Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, March 09, 1893, Image 10

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    Der Klügste gibt nach.
Humoreske von ZI. G r h e 1 1 - P u t n i l.
Durch die entlaubten Bsummixfel
strich seifend der nächtliche Dezember
Wind und heulte schaurige Melodien in
den Rauchfängen der Häuser.
Feudaler tutm," brummte der
Bruder Studio und dehnte sich behaglich
in dem riesigen Sorgenstuhle des Wohn
immer, indem er seine linke er
schmarrte Gesichtsseite und da halbe
Ohr, welche ihm die letzte Mensur noch
gnädig gelassen, in die andere Backen,
lehne des Großvater-Sesselg lehnte.
Um den runden Tisch des angenehm
durchmärmten Gemaches saßen bei heller
Lampe eifrig arbeitend die Töchter de
Hauses, die drei Fräulein Balzer, und
mühten Augen und Hände mit den un
vermeidlichen Weihnachtsarbeiten ab,
Käthe, die älteste, fabrizirte mit flinken
Fingern einen dunkelrolhen Atlaspuff,
eine sogenannten Wonnekloß. Frida,
die zweite, malte Blumen auf das Titel,
ilatt eine Albums und setzte den ita
liemschen Anemonen eben hellere Kelche
ein. Anna, die jüngste der Schwestern,
stand an einem Probirständcr und ord
nete sorgfältig den Faltenwurf eines
dunkeln Hauskleides, da für die Mama
bestimmt war. Bei der zufriedenen
Aeußerung ihre Bruders hob sie nun
flüchtig das Stumxsnöschcn des blonden
Weißt Du, Kurt meinte sie vor-
wurssooll, wenn der Sturm so sänd
hast mit dem schönen Schnee herumraft,
werden wir womöglich zu Weihnachten
keine Schlittenbahn haben, und au der
Fahrt zum Onkel Dietrich wird dann
ich,!'
Ra, wär' daS aber ein harter Schlag,
kleine, denn dann bekämst Du den
lieben Vetter Fritz in seiner neuen
Forstunisorm möglicherweise auch gar
nicht zu sehen neckte dann der allezeit
zu kleinen Scharmützeln aufgelegte Bru-
Wenn Tu den Kummer überlebst,
Cousine Elfe's Anblick nicht genießen zu
können, werde ich wegen Vetter Fritz
wirklich nicht or Leid in die Grube
f ehren," erwiderte schmollend und merk,
würdig schnell Schwester Anna.
Kurt beugte sich seitwärts aus seinem
umfangreichen Möbel, blinzelte zu feiner
Schwester hinüber und da sie ihn mit
Nichtachtung strafte, langte er mit der
Rechten in einen zur Seite deS Osens
stehenden kleinen Korb und zog an der
Halskrause den Familienhund Tommn mit
kräftigem Griffe daraus hervor.
Haft Du gehört, Timmn, wa die
da sprach?' fragte er, liebevoll da
Fellchen deS schwarzen Thieres streik
chelnd, auf diesen ein. Schrecklich sind
die Mädchen alle, ja, o ja! Seelenlose
Geschöpfe mit verkleinertem Gehirn und
erengerten Herzmuskeln, großen e,
danken ganz unzugänglich. Das r
üth fehlt ihnen, Tommy, das Ge
müth!"
Der Teckel rührte sich nicht, dafür
aber glänzten Fräulein Käthen's lachende
Augm den Aussteller dieser schönen Be
hauxtungen äußerst belustigt an.
Ganz wundervoll erdacht, beurtheilt,
gesprochen, lieber Junge! Der Herr
segne Deine ferneren Studien aus diesem
Gebiete.'
Auf Dich, Schwesterchen, sollte sich
da eigentlich nicht beziehen lenkte der
Belobigte in eine gesicherte Stellung zu
rück. Du gehörst als angehende Braut
zu einer andern Kategorie, die natürlich
über meinem Urtheile fleht!'
Damit sprang der Sprecher aus, er
beugte sich förmlich in der dritten Post,
tion und zog das Gesicht in angemessen
würdevolle Falle. Der unsanft zur
Erde gefallene Teckel quiekte hell aus und
flüchtete auf die warmen Decken seines
Körbchens,
Käthen Gesicht war plötzlich ernst ge
worden.
Vater hat am vorigen Sonntag Knut
Mahlen einen mohlgerundeten Korb ge
eben, als er um mich anhielt,' flüsterte
sie hastig.
Die braunen Augen des Bruders wei
telen sich groß unter dem Eindrucke eines
namenlosen Staunens.
Ader warum denn nur?' fragte er
ebenso leise.
Warum? Nun, erstens paßt ei
Geistlicher Vater schlecht in seine Fami
lie, zweitens hat Knut Mahlen nichts
und ich nicht allzuviel, und drittens
möchte Vater, daß ich den jungen Bolte
Heirathe.'
