Fräulein Sophie. ttx Roman einer allen Jungfer von Andre Zheuriet. 1. Ich um 14 Jahre alt geworder,. Die Kinderspiele halten ihren Reiz für mich verloren, ia selbst die Geschichtenbllcher, die ich früher gelesen, erschienen mir jetzt fade und langveilig. der wie früher besuchte ich auch jetzt noch gern eine alte Nachbarin, bei der ich vordem alle meine Freistunden zugebracht halte. Da HauS, in dem sie mahnte, w ein alte Gebäude; man muhte einige Stufen hin aufsteigen nnd befand sich dann in der Küche, deren Mobiliar au dem lg. Jahr hundert flammte: roth und weiß ge streifte Borbänac. blank scheuerte Kes- fei, kuxferne Kochgeschirre und andere Wirrhschuflsgegenslande. owans oe fand sich da immer der alten Räch barin. das in demselben Geschmack aus- gestatlet war, und dessen Fenster auf einen Garten gingen. Kräulein Sophie so hiefj sie mnx 70 Jahre alt, aber trotz ihres Alter noch flink auf den Beinen. Sie trug stets ein wollenes Kleid, dessen SKom emem langst ernonene ayr bundert anlugehören schien. Berhei- rathet hatte sie flch niemals, und ich roun dert mich sehr darüber, da ihre Schme fiern und Cousinen siimmlich WZnner gesunden hatten. Aus dem immer deS Fräulein Sophie führte eine Treppe auf den Boden, der den ganzen erllen Wloa einnaum uno au, dem sie da Obst und einige überzählige Wiithschasisgegenstar.de ausdewayrte. Dieser Boden war mein Lieblinasplatz, und ost zog ich mich hierher zurück, um meinen Träumereien nachzuhangen. In dem finsteren Winkel des Boden stand ein hoher Schrank au Mahagoni holz, dessen Schlösser ein matte Licht in dem herischenoen Dunkel breiteten. AIs ich noch ganz klein war, hatte mir die Nachbarin gesagt, ich solle mich nicht in der Nähe diese geheimnißoollen Schranke aushalten, es stecke ein E)e spenst darin, und diese Verbot, das ich allerdings ängstlich befolgte, hatte meine Jieugieide nur noch mehr gereizt, u 14 Jahren war mein Geister- glauben allerdings geschwunden, aber die Neugierde war gevlieven. ua8 ize heimniß des hermetisch erschlossenen EchrankcS. den gröulein Sophie, die darin ihre Wäsche und Werthgegenstände ausbemahrte, on Zeit zu Zeit lnjpizirte, erregte noch immer meine Einbildung kraft und zwar umsomehr, al die alte Nachbarin jedesmal mit feuchten Augen und nachdenklicher Miene om Boden her unterkam. Eine Tages, al ste wieder hinaufstieg, folgte ich ihr heimlich und wohnte, hinter einem durchlöcherten Wandschirm erborgen, der feierlichen Eröffnung de alten Möbels bei. Eine der glügelthüren stand offen, aber trotz dem konnte ich der ring umher herrschen den Dunkelheit wegen nicht sehen. Glücklicherweise fiel ein Sonnenstrahl durch' ä Fenster, und ich bemerkte nun die in dem Gespensterschrank verborgenen Schätze: Kästchen mit eingelegter Mosaik arbeit, sunkelnde Schnallen, mit Krystall besetzte Tabatiere, Atlasschuhe mit hohen Hacken, bunte Bände, Flittergold, seidene Röcke und viele andere Gegen stände. Ich konnte einen Ausruf der Bewunderung nicht zurückhalten, aber in demselben Augenblick wurde die Flügelthür zugeschlagen mnd Fräulein Sophie ersuchte mich, mich gefälligst nach unten zu bemühen. Ich entfernte mich mit dem Gefühl einer schlecht befriedigten Neugier und dem heißen Wunsche, die in dem Schrank auf gespeicherten Gegenstände einmal ungc stört betrachten zu können. Sobald ich daher aus den Boden kom men konnte, näherte ich mich vorsichtig dem Schrank, rüttelte an de Schlösse, n und schaute durch da Schlüsselloch, Einen Augenblick hatte ich sogar die Idee, Fiäulein Sophie selbst zu bitten, mir d Gegenstände zu zeigen, gab aber den Gedanken bald auf, beschloß zu schweige und einen günstigen Zufall ab zuwarten. Eine schönen Tage las ich ungesehen in einem Wiiikel des Boden in einem Buche, als Fräulein Sophie, die eben ihre Wäsche in den Schrank legte, durch einen Besuch nach unten gerusen wurde, und in der Eile den Schlägel abzuziehen vergaß. Kaum war die alte Jungfer die Treppe hinunter, als ich da Buch bei Seile warf und auf de Schrank zustürzte. Ich drehle langsam den Schlüssel um, zog die Flügelthären, da mit sie ht knarrten, vorsichtig auSein ander und öffnete, ... 