Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 03, 1893, Image 12

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    (Eine Hochzeitsreise im Cuft
Haflon. T i ( tf t s a k I u n g k i e r A t a u.
Ich f.inntt den diinkellockigen, wilden
Richard ferner seit Kindheit und er halte
mich stets geliebt, Die Leute betrachteten
un als Verlobte und Richard war in
keinen Beverdungen so sichtlich und
hm.,, dak ich, al, meine Mutler
starb und ich ohne Verwandte und Freunde
d lstaiid, seiner Wervung naajgeucn,
(nm Ikin Weib werden u wollen.
Doch da hatte sich Alle geändert, IS
Phitixo Klarmann in unseren Ort kam
und ihm mein Hir, enlgegenflog, '
ES schien, als ob die Vorsehung selbst
Philipp in dem Augenblicke in meine
Rahe gebracht Hütte, da ich schon ent
schlössen war, einem ungeliebten Manne
in die Vhe zu loigm, nrn wem
mnl hätte olücklick werden können.
Es war an einem nebligen, srostigen
NoveniberSonntage, als ich Richard'S
Bewerbungen meine Zustimmung gab.
Er hatte mich von der Kirche zum Ihore
meine QMet vegieuei, u,e u"
Hand in der seinigen und drang in mich,
endlich Ja zu sagen,
Ich zögerte und zauderte, aber er sprach
so benot, daß ich endlich das oerhSngmsz
rrllf Wort auSivrach.
Dann rannte ich davon wie ein
scheues Reh, ftürmte in meine Wh
mrng, setzte mich in einen Winkel und
meinte bitterlich.
Die alte Liese, die langjährige D!e
nerin unsere Hause, kam in das
Zimmer und sah mir neugierig in das
Gesicht.
ES ist geschehen, rief ich ihr zu,
ich werde giicharb's grau, bist Du nun
zufrieden?
ES ist am besten so, entgegnete die
Alte, ich habe e mir auch nie anders
denken könn.
Sie halle wohl keine Ahnung, wie es
eigentlich in meinem Herzen aussah. Ich
lich das Nachtessen unberührt aus dem
Tische stehen und schickte mich an, zu
Bett zu gehen,
Als ich eben mit der Kerze in der
Hand mein Schlafzimmer betrat, ver
nahm ich plötzlich ein surchtbare Getöse,
das Fenster zersplitterte und die ein
dringende Lust verlöschte mein Licht,
Ich hörte, wie mein Toilettespiezel.
der nahe dem Fenster stand, umfiel und
zerbrach und dann verttahm ich Schritte,
e war Jemand durch das Fenster in das
Gemach eingedrungen.
Im selben Augenblicke öffnete sich die
Thür und die alte Liese betrat, durch das
Geräusch herbeigerufen, mit einer Lampe
in der Hand da Zimmer.
Beim Lichte dieser Lampe sah ich das
erste Mal Philipp Klarmann. Ein
schlanker, hübscher, junger Mann mit
blondgelocktem Haar und blauen, freund
lichen Augen. Er schien die Sache gar
nicht ernst zu nehmen und lächelte bei
seinem lärmenden Einbrüche in die
Wohnung zweier einsamer Frauen,
Meine Furcht halte sich in Zorn über
den Eindringling verwandelt, aber die
ersten Worte, welche er sprach, entwaff
neten mich.
Ich bitte tausendmal um Verzeihung.
Mein Lustballon ist schuld. Ich erde
allen Schaden gut machen."
Ihr Ballon?' sagte ich, .Kamen
Sie denn in einem Ballon. Wo ist er?'
5r besindet flch draußen', entgegnete
dir Lustschiffer. Der unangenehme Rebe!
ist schuld daran. Ich glaubte etwa tau,
send Meier hoch in der Luft zu sein und
öffnete das Ventil, um mich ein wenig
über die Lokalität zu orientire. Da
war ich aber schon an Ihr Haus angerannt
und ankerte in Ihrem Apselbaum. Ha,
den Sie vielleicht einen Mann im Hause,
der mir bei der Enlleernng des Ballons
behilflich sein könnte?'
Wir gaben dem Luslschiffer einen unse
rer Feldarbeit bei, mit deffen Hilfe
die Bergung des Ballons rasch vor sich
ging. Doch wollte Klarmann auch den
Korb, der an einem Aste hing, herab
holen, hierbei brach der Ast und der junge
Lufschiffer fiel so unglücklich, daß wir ihn
beftnnungSIos n daS Haus tragen muß
ten. ES wurde rasch ein Arzt herbeige
holt, welcher die nothwendigen Anord
nungen traf und es für daS Beste er
klärte, wenn wir den Verunglückten vor
läusig im Hause behalten würden, da sich
nicht sogleich feststellen ließ, ob er nicht
eine schwere innere Verletzung erlitten
habe, welche sich durch seinen Transport
verschlimmern könnte.
