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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Aug. 3, 1893)
Der Kolporteur. Eizühwiig t;;ä tem veben von F. v Snch iMItMl'.lfl. Frau (forolint Albrechts war nun fast seit einem Jahre Wittwe, Sie Halle in einer ftiedlichen. wenn auefc fatl gleich ailtioen (fbe oeleb! der Schmerz um hm tfiabinnefdMihenen war daher bald überwunden. Naillrlich, vereinsam, fühlte sie sich sehr, denn ihr Mann war eine gnle, treue Haut rvelen, der es ihr nie vergessen hatte, daß er ja eigentlich nur ihr sein gutgehendes Geschäft zu er danken hatte. Sie war Köchin in einem vornehmen Hause gewesen, hatte sich ein hübsche Sümmchen erspart, war aber fast 30 Jahr, alt geworden, ehe sich etwa Pas sende für sie hatte finden wollen. Endlich kam er, der ihr der Rechte IckikN, Ein Kolporteur, der regelmäßig alle vierzehn Tage an die Hinterthür stöpsle, um ihr die beiden Familienblättcr zu dringen, aus die sie nun jahrelang abon nirt war. Ein schlichter, ordentlicher Mann, der nie ein Wort zu viel sprach, immer eilig war der seine Mappe auch freizuhalten wußte von gewissen häßlichen Sachen ein Mann in ihrem Alter, in seinem ganzen Wesen das, was ein soll, bei Mädchen, wie sie war, nur wünschen konnte. Sie hatte ein und da andere Mal ihm zu verstehen gegeben, daß er ihr ohlgeselle, und endlich sing er an, zu begreifen, daß er da eine sür seine Lage höchst vorlheilhaste Eroberung gemacht hatte. Ein halbe Jahr spater verließ sie ihren Dienfl, um grau Albrechts zu erden. Niemals In den zehn Jahren ihrer Ehe hatte sie Grund gehabt, diesen Schritt zu bedauern. Mit ihrem kleinen Kapital begründete er ein Geschäft, da unter seiner fleißigen und geschickten Führung sehr bald reichlich eintrug, was die beiden Leutchen brauchten. Er be, zog die gangbareren Wochenschriften in größeren Posten und gab sie an andere Kolporteure wieder ab. Sie blieben kinderlos, und dcS Ge schäft wuchs zusehends. Er konnte in immer größeren Parlhien von den er fchiedenen Verlegern beziehen, konnte auch von Zeit zu Zeit Neues anschaffen; fein Kundenkreis erweiterte sich immer mehr, und in verhältnißmößig kurzer Zeit waren sie zu bescheidenem Wohl stand gelangt. Da traten bei Karl Albrechts Spuren eine Brustleidin auf. Einige Wochen kränkelte er, mußte zu seinem größten Leidwesen aus dem Geschäft wegbleiben und trotz aller Pflege und ärztlicher Kunst ging es schnell mit ihm zu Ende. Frau Karoline hatte ihn aufrichtig betrauert. Nicht mit jenen elementaren AuSbrüche, deren leidenschastliche Na wren fähig sind, aber mit ehrlichem Schmerz. Er war ein gule: Mann ge wesen, der allerdings nur für feinen Zeitfchriftenvertteib den rechten Sinn hatte. Noch in den letzten Tagen sprach er von nichts Anderim, gab er ihr aller lei Weisungen, machte sie mit seiner Kundschaft rtrau:. 2EU viel u an Diesem borgen dürfe, auf atn man ein wenig Rücksicht nehmen müsse oder wie man Jenen zu behandeln habe des war sein Vermächt,:ß gcrcren. Nun aber war fast ein Zahr darüber hingegangen und Frau A!brech!s fing an, sich recht einsam zu fühlen. Dazu kam auch, daß sie von dem Geschäft nicht viel erstand und vollkommen aus fremde Leute angewiesen war. Sie war noch eine wohlerhaliene, gattliche grau der Gedanke, sich noch einmal zu ver heiralhcn, lag am Ende gar nicht so sehr ferne. Aber diesmal war'S schwerer als da, malS, Frau Karoline war eben doch nur eine unwissende Frau. So lange sie Köchin gewesen, konnte eS ein Maun von gleichem Herkommen, von ähnlicher Lebensstellung rech: gut wagen, um sie zu erben, Jetzt aber, wo sie ein gut gehendes, in den Fachkreisen wohlbe tannteS Geschäft kcsaß und ihr Schäfchen, im Trockenen hatte, jetzt würde eS Nie mand ei ihrem ursprünglichen Kreise agrn. Und sie hatte doch eine hohe Achtung vor der Bildung. Wenn sie sich dachte, daß sie ihren zweiten