Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, April 20, 1893, Image 9

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    Gegenüber.
i' o n ü. O'uabe.
Der Landrath van Waldom wurde aus
Mllleldeulschland nach einer Kreisstadt in
dir Prooin, Posen verseht. Seine
junge, veimöhnle Frau war über den
bevor lebenden Wecd ei venig erfreut
und ihre Mienen erhellten sich nicht, als
sie von dem vorausgereisten Galten nach
einigen Tagen folgende lakonische Post-
karte erbielt:
Liebe grau, glücklich angekommen
und im Hotel zum Schwarzen Adler ab
gestiegen. Nächste Vormittag aus Woh
nungSsuche gegangen. Diese schnell er,
ledigt, da nur eine Wohnung überhaupt
für uns in Frage kam, Sie ist nicht so
groß und nicht so bequem ie unsere bis
herige, aber dasür noch etwas theurer;
liegt zwei Treppen hoch in der Marien-
slratze, Komme mit dem jungen nach,
sobald Du kannst,"
Fiau von Waldom seuslte, lieft den
Packer sein Werk beginnen und suhr 8
Tage später an einem regnerischen, aß-
kalten Abende mit ihrem kleinen Willy in
i, ein.
Die Thätigkeit der ersten Zeit ließ sie
kaum nun iachdenken kommen
dauerte etwa 3 Wochen, bis alle Drape
rien in kunstgerechten Falten hingen, bis
alle Bilder, Fächer, isyamls und Pal
menmedcl die Wände schmückten, bis alle
Tischchen, Sessel und Schemel in das
nothwendige, moderne Durcheinander ge
schoben waren. Endlich schien dieses
große Werk vollendet zu sein, und ehe
man mit den Besuchen begann, kam ein
ruhiger Vormittag, wo Frau von Wal
dom stch in dem "künstlich hergerichteten
Erker ihres WohnzimmeiS an den Näh
tisch setzte. Sie ergriff eine Stickerei und
schob die Vorhänge zurück, um besseres
Licht zu gewinnen. Ein Blick hinaus
und nochmals ein leichter Seufzer; die
Häuser standen sich so dich! gegenüber,
daß man im Sitzen nicht big aus die
Straße hinuntersehen konnte; jede Aus
sicht beschränkte sich also aus die Woh
nungcn drüben, die sehr viel niedriger
und bescheidener erschienen, als das neue
Heim des Herrn Landraihs, Und wie
unangenehm! Als Frau von Waldow
ihre Augen gleichgültig umherschweifen
ließ, begegneten sie plötzlich dem Blick
eines Mannes, der schräg gegenüber in
einem Lchnstuhl am Fenster saß. Es
war ein ältlicher, sehr bleicher Mann mit
buschigen, grauen Haaren; er trug einen
abgeschabten Schiasrock, seine Hände
lagen müßig im Schookz und er sah aus
eingesunkenen Augen still und unverwandt
hinüber. Wie belästigend, wie ungc
bildet! Frau von Waldom zog die
Stores wieder zusammen, aber es war
zu dunkel für ihre Stickerei, Sie ging
damit in ein anderes Zimmer, aber es
war zu unbequem den Nähtisch dabei zu
entbehren, und der gehörte nun einmal
in den sluloollen Erker hinein, blieb
ihr nichts anderes übrig, als den alten
Platz wieder einzunehmen und das An
starren deS alten Mannes wohl oder übel
zu ertragen.
Aus dem Kinderzimmer kam Willy
mit einem Arm voll Bilderbüchern und
eich Spielsahen Zii seiner Mutter ge-
lausen.
Ach, Mamachen, da ist es so lang-
eilig, die Minna plättet und die Au-
guste sagt, i'ch soll aus der Küche 'raus
gehen, kann ich nicht bei Dir bleiben?
Ich will auch ganz, ganz, ganz artig
ein!"
Frau von Waldom küßte den lieblichen
funsjayrigen Schlingel ihren Abgott
aus seinen blonden Lockenkopf und er
theilte lächelnd die erbetene Erlaubniß.
Willy begab sich schleunigst an das an
dere Fenster, das dem Lehnstuhl des alten
ManneS gerade gegenüber lag, zerrte
dort die Vorhänge ebenfalls auseinander
und ließ zunächst ein Regiment Solda
ten auf dem Fensterbrett aufmarschiren.
Aber seine Aufmerksamkeit war bald da
von abgelenkt.
Mami, steh doch, was ist das für ein
komischer Onkel da drüben?"