Er blieb bei uns, ich war ihm eine
sorgsame Wärterin, unser Beisammen
sein ließ eine heiße Liebe zwischen unS
emxorkeimen und das Ende davon war,
baß ich Richard Ferner erklärte, ich
wollte ihn nie wieder sehen und bitte
ihn, mich deS Versprechens zu entbin
den, was er mir am jenem Abend abge
zwunge hatte.
Seine Wuth war unbeschreiblich. Er
erkannte sofort, daß ich mein Herz einem
Anderen geschenkt und ahnte, wer e3
ei, kenn felbstoeiftändlich wußte der
ganze Ort von dem Manne, der aus
den Wolken zu uns gekommen war.
Richard gerner weigerte sich, unsere Ver
lobung zu lösen und stieß sürchlerltche
Drohungen gegen den armen Philipp
aus, welche er nicht kannte, nie gesehen
halte.
Philipp genas unter der sorgsamen
Pflege rasch und wir fuhren gemeinschaft
lich nach einer nahegelegenen Stadt, w
wir im Stille uns vermählten. Wir
hatten erabredet, taß ,r den Ort
unseres bisherige Ausenthalte ganz
erlaffea ollte. und all ir von der
Hochzeü zurückkehrten, trafen ir unser
Snftaltt hierzu.
Philipp, elcher Vermöge besaß und
der mir überall eine sorgenlose Zukunft
sichern konnte, ilna gerne aus meinen
Wun'ch ein, da Dorf im Geheime zu ;
verlassen, und ich meinte, da geeignetste
Mittel dazu sei eine nächtliche Fahrt
mit dem Luftballon. Er hielt meinen
Vorschlag für ein kleine Caprice, der
er gerne nachgab, von meinen Bezie,
hungen zu Richard Ferner war ihm bis
her Nichts bekannt. Er traf Anstalten,
in der nächste Nacht die Abreise oll
ziehen zu können, der Ballon wurde au
einem nahegelegenen Gaiwerke gesüllt
und zrvar an einem abgelegenen Orte, so
daß Niemand von seinem bevorstehenden
Aufstiege eine Ahnung hatte.
E wurde Nacht und einige handfeste
Arbeiter, welche Philipp zu dem Zwecke
herbeordert hatte, hielten die Seile des
Ballons, der sich in dem Dunkel wie ein
gespenstiges Ungethüm hin und herschau
kelle. Wir hatten schon in dem Korbe
Platz genommen, als Philipp die Be
merkung machte, daß wir die Decken, die
unS gegen die Kälte schützen sollten, nicht
mitgenommen hatten. Er trug den Bur
schen auf, den Ballon fest zu hallen und
ging nach Hause zurück, um das Ver
gessene zu holen. Während ich seiner
darrte, edlen mir ,ede 'Minute zur Cwig
keit zu werden; der Gedanke, was aus
mir wsrden sollte, wenn der Ballon sich
gen Händen der Männer entrisse und mit
mir allein in die Lüste erhöbe, ließ mich
schaudern.
Ich starrte wie betäubt in das Dunkel
der Nacht hinaus, als ich eine Gestalt
rasch auf den Ballon zueilen sah. Kein
Zweisei, e war Philipp! Er schwang
stch behende in den Kord, rief den Arde,
lern zu, sie sollten loslassen und der
Ballon erhob stch langsam und majestä-
t, ch in die u I.
Jetzt erst fiel mir auf, daß er ja die
Decken erst nicht mitgebracht hatte.
Ich wollte ihn darnach f.agen, er
aber rief aus: Jetzt habe ich Dich und
halte Dich fest. Ich habe geschworen
t)ich zu desttzen und etzt st im mein I
Nun erkannte ich zu meinem Entsetzen,
daß es die Stimme Richards war, die zu
mir sprach, und daß ich mich mit demsel
den Manne allein im Ballon befand,
welchem ich entfliehen gewollt. Ich hatte
gerade noch Fassung genug, um den An
ker aus dem Ballon zu werfen, wobei ich
die Hoffnung hegte, derselbe würde,
da sich der Ballon nach ziemlich nahe dem
Erdboden fortbewegte, irgendwo haften
bleiben und Klarmann mit seinen Leuten
würde dann eine Landung erzwingen.
In der Thal hörte auch alsbald die Be
wegung des Ballons aus und gleichzeitig
erblickte ich Philipp, welcher mit starker
Stimme mir zurief:
Muth, mein Engel, der Anker hat
Fuß gefaßt, Du wirst sogleich landen!