Mann vielleicht nicht verstehen, daß er sich ihrer schämen sollie, darin zog sie eS vor, lieber allein zu bleiben. Sie ließ deshalb auch Herrn Mctzner, ihren Buchhalter und Gekchästssührer, der ihr allmählich den Hof zu machen begann, bei der nächiien Gelegenheit ganz gründlich abfallen. Da war kein Man für die ehemalige Köchin, der ge, schniegelte Herr mit dem Kneifer und mit den wohlgexflegten langen Finger näseln! &iel besser a!S dieser etwas nutzer, hafte, wenn auch aus seinem Posten brauchbare KomrntS, gefiel ihr einer der Kunden de Geschäfts, ein grober, itmos blaff Mann, der regelmäßig ieden Montag früh zu rcr.cn pflegte,' um feine Marpe zu füllen. Schon der vcrcrbere Tllbrech: hatte ihr von diesem Manne cesEeehtri; er enixsahl ihn, sozusagen ihrer ganz beson deren Aufmerksamkeit. .c isi dir Anftändigsie von allen meinen Kunden, fcr Fernbach," versichere der Kianke, ?r braucht ja nicht so viel wie marcher Andere, aber eS ist eine Freude, mit wtl cher Ordnung der seinen kleinen Handel oerreivi. iv.i einem in lein ,aa bn geführte, Taschenbuch übersieh! er ganz genau, wie viei Heste von dem, und wie viel von jenem er benkthigt. N'k ird er, wie dies manch Einer thut, ir.rn umxrnZnstig großen Posien an Probe beste erlangen, oleichlam, a! wollte ei tie Welt einreißen! Nein, er schieb! zurück, was ich chm etwa zu reichlich hmtege. Und ehrlich ist er, grundehrlich! , Wenn er so manchesmal kam, da der Laden gerade voll war, so ließ ich ihn einfach seinen Bedarf selbst abzählen er yaile auoz niqi ein BlSltchen genom men, nicht in Plakat, daS ihm nicht zu- stand. Was mir aber am meisten an ,hm gesallt, ist, daß er sein Geschäft mit riebe betreib!. Karoline hatte ja wenig Sinn und Verständniß für da Geschäst, aber so viel leuchtete ihr doch schon bei Lebzeiten Ihres Mannes ein, da solche Leute, wie dieser gerniach, dem Buchhandel wirklich nutzen. Und seitdem ihr Mann todt war, hatt, ste dessen Ansichten über Fern, bach vielfach selbst bestätigt gesunden. Sie war ja jetzt häusig im Laden, saß an der Kasse, sah auch sonst, soweit ste 8 verstand, nach dem Rechten. Da halte denn auch ihr der Kolporteur Fernbach am allerbesten gefallen von Allen, die zu ihr kamen. Wie nett und ordentlich er immer au sah I Bi auf da blankgeputzte Mes stngschloß an seiner Mappe war Alles sauber und gefällig an ihm. Er selbst aber, er kam ihr sorgenvoll und traurig vor. Gelegentlich einmal, als er eben seine Bestellung gemacht hatte und dann einen Theil der vom Lager hervorgeholten Hefte mit der Bitte zurückschob, man möchte ihm diese unter Nachnahme deS Betrages irgendwohin nachsenden, offen bar, weil sein Geld nicht hinreichte, hatte ste selbst die noch nicht bezahlte Waare genommen und ste ihm in die Mappe schieben wollen. Er könne ja bezahlen, wenn er wiederkäme. Aber davon wollte er nichts wissen. .Borgen macht Sorgen, Frau Al brecht," sagte er, glauben Sie mir, ich weiß ein Lied davon zu singen I" Und er nahm nicht mehr mit, als er im Augenblick zu bezahlen vermochte. Ja. dieser schlichte, ehrliche, fleißige Mann mit seinen treuen blauen Augen, mit dem stattlichen, ollen Barte, er wäre so ganz nach ihrem Herzen gerne sen; mit ihm hätte sie's ganz gern von Neuem ersucht. Er wurde ihr auch die Geschästsleitung abnehmen können und trotzdem noch immer einen guten Tausch machen, denn jetzt schien er sich schwer zu plagen. Er hatte da Adiatzgebie! seiner yoiir nale lediglich außerhalb der Stadt; Montag früh wanderte er, reichlich be- laden, hinan und am isonnadend Avenv kehrte er wieder heim, um dann während des Sonntags zu rasten. Neuerdmgs pflegte er schon immer am Abend seiner Rückkehr in die Stadt sei nen Einkauf für die kommende Woche zu besorgen; er konnte dann am Montag gleich in aller Frühe aufbrechen. Bei solch' einem Anlaß nahm Frau Karoline einmal da Wort, während