Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, May 05, 1892, Image 3

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Drrborgrnr SchZl?c.
Roman ton Reinhold Crtmami.
Wund in dic 'Kielt, on Cft nach Westen,
gitMiuiIl ;)auit'i'tn Slull Durbam am besten,
T'iiiin rath' ich Dir, ihn u erproben,
?ann wirst gewiss, auch Du ihn Ivben.
Verschafft Put den ichie. Hut foriirt
Blackwell's Durham Tobacco Co., Durham, N. C.
ILa. Meyer & Co.,
rot unb Rlelnbanblet In
DRY GOODS and GROCERIES.
Ostscitc (Yovcrumcnt Squarc,
LINCOLN NF
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Ncinc Arzncicn, Oclcn,
nördliches. Strafe.
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C. M. L00MIS,
Händler in
Eiscmvaarcn und
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05 0 Str. I Linc.ln, Nb.
Wir sichren ein bedeutende Puger in Heizösen, wel
ehe wir zu fabelhaft niebtigeii preisen abgeben.
Ocfcn !
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Blech-, Zinn-
und Holz-Waarcn.
t-W Reparaturen jeglicher Art wer
bcn gut und billig besorgt.
Kkizösen eine SpeziaNtät
FRANK E. LAHR.
03G P Street
Merchants' Mchange !
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15 O Straße,
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Gegenüber der Post'Ossice j
rol,cr Lunch den Uhr Morgen bi
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Liccoln, Neb.
lUhbds.
IVt B.siker dicke bräckiliaen vokale wird nur Waaren der feinsten Qualtte
sichren und seinen unden in der zuvorkommendsten Weise da weltberühmte D'ck
Bro. Lagerbier kredenzen.
Schiller's .:' Wirthschaft
l?8südl. 10. .Str.,
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tat berühmte
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Anhcnscr-Bnfch Bier
( frisch an Japf.
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Ebenfalls dic besten Weine u. Cigarren.
I. B. Trickcy & Co.
ChrmacU?r u. Juwelcncindler.
1035 C 2 traft, Lincoln, Nebr.
sgortsetzung.)
' scheint also, al wcii Dir meine
Ansicht über diese Stand der tnge
von vornherein ohne Bedeutung wäre.
Du bist die Herrin, die ut beschließen,
und ich der flaue, der sich zu unter
wersen ha, ! ÄIer Tu vergissest, daß
e sich für mich nickt nur um einen ein
fachen Bericht bandelt ans da! V'liick,
Dich zu bcsipen, sundcrn das, auch meine
lilirc n .-viele ilt, und da,! kein recht
schassener Mann grosüiinlhig sein darf
ans die C'esxhr Hut, (ich rhilo? zu ma
che. IS nt mir ubcrait peinlich, 4 un
daran truineni z imineu ; aber nngc
ficht X einer eben abgegebenen Erklä
rung bin ich leider gezwungen, e ans,
zusprechen, das! nicht ich e gewesen bin,
der da nllandetomineii untere er
löbnisse' veranlaßt hat, ch habe we
der vernicht, i ich durch suiie aintei-
chelreden zn betl,ören. noch habe ich ich
dnrch irgend welche Vtt ober vnrcl, einen
leidenschasllichen .'lnsinrm überrumpelt.
Wa Du mir gabst, gewahriest Du a
freier Eiitschliesnnig und vliue jeden
Zwang, und darum beslreitc ich Dir
da echt, A'etn icmeni oa? n'c
schenk Deiner eigenen Person zurück
zunehmen, so lange Du mir nicht einen
(rund dajür anzugeben vermagst, den
ich selber al überzeugend anerkennen
muss und der mir beweist, das, nicht ein
leichtfertige und srevelhaste Spiel mit
meiner Qlire getrieben worden in r
sicherlich war o'eroa aus einen
Widerstand, wie er ihr in seinen ?or
teil entgegentrat, nicht vorbereitet ge
wesen. 'Nire schönen Augen innren mit
großem, erstauntem Bliek ans den
prechenden cliestet, uns eine von
eknnde zu ekniide wachsende Zee
lenangst spiegelte sich auf ihrem esicht
"Zch wein nicht, wa die '.'lllc mit
Deiner Ehre zu schassen haben kaun
Walter, und ich wurde Dich bitten niüj
fen. Dich darüber deutlicher zu erklären,
denn man hat mir allerding einmal gc-
sagt, daß die Ansichten der Mauncr
über den Begriss der Ehre von anderer
Art seien, als die Vorstellung, welche
wir Frauen iiu davon zu machen ple
gen. Du sollst durch mich nicht ehrtos
macht werden, nein, gewiii nicht
Aber wie konnte mein Beieiuums!. va,,
ick Dich nicht zn lieben vermag, wie das
Weib den (alten lieben soll, wohl eine
solche Wirkung habe "
vreilicti ist es nicht vies unter vier
Augen abgelegte Bekenntniß, das mich
ehrlo macht, sondern der öffentliche
Skandal- die Aufhebung unserer 1tr
lobiing am Tage der Hochzeit ! Welche
Erklärung sollen wir den Venteit dasür
eben ' Wie sollte wir die stets be
reite Bosheit verhindern, zu glauben.
daß ich durch irgend eine Schändlichkeit
den Anlas; gegeben habe zu diesem ge-
radeiu beispiellosen Voraelien einer
Braut ?"
Wie wir die hindern sollten. Wal
ter? ch denke auf die eiachte und
natürlichste Weise, indem wir den beu
ten die volle Wahrheit sagen."
Welch' ein trefflicher Ausweg !"
fcölinte er. .iüieinft Du wirklich, daß
die große Welt heutzutage noch roiuan
tisch genug veranlagt (et, an eine (o
miroalir chtiniiche iiitriieit zu gianven .'
Man wird Dir oder mir nach der
fuge der Dinge aber jcdensalls viel eher
mir irqend eine viiedcrtracrnigtett an
dichten, um sur da Unerhörte eine ein
leuchtende Erklärung zu haben ; un
Du weißt gut genug, (Zierda, daß man
bei der Viatnr meiner geschastlichen !der
haltnifsc um die Entdeckung einer sol
chen Niederträchtigkeit nicht lange i
Berleacnlicit sein wird.-
.Aber da wäre ta chrcalich !" silesz
Gerda hervor, indem sie verzweisluiigS'
voll die Hände zusammenpreßte. Man
sollte nicht daran glauben, ba zwei
Verlobte sich ohne ein bestimmtes Ver
schulden de Einen oder des Andere
trennen, r weil sie erkannt haben,
daß ihre l'icbe doch nicht die rechte ge
Wesen fei i"
Nein ! Du dari versichert sein
daß da in der kaufmännischen Welt
Berlin, die für mich doch allein von
Bedeutung ist. unter Taufend nicht
Einer für möglich halten wiro. eiin
mau ist hier nicht gewohnt, diese söge
nannte .rechte' l'icbe. von der die Pn
maner und die Backsische schwärmen.
al eine so unerläßliche vorbediuguug
für eine glückliche Ehe anzusehen. Man
hat an hnnberltanseiiv uverzengenoc
Beispielen gelernt, da eine ,reuiio
jchastliche Empfindung oer Oan selbst
gegenseitige Achtung zwei Menschen in
oer iijiie in ueiiiiai viel ic icr uiiu ,,
miteinander verbindet, al da rasch
verflackerte Strohscuer einer himmelan
lodernden Vcidenschast. !ch bin bereit
Dich hier in zahlreiche geachtete Hanser
zu führen und Dir die-schönsten Bilder
glücklichen Zusammenleben gerade in
solchen iwmlieu zu zeigen, in denen
nicht Gott Amor, sondern Gott Mer
kur die vochzeitssaciet angezündet yatie
Auch da find vielleicht der Braut oder
dein Bräutigam vor der Hochzeit man
chtrlri ängstliche Bedenken und zagende
Hnicitcl gekommen, wie e wobl unau
bleibüch ist. wenn zwei Mnnchcu, die
einander doch im Grunde sast fremd
find, sich für da ganze künftige Vtbtu
lullt, die ganze Wulirheit zu ei'iai,ren,
alter : a, e nt die Vieue sur einen
Anderen, die mir die O'ennschctt gibt.
daß wir ninimermehr glücklich werden
können,"
Und dieser Anscriveihlle er nennt
sch Neimar Plalenius '"
Gerda iiinbeite, noer nur eine ic-
künde lang, dann sagte sie mit erhöbe
neni Haupte und mit leuchtende Augen :
!"