Das ist ein fremder Herr und kein
Onkel, mein Junge," sagte Frau von
Waiden rasch und dennoch betont."
Spielst Du nicht mit Deinen Solda
ten?' Ja, ja aber sag' mir: ist der Herr
krank? Er sieht so blaß auS so
blaß, wie der Papa, als er die Fuenza
gehab! hatte,"
Influenza, Liebling," verbesserte die
Mutter lachend und setzte dann wieder
kühl hinzu: Man muß nicht so neugie
rig sein, Willy, Kümmere Dich doch um
Deine Spielsachen."
Aber das kranke G:cht mit den tief
liegenden, geduldigen Augen üble eine
uneoiderstehliche Änziehungbkrast aus
Willy aus. Er mußte immer wieder
hmübersehen. Nach einer Weile suchte
er unter seinen Büchern da? liebste her
uä es war der strumelpeter hob
c so hoch er konnte empor, und preßte
eZ mit seinem Titelbilde gegen die Schei
den. So stand er ein paar Minuten
ganz roh ig da und sxähik dann verstohlen
hinter dem Buche hervor. Gleich daraus
r.n Fieudenruf.
Mama, Mama, der alte Herr macht
ein freundliches Gesicht! Er ha! eben
e;n ganz kleines tischen gelacht!"
grau von Waldow zählte die Tliche
an ihrer Arbeit.
Fünf, sechs, sieben roth; links
einer grün; still doch. Willy!"
Aber dieser achtete gar nicht mehr auf
sie; er schlug jetzt das nächne Bla auf.
hielt es wieder in die Höhe und führte so
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Jahrgang 13.
Beilage zum Nebraska taats Anzeiger.
No. 4.
dine, steckte dann seinen Lockenkrpf wie
der hervor und nickte seinerseits halb
mulhvilllg und halb verschämt hinüber.
Doch etzt geschah drüben auch etwas.
Eine Frau tauchte neben dem alten
Manne aus. Nicht unsreundlich, aber mit
raschen, hastigen Bewegungen, aki ob sie
eS sehr eilig hätte, strich sie ihm das wirr
herabgesallene Haar aus der Stirne und
band ihm, wie einem Kinde, eine Ser
viette um den Hals. Dann verschwand
sie wieder und kam gleich darauf mit
einem Teller voll Suppe zurück. Dieler
wurde auf das Fensterbrett gesetzt, und
nun schob die Frau einen Löffel voll nach
dem andere in den Mund des Kranken.
Willy hatte seine kleine Nase gegen die
Scheiben gedrückt und versolgie diesen
Porgang mit athemloser Spannung,
Aber steh doch, sich doch,Mama! Der
alte Herr wird gerade so gefüttert, wie
mich die Minna früher immer fütterte!
Kann er denn noch nicht allein?"
Frau von Waldow sah auf und
empfand dabei zum ersten Mal eine fläch
tige Regung der Theilnahme. An Hau
den und Füßen gelähmt dachte sie und
schauderte leise.
Dann ein Blick auf die Uhr,
Nun komm, Willy, suche Dein Sa
chen zusammen hörst Du, Liebling ?
Wir wollen einen hübschen spazingang
machen und den lieben Papa abholen, "
In den folgenden Wochen hatte Frau
von Waldow keine Zeit, Vormittag am
Nähtisch zu sitzen, das Ehepaar machte
seine Besuche; Gegenbesuche erfolgten,
und da man stch gerade mitten in der
Gesellschastszeit befand, kamen auch die
Einladungen Schlag auf Schlag, Frau
von Waldom war Morgens müde und
abgespannt; sie erhob sich spät, erfülltem
Eile ihre häusliche Pflichten, machte
nothwendige Besuche und gab sich dann
ihren Toilettensorgen für den nächsten
Abend hin. Selbstverständlich war da
mit auch jeder Gedanke an das lästige
Gegenüber völlig aus ihrem Gedächtniß
entschwunden. Nur einmal wurde die
allseitig in Anspruch genommene Dame
zufällig daran erinnert. Sie betrat den
bescheidenen Laden im Erdgeschoß jenes
Hauses, um eine Kleinigkeit zu lausen,
und wurde dabei von derselben grau be
dient, die damals oben den alten Mann
versorgt hatte, Frau von Wzldow
erinnerte sich merkwürdigerweise jetzt
wieder dieses Gesichts, und dabei ging es
ihr durch den Sinn: was für eint Existenz
muß der gelähmte, hilstole Mann fuhren,
füllte Tasse fast unberührt zurück, ging
zu seinem kleinen Ssta und lehnte den
Kops gegen das Polster,
Er wird sich cin bischen den Magen
verdorben haben," sagte Frau von Wal
dov, die gerade übermäßig durch die
Vorbereitungen für cin größeres Fest in
Anspruch genommen war. Als aber die
Eltern Abends aus einem Eommers nach
Hause kamen, lag Willy glühend und
wimmernd in seinem Bettchen, Am an
deren Morgen war sein Körper mit Aus
schlag bedeckt. Der Arzt stellte Schar,
lachsttbcr fest. Man schickte eiligst nach
einer Diakonissin, das Fest wurde abge
sagt und die geängstigt! Mittler ent
kernte sich kaum noch aus dem Kranken
zimmer.