Der Ballon berührte unsanst den
Boden und Philipp schickte sich an, in
den Korb zu springen. Ehe ich ihm noch
zurusen konnte, er möge auf der Hut
sein, da sich ein Mann in dem Korbe he
sinde, der mich entführen wolle, hatte
Philipp schon den Korb erfaßt, mußte
ihn aber ebenso rasch wieder loslassen,
da Ferner einen Hagel von Faustschlä
gen auf den eines solchen Angriffes nicht
Gewärtigen niedersausen ließ.
Während dieser Szene hatte sich der
Anker wieder gelöst und der Ballon er
hob sich von Neuem in die Lüfte. Als
ich meinen Gatten nicht mehr sah, schrie
ich mit aller Macht und wollte mich aus
dem Ballon stürzen, doch Richard hielt
mich fest und begann wie ein Rasender
Alles, was sich im Korbe befand, hin
auszuwerfen. Der Ballon erhob sich
denn auch, des Ballastes entledig!, immer
höher. Als ich mich rettungslos in der
Gemalt meines Verfolgers sah, sank ich
ohnmächtig am Boden deS Korbes nieder,
während sich Richard über mich beugte
und mir inS Ohr flüsterte:
Jsadella, meine Jsadella I Warum
warst Di in fa.UA neuen mich? Waktest
Du nicht, daß ich Dich nie aufgeben
würde? Danke Gott, daß Du nicht jenem
Schurken t die Hände gefallen bist, und
daß es mir noch gelungen ist, Dich ihm
zu entreißen.
Ich hatte veraessm, daß er Nichts von
unserer am Morgen erfolgten Vermäh-
lung mußte und deshalb war ich uder
keine Worte aus' Aeußerfte erbittert.
Ich nannte ihn einen Feigling, einen
Elenden und forderte ihn auf, den Bai-
lon sofort zum Falle zu dringen, damit
ich u Philipp Klarmann gehen könne, zu
dem einzigen Manne, den ich je in dieser
Welt liebe könne.
In diesem Augenblick kam mir die
Ventilleine des Ballon zur Hand, und
in der Absicht, lieber rasch zur Erde zu
stürzen, sollten wir auch zerschmettert
werden, al Richard ferner anzugehören,
zog ich mit aller Macht an der reine.
Seine Bemühungen, sie mir zu enl
reißen, waren vergeben, ich kämpfte wie
eine Verzweifelte. Da er sah, daß er in
dieser Weise seinen Zweck nicht erreichen
konnte, klomm er an dem Tauvcrk
empor und schnitt die Leine mit einem
Messer ab.
Nun bist Du besiegt, rief er dann,
nun wollen mir meiter reisen, bis an'S
Ende der Welt I
Plötzlich bemerkte ich, daß der Ballon
beträchtlich ach der Seite, an m.'lcher
die Ankerleine hing, schwankte, und ehe
ich mir noch diese Erscheinung zu txl'.a--
ren vermochte, sah ich menschliche Hände
am Korbrande, und im nächsten Mo
mente schwang sich ein Mann in den
Kord. .Ich traute meinen uaen räum.
El war Philipp Klarmcmn, mein gelieb
ter Gemahl.
Iln diesem Sugendlicre er größten
Freude nach bitterster Verzweiflung
schwände mir die Sinne und ich siel
ohnmächtig in de Korb hin. j
ie lange ich (0 gelegen, meiß ich
nicht, es graute bereit der Tag, al ich
die Augen aufschlug. E war furchtbar
kalt uno iqnelie. ;jaj az in Pyiiixp,
Annen erb irr mit feinem und Richard
Rzcke bedeckt; die beiden Männer hatten j
sich trotz der entsetzlichen Kälte ihrer
Röcke enlledigl, um mir Wärme zu ver
schaffen. Ich befahl ihnen, die Röcke
wieder anzuziehen, und mir kauerten uni
nun alle drei im Korbe zusammen, um
un gegenseitig warm zu halten. Ich
dachte in diesem Momente nicht mehr an
die von Ferner mir zuaesüaie Unbill,
denn ich war ihm dankbar, daß er flch für
mich der Kilte ausgesetzt alte. Was
mich überraschle, n nur, daß
die beiden Männer so friedlich mit
einander verkehrten. Ein Wort
Ferner'S gab mir die Erklärung des
Räthsels. Er sagte zu mir:
Es hat Anfangs einen harten
Kamps gegeben und nur die Gefahr, in
welche mir Dich gebracht hatten, bewog
unS, endlich einen Wsfenii,ll,iano aozu
schließen.
.Run hat mir Herr Klarmann gesagt,
daß Du, Jsabella, sein Weid seiest. Ist
daS wahr?'