man au dem Magazin holte, was er brauchte, ,E ist doch wohl ein schweres Brod, Herr Fnnbach nicht?' .Freilich schwer! Aber man hat doch sein Auskommen!" .Also flnb Wie zufrieden i" .Nun, ich könnt'S am Ende auch noch aushalten, menn's besser wäre! Habe immer sv meine sünfzig, sechzig Psnd aus dem Buckel und bin nun a.,ch ball Vierzig!" Gerate so a.t wie ich," atfii: es Zrau Karolinen fast freudig. Er blick! verwundert aus, 2a ie, Frau Albrecht," meinte er. Sie konnten nch ganz anrcrs pstigen, ro,e Unsereiner! Sie sehen au?, als cd Sie zehn Jahre jünger wären, als ick ! Wollte er idr nur ffirnetcr;;!) ,.e;:i. er hatte sich sicherlich gar r.t;'.i g:dcht bei dieser Reder.t! Er war !chcn wieder bei seinem Einkauf um inch!e in der großen Mappe P!cH srn die ner Heste. Datei halte er ein paar ?lei:;t Päckchen herausgenommen 'Jii c-rs den Tisch gelegt. Wa baden it dnn ca setrstte- sragle sie, um das Gespräch !$ spinnen. Das ta", erklärte er, ,:n der Kutter, den ich von meinem Kaffee jcaie ich trinke ihn nicht süß. Hier habe icb sehr schönen Kranzkuchen, den wir die Bäcker, srau in Hirmödors immer milaiebt darf ich Ihnen davon anbieten? Und hier", schloß er, als grau karoline mit freundlichem Tank ablehnte, .habe ich etwas eingehandelt, eiu Restchen Zeug zu Hc'en tür die Ktndtr!" Frau Aibrech! fühlte,. ie sie plötz lich die Farbe wechselte, ßs war ihr Bit ein stich durch S Herz gegangen. Er hatte Kinder war verheiratet! Natürlich, da hüte sie sich wohl auch selber lagen müssen! Wie sollte solch' ein netter Mann nicht längst eine gute Frau gefunden heb in! Sie ver atuckte Den riemen eutzer und rief theilnehmend: .Ach, ste hoben Kinder! Wie ich Sie darum beneide!" ,J nun ja", meinte er unbefangen, Kinder haben ist ja ganz schön, beson- der, wenn man'! ihnen an nicht zu fehlen lassen braucht. Aber e gilt ein Stück Arbeit. Sie glauben gar nicht, was zwei solch' kleine Teufel zerreißen können! Und wa da fern1 noch Alle dazu gehört! Besonder, wenn sie so wild und unbändig sind wie meine ich bin ;a die ganze Woche nicht zu Hause ! Sonntags s'eilich, da sihen sie noch erträglich aus. In der Wxche aber, da meine ich, würden Sie aurch keine besondere Freude haben an den beiden kleinen Schmutzteuielchen! Denn Sie wien ja die Kinder haben nun schon seit Jahr und Tag kirne il-iiin mehr!" Frau Karoline schrie oc- u-xcffe-rd lau! dazwischen: .Keine Mutter!?" Und da bin ich mancheßm.'! 'rch, das, ' ich iie nur Sonntags sehe!" , , , s .Tieken Mann Heirathe ich", dcchle Frau Allrech!, a! gcrnb:ch crgan, ! gen war, .der braucht eine jrau gerade ! s nöthig, wie ich einen Mann!" I Friedrich Fernbach stand, die schwere Mappe umgehängt, den Hut aus dem Kopse und einen sesten Stock in dir Hand, in der Thür seiner Wohnung Es war Montag früh, und der Kolpor teur pflegte sonst um diese Zeit schon fort zu sein. Heute hatte er auffällig ge zögert, so daß die Schwägerin, die ihm die Wirthschast sührte, fragte: .Fehlt ihnen noch irgend etwas, Schwager? Haben Sie auch Ihre dichten Handschuhe und die warmen Strümxte! Gewiß, er hatte Alle I Da brauchte er gar nicht nachzusehen. Dasür hatte Christine sicher gesorgt. Aber er hatte ihr etwa zu sagen und wußte nicht recht, wie anzulangen. Schließlich aber mußte e ja doch geschehen, und nun zwischen Thür und Anael rief er der ihn hinan, begleitenden Christine zu: Jetzt weiß ich, was ich noch wollte, Schwägerin! Ich wollte Ihnen sagen, daß in diesen Tagen vielleicht Jemand zu uns kommt eine Frau Albrecht nämlich. Die ist immer so nett, fragt immer nach den Kindern l Und sie will einmal nach ihnen sehen ! Aus wiedersehen Schwägerin, " schloß er, sichtlich erleichtert. Und hal tcn Sie mir die Jungen stramm! Lassen Sie sich nichts von ihnen gefallen hören Sie!" Fort war er, die paar Stufen hinab, die aus der im Hofe gelegenen, kleinen, ebenerdigen