Das Fieber stieg höher und höher,
Kühle iväder und Einhüllungen mußten
angewendet werden. Obgleich Willy
jetzt meist bewußtlos war, schauderte er
oor der nassen, kalten Berührung zurück.
Einmal schrie er in seiner Angst hell aus:
Aber liebe Eltern, warum thuiJhr mir
das?" Und ein anderes Mal umklammerte
er die Hand seiner Multcr und fragte:
Ist mein Schutzengelchen auh be, mir?"
Der kräftige junge Körper sträubte
sich redlich gegen das zerstörende Fieber
und den nahenden Tod, ab es nützte
nichts.
In seinen letzten Phantasten sagte
Willy noch plötzlich einmal: Mans
chen, grüße doch den eilt on
mir,"
Am nächsten Morgen mx das leise
und dennoch so anaespagnte Schalten und
Walten der Krankenpflege zu Ende. Der
Aber Jene sagte nur ein wenig hastig
und verlege,: mit leise zitternder Stimme:
Könnte ich wohl einmal zu Ihrem
armen, krenken Manne nach oben gehen?
Ich will ich möchte gern ich habe
ihm einen Gruß zu bestellen,"
Der Lesilch.
itc von sranz Bükt g er.
Arthur Borgfeld und dessen junge
Gattin befanden sich in einer gewissen
Aufregung, Erwarteten sie doch den
Besuch des Onkels Arthur's, Fürchte
gott Miesetschek's, eines eingefleischten
alten Junggesellen, dessen beträchtliches
Verinögen dereinst aus Arthur übergehen
sollte.
Das junge Ehepaar hatte die Wohn
räume für den erwarteten Besuch denn
auch möglichst schmuck aufgeputzt, und als
der Tag des angekündigten Besuches her
ankam, war alles in bester Ordnung.
Arthur war ausgegangen, noch einige
Geschäfte zu besorgen, die junge Frau
beschäftigte stch in der Küche mit den
Vorbereitungen zum Mittagessen. Sie
war daher seh: ungehalten, als sich kurz
vor elf Uhr ein guter Geschäftsfreund
ihres Mannes anmelden ließ, in Welchem
:mir natürlich O"iel Äkl!set!chek erkennen
j Er rvollte als ein Fremder einen Blick
Herrn von ! aus das Eheleben des jungen Paares
werfen und freute sich sehr, den vieflen
nicht anzutreffen, was er sich jedoch bei
leibe nicht merken ließ, Frau Borgfeld
behandelte den Störenfried begreiflicher-
kleine Willy ruhte kalt und still auf ! weife sebr kühl und versuchte den Unbe-
weißen Kissen. Man kleidete ihn in den I quemen hinauSzucomplimeiüiren. Doch
neuen Anzug, auf den er so stolz gewesen i der Geschäftsfreund" hatte eine zähe
war: n:an legte ihn in einen blumen-1 Natur und schien die grämliche Miene
geschmückten Sarg und trug thu zum j der Gattin seines Neffen gar nicht zu be
Salon hinüber, der schon für t:,t sröh- j merken. Die Seufzer der jungen Frau
liche Gesellschaft gerüstet gewesen war, ! überhörte er und machte es sich möglichst
Es wurden viele Kränze, Biicfe und ! bequem. Was sollte sie thun? Wein
Karten zu Waidows hingeschickt, ab ! dige niochie sie den alten Herrn nicht,
von ihren Bekannte erschien Niemand ! und dann w rßte sie ja auch nicht, in
s!bst, denn die Ansteckung wurde allge-I welchem Verhältniß der Geschäfts
mein gefürchtet, AIs der Begräbnißtag , freund" zu ihrem Manne stand, Sie
gekommen mar, versammelte sich ein ! bat daher um Entschuldigung, daß die
kleines Gefolge unten vor der Hausthür, häuslichen Pflichten sie an die Küche
Dann schritt der Bater bleich und ernst feffelten, wischte ostentativ die Fuß
neben dem Geistlichen her, die Mutter j stapfen bei Alten fort und verschwand,
lag oben und lauschte mit znsammenge-1 indem sie ihm einige Bücher und Jour-,
krumpften Händen dem seicrlichen Cho
ral, der allmählich im Geräusch der
Straße verklang.