2. Die vielen Reichthümer, die ich kr blickte, reizte meine Neuzier fo heilig, daß ich gar nicht wußte, wohin ich uerst schauen sollte. Die Zeit drängte. Aus'S Gcraden?ohl nahm ich ein Kästchen mit Kaiser und Meisinzd-schlägen und öff neU eS. Das JUnien war innen mit roth Seide ausgeschlagen und enthielt drei ganz verschiedene Gegenstände: ein Miniatur-Pcrtrait mit Goldrahmen, ein kleines, in rothen Maroquin gedunsenes Büchlein und ein Päckchen mit Briefen, die mit eicem ausgezahlten blauen Bande umwickelt am!. Des Mmiaturporlrait stellte einen hübschen ,ungkn Man ,n 5 Jchrni in der Kleiknz de 1,'tzle Jahihunderl dar. Nachdem ich diese Bild aufmerk, (am betrachtet, nbm ich da erqilbte Pärchen Briefe, löste da blau, Bänd, chcn und ließ die einzelne, vergilbte Blätter durch die Kinger gleiten. Da erste trug die Uiberschrrft: ,?iach meiner Abreise zu übergebe,' nd enthielt fl zende Zeilen: Meine kinze Geliebtes Da Di, grausamer tttet sich unsern Verbindung widersetzt und mir die Thür seine Hause verschließt, so ziehe ich es vor, Deine Baterstadt zu erlassen. Wenn Du diese Zeilen erhältst, bin ich schon fern. Werde ich Dich je im Leben miedersehen, meine Geliebte? Eine Ah nung sag! mir nein'. Ich habe nur noch einen Wunsch, den Wunsch zu ster den, Aber bi zu meinem Tode wird die Erinnerung an die schönen Tage, die ich in Deinem Hause zugebracht, in mir fortleben. Bewahre da Buch, das wir zusammen gelesen, ebenso die Blume, die Du für mich gepflückt und auf die ich meinen letzte Kuß drücke. Lebe wohl, meine Theure, mit Deinem Namen au den Lippen werde ich sterben. Dein getreuer, unglücklicher Freund. g. yrnit 1793. Jo epb Guiod, In demselben Augenblick, al ich die ektllre die es rührenden Briefe been digte, hörte ich auf der Treppe ein Ge ränsch. Ich hatte nur noch Zeit, da blaue Bandchen um die Papiere zu schiin gen, das Kästchen und den Schrank zuzu machen und da kleine Büchelchen in die Tasche zu stecken, dann rannte ich, so schnell meine Beine mich tragen konnten, nach au e. Dort zog ich da Buch au der Tasche und fing an, darin zu blättern. enthielt den ersten Band der Persischen Briefe" von Montesquieu, gedruckt in Amsterdam 174 et Jacques WSdor dcs.' Auf dem Titelblatte stand in deutlicher Schrift: Ex libris Ioannis Josephy Gqioq Bisuntirn 1790, dar, unter lag ein on der Zeit vertrocknetes Blümchen, vermuthlich dasselbe, von dem in dem Briefe die Rede war. Als ich die Blume näher betrachtete, bemerkte ich, daß an derselben ein Zettelchen klebte, aus dem in kleiner Schrift primula anncula" stand. Außer dem Namen dieser Blume enl deckte ich aber nichts weiter in dem Buche. An den Schrank konnte ich auch nicht mehr kommen, denn Fräulein 'Sophie hatte zweifellos das Verschwinden der Persischen Briefe' bemerkt und war mißtrauisch geworden. Da ich auch kein reines Gewissen hatte, so ging ich ihr moalichst aus dem Wege, denn ich furch- tete, die alte Jungser könne mein Spiel durchschauen und den von mir vegange neu Vertrauensbruch bemerken. 