Walter asmund preßte die Zahne
in die Unti'iliiipc, den wieder trat ihm
das emiülngeude (einer vage be,cha
meud vor die Seele, Gerb freudige
Zuvciiicht beuue ja zur Genüge, daß
,e mich solchem Geständnis! einen wei
leren Widerstund von seiner Seite nicht
mehr für möglich hielt, ud wen er nun
dennoch auch ett och ans seinem scheut
bestand - - wie sollte er e ausaugeii, ihr
die wahren Ä'eiveggriinde für eine so
wnidelose Haltung zu verheimlichen?
über er dttiste sa nicht nachgeben, und
vielleicht gelang e ihm, die sast Ve
liueiu- zurück iiuzeunnneii-, Iven er den
eisersüchiigen Vicbljaücr zu spielen oer-snch,e
lind glaubn, da! mit diesem
einfachen nu Alle zwischen nus
abgethan und ;u Ende foin müsse?"
fragte er liniier. i haltst m,ch sur
den gioßmuihigeu Oiarren, der ohne
Weitere bereit ist, zu Gunsten eine be
liebige Andere aus sein unantastbare
Recht und aus da Glück seines VebenS
zu verzichten ! VU1) taun 4 ich sreilich
nicht zwingen, mir Teiii ielobniß zu
hallen, wenn 4 u entschlossen bist, e zu
brechen ; aber ich schwvie Dir, daß ei
ne von euch Beiden Freude daran habe
wird Du so wciiig c' dieser Doktor
Platenin !"
ES inusite ihm trcsslich gclnngk (ein,
einen unheimlich drohenden Ausdruck i
seine Worte zn lege, denn Gerda trat
sichtlich geängstigt ans ihn zu und erhob
wie bittend die Haube.
Du siehst so wild an, Walter,
Deine Miene erschreckt nurn! ,age
mir, was veabsimtigst ?u zu thun i
&a schon so mancher andere schmäh
lich betrogene Viebbaber vor nur gethan
hat ich werde ihn todti oder ihn
zwingen, mir diese Wohlthat zu crwci-
,c.
'elne Ä.'erpiichtugkii in Ihrem vollen
Umfange al die tetnigen anzusehen."
Eine sehr hochherzige Anschauung
weise in der That ! Schade nur,
daß Sie eine so niedrige Gcsiniinng auf
meiner Seile zur Borausetuug hat.
Wurde k Dir wohl in den Sinn ge
kommen sein, Gerda, auch dem Dokivr
Plaleuiu für seine getäuschten Hvsf
iinngcii eine Entschädigung in daarem
Gelde anzubieten ?"
Aber mein Gott," rief daö junge
Mädchen mit Thränen in der Stimme,
wenn ich Dich doch nur in mein Her;
sehen lassen und Dir zeigen könnte, wie
wenig ich daran denke. Dich zn kränken
und Dir eine niedrige (esinnung znzit
innthcn! Nicht al Dciuckhemalige
Verlobte, ivciin Dir Dci tolz dic
verbietet, sondern al Deine Jugend'
frcuiidin laß mich "
Wozu die Spitzfindigkeiten und dic
überflüssigen Worte !" fiel er ihr hart
in dic Rede. Wa ich damals aus
schlagen mußte, würde ich Heu, noch
tausendmal weniger annehmen tonnen,
ohne mich des letzten Reste von selbst'
achtuug zu beraube. Aber es freut
mich immerhin, daß Du mir dic groß'
müthigc Anerbieten gemacht hast c
stellt mich um Deinetwillen ; denn Du
hast Dir damit eine gute Bcrthcidi
gnngSwasse geschaffen gegen die Bor
würfe des eigenen Gewissen, dic doch
vielleicht gekommen wären, wen dic
unaiieblciblichcn folgen dieser Stunde
in Tage getreten find."
Die ivolgen dieser tnndc!' üva
willst Du damit sagen, Walter r1 'Ich
Halle Dich sur zu edel, al da,; Du na,
mit beängstigenden Andeutungen mar-
tt alle renommirl, 'Yiime (fti finndfuiio können Mir dem Vublikum tocaen de
golibiut und Eleganz der Waaren. so,e der mäjzigen Preise besten eiripsehlen
Mmm Brothers,
SvUubct und Hcncn-
Gardcrobc-Artikcl.
1017 vV 1019 0 Strasse,
Lincoln. Nebr.
Kausfrauen
gebrauchet
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eise!
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CARB'S-lf
&Z?7Th Odti -'W
D cifc M
'wL cmi ,,'wiMvj34
West Lineol, Nebr.
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Bakcr's Klcidcr . Laden !
1125 0 STRASSE.
Änzügcn für Männer, Knaben undZ
Kinder
t-i niedrigeren Preisen versaust, l in irgend einem anderen Geschäfte der
g.Siz. Wir besitzen da grösite Lager in Garderobertikeln für Arbeiter.
Kaufbcoinqungcn: Baar.'
verbinden solle ; aber es ist darum doch
einem von ihnen eingcsallcn, cincn
ösisciitlichkii Skandal herbeizuführen und
sich selbst vdcr den Andcrcn zum Gcgcn
ilanb boshaften Gespöttes und hämi
scheu Gerede zn machen. Sie vertrau
ten darauf, daß die l'icbe kommen
würde, und sie täuschten sich nicht, denn
in einer vom Geiste der Achtung und
oer gegenseitigen Rücksichtnahme gctra
flenen Ehe kommt die Viebe immer, so
fern man ihr nicht geflissentlich .hur
unb iaor verschlient,"
Still hatte ihm Gerda zugehört, in
einer rührend demüthigen Haltung
welche Walter IaSmnnd mehr als ei
mal mächtig in Bersiichniig geführt
hatte, der unwürdigen Ziomodie. die er
da spielte, ohne Rücksicht ans alle Hiusu
Hat ein schnell Ende zu machen. Aber
bei seinen letzten Worten blitzte c3 wie
der in ihren Augen auf, und im Tone
einer an dem tiefsten Herzen quellende
Ueberzeugung agte sie: ?iein, .-alter,
niemals würde in unserer Ehe diese er
sehnte Viebe kommen ! Mag da, wa
Du mir da schilderst, für hundert Andere
Geltung habe wir Beide, da fühle
ich mit vollster Gewixhett. wir konnten
nur grenzenlos unglücklich miteinander
werden.
.Eine schmeichelhafte Aufrichtigkeit,
wahrhaftig !" rief er, nun doch wieder in
feiner Eitelkeit verletzt. Hub zu dieser
iRewinlieit lollteit Du ohne leden annc
reu Anlaß ans dem einfachen Wege de
Nachdenken gekommen fein? Da
mag . n einen Anderen glauben machen
al mich ! Und da e Dir augenscheiii
lich so schwer wird, e auszufprechen. so
null ich Dir zu Hilfe kommen und Dir
selber die Ursache nennen für den Wech
sei Deiner Gesinnung. Tu meinst an
meiner ciie ungincitily werden zu müs
sen. weil nun. weil Du inzwischen
einem Anderen Deine Viede luaewendet
hast und einem Anderen anzugehören
wunscnesi!-
Bestürzt und entsetzt starrte sie ilm
an ; aber ihre Betroffenheit währte doch
nicht länger als für die Dauer weniger
Herzfchläge. Dann war e. als ob vor
Ihrem geistigen Auge plötzlich ein strah
lende ich! der Hoffnung aufgegangen
sei ; denn ihre Züge nahmen einen völlig
veränderten, fast fröhlichen Ausdruck
und nach einem tiefen Atheuijngc
ic.: tu ein eeerjt varant
D bist außer Dir, Walter! E
ist nicht Dein Herz, da Dir einen o
schrecklichen Gedanken eingeben ta,
ch schwöre Dir, daß alle Verschulde
an dieser Wendung der Dinge nur mich
allein trifft, ud das; Doktor Plalcuiuö
keine Antheil daran hat, zch habe
ihn seit dem Abend unserer Verlobung
nicht wiedergesehen, und e ist seitdem
weder ein gesprochenes noch ein geschrie
bene Wort zwischen un gewechselt
worden. Er ahnt nichts von dcm, wa
ich Dir soeben eingestanden habe, und
er wird ic etwa davon cisahrcn, (elbst
wenn er jemals von dem schreckliche
Seuchenherde zurückkehren sollte, an den
er sich seiner Wisscnschast zn Vicbc be
geben hat,"
i. ii willst nutn also iivcrrcocn.