Ja, aber Käthe, was soll dem aus
all' dem werden?'
Gar nichts, lieber Bruder Kurt, und
doch viel. Ich arte einfach noch eine
Weile und Heirathe dann meinen Knut.'
Der Bruder nickte eisrig. ,
Brav gedacht, Käthe! Aber wer und
wird denn eigentlich Vätern wnfiirn,
en?',
Nur nicht den Kopf hängen lassen
und m! einer schlechten Laune, oder auch
gar mit gramverdüfteiten Zügen und
rothgtweinten Augen herumgehen ! Das
ist für Vater der bestgehaßte Anblick!'
.Ja, an i,usehen ist Dir von der Ge
schichte wirklich gar nicht, siel der Bru
der jetzt ein. Gelt, Frida, sie ist ge,
rd so sidel und guter Tinge wie stets?"
griea yov langsam ihre grotzen blauen '
Augen zu dem Sprecher empor. Aus j
ihrem feinen Eesichtchen lag eiir weicher, i
schnirü!h!zer Ausdruck, ihre schmalen, j
weißen Finger zuckten leif, um den
Pinkel.
Ich begreife gar nicht, wo sie so viel'
SiegeSgewißheit bei so wenig Aussichten ;
hernimmt!' 1
Jdr seid Beide sam, Du sowohl j
! K!:he, Frida.' tagte er und strich,
liebkosend über die braunen, lockigen,
jure dei zierlichen Mädchens. Tommv,
undethier, ich nehme meine Behaups!
lungeu von orh'n zurück? Meine näch?e
Sorge soll sei, den jungen Bolte mög,
lich anzuekeln, damit er wenigsten uns
da Feld hier nicht mit Diestcln und
Dornen besäet. Weiß überhaupt nicht,
ma dieser blonde Riese um unser Kä
lhing henimzuscherwenzeln hat, wenn
sie' nicht haben will. He, Tonnn, du
Murmelthier?'
Käthe und Anna blickten ihn amüstrt
an, Frida neigte den schlanken Kopf über
ihre Malerei und gab der untersten
Blüthe einen ganz unmotivirten schvar
zen Kl. Der Teckel schwieg sich aus,
Ra, e i all' so, dat Leddcr i,'
meinte Kurt, habe mich heute mächtig
angestrengt, zwei Hasen geschossen und
diesen höchst ehrenwerthen, ritterlichen
Beschluß als Bruder meiner Schwester
gefaßt. Die Sache muß befchlafcn wer
den. O, da beißt mir keine Mau ein
Zipxelchen davon ab I Gute Nacht,
Kinder!'
Nächster Tage gab sich der pgichteif-
rige Bruder die erdenklichste Mühe, den
lieben Gutsnachbarn Herrn Franz Bolte
zu stellen, um ihn anzuekeln; allein
vergeben! Der Gesuchte war zu seinen
Eltern gereist, und unser kämpfe,
muthige Studio mußte sich in Geduld
fassen.
Papa Balzer hatte seinen Morgen,
kaffee genommen und saß am Schreib
tische vor einem Stoße Akten. Auf sei,
nen mettergebräunten, energische Zügen,
durch die ine starke Portion Gutmüthige
keit schimmerte, lag ein nachdenkliches
Grübeln. Seine Finger rollten mecha
nisch ein Blättchen Papier. Mit Käthe
war das wirklich eine dumme Ge fflichte,
Vergafft sich da Mädel mir nichts, dir
nichts in den ersten besten neugebackenen,
kaum anaestellten Prediger!
Wird nicht klein beigeben,' brummte
er unwirsch or sich bin, natürlich nicht
Ist ja mein eigen liebe Fleisch und
Blutl Hol der Henker mit den
Mädel allzusammen!' rief er plötzlich
in höchstem Aerger laut au und schlug
mit er Hand aus die tschptakic, du
da Schreibzeug einen erschreckten
Rutsch bis zum äußersten Plattenrande
machte.
Durch die Thllrritze steckte sich der Kopf
der Hausfrau, derselbe zarte, kleine
Kopf, der verjüngt aus den Schultern der
zweiten Tochter sap.
Aber liebster Mann,' klagte sie leise,
.wie hast Du mich erschreckt! Welch
neuen Aerger haben Dir Deine Töchter
bereitet, daß Du solch' gottlosen Wunsch
äukerst?'
Der liebste Mann' sprang ungestüm
aus.
Gott straf' mich, Thekla, Du bist im
Stande, die Partei Deiner Kinder zu
nehmen, selbst wenn Du siehst, daß stc
sich gegen den Willen ihres angestemmten
Sinter auneynen'
Frau Thekla trat zögernd über die
Schwelle.