Ich bestätigte es und bat ihn, mir zu
verzeihen, daß ich der Stimme meines
Herzens gesolgt,
Wenn es so ist,' sagte er, habe ich
nichts mehr zu .-zeihen. Hätte ich ge
mußt, wie die Dinge standen, so würde
ich das nicht gethan haben, was ich that,
denn ich liebe Dich zu sehr, um Dein
Glück und Leben, somit das Leben des
ManneS in Gefahr zu bringen, den Du
mir vorgezogen,'
.Jetzt ist Alles vorüber.' sagte ich.
laßt unS für die Zukunft menigstens
gute Freunde bleiben,
Ich ersuhr nun auch, wie Philipp in
den Balloakorb gelangt mar. Er Halle
beim Au steigen deS Ballons das Anker,
seil ersaßt und war an demselben bis
zum Korde emporgeklettert.
Ich empsand Freude über unser Bei,
sammensein und die Aussöhnung der
beiden Nebenbuhler, aber die entsetzliche
Lage, in der wir uns befanden, sollte mir
erst nach und nach klar werden. AIs ich
eine kleine Erfrischung verlangt, sagte
man mir, es sei nichts da, Richard habe
beim Ausstiege Alles auS dem Korbe ge
warfen; als ich nach der Richtung fragte,
in der wir uns befanden, erhielt ich die
selbe Anlwort hinsichtlich der Jnstru
mente, und endlich mußle ich ersahren,
daß in Folge deS Abschneidens der Ven
tilleine man dem Steigen des Ballons
keinen Einhalt thun könne und dadurch
sie Gefahr des Zerplatzens der Hülle
immer näher rückte.
Um dieser Gesahr zu entrinnen, ent
schloß sich Philipp endlich an dem Netz
merk des Ballons emporzuklimmen, um
das Ventil zu öffnen. Ich hielt ihn für
verloren, denn bei der geringsten Unoor:
stchtigkeit, oder wenn das dünne Netzwerk
riß, mußte er abstürzen. Durch das
Aussteigen Philipps gerieth der Ballon
in bedenkliches Schwanken, und um das
Gleichgewicht herzustellen, kletterte nun
Richard an der anderen Seite empor.
Endlich gelangte Philipp aus den Gipsel
deS Ballons, während stch Richard in
den Korb zurückbegab, Ich rief Philipp
zu, sich in Acht zu nehmen, und er ant
wortete: Haltet Euch nur ruhig, dann geschieht
mir nichts.'
In diesem Momente legte jedoch ein
Windstoß den Ballon fast um und begann
denselben herumzuwirbeln, als ob er
Philipp mit Gewalt von demselben her
abschütteln wollte; die Situation war
gräßlich ; ich schaudere noch, wenn ich
daran denke. Aber die Gesahr ging vor
bei und ich danke Gott, als ich Philipp
wieder in meinen Armen hielt. Richard,
welcher wacker mitgeholfen hatte, ihn zu
retten, sagte ich ein paar freundliche
Worte und ich wünschte heute, ich hätte
in wärmerem Tone zu dem Manne ge
sprochen, dessen Edelmuth bereits seine
Schuldetilgt hatte.
Die Bemühungen Philipps aber waren
umsonst gewesen. Es mar ihm nicht ge
lungen, daS Ventil zu öffnen. Als er
mir die sagte, sprach ich mein Erstaunen
darüber aus, daß der Ballon trotzdem
siel. Er fiel in der That, rascher und
rascher, durch eisige Wolken, die uns
Schneekinstalle ins Gesicht schleuderten,
welche wie Nadeln stachen.
Was war geschehen? Bei dem Cm
porklimmen mußte der Ballon einen
kleinen Riß erhalten haben, durch den
das GaS rapid ausströmte. Wir fielen
mit immer wachsender Geschwindigkeit
herab und eS fragte sich nur noch mo und
in welchem Zustande wir landen würden.
Bald wurde uns Antwort, eine entsetzliche
Anlwort, die wie ein TodeSurtheil klang.
Wir stürzen ins Meer I riefen mir
alle Drei wie au einem Munde, wir
mußten ertrinken, e gab keine Rettung,
Wir sahen die schäumenden Wellen unter
uns, die uns zu verschlingen drohten.
Wohl trug ein furchtbarer Orkan den
schon halb entleerten Ballon, in dessen
Falten er sich versing, der Küste zu, aber
e mar kaum zu hoffen, daß mir sie er
reichten, wenn mir den Ballon nicht
neuerlich zum Steigen bringen. Und
wie sollten wir das, da wir doch keinen
Ballast mehr hatten? Wir mochten
wohl alle Drei dasselbe denken, doch
Niemand sprach ein Wort. Plötzlich ge-
schau E:mas ganz Unerwartetes.
Mit dem Ruse : Nimm mein Leben
hin als HochzeitSqeschenk, Jsabella I
stürzte sich Richard Ferner in die gluih.