Den beschäftigten Beamten nahmen
die P'üchten seines Berufes wieder in
, Anspruch; sie zwangen ihn zu erneuter
- . . " ' ' ' , ' ' ":f"w7:) " fiuanyiii iii n swtCUlll
wenn seine vrau vom Morgen bis zum Berührung mit der Außenwelt ,,d gäbe:,
S1I hotih htcr tirt i.ihM Muht inih niti th i : .. . j
Abend Hier im Laden ftchl und nur ab
und zu nach oben läuft, um ihm Essen
zugeben! was giebt es doch für Elend
in der Well! Und als sie dann über die
Straße ihrem Hause zuschritt, dachte sie
noch stüchiia daran, daß der Kranke ebenso
wenig wie sie selbst im Sitzen aus die
Straße hinabsehen könne, daß also der
Blick in die Waldow'jche Wohnung seine
einzige Zerstreuung und Unterhaltung
bilde.
Willy beharrte dagegen treulich in sei
ner sonderbaren Freundschaft. Er hatte
sich in dem Zimmer der Mama am gen
ster eine köstliche Spieleckeeigerichtet,
Jeden Morgen nickte er zunächst dem al
ten Manne fröhlich zu und lies mit ferner
ganzen LungeiikrafI: Guten Morgen!
guten Morgen!" Tann hob er gewöhn
lich von seinen Soldaten, Pavierpuppen
und Hampelmännern einen nach dem an
deren in die Höhe und ließ ihn ebenfalls
Hin kiii-li, 51tark,I
-"'""" . ,,ra irni SN.Ik-e. in KI, ,5,.?..,.,,
Be, olchem Anblick erhellte ich das, ',' . , . "" """
arme, etwas stumpfe Gesicht da druo,n
allmählich den ganzen Inhalt deS Buches j ä mme Geda,:!.:,
bi, ,um Zappelphilipp und Suppin-!'"'"' wltmU
fasern seinem Gegenüber vor Augen.
Zti Kranke iachel.e mit einem leiten,
ruhigen Lächeln, und a!S Willy zu Ende
mir, bewegte sich der g'auharige Koof zu
einem mühsamen Nicken di, Tanke.
Hochroth spring Will, hinter die Gar,
und zuweilen schüttelte ein herzliches,
inneres Lachen den yuifto en oip.
Was Willy geschenkt bekam, schleppte er
zunächst ans Fenster, um es seinem
Freunde zu zeigen, selbst den neuen
blauen Matrosenanzug und die blanken
Stulpenstiesel mußie Jener lächilnd und
Nickend bewundern, Dafür gemährten
die Mahlzeiten kes Kranken dem kleinen
Burfchen reichliche Uakeryaitung, und
Willy empfand beim Zusehe fteis ein
stolzes Gesühl der Ueberlegenkeit; denn
wie gut konnte er schon allem essen!
Dabei ahnte er nicht, daß Morgens
die Blicke des alten ManneS schon lauge
sehnsüchtig an den geschlossenen Gardine
hingen und auf den Augenblick warteten,
wo das frische Kindergestcht in ihierUm
rahmung er!chnen wüide. Er ahnte
nicht, daß diese Blicke zZrtlich aus ihm
ruhten und seinen Bewegungen folgte,
auch wenn er ganz in ,eine Beschäftigung
versunken war und gar nicht auf den stil
len Zuschauer achtete.
Einmal, an seinem Geburtstage, fragte
Willy sogar, od er nicht hinüdergeheu
und dem kranken Herrn k,n Siück oü?
bringen dürfe.
Frau von Wa.dos tippte lachend mit
dem Zeigknnzer gegen seine St,!e.
Was in dikicin kleine Kops doch
GedküU.i Üeckr! Nein,
Leute drilltit
ü.a niit.