.Welche ungerechte Anschuldigung
liebster Mann! Wa that ich je, um Dir
daiu Veranlassung zu gebend
.Ach. es ist um aus er Haut zu sah.
ren! Käthe verbiete ich, diesen Mahlen zu
heirathen. toie sieht mich groß und
ruhig an, sagt! Ich mag ihn aver gern,'
acht hin und macht, als sei nichts orge
fallen. Frieda setzt eine Miene auf, als
wäre sie durch das ndot sllr ihre
Schwester in den tiefsten Tiefen ihrer
tiefen Seele gekränkt. Anna guckt be
ständig nach dem Schnee und Thermo
meter, Gott weiß warum, und der Junge
nun erst "
Und wa thut der Junge?'
Hilft ihr dabei und schießt mir
gestern den, besten. Hasen vor der Nase
weg!' '
Um die Mundwinkel der MuItz: dieser
entarteten Rabenkinder flog ein eriiihe,
risches Zucken.
Nun, liebster Mann, komm', sei gut,
ergieb ihnen,' versuchte sie zu be,
schwichtigen. Käthe ist doch vernünftig,
und'
Ach was, ernünsiig!' unterbrach
sie mit erstaunlicher Heftigkeit durch's
Zimmer rasend, der aufgebrachte Gatte
Sollte sie wohl nicht kennen? Denkt
sich ihr Theil, handelt nach ihrem
Kopfe, hört auf keine vernünftige Vor,
stellung. Das. Mädel ist genau so
wie "
Herr Balzer schnappte plötzlich ab,
das Schlußwort ich' wäre ihm beinahe
auch noch in seinem gerechten Zorne ent
wischt.
Ein eben in den Hos fahrender Schlit,
ten überhob durch seine Ankunft die
Hausfrau jeglicher Meinungsäußerung
Sie zog sich geräusch'os in ihr Zimmer
zurück.
Der Insasse des Schlittens, ein auf
fallend großer funger Herr in riesigem
Bärenxelze, warf dem Kutscher die Zügel
zu, stieg au und trat in' HauS.
In dem größten Zimmer desselben
war der Herr Student nebst Schwester
Käthe mit dem letzten Schmucke des
Baume beschäftigt, Den Gast er,
blicken und ine vielsagende Grimaffe
schneiden, war bei ihm ein.
Aha, da ist ja Bolte! Komm! der
Fuchs richtig au dem Bau', sagte er
eifrig. Na, wirt', Bursche, willst
Dich wohl wieder wie in Wiesel hier
ranmotzen?' Damit öffnete er die
Thür und ging zu dem Ankömmling hin,
au.
Guten Tag, lieber Balzer,' rief
dieser ihm freundlich entgegen, sich wei,
ter au seinem Pelze schälend. Ihr
Herr Vater ist hoffentlich zu Haufe?'
Kurt that, als sähe er die ihm geb,
tene Hand nicht, und machte eine Vcr,
beugung, all habe er just einen ganz
respektablen Ladeflock verschluck!.
Dom Gegentheil ist mir wenigsten
nicht bekannt' sagte er sehr phlezma,
tisch und reser?irt.
Ich möchte ihn nämlich gern sprechen',
fügte der Andere, etwa vcrvundert aus
blickend, hinzu.
Thun Sie, was Sie aollen', lautete
die unsreundliche Einwilligung.
Der große blonde Mann maß den
Sprecher von Kops di Füßen.
Kleinen Kater heute, hk?' meinte er
dann lächelnd.
Herr!' fuhr Kurt wüthend auf.
Bolte', half der Andere wohlwollend
weiter.
Wie untersteh' Die Thür öffnete
sich weit, Papa Balzer erschien aus der
Schwelle.
Ah. Sie sind das. lieber Bolte',
sagte er herzlich, willkommen in Lan
genselde! Bitie, treten Sie doch näher.'
Damit zog er den Gast in sein Zim-
mer, und dieser schloß hinter sich die
Thür or der Nase deS ausgebrachten
Kurt.
Na so 'ne Flegelei!' grollte der iw
grimmig, seinen Rückzug zu Käthen an,
tretend. Klemmt mir beinahe den
Riecher aus dem Lokal! Aber gemerkt
hat er doch was. Fortsetzung folgt
späte,!'
In der Küche, in der Frida und
Anna mit der Bereitung de festtäg,
lichen Kuchens beschäftigt waren, hatte
man daS Kommen des Schlittens auch
bemerkt.