Wohnung in Freie führten. Man hörte in dieser frühen Morgen stunde feinen festen Tritt auf dem ge- pflasterten Hofraum erhallen. Drinnen aber. In der atddunrten, winzigen Küche, lehnte Christine, die Hand aus's Herz drückend, gcqen den Thürpfosten. Minutenlang stand sie so da, bi aus einem der beiden tübchen eine Kinderstimme ste zur Besinnung brachte. .Tante Tine au lehn!" ruf es da drinnen. Jawohl, Tanle Christine kam schon, dem kleinen, vierjährigen Fritz die trümpfchen anzuziehen und die Schlitz hosen zuzuknöpfen Tante Tine ließ nie auf sich warten. AIs Friedrich Mrnbach vorgestern Abend seine Hefte Holle - feine Kon tinuationen", wie es in der Buchhändler spräche heißt hatte Frau Karoline nsch eifriger, IS nun schon zu wiederholten Malen, sich nach seinen Kindern erkun digt. Und deutlicher, als je, klang dies mal eine warme Antheilnahrne aus ihren Fragen. Er hätte blind sein müssen, wollte er nicht degreisen, dcfc diele noq in den sogenannten .besien Jahren" stehende Wittwe sich ganz gewiß nicht nur für feine Kinder, sondern noch l,b haiter für deren Vater intercssirte. !1!un, ledn war ein ganz vernuns- tiger Mann, er hatte sich Wnd um die Nase wehen lasien. Und er sagte sich : Du wärest ein Äiarr und ein chtechler Vaier dazu, wenn Du hier den Spröden spieltest I Zwar die Erinnerung an seine grau war noch immer ledendig In ihm sie hatten einander näher gestanden, als man es bei so vielen Ehen zu finden r'ttodm ist. Mit Oserm,iii hatte der brave Wsnn sür das Leben seiner seit der Ge tuT) des Jüngsten kränkelnden Frau ge; kZmxst. Er begnügte sich nicht damit, zen ZZnua, zu polen, de en une. leistunge ihn wenig sd nicht gekoste! HZüen, sor,dn er rief eine medizinische Kri.aiiiät an da ,akIen Wil re!,inu,, deren jüpgere Schwester rigwe ih in der Pflege gerne zur s-u;e stanc. Dabei Iit! eigentlich er persönlich am r.f:fitn. A::s seinen Schultern ruhlc Lasi für den großen Mehrverbrauch, lUv da focht ihn nicht an. Ei lichtete seine Tom immer so in, daß er aKilt w?chs noch einmal nach seiner Frau sehen konnte; dalur batle er es mit eir,cm kleinen Nebenerwerb versucht, um doch noch eiwas zu verdienen. Er' nahm Schreibmaterialien mit hinaus aus die Dörfer er plagte sich ganz fürchterlich, Schließlich mußte er doch Schulden machen Schulden, an deren Tilgung er heule noch zu tragen hatte. Nach fast zweijähriger Krankheit Halle die Arme ausgelitten, i&chcn vierunl zwaimq stunden zuvor an einem Dienstag war rt hatte der Ar?t sicher gemeint, es cehi heute zu Ende. Aber Frau Wilhelmine wollte noch einen Mitt woch erleben wollte ihren F'.kdiich noch einmal sehen. Trotzdem Niemand ibn darüber in Lweiiel gelassen hatte, daß dieser AuS, gang unausbleiblich sei, stand Friedrich vor der vollendeten Thatsache wie betäubt, ES war ihm, a!S märe e unir,?g ich nun so allein weiter zu leben. AIS er am Tage nach der Beerdigung noch immer in dumpfer, brütender Per zweiflung dasaß, illig unzugänglich sür Alles, wa um ihn her vorging, da war e Christine gewesen, die ihm damal den noch nicht zweijährigen Fritz aus den Schooß gesetzt hatte. Kein Wort sprach Je dazu, als wollte sie sich eine Augen blicke des ttinde entledigen. Und Fritz, anfa-g? geänqsiizt von dem starren, sin steren Llick de Katers, hatte bald ge me:?t, daß er selbst unter diesem flicke nichts zu fürchten habe, und hatte mit sc'nem kindlichem Gex'.auder den Later wieder asgerüüel!. Der strich mit sei ner großen, breiten Hand lei'e über ist kleine Lockenkkpschen hin, dann nahm er Fritzchen hoch und sah sich nach dem älteren Söhnchen, nach Radolph um. Gewiß, er hatte noch eine LebenSauigabc, jetzt mehr als je, und er fchmcr im SliI, len den Kleinen, ihnen u halten, was er ihrer Mutter eirZ gelobt: Liebe und Tree li ar.'j Ende! In freilich, d'e ihm d:S Kind im rechten Augenblicke ;ugefübrt. übersah er damals, vie