über den Akten, um seinen Scheitel lich'eie eS stch bedenk, lich: Wenn ich nur die Penston für d'e längste Dienstzeit und den Rothen Adler Orden erreiche', sagte cr oft. Weiler ging sein Ehrgeiz nicht mchr. Die Kinder kamn in die Schule, nun sorgte man flch um die Zeugnisse, das Eramen. Der Typhus brach in der Stadt au und raffte in 3 Tagen die Aelteste dahin, ein blühend liebenSmür digeS Geschöpf von 17 Jahren. Die Mutter mar nicht mehr dieselbe, seitdem immer thätig, immer hülfSbereit und gütig, aber die Sonne war au ihren Augen gewichen. Sie wurde schnell alt. Der Aelteste kam auf die Universität, der ist jetzt schon wohlbestallter Amts, richter, hat eiue Frau und Kinder. Der Zweite wurde Soldat. Das war ihr Liebling, ihr Stolz, Er that nicht gu', und mußte diüben in Amerika sich eine neue Eristenz schaffen. Es war ihm gelungen, Gol sei Dank! Aber im Mutlerherzen saß eine neue liefe Wunde und des Vaters Haar war weiß gewor den in den Jahren, Die Lore heirathete ihren Pfarrer, dem ste in 7 Jahren still und geduldig die Treue gehalten. Sie wohnten weit an der Ostgrenze, die Reise mar theuer und beschwerlich. Heute hatte der Doktor sich auch das Jüngste, das Tinchen weggeholt in's selbstge, schaffene Heim, vier Zimmer in der dritten Etaze im billigen Norden von Berlin. Sie waren wieder ganz allein, zu zweien allein, wie damals in den Flitter machen. Hast Du mich lieb, Hans?" fragte sie plötzlich. Sie wußte selbst nicht, wie ihr die alte, thörichte Frage auf die Lip pen kam. Es mar ihr, als sei es alles ein Traum gewesen, die ganzen 36 Jahre, die dazwischen lagen, nun war ste er macht und just mußte das ihr erstes Wort sein. L'ebes Weib, trautes, liebe? Herz!' sagte er ganz wie damals. Und dann kugle der alte Mann die alte Frau und ste sprachen wieder von der Liebe. Ihre Augen standen voll Wasser, mährend ste sprachen, aber ste lächelten. Die Thm nen aalten all dem Unerfüllten, Ver kümmerten und Gestorbenen, das Lächeln der alten, sonnigen Liebe, die alle Noth und aller Kleinkram des Alltagslebens nicht lödlet. aber nicht mit dem Aufstehen, Al nun die Zeit der Toaste gekommen war, er hob stch der Fürst, hielt eine kleine Rede zum Lobe der Stadt und schloß mit den Worten: ,E lebe die Stadt Basel und ihr Einwohner!" Nun steckte man es dem Bürgermeister, er solle auch aus, stehen und dem Fürsten danken. Da er hob er stch endlich und stammelte: ES lebet au der Fürst zu Hohelo und sine Inwohner 1 1 I' uS dem Bsgellehe. Einen interessanten Vorgang au dem Vogelleden zu beobachten hatte ein Lehrer aus dem Lande in der Rahe von Königs, berg neulich Gelegenheit. Zu wieder holten Malen hatte er bemerkt, daß die im Garten in sechs Kästen nistenden Staate dem Gcfang in der Schule die größte Aufmerksamkeit zuwendeten und schüch lern aus einem nahe den Fenster befind, lichen Apselbaum Platz nahmen, doch durch das unvermeidliche Geraufch er- schreckt, sich wieder zurückzogen. Am gesuchten Tage mar er mit der Einpcä gung einer Melodie für sich allein be fchäfligt und strich die Geige. Durch die Töne angelockt, stellten sich wieder einige Staare auf dem Baume ein, horten aufmerksam zu, streckten die Köpfchen lang hervor und suchten bis zum Fensterbrett u dringen. Nicht lange dauerte es, da versuchten einige mitzupseifen und die Melodie stch einzuprägen. Ei alter Staar flog dagegen nach einer entfernien Ecke des GattenS, wo eine Anzahl der Junzen der Atzung wartete. Von Baum zu Baum folgend, kamen sie auch zudem Apfelbaum, hörten aufmerksam zu und zirpten mit. Die Melodie konnte ste zwar nicht erfassen, doch war e äugen scheinlich, daß ste stch alle Mühe gaben, die ihnen behagenden Töne flch einzu, prägen. Versuche am anderen Tag hatten in ähnliches Resultat, bi dann die sangeluftigen Vögel wohl zum Ztvecke der Lussuchung ausgiebiger Nah rungSplätze fortflogen und vorläufig nicht mehr wiedergekehrt find. Ei ihn licher Vorgang ist vor einigen Jahren auch von einer anderen Lehrer beobachtet morden. Tik Rede t Bürger etstexi. In Baiel so erzählte Wolfgang Menzel in seinen Denkwürdigkeiten' Leipiig 