Der Friedrichöroder ist da,' kicherte
Anna, werden da aber Käthe und Kurt
sich riesig freuen. Aber Frida, um Got
tesmillen, was machst Du denn wieder
für Geschichten!" unterbrach sie erschreckt
ihren angenehmen Gedankengang, Ein
bischen zerstreut ist ja Jeder, aber so wie
Du! Wirfst mir die unabgezogenen
Mandeln anstatt des Mehls in den schön
gegangenen Kuchenteig? Nun sammle
sie Dir aber auch gefälligst wieder 'raus,
dabei kannst Du wenigstens keine neuen
Konfusionen machen! Wenn ich nur
wüßte, waS Dir eigentlich ist?' wunderte
sie sich weiter.
Frida ließ traurig den Kopf hängen,
Verzeih,' bat sie demüthig und machte
sich schweigend an das Heraussuchen der
unabgezogenen Mandeln.
Oben In seinem Zimmer saß unter,
besten der Hausherr seinem jungen Gaste
mit einer Miene gegenüber, welche die
höchste Potenz seine Staunens aus
drückte, Wie sagten Sie?' fragte er eben,
als habe er seinen Ohren nicht getraut,
Ich bitte Sie um die Hand Ihrer
Fräulein Tochter Frida, und hoffe,
daß -'
I, da schlag doch Der und Jener
d'reinl' machte der betroffene Vater,
dem Andern in die Rede fallend, seinem
gepreßten He-zen Lust. Die Frida
wollen Sie heirathen?"
Ich glaube, der Zuneigung Ihrer
Fräulein Tochter gewiß zu sein!'
Das Herbstküken?' fuhr Papa
Balzer noch immer unter dem Ein,
drucke seine maßlosen Staunens un
beirrt sort, nein, das ist ja sonderbar!
Da denke ich nein, wa man mit
seinen Mädels nicht Alle erleben muß
e geht faktisch über 'ne alte Hut,
schnür!'
,He, Frau, Thekla!' rief Herr
Balzer aufspringend in' Nebenzimmer
hinein, komm firing mal her und gieb
Deine Meinung zu einer hellen Frage
ab ich weiß nicht mehr, wa ich denken
soll!"
Frau Thekla kam und gab ihre Mei,
nung ab. Fräulein Tochter Frida wurde
herbeibeordert, kam auch, ihre erstaunte
Schwester und die halbausgele'enen
Mandeln meuchlings im Stiche lastend,
und gab die ihre dazu.
Da fand sich denn sunderb arerweife,
daß die beiden weiblichen Meinungen
aufs Haar mit denen Voltes überein,
stimmten, und daß Fräulein Frida in
Sonderheit nicht das geringste Verständ,
niß für die ihrem Vater so groß erschei,
nende Komik und Unoerftändlichkeit der
Situation besaß. Im Gegentheil! Sie
fand fich mit eitel Freude und strahlend,
stem Glück in diese Wendung der Dinge
und flüsterte späterhin ihrem Verlobten
zu, daß sie ganz gewiß todesunglücklich
gewesen sei, eil sie auch zu glauben an,
gefangen, er möge Schwester Käthe lieber
als sie!
Ueber Papa Balzer war eine ganz
kuriose, nachdenkliche, weiche Stimmung
gekommen. Er schaute hinaus, schüt
telt den Kopf, durchmaß mit bedächti-
gen Schlitten sein Zimmer und setzte sich, ,
eine Feder ergreisend, schließlich an sein
Ichreibpult. j
Das Brautpaar war zu den Geschmi,
stern gegangen. Es folgte hier eine all,
gemeine, fehr luftige Auseinandersetzung,
und der schnell versöhnte Kurt weihte den
lieben Schwager in den endgiltigen Be
schluß de Geschaifterkongresses von der!
Sturmnacht her ein, j
Wißt Ihr, Kinder,' rief der unter-
nehmende Jüngling, ich glaube, etir1. j
Knut Mahlen heute herr'ommm wäre,
anstatt damals, hätte er ein rundes Ja'
für daS häßliche Nein' bekommen, denn '
erstens ist heul' ein bekömmlicher Tag
und zweitens hat Vatting ja nun auch
seinen Wille mit einem ländlichen'
Schwiegersöhne.' )
Laß Mahlen heut' noch 'mal pro- j
biren,' schlug die plötzlich kühn gcwor, j
dene Frida vor. Wir helfen Alle bit-,
ten, nicht wahr, Franz?' !
Brillante Idee,' stimmte er eifrig j
zu. kchreidt ihm eine arte unt schick!
schnell meinen Kutscher zu ihm.'
Gesagt, gethan: Herr Kurt schrieb.
siegelte und begab sich auf de Hos. ,
Hier siel ihm zuerst der raierliche Schlit,
len, der angespannt zur Abfahrt bereit
stand, in die Lugen. AI er Bolle
Kutscher abzesertigt hatte, trat er zu dem
eigenen.
He, Jochen, wo fäll die Reis' hin.
zahn?'
Je, Herrmg, de: f II ick ritt, 'eg
gen!'
Wal? Rich srggeni He i arl! ;ü
nich richtig in sine Deetz?'