Gerda," fuhr Walter IaSmnnd fort.
daß es gar nicht Dein Wuinch sei,
Doktor t-lateittii an meine teile zu
setzen, und das! Du nicht insgeheim vor
Sehnsucht vergehst, ihm al sein Weib
zu gehören ?"
toiz uiio tiar vcgcgucic ihr -ui
dem feinigen.
lieber mein geheimes Wünschen und
Schnell bin ich Meinem eine Beichte
schuldig -, aber ich habe ein Rech! z vcr
lange, daß tu meinen Worte ohne
Weitere (laiibc schenkst. i.-ol weis!
ich. daß cS eine Zeit gab, in welcher auch
Doktor viutcnins cm wärmeres v'esllui
al da der Freundschaft für mich hegte:
ich avcr antwortete ihm aus (eine erste
Erklärung durch unsere Verlobung.
Glaubst Du, daß ein Mann, welcher
tolz und clbitachtung besitzt, danach
feine Werbung noch einmal wiederholen
tonnte r
Wenn es aber so ist, Gerda und
ich will Dich nicht abermals durch einen
Zwcisel beleidigen welch' eine unpcd
zeihliche Thorheit wurdest D dann lc
gehen. indem , u .ciiic fugend, Dein
ganzes Vebat einem Phantom, einem
chatken zum pser bringst! Diese
hoffnungslose Viebe ist c, welche Dich
sicherlich unglücklich machen würde, nicht
eine Ehe, in der Du Dich stet von ;ar
tcr yuiaui;t ud liebevoller Fürsorge
umgeben, i der Du jeden Deiner
Wunsche crsiillt sehen solltest, noch chc
Du Um ausgesprochen
cm harter, vorwnrsSvollcr Ton
war weich und zärtlich geworden, und
nun machte er eine Bewegung, al wen
er sie an sich ziehen und sie an seine
Bnut drucken wollte. Gerda aber wich
fast bis aii die Wand de Zimmers vor
ihm zurück, und c war ein wirkliches
Grauen, wa sich in ihren Mienen einSi
druckte.
Wie? Du könntest auch jetzt noch
daran denke, iiiich zu Deinem Weibe
z begehre, auch jetzt, nachdem ich Dir
gesagt, daß mein Herz immer einem
Anderen angehören wird?"
iirasllo lies! Walter asuiunb dic
ausgestreckten Arme sinken. Er war
mit seinen maniptelerknnftcn zu Ende,
und nicht so sehr der Inhalt von Ger
das Worten, al der cntsetzenSvollc
Ton. in dcm sie gesprochen waren, hatte
ihn mit einem Male überzeugt, dan
sich von einer Fortsetzung des Gaukel
spiels keine Wirkung mehr zn vcrspre
ccn habc.
Dic hoffnungslos düstere Micuc, dic
tr letzt annahm, diese endlich zeigte th
sein wahre w,,ci,t.
Nein, ich gebe c auf, Gerda !" sagte
er dimips. und 4.1t brauchst nicht
türmten, daß ich nach indicn reisen
werte, um mich mit deut gliicklichcrcn
Rcbcnbuhler auf Tod und Veben zu
,mia,,cu. icr wromti, den in, nur
dabei sur meine eigene Person holen
könnte, dürfte siel, hier denn doch auf
tuic ei,cia,eie uiio uraitciitcrc Weis
erreichen lauen, und ich habc kein n:
tercsie mehr daran. Deinem künftigen
."tu itiiiocriio in den Weg zu treten
v:vc ivoiu :
Er drehte sich kurz um und ging zur
uui ; nun, I10M ei,e er sie erreicht hatte,
iiq iiuu iiiir. viaiiirn.
xul, ivllszte, daß ich mich nicht vw
geben an die Großinuth eine Ehren
maiines wriiden wurde,- sagte sie be
nominell, aber ich denke, mit dieser
Erklärung, für die ich Dir mein Veben
lang die innigste Dankbarkeit bewahren
werde, sind wir noch nicht zu Ende. ES
bleibt doch wohl noch elwaS etwas
lcschastlichc zwischen uns z befpre
ll)cn.
Er kchrke sich ihr hcsttg zu. und sie
sah in ei marmvrkaltcS Antlitz mit dcm
starren tusornck einer unbeugsamen
iiiimioiscniscli.
Etwas Geschäftliche ? Daß ich
iiinii ivii,,ie i ariciiic ivirma hat nie
mal die Ehre gehabt, mit dem Fräulein
Hornstein in einer Geschäftsverbindung
zu stehen.
Ich habe mich wohl ungeschickt an
gedruckt, aber solltest nun auch
hierin großmüthig sein. Waller, und e
mir nicht so schwer machen, die rcchte
z-orm sur cm Anerbieten zu finden, das
Dich sicherlich nicht beleidigen soll. Ich
naoe J-ir am .age naa, nnscrer ?crlo
vnng oic srcie ersiigung über mein
Vermögen eingeräumt, und wenn D
von diesem Rcchte zn meiner Bcrwun
dcrnng und gchciincn Bcunruhigung
auch biöhcr feine Gebrauch acmacht
hast, so bist Du doch vicllcicht gewisse
Verpflichtungen eingegangen, in der
fieberen Erwartung, sie mit Hilfe be
Brautfchatzc. dcn ich Dir zubringe
würde, erfüllen zu könncii.. Du hattest
ein Recht z dieser Erwartnna. und
u wint mir darum gestatten müssen,
tcrn könntest, nur um Dich an mir zu
rächen."
ch bcgrcise nicht, wa . ict, vara
n bcäitgftigcn vermag. Unsere Veben--
schicksale habcit sich ja getrennt, und ich
denke nicht daran. Dir dic Berantwor
tung für da nicinigc aufzubürden. Da
war ja bereit entschieden, ehe Du i ich
6cm Irrthum hingabst, mich z lieben.
Aber c Ware sreilich besser sur uns Beide
gewesen, wenn Du Dir damals nicht die
nnntze Muhe gemacht hattest, nur die
Pistole zu entwinden,"
Das Achselzucken und das verzerrte
Vächeln, mit welchem er seine letzten
Worte begleitete, waren von fnrchtbarer
Wirkunq ans Gerdas erregtes Geninth.
In grellstem Vichte sah sie sie plötzlich
wieder vor ihrem Geiste, ene entsetzliche
tojcite in Paul VcucndotsS pciscz
mcr, da Waltcr Iasmunds zittcrudc
Finger dcn blinkenden Vaus des Rcvoi
vers so zärtlich gestreichelt hatten, wie
man sonst nur ein theures menschliches
Wesen zn liebkosen Pflegt. So deutlich
war dic herzbeklemmende Vorst?lliing,
daß sie wieder den Vcichcndust der vcr
wclkcndcu Blumen zu athmen meinte
und daß sie in IaSimindS Antlitz alle
jcne charaktcriitischcn vinten stiimpser,
IcbcnSiattcr Verzwcislnnq wiedcrsand
welche sie damals mit so tiefem Schrecken
und zugleich mit so namenlosem Mit
leid crsiillt hatten.
?üs tr abermals Micuc machte, sich
; cutserncii, crsaszte sie mit beiden
Händen seine Arm, wie wcii cr schon
im Bcgriss gewesen Ware, die todbrin
gcndc Waffe gcgen feine Stirn z erhc
bcn.
Bind !" rief sie. und das stürmische
Wogen ihre Busens verrieth, wie ge
waltig sie erregt und ergriffen war.
Eher will ich da Äeukcrste ertragen.
als daß ich Dich so von mir gehen ließe.
Du iniint mir tcierlich versprechen, keine
Uebcrcilniig zn begehen und nie wieder
einem vcrbrccherischen Gcdantcn Raum
zn geben, wie cr Dich damals be
herrschte !"