3. An einem Maimorgen ging ich mit Fräulein Sophie in ihrem Garten sp zieren. Nicht ohne Stolz zeigte sie mir ihre Tulpen und selten, da bemerkte ich ein kleines Blumenbeet nd trat naher, um es mir anuseen. Da sind Aurikeln,' sagte Fräulein Sophie und blieb bewegt stehen. Ach Aurtkelnl' rief ich zitternd und fügte, selbst von der Lebhaftigkeit meine Ausruf erschreckt, hinzu: Primula auricula". Die alte Jungfer drehte sich um, sah mir in 8 Gesicht und sagte mit drohender Miene: Du hast mir die Persische Briefe aenomnienl' Ich wurde blutroth und versuchte zu rufen: Ich, Fräulein?' .sia. Du. leuane nicht.' Ich schlug die Augen zu Boden und mmmelte: .Ja. Fräulein!' Ader diese Worte sprach ich so leise, daß nur die Blumen ie boren konnten Fraulein sophte hatte sie doch gehört, sie sagte mit strenger Stimme: Hole da Buch und bringe es mir au1 mein Zimmer.' Ich gehorchte, ging nach Hanse und holte das kleine Buch. Al ich wieder in Fräulein Sophie'S Zimmer trat, saß sie m ihrem Lehnstuhl, und neben ihr stand da Kästchen mit de Meslingbeschlagen. Sie entriß mir lebhast das Buch, das ich ihr mit trauriger Miene hinreichte, durchblätterte es, um sich zu überzeugen, daß die vertrocknete Blume noch darin laa. legte dann ihre Brille auf und aale. auf das Kästchen zeigend: .Hast Bu die Papiere a-lesen, die darin liegent' .Nur einen Brüt, maulem!" Und haft Tu Dir auch daS Portrait angelchen. ' Du hast einen großen Vertrauens bruch und außerdem och einen schweren Diedstahl begangen!' .Beriechuna, graulet oxyiel' rief ich und warf mich ihr zu guizen. Warum hat AM da Buch genom men '." .Die Geschichte de jungen Mannes inieressirte mich, und ich hoffte, aus dem Buche noch mehr zu erfahren.' Fräulein ophie flieg einen liefen eufer aus und ein vehmüthiae Lächeln überflog ihre Zuge, dann mur melte sie: Ach armer Joseph, nicht wahr, er war schön?' Ja,' rief ich mit tiefster Ueber zeugunz, und wie rührend fein Brief war! Hat er feine (Sttitdte wiedergesehen?' Nein, niemals!' .Und was ist au ihr geworden? Haben Sie sie gekannt, Fräulein Sophie?' Ich war ei ja selbst,' erwiderte sie, wäliien eine flammende Räthe ihr Ee stcht bedeckte. Sie?' fragte ich. .Ja, ich, fuhr fle seufzend fort, und nun kannst D Dir denken, wie mich der Verlust de Buche betrüb! hat!' Von Neuem bat ich um Verzeihung und suchte mich zu entschuldigen. Ich habe Dir längst erziehe, un terbrach fle mich, den ich bin ja zu glücklich, mit Dir o meinem geliebten Joseph sprechen zu können. I bist kei jtind mehr nnd wirft da Geheim, niß, da ich Dir anvertraue, getreulich bewahre:' Ich winkte statt jeder Antwort mit dem Kopfe und Fräulein Sophie begann: Mein Vater hatte vier Kinder: einen Sohn, meine Schwester Lenette, die den Apotheker Pechion geheiralhet hat, eine andere Schwester, die sich nach Angle court erheiralhet, und mich: ich war die jüngste. Man hatte mich in da Kloster der Augustinerinnen gebracht, und ich sollte Nonne werden. Nl die Klöster in der Revolution geschlossen und die Non nen ihre Gelübde entbunden mmde, kam ich mieder nach Hause, wa meine Kamille durchaus nicht er reute. Wäh- rend meines Noviziat war meine Schwester Lenette mit einem jungen Mann au Besangon verlobt morden E war zwischen den beiden Familien ab- gemacht, er sollte wahrend des Braut stände bei uns wohnen und später das Notariat de Vaters übernehmen. Joseph Guiod kam im Jchre 1791 zu uns und bezog da Zimmer im ersten Stock. Aber es trat ei unvorhergesehener Umstand ein, der alle Pläne über den Haufen warf. Joseph, der meine Schwester nette persönlich nicht kannte, suhlte keinerlei Neigung sür sie. Dagegen ent wickelte sich schon in den ersten Tagen zw, che ihm und mir eine geheime igm paihie. Lenette war stets nüchtern und prosaisch gewesen, ich dagegen war ideal und sogar ein bischen uderschvanalich veranlagt. Joseph und ich, wir lasen viel zusammen, botanisirten und eines Tages gestand er mlr feine Liede, die Ich erwiderte. Es war an einem Morgen, die Auri kein blühten, und zum Andenken an diese Stunde pflückte er mir eine Blume, die ich bis auf den heutigen Tag aufbewahrt habe. Obwohl wir das Geheimniß un serer Zuneigung bi zu meinem einund, zwanzigsten Jahre zu wahren beschlossen, so merkte meine Schwester Lenette doch bald, wie e um un stand. I ihrer Eitelkeit