1377) lebte einst ein alter unverheiratheter Fürst von Hohenloh als xensisnirler preußischer General. Dieser schenkte einmal bei einer Theuerung im Winter ben Armen Holz, ivlan machte nu ben Bürgermeister daraus aukmerk sam, e werde sich schicken, daß ma auch von Seite der Stal dem Fürsten irgend eine Aufmerksamkeit erweise. Ein gest esse stand bkvor und e wurde auSge macht, taß der Fürst dazu sollt , geladen werden ud daß der Bürger meist einen Trinkspruch auf ihn auS bringen foll,e. Tsj Effen wurde abge halten, der Szermeister übereilte ,:ch Gesängen elekrte. ' SokrateS, Cervantes, Bunuan. Defoe, Looelace, Tasso, Berangcr, Raleighu.A. verfaßten ihre besten Arbeiten, aährcnb ste der Freiheit beraubt waren. Bei Leuten, die mit gutem Gewissen eine Haftstrafe verbüßten, macht sich hier offenbar die wohllhalige Wirkung des völligen lliigestörlfein geltend. Angenehme l7erspective, ,,, Können Sie aber auch meiner Tochter eine Eristenz bieten?' O, für meine geliebte Laura werde ich, wenn es fein muß, mit Freuden b e t teln gehen!' lie gute alte Zeit, Sie: O, wie schwül heute! Und kein Regen in AuSstcht!' Er: Ja, ja! Das mar zur Zeit, als noch die weißen Hosen modern waren, viel besser! Da brauchte man mit einem solchen Kleidungsstück nur einen kleinen Ausflug zu machen und der Regen mar da!' Der Iveislieitszahn, Meister: Ich muß in V Stadt und mir den Weisheitszahn auSreißen lassen!' Lehrling: Dös leid i' net! , , , Du bist so schon dumm g'nug ! I' hab' Di' mit dem WeisheitSzahu 'sunga, und der muaß bleib'!' Zuvzrkommend, Aber Karl, bist Du schüchtern bei Deiner Olga!' Oh, was sällt Dir ein! Gestern hat ste mir schon gestanden, daß ich sie liebe!" Ein böser dornrnis. 'Prinzipal: Warum schreiben Sie denn heute unter die Briefe nur e r g e dener' statt hochachtungSvollst"? ES scheint, wenn Sie nicht gut aufgelegt stnd, dann wollen Sie Ihre Zorn an der Kundschaft auslaffen!" Lin Unß für Alle. , , , Sie sind mir übrigens noch einen Kuß schuldig, Fräulein Erna!' Herr Baron, den hab' ich Ihnen ja schon im Theater zugeworfen!' Von der Bühne aus? Ach geh' Sie, das mar ja ein Omni busserl!" Schneller Wechsel, Ihr Sohn hat wohl rasch Carriere gemacht?' DaS mill ich meinen! Vor drei Jah ren trug er noch meine abgelegten Klei der, und heute sehen Sie mich schon tn den seinigen!' verfängliche jwac. Es gibt tausend Wege, um reich zu werden, aber nur einen anstän d i g e n!" Und der wäre?" Sehen Sie, ich mußte ja, daß Sie ihn nicht kennen!' Rliize Vorsicht. Sie dürfen nicht aus den Knieen vor mir liegen!' Und marum nicht?" Mein Bruder könnte in'S Zimaiir kommen!' ,WaS märe dabei? Er soll e mif. sen." Ja, aber menn er es meiß, pumpt er sie an, und ich habe schon zmei Verehrer dadurch verloren!' Schlechtes Beispiel. Mutter (die über Gesellschafte, Thea ler und Romanlesen ihre Kinder arg oernachlässigtj: ..Was, Leh rerin oder Gouvernante millft Du merden? Dazu kannst Du viel zu m e n i g!' Tochter: Am liebste möchte ich aller ding einen Platz, mo ich nicht zu thu Halle, als z. B. Mutterstelle zu ver treten!' Erkannt. Nun, Herr Lieutenant, mo werde Sie dieses Jahr Ihren Urlaub verbrin gen?' , 'mal Seebad gehen!' Aha, Herr Lieutenant wollen mohl ein Bischen S e e 1 8 w t spielen ! Bedenkliche Ermunterung, Ein junger Wann besuch! einen be kannten Kritiker und gesteht ihm errö thend, daß er heimlich dichte. Gleichieilig überreicht er demselben ei Heft voll von Versen mit der Bitte, ihm rundmeg zu sagen, ob er weiter dich I e n solle oder nicht. Einige Tage später erhält er sein Heft zurück mit dem Vermerk: Dichte Sie nur getrost meiter, aber heimlich!' vergeb!: 5 peattation. Der Doctor Schncidl hat ein Auge auf die Tochter des Bankier Goldreich ge morsen und diesem, um ihn sür sich zu ge virinen, nach viermöchentlicher Bchand lung eine spottbillige Rote ge mht. Al er daraus um die Hand dr chö,in Jolexhine arihält, sagt der Ban kier: Ihnen, Herr Doctor, kann ich min !cch:er leider nicht g:bcn!' .Wiifv?' Kt-t der Ärzt. Ei, Sie virltbci tj ji richt einira!. ordentliche Rechnungen tu ma chen!'