Und fräst welchen Rechtes kannst Du
ein solches Versprechen von mir fordern,
Gerda? Meinst Du etwa, daß mir
mein Veben durch diese Unterredung
werthvollcr geworden sei, als es damals
gewesen? Vaß Dich meine künftigen
chicksalc nicht weiter kümmern ich
bitte Dich darum ! Schließlich wird c
auch für Dich nur eine Erleichterung
(cm, wenn Du nicht mehr durch mein
tiiibegucnics Tascin an eine fatale Epi
sode aus Deinem Veben erinnert wirst !"
Unglückseliger!" schrie sie auf. Du
denkst also wirklich daran, das Entsetz-
liche zu thun i Und ich ich sollte cs
ruhig gcschchcn lassen ich. die nie
mals anshörcn könnte, sich al die Urhe
berin Deine Todes zu betrachten!
-Jlrin, nein, ich kann e nicht fassen, daß
ein ehrenhafter Mann solcher Grausam-
teil gegen cm wehrlose Weib sahig sein
sollte ! Es muß ja ein Mittel geben.
Dem Herz zn rühren und Dich von
erneut so furchtbaren Gedanken abzu
bringen, und Du wirst barmherzig ge
nng sein. Walter, mir dieses Mittel zu
nennen !"
Er suchte seinen Arm zu befreien.
tutd ohne sie anzusehen, mit abgewand
tcm Antlitz, erwiderte er halblaut : Vah
mich fort, Gerda ! Diese Szene ist nur
eine unnütze Cital für Dich und mich.
Was hilst es Dir, mir setzt ein Ver
spreche abzuringen, das ich doch nicht
ZU halten vermag? Dic Verhältnisse
sind c. die mich unerbittlich bi zum
Aciißcrstc treiben werde, nicht mein
freier Willc !"
Und c sollte feinen We zur Ret
tung geben keinen ?" fragte sie vcr-
zwcisli,ngvoll.
Waltcr Iasniuiid aber schüttelte
düster den jiopf. Da Du mein Weib
nicht werden kannst nein!"
Gerda gab seinen Arm frei, und ein
Zittern ging über ihren jiörpcr.
Das aljo ist es !" sagte sie tonlos.
Um diese Preis also ! O, mein Gott,
da ist furchtbarer, als ich es verdient
habe !"
Sic sank auf einen Stuhl nieder und
verbarg daö Gesicht in den Händen.
Der Bankier wartete wohl eine oder
zwei Minuten lang, dann tastete er nach
dem Griff der Thür.
Vebe wohl, Gerda ! Ich darf mich
nicht länger aufhalten, denn es ist hohe
Zeit, alle die Vorkehrungen rückgängig
zu machen, ivclchc bereits für morgen
für unseren Hochzeitstag getroffen
waren."
Ihre Hände glitten ab, und ihr Ant
litz war so verändert, daß Waltcr Jas
mund erschrak.
Es ist nicht nothwendig, daß irgend
ctivaö rückgängig gcrnacht werde," sagte
sie, so weit cs auf mich ankommt, mag
c bci dcm, was frllhcr bestimmt wor
den ist, fein Bewenden haben."
Gerda, wenn ich Dich recht erstehe.
Tu wolltest "
Ich will Dir meine Hand reichen,
sofern Tu sie auch jetzt noch annehmen
magst! Vicllcicht gelingt cS Dir, zu
vergessen, was während dicscr Ictzten
tundc zwischen uns gesprochen wor
den ist."
Ihre Stimme war todmüde und völlig
klanglos. Walter Iasmund dachte da
ran, daß in einem solche Ton vielleicht
vor Zeiten die Geständnisse abgelegt
wurden, die man in den Folterkammern
"preßte. Er hätte sich vor der Gcmar
irrten niederwerfen und dcn Saum ihreS
Gcwandc küssen mögen ; aber er dachte
auch an da, wa ihm bevorstand, wenn
cr cdclinüthig da erzwungene Opfer
zurückwies, und dic Selbstsucht blieb
Siegerin in dcm kurzcu Kampfe, welchen
cr da bestand.
Und Du. Gerda?" fragte er weich
und (chmeichelnd. .Würdest auch Du
Lich bemühen, zu vergessen, wa Dich
mir entfremden wollte?"
Ich werde e versuchen,' erwiderte
sie. indem sie sich aufrichtete. .Aber ich
bin nicht fähig, jetzt noch weiter über
diese Dinge oder über irgend etwa An
berc zn sprechen. Ich muß Dich bit.
ten, mich allein zu lassen, denn ich fühle,
daß meine raste mir sonst den Dienst
versagen waive.-
.US ist selbstverständlich, das! ta, miiy
ohne Weitere jedem Dein.'r Wünsche
unterwerfe, liebe Gerda, aber e ang
stigt mich. Dich nach einer so heftige
Gemüthsbewegung allein unter fremden
Mcnichcn zurücklassen zu (ollcii. rn
laube mir wenigstens, daß ich Dir An
tonie Veiiendoif fcndc. dic gcwiß gcru
bereit ein wird, Dich um Verzeih"
.Rein !" erklärte sic mit schneidender
Bestimmtheit. Weder Aiitonicn noch
ihrem Mauiic will ich in diesen Tagen be
gegnen. Das ist die einzige Bedingung,
die ich Dir slclle. und ich deute, sie wäre
bescheiden genug. Im Uebrigeu habe
ich bereits heute au die inültatict
ivreinidiii lelegraphirt, tu deren Hauie
ich die letzten Jahre verlebte, und sie
wird, wie ich zuversichtlich hossc, noch an
diesem Abcud cintrcsscii. Du siehst also,
baß Du feine Ursache hast. Dich meinet
wegen irgend welcher Sorge hin zugeben,"
Die verabschieden Handbewcgnng,
mit wclchcr sic ihre vidcrnng schloß,
war in ihrcr befehlen, en Kürze nud Un
freundlichkeit für Walter Iasnniiid ver
letzend genug, aber cr snhltc wohl, daß
eS jctzt wahrlich nicht an dcr Zcit sei,
den Gemnmcn zn (vielen. Auch er
mochte zudem ein unwiderstehliche Vcr
laugcn empfinden, dicscr Unterredung
ein Ende zu machen und dem Anblick
seiner Braut, der ja nichts Anderes
war, als eine nnaushorlichc Mahnung
au scinc eigcne Erbärmlichkeit, zn ent-
ftichcn.
jiaiini wiiutc cr selbst noch, was er da
von scincr Rückkchr und von seiner Hoff
nung ans ein fröhlichere Wiedersehen
stammelte. Dann endlich durste er die
Thnr de Zimmer, in welchem er dic
schwerste Stunde feine Dasein durch
lebt hatte, hinter sich schließen, und mm
eilte cr über die Stiege hinab und dic
Straße hinunter wie ein Verfolgter,
so daß die Voriibcrgchciidcn vcrwimdcrt
stehen blieben, um sich nach ihm umzu
schauen. AI cr die jung, begrünten
Viudcii de leipziger Platzes vor sich
sah, fiel ihm plötzlich ei, daß er auf dic
fcin Wcgc an dcrIvsth'schcn iionditorci
vorübcrkommcn müsse und daß in dcr
Glasveranda derselben Paul Vcuciidorf
unzweifelhaft noch immer auf ihn warte.
Ohne Besinnen machte cr Kchrt und
eilte in dcr cntgcgciigesetztcn Richtung
weiter; denn cr war sicher, daß ihm ge
radc jetzt kein anderer Anblick gleich
widcrwärtig und unerträglich sein
würde, al der von seine ffrenndcS
und Berather kaltem, spöttischem Gesicht.
9. Kapitel.
Regnerisch und trübe war Walter
Iasiiinnd HochzcitSmorgcn hercingc
krochen. Mit ungefüger Wucht tobte
ein Friihlingsftiirm durch die traßc,
und in furzc Zwischciiräumcn prasscl
ten heftige schauer vom Winde gcvcitsch
tcr Tropfen gegen die Fcnstcrschcibcn.
Wie dcr erste Blick de von nunihi
gem Schlummer Erwachen 'ei, auf das
unfreundliche Bild de dunklen, von
schweren Wolken überzogenen Himmel
gefallen war, so schien ihn auch da
erste Ercigniß de jungen Tage auf
einen trüben und unerfreulichen Ver
lauf desselben vorbereiten zu sollen.