er sie vorher kaum ge, wahr geworden wie ei sie heute über-sah. Aber auch daS war am Ende nur na lürlich. Während Wilhelmine eine blühend hübsche, lcbhaste, anscheinend uuveiwüstiich gesunde Frau gewesen, war ihre jüngere Smester bleich und un scheinbar, von schweigsamen, veiZngstetem Wesen, dazu hager und immer in ein eintönige Grau gekleidet. Wer hätte sie nicht übersehen sollen? So lange Wilhelmine ihrer nicht be durste, war Christine nähen gegangen sechs Tage in der Woche, ost auch noch sür den siebenten sich Arbeit mitnehmend in die öde kleine Kammer, die eben nur für ein Bett Raum hatte und für die Nähmaschine. Jahr um Jahr Halle sie so kümmerlich ihr Brod verdient. Nur in einem einzigen Hause, in da sie kam, ließ man sie mit am Familientische essen; in allen übrigen schickte man ihr das Essen dahin, wo sie eben arbeitete oder in die Küche. Ja, es gab Leute, bei denen ein billigere, weil ausgiebigere Mittag essen als sonst auf den Tisch kam, wenn die Schneiderin im Hause war. Für sie war e natürlich eine Vcr besserung ihrer Lage, als sie nicht mehr von Hau zu Haus zu wandern nöthig hatte, immer ihren kleinen Notizkalender befragend : unter welchen fremden Tisch werdeich morgen meine Füße stecken? Da sich nun bald die Führung de kleinen Hauswesens ganz in iben Hän den befand, so halle das Unglück, das ihren Schwager belraf, ihrem Leben erst eigentlich Werth und Inhalt gegeben. Sie hing mit allen ga an ihres warrn. herzigen Empfindens an dieser Aufgabe sie liebte die Last, die sich da auf ihre schwachen Schultern gesenkt halte, sie war glücklich ! Und nun das über ah sie mit einem Blick nun drohte eine Dritte, ste au diesem stillen Frieden hinauszuweisen I ie wunle, wer grau Albrechts war ; der Schwager hatte gelegentlich von ihr gesprochen, al er selber noch nicht ahnte, daß ihm diese Frau einst näher treten könnte. enn sie noch gezmeiselt hätte die verlegene, zögernde Art, wie Friedrich ihr den Besuch angeknndlgt, mußte ste vollends aufklären. Und sie begann leise in sich hinein zu schluchzen. Der kleine Fritz war noch einmal ie der eingeschlafen. Christine konnte ruhig weinen. Da in dem Nähkörbchen vor ihr lag auf dem Grunde, unter allerhand Flicken, der alte Notizkalender. Sie zog ibn heran und begann darin zu blättern. Während jetzt die großen Thränen auf das Büchlein niederkollerten, fragte sie sich : wird man mich da oder dort noch wieder nehmen, wenn wenn, . . . Aber letzt wurde es wirklich laut in dem Stübchen. Rudolph war erwacht, kletterte fröhlich aus feinem Bettchen und hüpfte direkt feiner Tante auf den Schooß. Ja dagegen kam keine Traurigkeit auf ! Unter Thränen lächelte sie den rosigen Kleinen an und küßte ihn zum korgengruß. .Sollst Du denn artuß durch die Stube laufen, Du Schelm?" versuchte sie zu schelten, ist das nicht recht un artig!" 'Du warst auch unartig," erwiderte Rusolxh schlagfertig, Du hast giweint, und wer weint, i unartig ! Sie machte den kleinen Kerl fertig. ?as Waschen, Kämmen, Anziehen ÄlleS ging ihr leicht und schnell von der H:ind. Wie hing sie aber auch an diesen zaulloscn kleinen Pflichten. Wie stolz war ste aber auch, mit din wenigen G:vchen, die dasür da waren, die Kirn der sauber ur,d nidlich zu kleiden. Heute arbeitete sie mit verdcxpclter Emsigkeit. Sie mußte diese zehn Dutzend Handtücher, die sie zu säumen und mit Henkeln zu versehen hatte, ser tig machen, denn die zwei Mark, welche sie dasür erhalte würde, hatten nun eine wichtige Bestimmung, Wenn Frau Albrechts kam, so durste sie nicht allzu seh: erschrecken über die Armuth im Hause ihre ihres ZufcmftigeYl Vor Allem die Kinder mußten hübsch herausgeputzt werden. Und dazu würden die zwei Mark kaum hinreichen. Die Handtücher waren abgelieserl. Zwar, Christine war erst am Dienstag Abend ganz spät damit zu Ende gekom men ; aber da Vorstadlaeschäst, sür