Der erleichterte Ballon bekam nun
Auftrieb und Philipp und ich landeten
unbeschädigt an der Küste, Richard mar
in der That unser Retter um de Prei
feines Lebens, da er geopfert. Sein
Leichnam wurde von de Wellen an'
Land gespült und in einem kleinen Kirch
Hose nahe an der Küste begraben. Wir
malle alljährlich zu dem Grabe unb be
kränzen e mit Blumen.
Feierabend.
Skijze von H, 0. ahleiibg.
21 5 der schule.
Lehrer: Wie heißt der Gemahl der
Aphrodite?'
Schüler: ,Aphrodic!r:ch!'
Heute hatte die Jüngste geheirathet.
Es war eine ganz stille, kleine Hochzeit
gemefen wegen Trauer in der Familie
des Bräutigam. Um drei Uhr war das
junge Paar schon abgefahren, dann gin
gen auch die Gäste einer nach dem andern.
Die Schwiegertochter mußte zu ihren
Kindern zurück. Den Sohn rief der
Dienst. Die Kerzen erlöschten. Da
Gläserklirren erklang in der Küche. E
wurde still in dem alten Hause. Die
beiden Alten waren allein.
Beim Abendbrot saßen ste sich gegen,
über an dem großen gamilientische, jedes
sür sich an der breiten Seite. Man
mar'S noch immer gewöhnt die Arme
anzudrücken und den Stuhl schräg zu stil
len, um den Nachbarn Rat.m zu machen.
Wir wollen doch morgen eine Platte
herausnehmen', sagte die Mutter. Er
nickte nur, er dachte daran, wie man
die Platten eingeschoben hatte, eine
nach der anderen und der ganze Tisch
rund herum beseht war. Es war ihr so
ungewohnt den Thee füvst zu bereiten,
ste stellte stch ganz ungeschickt dabei.
Das mar immer daS Amt der Töchter
gewesen. Die jüngste hatte es von der
ältesten übernommen, Sie schnitt Brot
ab und dann sah ste, daß sie zuviel
Scheiben abgeschnitten hatte. Es blieb
überhaupt soviel übrig heute. Dem AI
ten schmeckte eS auch nicht. Ein paar
Mal wandte er stch nach der Seite wie
um etwas zu sagen, aber da saß niemand
und er sagte nichts. Einmal hustete er
und sah dann ganz erschrocken um, es
hallte so laut wieder in dem großen lee
ren Raume. Sie sprachen noch ein paar
Worte über die Gäste, das Hzchzeits
essen, aber bald verstummten ste wieder.
Die Alten werden schweigsam. Man
versteht sich ja auch ohne das und ge
wöhnt stch, die Kinder reden zu lassen.
Die Kinder sind ja doch die Hauptsache
nachher. Man sorgt für ste und freut
sich mit ihnen. So muß es sein. Nur
die Jugend gehört sich selbst, da ist die
Zeit deS großen Egoismus, der Leiden
schafte! Die Kinder kommen allmählich
und unmerklich ist das große Ich aufge
ganzen in lauter kleinen Ich's. Sie
gehen wie die Samenkörner, die der Wind
verstreut und der alte Stamm bleibt noch
ein paar kurze sonnige Herbsttage. Das
ist die Zeit de Ausruhens und Erin
nerns, Feierabendzeit.
Der alle Mann zündete stch seine
Pfeife an und setzte stch in seinen alten
Lehnstuhl vor dem Kamine. Nach einer
kleinen Weile kam sie auch und fetzte flch
neben ihn, Nun sind wir allein, Alter,'
sagte sie nachdenklich. Wie in den Flit
terwochen,' sügte er hinzu.
DaS ist lange her.'
Sechsunddreißig Jahre ! Vorigen
Dienstag war unser Hochzeitstag'
Es überraschte sie, daß er auch daran
gedacht halte, Ihr war es den ganzen
Tag im Kopfe herumgegangen. Aber sie
hatten gar nicht daoon gesprochen, nichts
gefeiert. Man war so tief in den Vor
bereitungen sür die Hochzeit gewesen und
sie dachte: Er denkt doch nicht daran.
Es ist ja nur natürlich,
36 Jahre 1" Sie seufzte und dann
schmiegen sie eine lange Zeit, Sie dachten
an alles, was gemein war n den 36
Jahren ihrer Ehe. Damals, in den
glitterwochen, hallen ste auch ost so ge
sessen hier vor dem Kamine, in dem
grozenstuhle dicht aneinander geschmiegt.