Der jiomptoirdieiier. welcher bihcr
auch für dic persönlichen Bedürfnisse
dc jungen Bankicrs gesorgt hatte,
meldete Paul Vcncndorsö Bcsnch. noch
ehe JaSinund scinc Morgcnloilcttc be
endet hatte, und Frau AntoniciiS Gattc
trat mit citier so erzürnten Miene in
da Schlafzwnncr, als sei cr fest ent
schlössen, dem ehemaligen Schirttamcra
den rundweg die Freundschaft auszu
sagen. Waltcr Jasmund ließ die Borwürfe
des Anderen, dcr ihn an dcm vcrab
redete Platze des tclldicheins drei
Stunden lang vergeblich crwartct habcn
wolltc, gcduldig über sich ergehen und
verschmähte es auch, eine Antwort zu
geben, als Paul Vcncndorf endlich sagte ;
Natürlich ist Allc nach Wunsch abgc
laufen, denn im anderen Falle würdest
Du mich schwerlich vergessen haben, son
dcrn alsbald gekommen sein, mir dic
Ohren voll zu jammcrn. Einen Bc
weis besonderer Freundschaft für mich
und meine Frau aber scheinst Du bci
dicscr Gelegenheit nicht gerade geliefert
zu haben : den cs wäre Dir sonst doch
wohl ei Leichtes gcwcscn, Gcrda mit
uns zu versöhnen und sie l unser Hau
zurückzuführen, tatt dessen hat meine
verehrte Base gestern Abcud ihre Aus
steuer, die sich noch bci uns befand,
abholen laficn und dazu ein Biicfche
a mich geschrieben, so fremd und kühl,
als wenn wr einander noch nie im Veben
begegnet wären. Wie es scheint, mein
rieber, erinnerst Tn Dich Deiner
Freunde nur dann, wenn Du ihrcr
bedarfst, und vcrlicrst sic in dcmsclbcn
Augenblick aus dcm Gedächtniß, i wel
chem dic Roth ei Ende hat."
DaS hartnäckige Schweigen des Ge-schvlti-nen
mochte Herrn Paul Venen
dorf insgeheim zwar noch mehr erbit
tcrn, aber es zeigte ihm doch auch, daß
er ans dicfcm Wcgc z kcincm rechten
Ergebniß gelangen würde. Nachdem cr
darum noch eine Weile mit zorniger
Miene auf und nieder gerannt war,
blieb cr neben Waltcr IaSmnnd flehen
und sagte einlenkend : Uebrigeu ist eö
noch immer nicht zu spät, den Fehler
wieder gut zu machen. Da wir das
Vergnügen haben werde, Dir auf dem
Standesamt wie in der jiirche als Zcn
gen zu dienen, liegt es ja in Deinem
eigenen Interesse. Deine Braut vcr
söhnlich gcgcn uns zu stimmcn. damit
alle iinlicbsamen und peinlichen Auf
Iritle vermieden werden."
Jaömiind hatte feinen Anzug be
kitdet und nun endlich wandle er dcm
Freunde sein blasses Antlitz zu, um zu
trwidcni : Es thut mir leid, daß ich in
diesem cincn Punkte Deinen Erwartun
zcn nicht zu entsprechen vermag, Paul.
Gcrda ist sehr aufgebracht gegen Euch,
und ich muß ihrer Stimmung Rech
aniig tragen, wie unangenehm cs mir
inch um unserer alten Freundschaft wir
len ist. Sie wünscht nicht. Dir und
Deiner Frau heute zu begegnen, und
ich bin darum genöthigt gewesen, mich
noch gestern Abend um zwei andere Zcn
gcn für die standesamtliche Handlung
zu bcmühcn."
In Vcucudorfs Augen glitzerte cS
tückisch.
Run, das ist wenigsten dcntlich !
Und wa meine Person betrifft, so bin
ich nicht gewöhnt, mich aufzudrängen,
und würde mich nach dicscr ofscnhcr
zigcit Erklärung ohne Wcitcic ciitpfch
icit. Aber ich wciß nicht, wie meine
Frau über diese Art. seine Freunde zu
behandeln, denkt, und möchte keines
weg dafür einstehen, daß sie nicht dcn
noch an dcn Orten, an eiche man sie
eingeladen hat. erscheinen wird,"
Ich aber bin Überzeugt, daß Gcrda
vor dem Standesbeamten ihre Unter,
schrift verweigern vdcr am Allarc cin
Rein sprcchcn wurde, wen sie sehen
müßte, daß ich nicht einmal am Hoch
zeitstage ihrem dringend ausgesprochc
neu Wunsch Geltung zu verschafft,,
vermag."
Dcr Bankier hatte diese Worte schein
bar ruhig, aber mit so viel Flachdruck ge
sprachen, daß dcr Andere nicht darüber
im Zwciscl scin konntc. wie bitter ernst
sie gemeint feien.
Run freilich, wenn Deine Sache
noch immer aus so schwachen Füßen
steht," höhnte er, .so niiib Aiilonie wohl
ein Einsehen haben. Wir werden der
feierlichen Handlung Deiner Ehe
schlicßnng also fern bleiben, und ich will
wegen dcr Bclcidigung, die un damit
angethan wird, nicht einmal allznftreng
mit Dir in' Gericht gehen. Aber ich
gcbe Dir dic Versprechen nur unter
einer ganz bcsiiutmlcn Bedingung, unter
der Bedingung narnlich, daß ich meiner
Frau sage darf, bci dem Hochzeit
mahle werde bestimmt ans ihr Erscheinen
gerechnet. Sic hat sich cigcuö cinc Toi
leite da; nuscilige lassen, die ach dem
Urtheil sachvcrstaiidigstcr Richtcriinicn
ei Meisterstück der höhere Schneider
kuust genannt werde ß, ud e wäre
sicherlich viel weniger-gefährlich, einer
Vowin ihr Einige vor dcr Rasc wcgzn
nehmen, al Antoiiic dcr Möglichlcik
zur Anlegung diese Wniiderklcidc zn
berauben. ,ich würde Dir damit cinc
uuvcrsohiilichc Feindin schasse, deren
Zorn i seinen möglichen Folgen wahr
hastig nicht zu unterschätzen ist, I
mitten einer größeren Gesellschaft imrd
Deine junge Gattin an unserer Gegen
wart wolil auch weniger Anstoß nehmen,
und selbst wenn ich mich in dieser An
nähme lausche, wird sie doch immerhin
da bedeutsame Dokument, da Euch
aus ewig verbindet, dann bereit unter
schrieben haben,"
Walter Iamunb gab cs ans, einen '
weiteren Widerspruch z erhebe.
Ich kaun Dich und Deine Gattin
nicht hindern, dajcuigc zu thun, wa
Euch zweckmäßig erscheint." sagte cr tu
dcr müden, gcduicktcn Weise, die heute
seiner Haltung wie seiner Sprache eigen
thümlich war. Aber Du verzeihst
wohl, wenn ich mich Dir setzt entziehe.
E ist nicht mehr früh und mir bleibt
noch Mancherlei ;n erledigen."
Sie ginge auseinander, ohne sich wie
sonst die Hände gereicht zu habe, d
die Erinnerung an die häßliche Szcuc
lastctc schwer und pciuigcnd aus Waltcr
IaSmnud Seele, während cr dic Vcr
richtiingen erfüllte, welche dic Vonuit
tagsliiudki'. noch von ihm sordcrtcn.
Er hatte seineu Prokuristen gestern nicht
mehr gesprochen, und so galt e setzt
zunächst, dessen Bericht eiilgcgcnznneh
inen. Der Bankier bemühte sich recht
schassen, ihm aufmerksam zuzuhören,
aber cr konnte doch nicht hindern, daß
feine Gedanken fortwähren!, weit ab
schweiften, und daß dcr Mann wicdcr
holt verwundert zu ihm aussah, wenn
cr ihm eine zerstreute Antwort oder cinc
offenbar verkehrte Anweisung gegeben
hatte. AI er dann nach Erledigung
dcr dringcnd,'!cn Angelegenheiten da
omptoir verließ, fleckten dic Buchhal
tcr dic Köpfc zusammen und tauschten
allerlei erstaunte Bemerkungen über da
schlechte Aussehen ihre Ehe? und über
seinen tiefen Ernst am Hochzeitstage
untcrcinandcr au. Waltcr Iamniid
aber nahm eine Droschle, um zunächst
zum Gärtner und dann zum Juwelier
zu fahren, denn erst in letzter tiinde
hatte cr sich erinnert, daß er feiner
Braut ja auch einige Geschenke machen
müsse.