Dann kam ein Morgen, rco illy nichi
wie gewöhnlich munlir und rssiz an " i ,
jjiühliülü'ch gesxrung'N kam. Blaß
und müde schlich er he'.dei, schsb die ge-
ihm trotz aller Trauer schließlich das
Gleichgewicht seiner Seele zurück. Bei
Frau von Waldom folgte dem ersten ver
zmeiflungsvollen Auödruch ihres Schmer
zes dumpfe Stille, Sie wollte Nieman
den sprechen. Was hatten die Menschen
ihr zu sagen? Sie mochten Willy hier
und da einmal flüchtig gesehen haben
konnten sie ahnen, was die Mutter an
ihrem einzigen, sonnigen Liebling ver
loren hatte?
Als Frau von Waldow zu,,, ersten
Mal wieder, äußerlich gefaßt, ihr Wohn
zimmer betrat, erschien es idr mit seinem
modischen Lurus über alle Begriffe reiz
Ics und öde. Ach, und so ordentlich!
Keine Bleisoldaten standen am Fenster,
keine Bilderbücher lagen aus dem niedri
gen Schemel gehaust, keine Ecke war zum
Pferdestcll oder zur Wagenremise einze
nchtet. Um den ncu anstürmenden
qualvollen Gedingen u entrinnen, trat
e und
ah, wie an jenem Morgen, zerstreut auf
die unfreundliche Straße hinunter. Und
wie damals blieb ihr Blick, als sie h
wieder erhob, an der Gestalt des kranken
Tunniä drüben haften. Aber Frau von
Waldov schiak zurück, so viel abgezehrter
und leidcnSvoller war sein Gesicht in
zwischen noch geworden.
Er starrte wieder vnverwandt aus das
Fenster nebenan. Hatte sie schon ,emals
solche Sehnsucht und Entbehrung i
Menschenauzcn gelesen? Erne unsill
kürliche Bewegung von ihrer Seite lochte
ihn aufmerksam gemacht hibe ; er wen.
bete den Kopf langsam zur Seite, und ,
nun jay er die Curne in ihrem Traun
naie uoerielmte
Das war das Beste, was sie thun j ailf
konnte, denn wenn Herr Äiieset'chek las,
dann war er für seine Umgebung über
Haupt nicht zu haben.
Er setzte 'sich daher die Brille auf
er war etwas kurzsichtig und vertiefte
sich in die Journale. Wie lange er schon
gelesen, wußte er nicht, als ihn ein
surchtbares Geläute der Corridorglocke
emporschreckte. Die junge Frau stürzte
hinaus,
Sie öffnet hastig, man hört schallende
Küsse aus dem Corridor, ein unter
drücktes Gekicher und wieder wird
geküßt. Herr Miesetschek setzt sich in
P.silur da schiebt Frau Borgfeld den
Mann hinein und eilt wieder zur Küche.
Donnerwetter, bist Du aber groß
geworden," mendet sich Herr Miesetschek
zu seinem Gegenüber.
Ja, fit)..,, ich.,,, ich...."
Nun, nun, ich verstehe aber nullst
Du Dich denn nicht setzen?"
Er hatte eigentlich einen herzlicheren
Empsang von seinem Neffen erwartei,
denn diesen glaubte er oor sich zu haben,
Erlaube Sie gütigst," beginn! sey!
der Andere, Sie irren sich wohl in der
vkrson."
Wa was? Kennst Du mich denn
ich! mehr, soll!! ich mich so verändert!'.
!,.-. ,: !'!''
...ftabe ick. die fffire. srrn Boraield . 3)illLn
Herr Miesetschek will gerade aus geller
zustürzen, da erblickt sie ihn, stößt einen
markerschütternden Schrei auS und sinkt
in Ohnmacht.
Ha, Du Schlange!" wüthet der On
kel von Neuem, es hilst Dir Alles
nichts, Du bist erkannt!"
Er springt wie ein Tiger aus geller
los und packt ihn an der Gurgel.
Hinaus mit Ihnen, hinaus, sage
ich" aber er ist dem Jüngeren nicht
gewachsen,
Wenn S,e mich nicht augenblicklich
freigeben, passirt ein Unglück! Was
wollen Sie überhaupt von mir, was habe
ich Ihnen gethan?" Keuchend schüttelte
er sich den Alken ab.
Elender Heuchler! Meine Familie
haben Sie beschimpft, den Namen mei
nes Neffen entehrt, oder wollen Sie
streiten, daß Sie " er wirft einen
verächtlichen Seitenblick auf die Ohn
mächtige daß Sie die da geküßt
haben?"
Gewiß, sicherlich, ich bestreite das
ganz entschieden! Die grau hat mich
ergriffen und geküßt, bevor ich noch recht
wußte, wie mir geschieht,"
Herr Miesetschek glüht wie ein gekoch
::x Krebs.