Die Lampe wurde nicht angesteckt. Man
suhlte stch la und es plaudert stch so viel
traulicher im Dunkeln, wenn man stch so
unendlich viel zu sagen hat Im
Zimmer dufteten Hyacinthen und Flit,
der, ganze Beete voll. Sie lieble die
Blumen und er liebte die weißen Kleider
an ihr, die weiten Spaziergänge in's
Grüne und ein Püllchen Sekt zu zweien,
damit man's doch merkte, daß man noch
tn den Flitterwochen mar. Hast du
mich lieb, HanS?' fragte ste dann oft
und nahm seinen Kopf zwischen ihre
Hände. Es mir eine dumme Frage und
er antwortete natürlich gerade so dumm,
irgend eine närrische, abgedroschene Be
theuerung, viel Worte und noch mehr
Küsse. Dem, dem's gilt, klingt'S doch
immer Mieder neu und reizend. Und
dann sprachen sie von der Liebe. DaS
maren alles Bekenntnisse und Geständ
nisse, wie ste der Mond alltäglich hundert.
mal in allen Sprachen flüstern hörte
uralte Definitionen, längst abgenutzt
Vergleiche, aber sie merktm es nicht, wie
abgeschmackt und lächerlich sie waren.
Sie hatten sehr hochfliegend Pläne
damals in den Flitterwochen. Er würde
natürlich Ercellenz, Minister, werden.
Er mar ja so klug und so fleißig. Allerlei
munderbare, weltbeglückende Thaten
würde er vollbringen und sie wollte seine
Helferin sein, seine Madame Roland!
sei Geniu! Prachtvolle Reisen
planten sie, in' Hochgebirge, über die
blaue See. Alle Schöne und Große
in der Welt, was Gottes-und Menschen
geift erschaffen, wollten ste miteinander
genießen. Er machte auch Verse damals,
natürlich nur an ste und gedruckt wurden
ne nicht. ES kam sehr viel von bleuen
Augen, Mondschein und Liebeökeligkeit
darin vor. Kein Verleger hatte sie an
genommen, aber ihr gesielen sie doch, Sie
sang sie sogar zum Klavier nach den
ältesten abgeleierten Mllodien. Was
schadete daS? De Abends lasen sie stch
Gedichte vor: Torqua! Tasso, Schiller
und Enoch Arden, nur nicht moderne,
Sie waren sehr idealistisch, sehr glücklich
und sehr verliebt damals in den glitter
machen. DaS Kind wurde geboren. Run saß
ma zu dreien vor dem Kamine und das
war ei Lachen, ein Schäkern und Pläne
schmieden ohne Ende! Man svrach
nichts mehr über die Liebe, nur noch von
dem Jangen, waZ er alles schon kannte j
und was er r,?ch werbt". nCßrt. alür,
Ich etwa ganz großes, außerordeni,
liche!
Vorläufig schrie der Junge, wollte
genährt, gebadet, gebettet werden. Da
blieb wenig Zeit zum Singen und Spa
zierengchen. Er hörte auf, Verse zu
mache und orzulese, weil er zu rnüte
war, wenn er vom Büreau heimkam
oder die Zeitungen vornahm, Bier
andere Kinder wurden geboren ein?
nach dem anderen. Da hieß eS zufam
menrücken, sich einrichten mit dem knap,
pen Gehalt. Im Salon trocknete Kin
derwäsche, ao die Blumen gestanden hat
ten. AuS dem allen weißen Kleide wur
den drei neue Kleidchen gemacht; wenn st
an den Sekt dachten, den ste in den Flit
terwochen gctrunken, schämten sie stch fast
ihres Leichtsinnes. Von der Zukunft
wurde nie mehr gisprochen, jede,r Tag
brachte seine Sorgen. Sorgen im Dienst,
Sorgen um die Kinder, Sorgen um das
sauer gewordene Gelee und die unbezahlte
Stieselrcchnung, Die Hausfrau mußte
oft nicht, wo ihr der Kopf stand; fein
Rücken wurde krumm über den Akten,
um seinen Scheitel lich'eie eS stch bedenk,
lich: Wenn ich nur die Penston für d'e
längste Dienstzeit und den Rothen Adler
Orden erreiche', sagte cr oft. Weiler
ging sein Ehrgeiz nicht mchr.
Die Kinder kamn in die Schule, nun
sorgte man flch um die Zeugnisse, das
Eramen. Der Typhus brach in der
Stadt au und raffte in 3 Tagen die
Aelteste dahin, ein blühend liebenSmür
digeS Geschöpf von 17 Jahren. Die
Mutter mar nicht mehr dieselbe, seitdem
immer thätig, immer hülfSbereit und
gütig, aber die Sonne war au ihren
Augen gewichen. Sie wurde schnell alt.
Der Aelteste kam auf die Universität,
der ist jetzt schon wohlbestallter Amts,
richter, hat eiue Frau und Kinder. Der
Zweite wurde Soldat. Das war ihr
Liebling, ihr Stolz, Er that nicht gu',
und mußte diüben in Amerika sich eine
neue Eristenz schaffen. Es war ihm
gelungen, Gol sei Dank! Aber im
Mutlerherzen saß eine neue liefe Wunde
und des Vaters Haar war weiß gewor
den in den Jahren, Die Lore heirathete
ihren Pfarrer, dem ste in 7 Jahren still
und geduldig die Treue gehalten. Sie
wohnten weit an der Ostgrenze, die Reise
mar theuer und beschwerlich. Heute
hatte der Doktor sich auch das Jüngste,
das Tinchen weggeholt in's selbstge,
schaffene Heim, vier Zimmer in der
dritten Etaze im billigen Norden von
Berlin.