Unter den Schmuckgcgcnstäiidcn, die
ihm der Verkäufer vorlegte, wählte er
auf'S Geradewohl denjenigen au, für
welchen der höchste Prci gcsoidcrt
wurde, und erst als cr draußcu im Wa
gcu mechanisch und gedankenlos das
Etui noch einmal össncic, erschrak cr bci
dcr Betrachtung des Kleinods über dic
unbegreifliche Ungeschicklichkeit, welche cr
da begangen hatte, denn die ans Bril
lanten und Rubinen gebildete Brvchc,
dic cr gewählt hatte, stellte ein von
einem Pfeil durchbohrtes Her; dar.
Er wolltc sofort zn dcm Iuwclicr zu
rückkchrcii. in den schmuck gegen einen
anderen zu vertauschen, aber ein Blick
ans dic Uhr iikcrzcnglc ihn. daß cr ohnc
dicö bcreits in Gefahr sei, sich zn vcr
späten. So legtc er denn mit einer in
neren Bangigkeit und Benommenheit,
wie er sie iii gleicher Stärke kaum jemals
seit scinc Knabcnjahrcn cinpftiitdcn,
den Wcg nach Gerda Gasthose zurück,
mib cr bedauerte im Süllen, daß ihm
dic Tamcu dort nicht, wie cr gehofft
hatte, dic Aufforderung überbringen
ließen, noch eine Weile auf dic Beendi
gung ihrcr Toiletten zu warten. Ohne
Weiter war cr eingelassen worden, und
Gerda, die ein dnnkelgraucö cidcnkleid
von sehr einfachern Schnitt angelegt
hatte, erhob sich bei seinem Eintritt
ohne ihm entgegenzugehen und ohne ihm
dic Hand zum Gruße darzurcichcn, Ihr
Gesicht, auf da cr nur cincn schcncit
Btiet zu werfen wagte, war angegriffen
und lies ernst ; aber c trug einen Aus
druck so vollkommener Rnhc und Fa
snng, daß Jasmund sich durch dicse
Wahrnehmung wcscntlich erleichtert
fühlte.
DaS Peinliche des ersten Wicdn
schcnS nach dcr gcstrigcn Unterredung
wrdc durch dic Änwescnhcit einer drit
len Person glücklicherweise ziemlich rasch
Überwunden. Frau Holdhcim. die seil
Jahren vcrwittwctc Gattin eines Geist
lichen, war auf Gcrda dringende tele
graphische Aufforderung hin noch am
Abend des vcrstosscncn Tagcs cingctros
fcn, und vielleicht war cö dem bcruhi
gcndcii Einfluß ihre ungenieiii sanften
und milden Wesens in erster Vinie ziizn
schreiben, wenn sich in dem Aussehen
und der Haltung der jungen Braut
nichts mehr von den leidenschaftlichen
stürmen dcS gestrigen TagcS zeigte.
Gegen Waltcr 'Jasmund bcochachtcte
die Matrone ein sehr höfliches, doch
merklich zurückhaltendes Benehmen, und
wer die kurze Unterhaltung bclaufcltl
hätte, welche da gcmcsscucn ToncS zwi
schcn den drei Pcrsoucu geführt wurde,
der hätte sicherlich allcs Ändere eher vcr
miilhct. als daß hicr cin Bräutigam gc
koinmcn fei, scinc künftige Gattin zu
dem bedeutsamsten Gange ihres ganzen
Vebcns abzuholen.
Als Frau Holdhcim in einer nicht
niißznvcrstchciidcii Abficht schon zum
zweiten Mal ihre kleine Taschenuhr
hervorzog, faßte sich dcr Bankier endlich
ein Hcrz und überreichte Gerda mit
einigen gezwungenen und unsicheren
Worten sein Geschenk.
Ich danke Dir!" sagte sie cinsach,
und es schien fast, al ob sie da Etui
uiicrössiict bei cite legen wolltc. Ein
mahnender Wink dcr müttcrlichcn Frcuu
din erst veranlaßte sie, dcn Dcckcl zu
hcbcn ; abcr cinc dunkle Blntwcllc flu
thele übcr ihr Geficht, als ihr Angc auf
dcn blitzcndcu Schmuck gefallen war.
Da krampfhafte Zittern, da ihren
schlanken iiörpcr crbcbcn lictz, und der
flammcnde Blick, von dem Iaömnnd
für die Dauer einer Sekunde getroffen
wurde, waren ihm Bcwcis gcnug dafür,
wie mühsam sie ihre Fassung erzwäng,
und ein wie geringfügiger Anlaß hinrei
chen würde, dieselbe völlig zusammen
brechen zu lassen. Sie sagte kein Wort,
aber sie würde das zierliche Maroquin
kästchen mit seinem kostbaren Inhalt
vicllcicht von sich geschlendert haben wie
ein ckclhaskc Gcwürni, wenn Frau
Holdhcim e ihr nicht mit einigen Wor
Ich der Bcwiindcrnng für dic kunstvolle
Arbeit aus dcr Hand gcnommcn hätte.
Dcr Zivifchcnfall war nicht darnach
angethan gewcscn, die Fcstcsstimmung
dcr steinen Gesellschaft zu erhöhen, und
ans dcr Fahrt zum StaiidcSamtc, die
sie gcmcinsam zurücklegten, war es fast
ausschließlich die Pastorenwittwe, welche
die Kosten der wortkargen und einsilbi
gen Unterhaltung zu bestreiten hatte.
Walter jasmund bot seiner Braut den
Arm. als sie die Treppe emporstiegen,
aber sie legte ihre Hand so leicht daraus,
daß er die Berührung kaum fühlte, und
sie ließ sie herabgleitcu. al die bereit
im Vorzimmer wartenden Zeugen ihnen
entgegentraten, um sie zn begrüßen.
Ein andere Paar, welche vorher in
da Amtszimmer eingelassen worden
war, mochte ans irgend einer Ursache
den Standesbeamten länger aufhaltcn,
als er es vorausgesehen hatte, und man
war deshalb verurtheilt, auf die Abfer
tigung dieser Vorgänger zu harren.
Da dem nüchternen, wciß getünchten
Wartezimmer mit den gelben Rohrstüh
Un, den Bedruckten Plakaten an den
wanden und dein (chnupfeitden, trtnt
geldhungrigcn Bureandiener jeder seier
liche und weihevolle Eharafler fehlte, so
war e begreiflich genug, wenn die bei
den Herren, welche Walter IaSmnnd
noch im letzten Augenblick gebeten hatte,
ihm IS Zeugen zu dienen, schon nach
den ersten fünf Minuten bie Unterhat
Hing in demselben Tone führten, wie
wenn man in einem Restaurant oder
einem Kajsechause beieinander säße.
Einige sensationelle Tagesereignisse
waren bereit besprochen worden, und
da dic Thür zu dcm Amtziniicr trog
aller sehnsüchtigen Blicke, welche man
, ihr znivars. noch immer beharrlich ver
I jchlossc blikb, kam man aUgcmach auch
auf Dinge zu sprcchn, welche weniger
im Vordergründe de allgemeinen In
keresses stauben.
.Ich habe da heute eine Rotiz in der
Zeitung gesunden, welche mich mit rech
lein Bcdaucrn erfüll,! hat." meinte der
eine der beiden Herren, denn sie betraf
einen Mann, für den ich zu feinen Veb
zcitcn ganz besondere Hochachtung und
Sympathie gchegt habc. und der, wenn
ich nicht irrc. auch Ihnen dckanntgcivc,
sei, ist, Jasmund. Odcr wärcn ic mit
dcm Doktor Rcimar Platenin niemals
in eine gesellschaftliche Berührung ge-
kommen ?"