das sie arbeitete, blieb bis zehn Uhr geöffnet, Mann konnte, wenn die Kleinen fest schliesen, abliefern gehen und seine Ein käuse machen. Mit fünf, sechs kleinen Packetchen be laden, kam Christine um eis Uhr heim. Da halte st? ei Eckchen blauen Manche, ftersarnmet erhandelt, dort ein Dutzend gelber Knöpschen, ein Stückchen Futter leinwand, Zwirn und Garn und vier aus Mesflng gestanzle Anker, die cussaben, als wären sie von purem Gold, Den Groschen, den sie sonst immer sür Bre, zeln aufwendete, wenn sie vom Abliefern kam. halle sie heute nicht übrig behalten. Aber die Kleinen schliefen so süß und ruhig in ihrem gemeinsame Bette, daß sie höch'ien im Traume an Brezeln dach len. Chrikjine legte die Strohdecke unter die Nähmaschine, um da Geräusch zu dampfn, und begann zu schneiden. AIs am nächsten Tcze gegen Mittag Zrau Albrecht wirklich kam, wollte sie ihren Augen nicht trauen, so hübsch und sauber sahen die beiden kleinen Burschen aus in ihren Mat:oseniäckchen mit den goldenen Ankern auf ihren blauen Sam me! kragen. Christine war ich! lange uvor fertig geworden; sie hatte eS eigentlich nur er suchSmeise gewagt, den Kindern auf Gerat hewoh! de guten Kleider anzu liehen; vielleicht ach, weil sich ihre Künsilrreitelki.t an dem fertigen Werk erfreuen wollte. Glücklicherweise ver- j ging kaum eine halbe Stunde nur j Fntz hatte w,,, wischen einmal abgebürstet werden müsien dawar Frau Albrecht da. i Ganz sprachlos schaute sie aus die Kleinen, denen sie eine Düte mit Bo,i' bonk und t Bilderbuch mitgebrach! Halle. So also sahen die Schmutzteusel" i der Woche aui? Und so manierlich gaben sie ein Händchen und lieserten die Düte freiwillig dir Tante ab, damit diese Jedem von ihnen von dem süßen Inhalt gäbe! Da waren ja wahre Engel !" Und diese Tanle von ihr hatte Frau AlbrechlS gar nicht gewußt ! Sie hatte nur aus Friedrich gerndach' Mit theilungen entnommen, daß eine arme Verwandte das bischen Wirthschaft" besorge. Nun aber fand sie eine irkliche Tante vor, ein zarte Frauchen so schien es da lieblich errölhete, als Frau Albrecht ihrem Erstaunen über die guten Manie ren, die sorgsame Kleidung der Kinder Worte lieh. Das war ja noch eine junge Person, gewiß nicht über achtundzwanzig, und wie hinge die Kinder an ihr Rudolph war ganz böse, daß Tante nicht auch von den Bonbons nehmen wollte. Kurz, da war ganz anders, als eS flch die heirathSIustigc Wittwe vorgestellt hatte. ES scheint ja Herrn Fernbach bester zu gehe, wie ich glaubte," sagte ste, und es klang sast, al ob sie das be, dauerte, Christine lächelte sanft : Ihm selber gewiß nicht, Frau Albrechts, er muß stch furchtbar plagen und hat noch immer Schulden abzutragen, die er während der Krankheit meiner armen Schwester ge macht hat. Aber die Kinder lasse ich' nicht merken, daß wir so arm sind. Ukbrt gens, das ist ihr Sonntagsstaat, Frau Albrechts! Ich bin eben damit fertig ge worden und hatte ihnen die Sachen nur anprobirt." Ja, machen Sie denn das selbst, liebe Frau," fragte der Besuch erstaunt. Nur weil rnir's Freude macht und weil ich ja doch mein bischen Essen ver dienen möchte. Aber es ist ja nicht der Rede werth! Da sehen Sie. ich habe ganz andere Arbeit!" Sie zeigte aus einen Ballen grober Leinwand, aus dem sie wiederum Handtücher machen sollte. Christine sühlte jetzt, daß sie zu viel von sich sprach. Man mußte doch etvas reden, was die Frau da ir.teressiren konnte. .Mir bleibt noch immer Zeit genug zum Lesen", lenkt sie geschickt über, und dazu habe ich ja hier reichlich Gelegenheit. en dann mein chwager kommt und nach den Kinder gesehen hat, ist seine erste Frage, wie mir die neue Geschichte oder die letzte Nummer einer Zeitschrift gefallen hat, mit der er hauptsächlich handelt. Frau Karoline wurde immer nach- denklicher. Diese kleine Person war ja geradezu unentbehrlich für Friedrich Fernbach ! Sie