Sie waren wieder ganz allein, zu
zweien allein, wie damals in den Flitter
machen. Hast Du mich lieb, Hans?" fragte
sie plötzlich. Sie wußte selbst nicht, wie
ihr die alte, thörichte Frage auf die Lip
pen kam. Es mar ihr, als sei es alles
ein Traum gewesen, die ganzen 36 Jahre,
die dazwischen lagen, nun war ste er
macht und just mußte das ihr erstes Wort
sein.
L'ebes Weib, trautes, liebe? Herz!'
sagte er ganz wie damals. Und dann
kugle der alte Mann die alte Frau und
ste sprachen wieder von der Liebe. Ihre
Augen standen voll Wasser, mährend ste
sprachen, aber ste lächelten. Die Thm
nen aalten all dem Unerfüllten, Ver
kümmerten und Gestorbenen, das Lächeln
der alten, sonnigen Liebe, die alle Noth
und aller Kleinkram des Alltagslebens
nicht lödlet.
aber nicht mit dem Aufstehen, Al nun
die Zeit der Toaste gekommen war, er
hob stch der Fürst, hielt eine kleine Rede
zum Lobe der Stadt und schloß mit den
Worten: ,E lebe die Stadt Basel und
ihr Einwohner!" Nun steckte man es
dem Bürgermeister, er solle auch aus,
stehen und dem Fürsten danken. Da er
hob er stch endlich und stammelte: ES
lebet au der Fürst zu Hohelo und sine
Inwohner 1 1 I'
uS dem Bsgellehe.
Einen interessanten Vorgang au dem
Vogelleden zu beobachten hatte ein Lehrer
aus dem Lande in der Rahe von Königs,
berg neulich Gelegenheit. Zu wieder
holten Malen hatte er bemerkt, daß die im
Garten in sechs Kästen nistenden Staate
dem Gcfang in der Schule die größte
Aufmerksamkeit zuwendeten und schüch
lern aus einem nahe den Fenster befind,
lichen Apselbaum Platz nahmen, doch
durch das unvermeidliche Geraufch er-
schreckt, sich wieder zurückzogen. Am
gesuchten Tage mar er mit der Einpcä
gung einer Melodie für sich allein be
fchäfligt und strich die Geige. Durch
die Töne angelockt, stellten sich wieder
einige Staare auf dem Baume ein, horten
aufmerksam zu, streckten die Köpfchen lang
hervor und suchten bis zum Fensterbrett
u dringen. Nicht lange dauerte es, da
versuchten einige mitzupseifen und die
Melodie stch einzuprägen. Ei alter
Staar flog dagegen nach einer entfernien
Ecke des GattenS, wo eine Anzahl der
Junzen der Atzung wartete. Von Baum
zu Baum folgend, kamen sie auch zudem
Apfelbaum, hörten aufmerksam zu und
zirpten mit. Die Melodie konnte ste
zwar nicht erfassen, doch war e äugen
scheinlich, daß ste stch alle Mühe gaben,
die ihnen behagenden Töne flch einzu,
prägen. Versuche am anderen Tag
hatten in ähnliches Resultat, bi dann
die sangeluftigen Vögel wohl zum
Ztvecke der Lussuchung ausgiebiger Nah
rungSplätze fortflogen und vorläufig
nicht mehr wiedergekehrt find. Ei ihn
licher Vorgang ist vor einigen Jahren
auch von einer anderen Lehrer beobachtet
morden.
Tik Rede t Bürger etstexi.
In Baiel so erzählte Wolfgang
Menzel in seinen Denkwürdigkeiten'
Leipiig 1377) lebte einst ein alter
unverheiratheter Fürst von Hohenloh als
xensisnirler preußischer General. Dieser
schenkte einmal bei einer Theuerung im
Winter ben Armen Holz, ivlan machte
nu ben Bürgermeister daraus aukmerk
sam, e werde sich schicken, daß ma auch
von Seite der Stal dem Fürsten irgend
eine Aufmerksamkeit erweise. Ein gest
esse stand bkvor und e wurde auSge
macht, taß der Fürst dazu sollt ,
geladen werden ud daß der Bürger
meist einen Trinkspruch auf ihn auS
bringen foll,e. Tsj Effen wurde abge
halten, der Szermeister übereilte ,:ch
Gesängen elekrte.