Dcr bleiche junge Bräutigam ein
psanb diese Frage, al hätte mau ihn,
einen Schlag in' Gesicht vcr(ctzt. Er
wagte e nicht. Gerda anzusehen, und
etwa Unverständliche stotternd, machte
er einen hossniiiigsloscti Versuch, dem
unglückseligen Fraget- durch ein Augen
zwinkern zu bedeuten, daß er von etwas
Anderem reden solle. Aber selbst wenn
e möglich gewesen Are, sich auf solche
Weife mit dem Ahnungslosen zu ver
ständigen, hätte derselbe den verzweifel
ten Wunsch des Bankier jetzt nicht mehr
erfüllen könne, denn Gerda, die sich bi
dahin mit keiner Silbe an den Gesprä
chen betheiligt hatte, fragte zu Walter
Iasniiiiid Entsktzcn :
.Wa ist' mit dem Doktor Plate
Hin ? Was wurde von ihm in jener
Zeitungsnotiz gesagt?"
Sic hatte e in dieser traurigen Zeit
de Kämpfen und Entsagens gelernt,
sich zn beherrschen, und so wenig von
ihrer namenlosen, tödtlicheii Angst ver
rieth sich in ihrcr Stimme, daß dcr Au
gcredctc auch jctzt noch nicht ahntc, wcl
ehe Unheil cr gcgen seinen Willen ange
richtet. Bereitwillig und mit dcm Bchagen
,incö gut unterrichteten Manne er
widerte er: .Platenin war vor Kur
zent von hier abgereist, um sich mit zwei
anderen Gelehrten nach Indien zu be
geben. Run ist hicr im Kultnsmmiste
rinnt dic Rachricht eingetroffen, daß cr
den Ort scincr Bestimmung nicht er
reicht Hai, sondern schon aus der Fahrt
im Rothen Meere an einer Bliitvergif
tung gestorben sei, welche er sich bei der
Behandlung eines erkrankten Matrosen
zugczog:, E ist wirlich schade um ihn,
denn er war nicht nur ein hochbegabter,
sondern auch ein sehr ehrenwerther
Mensch und ah, dein Himmel sci
Dank, daß dic Psorten des Paradiese
sich endlich erschließen."
Die letzten Worte der plötzlich abge
brochenen Rede galten dcr Thatsackie.
daß dcr schnnpfcnde Burcaudicitcr die
Thüren de Amtszimmer weit geöffnet,
mit bewiindcrnngswcrrlscr Würde vcr
fchiedene Trinkgelder au den Händen
der gerührt und gliickstrahlcnb Heraus
tretenden entgegengenommen und sich
dann mit bedeutsamen, Wink gegen die
Harrenden gewendet hatte.
war eine ginaiiaie ivliqunq, va
durch diese Borgänge die Aufmerksam
feit der Anderen für eine kurze Spanne
Zeit von der jungen Braut abgelenkt
wurde und daß Riemand anfzir vermut
tcrlichcu Freundin wahrnahm, wie selbst
an ihren Vippcn jeder Blutstropfen ge
wichen war, wie sie mit all' ihrcr Wil
lcuskraft gcgcn eine Ohnmacht an
kämpfte und wie sie dann nur mit Un
tcrftiitzuiig der Frau Holdhcim im
Stande war, sich von ihrem Sitz zu er
heben. Aber c wohnte mehr Energie
und tärke dc Widcrftandes in dicfcm
zartcn, jungfräulichen Körper, als seine
feine, zierliche Bildung e hätte ver
mnthen lassen. Sobald sie den ersten
Schritt gethan hatte, war Gerda wieder
vollkommen Herrin ihrer selbst und be
zwang sich, nicht vor dcr Berührung
zurückzuschaudern, als Walter Jas
mund ihr feine Hand reichte, um sie in
da Zimmer de Standesbeamten zu
führen.
Die Handlung selbst verlies rasch und
ohne alle Feierlichkeit, wie e nun ein
mal in der Ratnr des rein bürgerlichen
Aktes liegt. Die Zeugen nannten ihre
Ramcn und übcrrcichteu ihre Vegitima
tion ; der Beamte fertigte mit umstand
licher Vangfamkeit das Protokoll an
und richtete dann, sich erhebend, an die
Verlobten dic durch da Gesetz vorge
schriebene Frage.
Beide antworteten mit einem klaren,
vernehmlichen Ja. Walter Jasmund
trat zuerst an den Tisch, um seinen
Rainen unter das Dokument zu fetzen,
aber wenn diese Unterschrift auf einem
Eheck vdcr einem Wechsel gcftandcn
hätte, so würden die Geschäftsfreunde
der Firma sicherlich Bedenken getragen
haben, sie ohne Weiteres als echt anzu
erkennen, so wenig glich sie den festen,
kaufmännischen Schriftzügen, welche
ihm sonst eigenthümlich waren. Dann
reichte der Standesbeamte mit einer
ritterlichen Verbeugung der jungen Frau
die Feder, und sie schrieb langsam in
schönen, deutlichen Vinien Gerda Jas
mund, geborene Hornstein." um dann
doch im nächsten Augenblick laut auf
schluchzend das Köpfchen an der Schul
ter der Frau Holdheim zu verbergen.
Während der Standesbeamte unb die
Zcugcn ihre Glückwünsche abstatteten,
fand die Pastorin Gelegenheit, dem jun
gen Ehemanne zuzuflüstern : Gerda
laßt Sie bitten, uns jctzt nicht nach dem
Hotel zurück zu begleiten, fondern sie
erst zur kirchlichen Trauung abzuholen,
ie ist ein wenig angegriffen nnd be
darf wirklich der Schonung."
IaSmnnd verbeugte sich und ntur
melte etwas, ba wohl eine bereitwillige
Zustimmung fein sollte. Er ließ e
auch ohne Einwendung geschehen, daß
feine junge Frau sich auf den Arm der
Freundin stützte, wahrend sie die Treppe
hinabstiegen, und vor dcm Wagenschlag,
der sich hinter den Damen geschlossen
hatte, zog er stumm feinen Hut wie
Jemand, dcr eine wildfremde Dame zu
ihrcr Equipage geleitet hat.
Den beiden Zeugen mochte trotz ihrer
Unbefangenheit da Benehmen der ?,eu
vermählten boch nachgerabe etwa son
berdar erschienen sein, nnd sie machten
darum Miene, sich ziemlich eilig von
IaSmnnd zu verabschieden. Ueber die
scn abcr war e jetzt, wo er Gerda
Gesicht nicht mehr gleich einer stummen,
furchtbaren Anklage vor sich sah. wie
trotziger Uebermuth nnd verzweifelte
Vustigkcit gckonimcti. Er lud die beiden
Herren ans da Dringendste zu einem
Gabelfrühstück in der nächsten Wein
stttbe ein unb ließ feinen der Einwände
gelten, die sie vorbrachten, um eine Ab
Ichnung zu begründen.
Da fleine Frühstück verlief so ver
gnügt. wie e die Geladenen nach dem
etwa wunderlichen Verlauf der vorher
gegangene Ecremonie wahrlich nicht
mehr erwartet hatten. Der Ehampag
ner, mit welchem man gleich beim ersten
Gange begonnen hatte, floß buchstäblich
in trömen, und Waller JaSinund,
der dcm schält uzenden Feuertrank um so
eifriger zusprach, je weniger ihm die
Speisen zu munden schienen, war bald
von einer so tollen Ausgelassenheit und
von so sprudelndem Witz, daß die bei
den Anderen an dem Vachcn kaum her
au tarnen, und oan sie au innerster
Ueberzeugung mit einem fröhlichen Ja
antworteten, da er sie, heftig ans den
klirrenden Tisch schlagend. Plötzlich,
fragte: Glaubt ihr mir' nun. bau
ich ein glücklicher Mcnsch und ein benei.
denSwerther Gatte bin?"
Um sciiicn HochzcilSlag aus solche
Weise feiern zu können, mußte man it
in der That sehr glücklich odcr - grcn'
jknlo unglücklich (cm ! -Die
Zcchgcuvssc mußten dcn Bankicr,
endlich daran erinnern, daß c hohe Heil
geworden sei, scinc Anzug für die
kirchlichc Trauung zu wechseln, ir
geleiteten ihn nach Haujt und iictiicn
ibm gutmüthig, einige Flaschen 'Sei
iel-Swasser zu tiinleii, damit er wieder
einen klaren Kops bekviiimc , denn ob
wohl sie sichal Vebcinänncr echt weit
städtische chlagc von allen kleinlichen
Voriirthcilcii frei wußte, schien ihnen
der gegenwärtige Zustand ihre Freun
de doch nicht ganz angemessen für einen,.,
Mann, dcr sich anschickt, vor dcn Altk "
zu treten.