Je, Hcrring, laten' man flnd, del
geiht wahrhastig nich. MölcnS weiten,
da! uns' oll' Herr det so anordenier!
hett. Ick war denn ja woll min Mul
Hollen I' Damit stieg Joche bedächtig
ein und kutschirte dem Bolte'schen Schlit,
ten nach, langsam vom Hofe herunter.
Der Tag erging, der Abend kam.
Festesfreude, Weihnachtszauber legte sich
über die Herzen der Menschen.
In dem Weihnachtszimmer zu Langen,
selde strahlten hell die Kerzen und klan,
gen feierlich die Weihnachlsliedcr, von
andächtigen Stimmen gesungen. Fried,
licheS Glück lag über dem Familien,
kreise und leuchtete vor Allem aus den
Augen de Brautpaares und Papa Bai
zers.
Nur die arme Käthe hatte banaeS
Herzklopfen und meisterte mit Mühe
ihre Aufregung. Bolle Kutscher war
ohne bestimmte Antwort von ihrem ge.
liebten Knut zurückgekert, sür ihren
herrlichen Pust halte sie auch noch reinen
Dank empfangen. Dachte er, doch noch
selbst zu kommen? Wie würde das denn
aber ablaufen?
Plötzlich wurde Papa Balzer hinaus
gerufen. Unmittelbar darauf öffnete stch die
Thür und er selbst mit dem getreue
Jochen hinter stch trat ein. Zwischen
ihnen schwankte ein großer, gefüllter,
verdeckter Waschkorb, den sie einträchtig,
lich schleppten.
Hier, Käthe, ein schönes Geschenk
sür Dich, eben vom Christkindchen ab
gegeben,' sagte er vergnüglich schmun,
zelnd.
Dabei setzten sie den Korb mitten in's
Zimmer.
Käthe trat mit großen Augm erstaunt
näher.
Für mich? Von wem?'
Von mir, Kinding?'' lautete die
väterliche Antwort.
Käthe schickte sich an, die Hülle zu
heben.
Kaum hatte sie aber dieselbe berührt,
als eS im Innern des Korbes merkwür,
dig lebendig wurde, und ehe sie noch
Zeit gehabt, eine klare Vorstellung zu
soffen, sprang, s wie er leibte und lebte,
der Gegenstand ihres Hangens, Ban,
gens und HoffenS, den bewußten Wonne,
kloß im Arme haltend, daraus hervor
und schloß ohne Umstände die jäh Errö,
thende auch noch kräitiglich dazu an seine
Brust.
Lachen, Staunen, laute Rule Alles
scholl wirr durch einander. Ter unver,
besserliche Teckel bellte und schrie quik
send in den allgemeinen Jubel auS
Leibeskrästen hinein, und es dauerte
eine geraume Zeit, bis sich die hoch,
brandenden Wogen der lauten Freude
legten.
Die glückliche Käthe hing am Halse
ihre schmunzelnden VaterS. Wie hast
Du das nur so herrlich ausgedach! und
ausgeführt, HerzenSvater?'
Ja siehst Du, mm Lütting, ich über,
legte: Der Klügste giebt nach und das
wollte und mußte ich doch alleweile sein
für' Uebrige kannst Du Dich bei
Jochen bedanken!'
verklunzene Akkorde.
Zlorelette von War W o n I a i, i.
Eräsin Mathilde war soeben vom Lalle
zurückgekehrt. Die Zofe war herbei
geeilt und wollte ihrer Herrin beim Aus,
kleiden behülflich fein.
Geh' zu Bett, Minna," sagte die
Grösin, es ist spät und ich helse mir
hiutk schon selbst!' Die Zofe ging. Un,
hörbar schloß sie die Thür, nur die fchme
ren Portieren rauschten, als sie hinaus
ging. Und dann war G'äsin Malhilde
allein.
Es ist warm hier!" flüsterte sie und
erhob sich rasch. Sie trat zum Fenster,
öffnete es und sog mit vollen Zügen die
kalte, erfrischende Schneeluft ein, die
von draußen hereinströmte. Leise fiel
der Schnee, und die Straße glänzte im
weißen, köstlichen Gewände. Einige
Augenblicke sah die Grämt hinaus, dann
schloß sie das Fenster und ging zum
Sopha zurück. .
Ein leiser Seufzer entstieg ihrer
Brust.
Sie mußte zurückdenken an den heuti,
gen Ball. Es war eine glänzende gest
lichkeit gewesen, zu der sie geladen war,
und sie hatte als die Königin des Festes
die Herzen der Männer iezaubert. Sie
warf einen Blick in den ihr gegenüber
hängenden Spiegel ja. eS war wahr,
Gräsin Mathilde war ichö, und Hun,
derte schon hatten es ihr gescg:: Aber
cS gab sie auf diese Hunderie! Nur
nach Einem sehnte sie sich, und dieser Eine
hatte e ihr noch nicht gesagt.