erzog und wartete feine Kinder, hielt seinen Hausstand mit spar samer Hand in Ordnung, sie nahm An theil an feinem Geschäft, so wie Karoline cS niemals im Stande gewesen wäre! Und ganz plötzlich fuhr sie jetzt mit einer Frage heiaus, die eigentlich gar nicht in Zusammenhang mit den bis. herigen Perlauf des Gesprächs zu flehen schien, Hit denn Herr Fernbach noch nicht daran gedacht, sich wieder zu verhei rat den?" Wieder stieg cS glutrolh aus in Ehri stinenS schmalcS Gesichtchen. Diesmal aber war es ein schmerzliches Erschrecken, das ihr da Blut in die Wangen trieb. Ihre großen und dunkelbraunen Augen wichen dem scharfen Blick der Fragerin aus. Ich ich weiß eS nicht, Frau Albrechts. Aber ich würde ihm von meinem ganzen Herzen wünschen, daß er noch einmal recht, recht glücklich werden würde! Er verdient es, wie wenig An dere!" Schon begann sie warm zu werden, und als nun gar Frau Karoline in ihrer derb zugreifenden Art bemerkte: .Er wird ja auch seine Fehler haben wie alle Männer!" da wurde die ver schüchterte, Sngsiliche Christine mit einem Male zu einer beredten Vertheidi, gcrin. ,O gewiß ha! er die," sagte sie, .er ist vor Allem gar nicht aus sich bedacht! Und das müßte er doch sein, schon um der Kinder willen. Aber wenn ich rn:ch nicht darum bekümmerte, daß er warm und fest angezogen ist wenn ich nickt da bische Stadtkundschaft selbst be sorgte, damit er wenigsten Sonntag Ruhe ha! wenn ich nicht mich selbst zum Essen zwänge, damit er sich's schmecken läßt, dann sähe es schlimm aus um den eigensinnigen Mann. Der mühte eine Frau haben so wie Sie! So recht energisch und doch auch im Stande, ihrem Willen den gehörige Nachdruck zu gebe. Natürlich gehört ja noch mehr dazu. Man muß ja die beiden kleinen Kerle da mitheiralhen! Und dazu gehör! Muth weil ich sie schlechl erzogen habe. Mein Gott, ich versteh' nicht besier. Aber glauben Sie, daß ich den hier, den Fritz, dazu kriegen kann, einzuschlafen, wenn ich ihn nicht zu mir in's Bitt nehme? Und dann soll man ihm Ge schichten erzählen! Der Gre da ist fan noch schlimmer. Ach, fo viel kann man manche Mal nich: beantworten, wie der zusainmenfragt. Und wild find ne c! citier .'.ant unv rano. ,e iiyen e ja so klettern sie an nur herauf Einer hockt wenig'! ens immer aus mir. Ich will ich! davon ridin, wa die bei den Wiidfänae zerreißen. Lo viel Strümx'e kann man sast nich! stopfen, , noch stricken, wie sie brauchen. Sie haben euch den Eigensinn vom Pater. seelcnsioh, wenn ste Beide aus il,,!. h.r umspringen. Aber t6 h,tt koch s,i,, Plaae, sie nnilifle:i iw,n S?t,obe,'d Abend bis zum Sc'i!a,z iuw brav :t erhalten. Das heißt,' Ekri!tic stockte plötzlich, .Sie milssei, mich nicht falsch veiftehen: die "einen sind gewiß mebt schlimmer als Andere auch. Im Gegen theil, sie .'önnin gu! und iub sein ach, sie sind' ja immer ! Nur muß man selber wieder Kind sein, um Rinder zu erstehen! Und wer du kann, sür den stnd'S wahre Engel!" Ihre schönen Augen leuchtete,, von innerer Beseelung. g,u Karoline war zu Muthe wie Einem, der in die Sonne schaut und nur vor ihren Strahlen den thränenfeuchten Blick senken muß. Am Sonnabend Nachmittag kam Friedrich gerndach mit seiner großen, nun sag leeren Mappe von der Tour. Noch ehe er nach Hause ging, sprach er i dem Laden der Frau Albrechts vor. Er hatte stch die Sache aus der Reise zurechtgelegt. Gewiß, wenn sie ernstlich wollte und sie Liebe zu feinen Kindern fassen wurde weshalb nicht? Denn er fand sie wirklich gar nich! so übel. Nur eine Bedingung würde er stellen müssen, eine einzige, aber von der würde er stch nicht abhandeln lassen: Christine müßte sie im Hause bihaüen und ut, sehr gut behandeln! Als er nun eintrat, war e ihm auf einmal, als sei an der ganzen Geschichte doch irgend etwas nicht 'in der Ordnung. Da wollte er stch, wenn er die Sache richtig aufah, erkaufen ! So war e