Walter IaSmnnd versuchte zwar.
ihm,, Rathe m fnlarn. aber da nc-
schmucklose Getränk widerte ihn derge ',
statt an, daß er da Gla mit Abscheu
niedcrsctztc, nachdem er kaum die Vippru
genetzt hatte, lind er hegte auch gar
nicht ernstlich den Wunsch, scinrii äugen
bl. 'lichtn Zustand gcgcn einen anderen
zu rXrtauschc.
Ich bitt ein wenig berauscht," sagte
er vor sich hin. während er sich timklei
dele.- aber wa thut da? Kein Mensch
wirb e bcincrkcn, oder sie werben glau
ben, daß es das Glück und die Freude
gcwcscn feien , welche mich trunken ge
macht habe !"
lind in dicscr Zuvcrsichl fuhr er zum
zwcitcn Mal nach dcm Hotel, während
der Fahrt unverwandt auf den prüch
ligen, von kostbaren Spitzen umgebenen
Brautstrauß starrend, welchen er Gerda
zu Überreichen gedachte. Halb wie int
Traume erlebte er, was dann weiter gc
fchah. Obwohl cr sich im tillcn im
mcr von Rciicm wiederholte, daß er doch
unzweifelhaft bei vollkommen klarem
Verstände sei, und obwohl er sich seiner
Meinung nach mit dcn Personen, die
ihn umgaben, durchaus vernünftig un
ierhiell, lag doch über Allem. Wa er
sah und hörte, etwa wie ein seiner,
rosiger Revel, in wclchem die Umrisse
der körperlichen Gegenstände unsicher '
verschwamme!! vdcr gar leise zu schwan
ken schienen, wie in dcr flimmernden
Vnft eine iiderhcißcn Svmmertage.
Und dicscr zarte, angenehme Schleier,
in welchen sein Ehampagnerransch ihm -Alle
einhüllte, verbarg ihm nicht nur
die Thränenspuren und die lief ringe
zeichneten Vinien dc Vcidc auf Gcrda
Antlitz, er verbarg ihm auch die ver
wunderten und entrüsteten Blicke, deren
Gegenstand immer häufiger er selber
muii: Roch vor wenig Stunden hatte
er sich vor dicscr Feierlichkeit gefürchtet,
wie vor dcr Vollstrcckuug cinc TvdcS
nrlhcil. Jetzt machte er dic Wahrn. h
mung, daß Allc ganz ausgczeichnci
verlief, und daß e im Grunde eine voll
kommene Rarrhcit sei. dic Vcrciiiiginig
mit einem so liebreizenden Geschöpf al
etwa Andere den al ein beispiel
lose Glück anzusehen.
In ihrem schimmernden Gewände von
weißem Seidencitlnß. mit den blühenden
Myrthcu auf dcm Haupte und in die
duslige Wolke dc lang nicderwallenden
Schlcicr cingchülll, war Gcrda ja in
dcr That von einer hcrzbczwingcnden,
fast überirdischen Schönheit. Daß die
holdselige Menschenbild ans der Fahrt
zur Kirche stumm nnd rcgungöto neben
ihm in den seidenen Polstern de Braut
wagen lehnte, verursachte dem jungen
Gatten jetzt nicht mehr das leiseste Un
behagen. Während er unter dcn seicr
lichcn Klängen dcr Orgcl zum Altar
schritt, sah er, daß viele Mcuschcn in
der Kirche waren, aber dcr mcrkwürdige
Rebcl vcrhindcrtc ihn, dic bckanntcn Ge
sichter unter dcn frcindcn heranöznfin
den. Wie man in dem müden lieber
gangsstadiiini zwischen Wachen und
Schlafen cinc gedämpfte und eintönige
Musik als c!wa sehr Aiigcnchmcs und
Wohlthucndc cmpsindct. so empfand er
mit stillern Bchagen die langt Rebe be
Geistlichen, ohne daß cr auf die einzel
neu Worte gcachtcl odcr sich auch nur '
einen Augenblick die 'Muhe gemacht
hätte, ihre Sinn zn erfassen, Ersk al
plötzlich eine tiefe Stille eintrat, erhob
et verwirrt da Haupt und da er das
ehrwürdige Antlitz de Geistlich? mit
einem Ausdruck ernster Frage und mit
einem merklichen Ansziicken dcs Erstatt
iicn ans sich gcrichtet sah, sagte er,
mehr einem instinktiven Antriebe al
einem überlegten Vorsatz svlgend : .Ja."
E mußte wohl zur rechten Zeit gewesen
sein, denn in der nächsten Minute kam
derselbe Vaut auch von Gerda Vippen ;
dann wurden die Ringe gewechselt, der
Geistliche sprach seinen Scgcn über die
jetzt auch durch dcn Wcihcspruch der
Kirche Vcrmähltcii, und in mächligcn
Akkordcn brauste ber fromme Iubelge
sang ber Orgel abcrmal durch den
hchrcn Raum. Vicle Veute drängten
sich in dcr Sakristei an da junge Paar
heran, um ihre Glückwünsche darziibriu
gcn. und hier trat der einzige unbehag
liche Augenblick für Waltcr IaSinunb
ein. da ihm plötzlich die Befürchtung
kam. daß Gcrda abermals ohnmächtig
werden könnte, wie nach ihrer seltsamen
Verlobung in Paul Veiiciidors Hause.
Aber die junge Frau zeigte sich heute
widcrftandsahigcr als damals, sie vcr
lor da Bewußtsein nicht, und wenn
ihre Erwiderungen auf die Gratulation
der Bekannten auch nur in kurzen, fast
tonlos geflüsterten Worten bestanden, so
hielt sie sich doch tapfer bi zum letzten
Augenblick, Waltcr Jasmund gewahrte
mit Genugthuung, baß sie auch aus ber
Heimfahrt wcdcr in Thränen ausbrach,
noch irgend welche Neigung zeigte, ci
unerquickliche Gespräch zu beginnen.
In beinahe heilerer timmnng fügte
er sich dem Ersuchen der Frau Hold
heim, in dem kleinen Hotclfaion auf den
Toilettenwechfel scincr Gcmahlin zu
wartcu, und er hatte es wohl kaum be
merkt, daß dabei etwa wie mühsam
unterdrückte zornige Entrüstung in der
Stimme der sonst so sanften Matrone
gezittert hatte. AI nach Verlauf cincr
Viertelstunde die Thür de icbcnzim
mer wieder aufging, wollte er elastisch
aufspringen, um Gcrda entgegenzueilen,
aber wahrend er sich erhob, befiel ihn
ein Schwiiidclanfall, dcr ihn nöthigte,
mit dcidcn Händcn nach dem Tischrand
zu greifen, um nicht zu Boden zu ftür
ten. Erst al er die bcängsiigcnde. krei
sende Empfindung im Gehirn nicht mehr
spürte, wagte er e, die Augen zn öff
nett, und nun sah er mit grenzenlosem
Erstaunen, daß ihm Gerda nicht, wie er
erwartet hatte, in einer hübschen Gesell
fchaf.Stoitette, sondern in einem überaus
einfachen dunkeln Wollklcide. in Hut
ind Reifemantel gegenüberstand.
.Wa was bedeutet da?" brachte
er stotternd hervor. In dicfcm Anzüge
kannst Du doch unmöglich "
.Ich habe dicscn Anzug angelegt,
weil ich in einer halben Stunde mit
ffran Holdheim abzureisen gedenke,"
sagte sie ohne Erregung und ohne
Schärfe, aber in einem Tone, dcsscn
Klang trotzdem eine merkwürdig ernüch
ternde Wirkung auf IaSmnnd übte.
Du wirst, wie ich hoffe, Deinen Gästen
gegenüber irgend eine Erflärnng finden,
die mein Fernbleiben von dem Feste ent
schuldigt.
Der junge Bankier versuchte mit
schlechtem Gelingen, sich eine ernste und
würdevolle Haltung zu geben.
Da ist ganz unmöglich I erklärte
er. Wa Du da thun willst, wäre
o unr1"1; Beleidianna kür midi