Sie schloß die Augen. Bild us Bild
einer schönen, glücklichen Vergangenheit
zog an ihr vorüber. War es denn nun
irklich schon vierzehn Jahre her, daß
sie mit dem Lehrerssohn Richard in ihrer
schönen, bergumkränzten Heimaih durch
Wald und Feld, durch Berg und Thal
schweiste, daß er ihr am Bache bunte
Kiesel in den Schooß schüttete und sie
dann jedesmal mit seligem Lächeln
traate:
.Ha Du mich nun lieb, Tilda?"
Und dann nickte sie und legte ihren
Arm um seinen Nacken, bis er ihr leise
in das Ohr flüsterte:
So muß es immer mit uns bleiben!'
Ja, e blieb so fo lange sie Kinder
waren. Dann mußte Richard das Gym
nasium und spater die Un:ersi!Z: tezie
hen, während sie nach einem Pensionat
gesandt wurde, um dort zu einer Welt,
rame ausi;coif.ici zu ii .ft.i.ui.k n- u'uiji.c
es lange, ehe sich die Beiden Bieder ein-1
mal zu sehe ekamen.
Eine Abend war er ihr x'cslich au!
dem einkamen Waldweg begegnet, der in
tausend Windungen durch ten Gebirgs
trt'.t hinunkersühr in ihr heimaihlichei
Thal.
Grüß Sie Gott. Gräsin Mathilde!"
halte er mit seiner schönen, klangvollen
Stimme gesagt und ihr fröhlich die Hand
entgegengestreckt. Sie ahm die Hand
und duldete e, daß er die ihre schweigend
an seine Lippen führte.
Lange ginge sie dann still neben
einander her: Kein von Beiden sprach
ein Wort. Endlich aber brach er das
Schweigen.
,E wird wohl da letzte Mal aus
Jahre hinau sein, daß wir un sehen,'
sagte er.
Fast erschrocken schaute sie zu ihm aus.
.Da letzte Mal? Warum?'
Ich habe einen ehrenvollen Antrag zu
einer Reise nach Ostindien erhalten, und
es wir an orei ahre dauern, ehe ich
zurückkehre "
ES schien, als erwarte er eine Ant,
wort. Aber sie schmieg, und nun fand
auch er keine Worte mehr. Wortlos
schritten sie zum Thal hernieder, und
wie weit auch der Weg war, diesmal
wurde er ihnen dennoch kurz, und sie
erschraken beinahe, als sie nun plötzlich
unten angekommen waren und sich Iren,
nen sollten.
Ich reise bereits morgen ab, Gräfin
Mathilde!" sagte er leise.
Ihr Brust hob und senkte stch stür
misch. Werden sie einmal meiner gedenken?"
fragte er dann.
Immer, Richard, immer!" flüsterte
sie.
Da hatte er ihre feine, weiße Hand
e,venqa,tt,q an seine ippen gesuhlt,
und wortlos war er von dannen e-
stürzt. Thränenden Auges sah ste ihm
nach, v,s er an der orsecke verschmun
den war.
Und dann zog die Zeit in das Land
und ließ, wie Alles, auch jenen Augen,
blick in der Erinnerung verblaffen, den
Gräfin Mathilde lange sür den köstlich
sten ihres Lebens gehalten hatte. Und
so kam es, daß, als nach Jahr und Tag
der Graf Heineck um Mathilden Hand
anhielt und ihre Eltern in das Mädchen
drangen, die Gräsi endlich Ja! sagte.
Hatte doch auch Richard lange, lange
nichts geschrieben.
So ward Mathilde Gräfin Heineck.
Aber es war keine glückliche Ehe, die
ste führte; der Graf hatte nur eine
Convenienzheirath schließen wollen; seine
Frau machte die Honneurs in seinem
Hause, im übrigen kümmerte er sich nicht
um sie, und Beide gingen ihren eigenen
Weg.
Kaum ein Jahr waren sie erheirathet,
so brachte man eines Tages den Grasen
zu Tode verwundet nach Hause. Er
war vom Pferde gestürzt und hatte stch
lebensgefährliche Verletzungen zuge
zogen. Am Abend des anderen Tages
enthielten die Zeitungen die Mittheilung
von dem plötzlichen Ableben des Grafen
Heineck.
Und Richard? Er hatt nie wieder an
Mathilde geschrieben, seitdem er ihre
Verlobungsnachricht erhalten. Die Grä
sin erfuhr nur, daß er länger, als anföng
lich beabsichiig", in Jndie i bleiben wolle,
aber keine Kunde, kein armseliges Wort
erhielt ste von ihm selbst.