Wenn Sie keine besseren Ausreden
haben, Sie erbärmlicher Schuft, dann
glaube Ihnen der Teufel!" Und wieder
will er ihn packen.
Herr! Lasse Sie los oder ich
schlage zu!"
Da wird die Thüre hastig geöffnet und
eine frische jugendliche Gestali trat ein,
Was geschieht hier? Onkel, lieber
Onkel, was geht hier vor? W.is ist mit
meiner Frau vassirt?"
Hier, mein armer Neffe Gott sei
Dank, daß Du da bist sieh hier den
Liebhaber Deiner Frau!"
Was? Dieser hier? O mein
Gott wie wird mir denn "
Jetzt tritt Feller vor und sieht noch
zaaz bestürzt dem Neffen in's Gesicht.
Ich glaube Herrn Borgseid vor
mir zu haben, ich bitte mich anzuhören,
mir ist ja die ganze Sache unser
ständlich, man verkennt mich hier voll
ständig." Da erwachte Frau Borzseld und der
Gatte stürzt auf sie zu.
Was will der 'Mensch von Dir,
oder ich tödte Dich und
mich ,
Die Gaitin wirft verzweifelte Blicke
umher und hol! tief Athem,
Ja ich, ich weiß ja selbst
nich!
Jetzt kommt der Onkel wieder.
Geben S:e zu, diesen Herrn ge
küß! zu haben?"
Herr Borgkeld sieh! starr aus sein
Weib.
Ist es denn möglich?"
Sie erhebt sich mühsam,
Lieber Mann ich beschwöre Dich,
es war ein Irrthum von mir. Ich
glaubte D:ch in meinen Armen zu hal
ren, die Zeit war da, wo Tu kommen
mußtest, und ich war so hastig, weil das
Mittagessen noch nicht fertig und der
dunkle Corridor, , , , und der Geschäiks
freund da halte mich schon ge är
ger,..., "
Dieser? Das ist ja mein Onkel!"
.Was, Onkel Misetschek?
Tn ndere aver nicht.
Zwei ade,, tikblm ttn Madchen
Vikbtich f j ii '.lnqdntii,
De eine raiube rtlioifl,
Der Ändere aber illchi '.
Sie ichmiin,, ibr Nebe ,d treue
Beim bliijlo! Monbealidjl.
Dir sprach sie, will ich gehöre,
Dem Anderen aber nichi !
Bald war die Hochieil geleiert,
ian; glücklich der iiine sprich! :
Der IrSi)Iich,e hin ich der rvimfchen,
ker Ändere aber nichi '.'
Nun blühie ,hi ni der vhe
iiii 'ianlojfi'1 on grofik, Gewicht,
ir hatte manch Inneres Siüiidche,
Der Ändere der nicht '.
Cii, wem, sie schniirnet nd aiike,
Dann fnifil er: ,.iiaiae lelchichi' !
Ich iilaub ich war ein iel,
Ter Ändere aber ,ch, !"
Abgesükrt.
Ein hiesiger Kausrnann s, berichtete
vor einiger Zeit euie Berliner Zeitung
der oft Gelegenheit hat, nicht nur in
seinem Geschäft, sondern auch bei Aus
stellunge.i und anderen öffentlichen Per
aiistaltunge mit hohen und sehr hohen
Herrschaften in Berührung zu kommen,
genießt hie und da auch bei private
Veranlassungen die Ehre, einer Ansprache
qemüidigt zu werden und ist nicht wenig
stolz aus diese Bevorzugung. Eo oft,
er kann, schildert er Freunden und Be,
kuiiiiten gegenüber die leutselige Art
dieser oder fener illustre Persönlichkeit
und unterläßt es dabei selten, wahr
scheinlich, um historisch genau zu sein,
Zeit und Ort deS Zusammentreffen zu
ffrircn und den Wortlaut des Gesprächs
oder einer etwa erhaltenen Zuschrist mit
zutheilen. Er sindet bei Allen, bieseine
verzeihliche Schwäche kennen, ein willige
Ohr, selbst dann, wen er'eine oder die
andere Begegnung zu wiederholte
Malen erzählen sollte.
Unlängst aber traf er es nicht so gut.
Einer der beliebtesten Komiker war eZ,
den der bewußte Kaufmann mährend
eines Diners mit einer wahren Sturz
flulh seiner Erinnerungen überschüttet.
Nachdem der lustige Schauspieler eine
ganze Weile zugehört hatte und die
Auszählung der interessanten Dialoge"
noch immer kein Ende nahm, untcrbrach
er den Redner bei passender Gelegen
heit und ergriff nun seinerseits das
Wort.