verletzt, erzählte sie Alles meinem Bater, und al Joseph um meine Hand anhielt, wurde er mit harten Wor ten vor die Thüre gesetzt. Ich mochte noch so viel weinen und stehen, nichts rührte mein Vater, und Joseph mußte mit blutendem Herzen un er Hau ver lassen. Er hatte geschworen, die Iren nun on mir nicht lange zu überleben, und er hat Wort gehalten. Er war glühender Rohalist und stand in Hit: bindn, mit dem Grafen von Artois. Im Oktober 1793 wurde er, gerade als er die Schweizer Grenze xa tren wollte, verhaftet, nach Paris zurückgebracht und vor daSRevolutions-ttdunal geschleppt In einer Zeitung, die man absichtlich in meinem Zimmer liege ließ, las ich sei- nen Tod.' Fräulein Sophie hatte das Kästchen wieder geöffnet, löste das blaue Band on dem Briespäckchm und reichte mir zwei Papiere. Da erste war der Steck, bnes des Wohlfahrtsausschusses, vom 10. Brumaire des Jahre 2 datirt: das zweite war ein Zeitungsausschnitt vom 20. Bmmaire, der die jjiste der am vorigen Tage hingerichteten Personetj enthielt; neben dem Namen der Bür gerin Roland la ich dett des Joseph Guiod. DaS ist AlleS, aS mir von ihm übrig geblieben,' sagte die alte Jungfer und trocknete flch die ugen. ei! jenem Tage lebe ich nur noch meinen Erinnerungen. Später wollte man auch mich erhetrathen, aber ich schmor. Joseph treu zu bleiben und habe Wort gehalten. -Ich liebe Sie, Fräulein Sophie, rief ich begeistert und fiel ihr um der, Hals. Du bist ein guleS Kind,' sagte sie, komm' ösler zu mir, wir werden von ihm plaudern.' Zwei Jahre später ich kam nerade von einem PsingstauSfluge zurück wurde ich zu Fräulein Sophie gerufen, die krank geworden war und mich sprechen wollte. Sie hatte sich eine Bruftfellent! zllndung zugezogen, die in ihrem hohen Alter nur lödtlich verlausen konnte. Sie lag im Bett und war schon sehr schwach. Du kommst gerade zu rechter Zeit, Kleiner,' sagte sie, als wir allein waren, Ich habe nicht ich? lange zu leben: ich fühle, e geht zu Ende. Höre mich an: Meine Verwandten werden nach meinem Tode meine Sachen durchwühlen, aber ich will nicht, daß meine Reliquien mci ner Schwester Lenette in die Hände fallen sollen.' Sie hielt mne, um Athem zu schöpfen. zog dann das Kästchen unter der Bettdecke hervor und sagte: ,33) vermache e Dir, bebaue es als Andenken. Oeffne es von Zeit zu Zeit, denke an Joseph und auch an die alte ophie, die ihn so fehr qelitM hat und mit seinem Namen auf den Lippen stirbt. Jetzt geh', meine Schwester Lenette wird bald hier fein " Ja verließ fle betrübt und eilte naj Haule. Zwei Tage später war Fräu- lein ophie todt . . ..' Viele Jahre sind seitdem verflogen. aber ich habe daS Kästchen getreulich auf. bewahrt. Joseph' Portrait steht in seinem allen Rhmen auf meinem Schreibtisch; sein B,ief rührt mich ich jedesmal, wenn ich ihn lese, und das verwelkte Blümchen erzählt mir noch immer von der treuen Liebe der alten ephik. Auch eine Heldin. 9 int efijje aus Breslau' tarflateit. Marlhe S.. Kindermädchen bei der Fr, Hlvtmn Salden i der Reichjhauptstatt, rüstete um Abziehen. Mn dcr freundliche lHo.dajtnfamm.er, die sie gemeinsam mit der herrschasilichen Köchin, einer alte Hauineilar, bat die .Gnädige' fcho , zu Hause' mitgebrachte hatte, und mit dem immer sidelen Hausmädchen bewohnte stand der bescheidene Reisekorb schon so fertig gepalt, daß er nur de Ver chlusse de durste. Aber, al diese kleine Mühe ihr unendlich schwer wurde, stand Marthe unschlüssig da und starrte, wie geisteS abwesend, auf das außerhalb deS Jen ster angebrachte Blumenbrett mit den grünen Topfpflanzen. Sie war ein star keS, frisches, blondes Mädchen, dem die greude an der Arbeit au dem freund, lichm Geflcht leuchtete. Die. Gnädige' hatte sie damals in Breslau, gleich nach ihrem Abgang on der Schule, als in, dermädchen gemiethet, und da sie sich nach jeder