Aber plötzlich stand er eines Tages
vor ihr. Ihr Trauerjahr war abge
laufen und sie hatte einer Einladung zu
einer Gesellfchast Folge geleistet. Da
war er
Herr Toctor Richard Berger!" so
wurde er ihr vorgestellt.
Und wie sie nun in das von der Sonne
Indiens liefgebräunte, schöne Männer,
antlitz sah, da hatte ste laut aufjauchzen
mögen vor Jubel und Lust. Er aber
sprach kein Wort, er verneigte sich förm,
lich, und damit schien für ihn das Wie
derfehen erledigt. Bei der Tasel ckber
hatte sie doch bemerkt, wie hin und wieder
sein Auge jäh aufloderte, wenn er zu ihr
hinüber sah und still jauchzend ge,
stand sie es sich ein, daß diese derselbe
Blick war, mit dem er ste einst angesehen,
al er ste am Tage vor seiner Abreise an
der Waldecke fragte:
.Werden äie einmal meiner geden
ken?"
Tagelang, wochenlang, monatelang
hatte ste gewartet, ob er ihr einen Be
such machen erde. Aber er kam nicht.
Seine Grüße, wenn sie sich zufällig auf
der Straße oder in einer Gelellschafi
begegneten, waren kühl und förmlich,
aber um so leidenfchafillcher füblte Grä
sin Malhilde, daß sie jenen Mann mit
jeder Faser ihres Herzens liebe und daß
sie sterben werde, wenn er nicht zu ihr
zurückkehre.
Und gestern Abend ! Wie hatie sie ge.
hofft, ihn auf dem Balle sebcn unk
sprechen zu können ! ES sollte klar wer,
den zwischen ihnen Beiden, sie war nicht
länger im tande, die erdrückende Li!!
zu tragen, die ihr daS Herz beschwerte.
Sie wollte mit ihm reden, ihn um Ver-
zeihung litten, ihm sagen, daß ihre
ganze große Liebe nur ihm allein gehört,
und nur ihm gehört habe, daß eS nur
ein schwacher Augenblick gewesen, in dem
sie stch an den Grasen Heineck gebunden,
Ihr Herz schlug zum Zerspringen, als
sie in den Ballsaal trai; ihr Auae ftoa
durch die Reihen der Gäste, ob sie ihn
wohl erspähen könnte, ihn, der ihr alle
diese namenlose Unruhe bereitet hatte.
Er war nicht da. Bange, ktox'enden
Herzens harrte sie von Stunde zu Stunde
er kam nicht. Und a!S endlich die
Gesellschaft auseinander ging, da fühlte
sie ein grenzenloses Weh in der Brusi,
und m die stille Nachtluf! hätte sie'S hin
auSiu'en mögen:
Er den ich liebe, der mir Alles,
Alles iii er ist für mich verirren!'
Da Alles zog cn dem Auae der fchc-
nen Frau vorüber, die, in die Ecke tcS,
ScrhaS geschmiüil, in tie Gedanken
verloren rar sich Hinblick!?.
Harte sie deun nicht auch ein Recht auf ,
Liebe? Oder hatte sie dieses Recht ver.j
wirkt, o! sie um eine Anderen willen
den opferte, von dem sie wußte, daß er sie
tief im Herzen trage?
Wo nur Richard weilen mochte? Mo
natclang hatte sie ihn nicht gesehen, er
schien spurlos verschwunden. Sie wußte,
daß er gerne in dem Hause verkehrte, in
welchem gestern der gioße Ball stattgc
sunden, und doch war er nicht da! Viel
leicht ihretwegen nicht? Sie halte nicht
gewagt, Jemandem nach ihm zu fragen;
e hätte ihr ja Jeder ansehen müssen,
warum sie fragte.
Mechanisch spielte sie mit den Briefen,
die auf dem Tische lagen. Sie waren
mit der letzten Abendpost gekommen und
Gräfin Mathilde hatte noch keinen daoon
geöffnet. WaS konnten sie auch bringen?
Einladungen, Gratulationen, ein paar
gleichgültige Mittheilungen was sonst
noch?
Plötzlich blieb ihr Auge starr auf
einem Brief hafte jäh schrie ste auf!
Von Richard!'
Wie ihre Pulse klopften, wie die
Schläfen glühten? Ja, das war seine
Schrist; sie kannte sie genau. Wenn r
an sie schrieb, so konnie der Brief nur
eine Freudenbotschaft enthalten.
Und doch wagte ste nicht, daS kleine
Schreiben zu öffnen. Hastig erhob sie
stch, den Brief in der Hand und trat zum
Fenster, welches sie wieder ganz öffnete.
Wie wohl die kühle Nachtluft ihre,
sichernden Stirn that! Ein paar Schnee
flocken sielen darauf, sie zerrieb ste an
ihren Schläfen wi erfrischend, wie
kühl! Sir athmete erleichtert auf, dann
schult sie zum Sopha zurück.