und nicht anders. Und dabei konnte,, keine Kinder schlecht fortkommen unter Umständen, Er kam zu dem Schlüsse, daß er gar nich! thun dürse, als habe er die Än deutungcn der Wittwe Albrechts ernst genommen. Frau Karoline bat ihn, einen Augen, blick in das kleine Stübchen neben dem Laden einzutreten, das ihrem Manne als Privatkomptoir gedient hatte, Hören Sie, lieber Herr Fernbach, ich hätte Ihnen einen Vorschlag zu machen", begann sie, fest einsetzend. .Ich brauche hier im Geschäst Jemanden, zu dem ich volles Vertrauen haben dars und der gleichzeitig den ganzen Betrieb recht gründlich kennt. Hätten Sie Lust, Ihren beschwerlichen Handel aufzugeben und bei mir Geschästösuhrer zu werden?" Er war sichtlich erschrocken. Da war es nun, was er hatte komme sehen! Di Frau stellte ihm ein verlockende Ange bot, um ihn dann ganz in Händen zu habe, wenn er e angenommen hätte. Andererseits ihn drückte in diesem Augenblick die leere Mappe I Es war wohl angenehmer, hier im warmen Komptoir zu sitze, als sich draußen aus der Landstraße herumzuschlagen. Ader die Bedenken überwogen doch wieder. Er wollte ja er wollte sieb m! Christine besprechen. Zögernd gab er Frau Karoline Ant wcrt. Die Frage sei so plötzlich an ihn her, angetreten er wisse im Augenblick wirklich nicht. Und ,n ganz ungeschickter Weise da? Thcitia wendend, meinte e: : ,Jtzt muß ich übrigens nach Hause. Meine kleinen Kerle werden schon , ttn. Nicht uahr, Frau Albrechts, e sind zwei kleine Teufel?" Sie schwieg einen Augenblick, dann sagte sie mit leiser Slimine: Ich bin bet Jhnin gewesen, Fernbach. Sie haben das Haus voller Engel I Nicht nur zwei nein, noch eine dritten, Ihren wahren Enge! habe ich gesehen. Und diesen dritten, Ihre Schwägerin, müssen Sie auch heirathen I Denn einen ledigen Geschäftsführer mag ich nicht haben l; Er sah sie gtoß an, erstaunt, betros sen, gerührt zugleich. Dann reichte er ihr seine breite, kiöstige Hand und sagte mit einer gewissen Feierlichkeit: Ich hänge meine Mappe an den Nagel, Frau Albrechts! Das thue ich! Und ich will auch meine Schwägerin fragen, ob sie mich mag. Will sie, dann sind sie der wahre Enge! gewesen!" Und er schied von ihr mit herzlichem Händedruck. Mn ftrieamarf. Aster eriöhlt in seinem Buche: , Ge fechte und Schlachte bei Leipzig": Am 14. Oktober 1813 erhielt da ersic fra, zösische Reitcrkorxs unter LatourMau bourg Befehl, noch in der Nacht nach Schönefeld zu marschiren und dabei die bei dem Dorfe Mockau befindliche Furth der Parthc xu passiren. Die dichte Finsterniß jedoch und der heftige Regen. der weder Weg noch Steg erkenne ließ, veranlaßten, daß man den Weg verfehlte und da Flußbett derParthe dafürhielt. Der Marsch wurde in diesem sortgesetzt. wobei die Pferde meist bis an den Bauch im Wasser schritten. Die Reiter kam dadurch derartig auseinander, daß nur wenige zugleich mit ihrem An'ührer. der an ihrer Spitze ritt. Schönefeld erreich !en. Mehrere Pferde stürzten auf d,m unebenen, mit Wurzeln durchüxrch'enen Flußbette und ihre Reiter ertranken, da sie im Finsteren jrgleich von den nach kommenden üderritten wurden. De Mebrzahl traf eisi mit grauendem Mor gen kuti vor Antritt des nenen Marsche,, völlig durchnäßt, in Tlt öneeld ein u:,d sie mußten ihren Weg, ehrn sich treck. nen oder etwas aSrubin u können, toc',euf) 'N das Biwak b: Holihauen sort'etze-i. rer.iialiirfie Ai'sikluna. Frau Meier fdie bei -brcm Z.ir.rr.e Herrn wegen Zah!urg dlk larg? slligen Las ich mich manchmal ärgern na, i rlieiosjtnses auf den Busch ,ch!:gen i,t R-iklrh kern, Suk ißt. das iz will, .Mich juckt foriwöhrcrid r.e--it nicht zu beschreiben! Nur wenn ich Haab?Zch ich glaube immer, iil. be, droh' rch sag dem Tater, dann ael komme heure noch Vl!" horckn sie. Unter urrt" sie f.rjitrt : LtudtcsuS .Nicht wahr, dann rm jetzt er thu! ihnen nichts! Er ist lajpen Sie w.rr Ut Hälft?!"