Richtung zuverlässig und brauchbar ei wie, vor zwei Jahren bei der Beisetzung des Herrn Hauptmann zum großen Generalstab mit nach der Hauptstadt genommen. Die beiden Km der der Herrschaft, zwei zarte, dunkle, kleine Geschöpfe, hingen mit zärtlicher ,ede an ihr. Und letzt ollte fle fort! Sie hatte sich hier so wohl gefühlt, so unsäglich wohl nach all' dem Darben und Entbehren ihrer freudlosen Jugend, nach der kümmerlichen Eristenz im Eltern- hause wo ihr Vater, von seiner Hände gleiß er war Arbeiter in einer Hand schuhsabrik acht Kinder zu ernähren hatte. Jetzt sollte sie nach Hause zurück: aus den hellen, luftigen Räumen der eisten Etage, aus ihrer freundlichen Kammer nach der ärmlichen Dachwoh, nung in einer der entlegensten Gassen der Vorstadt mit ihrer Misere. Ihr Vater war gestorben ein Hirnschlag hatte plötzlich all' dem Sinnen und Grübeln, wie der geringe Verdienst bei den hohen Preisen besser lange könne, ein Ende gemacht die Mutter seit einiger Zeit von einem schweren körperlichen Leiden gepeinigt verlangt dringend ihre Rück, kehr denn die gesandten Ersparnisse der Tochter genügen der zahlreichen Kinderschaar nicht sie brauchen die ganze volle Arbeitskraft der erwachsenen Schwester. Mit zitternden Händen zählt sie die geringe Baarschaft 30 Mark. Ein volles Vierteljahrslohn hat ihr die gütige Herrschaft, statt der nur zur Birechnung kommenden sechs Wochen noch gezrhlt. Endlich schließt sie den Korb; die Uhr schlägt .neun' in dceioiertel Stunden muß sie auf dem Bahnhof sein. Nun kommt noch das Schwerste, der Abschied von Ilse und Hans; ihren süßen Pfleg- lingen die in den schneeigen Betlchen, mit den blanscidenen, spitzenbesktzten Steppdecken, bis an die Hälschen zuge- deckt, rein zum Anbeißen" sind, wie die alte Köchin sagt die sich noch einge- funden hat, um Marlhe behilflich zu sein, den Korb zur Droschke zu tragen, Schreibe nur einmal und laß Dir'S gut gehen' sagt sie wohlwollend und druckt der Scheidenden noch ein Packet mit Eßwaaren für unterwegs' in die Hand. u lange, ermüdende Fahrt vierter Klaffe will nicht enden eine heiße stickige Luft benimmt ihr fast die Sinne. chwer lehnt der blonde Kopf gegen die harten Lehnen und unaufhaltsam rinnen die Thränen über die Wangen Endlich umfängt sie ein unruhiger Schlaf! Im Morgenroth dammern die Thürme ihrer Vaterstadt sie ist am Ziel! Wäre sie nur schon in der Woh nung. Endlos winden sich die in der Krühe noch menschenleeren Straßen endlich ist die Vorstadt erreicht. Ein hohes, unfreundliches, schmutziges HauS trägt die Nummer, welche die Mutter ihr aus der Postkarte angegib? hat. Sie tritt ein ein paar zerlumpte, ver- schlafene Burschen, die in der im Sou terrain befindlichen Kafteekiappe ihr Frühstück eingenommen hatten, renne sie fast um und rufen ihr einige freche Be merkungen zu. Schwül dringt ihr aus der engen Treppe die Litft entgegen je höher sie steigt, desto beklommener wird ihr um's Herz. Wer nur i dieser Luft athmen könnte l Wie Blei liegt e ihr auf der Brust und in den Glider. Und doch fühlt sie ein heißes Wünschen, ei namenlose Sehien, end lich in den Aimen der Mutter zu liegen, sich an ihrem Herzen auszuweinen, die Geichwifler, diese kleinen vaterlosen Ge schZpse zu küssen. Enger und enger weden die an sich schon nicht breite Treppen : nehmen denn die Stufen gar rein Vnoe? Endlich ist sie oben ihre Schritte klingen laut und hohl von dem brttternen iiakdoden nieder. Eme Zwx steht u ihrem Empfange weit offen, sie tritt in die Stube, die, grell von der Margen sonne erleuchtet, ihr in all' ihrer Armuth und Leere entgegenstarrt. Ader ma ist k-sO w:-'r-:- . . .1 r H VUSI ji uic ucinc, mutiere, georech: liche Frau, die dort regungslos an dem wackeligen Tisch lehnt, wirklich ihre Mutier? Wie ein Bann scheint es ihr in die Glieder gesahren, daß ste die Thür