Gewiß," sagte er, Sie können sich
rühmen, ganz besonders ausgezeichnet zu
werden. Nichtsdestoweniger habe auch
ich einige ähnliche Erlebnisse zu verzeich:
nen, von denen namentlich eins mir im
Hier unvergeßlich sein wird. Wie Sie
vielleicht wissen, verbringe ich fast jede
Zhr meine Ferien in einem oberSster
leichischen Kurorte, in dem mahrend der
Hochsaison auch sehr hohe Herrschaften
Aufenthalt nehmen. Nun, eines schönen
Morgens, nachdem ich am Abend vorher
im Theater gastir, hatte, gehe ich aus b
Promenade spazieren und begegne da
einer illustren Persönlichkeit, die mich
sofort mit einer Ansprache beehrt und ein
längeres Gespräch mit mir führt. Nach
etwa zehn Minuten werde ich sehr leut,
selig verabschiedet und bekomuie einen
kräftigen HIndedruck, In denselben
Augenblicke spüre ich auch schon eine
Gegenstand in meiner rechten Hand. Ich
verbeuge mich noch einmal, sehe bann
nach, was ich denn zu halten bekommen
habe und, was glauben Sie, finde ich?
Eine wunderschöne goldene Remontoir,
uhr, auf dessen Rüideckel bie Worte ein,
gravirt waren: Zur Erinnerung a
unser zufZlligksZusammentreffen.Auguft,
1391." WaS sagen Sie dazu?"
Der Kaufmann blickte den Komiker
einen Moment lang an, sag'e aber gar
nichts und hat ihn seither nie mehr wie
der von seinen Diskursen mit hochstche,
den Persönlichkeiten erzählt.
Gesundheitsregeln beim Vffen.
Viele Menschen lernen das Gefühl deS
Ein tiefeS Ro:h ergiext sich über Frau ! eigentlichen Hungers niemals kennen,
zu sprechen?"
Herr Miesetschek saß!
Borgkeld's beschämtes Gesicht, sie wankt weil sie sich von Jugend auf an zu reich,
.rr uiiu llpiiige N01I gewoynien. 13 IN
in der Thal eine der angenehmsten Em
xnndungen, wenn man sich mit lebhaftem
Eßbedürfniß zu Tische setzen kann. Der
Gesunde und Mäßige weiß genau, man,
er i'ait ist, und hört zur rechten Zeit aus
zu essen: für den Kranken darf sein Hun
ger niemals für die Menge feiner Nah-
hinaus, diese Blamage ist nich: w er
träger.. , Nlln zu Ihnen, mein Herr,"
Borgkeld geh! au Feller zu.
Was woäen :ie um AlleS in der
,! von mir :
Nam in Feller Ihrem
i Herrn Onkel habe ich mich bereits ver-
nach einem ! 9&.S voigeitelll, ich komme von Iran- rung maßgebend sein, ebenso ist Vorsicht
. .' i .r ,t. CTft M.'H fclh hntfH aint Tili. i Fll R'lnhprrt rtpftlfftl hei Xrn.ti S Sffi.
Stuhl. Ja ich denke, Sie find
Herr Borgseld?"
Verzeihung, mein Name, ist geller;
ich komme von der Firma Brander & Eo,,
m eine Wechsel " er machte eine
bezeichnende Bewegung,
')1S ifttf fcrtrnmorta in CiiM STt..
seischek's Gehirn - ja, ja, so ist es! .n augm,.,!!,.
liegt aus der Hand die Küsserei? Das 1 n"n lt3l
fl In flhhi,r ti.r innn.n 71-, k., i i.tttl.
. ' V..UVH VH 4.
der ifc Eo. und babe Ihnen einen Wech-
sel über 200? Mark zu präienliren,"
Borgseld sckiläzt sich vor ten Kovf.
Herrgott das babe ich ja vergessen
lichiia, der Wechsel, ja. ja, ich . ... "
er taut in die Ca'che
ie sich morgen miede
sich
bei Kindern geboten, bei denen das Effen
häufig zur Geroohnheil wird. Darin
liegt auch ein wichtiger Punkt der Erzie
hunz. Drei, bei ganz kleinen Kinder
oder magenkranken Personen auch vier
bitte, wollen Mahlzeiten mit qehZriaen Pausen sind
herbemühen, ich ; für unsern Körper am zuträglichsten.