' SokrateS, Cervantes, Bunuan. Defoe,
Looelace, Tasso, Berangcr, Raleighu.A.
verfaßten ihre besten Arbeiten, aährcnb
ste der Freiheit beraubt waren. Bei
Leuten, die mit gutem Gewissen eine
Haftstrafe verbüßten, macht sich hier
offenbar die wohllhalige Wirkung des
völligen lliigestörlfein geltend.
Angenehme l7erspective,
,,, Können Sie aber auch meiner
Tochter eine Eristenz bieten?'
O, für meine geliebte Laura werde
ich, wenn es fein muß, mit Freuden b e t
teln gehen!'
lie gute alte Zeit,
Sie: O, wie schwül heute! Und kein
Regen in AuSstcht!'
Er: Ja, ja! Das mar zur Zeit, als
noch die weißen Hosen modern
waren, viel besser! Da brauchte man mit
einem solchen Kleidungsstück nur einen
kleinen Ausflug zu machen und der
Regen mar da!'
Der Iveislieitszahn,
Meister: Ich muß in V Stadt und
mir den Weisheitszahn auSreißen lassen!'
Lehrling: Dös leid i' net! , , , Du bist
so schon dumm g'nug ! I' hab' Di' mit
dem WeisheitSzahu 'sunga, und der
muaß bleib'!'
Zuvzrkommend,
Aber Karl, bist Du schüchtern bei
Deiner Olga!'
Oh, was sällt Dir ein! Gestern hat
ste mir schon gestanden, daß ich sie
liebe!"
Ein böser dornrnis.
'Prinzipal: Warum schreiben Sie
denn heute unter die Briefe nur e r g e
dener' statt hochachtungSvollst"? ES
scheint, wenn Sie nicht gut aufgelegt
stnd, dann wollen Sie Ihre Zorn an
der Kundschaft auslaffen!"
Lin Unß für Alle.
, , , Sie sind mir übrigens noch einen
Kuß schuldig, Fräulein Erna!'
Herr Baron, den hab' ich Ihnen ja
schon im Theater zugeworfen!'
Von der Bühne aus? Ach geh'
Sie, das mar ja ein Omni busserl!"
Schneller Wechsel,
Ihr Sohn hat wohl rasch Carriere
gemacht?'
DaS mill ich meinen! Vor drei Jah
ren trug er noch meine abgelegten Klei
der, und heute sehen Sie mich schon tn
den seinigen!'
verfängliche jwac.
Es gibt tausend Wege, um reich
zu werden, aber nur einen anstän
d i g e n!"
Und der wäre?"
Sehen Sie, ich mußte ja, daß Sie
ihn nicht kennen!'
Rliize Vorsicht.
Sie dürfen nicht aus den Knieen vor
mir liegen!'
Und marum nicht?"
Mein Bruder könnte in'S Zimaiir
kommen!'
,WaS märe dabei? Er soll e mif.
sen."
Ja, aber menn er es meiß, pumpt er
sie an, und ich habe schon zmei Verehrer
dadurch verloren!'
Schlechtes Beispiel.
Mutter (die über Gesellschafte, Thea
ler und Romanlesen ihre Kinder arg
oernachlässigtj: ..Was, Leh
rerin oder Gouvernante millft
Du merden? Dazu kannst Du viel
zu m e n i g!'
Tochter: Am liebste möchte ich aller
ding einen Platz, mo ich nicht zu thu
Halle, als z. B. Mutterstelle zu ver
treten!'
Erkannt.
Nun, Herr Lieutenant, mo werde
Sie dieses Jahr Ihren Urlaub verbrin
gen?' , 'mal Seebad gehen!'
Aha, Herr Lieutenant wollen mohl
ein Bischen S e e 1 8 w t spielen !
Bedenkliche Ermunterung,
Ein junger Wann besuch! einen be
kannten Kritiker und gesteht ihm errö
thend, daß er heimlich dichte.
Gleichieilig überreicht er demselben ei
Heft voll von Versen mit der Bitte, ihm
rundmeg zu sagen, ob er weiter dich
I e n solle oder nicht.
Einige Tage später erhält er sein Heft
zurück mit dem Vermerk: Dichte
Sie nur getrost meiter, aber
heimlich!'
vergeb!: 5 peattation.
Der Doctor Schncidl hat ein Auge
auf die Tochter des Bankier Goldreich ge
morsen und diesem, um ihn sür sich zu ge
virinen, nach viermöchentlicher Bchand
lung eine spottbillige Rote ge
mht. Al er daraus um die Hand dr
chö,in Jolexhine arihält, sagt der Ban
kier: Ihnen, Herr Doctor, kann ich
min !cch:er leider nicht g:bcn!'
.Wiifv?' Kt-t der Ärzt.
Ei, Sie virltbci tj ji richt einira!.
ordentliche Rechnungen tu ma
chen!'