nicht mehr erreichen konnte, um die Tochter zu bewillkommnen. Als mZ eine Ewigkeit von Leiden über ihre Züge gegang!, so steht die grau da und blickt wortlo! aus Marthe. Auch diese bleibt einen Augenblick sprachlos, dann aber liegt sie mit einem Ausjch.ei, der nicht au, menschlicher Brust zu kommen schien, zu Füße der Mutler, die arme kraule Gestalt umklammernd, und wieder und immer wieder mit dem süßesten Namen nennend. Vergieb, daß ich , lange zögerte,' schluchz sie einmal über das andere, jetzt bleibe ich j bei Euch nun soll Alles gut werden ach wie lieb will ich Euch alle habe für Euch sor ge und arbeiten I Du, Mütterchen, sollst gesund erden, ich will Dich pflegen, ich wußte ja nicht, daß Ihr mich so nöthig braucht, sonst wäre ich läng'! ge komme I' Hallig öffnete sie ihr eld, täichchen und zählte die ersparten ?eld stücke i de zitternde Hand der Ali,, Sie sie kramp'hast michließt. Zeh, zwanzig, dreißig Mark, welch' ungt hture Summe wie lange hat ste so viel nicht beisammen gesehen I Und ein parkaslenbuch habe ich auch noch, er zählte Martha, glücklich lächelnd: all mein Lohn und die Weihnachtsgelder von der Herrschaft, die Trinkgelder, sind da eingezahlt e sind beinahe ein- hunoeriund,uijig Man die Gnädige meint, e solle zu meiner Ausstattung! Nun der erste Rausch vorüber ist, sieht sie sich im Zimmer um. Ring um die Wände in dem kahlen, niedrigen Ram flehen sech Kinderschlasstellen, deren kleine Insassen in friedlichem Schlummer liegen; bleiche, zerbrechliche Geschöpse, ohne Kraft und Saft, deren harte, ungepflegtes Haar die Augen tief beschattet: zahllose Fliegen uuischwirren Die agerslallen. X'autloS tritt sie heran und legt ihre kalte, zitternde Hand aus die heiße Köpfchen; tausend gute Vor sätze keimen in ihrem Herzen. Wie will sie die Geschwister pflegen, wie für ste arbeiten! Sie ist jung! Aber hat nicht einmal der Herr Hauptmann gesagt: Jung sein ist reich sein," uno man muß die Jugend genießen, sie ist qar zu kurz, und alle haben die Jugend gepriesen und ste, die Marthe, hübsch gefunden und ihrer von Kraft und Leb strotzenden Gestalt wohlgefällig und begehrlich nach-geschaut. Auch der kleine Spiegel in ihrem Mädchenzimmer und der Bursche vom Herrn Haben'S ihr oft gesagt, daß sie hübsch ist. und nun? ie Mutter hat sich wieder auf da ärmliche Lager au gestreckt. Resignirt fetzte sie sich auf den harten Stuhl, der daneben steht. Sie sieht sich um nach etmag Eßbarem, etwa Trinkbarem, die lange Nachtfahrt und die Aufregung haben ihr Hunger und Durst gemacht. Ob sie hinunter in die schmutzige Kaffeewirthschast gehen soll, aus der die Burschen kamen? Aber die Mutter und Geschwister wollten doch auch srühstückenl O, wie da Elend sie anekelt, nachdem sie vier Jahre gewisser maßen in Wohlstand und Ueberfluß ge lebt hat! Warum mußte sie au ihrer schone telle fort Mit welcher Sorg fall hat sie täglich Ilse und Hänchen ge- badet und sie in die frischen, niedlichen Kleidchen, Luft und Scherz mit ihnen treibend, gehüllt, In was soll sie diese schmutzigen Kinder waschen In ma ste kleiden? Sie halle einen wahren Abscheu vor den eklen Lumpen, die an verschiede nen Stellen aus der Erde aufgestapelt Hegen, alhlos steht fle Da. 14 gibt noch einen anderen Tod, als den, den wir sterben,' Diesen Ausspruch hat ste einmal in einem der Romane gelesen, die daS flotte Hausmädchen immer abon nirte und in denen so schöne Bilder waren, Das sällt ihr ans einmal ei und jetzt glaubt fle den weisen Ausspruch zu verstehen. Es gibt noch einen an- deren Tod, als den, den wir sterben' und den lebt sie letzt, zurückgeworfen in die Atmosphäre der Armuth und deS Elends, nachdem sie eine Zeit lang in Hülle and Fülle unk, Reinheit geathmet. Die Monate reihen sich aneinander, ein Jahr folgt dem anderen, da Leiden der Mutter hat sich nicht gebessert, sie