' Nun noch einig, kurze, wichtige Regel
der Onkel in's , für unsere Mahlzeilen:
! I. Iß niemals, wenn dein Gemükb
klrite stehen. Seine Auaen ölkmlen sich ! n der Verlegenheit irgend einen -tweck i'erzeiaen (Sie mern Urgeltu! ich ; ItarT erregt oder wenn dich unmittelbar
mell; ein Ducken am durch einen Kör- für fein Eindringen vorschützte. Ja, ia, ,!!e meinen Jrühum hiermit ob." Er ; vor Cern e,n Anger oder Zorn auf-
per, als wolle er die elähinten bände in diese We;bs'.eu!e! Kaum fünf Mo.aü ! reichte Herrn geller die Hand, , geregt hat.
die Höhe zioinzen, um sein Gijicht zu ' cuheuaihet und schon einen Galan!
verbergen; dann' sank der Kops zur Seite j vielleicht och mrhr als diesen einer. (:
gegen die Lehne des Stuhles, und der ! It zuu Tollseidsn!
alle Mau brach in ei furchtbare, müh Aber er faßt Eonrage er fühl!
sameS, unbezminglichiZ Schluchien auz, sich verpflch!e!, dem Kerl im Jnieree
Auch Frau von W:lkcw ftüriien
jetzt Thränen aus bin Augen, aber a-. ,
gleich uurce ihr das Herz oo!l n,:d !
wann, Sie begriff piütziich, basz a.ich
dieser künuiitüiche Fumde ,n ihrem1
Willy einen Ssnnc.'.ichem oer.or,:, h"!!' ,
sie bezriff, daß sie dort einen G.nVstm I
ihres Schmerzes besaß.
sums Neffen giündlich die Wahrheit :,
!azn.
Hkr, uienn ie (ich nicht augenblick
lich e.i ?s.h!ki, dann werte ich Sie bin
'ii: ! Ich bin ein alter Mann, aber ij,
hab. noch genügend &i:t, um i'eu:c
y: Silage
füll Z heiüen? Ich aru feSr :
r:i ,
; Kütii, , :ch nicht tu beleidigen
! rie wagen es noch u ep?w.:;r. :
Die Frau in, Vaitn war s,hi er vuii. ' 2u S, schlechter' Menij Sie '.
Utt, oU einige Tage spät zm Tämrner- HZ?cn Si: 'ich! Machen Sie, daß
stunde sie ittV: i:an von bräbcn j u 'crknauuii, oder ich vergebe ?.,ch!
im wallend, n ich-oiiir 5:epc chleier lr. i ,iai Vej'eie :U 4 tcohi t:z .
ilit eir.üji. !l'fc?!"
.Womit kann ich dienen?" sroate s Inrch de., lauten Wortwetiel her-
eilscriiz, be,ze:!ien mit Frau Borg'eld ein.
.llrd was den Wechsel ar.6ei'-i" 2. Iß lanalam und kaue alles Feste
?wei!auie7id Mark sazlen Sik? Hier ist gründlich, denn gut gekaut ist halb ver
da Geld. ' " ! baut".
Er enlriuim: seiner Geldtasche zwei! I. Iß die Tpeilen niemals heik. weil
Bankkisten und leg: am den Tisch, ', diese leider sehr bänfize Unsitte nicht nur
Heir Feller itlut itt scheine zusammen 1 deinen Zähnen, sondern auck dem Maac
. Auch B::zie,d tut! großen Schaden bnngt,
! l. Trmke während des Essens oder
::.!, Herr Feller, auch , unmilteldar nachher nicht kalte Waffer
ierüidung. Wenn ich , odn Bier. Die Zädne rerlragen e nicht
Eou:?:oir der s:rma und der Verdauung schadet eS,
b.'it:. !r:r.?en ? eine ' 5. Deine on sei nicht ,u dürfü:
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Herr ?i1r. e3V)C.:S:: sich, arm ist
: itr.iü da iäll: dir Nei dem Onkcl
m den Hals,
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ich dar
2on gut va'.:r. Jar.ae, ich habe nur
eine Ehrenschuld adzüragr nuz
unz zu I-ichc ähtn!"
Blu:aii:iu:h, schwäche, Magen- rd
l andere Krankheiien würden die Folge
' fein. Sei auch nicht so thöricht, au
, i?:!e!?ei! u wenig zu essen,
i ,;. Vielkiierei werde dir nicht ,ur Ge
, mohnlzeit. Uebeiladunq de Mqi,
; Unlerleibsbkschwerdkn, Trägheit und au
! dere 'uden rühr! sie herdei und sie er
! niedrigt ur. un!er die Thiere, du ei
jMaij zu hallen wissen.