Langsam nahm sie eine Scheere und
ebenso langsam löste sie die Umhüllung;
es war kein Brief darin, nur eine kleine
weiße Karte:
Dr. Richard Berger
Ernestine Berger, geb. Hollmann,
Vermählte.
Und weiter nichts
Ein konvulsivischer Laut entrang sich
der Brust der schönen Frau
Durch da Fenster fuhr ein heftiger
Windstoß die Lampe erlosch Dun
sei herrschte im Zimmer gespenstig,
vom Nachtwind bewegt, zitterten die Por
tieren
Und nun war Alles still
Ais am andern Morgen die Zose ein
trat, fand sie ihre Herrin ohnmächtig am
Boden liegen.
Um Gottesw'llcn, ' rief sie erschrocken,
gnädige Frau Gräfin!"
Die Kranke schlug die Augen auf.
Bring mich zu Bett, Minna!'
Soll ich einen Arzt holen?"
Nein, es wird so vorüber gehen er
könnte doch nicht helfen! Akkorde, die
verklungen sind, sind für alle Zeiten
verklungen ! Komme, bring mich zu
Bett.
Gestützt auf das Mädchen wankte sie
in das Schlafzimmer.
iHetratksch.
Das nicht mehr ganz jugendliche Fräu
lein Martha k,, las rr einiger Zeit in
einer Berliner Zeitung folgendes Hei
rathsgesuch : Ein nicht unvermögender
Herr, Prof., wünscht die Bekannt
schast einer junge Dame mit 1500 Mark
Vermögen behufs Heirath zu machen.
Off. :c. ' Fräulein Martha säumte nicht
einen Augenblick, ihre Offerte einzu
reichen. Ein Künstler oder Gelehrter
das war cS, wonach sie stch schon seit
Jahren sehnic. Und wie lächerlich wenig
war eS, was dir Herr Profeffor kr
langte! Nur lumpige fünfzehnhundert
Mark, während ihr Vermögen mehr als
das Zehnfache betrug. Ja, die deutschen
Gelehrten sind nun einmal unpraktisch
und sehr bescheiden, welche Augen der
Herr machen wird, winn er aus ihrem
Schreiben ersieht, daß sie ihm mit einer
Summe aufwarten kann, die weit über
feine Wünsche hinausgeht. Nun, er hat
e gewiß nicht nöthig, und nur um wenig
stens etwas zu verlangen, hat er diese
kleine Summe angegeben. Ihres Sie
ges ist ste aber ganz sicher. Und in der
That es kommt eine Zusage, eine
enthusiastische Zusage. Sie hat folg,
den Wortlaut:
.Hochgeliebtes Fräulein! Mit Ver
kniegen greife ich zur Feder, um ste wiffen
zu thun, daß ich Ihr ergebenes schreiben
in die Zeitung richtig aijeholt habe und
mit Freide ersehe, daß sie auf mir reflek
iüren, womit ich denn auch jan einver
standen bin und das Angebot je kürzer
je lieber folgen kann, indem mich Ihre
Brobositicnen mit Zwanzig Tausend sehr
wohl zulagen av.i dies nuhr als jenug is
kür die Einrichtung einer Tischlerei, aber
Schaden kann's nicht, es ist etwas meer
als jenug. Sehr geschätztes, bald innigst
geliebtes Fräulein Sie machen in mich
auch keinen schlechten Griff, denn wenn
ich auch kein so große Geld Haie
wie Sie, so bin ich doch ein geschickter un
nicht unjebildeter Kerl, was doch auch
nicht ohne Werth i
Fiöulein Martha war. als sie diesen
Bries gelesen hatte, einer Ohnmacht nahe.
Der Proseffor" au der Heiraths
annonce war also nicht Proseffor, sondern
Profcfflcnist! Und diesem Manre, aus
den sie keineswegs refleklirte", hatte ste
ihre Photographie geschickt! O diese irre
führenden Abkürzungen in so wichtigen
Annoncen! Fräulein Martha verlangte
die Rückgabe ihres BiideS, aber der
Tischler weigerte sich hartnäckig, diesem
Verlangen nachzukommen. Er habe ihr
Eheoerkprechen und denke nicht daran, die
Parthi fahren zu lasten. FrAuIein
Martha hat sich nun an ihr, Richt,
walt eewankt, um mit deken .ülse wie-
der n ihren Eiaenlham u kimmen.
?a i ?,i,PA,
Lehrer: ,Mo,a'n werde ich Eiich die
Geichie vom g, de ColmbuS zäh,
len. Tazu hat ieder von Ech ein Ei
mitiubringen. Wer kein Cm aajtreiben
kann, dirs dafür Butter milbrinzen.'