siecht langsam dahin, kann flch aber bei der guten Pflege, die ihr Marlhe ange, deihen läßt, noch lange halten. Die kleinen Ersparnisse ihrer Dienste zeit sind längst aufgezehrt, Krankheiten der Kinder und die theuren Lebensmittel hüben nicht viel Zeit dizu gebraucht, Marthe hat die Arbeit gelernt, die der Beruf ihres verstorbenen VaterS war Handschuh dresstren", eine schwere, an ftretiMdk Arbeit, Wie pief Zeit kann sie aber z der Arbeit erübrigen, da ste sieben Menschen zu ernähren, zu derlei den und nur zwei Hände hat; dazu die franke Frau zu hüten, die auch Nachts beim trüben Schein der Lumpe ollein sitzt, fleißig an den Handschuhen schassend, um ein paar Groschen mehr zu erübrigen, so komm! wohl manchmal die Gedanken an die Birgnngenheit und wie gut sie's haben könnte wenn sie allein wäre'; zwei kleine mit Spitzen und Bändern umhüllte Schwarzköp'chen tauchen dann vor ihre Sinnen aus. Vergangenes Glück! Der Jugendschmelz ist längst on ihr gewichen, obgleich sie erst einundzwanzig Jahre zählt. Den Antrag des jungen Meister vis a vis, der sein Herz ob ihrei stille sreundlichm Schaffens und ihrer liibreichen Sorge um die Ihrigen, an ste verloren hatte mußte sie ablehnen. Er hatte nur feine fleißigen Händel Wer soll für Mutter und Geschwister sorgen, wenn ich selbst einen Hausstand gründe? hatte sie aus sein liebevolles Drängin thränenden Auge erwidert, denn sie lieble den jungen bescheidenen Menschen mit den treuen, blauen Augen und den harten schiieligen Händen. Meine Hoffnungen sind eingesargt,' setzte sie schmerzlich lächelnd hinzu, ein kücheln, das ihm die Seele zerschnitt. Doch al dann die kleine wilde Schaar ihrer Geschwister, srisch und blühend in das Zimmer stürmend, sie umarmend, da bereit flehende Äbendbrod fröhlich verzehrte, sagte sie leise mit einem dank baren, ondZchllgen Ausblick: Ihr seid meine Hoffnung! hämmern hergestellt werden, die theil durch Menschenhand, theil durch Was, serkrast bewegt wurden. Eist al die Dampsschiffe ständig den Ocean zu durch queren begannen, brauchte ma sür sie schere Kurbelwcllcn und Kolbenstangen, und da trat die Nothwendigkeit der Her stellung besonder großer Schmiedestücke gebieterisch hervor. Man erinnerte sich an das Patent von Jame Watt, prüfte die Erfindung, genauer, fand aber, daß fle für praktische Zwecke nicht gut er wenddur war. Erst im Jahre 1838 gelang e dem Engländer Jame RaS, mylb, eine wirklich brauchbare Eon struktion zu ersinne; der Gedanke wurde om dem französischen Ingenieur Bourdon aufgegriffen, im Jahre 1843 stellten die Gebrüder Schneider in ihren beiühm ten Werken von Creusol im Departement Saone et Loire dcn ersten Dampfhammer auf, ES war noch ein einfach wirkender Dampfhammer, bei dem der Hammer klotz oder Bär' durch de Dumpfem porgehobc wurde und dann durch eigene Schwere auf den Amboß niederfiel. Der modeine Cyklop bewährte sich, und nun wuchsen allenthalben Dampfhämmer an der Erde, und die Ingenieure bemühten sich, die schweren Maschinen zu er bkffmi. Schon im Jahre 1842 nahm NaSmhth ein Patent auf einen doppelt wirkenden Dampfhammer, bei dem' der Dampf den Hammerklotz nicht nur env vorgehob, sondern beim Niederfallen mit kräftigerem Antrieb versorgte, wodurch die Schlagkraft bedeutend erhöht wurde. DaS Gewicht des HammerbärS schwankte je nach Bedarf; in der Regel betrug eS 5 bis 80 Centner, während die Fallhöhe zwischen 0,f bis 1 ni sich bewegte; aber für besondere Zwecke, zur Herstellung der größten Schmiedestücke, errichtete man riesige Dampfhämmer, und auf diesem Gebiete behielten die Werke on Ereusot die Führung. Noch heute besitzen ste neben vielen kleineren den größten Dampshammer der Welt. Die Riesen Maschine, die nebenbei gesagt 3 Millio nen Fraiiken kostete, wurde im Jahre 187 erbaut. Ihr Bär' wiegt 1 Centner und hat eine Fallhöhe von 5 rn; das Gewicht der Chabote, auf welcher der Amboß ruht, beträgt insgesammt 17,200 Centner; der Cylinder, durch welchen der Dampf auf den Hammer kolben wirkt, besitzt einen Durchmesser oon 1,40 m, während da Gesa,nmlge wicht aller zum Aufbau des Riesenham merS nöthigen metallischen Theile sich aus rund 24,68 j Centner beläuft. Deutschland besitzt den zweitgrößten Dampshammer der Welt, der in dm berühmten Werken von Krupp in Essen schmiedet und ein Bärgewicht von 1000 Centner bei 3 m Fallhöhe besitzt; der drittgrößte Dampfhammer steht in Wool wich und hat ein Bärgewicht on 750 Centner, Der Dampf erwies sich aber noch ach liner anderen Richtung hin als ein aug gezeichneter Schiniedegeselle. Er schwingt ich! nur Niesenhämmer, die zehntausend und zwanzigtausend Schmiede kaum bc wegen könnten, sondern versteht auch mit kleineren Hämmern das Eisen so schnell zu bearbeiten, daß der geschickteste Mei- ' ster mit ihm nicht wetteisern kann; den man baut auch schnellarbeitende Dampf Hämmer mit geringem Bärgewicht, welche in einer Minute bis 1500 Schläge aus theilen können. In neuerer Zeit bat man auch beson dire Dampfhämmer errichtet, bei welchen me chmiedistucke zwischen zwei flch wagerecht geaen einander bewegenden Hammeibären bearbeitet weiden, und gegenwärtig wird in Creusot eine der ailize Nie eiimalchine gebaut, welche ge wallige Schmiedestücke bcarbeiten und die Schlagkrast eines Dampfhammer von 1200 Centner Bärgewicht und S m Fall höhe entwickeln soll. Der Dampskamnitk. der moderni Cyklop, blickt nunmehr auf eine rühm reiche fünfzigjährige Thätigkeit zurück, aber der Forlschritt aus dem Gebiete der Industrie nimmt kein Ende, schon ist an seiner Seite ein neuer Schmied geselle erschienen, der elektrische Strom, der in den Werkstätten des Vulkans in kürzester Zeit eine wahre Revolution her vorrufen wird. Moderne Cyklope. Vor sünszig Jahren mar es schon führte der Dumps die Menschen über Länder und Meere, schon trieb er zahl- lose Maschinen, welche menschliche Hand entlasteten, als man ihm eine neue &r. bei! aufbürdete, den tIewaltigen ,um chinikdqesrllen machte, uf den Ge. danken, den Dampf zum Bclricbe großer Hammer zu verwenden, war allcrdinos bereit der Begründer der Dampfindu strie JameS Watt gekommen und hatte am SS. April 1784 ein nzl!seS Patent aus eine derartige Ei finkung erworben. Aber die erste Tan xsmaschien, fc!of moliie und Daaixischifie koinlen ncch k. ..i.:. a.L.i. gui v givb,ii.&ii .pcu Ulm in grober Gefahr. Am 11. Juni 1631 meldete eine Vieh- magd, die im Gasthause zum Deutjchen HauS' zu Ulm diente, einigen Bürgern, daß sie etwa auf dem Herzen habe und in ihrem Gewissen nicht ruhig werden lanne, di fle sich ruft gemacht. E lägen nämlich im Deutschen Sau' viele Centner Pulver erborgen, man solle nur unverzüglich sucht, da werde man sie finden. Man wolle am nächsten Sonntag während der Predigt damu die ganze Stadt in die tust fxrengen, und zu dlkjemZweck sei bereits eine alte Beitel' dazu beflellt, iclche Werk zu vollbrin gin. Die Mittheilung wurde sofort tm Ruche angezeigt, und dieser schickte soldulen in da Deutsche Huun", die e,en unter der irde b ,um Pulver thurm gegrabenen Gang entdeckten, auch das Paloer fanden. Sofort räumte man aui dem Thurme die vielen Centmr Pul er, die daselbst lagen, weg. Ächt Pr, sauen, darunter vier Webr, wurden als oerdiichlig dieses scheußlichen Leibrechen gefSnglich eigej0zen. Das ganze Un leinchmen ging von den aiieUchen' tu, welche die Stadt bei dcr natürlich enistchende Verwirrung üdcniPel aoüien und sich schon in der Nahe heim lich aushielten. Sc, miete eine Sich mioo eine Qame Stak, mit all ihnn Sriühuilheiten vor sicherern Umergunge. 9atrr1mtT. .SchZd', dutz mein Pexcrl g'ünbei, ist! Heus wär' er qerad' vier Joi' alt ,e schön könnt er mir ,lt sn 's ?ier hol n!'